Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 14 RJ 1033/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 583/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 20. August 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit - hier: die Zulässigkeit der Klage.
Der 1954 geborene Kläger ist österreichischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Österreich. Er hat dort zwischen 1970 und 2000 insgesamt 315 Monate Versicherungszeit zurückgelegt (Versicherungsverlauf vom 11. Juli 2001). Vom 1. Oktober 1981 bis 31. Januar 1982 und vom 1. Oktober 1982 bis 7. Dezember 1982 war der Kläger insgesamt sieben Monate in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Weitere Versicherungszeiten nach deutschem Recht (Reichsversicherungsordnung - RVO - oder Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -) liegen nicht vor (Versicherungsverlauf vom 23. Januar 2002).
Der Kläger bezieht aufgrund eines Antrags vom 17. März 2000 seit 1. April 2000 in Österreich eine Invaliditätspension (Bescheide vom 12. Juli 2001, 23. Mai 2002 und 1. August 2003).
Die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der deutschen Rentenversicherung lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 7. März 2002). Der Kläger habe in Deutschland weniger als zwölf Monate Versicherungszeit zurückgelegt und aufgrund allein dieser Zeiten keinen Leistungsanspruch aus der deutschen Rentenversicherung. Gemäß Art. 48 Abs.1 EWG-VO 1408/71 seien die in Deutschland zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten deshalb vom zuständigen Träger eines anderen Mitgliedstaates bei der Berechnung der zwischenstaatlichen Leistungen zu berücksichtigen.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er habe in Deutschland 1982 einen Arbeitsunfall erlitten. Sein Gesundheitszustand habe sich als Spätfolge dieses Unfalls 1994 wesentlich verschlechtert.
Die Beklagte wies ihn darauf hin, sein Rentenantrag sei nicht wegen fehlender Erfüllung der "Wartezeit für die Rente nach § 53 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGB VI", sondern wegen der zwischenstaatlichen Regelung des Art. 48 EWG-VO 1408/71 abgelehnt worden. Die in Deutschland zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten seien bei der Berechnung der österreichischen Invaliditätspension zu berücksichtigen (Schreiben vom 15. April 2002).
Mit Datum vom 23. April 2002 erklärte der Kläger auf einem Formblatt der Beklagten, er nehme seinen Widerspruch nicht zurück, mit Datum vom 24. April 2002 auf dem gleichen Formblatt, er nehme den Widerspruch zurück, der Widerspruch vom 23. April 2002 sei somit gegenstandslos. Beide Erklärungen gingen bei der Beklagten am 3. Mai 2002 ein.
Mit Datum vom 23. Oktober 2002 übersandte der Kläger das gleiche Formblatt nochmals unausgefüllt mit dem Zusatz, er habe eine Unfallrente beantragt, im Schreiben der Beklagten vom 15. April 2002 sei aber von einer Altersrente nach § 53 Abs.1 SGB VI die Rede.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch vom 2. April 2002 mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2002 - zur Post gegeben am 19. Dezember 2002 - zurück. Nach § 53 Abs.1 SGB VI sei eine (vorzeitige) Wartezeiterfüllung möglich, wenn der Versicherte wegen eines Arbeitsunfalls vermindert erwerbsfähig geworden sei, d.h. seit dem Arbeitsunfall eine Erwerbsminderung auf Zeit oder auf Dauer vorliege. Dafür bestünden hier keine Anhaltspunkte, da die vorliegenden (aktuellen) medizinischen Diagnosen rezidivierende Lumbago, Tinnitus und chronische Analfistel nicht auf die Folgen eines Arbeitsunfalls hindeuten würden und der Kläger nach dem 1982 erlittenen Unfall weitere Beschäftigungen in Österreich ausgeübt habe.
Dagegen hat der Kläger am 14. Mai 2003 - Eingang bei Gericht - Klage zum Bezirksgericht Favoriten (Österreich) erhoben. Er habe die dreimonatige Klagefrist versäumt, weil er ein Schreiben seines österreichischen Anwalts nicht richtig verstanden habe.
Das Bezirksgericht Favoriten hat dem Kläger mitgeteilt, Anträge seien an das Sozialgericht München (SG) zu richten. Dort ist am 10. Juni 2003 ein Schreiben des Klägers eingegangen, in dem er unter Vorlage des Schriftwechsels mit dem Bezirksgericht Favoriten um Bearbeitung gebeten hat. Er hat beantragt, ihm wegen Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung zu gewähren. Er verstehe amtliche Schreiben erst nach mehrmaligem Durchlesen (Schreiben vom 14. Juli 2003). Zur Begründung hat er u.a. ein Schreiben eines österreichischen Rechtsanwalts vorgelegt, in dem dieser dem Kläger mitgeteilt hat, er sei für ihn nur in einer Angelegenheit "Gutachtenserstattung Dr.W. betreffend die Beurteilung der Rechtschutzdeckung und der Prozesschancen wegen eines Kunstfehlers" tätig. Weitere übersandte Urkunden habe der Kläger mit Schreiben vom 30. Januar 2002 zurückerhalten. Damals sei vereinbart worden, dass diese Urkunden nur zur Information des Bevollmächtigten gedient hätten und vom Bevollmächtigten in den verschiedenen Verfahren nichts zu veranlassen sei (Anwaltsschreiben vom 13. Mai 2003).
Das SG hat die Klage wegen Versäumung der Klagefrist als unzulässig abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 20. August 2003). Zwar sei der genaue Zeitpunkt, an dem der Kläger den Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2002 erhalten habe, nicht mehr feststellbar. Nach den eigenen Angaben des Klägers sei aber davon auszugehen, dass ihm der Widerspruchsbescheid bis Ende 2002 zugegangen sei. Damit habe die Klagefrist Ende März 2003 geendet. Selbst wenn man das Schreiben vom 13. Mai 2003 an das Bezirksgericht Favoriten als Klage betrachte, sei diese verspätet erhoben worden. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei hinsichtlich der Klagefrist weder aufgrund der Einlassung des Klägers, er verstehe amtliche Schreiben nur nach mehrmaligem Durchlesen, noch aufgrund der vom Kläger nicht näher dargelegten Verständigungsschwierigkeiten mit seinem österreichischen Rechtsanwalt, der in dieses Verfahren nicht eingeschaltet sei, möglich. Selbst wenn man eine Zulässigkeit der Klage unterstelle, sei diese jedenfalls unbegründet, da gemäß Art 48 EWG-VO 1408/71 deutsche Versicherungszeiten von weniger als zwölf Monaten vom österreichischen Versicherungsträger übernommen würden.
Gegen den am 30. September 2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 30. Oktober 2003 - Eingang bei Gericht - beim SG Berufung eingelegt. Er begehrt weiterhin eine Wiedereinsetzung hinsichtlich der Klagefrist. Gewisse Amtssätze verstehe er auch nach mehrmaligem Durchlesen nicht.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 20. August 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 7. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund des Antrags vom 17. März 2000 Rente wegen verminder- ter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Das Bayer. Landessozialgericht (LSG) hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten und die Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 105 Abs.2 Satz 1, 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.
Das SG hat die gegen den Bescheid der Beklagten vom 7. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2002 gerichtete Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. August 2003 zu Recht abgewiesen. Die Klage ist unzulässig, da der Kläger die Klagefrist (§ 87 Abs.1 Satz 2 SGG) versäumt hat.
Zur Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides Bezug genommen (§ 153 Abs.2 SGG).
Ergänzend ist auszuführen, dass die Klagefrist bereits am Montag, 24. März 2003 endete. Gemäß § 85 Abs.3 Satz 1 SGG (in der ab 1. Juli 2002 geltenden Fassung) i.V.m. § 37 Abs.2 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gilt der ausweislich des Poststempels auf dem vom Kläger übersandten Umschlag am 19. Dezember 2002 zur Post gegebene Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2002 als am 22. Dezember 2002 zugegangen. Einen späteren Zugang hat der Kläger nicht behauptet. Er hat stets nur angegeben, die dreimonatige Klagefrist versäumt zu haben. Aus dem vom Kläger zur Begründung seines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorgelegten Schreiben seines österreichischen Rechtsanwalts vom 13. Mai 2003 ist zudem zu schließen, dass der Widerspruchsbescheid zu den in diesem Schreiben genannten, dem Kläger mit Schreiben vom 30. Januar 2003 zurückgesandten Urkunden gehörte, so dass der Widerspruchsbescheid dem Kläger jedenfalls vor dem 30. Januar 2003 vorgelegen hat. Die Klagefrist hätte somit bei einem Zugang nach dem 22. Dezember 2002 jedenfalls vor dem 30. April 2003 geendet und konnte weder durch den am 14. Mai 2003 beim Bezirksgericht Favoriten (Österreich), noch durch den am 10. Juni 2003 beim SG eingegangenen Schriftsatz gewahrt werden.
Ob der Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2002, den die Beklagte erst nach wirksamer Rücknahme des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 7. März 2002 (Erklärung des Klägers vom 24. April 2002 mit der ausdrücklichen Bestimmung, die Erklärung vom 23. April 2002 sei gegenstandslos) erlassen hat, als Verwaltungsakt nach § 44 SGB X angesehen oder - von der Beklagten - in einen solchen Verwaltungsakt umgedeutet werden könnte, kann offen bleiben.
Hinsichtlich der für die Entscheidung des SG nicht tragenden Ausführungen zum materiellen Recht ist darauf hinzuweisen, dass Art.48 Abs.1 EWG-VO 1408/71 einen Anspruch des Klägers auf Rentenleistungen aus der deutschen Rentenversicherung nicht bereits deswegen ausschließt, weil diese Versicherungszeiten weniger als zwölf Monate umfassen. Weitere Voraussetzung ist nach dem Wortlaut der Norm, dass allein aufgrund der vom Kläger in Deutschland zurückgelegten Versicherungszeiten - ohne Berücksichtigung der in anderen Mitgliedsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten - nach deutschem Recht kein Rechtsanspruch besteht. Deshalb hat die Beklagte zu Recht geprüft, ob beim Kläger - der bei unterstellter Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erfüllt hätte - eine vorzeitige Wartezeiterfüllung nach § 53 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGB VI eingetreten ist. Wäre dies der Fall, hätte die Beklagte aus den nur sieben Monate umfassenden deutschen Versicherungszeiten eine Rente ungeachtet ihrer geringen Höhe zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs.2 Nr.1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit - hier: die Zulässigkeit der Klage.
Der 1954 geborene Kläger ist österreichischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Österreich. Er hat dort zwischen 1970 und 2000 insgesamt 315 Monate Versicherungszeit zurückgelegt (Versicherungsverlauf vom 11. Juli 2001). Vom 1. Oktober 1981 bis 31. Januar 1982 und vom 1. Oktober 1982 bis 7. Dezember 1982 war der Kläger insgesamt sieben Monate in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Weitere Versicherungszeiten nach deutschem Recht (Reichsversicherungsordnung - RVO - oder Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -) liegen nicht vor (Versicherungsverlauf vom 23. Januar 2002).
Der Kläger bezieht aufgrund eines Antrags vom 17. März 2000 seit 1. April 2000 in Österreich eine Invaliditätspension (Bescheide vom 12. Juli 2001, 23. Mai 2002 und 1. August 2003).
Die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der deutschen Rentenversicherung lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 7. März 2002). Der Kläger habe in Deutschland weniger als zwölf Monate Versicherungszeit zurückgelegt und aufgrund allein dieser Zeiten keinen Leistungsanspruch aus der deutschen Rentenversicherung. Gemäß Art. 48 Abs.1 EWG-VO 1408/71 seien die in Deutschland zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten deshalb vom zuständigen Träger eines anderen Mitgliedstaates bei der Berechnung der zwischenstaatlichen Leistungen zu berücksichtigen.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er habe in Deutschland 1982 einen Arbeitsunfall erlitten. Sein Gesundheitszustand habe sich als Spätfolge dieses Unfalls 1994 wesentlich verschlechtert.
Die Beklagte wies ihn darauf hin, sein Rentenantrag sei nicht wegen fehlender Erfüllung der "Wartezeit für die Rente nach § 53 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGB VI", sondern wegen der zwischenstaatlichen Regelung des Art. 48 EWG-VO 1408/71 abgelehnt worden. Die in Deutschland zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten seien bei der Berechnung der österreichischen Invaliditätspension zu berücksichtigen (Schreiben vom 15. April 2002).
Mit Datum vom 23. April 2002 erklärte der Kläger auf einem Formblatt der Beklagten, er nehme seinen Widerspruch nicht zurück, mit Datum vom 24. April 2002 auf dem gleichen Formblatt, er nehme den Widerspruch zurück, der Widerspruch vom 23. April 2002 sei somit gegenstandslos. Beide Erklärungen gingen bei der Beklagten am 3. Mai 2002 ein.
Mit Datum vom 23. Oktober 2002 übersandte der Kläger das gleiche Formblatt nochmals unausgefüllt mit dem Zusatz, er habe eine Unfallrente beantragt, im Schreiben der Beklagten vom 15. April 2002 sei aber von einer Altersrente nach § 53 Abs.1 SGB VI die Rede.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch vom 2. April 2002 mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2002 - zur Post gegeben am 19. Dezember 2002 - zurück. Nach § 53 Abs.1 SGB VI sei eine (vorzeitige) Wartezeiterfüllung möglich, wenn der Versicherte wegen eines Arbeitsunfalls vermindert erwerbsfähig geworden sei, d.h. seit dem Arbeitsunfall eine Erwerbsminderung auf Zeit oder auf Dauer vorliege. Dafür bestünden hier keine Anhaltspunkte, da die vorliegenden (aktuellen) medizinischen Diagnosen rezidivierende Lumbago, Tinnitus und chronische Analfistel nicht auf die Folgen eines Arbeitsunfalls hindeuten würden und der Kläger nach dem 1982 erlittenen Unfall weitere Beschäftigungen in Österreich ausgeübt habe.
Dagegen hat der Kläger am 14. Mai 2003 - Eingang bei Gericht - Klage zum Bezirksgericht Favoriten (Österreich) erhoben. Er habe die dreimonatige Klagefrist versäumt, weil er ein Schreiben seines österreichischen Anwalts nicht richtig verstanden habe.
Das Bezirksgericht Favoriten hat dem Kläger mitgeteilt, Anträge seien an das Sozialgericht München (SG) zu richten. Dort ist am 10. Juni 2003 ein Schreiben des Klägers eingegangen, in dem er unter Vorlage des Schriftwechsels mit dem Bezirksgericht Favoriten um Bearbeitung gebeten hat. Er hat beantragt, ihm wegen Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung zu gewähren. Er verstehe amtliche Schreiben erst nach mehrmaligem Durchlesen (Schreiben vom 14. Juli 2003). Zur Begründung hat er u.a. ein Schreiben eines österreichischen Rechtsanwalts vorgelegt, in dem dieser dem Kläger mitgeteilt hat, er sei für ihn nur in einer Angelegenheit "Gutachtenserstattung Dr.W. betreffend die Beurteilung der Rechtschutzdeckung und der Prozesschancen wegen eines Kunstfehlers" tätig. Weitere übersandte Urkunden habe der Kläger mit Schreiben vom 30. Januar 2002 zurückerhalten. Damals sei vereinbart worden, dass diese Urkunden nur zur Information des Bevollmächtigten gedient hätten und vom Bevollmächtigten in den verschiedenen Verfahren nichts zu veranlassen sei (Anwaltsschreiben vom 13. Mai 2003).
Das SG hat die Klage wegen Versäumung der Klagefrist als unzulässig abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 20. August 2003). Zwar sei der genaue Zeitpunkt, an dem der Kläger den Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2002 erhalten habe, nicht mehr feststellbar. Nach den eigenen Angaben des Klägers sei aber davon auszugehen, dass ihm der Widerspruchsbescheid bis Ende 2002 zugegangen sei. Damit habe die Klagefrist Ende März 2003 geendet. Selbst wenn man das Schreiben vom 13. Mai 2003 an das Bezirksgericht Favoriten als Klage betrachte, sei diese verspätet erhoben worden. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei hinsichtlich der Klagefrist weder aufgrund der Einlassung des Klägers, er verstehe amtliche Schreiben nur nach mehrmaligem Durchlesen, noch aufgrund der vom Kläger nicht näher dargelegten Verständigungsschwierigkeiten mit seinem österreichischen Rechtsanwalt, der in dieses Verfahren nicht eingeschaltet sei, möglich. Selbst wenn man eine Zulässigkeit der Klage unterstelle, sei diese jedenfalls unbegründet, da gemäß Art 48 EWG-VO 1408/71 deutsche Versicherungszeiten von weniger als zwölf Monaten vom österreichischen Versicherungsträger übernommen würden.
Gegen den am 30. September 2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 30. Oktober 2003 - Eingang bei Gericht - beim SG Berufung eingelegt. Er begehrt weiterhin eine Wiedereinsetzung hinsichtlich der Klagefrist. Gewisse Amtssätze verstehe er auch nach mehrmaligem Durchlesen nicht.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 20. August 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 7. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund des Antrags vom 17. März 2000 Rente wegen verminder- ter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Das Bayer. Landessozialgericht (LSG) hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten und die Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 105 Abs.2 Satz 1, 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.
Das SG hat die gegen den Bescheid der Beklagten vom 7. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2002 gerichtete Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. August 2003 zu Recht abgewiesen. Die Klage ist unzulässig, da der Kläger die Klagefrist (§ 87 Abs.1 Satz 2 SGG) versäumt hat.
Zur Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides Bezug genommen (§ 153 Abs.2 SGG).
Ergänzend ist auszuführen, dass die Klagefrist bereits am Montag, 24. März 2003 endete. Gemäß § 85 Abs.3 Satz 1 SGG (in der ab 1. Juli 2002 geltenden Fassung) i.V.m. § 37 Abs.2 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gilt der ausweislich des Poststempels auf dem vom Kläger übersandten Umschlag am 19. Dezember 2002 zur Post gegebene Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2002 als am 22. Dezember 2002 zugegangen. Einen späteren Zugang hat der Kläger nicht behauptet. Er hat stets nur angegeben, die dreimonatige Klagefrist versäumt zu haben. Aus dem vom Kläger zur Begründung seines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorgelegten Schreiben seines österreichischen Rechtsanwalts vom 13. Mai 2003 ist zudem zu schließen, dass der Widerspruchsbescheid zu den in diesem Schreiben genannten, dem Kläger mit Schreiben vom 30. Januar 2003 zurückgesandten Urkunden gehörte, so dass der Widerspruchsbescheid dem Kläger jedenfalls vor dem 30. Januar 2003 vorgelegen hat. Die Klagefrist hätte somit bei einem Zugang nach dem 22. Dezember 2002 jedenfalls vor dem 30. April 2003 geendet und konnte weder durch den am 14. Mai 2003 beim Bezirksgericht Favoriten (Österreich), noch durch den am 10. Juni 2003 beim SG eingegangenen Schriftsatz gewahrt werden.
Ob der Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2002, den die Beklagte erst nach wirksamer Rücknahme des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 7. März 2002 (Erklärung des Klägers vom 24. April 2002 mit der ausdrücklichen Bestimmung, die Erklärung vom 23. April 2002 sei gegenstandslos) erlassen hat, als Verwaltungsakt nach § 44 SGB X angesehen oder - von der Beklagten - in einen solchen Verwaltungsakt umgedeutet werden könnte, kann offen bleiben.
Hinsichtlich der für die Entscheidung des SG nicht tragenden Ausführungen zum materiellen Recht ist darauf hinzuweisen, dass Art.48 Abs.1 EWG-VO 1408/71 einen Anspruch des Klägers auf Rentenleistungen aus der deutschen Rentenversicherung nicht bereits deswegen ausschließt, weil diese Versicherungszeiten weniger als zwölf Monate umfassen. Weitere Voraussetzung ist nach dem Wortlaut der Norm, dass allein aufgrund der vom Kläger in Deutschland zurückgelegten Versicherungszeiten - ohne Berücksichtigung der in anderen Mitgliedsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten - nach deutschem Recht kein Rechtsanspruch besteht. Deshalb hat die Beklagte zu Recht geprüft, ob beim Kläger - der bei unterstellter Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erfüllt hätte - eine vorzeitige Wartezeiterfüllung nach § 53 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGB VI eingetreten ist. Wäre dies der Fall, hätte die Beklagte aus den nur sieben Monate umfassenden deutschen Versicherungszeiten eine Rente ungeachtet ihrer geringen Höhe zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs.2 Nr.1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
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