L 5 RJ 338/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 RJ 652/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 338/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RJ 96/04 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 5. Juni 2003 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 31. August 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2001 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitgegenstand ist die Verurteilung der Beklagten zur Leistung wegen voller Erwerbsminderung mit Versicherungsfall August 2001 (auf Zeit) bis 31. Mai 2006. Der 1947 in Sachsen-Anhalt geborene Kläger ist gelernter Werkzeugdreher. Nach der Wende war er zeitweise selbständiger Versicherungsvertreter. Versicherungspflichtige Beschäftigungen hat er von August 1991 bis Januar 1992 und zuletzt als Geldtransportfahrer von November 1997 bis April 2000 ausgeübt. Im Zusammenhang mit der ab 24.02.2000 bestehenden Arbeitsunfähigkeit bezog er bis zur Aussteuerung am 18.06.2001 Sozialleistungen. Vom 03.08.2001 bis 24.05.2003 erhielt er Arbeitslosengeld.

Auf den Antrag vom 19.09.2000 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 20.11.2000 teilstationäre Heilbehandlung. Grundlage hierfür war ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr.K. vom 10.11.2000, wonach folgende Diagnosen vorliegen: Verlauf nach operiertem Bandscheibenvorfall an der Halswirbelsäule mit Wurzelschädigung, asthenisch abhängige Persönlichkeitsstörung und alkoholische Fettleber. Es bestehe eine blande, überwiegend reaktiv ausgelöste Verstimmung und es sei davon auszugehen, dass bei Reduzierung der Trinkmenge und entsprechender Therapie die depressive Symptomatik weitgehend gebessert werden könne. Wegen der Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit des linken Arms könne die zuletzt ausgeübte Tätigkeit mit schwerem Heben und Tragen bis auf Weiteres nicht mehr ausgeführt werden. Das Leistungsvermögen sei für leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts bis Ende der Reha-Maßnahme auf halb- bis untervollschichtig gemindert, danach sei wieder von einem vollschichtigen Leistungsvermögen auszugehen. Mit Schreiben vom 30.11.2000 verzichtete der Kläger unter Bezugnahme auf die Empfehlung seines Hausarztes Dr.B. auf die Durchführung der Reha-Maßnahme und stellte stattdessen am 18.12.2000 einen Rentenantrag. Im Befundbericht vom 16.12.2000 teilte Dr.B. mit, wegen Schmerzen am linken Arm sei der Kläger seit 24.02.2000 arbeitsunfähig. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag am 12.02.2001 wegen fehlender Mitwirkung ab. Wegen des Vorrangs von Reha-Maßnahmen vor Rentenleistungen sei der Kläger zur Teilnahme an der Rehabilitationsmaßnahme verpflichtet, so dass der Rentenantrag nach Belehrung über die Folgen abzulehnen sei. Dem widersprach der Kläger am 01.03.2001 unter Vorlage eines Attestes von Dr.B. , wonach in Übereinstimmung mit dem MDK Arbeitsunfähigkeit auf Dauer anzunehmen sei. Wegen des Ergebnisses zweier ambulanter Reha-Maßnahmen der Krankenkasse sei durch eine neuerliche Reha-Maßnahme keine Besserung zu erwarten. Der Kläger machte geltend, Dr.B. habe ausdrücklich von der Reha-Maßnahme abgeraten. Im MDK-Gutachten vom 25.01. 2001 heißt es, Arbeitsfähigkeit und Vermittelbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien auf nicht absehbare Zeit nicht gegeben. Vom MDK war er bereits am 28.08.2000 untersucht worden. Laut diesem Gutachen ist er wegen starker Funktionseinschränkungen der Halswirbelsäule und Funktionseinschränkung des linken Arms mit Taubheitsgefühlen und Kraftminderung weder als Geldtransporteur noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einsetzbar. Die Erwerbsfähigkeit sei derzeit erheblich gefährdet. Es bestehe eine medizinische Notwendigkeit zur Rehabilitation.

Im Auftrag der Beklagten erstellte Dr.G. am 07.08.2001 ein orthopädisches Gutachten. Trotz eingeschränkter Gebrauchsfähigkeit des linken Arms hielt er leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung für vollschichtig zumutbar. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 31.08.2001 mit der Begründung ab, der Kläger sei weder erwerbsunfähig noch berufsunfähig. Im Widerspruchsbescheid vom 06.09.2001 führte die Beklagte aus, der Kläger sei auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und habe mit seinem festgestellten Leistungsvermögen auch Zugang zum Arbeitsmarkt.

Zur Begründung seiner am 21.09.2001 erhobenen Klage hat der Klägerbevollmächtigte ein arbeitsamtsärztliches Gutachten der Dr.S. vom 21.08.2001 vorgelegt, wonach das Leistungsvermögen wegen der Gebrauchsunfähigkeit des linken Arms auf unter drei Stunden herabgesunken sei. Dr. B. hat am 20.10.2001 mitgeteilt, seit der erfolglosen Halswirbelsäulenoperation im März 2000 werde der linke Arm schmerzbedingt schlaff hängen gelassen. Hinzu gekommen sei eine reaktive Depression. Der Neurologe und Psychiater Dr.R. , der den Kläger am 28.01. und 10.02.2000 sowie am 13.03.2001 behandelt hat, hat ein Wurzelkompressionssyndrom L 5 rechts, eine alkoholisch bedingte Polyneuropathie, den Verdacht auf ein Entzugssyndrom bei Alkoholgebrauch und ein chronisches Schmerzsyndrom nach Operation eines Wurzelkompressionssyndroms C 6 links diagnostiziert.

Nach Beiziehung der medizinischen Unterlagen des Arbeitsamts Augsburg hat der Nervenarzt Dr. L. am 14.02.2002 im Auftrag des Gerichts nach ambulanter Untersuchung ein Gutachten erstellt. Er hat eine multifaktorielle Depression, rezidivierende Nervenwurzel- und Muskelreizerscheinungen und ein latentes Carpaltunnelsyndrom beidsseits sowie den Verdacht auf stattgehabten Alkoholabusus geäußert. Er hat eine deutliche Verschlechterung seit November 2000 und ein zeitliches Leistungsvermögen von weniger als drei Stunden seit vermutlich August 2001 festgestellt. Ende 2000 sei das Leistungsvermögen wohl noch halb- bis unter vollschichtig gewesen. Die damalige Sichtweise des LVA-Gutachters erscheine zutreffend. Die Beratungsärztin der Beklagten hat dem Sachverständigengutachten zugestimmt und ab Reha-Antragstellung im September 2000 rückblickend ein maximal halb- bis unter vollschichtiges Leistungsvermögen angenommen. Daraufhin hat die Beklagte eine Rentengewährung mit der Begründung abgelehnt, weder beim Leistungsfall im Februar noch im September 2000 seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt.

Dagegen hat der Klägerbevollmächtigte eingewandt, die Beklagte habe die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Bescheid vom 31.08.2001 als erfüllt angesehen. Laut Gutachten sei der Versicherungsfall erst im August 2001 eingetreten.

Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 05.06.2003 zur Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis 31.05.2006 verurteilt und als Versicherungsfall August 2001 angenommen. Es hat sich auf die Ausführungen Dr. L. und den Wortlaut der Bescheide vom 31.08.2001 und 06.09.2001 gestützt. Gegen das am 16.06.2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 25.06.2003 Berufung eingelegt und moniert, das Urteil lasse die Aussage des Sachverständigen zum Leistungsvermögen Ende 2000 außer Acht. Der Klägerbevollmächtigte hat vorgetragen, die Beklagte habe in ihrem Ablehnungsbescheid vom 31.08.2001 das Vorliegen der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen anerkannt. Unstreitig seien diese im August 2001 gegeben. Der Kläger sei mit einem Rentenbeginn erst ab August 2001 einverstanden.

Laut Attest Dr.B. vom 18.08.2003 hat sich die Depression des Klägers weiter verschlechtert. Er hat auf häufigste Arztbesuche ab Februar 2000 hingewiesen und seine Ansicht wiederholt, eine Reha-Maßnahme wäre Ende 2000 "vollkommener Schwachsinn" gewesen. Auf die Anfrage beim Sachverständigen Dr. L. , von welchem zeitlichen Leistungsvermögen zwischen der Antragstellung im Dezember 2000 und Sommer 2001 auszugehen sei, hat dieser geantwortet, in diesem Zeitraum sei eine progrediente Verschlechterung eingetreten. Die punktuelle Festlegung des Leistungsvermögens wäre "artifiziell" und könne daher nur Kompromisscharakter haben. Kompromisshaft sei, nach alter Terminologie von einem halbschichtigen Leistungsvermögen und nach neuer Terminologie von einem drei- bis unter sechsstündigen Leistungsvermögen auszugehen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 05.06.2003 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 31.08.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.09.2001 abzuweisen.

Der Klägerbevollmächtigte beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 05.06.2003 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Klageakten des SG Augsburg sowie der Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 05.06.2003 kann keinen Bestand haben. Die Klage gegen den Bescheid vom 31.08.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2001 ist abzuweisen. Zutreffend hat es die Beklagte abgelehnt, dem Kläger Rente zu gewähren. Zwar ist der Kläger erwerbsunfähig. Weil der Versicherungsfall aber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bereits im Februar 2000 eingetreten ist, fehlen die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Versicherte haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs.2 Sätze 1 und 2 SGB VI). Unstreitig ist der Kläger zumindest seit August 2001 voll erwerbsgemindert. Zu diesem Zeitpunkt hatte Dr.S. im Auftrag des Arbeitsamts den Kläger untersucht und ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden täglich festgestellt. Der Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung ist jedoch bereits dann gegeben, wenn das Leistungsvermögen auf drei bis unter sechs Stunden täglich gesunken und dauernde Arbeitsunfähigkeit gegeben ist (vgl. Kreikebohm, SGB VI, 2. Auflage, § 43 Rz.28). Der Zustand der Arbeitsunfähigkeit hat beim Kläger bereits ab Februar 2000 bestanden. Dass die relevante zeitliche Leistungseinschränkung erst im Dezember 2000 eingetreten ist, ist höchst zweifelhaft. Der Kläger hat im Dezember 2000, zu einem Zeitpunkt, zu dem unstreitig die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind - einen Rentenantrag gestellt. Der Anknüpfungspunkt der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, der Eintritt des Versicherungsfalls, ist jedoch unabhängig vom Zeitpunkt der Rentenantragstellung. Andernfalls hätte es der Versicherte in der Hand, durch eine möglichst späte Antragstellung selbst die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen herbeizuführen. Das würde der Zielsetzung einer Versicherungspflicht, die auf Vorsorge gegen künftige Versicherungsfälle gerichtet ist, zuwiderlaufen (vgl. auch BSG, Urteil vom 01.02.2001, Az.: B 13 RJ 1/00 R).

Auch der Umstand, dass die Beklagte noch im November 2000 eine Rehabilitationsmaßnahme für erfolgversprechend gehalten hat, beweist nicht, dass der Kläger erst danach auf Dauer erwerbsgemindert worden ist. Der Grundsatz der "Rehabilitation vor Rente" gibt dem Versicherungsträger grundsätzlich auch das Recht, eine Rehabilitationsmaßnahme zur Beseitigung eines bereits feststehenden Versicherungsfalls durchzuführen (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1982, Az.: 5 b RJ 78/81).

Wenn der Versicherungsträger über den Rentenantrag entscheidet und die Voraussetzungen eines Rentenanspruchs festzustellen hat, muss rückschauend geprüft werden, seit wann die ununterbrochene Dauer der relevanten Leistungsunfähigkeit besteht (vgl. BSG in SozR 2200 § 1247 RVO Nr.16). Die Worte "auf nicht absehbare Zeit" in § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI bedeuten ebenso wie in § 1247 Abs.2 Satz 1 RVO, dass die im Gesetz umschriebene Leistungsunfähigkeit mindestens sechs Monate ununterbrochen bestanden haben muss. Auch wenn während dieser sechs Monate nicht feststeht, ob eine Leistungsfähigkeit nur vorübergehend oder von Dauer ist, tritt Erwerbsminderung nicht erst nach Ablauf dieser sechs Monate ein. Wird festgestellt, dass die Leistungsunfähigkeit tatsächlich länger als sechs Monate angedauert hat, so ist der Versicherungsfall der Erwerbsminderung sofort bei Beginn der Leistungsunfähigkeit eingetreten, gleichgültig, ob Aussicht auf Behebung der Leistungsunfähigkeit bestanden hat oder noch besteht (vgl. BSG in SozR 2200 § 1247 Nr.16 m.w.N.). Bei rückschauender Betrachtungsweise ist es sehr fraglich, ob die zeitliche Leistungsfähigkeit erst im November 2000 auf unter sechs Stunden täglich gesunken ist. Zwar hat Dr.G. noch bei seiner Untersuchung am 28.06.2001 ein vollschichtiges Leistungsvermögen festgestellt. Angesichts der zwei Monate später vom MDK erhobenen Befunde und der Beurteilung des gerichtlich bestellten Sachverständigen, das Leistungsvermögen sei ab 01.08.2001 bereits auf unter drei Stunden herabgesunken und seit November 2000 sei eine laufende Verschlechterung eingetreten, erscheint die Beurteilung Dr.G. nicht überzeugend. Hinzu kommt, dass Dr.G. sich lediglich auf eine rein orthopädische Sichtweise beschränkt hat, sowohl Dr.K. als auch Dr. L. aber auf die Bedeutung der psychosozialen Belastungsmomente vor dem Hintergrund einer Persönlichkeit mit asthenischen, perfektionistischen und zwanghaften Zügen hinweisen. Aus den Gutachten der Dres.K. und L. kann jedoch nicht der zweifelsfreie Schluss gezogen werden, der Kläger sei bereits ab November 2000 lediglich unter sechs Stunden einsatzfähig gewesen. In seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 12.09.2003 und 15.10.2003 hat der gerichtlich bestellte Sachverständige deutlich gemacht, dass eine punktuelle Festlegung des Leistungsvermögens in einem zeitlichen Abstand von drei Jahren nicht mehr möglich ist. Lediglich im Sinn einer kompromisshaften Aussage hat Dr. L. das Leistungsvermögen ab der Untersuchung im November 2000 in Übereinstimmung mit Dr.K. als halbschichtig bzw. nach neuer Terminologie als drei- bis unter sechsstündig bezeichnet. Dr.K. war aber aufgrund der damals noch geltenden alten Rechtslage nicht gehalten, der Frage nachzugehen, ob der Kläger noch mehr als sechs Stunden arbeiten konnte. Aus seiner Aussage, dass der Kläger noch halb- bis unter vollschichtig einsatzfähig war, lässt sich nicht ableiten, ob das Leistungsvermögen im November 2000 bereits unter die nun relevante Grenze von sechs Stunden gesunken war. Hierfür spricht zwar das im August 2000 erstellte Gutachten des MDK, das Dr.K. bekannt war. Angesichts der starken Funktionseinschränkungen der Halswirbelsäule und der Funktionseinschränkung des linken Arms mit Taubheitsgefühlen und Kraftminderung war es dem MDK nicht möglich, ein positives Leistungsprofil zu erstellen. Auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wurde er nicht für einsatzfähig gehalten. Diese Einsatzbeurteilung entspricht der des langjährig behandelnden Arztes Dr.B. , der wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, dass angesichts zweier erfolgloser ambulanter Reha-Maßnahmen der Krankenkasse nach der Bandscheibenoperation im März 2000 von einem Dauerschaden auszugehen ist. Dennnoch sah sich der Sachverständige Dr. L. nicht in der Lage, eine mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit für ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen anzunehmen. Der Senat kann sich hierüber nicht hinwegsetzen. Die Zweifel daran, ob das Leistungsvermögen erst im November 2000 auf unter sechs Stunden gesunken ist, gehen zu Lasten des Klägers. Ebenso wie in allen anderen Prozessordnungen gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren der Gundsatz der objektiven Beweislast; danach sind die Folgen der objektiven Beweislosigkeit bzw. des Nichtfestgestelltseins einer Tatsache von den Beteiligten zu tragen, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will (vgl. BSGE 6, 70, 72 ff., 19, 52 f;30, 121, 123; Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4.Aufl., §§ 103, 104, Anm.4). Die objektive Beweislast knüpft demnach unmittelbar an die materiell-rechtliche Regelung an, in der festgelegt ist, welche Tatsachen vorliegen müssen, damit ein Anspruch begründet wird. Wenn nicht festgestellt werden kann, dass alle tatbestandlichen Voraussetzungen der Anspruchsnorm vorliegen, kann keine Rente zuerkannt werden (vgl. BSG in SozR 3-2200 § 1247 Nr.8). Vorliegend kann nicht festgestellt werden, ob das Leistungsvermögen erst im November 2000 auf unter sechs Stunden herabgesunken ist. Dies wäre aber Voraussetzung dafür, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. War das Leistungsvermögen in der Zeit davor ab Februar 2000 bereits auf unter sechs Stunden herabgesunken, erstreckt sich der maßgebliche Zeitraum von Februar 1995 bis Februar 2000, worin lediglich 28 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt sind. Der Versicherungsverlauf des Klägers weist zwischen Februar 1992 und November 1997 eine Lücke auf, die ihren Grund in der selbständigen Tätigkeit des Klägers hat. Diese Lücke ist auch der Grund dafür, dass ein Anspruch gemäß § 241 Abs.2 SGB VI nicht in Betracht kommt. Der Kläger hat nicht jeden Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Dass die Beklagte im rentenablehnenden Bescheid vom 31.08.2001 die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bejaht hat, ist ohne Relevanz. Zum einen bezog sich diese Aussage auf den fiktiven Fall des Eintritts der Erwerbsminderung zum Zeitpunkt der Antragstellung im Dezember 2000 und zum anderen erstreckt sich die Bindungswirkung des Verwaltungsakts lediglich auf den Entscheidungssatz (Meyer-Ladewig, SGG, 7.Aufl., § 77 Abs.5 b ff.)

Ein Anspruch auf der Grundlage des vor dem 01.01.2001 maßgeblichen Rechts, worauf sich der Kläger wegen seiner rechtzeitigen Antragstellung gemäß § 300 Abs.2 SGB VI berufen könnte, scheidet aus. Laut den Feststellungen des MdK und Dr.K. in Übereinstimmung mit dem behandelnden Arzt bestand ab Februar 2000 kein vollschichtiges Leistungsvermögen mehr. Weil aber auch § 44 SGB VI a.F. die Drei-Fünftel-Belegung fordert, die ausgehend vom Eintritt des Versicherungsfalls im Februar 2000 nicht gegeben ist, scheitert auch ein Anspruch nach § 44 SGB VI a.F.

Aus diesen Gründen war die Berufung der Beklagten erfolgreich, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg aufzuheben und die Klage gegen den rentenablehnenden Bescheid vom 31.08.2001 abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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