Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 4830/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2399/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der krankenversicherungsrechtliche Patientenschutz verdrängt den arzneimittelrechtlichen Patientenschutz nicht, tritt zu diesem vielmehr hinzu; das gilt auch für die Arzneimittelversorgung der Versicherten in der stationären Krankenhausbehandlung.
Arzneimittel dürfen auch in der stationären Krankenhausbehandlung nur zulassungskonform und zulassungsüberschreitend nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des Off-Label-Use angewendet werden, wobei es unerheblich ist, ob die Arzneimittelversorgung als (reine) Pharmakotherapie oder als (Teil einer) Behandlungsmethode (i.S.d. §§ 135, 137 c SGB V) stattfindet.
Arzneimittel dürfen auch in der stationären Krankenhausbehandlung nur zulassungskonform und zulassungsüberschreitend nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des Off-Label-Use angewendet werden, wobei es unerheblich ist, ob die Arzneimittelversorgung als (reine) Pharmakotherapie oder als (Teil einer) Behandlungsmethode (i.S.d. §§ 135, 137 c SGB V) stattfindet.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19.05.2016 aufgehoben.
Die Entscheidungsformel wird wie folgt neu gefasst:
Die Klage der Klägerin auf Zahlung eines Vergütungsbetrags von 3.510,50 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.07.2011 wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3510,50 EUR endgültig festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Vergütung der Krankenhausbehandlung eines Mitglieds der Beklagten (Abrechnung des Zusatzentgelts (ZE) 2009-63 für die Anwendung von Dibotermin alfa).
Die Klägerin ist Trägerin eines zur Behandlung gesetzlich Versicherter zugelassenen Krankenhauses (§ 108 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V). Vom 16.09.2009 bis 30.10.2009 wurde die 1926 geborene, bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte, R. N. (im Folgenden: Versicherte) im Klinikum der Klägerin (im Folgenden: D.-Klinikum) stationär behandelt. Zuvor war sie bereits vom 17.08.2009 bis 08.09.2009 stationär behandelt worden. Die erneute stationäre Krankenhausbehandlung wurde wegen stärkster Schmerzen bei Z.n. Spondylodese Th10 bis L4 und radiologischem Nachweis einer frischen Fraktur LWK5 erforderlich. Am 22.09.2009 wurde eine ventrodorsale Anschlussspondylodese L4 bis S1 mit interkorporeller Fusion L4/5 und L5/S1 und Implantation von Cages (Platzhalter für den Zwischenwirbelraum) vorgenommen.
Mit Rechnung vom 28.06.2010 forderte die Klägerin von der Beklagten für die Krankenhausbehandlung der Versicherten (vom 16.09.2009 bis 30.10.2009) nach Maßgabe der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) für das Jahr 2009 (FPV 2009) bzw. des dieser als Bestandteil beigefügten Zusatzentgeltekatalogs (ZE-Katalog) eine Vergütung i.H.v. 19.519,63 EUR. Abgerechnet wurden (u.a.) die Diagnosis Related Group (DRG) I09A (bestimmte Eingriffe an der Wirbelsäule) und das ZE 2009-63; auf dieses ZE entfällt ein Rechnungsbetrag von 3.510,50 EUR.
In Anlage 4 der FPV 2009 (Zusatzentgeltekatalog - Liste) trägt das ZE 2009-63 die Bezeichnung: "Gabe von Dibotermin alfa, Implantation am Knochen". In Anlage 6 der FPV-Vereinbarung 2009 (Zusatzentgeltekatalog - Definition) ist das ZE 2009-63 dem Operationen- und Prozedurenschlüssel-Kode (OPS-Kode) 6-003.4 zugeordnet. Der genannte OPS-Kode hat folgenden Wortlaut: "Applikation von Medikamenten Liste 3: Dibotermin alfa, Implantation am Knochen".
Die Beklagte zahlte den Rechnungsbetrag zunächst vollständig, beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) aber mit einer Abrechnungsprüfung.
Im MDK-Gutachten vom 19.05.2010 führte Dr. K. aus, die erneute Krankenhausbehandlung der Versicherten sei nicht wegen Komplikationen in Zusammenhang mit Leistungen der vorausgegangenen Krankenhausbehandlung durchgeführt worden. Die stationäre Verweildauer sei aber nicht komplett medizinisch begründbar. Man hätte die Versicherte spätestens am 20.10.2009 in die stationäre geriatrische Frührehabilitation verlegen können. Die Krankenhausbehandlung sei vom 16.09.2009 bis 20.10.2009 medizinisch plausibel.
Mit Schreiben vom 25.05.2010 teilte die Beklagte der Klägerin das Ergebnis der Abrechnungsprüfung mit und forderte sie zur Rückzahlung eines Betrags i.H.v. 2.127,68 EUR auf.
Die Klägerin widersprach der Einschätzung des MDK, worauf die Beklagte das weitere MDK-Gutachten der Dr. K. vom 08.06.2011 erhob. Darin ist ausgeführt, die Verweildauer lasse sich unverändert nur bis 20.10.2009 medizinisch begründen. Außerdem hätte die Klägerin das ZE für die Anwendung von Dibotermin alfa nicht abrechnen dürfen. Dieses Arzneimittel sei indiziert bei Erwachsenen mit degenerativen Bandscheibenerkrankungen und einer mindestens sechsmonatigen nichtoperativen Behandlung zur anterioren Lendenwirbelfusion auf einer Ebene (L4-S1) als Ersatz für eine autologe Knochentransplantation. Laut Fachinformation dürfe Dibotermin alfa bei der Indikation zur anterioren Lendenwirbelfusion nicht allein, sondern müsse mit dem "LT-Cage kegelförmige Instrumentation des lumbalen Rückgrats" angewendet werden. Bei der Versicherten sei Dibotermin alfa zwar in den Cage eingebracht worden, eine Mengenangabe fehle aber. Außerdem sei die Anwendung eines LT-Cage nicht dokumentiert. Es liege daher der Off-Label-Use eines Arzneimittels vor.
Mit Schreiben vom 16.06.2011 teilte die Beklagte der Klägerin das Ergebnis der erneuten MDK-Begutachtung mit und kündigte die Aufrechnung eines Betrags i.H.v. von 3.510,50 EUR an.
Am 12.07.2011 rechnete die Beklagte einen Betrag von 6.001,53 EUR gegen unstreitige Forderungen der Klägerin auf.
Am 31.08.2012 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Sie trug vor, sie wende sich nur (noch) gegen die Versagung des ZE 2009-63 für die Anwendung von Dibotermin alfa (3.510,50 EUR). Dieses Arzneimittel sei nicht zulassungsüberschreitend angewendet worden. Richtig sei, dass man der Versicherten keinen LT-Cage implantiert habe; der LT-Cage sei ein amerikanisches Medizinprodukt, das in Deutschland nicht zugelassen sei. Dieser Cage sei außerdem über 15 Jahre alt und daher veraltet. Der Versicherten sei ein mit BMP gefüllter Cage der Firma medtronic in Etage L5/S1 implantiert worden. Dieser Cage sei noch nicht voroperiert gewesen, weshalb die von der Beklagten erwähnte Voroperation die Region BWK10-LWK4 betroffen habe und somit hinfällig sei. Der implantierte Cage entspreche dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft, gehöre zur Standardtherapie für die intersomatische Fusion bei Spondylodesen und sei in Deutschland zugelassen. Die Funktion dieses Cage entspreche der Funktion des LT-Cage. Er stelle eine Weiterentwicklung dar und biete vielfältige Vorteile für den Patienten durch verbesserte Modellierung und Implantationstechnik und demzufolge eine bessere medizinische Versorgung bei vergleichbaren Kosten. Da Dibotermin alfa unstreitig indiziert gewesen sei, liege ein Off-Label-Use nicht vor. Streitig sei allein, ob man Dibotermin alfa in Kombination mit dem implantierten Cage habe anwenden dürfen. Es sei ein grundsätzlich zugelassenes Arzneimittel mit einem neuen Cage angewendet worden. Ihr stehe das streitige ZE auch dann zu, wenn ein Off-Label-Use stattgefunden hätte. Anders als in der ambulanten Versorgung gesetzlich Versicherter bedürften neue Behandlungsmethoden in der Krankenhausbehandlung keiner besonderen Zulassung und seien nur dann ausgeschlossen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) eine negative Stellungnahme abgegeben habe (vgl. § 137c SGB V; dazu Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 16.12.2008, - B 1 KR 11/08 R -; auch Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.03.2010, - L 9 KR 280/08 -, beide in juris; SG Mainz, Urteil vom 04.11.2014, - S 16 KR 155/12 -, nicht veröffentlicht); das sei hinsichtlich der Anwendung von Dibotermin alfa mit dem bei der Versicherten implantierten Cage nicht der Fall. Es komme nur darauf an, ob die stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich gewesen sei, was der MDK bestätigt habe und was auch nicht streitig sei. Die Voraussetzungen des Off-Label-Use eines Arzneimittels müssten nicht erfüllt sein. Qualität und Wirksamkeit der für die Versicherten erbrachten Leistung entsprächen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und dem medizinischen Fortschritt. Insbesondere habe man keine Außenseitermethode angewendet. Die Voraussetzungen des Off-Label-Use von Arzneimitteln seien bei der stationären Krankenhausbehandlung anders zu beurteilen als bei der ambulanten Behandlung, da die Gefahr der Anwendung zweifelhafter oder unwirksamer Behandlungsmethoden im Krankenhaus geringer sei.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Dibotermin alfa sei apothekenpflichtig. Der Arzneimittelhersteller habe die Zulassungsindikation in seinem an die zuständige europäische Arzneimittelbehörde (EMA) gerichteten Zulassungsantrag auf die Anwendung mit einem LT-Cage beschränkt. Hier habe man einen LT-Cage aber (unstreitig) nicht implantiert, weshalb Dibotermin alfa im Off-Label-Use angewendet worden sei. Nach Maßgabe der Datenlage des Jahres 2010 seien Zulassung und damit auch Anwendungssicherheit von Dibotermin alfa auf die Kombination mit einem LT-Cage bezogen gewesen. Studienergebnisse zu anderen Cages habe es nicht gegeben. Außerdem stünden bei der Verwendung anderer Cages schulmedizinische Alternativen zur Verfügung; etabliert sei etwa die Methode der Anlagerung/Befüllung des Cage mit Spongiosa. Die Regelungen in §§ 135, 137c SGB V seien nicht einschlägig. Streitig sei nicht eine ärztliche Behandlungsmethode, sondern die zulassungsüberschreitende Anwendung eines (Fertig-)Arzneimittels. Zur Gewährleistung eines gewissen Mindestschutzes sei auf die §§ 135, 137c SGB V nur für solche Arzneimittel zurückzugreifen, die einer (arzneimittelrechtlichen) Zulassung nicht bedürften (vgl. etwa BSG, Urteil vom 28.03.2000, - B 1 KR 11/98 R -, Urteil vom 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -, beide in juris). Davon abgesehen stehe die Vorschrift des § 137c SGB V einer Sachprüfung nicht entgegen (vgl. auch BSG, Urteil vom 28.07.2008, - B 1 KR 5/08 R -, Urteil vom 17.02.2010, - B 1 KR 10/09 R -, Urteil vom 21.03.2013, - B 1 KR 2/12 R -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.01.2012, - L 4 KR 2272/10 -, alle in juris). Für die Zulassung von Arzneimitteln bzw. die Beurteilung der Anwendung von (Fertig-)Arzneimitteln sei der GBA nicht zuständig. Das bloße Fehlen einer Richtlinienentscheidung des GBA könne daher für den Off-Label-Use eines Arzneimittels im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung nicht maßgeblich sein.
Die Beklagte legte das MDK-Gutachten der Dr. K. vom 05.06.2013 vor. Darin ist ausgeführt, bei Dibotermin alfa handele es sich um einen gentechnisch hergestellten humanen Wachstumsfaktor, nicht um einen Knochenersatz. Am 09.09.2002 habe die Europäische Arzneimittelkommission die Zulassung für das Arzneimittel InductOs - mit dem Wirkstoff Dibotermin alfa - erteilt. Nach der Fachinformation des Arzneimittelherstellers dürfe InductOs bei der anterioren Lendenwirbelfusion nicht allein, sondern nur mit dem "LT-Cage kegelförmige Instrumentation für Fusionen des lumbalen Rückgrats" angewendet werden. Die Sicherheit und Wirksamkeit sei demgegenüber nicht angezeigt (u.a.) bei Verwendung mit anderen Wirbelsäulenimplantaten als dem LT-Cage. Bei der Versicherten seien 2 Cages befüllt mit Dibotermin alfa (ohne Mengenangabe) implantiert worden. Man habe nicht die geforderten kegelförmigen LT-Cages, sondern zylindrische PEEK-Cages "PEZO-A" implantiert. Die in der Fachinformation für Dibotermin alfa angeführten Anwendungsvoraussetzungen seien in mehrfacher Hinsicht nicht erfüllt: So habe bei der Versicherten keine degenerative Bandscheibenerkrankung, sondern ein Ermüdungsbruch vorgelegen, weshalb die Anwendung von Dibotermin alfa (schon) nicht indiziert gewesen sei. Außerdem sei eine anteriore Lendenwirbelsäulenfusion auf zwei und nicht, wie in der Fachinformation verlangt, auf einer Ebene durchgeführt worden. Weiter habe die operative Versorgung Th10 - L4 erst knapp 4 Wochen zurückgelegen, so dass ein Segment (L4/5) voroperiert gewesen sei. Schließlich habe man keinen kegelförmigen LT-Cage implantiert, sondern einen zylindrischen PEEK-Cage, dessen Anwendung in Verbindung mit Dibotermin alfa im Rahmen der Zulassungsstudie nicht geprüft worden sei. Das Vorbringen der Klägerin, die Funktion des PEEK-Cage entspreche der Funktion des LT-Cage, stelle nur eine nicht durch Studien überprüfte Vermutung dar. Die Versicherte sei schließlich über die Risiken der Anwendung des Wachstumsfaktors Dibotermin alfa nicht spezifisch aufgeklärt worden. Aus der Patientenakte gehe nicht hervor, ob die Möglichkeit der Standardversorgung durch Spongiosa-Transplantation besprochen worden sei. Streitig sei nicht die Anwendung einer Behandlungsmethode, sondern die Anwendung eines Arzneimittels (bzw. die Abrechnung des dafür vorgesehenen ZE); hierfür sei der GBA nicht zuständig. Bei der Versicherten hätte eine Spongiosa-Transplantation (Befüllung der PEEK-Cages) durchgeführt werden können. Stattdessen habe die nicht indikationsgerechte, zulassungsüberschreitende Anwendung von Dibotermin alfa stattgefunden. Das ZE 2009-63 sei nicht abrechenbar.
Vorgelegt wurden außerdem die in einem gleich gelagerten (Parallel-)Rechtsstreit der Beteiligen (S 9 KR 226/12) erstatteten Gutachten.
Dr. B., Arzt für Dermatologie und Venerologie/Qualitätsmanagement - Gesundheitsökonom, hatte im Gutachten vom 15.09.2012 ausgeführt, bei Dibotermin alfa handele es sich um eine Substanz, die in der Lage sei, Knochenwachstum auszulösen. Dibotermin alfa werde in der Wirbelsäulenchirurgie in bestimmten Fällen eingesetzt, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass es im Rahmen einer Spondylodese zu einer ausreichenden knöchernen Fusion komme, vor allem bei voroperierten Patienten. Bei der vorderen Spondylodese werde Dibotermin alfa nach Ausräumung des Bandscheibenfachs und nach Anfrischen der angrenzenden Wirbelkörperplatten in den Zwischenwirbelraum eingebracht. Bei Anwendung von InductOs werde Dibotermin alfa auf Vliese aufgebracht. Da diese jedoch keinerlei mechanische Stabilität im Zwischenwirbelraum böten, werde in der Regel ein Cage implantiert. Das sei ein metallischer Käfig bzw. Zylinder, der sich zwischen die Wirbelkörper klemme und in diesem Bereich mechanische Stabilität sichere. Aus medizinischer Sicht sei es aufgrund des postulierten Wirkmechanismus von Dibotermin alfa ohne Belang, welches der am Markt zur Verfügung stehenden geeigneten Implantate verwendet werde, da der Cage nicht für die Induktion des Knochenwachstums, sondern nur für die mechanische Stabilität zuständig sei. Der LT-Cage sei in Deutschland nicht erhältlich und auch früher nicht erhältlich gewesen, weshalb man schon immer auf Alternativen habe ausweichen müssen. Die Koppelung von Dibotermin alfa an die Verwendung eines LT-Cage habe wohl auf haftungsrechtlichen Gründen beruht, weil seinerzeit (in den USA) Erfahrungen nur mit diesem Cage vorgelegen hätten. Die EMA habe aber schon damals darauf hingewiesen, dass diese Koppelung unerwünscht sei, weil dadurch andere Implantate von der Anwendung (mit Dibotermin alfa) ausgeschlossen würden. Weshalb man das sodann im Zulassungsverfahren nicht entsprechend geregelt habe, sei unklar. Im Zuge der Zulassungsverlängerung sei der Vorschlag, Dibotermin alfa von der Implantation eines LT-Cage zu entkoppeln, aufgegriffen worden. In der aktuellen Zulassung von InductOs werde die Verwendung des LT-Cage nur noch empfohlen. In der wirbelsäulenchirurgischen Praxis habe sich die Anwendung von InductOs als in Deutschland einzig verfügbarem Arzneimittel mit dem Wirkstoff Dibotermin alfa in einer Reihe von Anwendungen außerhalb der Zulassung längst etabliert und auch Einzug in die einschlägigen Lehrbücher gefunden. Aus medizinischer Sicht werde Dibotermin alfa daher im Sinne der Zulassung angewendet, auch wenn nicht der eigentlich verlangte LT-Cage, sondern eine gleichwertige Alternative implantiert werde.
Im (dazu erstatteten) MDK-Gutachten vom 29.10.2012 hatte Dr. M. ausgeführt, auf Basis der Datenlage 2010 sei für die Zulassung von Dibotermin alfa und somit auch für die Anwendungssicherheit dieses Arzneimittels nur auf die Kombination mit einem LT-Cage abgestellt worden. Studienergebnisse, welche den Outcome anderer Cages in Verbindung mit InductOs bei anteriorer Fusion der LWS abbildeten, lägen nicht vor. Die Einschätzung des Dr. B., aus medizinischer Sicht sei es aufgrund des postulierten Wirkmechanismus von Dibotermin alfa ohne Belang, welches der verfügbaren und geeigneten Implantate verwendet werde, sei nicht belegt. Bei Verwendung anderer Cages stehe als etablierte Methode die Anlagerung/Befüllung mit Spongiosa zur Verfügung.
Die Klägerin trug ergänzend vor, Vergütungsregelungen seien streng wortlautbezogen auszulegen. Weder aus dem Wortlaut des ZE 2009-63 noch aus dem Wortlaut des einschlägigen OPS-Kodes gehe hervor, dass die Anwendung von Dibotermin alfa die Implantation eines LT-Cage voraussetze. Wäre das gewollt gewesen, gäbe es einen entsprechenden Hinweis. Herstellerbezogene Materialangaben oder herstellerbezogene Angaben von Geräten oder Gerätetypen im Wortlaut eines OPS-Kodes erfolgten (so die einschlägigen Richtlinien des Deutschen Instituts für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI)) nur ausnahmsweise und nur dann, wenn das aus Gründen der Zuordnung zu Entgeltsystemen oder der gesetzlich vorgeschriebenen externen Qualitätssicherung zwingend erforderlich sei. OPS-Kodes seien daher nicht herstellergebunden. Der hier maßgebliche OPS-Kode enthalte keine Herstellerhinweise oder Hinweise auf die Verwendung eines bestimmten Implantats. Das DIMDI habe das nicht für erforderlich erachtet. Bei der Versicherten sei die Anwendung von Dibotermin alfa indiziert gewesen. Mit Dibotermin alfa habe eine höhere Wahrscheinlichkeit für die knöcherne Durchbauung der Etagen L4/5 und L5/S1 erreicht werden sollen. Dadurch würden Folgeeingriffe weniger wahrscheinlich. Die These, die Erfolgsrate der instrumentierten Spondylodese unter Verwendung von Dibotermin alfa und Wirbelkörperimplantationen sei nicht signifikant besser als die Erfolgsrate der Standardtherapie mit Verwendung von autologem Knochenmaterial, sei nicht haltbar. Zusätzliche Studien und die Analyse von Daten aus der veröffentlichten Literatur zeigten vielmehr, dass InductOs (Dibotermin alfa) bei der Fusion der unteren Rückenwirbel wirksamer sei als Knochentransplantate, unabhängig von der Operationstechnik oder der Art des zugelassenen Medizinprodukts, das zur Fixierung des Knochens verwendet werde. Entgegen der Auffassung des MDK habe bei der Versicherten eine degenerative Bandscheibenerkrankung vorgelegen und das Segment L4/5 sei auch nicht voroperiert gewesen, so dass die Anwendung von InductOs indiziert gewesen sei. Zwar müsse auch bei der stationären Krankenhausbehandlung das Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebot gewahrt werden, ein Erlaubnisvorbehalt entsprechend der für die ambulante Behandlung geltenden Regelung des § 135 SGB V bestehe jedoch nicht; das dürfe durch die Anwendung der Grundätze, die für die ambulante Anwendung von Arzneimitteln im Off-Label-Use gälten, nicht unterlaufen werden. Das Wirtschaftlichkeitsgebot sei hier auch nicht verletzt worden. Die Vertragspartner (der FPV 2009) hätten das streitige ZE als krankenhausindividuelles ZE vereinbart. Hätte man Einschränkungen festlegen wollen, hätte das in der FPV 2009 geregelt werden müssen, was nicht geschehen sei. Da es den LT-Cage in Deutschland nicht gegeben habe, könne unterstellt werden, dass die Vertragspartner einvernehmlich davon ausgegangen seien, dass (zur Abrechnung des streitigen ZE) auch ein anderer Cage verwendet werden dürfe, zumal es für die Wirkung von Dibotermin alfa unerheblich sei, welcher (nur für die mechanische Stabilität zuständige) Cage implantiert werde. Haftungsrechtliche Fragen seien hier unerheblich (vgl. BSG, Beschluss vom 25.01.2007, - GS 1/06 -, Urteil vom 10.04.2008, - B 3 KR 14/07 R -, beide in juris).
Die Beklagte wandte ein, auf die Auslegung von Vergütungsregelungen komme es nicht an. Ausschlaggebend sei vielmehr, dass ein Arzneimittel (Dibotermin alfa) nicht im Rahmen seiner Zulassung angewendet worden sei. Arzneimitteltherapien seien nicht zweckmäßig und nicht wirtschaftlich, wenn das Arzneimittel für die entsprechende Indikation, wie hier, nicht zugelassen sei.
Am 05.11.2015 erhob die Beklagte Widerklage für den Fall, dass die Aufrechnungserklärung als nicht hinreichend bestimmt eingestuft werden sollte. Die Klägerin trat der Widerklage entgegen.
Mit Urteil vom 19.05.2016 verurteilte das SG die Beklagte, an die Klägerin 3.510,50 EUR zzgl. Zinsen von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.07.2011 zu zahlen. Auf die Widerklage der Beklagten verurteilte das SG die Klägerin, an die Beklagte 3.510,50 EUR zu zahlen; im Übrigen wies es die Widerklage ab. Zur Begründung führte das SG aus, die Klägerin habe Anspruch auf Zahlung des aufgerechneten Vergütungsbetrags zuzüglich Zinsen; der Zahlungsanspruch sei in Höhe der Klageforderung mangels wirksamer Aufrechnungserklärung nicht erloschen. Die hilfsweise erhobene Widerklage der Beklagten sei zulässig und teilweise begründet. Die Beklagte habe Anspruch auf Zahlung von 3.510,50 EUR; ein Zinsanspruch stehe ihr aber nicht zu. Die Klägerin habe das ZE 2009-63 nicht abrechnen dürfen. Die Zulässigkeit der Anwendung von Dibotermin alfa richte sich nach § 137c Abs. 1 Satz 1 SGB V, da das Arzneimittel als Teil einer ärztlichen Behandlungsmethode angewendet worden sei. (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2015, - L 11 KR 1116/12 -, in juris Rdnr. 54). Die Behandlungsmethode sei (im Rechtssinne) neu, weil Dibotermin alfa für die bei der Versicherten durchgeführte Behandlung nicht zugelassen sei. Ein Zulassungsantrag nach § 137c Abs. 1 SGB V liege nicht vor; eine Entscheidung des GBA sei nicht ergangen. Gemäß § 137c Abs. 3 SGB V dürften Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der GBA bisher keine Entscheidung getroffen habe, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative böten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolge, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig sei. Das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative könne sich etwa daraus ergeben, dass die Methode aufgrund ihres Wirkprinzips und der bisher vorliegenden Erkenntnisse mit der Erwartung verbunden sei, dass andere aufwändigere, für die Patienten invasivere oder bei bestimmten Patienten nicht erfolgreiche Methoden ersetzt werden könnten oder die Methode in sonstiger Weise eine effektivere Behandlung ermöglichen könne (vgl. BT-Drs. 18/4095, S. 121 f.). Mit dem Begriff "Potential" vermindere § 137c SGB V die Anforderungen an die Evidenz im Rahmen des Qualitätsgebots (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V; vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2015, - L 11 KR 1116/12 -, in juris Rdnr. 62). § 137c Abs. 3 SGB V sei am 23.07.2015 in Kraft getreten, hier jedoch anwendbar, da es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Urteilsfällung ankomme. Die Anwendung von Dibotermin alfa habe - wofür die Klägerin die objektive Beweislast trage - nicht das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative geboten. Als etablierte Methode habe die Anlagerung/Befüllung der Cages mit Spongiosa zur Verfügung gestanden. Das gehe aus dem MDK-Gutachten vom 05.06.2013 hervor. Dibotermin alfa sei bei der Spondylodese nach zwei neueren Meta-Analysen nicht effektiver als eine konventionelle Spongiosaplastik (vgl. http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/54820).
Gegen das ihr am 07.06.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin, die die Einrede der Verjährung erhebt, am 29.06.2016 Berufung eingelegt. Am 17.08.2016 hat die Beklagte gegen das ihr am 03.06.2016 zugestellte Urteil Anschlussberufung eingelegt.
Die Klägerin bekräftigt ihr bisheriges Vorbringen. InductOs (Dibotermin alfa) sei bei der Versicherten zulässigerweise im Off-Label-Use angewendet worden. Die für den vertragsärztlichen Bereich geltenden Voraussetzungen für den Off-Label-Use von Arzneimitteln könnten auf den stationären Bereich nicht übertragen werden. Gemäß § 137c SGB V bedürften neuartige Behandlungsverfahren im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nämlich keiner besonderen Zulassung; sie seien nur dann ausgeschlossen, wenn der GBA eine negative Stellungnahme abgegeben habe. Im Unterschied zur ambulanten Behandlung (vgl. dazu § 135 Abs. 1 SGB V) gebe es für die Krankenhausbehandlung keinen Erlaubnisvorbehalt. Dies dürfe nicht unterlaufen werden (vgl. SG Mainz, Urteil vom 04.11.2014, - S 16 KR 155/12 -, nicht veröffentlicht; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.03.2010, - L 9 KR 280/08 -, in juris). Daran ändere es nichts, dass eine nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlungsmethode im Krankenhaus auch dann nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erbracht werden dürfe, wenn der GBA kein Negativvotum abgegeben habe (dazu: BSG, Urteil vom 21.03.2013, - B 3 KR 2/12 R -, in juris). Einen Erlaubnisvorbehalt bei Krankenhausbehandlungen habe der Gesetzgeber nicht eingeführt. Die in § 137c SGB V verankerte Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt gewährleiste die Teilhabe der Versicherten am medizinischen Fortschritt. Den typischerweise schwerer erkrankten Versicherten in der stationären Versorgung mit besonderem Bedarf nach innovativen Behandlungsalternativen sollten vielversprechende Heilungs- und Behandlungschancen weiterhin zeitnah auch außerhalb von Studien gewährt werden können, auch wenn der Nutzen dieser Behandlungsmethoden noch nicht auf hohem Evidenzniveau belegt sei. Die noch nicht allgemein anerkannte Methode müsse das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und nach den Regeln der ärztlichen Kunst angewendet werden. Gemäß § 137c Abs. 1 SGB V sei es Aufgabe des GBA Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt würden oder angewandt werden sollten, daraufhin zu überprüfen, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich seien. Eine Methode, deren Nutzen nach Feststellung des GBA zwar noch nicht hinreichend belegt sei, die aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative biete, könne nach den gesetzlichen Vorgaben im Rahmen der Krankenhausbehandlung weiterhin zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Der GBA sei in einem solchen Fall grundsätzlich verpflichtet, eine Erprobung zu initiieren, um die für eine fundierte Entscheidung erforderlichen Erkenntnisse zu gewinnen. Bis zum Vorliegen dieser Erkenntnisse und einer abschließenden Entscheidung des GBA bleibe es aber dabei, dass die Methode im Krankenhaus angewandt werden dürfe, insbesondere damit sie zur Versorgung der typischerweise schwerer erkrankten Versicherten mit besonderem Bedarf nach innovativen Behandlungsalternativen weiterhin zur Verfügung stehe. Diese Wertentscheidung müsse auch dann beachtet werden, wenn der GBA noch keine Überprüfung nach § 137c Abs. 1 SGB V durchgeführt habe. Es stünde mit dem dargestellten Konzept der grundsätzlichen Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt nicht in Einklang, wenn jede einzelne Krankenkasse im Einzelfall die Kostenübernahme für eine nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgende Behandlung mit einer Methode, die das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative biete, mit der Begründung ablehnen könnte, der Nutzen der angewandten Methode sei noch nicht hinreichend belegt. Ebenso wenig wie der GBA eine Methode mit Potenzial unmittelbar aus der Krankenhausversorgung ausschließen könne, könne eine solche negative Leistungsentscheidung stattdessen auf der Ebene der Einzelkasse erfolgen. Die Behandlung mit Dibotermin alfa habe für die Versicherte eine echte Alternative dargestellt. Mit der Anwendung von InductOs (Dibotermin alfa) habe man eine höhere Wahrscheinlichkeit für die knöcherne Durchbauung der Etagen L4/5 und L5/S1 erreichen und Folgeeingriffe unwahrscheinlicher machen wollen. Wegen der vorbestehenden Spondylodese TH10 bis L4 sei es bei der Beckenplattenimpressionsfraktur L5 aus biomechanischen Gründen notwendig gewesen, sowohl die Etage L4/L5 als auch die Etage L5/S1 in die Spondylodese einzubeziehen und hier die entsprechenden Bandscheibenfächer auszuräumen und mit einem entsprechenden Implantat zu versehen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19.05.2016 insoweit aufzuheben, als sie zur Zahlung von 3.510,50 EUR verurteilt worden ist, und die (Anschluss-)Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19.05.2016 insoweit aufzuheben, als sie verurteilt worden ist, 3.510,50 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.07.2011 zu zahlen, und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, sie habe die Aufrechnung wirksam erklärt (vgl. dazu BSG, Urteile vom 25.10.2016, - B 1 KR 7/16 R - und - B 1 KR 9/16 R - und vom 13.12.2016, - B 1 KR 1/16 R -, alle in juris). Der Klägerin stehe das streitige ZE nicht zu. Nach der (neueren) Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 13.12.2016, - B 1 KR 1/16 R -, in juris) gälten die Grundlagen und Grenzen des Anspruchs auf Arzneimittelversorgung nicht nur für den Bereich der vertragsärztlichen, sondern in gleicher Weise für den Bereich der stationären Versorgung; der Schutz der Versicherten durch das materielle Arzneimittelzulassungsrecht mache nicht vor dem Krankenhaus Halt. Eine Krankenhausbehandlung, bei der dem Versicherten ein Fertigarzneimittel bestimmungsgemäß in einem besonderen Verfahren verabreicht werde, dürfe auf Kosten der GKV grundsätzlich nur erfolgen, wenn das Medikament über eine arzneimittelrechtliche Zulassung verfüge und wenn der GBA - soweit erforderlich - durch Richtlinienentscheidung eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode nach § 135 Abs. 1 SGB V ausgesprochen habe (so BSG, Urteil vom 13.12.2016, a.a.O. Rdnr. 23; auch BSG, Urteil vom 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -, in juris). Damit seien auch bei Anwendung eines Fertigarzneimittels im Rahmen einer Behandlungsmethode i.S.d. §§ 135, 137c SGB V die arzneimittelrechtlichen Vorgaben zu beachten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die vorliegenden Verwaltungs- und Patientenakten (der Versicherten) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten sind gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bzw. § 202 SGG i.V.m. § 524 Zivilprozessordnung (ZPO) statthaft. Streitgegenstand (der Berufung und der Anschlussberufung) ist der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines Vergütungsbetrags i.H.v. 3.510,50 EUR zuzüglich Zinsen für erbrachte Krankenhausbehandlungen (vgl. zur Anschlussberufung Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. § 143 Rdnr. 5, 5d). Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist überschritten. Die Berufung der Klägerin, die sich gegen die Verurteilung zur Rückzahlung des streitigen Vergütungsbetrags zuzüglich Zinsen wehrt, ist form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegt worden, die (unselbstständige) Anschlussberufung der Beklagten, die sich gegen die Verurteilung zur Zahlung des streitigen Vergütungsbetrags wehrt, ist nicht an eine Frist gebunden (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O. Rdnr. 5f).
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg; die Anschlussberufung der Beklagten ist dagegen erfolgreich. Die von der Klägerin (ursprünglich) erhobene Klage ist als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) statthaft und auch sonst zulässig (vgl. etwa BSG, Urteil vom 19.04.2016, - B 1 KR 28/15 R -, in juris Rdnr. 7). Sie richtet sich auf Zahlung eines Vergütungsbetrags i.H.v. 3.510,50 EUR zuzüglich Zinsen wegen (unstreitiger) Vergütungsforderungen für laufende Krankenhausbehandlungen von Versicherten der Beklagten (Hauptforderung). Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Hauptforderung ist in Höhe des streitigen Vergütungsbetrags durch Aufrechnung (§ 69 Satz 3 SGB V i.V.m §§ 387, 389 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB) erloschen. Die Beklagte hat der Klägerin für die Krankenhausbehandlung der Versicherten das ZE 2009-63 i.H.v. 3.510,50 EUR zu Unrecht (ohne Rechtsgrund) gezahlt. Die Klägerin muss es der Beklagten daher nach Maßgabe des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zurückzahlen. Die Beklagte hat mit ihrem Erstattungsanspruch (Gegenanspruch) wirksam aufgerechnet (dazu: BSG, Urteile vom 25.10.2016, - B 1 KR 7/16 R - und - B 1 KR 9/16 R - und vom 13.12.2016, - B 1 KR 1/16 R -, alle in juris; auch etwa Urteil vom 21.03.2013, - B 3 KR 2/12 R -, in juris Rdnr. 9 f.). Das "Hin- und Her" durch Zahlung und (sofortige) Rückzahlung des mit der Klage geltend gemachten (Aufrechnungs-)Betrags und hieran anknüpfende Rechtsbehelfe (Widerklage der Beklagten) sind entbehrlich. Die Urteilsformel des angefochtenen Urteils wird entsprechend neu gefasst.
Der Klägerin steht, worüber die Beteiligten in der Sache allein streiten, das ZE 2009-63 für die Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht zu.
Rechtsgrundlage des von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. (u.a.) § 7 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und der FPV 2009 (zu den Rechtsgrundlagen der Krankenhausvergütung näher etwa Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 28.03.2017, - L 11 KR 55/16 -, in juris Rdnr. 21). Danach werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern neben Fallpauschalen (u.a.) mit Zusatzentgelten abgerechnet. Das (hier streitige) ZE 2009-93 ist in Anlage 4 und 6 der FPV 2009 festgelegt worden mit dem (Zusatz-)Entgelttatbestand: "Gabe von Dibotermin alfa, Implantation am Knochen" (zur Auslegung von Zusatzentgelttatbeständen etwa Senatsurteile vom 22.03.2017, - L 5 KR 4740/15 -, in juris, nachfolgend BSG, Beschluss vom 18.01.2018, - B 1 KR 21/17 B -, nicht veröffentlicht, und vom 22.02.2017, - L 5 KR 3595/15 -, nachfolgend BSG, Beschluss vom 19.12.2017, - B 1 KR 17/17 B -, beide in juris). Der Anspruch auf Zahlung eines in einer FPV vereinbarten Zusatzentgelts setzt freilich nicht nur die Erfüllung des Zusatzentgelttatbestands voraus. Vielmehr muss die Krankenhausbehandlung, für deren Vergütung (u.a.) das Zusatzentgelt gezahlt werden soll, nach Maßgabe der hierfür geltenden Vorschriften und Rechtsgrundsätze erforderlich sein (vgl. LSG Thüringen, Urteil vom 25.04.2017, - L 6 KR 1870/13 -, in juris Rdnr. 18). Nach der Rechtsprechung des BSG korrespondiert der Zahlungsanspruch des Krankenhauses nämlich mit dem Leistungsanspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V; dieser umfasst nur solche Behandlungsformen, die den in den §§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 28 Abs. 1 SGB V festgelegten Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien genügen (vgl. BSG, Urteil vom 21.03.2013, - B 3 KR 2/12 R -, in juris Rdnr. 11, 12). Für die Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus sind außerdem die Maßgaben des § 137c SGB V, für die Arzneimittelversorgung im Krankenhaus sind die hierfür geltenden Maßgaben zu beachten.
Davon ausgehend kann die Klägerin das ZE 2009-63 für die Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht beanspruchen. Zwar ist der Zusatzentgelttatbestand unstreitig erfüllt, da bei der Versicherten im Zuge einer interkorporellen Fusion und Implantation von Cage am Knochen Dibotermin alfa gegeben worden ist. Die Gabe des genannten Arzneimittels hat aber im Off-Label-Use (Anwendung außerhalb des von der arzneimittelrechtlichen Zulassung erfassten Anwendungsbereichs) stattgefunden, ohne dass die Voraussetzungen hierfür erfüllt gewesen sind. Dass das Arzneimittel im Rahmen einer stationär (im Krankenhaus) erbrachten Behandlungsmethode (i.S.d. § 137c SGB V) angewendet worden ist, ändert nichts.
Das Arzneimittel Dibotermin alfa ist, wie Dr. K. im MDK-Gutachten vom 05.06.2013 zutreffend dargelegt hat, im Off-Label-Use angewendet worden. Nach der für das (hier maßgebliche) Jahr 2009 geltenden Fachinformation des Arzneimittelherstellers (die spätere Änderung: nur Empfehlung des LT-Cage ist hier unerheblich), die gemäß § 22 Abs. 7 Satz 1 Arzneimittelgesetz (AMG) dem (Arzneimittel-)Zulassungsantrag beizufügen ist und die gemäß § 11a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4d 1. Alt. AMG in Übereinstimmung mit der im Rahmen der Zulassung genehmigten Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels besondere Warn- und Vorsichtshinweise für die Anwendung enthalten muss (vgl. zur Fachinformation auch etwa LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.06.2016, - L 7 KA 16/14 KL -, in juris Rdnr. 72 sowie Rehmann, AMG § 25 Rdnr. 2), hat Dibotermin Alfa (InductOs) nur mit einem LT-Cage angewendet werden dürfen. Auf S. 3 der Fachinformation "Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei der Anwendung zur anterioren Lendenwirbelfusion" heißt es (unmissverständlich), die Sicherheit und Wirksamkeit von InductOs mit anderen Wirbelsäulenimplantaten als dem LT-Cage sei nicht gezeigt worden. Auf S. 1 der Fachinformation ist unter "Anweisungen für den Gebrauch bei Operationen zur anterioren Lendenwirbelfusion" festgelegt, dass InductOs mit dem LT-Cage angewendet werden muss. Der Arzneimittelhersteller hat (nach der im Internet zugänglichen Sicherheitsinformation vom 20.03.2007) die Chirurgen auch darauf hingewiesen, InductOs immer gemäß der Anleitung der Fachinformation zu verwenden und dabei das Augenmerk besonders auf die korrekte Dosierung und Positionierung im "LT-Cage" zu richten; diese Information sei (u.a.) mit der EMA abgestimmt worden. Dass in der Fachinformation (einmal) auch der Begriff "Cages" verwendet wird (vgl. S. 3 "Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei der Anwendung zur anterioren Lendenwirbelfusion"), ist unerheblich, zumal insoweit auch nur über eine bei posterioren Lendenwirbelfusionen und Verwendung zylindrischer Cages in manchen Fällen beobachtete posteriore Knochenbildung berichtet wird.
Bei der Versicherten ist eine anteriore Lendenwirbelfusion (vgl. MDK-Gutachten der Dr. K. vom 05.06.2013) durchgeführt und ein LT-Cage nicht implantiert worden; vielmehr hat man (unstreitig) einen anderen Cage ("PEZO-A") verwendet. Für das Vorliegen eines Off-Label-Use kommt es weder auf die Verfügbarkeit des LT-Cage (in Deutschland) noch darauf an, ob andere Cages (hier der Cage: "PEZO-A") dem LT-Cage nach ärztlicher Einschätzung gleichwertig oder gar überlegen sind. Maßstab für die zulassungskonforme oder zulassungsüberschreitende Anwendung eines Arzneimittels ist die arzneimittelrechtliche Zulassung. Diese kann außerhalb des arzneimittelrechtlichen Verwaltungsverfahrens auch dann nicht erweitert werden, wenn die zulassungsüberschreitende Anwendung des Arzneimittels in der Ärzteschaft befürwortet und für unbedenklich erachtet wird. Die Auffassung des Dr. B. im von der Klägerin vorgelegten Gutachten vom 15.09.2012 (erstattet im Klageverfahren S 9 KR 226/12), wonach bei Implantierung eines dem LT-Cage gleichwertigen anderen Cage aus medizinischer Sicht eine zulassungskonforme Anwendung von Dibotermin alfa vorliege, ist daher unerheblich.
Der Off-Label-Use von (Fertig-)Arzneimitteln ist in Abschnitt K der Arzneimittel-Richtlinien (AM-RL) näher geregelt worden (richtlinienrechtlicher Off-Label-Use). Daneben gelten nach der Anmerkung zu Abschnitt K AM-RL die in der Rechtsprechung entwickelten Maßgaben für den Off-Label-Use (richterrechtlicher Off-Label-Use) fort (vgl. auch BSG, Urteil vom 13.12.2016, - B 1 KR 1/16 R -, in juris Rdnr. 15). Die Voraussetzungen eines richtlinienrechtlichen Off-Label-Use sind unstreitig nicht erfüllt. Der richterrechtliche Off-Label-Use setzt u.a. voraus, dass aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann, wobei auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse abzustellen und von hinreichenden Erfolgsaussichten nur dann auszugehen ist, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das betroffene Arzneimittel für die relevante Indikation zugelassen werden kann; es müssen Erkenntnisse in der Qualität einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht sein und einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse von gleicher Qualität veröffentlicht sein (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2016, - B 1 KR 1/16 R -, in juris Rdnr. 15,16). Daran fehlt es hier. Dass, so Dr. B. in seinem Gutachten vom 15.09.2012, sich die auch bei der Versicherten praktizierte Anwendung von Dibotermin alfa unter Implantation eines anderen Cage (als eines LT-Cage) etabliert hat und in die einschlägigen Lehrbücher eingezogen ist, erfüllt das genannte Evidenzkriterium nicht. Studien (mit dem erforderlichen Evidenzmaß) zur Anwendung von Dibotermin alfa mit dem bei der Versicherten implantierten Cage ("PEZO-A") haben seinerzeit (2009) nicht vorgelegen (MDK-Gutachten der Dr. K. vom 05.06.2013 und des Dr. M. vom 29.10.2012).
Die Voraussetzungen eines Leistungsanspruchs (auf Anwendung von Dibotermin alfa mit dem bei der Versicherten implantierten Cage) in grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung (jetzt § 2 Abs. 1a SGB V; vgl. dazu nur etwa Senatsurteil vom 22.03.2017, - L 5 KR 1036/16 -, in juris m.w.N.) sind unstreitig nicht erfüllt; eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung (bzw. eine damit wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung) hat bei der Versicherten nicht vorgelegen.
Die Anwendung des Arzneimittels Dibotermin alfa im Rahmen einer stationär (im Krankenhaus) erbrachten ärztlichen Behandlungsmethode (i.S.d. §§ 135, 137c SGB V) ändert nichts; es bleibt bei der Maßgeblichkeit der Grundsätze für den Off-Label-Use von Arzneimitteln.
Bei der (vollstationären) Krankenhausbehandlung der Versicherten ist das Arzneimittel Dibotermin alfa nicht im Rahmen einer (reinen) Pharmakotherapie, sondern im Rahmen einer ärztlichen Behandlungsmethode i.S.d. §§ 135, 137c SGB V angewendet worden. Ärztliche Behandlungsmethode im Sinne der genannten Vorschriften ist eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2016, - B 1 KR 1/16 R -, in juris Rdnr. 23 m.w.N.). Demgegenüber stellt die (bloße) Gabe eines Arzneimittels, etwa zur Einnahme durch den Patienten, aber auch durch Injektion oder Infusion in den Körper (bei Infusion auch mit vorausgegangener Blutentnahme, ärztlicher Beratung und Überwachung), eine (reine) Pharmakotherapie dar; die (bloße) bestimmungsgemäße Anwendung eines für die betreffende Indikation zugelassenen Arzneimittels ist kraft arzneimittelrechtlicher Zulassung Leistungsbestandteil der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2016, a.a.O.). Für die Abgrenzung der (reinen) Pharmakotherapie von der ärztlichen Behandlungsmethode i.S.d. §§ 135, 137c SGB V kommt es darauf an, welches Gewicht der ärztlichen Tätigkeit für den Therapieerfolg zukommt (vgl. näher BSG, Urteil vom 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.05.2012, - L 11 KR 5817/10 -, beide in juris). Ist diese im Rahmen eines Zusammenspiels von ärztlicher Kunst und Arzneimittelgabe ebenso wichtig wie das Wirkprinzip des in den Körper eingebrachten Stoffes, liegt in jedem Fall eine über die schlichte Gabe eines Arzneimittels im Rahmen der (reinen) Pharmakotherapie hinausgehende ärztliche Behandlungsmethode vor. Bei der Versicherten ist Dibotermin alfa im Zuge der durchgeführten Wirbelsäulenoperation (ventrodorsale Anschlussspondylodese L4 bis S1 mit interkorporeller Fusion L4/5 und L5/S1) durch Vliese auf den (angefrischten) Wirbelkörper aufgebracht worden. Das Arzneimittel hat nach seinem Wirkprinzip das Knochenwachstum anregen sollen, um so (ohne Knochenimplantat) eine knöcherne Durchbauung im operierten Wirbelsäulensegment zu bewirken. Zusätzlich ist ein Cage ("PEZO-A") zur Stabilisierung des operierten Wirbelsäulensegments implantiert worden. Die Wirbelsäulenoperation selbst hat (unstreitig) eine ärztliche Behandlungsmethode dargestellt. Die Anwendung des Arzneimittels Dibotermin alfa hat im Rahmen dieser Behandlungsmethode als deren Bestandteil (Teilschritt) im Zusammenspiel mit der ärztlichen Kunst stattgefunden und sich nicht im bloßen Einsatz des Arzneimittelwirkprinzips erschöpft. Die Aufbringung von Dibotermin alfa im Zuge der Wirbelsäulenoperation kann der Arzneimittelgabe durch Injektion oder Infusion oder der (schlichten) Einnahme eines Arzneimittels nicht gleichgesetzt werden.
Bei der Arzneimittelversorgung durch (reine) Pharmakotherapie richtet sich der Patientenschutz allein nach den Maßgaben des Arzneimittelrechts, bei der Arzneimittelversorgung durch ärztliche Behandlungsmethode (für gesetzlich Versicherte) zusätzlich nach den Maßgaben des (gesetzlichen) Krankenversicherungsrechts. Für Behandlungsmethoden in der ambulanten Versorgung (vertragsärztliche Behandlung) gilt § 135 Abs. 1 SGB V, der ein zentralisiertes (Vorab-)Prüfverfahren mit Erlaubnisvorbehalt vorsieht; ohne positive Richtlinienentscheidung des GBA darf die Behandlungsmethode in der vertragsärztlichen Versorgung nicht angewendet werden. Für Behandlungsmethoden in der stationären Versorgung (Krankenhausbehandlung) gilt § 137c SGB V, der ein dezentralisiertes Prüfverfahren mit zentralisiertem Verbotsvorbehalt vorsieht; solange die Behandlungsmethode nicht durch den GBA ausgeschlossen worden ist, ist es Sache der zuständigen Behörden (insbesondere im Zulassungs-, Vergütungs- oder Abrechnungsprüfungsverfahren) und des Krankenhauses selbst, die Einhaltung des Qualitätsgebots nach § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V zu gewährleisten (Hauck, MedR 2010, 226,229). Der Patientenschutz des Krankenversicherungsrechts verdrängt den Patientenschutz des Arzneimittelrechts nicht, tritt zu diesem vielmehr hinzu. Das gilt nicht nur für die Arzneimittelversorgung in der ambulanten, sondern auch in der stationären Behandlung. Für die stationär erbrachte (reine) Pharmakotherapie hat das BSG entschieden, dass der Schutz gesetzlich Versicherter durch das materielle Arzneimittelrecht vor dem Krankenhaus nicht Halt macht (so BSG, Urteil vom 13.12.2016, - B 1 KR 1/16 R -, in juris Rdnr. 26). Dieser Grundsatz muss nach Auffassung des Senats auch dann angewendet werden, wenn die Arzneimittelversorgung im Rahmen einer stationär erbrachten Behandlungsmethode (i.S.d. § 137c SGB V) stattfindet. Das für Behandlungsmethoden in § 137c SGB V vorgesehene dezentralisierte Prüfverfahren mit zentralisiertem Verbotsvorbehalt stellt das Krankenhaus von den allgemein geltenden Anforderungen des Krankenversicherungsrechts (§§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1, 28 Abs. 1 SGB V) an die Krankenbehandlung nicht frei (vgl. BSG, Urteil vom 21.03.2013, - B 1 KR 2/12 R -, in juris Rdnr. 11). Für die besonderen Anforderungen des Arzneimittelrechts an die Arzneimittelversorgung kann nichts anderes gelten. Der Senat entnimmt das der Rechtsprechung des BSG zur stationären Erbringung der (reinen) Pharmakotherapie (BSG, a.a.O.), wenngleich das BSG hierüber (soweit ersichtlich) noch nicht ausdrücklich entschieden hat. Arzneimittel dürfen daher auch in der Krankenhausbehandlung nur zulassungskonform und zulassungsüberschreitend nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des Off-Label-Use angewendet werden, wobei es unerheblich ist, ob die Arzneimittelversorgung als (reine) Pharmakotherapie oder als (Teil einer) Behandlungsmethode i.S.d. §§ 135, 137 c SGB V stattfindet (vgl. auch etwa LSG Thüringen, Urteil vom 25.04.2017, - L 6 KR 1870/13 -, in juris Rdnr. 22; anders: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.03.2010, - L 9 KR 280/08 -, in juris Rdnr.25 (vor Ergehen des Urteils des BSG vom 13.12.2016, - B 1 KR 1/16 R -, in juris)).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGB V i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Es bedarf aus Sicht des Senats der höchstrichterlichen Klärung, ob die Rechtsgrundsätze zum Off-Label-Use von (Fertig-)Arzneimitteln auch für die Arzneimittelversorgung bei Anwendung einer Behandlungsmethode (§§ 135, 137c SGB V) in der Krankenhausbehandlung gelten.
Die Entscheidungsformel wird wie folgt neu gefasst:
Die Klage der Klägerin auf Zahlung eines Vergütungsbetrags von 3.510,50 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.07.2011 wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3510,50 EUR endgültig festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Vergütung der Krankenhausbehandlung eines Mitglieds der Beklagten (Abrechnung des Zusatzentgelts (ZE) 2009-63 für die Anwendung von Dibotermin alfa).
Die Klägerin ist Trägerin eines zur Behandlung gesetzlich Versicherter zugelassenen Krankenhauses (§ 108 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V). Vom 16.09.2009 bis 30.10.2009 wurde die 1926 geborene, bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte, R. N. (im Folgenden: Versicherte) im Klinikum der Klägerin (im Folgenden: D.-Klinikum) stationär behandelt. Zuvor war sie bereits vom 17.08.2009 bis 08.09.2009 stationär behandelt worden. Die erneute stationäre Krankenhausbehandlung wurde wegen stärkster Schmerzen bei Z.n. Spondylodese Th10 bis L4 und radiologischem Nachweis einer frischen Fraktur LWK5 erforderlich. Am 22.09.2009 wurde eine ventrodorsale Anschlussspondylodese L4 bis S1 mit interkorporeller Fusion L4/5 und L5/S1 und Implantation von Cages (Platzhalter für den Zwischenwirbelraum) vorgenommen.
Mit Rechnung vom 28.06.2010 forderte die Klägerin von der Beklagten für die Krankenhausbehandlung der Versicherten (vom 16.09.2009 bis 30.10.2009) nach Maßgabe der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) für das Jahr 2009 (FPV 2009) bzw. des dieser als Bestandteil beigefügten Zusatzentgeltekatalogs (ZE-Katalog) eine Vergütung i.H.v. 19.519,63 EUR. Abgerechnet wurden (u.a.) die Diagnosis Related Group (DRG) I09A (bestimmte Eingriffe an der Wirbelsäule) und das ZE 2009-63; auf dieses ZE entfällt ein Rechnungsbetrag von 3.510,50 EUR.
In Anlage 4 der FPV 2009 (Zusatzentgeltekatalog - Liste) trägt das ZE 2009-63 die Bezeichnung: "Gabe von Dibotermin alfa, Implantation am Knochen". In Anlage 6 der FPV-Vereinbarung 2009 (Zusatzentgeltekatalog - Definition) ist das ZE 2009-63 dem Operationen- und Prozedurenschlüssel-Kode (OPS-Kode) 6-003.4 zugeordnet. Der genannte OPS-Kode hat folgenden Wortlaut: "Applikation von Medikamenten Liste 3: Dibotermin alfa, Implantation am Knochen".
Die Beklagte zahlte den Rechnungsbetrag zunächst vollständig, beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) aber mit einer Abrechnungsprüfung.
Im MDK-Gutachten vom 19.05.2010 führte Dr. K. aus, die erneute Krankenhausbehandlung der Versicherten sei nicht wegen Komplikationen in Zusammenhang mit Leistungen der vorausgegangenen Krankenhausbehandlung durchgeführt worden. Die stationäre Verweildauer sei aber nicht komplett medizinisch begründbar. Man hätte die Versicherte spätestens am 20.10.2009 in die stationäre geriatrische Frührehabilitation verlegen können. Die Krankenhausbehandlung sei vom 16.09.2009 bis 20.10.2009 medizinisch plausibel.
Mit Schreiben vom 25.05.2010 teilte die Beklagte der Klägerin das Ergebnis der Abrechnungsprüfung mit und forderte sie zur Rückzahlung eines Betrags i.H.v. 2.127,68 EUR auf.
Die Klägerin widersprach der Einschätzung des MDK, worauf die Beklagte das weitere MDK-Gutachten der Dr. K. vom 08.06.2011 erhob. Darin ist ausgeführt, die Verweildauer lasse sich unverändert nur bis 20.10.2009 medizinisch begründen. Außerdem hätte die Klägerin das ZE für die Anwendung von Dibotermin alfa nicht abrechnen dürfen. Dieses Arzneimittel sei indiziert bei Erwachsenen mit degenerativen Bandscheibenerkrankungen und einer mindestens sechsmonatigen nichtoperativen Behandlung zur anterioren Lendenwirbelfusion auf einer Ebene (L4-S1) als Ersatz für eine autologe Knochentransplantation. Laut Fachinformation dürfe Dibotermin alfa bei der Indikation zur anterioren Lendenwirbelfusion nicht allein, sondern müsse mit dem "LT-Cage kegelförmige Instrumentation des lumbalen Rückgrats" angewendet werden. Bei der Versicherten sei Dibotermin alfa zwar in den Cage eingebracht worden, eine Mengenangabe fehle aber. Außerdem sei die Anwendung eines LT-Cage nicht dokumentiert. Es liege daher der Off-Label-Use eines Arzneimittels vor.
Mit Schreiben vom 16.06.2011 teilte die Beklagte der Klägerin das Ergebnis der erneuten MDK-Begutachtung mit und kündigte die Aufrechnung eines Betrags i.H.v. von 3.510,50 EUR an.
Am 12.07.2011 rechnete die Beklagte einen Betrag von 6.001,53 EUR gegen unstreitige Forderungen der Klägerin auf.
Am 31.08.2012 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Sie trug vor, sie wende sich nur (noch) gegen die Versagung des ZE 2009-63 für die Anwendung von Dibotermin alfa (3.510,50 EUR). Dieses Arzneimittel sei nicht zulassungsüberschreitend angewendet worden. Richtig sei, dass man der Versicherten keinen LT-Cage implantiert habe; der LT-Cage sei ein amerikanisches Medizinprodukt, das in Deutschland nicht zugelassen sei. Dieser Cage sei außerdem über 15 Jahre alt und daher veraltet. Der Versicherten sei ein mit BMP gefüllter Cage der Firma medtronic in Etage L5/S1 implantiert worden. Dieser Cage sei noch nicht voroperiert gewesen, weshalb die von der Beklagten erwähnte Voroperation die Region BWK10-LWK4 betroffen habe und somit hinfällig sei. Der implantierte Cage entspreche dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft, gehöre zur Standardtherapie für die intersomatische Fusion bei Spondylodesen und sei in Deutschland zugelassen. Die Funktion dieses Cage entspreche der Funktion des LT-Cage. Er stelle eine Weiterentwicklung dar und biete vielfältige Vorteile für den Patienten durch verbesserte Modellierung und Implantationstechnik und demzufolge eine bessere medizinische Versorgung bei vergleichbaren Kosten. Da Dibotermin alfa unstreitig indiziert gewesen sei, liege ein Off-Label-Use nicht vor. Streitig sei allein, ob man Dibotermin alfa in Kombination mit dem implantierten Cage habe anwenden dürfen. Es sei ein grundsätzlich zugelassenes Arzneimittel mit einem neuen Cage angewendet worden. Ihr stehe das streitige ZE auch dann zu, wenn ein Off-Label-Use stattgefunden hätte. Anders als in der ambulanten Versorgung gesetzlich Versicherter bedürften neue Behandlungsmethoden in der Krankenhausbehandlung keiner besonderen Zulassung und seien nur dann ausgeschlossen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) eine negative Stellungnahme abgegeben habe (vgl. § 137c SGB V; dazu Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 16.12.2008, - B 1 KR 11/08 R -; auch Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.03.2010, - L 9 KR 280/08 -, beide in juris; SG Mainz, Urteil vom 04.11.2014, - S 16 KR 155/12 -, nicht veröffentlicht); das sei hinsichtlich der Anwendung von Dibotermin alfa mit dem bei der Versicherten implantierten Cage nicht der Fall. Es komme nur darauf an, ob die stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich gewesen sei, was der MDK bestätigt habe und was auch nicht streitig sei. Die Voraussetzungen des Off-Label-Use eines Arzneimittels müssten nicht erfüllt sein. Qualität und Wirksamkeit der für die Versicherten erbrachten Leistung entsprächen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und dem medizinischen Fortschritt. Insbesondere habe man keine Außenseitermethode angewendet. Die Voraussetzungen des Off-Label-Use von Arzneimitteln seien bei der stationären Krankenhausbehandlung anders zu beurteilen als bei der ambulanten Behandlung, da die Gefahr der Anwendung zweifelhafter oder unwirksamer Behandlungsmethoden im Krankenhaus geringer sei.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Dibotermin alfa sei apothekenpflichtig. Der Arzneimittelhersteller habe die Zulassungsindikation in seinem an die zuständige europäische Arzneimittelbehörde (EMA) gerichteten Zulassungsantrag auf die Anwendung mit einem LT-Cage beschränkt. Hier habe man einen LT-Cage aber (unstreitig) nicht implantiert, weshalb Dibotermin alfa im Off-Label-Use angewendet worden sei. Nach Maßgabe der Datenlage des Jahres 2010 seien Zulassung und damit auch Anwendungssicherheit von Dibotermin alfa auf die Kombination mit einem LT-Cage bezogen gewesen. Studienergebnisse zu anderen Cages habe es nicht gegeben. Außerdem stünden bei der Verwendung anderer Cages schulmedizinische Alternativen zur Verfügung; etabliert sei etwa die Methode der Anlagerung/Befüllung des Cage mit Spongiosa. Die Regelungen in §§ 135, 137c SGB V seien nicht einschlägig. Streitig sei nicht eine ärztliche Behandlungsmethode, sondern die zulassungsüberschreitende Anwendung eines (Fertig-)Arzneimittels. Zur Gewährleistung eines gewissen Mindestschutzes sei auf die §§ 135, 137c SGB V nur für solche Arzneimittel zurückzugreifen, die einer (arzneimittelrechtlichen) Zulassung nicht bedürften (vgl. etwa BSG, Urteil vom 28.03.2000, - B 1 KR 11/98 R -, Urteil vom 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -, beide in juris). Davon abgesehen stehe die Vorschrift des § 137c SGB V einer Sachprüfung nicht entgegen (vgl. auch BSG, Urteil vom 28.07.2008, - B 1 KR 5/08 R -, Urteil vom 17.02.2010, - B 1 KR 10/09 R -, Urteil vom 21.03.2013, - B 1 KR 2/12 R -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.01.2012, - L 4 KR 2272/10 -, alle in juris). Für die Zulassung von Arzneimitteln bzw. die Beurteilung der Anwendung von (Fertig-)Arzneimitteln sei der GBA nicht zuständig. Das bloße Fehlen einer Richtlinienentscheidung des GBA könne daher für den Off-Label-Use eines Arzneimittels im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung nicht maßgeblich sein.
Die Beklagte legte das MDK-Gutachten der Dr. K. vom 05.06.2013 vor. Darin ist ausgeführt, bei Dibotermin alfa handele es sich um einen gentechnisch hergestellten humanen Wachstumsfaktor, nicht um einen Knochenersatz. Am 09.09.2002 habe die Europäische Arzneimittelkommission die Zulassung für das Arzneimittel InductOs - mit dem Wirkstoff Dibotermin alfa - erteilt. Nach der Fachinformation des Arzneimittelherstellers dürfe InductOs bei der anterioren Lendenwirbelfusion nicht allein, sondern nur mit dem "LT-Cage kegelförmige Instrumentation für Fusionen des lumbalen Rückgrats" angewendet werden. Die Sicherheit und Wirksamkeit sei demgegenüber nicht angezeigt (u.a.) bei Verwendung mit anderen Wirbelsäulenimplantaten als dem LT-Cage. Bei der Versicherten seien 2 Cages befüllt mit Dibotermin alfa (ohne Mengenangabe) implantiert worden. Man habe nicht die geforderten kegelförmigen LT-Cages, sondern zylindrische PEEK-Cages "PEZO-A" implantiert. Die in der Fachinformation für Dibotermin alfa angeführten Anwendungsvoraussetzungen seien in mehrfacher Hinsicht nicht erfüllt: So habe bei der Versicherten keine degenerative Bandscheibenerkrankung, sondern ein Ermüdungsbruch vorgelegen, weshalb die Anwendung von Dibotermin alfa (schon) nicht indiziert gewesen sei. Außerdem sei eine anteriore Lendenwirbelsäulenfusion auf zwei und nicht, wie in der Fachinformation verlangt, auf einer Ebene durchgeführt worden. Weiter habe die operative Versorgung Th10 - L4 erst knapp 4 Wochen zurückgelegen, so dass ein Segment (L4/5) voroperiert gewesen sei. Schließlich habe man keinen kegelförmigen LT-Cage implantiert, sondern einen zylindrischen PEEK-Cage, dessen Anwendung in Verbindung mit Dibotermin alfa im Rahmen der Zulassungsstudie nicht geprüft worden sei. Das Vorbringen der Klägerin, die Funktion des PEEK-Cage entspreche der Funktion des LT-Cage, stelle nur eine nicht durch Studien überprüfte Vermutung dar. Die Versicherte sei schließlich über die Risiken der Anwendung des Wachstumsfaktors Dibotermin alfa nicht spezifisch aufgeklärt worden. Aus der Patientenakte gehe nicht hervor, ob die Möglichkeit der Standardversorgung durch Spongiosa-Transplantation besprochen worden sei. Streitig sei nicht die Anwendung einer Behandlungsmethode, sondern die Anwendung eines Arzneimittels (bzw. die Abrechnung des dafür vorgesehenen ZE); hierfür sei der GBA nicht zuständig. Bei der Versicherten hätte eine Spongiosa-Transplantation (Befüllung der PEEK-Cages) durchgeführt werden können. Stattdessen habe die nicht indikationsgerechte, zulassungsüberschreitende Anwendung von Dibotermin alfa stattgefunden. Das ZE 2009-63 sei nicht abrechenbar.
Vorgelegt wurden außerdem die in einem gleich gelagerten (Parallel-)Rechtsstreit der Beteiligen (S 9 KR 226/12) erstatteten Gutachten.
Dr. B., Arzt für Dermatologie und Venerologie/Qualitätsmanagement - Gesundheitsökonom, hatte im Gutachten vom 15.09.2012 ausgeführt, bei Dibotermin alfa handele es sich um eine Substanz, die in der Lage sei, Knochenwachstum auszulösen. Dibotermin alfa werde in der Wirbelsäulenchirurgie in bestimmten Fällen eingesetzt, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass es im Rahmen einer Spondylodese zu einer ausreichenden knöchernen Fusion komme, vor allem bei voroperierten Patienten. Bei der vorderen Spondylodese werde Dibotermin alfa nach Ausräumung des Bandscheibenfachs und nach Anfrischen der angrenzenden Wirbelkörperplatten in den Zwischenwirbelraum eingebracht. Bei Anwendung von InductOs werde Dibotermin alfa auf Vliese aufgebracht. Da diese jedoch keinerlei mechanische Stabilität im Zwischenwirbelraum böten, werde in der Regel ein Cage implantiert. Das sei ein metallischer Käfig bzw. Zylinder, der sich zwischen die Wirbelkörper klemme und in diesem Bereich mechanische Stabilität sichere. Aus medizinischer Sicht sei es aufgrund des postulierten Wirkmechanismus von Dibotermin alfa ohne Belang, welches der am Markt zur Verfügung stehenden geeigneten Implantate verwendet werde, da der Cage nicht für die Induktion des Knochenwachstums, sondern nur für die mechanische Stabilität zuständig sei. Der LT-Cage sei in Deutschland nicht erhältlich und auch früher nicht erhältlich gewesen, weshalb man schon immer auf Alternativen habe ausweichen müssen. Die Koppelung von Dibotermin alfa an die Verwendung eines LT-Cage habe wohl auf haftungsrechtlichen Gründen beruht, weil seinerzeit (in den USA) Erfahrungen nur mit diesem Cage vorgelegen hätten. Die EMA habe aber schon damals darauf hingewiesen, dass diese Koppelung unerwünscht sei, weil dadurch andere Implantate von der Anwendung (mit Dibotermin alfa) ausgeschlossen würden. Weshalb man das sodann im Zulassungsverfahren nicht entsprechend geregelt habe, sei unklar. Im Zuge der Zulassungsverlängerung sei der Vorschlag, Dibotermin alfa von der Implantation eines LT-Cage zu entkoppeln, aufgegriffen worden. In der aktuellen Zulassung von InductOs werde die Verwendung des LT-Cage nur noch empfohlen. In der wirbelsäulenchirurgischen Praxis habe sich die Anwendung von InductOs als in Deutschland einzig verfügbarem Arzneimittel mit dem Wirkstoff Dibotermin alfa in einer Reihe von Anwendungen außerhalb der Zulassung längst etabliert und auch Einzug in die einschlägigen Lehrbücher gefunden. Aus medizinischer Sicht werde Dibotermin alfa daher im Sinne der Zulassung angewendet, auch wenn nicht der eigentlich verlangte LT-Cage, sondern eine gleichwertige Alternative implantiert werde.
Im (dazu erstatteten) MDK-Gutachten vom 29.10.2012 hatte Dr. M. ausgeführt, auf Basis der Datenlage 2010 sei für die Zulassung von Dibotermin alfa und somit auch für die Anwendungssicherheit dieses Arzneimittels nur auf die Kombination mit einem LT-Cage abgestellt worden. Studienergebnisse, welche den Outcome anderer Cages in Verbindung mit InductOs bei anteriorer Fusion der LWS abbildeten, lägen nicht vor. Die Einschätzung des Dr. B., aus medizinischer Sicht sei es aufgrund des postulierten Wirkmechanismus von Dibotermin alfa ohne Belang, welches der verfügbaren und geeigneten Implantate verwendet werde, sei nicht belegt. Bei Verwendung anderer Cages stehe als etablierte Methode die Anlagerung/Befüllung mit Spongiosa zur Verfügung.
Die Klägerin trug ergänzend vor, Vergütungsregelungen seien streng wortlautbezogen auszulegen. Weder aus dem Wortlaut des ZE 2009-63 noch aus dem Wortlaut des einschlägigen OPS-Kodes gehe hervor, dass die Anwendung von Dibotermin alfa die Implantation eines LT-Cage voraussetze. Wäre das gewollt gewesen, gäbe es einen entsprechenden Hinweis. Herstellerbezogene Materialangaben oder herstellerbezogene Angaben von Geräten oder Gerätetypen im Wortlaut eines OPS-Kodes erfolgten (so die einschlägigen Richtlinien des Deutschen Instituts für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI)) nur ausnahmsweise und nur dann, wenn das aus Gründen der Zuordnung zu Entgeltsystemen oder der gesetzlich vorgeschriebenen externen Qualitätssicherung zwingend erforderlich sei. OPS-Kodes seien daher nicht herstellergebunden. Der hier maßgebliche OPS-Kode enthalte keine Herstellerhinweise oder Hinweise auf die Verwendung eines bestimmten Implantats. Das DIMDI habe das nicht für erforderlich erachtet. Bei der Versicherten sei die Anwendung von Dibotermin alfa indiziert gewesen. Mit Dibotermin alfa habe eine höhere Wahrscheinlichkeit für die knöcherne Durchbauung der Etagen L4/5 und L5/S1 erreicht werden sollen. Dadurch würden Folgeeingriffe weniger wahrscheinlich. Die These, die Erfolgsrate der instrumentierten Spondylodese unter Verwendung von Dibotermin alfa und Wirbelkörperimplantationen sei nicht signifikant besser als die Erfolgsrate der Standardtherapie mit Verwendung von autologem Knochenmaterial, sei nicht haltbar. Zusätzliche Studien und die Analyse von Daten aus der veröffentlichten Literatur zeigten vielmehr, dass InductOs (Dibotermin alfa) bei der Fusion der unteren Rückenwirbel wirksamer sei als Knochentransplantate, unabhängig von der Operationstechnik oder der Art des zugelassenen Medizinprodukts, das zur Fixierung des Knochens verwendet werde. Entgegen der Auffassung des MDK habe bei der Versicherten eine degenerative Bandscheibenerkrankung vorgelegen und das Segment L4/5 sei auch nicht voroperiert gewesen, so dass die Anwendung von InductOs indiziert gewesen sei. Zwar müsse auch bei der stationären Krankenhausbehandlung das Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebot gewahrt werden, ein Erlaubnisvorbehalt entsprechend der für die ambulante Behandlung geltenden Regelung des § 135 SGB V bestehe jedoch nicht; das dürfe durch die Anwendung der Grundätze, die für die ambulante Anwendung von Arzneimitteln im Off-Label-Use gälten, nicht unterlaufen werden. Das Wirtschaftlichkeitsgebot sei hier auch nicht verletzt worden. Die Vertragspartner (der FPV 2009) hätten das streitige ZE als krankenhausindividuelles ZE vereinbart. Hätte man Einschränkungen festlegen wollen, hätte das in der FPV 2009 geregelt werden müssen, was nicht geschehen sei. Da es den LT-Cage in Deutschland nicht gegeben habe, könne unterstellt werden, dass die Vertragspartner einvernehmlich davon ausgegangen seien, dass (zur Abrechnung des streitigen ZE) auch ein anderer Cage verwendet werden dürfe, zumal es für die Wirkung von Dibotermin alfa unerheblich sei, welcher (nur für die mechanische Stabilität zuständige) Cage implantiert werde. Haftungsrechtliche Fragen seien hier unerheblich (vgl. BSG, Beschluss vom 25.01.2007, - GS 1/06 -, Urteil vom 10.04.2008, - B 3 KR 14/07 R -, beide in juris).
Die Beklagte wandte ein, auf die Auslegung von Vergütungsregelungen komme es nicht an. Ausschlaggebend sei vielmehr, dass ein Arzneimittel (Dibotermin alfa) nicht im Rahmen seiner Zulassung angewendet worden sei. Arzneimitteltherapien seien nicht zweckmäßig und nicht wirtschaftlich, wenn das Arzneimittel für die entsprechende Indikation, wie hier, nicht zugelassen sei.
Am 05.11.2015 erhob die Beklagte Widerklage für den Fall, dass die Aufrechnungserklärung als nicht hinreichend bestimmt eingestuft werden sollte. Die Klägerin trat der Widerklage entgegen.
Mit Urteil vom 19.05.2016 verurteilte das SG die Beklagte, an die Klägerin 3.510,50 EUR zzgl. Zinsen von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.07.2011 zu zahlen. Auf die Widerklage der Beklagten verurteilte das SG die Klägerin, an die Beklagte 3.510,50 EUR zu zahlen; im Übrigen wies es die Widerklage ab. Zur Begründung führte das SG aus, die Klägerin habe Anspruch auf Zahlung des aufgerechneten Vergütungsbetrags zuzüglich Zinsen; der Zahlungsanspruch sei in Höhe der Klageforderung mangels wirksamer Aufrechnungserklärung nicht erloschen. Die hilfsweise erhobene Widerklage der Beklagten sei zulässig und teilweise begründet. Die Beklagte habe Anspruch auf Zahlung von 3.510,50 EUR; ein Zinsanspruch stehe ihr aber nicht zu. Die Klägerin habe das ZE 2009-63 nicht abrechnen dürfen. Die Zulässigkeit der Anwendung von Dibotermin alfa richte sich nach § 137c Abs. 1 Satz 1 SGB V, da das Arzneimittel als Teil einer ärztlichen Behandlungsmethode angewendet worden sei. (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2015, - L 11 KR 1116/12 -, in juris Rdnr. 54). Die Behandlungsmethode sei (im Rechtssinne) neu, weil Dibotermin alfa für die bei der Versicherten durchgeführte Behandlung nicht zugelassen sei. Ein Zulassungsantrag nach § 137c Abs. 1 SGB V liege nicht vor; eine Entscheidung des GBA sei nicht ergangen. Gemäß § 137c Abs. 3 SGB V dürften Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der GBA bisher keine Entscheidung getroffen habe, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative böten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolge, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig sei. Das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative könne sich etwa daraus ergeben, dass die Methode aufgrund ihres Wirkprinzips und der bisher vorliegenden Erkenntnisse mit der Erwartung verbunden sei, dass andere aufwändigere, für die Patienten invasivere oder bei bestimmten Patienten nicht erfolgreiche Methoden ersetzt werden könnten oder die Methode in sonstiger Weise eine effektivere Behandlung ermöglichen könne (vgl. BT-Drs. 18/4095, S. 121 f.). Mit dem Begriff "Potential" vermindere § 137c SGB V die Anforderungen an die Evidenz im Rahmen des Qualitätsgebots (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V; vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2015, - L 11 KR 1116/12 -, in juris Rdnr. 62). § 137c Abs. 3 SGB V sei am 23.07.2015 in Kraft getreten, hier jedoch anwendbar, da es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Urteilsfällung ankomme. Die Anwendung von Dibotermin alfa habe - wofür die Klägerin die objektive Beweislast trage - nicht das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative geboten. Als etablierte Methode habe die Anlagerung/Befüllung der Cages mit Spongiosa zur Verfügung gestanden. Das gehe aus dem MDK-Gutachten vom 05.06.2013 hervor. Dibotermin alfa sei bei der Spondylodese nach zwei neueren Meta-Analysen nicht effektiver als eine konventionelle Spongiosaplastik (vgl. http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/54820).
Gegen das ihr am 07.06.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin, die die Einrede der Verjährung erhebt, am 29.06.2016 Berufung eingelegt. Am 17.08.2016 hat die Beklagte gegen das ihr am 03.06.2016 zugestellte Urteil Anschlussberufung eingelegt.
Die Klägerin bekräftigt ihr bisheriges Vorbringen. InductOs (Dibotermin alfa) sei bei der Versicherten zulässigerweise im Off-Label-Use angewendet worden. Die für den vertragsärztlichen Bereich geltenden Voraussetzungen für den Off-Label-Use von Arzneimitteln könnten auf den stationären Bereich nicht übertragen werden. Gemäß § 137c SGB V bedürften neuartige Behandlungsverfahren im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nämlich keiner besonderen Zulassung; sie seien nur dann ausgeschlossen, wenn der GBA eine negative Stellungnahme abgegeben habe. Im Unterschied zur ambulanten Behandlung (vgl. dazu § 135 Abs. 1 SGB V) gebe es für die Krankenhausbehandlung keinen Erlaubnisvorbehalt. Dies dürfe nicht unterlaufen werden (vgl. SG Mainz, Urteil vom 04.11.2014, - S 16 KR 155/12 -, nicht veröffentlicht; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.03.2010, - L 9 KR 280/08 -, in juris). Daran ändere es nichts, dass eine nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlungsmethode im Krankenhaus auch dann nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erbracht werden dürfe, wenn der GBA kein Negativvotum abgegeben habe (dazu: BSG, Urteil vom 21.03.2013, - B 3 KR 2/12 R -, in juris). Einen Erlaubnisvorbehalt bei Krankenhausbehandlungen habe der Gesetzgeber nicht eingeführt. Die in § 137c SGB V verankerte Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt gewährleiste die Teilhabe der Versicherten am medizinischen Fortschritt. Den typischerweise schwerer erkrankten Versicherten in der stationären Versorgung mit besonderem Bedarf nach innovativen Behandlungsalternativen sollten vielversprechende Heilungs- und Behandlungschancen weiterhin zeitnah auch außerhalb von Studien gewährt werden können, auch wenn der Nutzen dieser Behandlungsmethoden noch nicht auf hohem Evidenzniveau belegt sei. Die noch nicht allgemein anerkannte Methode müsse das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und nach den Regeln der ärztlichen Kunst angewendet werden. Gemäß § 137c Abs. 1 SGB V sei es Aufgabe des GBA Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt würden oder angewandt werden sollten, daraufhin zu überprüfen, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich seien. Eine Methode, deren Nutzen nach Feststellung des GBA zwar noch nicht hinreichend belegt sei, die aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative biete, könne nach den gesetzlichen Vorgaben im Rahmen der Krankenhausbehandlung weiterhin zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Der GBA sei in einem solchen Fall grundsätzlich verpflichtet, eine Erprobung zu initiieren, um die für eine fundierte Entscheidung erforderlichen Erkenntnisse zu gewinnen. Bis zum Vorliegen dieser Erkenntnisse und einer abschließenden Entscheidung des GBA bleibe es aber dabei, dass die Methode im Krankenhaus angewandt werden dürfe, insbesondere damit sie zur Versorgung der typischerweise schwerer erkrankten Versicherten mit besonderem Bedarf nach innovativen Behandlungsalternativen weiterhin zur Verfügung stehe. Diese Wertentscheidung müsse auch dann beachtet werden, wenn der GBA noch keine Überprüfung nach § 137c Abs. 1 SGB V durchgeführt habe. Es stünde mit dem dargestellten Konzept der grundsätzlichen Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt nicht in Einklang, wenn jede einzelne Krankenkasse im Einzelfall die Kostenübernahme für eine nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgende Behandlung mit einer Methode, die das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative biete, mit der Begründung ablehnen könnte, der Nutzen der angewandten Methode sei noch nicht hinreichend belegt. Ebenso wenig wie der GBA eine Methode mit Potenzial unmittelbar aus der Krankenhausversorgung ausschließen könne, könne eine solche negative Leistungsentscheidung stattdessen auf der Ebene der Einzelkasse erfolgen. Die Behandlung mit Dibotermin alfa habe für die Versicherte eine echte Alternative dargestellt. Mit der Anwendung von InductOs (Dibotermin alfa) habe man eine höhere Wahrscheinlichkeit für die knöcherne Durchbauung der Etagen L4/5 und L5/S1 erreichen und Folgeeingriffe unwahrscheinlicher machen wollen. Wegen der vorbestehenden Spondylodese TH10 bis L4 sei es bei der Beckenplattenimpressionsfraktur L5 aus biomechanischen Gründen notwendig gewesen, sowohl die Etage L4/L5 als auch die Etage L5/S1 in die Spondylodese einzubeziehen und hier die entsprechenden Bandscheibenfächer auszuräumen und mit einem entsprechenden Implantat zu versehen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19.05.2016 insoweit aufzuheben, als sie zur Zahlung von 3.510,50 EUR verurteilt worden ist, und die (Anschluss-)Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19.05.2016 insoweit aufzuheben, als sie verurteilt worden ist, 3.510,50 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.07.2011 zu zahlen, und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, sie habe die Aufrechnung wirksam erklärt (vgl. dazu BSG, Urteile vom 25.10.2016, - B 1 KR 7/16 R - und - B 1 KR 9/16 R - und vom 13.12.2016, - B 1 KR 1/16 R -, alle in juris). Der Klägerin stehe das streitige ZE nicht zu. Nach der (neueren) Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 13.12.2016, - B 1 KR 1/16 R -, in juris) gälten die Grundlagen und Grenzen des Anspruchs auf Arzneimittelversorgung nicht nur für den Bereich der vertragsärztlichen, sondern in gleicher Weise für den Bereich der stationären Versorgung; der Schutz der Versicherten durch das materielle Arzneimittelzulassungsrecht mache nicht vor dem Krankenhaus Halt. Eine Krankenhausbehandlung, bei der dem Versicherten ein Fertigarzneimittel bestimmungsgemäß in einem besonderen Verfahren verabreicht werde, dürfe auf Kosten der GKV grundsätzlich nur erfolgen, wenn das Medikament über eine arzneimittelrechtliche Zulassung verfüge und wenn der GBA - soweit erforderlich - durch Richtlinienentscheidung eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode nach § 135 Abs. 1 SGB V ausgesprochen habe (so BSG, Urteil vom 13.12.2016, a.a.O. Rdnr. 23; auch BSG, Urteil vom 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -, in juris). Damit seien auch bei Anwendung eines Fertigarzneimittels im Rahmen einer Behandlungsmethode i.S.d. §§ 135, 137c SGB V die arzneimittelrechtlichen Vorgaben zu beachten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die vorliegenden Verwaltungs- und Patientenakten (der Versicherten) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten sind gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bzw. § 202 SGG i.V.m. § 524 Zivilprozessordnung (ZPO) statthaft. Streitgegenstand (der Berufung und der Anschlussberufung) ist der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines Vergütungsbetrags i.H.v. 3.510,50 EUR zuzüglich Zinsen für erbrachte Krankenhausbehandlungen (vgl. zur Anschlussberufung Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. § 143 Rdnr. 5, 5d). Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist überschritten. Die Berufung der Klägerin, die sich gegen die Verurteilung zur Rückzahlung des streitigen Vergütungsbetrags zuzüglich Zinsen wehrt, ist form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegt worden, die (unselbstständige) Anschlussberufung der Beklagten, die sich gegen die Verurteilung zur Zahlung des streitigen Vergütungsbetrags wehrt, ist nicht an eine Frist gebunden (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O. Rdnr. 5f).
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg; die Anschlussberufung der Beklagten ist dagegen erfolgreich. Die von der Klägerin (ursprünglich) erhobene Klage ist als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) statthaft und auch sonst zulässig (vgl. etwa BSG, Urteil vom 19.04.2016, - B 1 KR 28/15 R -, in juris Rdnr. 7). Sie richtet sich auf Zahlung eines Vergütungsbetrags i.H.v. 3.510,50 EUR zuzüglich Zinsen wegen (unstreitiger) Vergütungsforderungen für laufende Krankenhausbehandlungen von Versicherten der Beklagten (Hauptforderung). Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Hauptforderung ist in Höhe des streitigen Vergütungsbetrags durch Aufrechnung (§ 69 Satz 3 SGB V i.V.m §§ 387, 389 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB) erloschen. Die Beklagte hat der Klägerin für die Krankenhausbehandlung der Versicherten das ZE 2009-63 i.H.v. 3.510,50 EUR zu Unrecht (ohne Rechtsgrund) gezahlt. Die Klägerin muss es der Beklagten daher nach Maßgabe des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zurückzahlen. Die Beklagte hat mit ihrem Erstattungsanspruch (Gegenanspruch) wirksam aufgerechnet (dazu: BSG, Urteile vom 25.10.2016, - B 1 KR 7/16 R - und - B 1 KR 9/16 R - und vom 13.12.2016, - B 1 KR 1/16 R -, alle in juris; auch etwa Urteil vom 21.03.2013, - B 3 KR 2/12 R -, in juris Rdnr. 9 f.). Das "Hin- und Her" durch Zahlung und (sofortige) Rückzahlung des mit der Klage geltend gemachten (Aufrechnungs-)Betrags und hieran anknüpfende Rechtsbehelfe (Widerklage der Beklagten) sind entbehrlich. Die Urteilsformel des angefochtenen Urteils wird entsprechend neu gefasst.
Der Klägerin steht, worüber die Beteiligten in der Sache allein streiten, das ZE 2009-63 für die Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht zu.
Rechtsgrundlage des von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. (u.a.) § 7 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und der FPV 2009 (zu den Rechtsgrundlagen der Krankenhausvergütung näher etwa Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 28.03.2017, - L 11 KR 55/16 -, in juris Rdnr. 21). Danach werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern neben Fallpauschalen (u.a.) mit Zusatzentgelten abgerechnet. Das (hier streitige) ZE 2009-93 ist in Anlage 4 und 6 der FPV 2009 festgelegt worden mit dem (Zusatz-)Entgelttatbestand: "Gabe von Dibotermin alfa, Implantation am Knochen" (zur Auslegung von Zusatzentgelttatbeständen etwa Senatsurteile vom 22.03.2017, - L 5 KR 4740/15 -, in juris, nachfolgend BSG, Beschluss vom 18.01.2018, - B 1 KR 21/17 B -, nicht veröffentlicht, und vom 22.02.2017, - L 5 KR 3595/15 -, nachfolgend BSG, Beschluss vom 19.12.2017, - B 1 KR 17/17 B -, beide in juris). Der Anspruch auf Zahlung eines in einer FPV vereinbarten Zusatzentgelts setzt freilich nicht nur die Erfüllung des Zusatzentgelttatbestands voraus. Vielmehr muss die Krankenhausbehandlung, für deren Vergütung (u.a.) das Zusatzentgelt gezahlt werden soll, nach Maßgabe der hierfür geltenden Vorschriften und Rechtsgrundsätze erforderlich sein (vgl. LSG Thüringen, Urteil vom 25.04.2017, - L 6 KR 1870/13 -, in juris Rdnr. 18). Nach der Rechtsprechung des BSG korrespondiert der Zahlungsanspruch des Krankenhauses nämlich mit dem Leistungsanspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V; dieser umfasst nur solche Behandlungsformen, die den in den §§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 28 Abs. 1 SGB V festgelegten Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien genügen (vgl. BSG, Urteil vom 21.03.2013, - B 3 KR 2/12 R -, in juris Rdnr. 11, 12). Für die Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus sind außerdem die Maßgaben des § 137c SGB V, für die Arzneimittelversorgung im Krankenhaus sind die hierfür geltenden Maßgaben zu beachten.
Davon ausgehend kann die Klägerin das ZE 2009-63 für die Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht beanspruchen. Zwar ist der Zusatzentgelttatbestand unstreitig erfüllt, da bei der Versicherten im Zuge einer interkorporellen Fusion und Implantation von Cage am Knochen Dibotermin alfa gegeben worden ist. Die Gabe des genannten Arzneimittels hat aber im Off-Label-Use (Anwendung außerhalb des von der arzneimittelrechtlichen Zulassung erfassten Anwendungsbereichs) stattgefunden, ohne dass die Voraussetzungen hierfür erfüllt gewesen sind. Dass das Arzneimittel im Rahmen einer stationär (im Krankenhaus) erbrachten Behandlungsmethode (i.S.d. § 137c SGB V) angewendet worden ist, ändert nichts.
Das Arzneimittel Dibotermin alfa ist, wie Dr. K. im MDK-Gutachten vom 05.06.2013 zutreffend dargelegt hat, im Off-Label-Use angewendet worden. Nach der für das (hier maßgebliche) Jahr 2009 geltenden Fachinformation des Arzneimittelherstellers (die spätere Änderung: nur Empfehlung des LT-Cage ist hier unerheblich), die gemäß § 22 Abs. 7 Satz 1 Arzneimittelgesetz (AMG) dem (Arzneimittel-)Zulassungsantrag beizufügen ist und die gemäß § 11a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4d 1. Alt. AMG in Übereinstimmung mit der im Rahmen der Zulassung genehmigten Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels besondere Warn- und Vorsichtshinweise für die Anwendung enthalten muss (vgl. zur Fachinformation auch etwa LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.06.2016, - L 7 KA 16/14 KL -, in juris Rdnr. 72 sowie Rehmann, AMG § 25 Rdnr. 2), hat Dibotermin Alfa (InductOs) nur mit einem LT-Cage angewendet werden dürfen. Auf S. 3 der Fachinformation "Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei der Anwendung zur anterioren Lendenwirbelfusion" heißt es (unmissverständlich), die Sicherheit und Wirksamkeit von InductOs mit anderen Wirbelsäulenimplantaten als dem LT-Cage sei nicht gezeigt worden. Auf S. 1 der Fachinformation ist unter "Anweisungen für den Gebrauch bei Operationen zur anterioren Lendenwirbelfusion" festgelegt, dass InductOs mit dem LT-Cage angewendet werden muss. Der Arzneimittelhersteller hat (nach der im Internet zugänglichen Sicherheitsinformation vom 20.03.2007) die Chirurgen auch darauf hingewiesen, InductOs immer gemäß der Anleitung der Fachinformation zu verwenden und dabei das Augenmerk besonders auf die korrekte Dosierung und Positionierung im "LT-Cage" zu richten; diese Information sei (u.a.) mit der EMA abgestimmt worden. Dass in der Fachinformation (einmal) auch der Begriff "Cages" verwendet wird (vgl. S. 3 "Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei der Anwendung zur anterioren Lendenwirbelfusion"), ist unerheblich, zumal insoweit auch nur über eine bei posterioren Lendenwirbelfusionen und Verwendung zylindrischer Cages in manchen Fällen beobachtete posteriore Knochenbildung berichtet wird.
Bei der Versicherten ist eine anteriore Lendenwirbelfusion (vgl. MDK-Gutachten der Dr. K. vom 05.06.2013) durchgeführt und ein LT-Cage nicht implantiert worden; vielmehr hat man (unstreitig) einen anderen Cage ("PEZO-A") verwendet. Für das Vorliegen eines Off-Label-Use kommt es weder auf die Verfügbarkeit des LT-Cage (in Deutschland) noch darauf an, ob andere Cages (hier der Cage: "PEZO-A") dem LT-Cage nach ärztlicher Einschätzung gleichwertig oder gar überlegen sind. Maßstab für die zulassungskonforme oder zulassungsüberschreitende Anwendung eines Arzneimittels ist die arzneimittelrechtliche Zulassung. Diese kann außerhalb des arzneimittelrechtlichen Verwaltungsverfahrens auch dann nicht erweitert werden, wenn die zulassungsüberschreitende Anwendung des Arzneimittels in der Ärzteschaft befürwortet und für unbedenklich erachtet wird. Die Auffassung des Dr. B. im von der Klägerin vorgelegten Gutachten vom 15.09.2012 (erstattet im Klageverfahren S 9 KR 226/12), wonach bei Implantierung eines dem LT-Cage gleichwertigen anderen Cage aus medizinischer Sicht eine zulassungskonforme Anwendung von Dibotermin alfa vorliege, ist daher unerheblich.
Der Off-Label-Use von (Fertig-)Arzneimitteln ist in Abschnitt K der Arzneimittel-Richtlinien (AM-RL) näher geregelt worden (richtlinienrechtlicher Off-Label-Use). Daneben gelten nach der Anmerkung zu Abschnitt K AM-RL die in der Rechtsprechung entwickelten Maßgaben für den Off-Label-Use (richterrechtlicher Off-Label-Use) fort (vgl. auch BSG, Urteil vom 13.12.2016, - B 1 KR 1/16 R -, in juris Rdnr. 15). Die Voraussetzungen eines richtlinienrechtlichen Off-Label-Use sind unstreitig nicht erfüllt. Der richterrechtliche Off-Label-Use setzt u.a. voraus, dass aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann, wobei auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse abzustellen und von hinreichenden Erfolgsaussichten nur dann auszugehen ist, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das betroffene Arzneimittel für die relevante Indikation zugelassen werden kann; es müssen Erkenntnisse in der Qualität einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht sein und einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse von gleicher Qualität veröffentlicht sein (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2016, - B 1 KR 1/16 R -, in juris Rdnr. 15,16). Daran fehlt es hier. Dass, so Dr. B. in seinem Gutachten vom 15.09.2012, sich die auch bei der Versicherten praktizierte Anwendung von Dibotermin alfa unter Implantation eines anderen Cage (als eines LT-Cage) etabliert hat und in die einschlägigen Lehrbücher eingezogen ist, erfüllt das genannte Evidenzkriterium nicht. Studien (mit dem erforderlichen Evidenzmaß) zur Anwendung von Dibotermin alfa mit dem bei der Versicherten implantierten Cage ("PEZO-A") haben seinerzeit (2009) nicht vorgelegen (MDK-Gutachten der Dr. K. vom 05.06.2013 und des Dr. M. vom 29.10.2012).
Die Voraussetzungen eines Leistungsanspruchs (auf Anwendung von Dibotermin alfa mit dem bei der Versicherten implantierten Cage) in grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung (jetzt § 2 Abs. 1a SGB V; vgl. dazu nur etwa Senatsurteil vom 22.03.2017, - L 5 KR 1036/16 -, in juris m.w.N.) sind unstreitig nicht erfüllt; eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung (bzw. eine damit wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung) hat bei der Versicherten nicht vorgelegen.
Die Anwendung des Arzneimittels Dibotermin alfa im Rahmen einer stationär (im Krankenhaus) erbrachten ärztlichen Behandlungsmethode (i.S.d. §§ 135, 137c SGB V) ändert nichts; es bleibt bei der Maßgeblichkeit der Grundsätze für den Off-Label-Use von Arzneimitteln.
Bei der (vollstationären) Krankenhausbehandlung der Versicherten ist das Arzneimittel Dibotermin alfa nicht im Rahmen einer (reinen) Pharmakotherapie, sondern im Rahmen einer ärztlichen Behandlungsmethode i.S.d. §§ 135, 137c SGB V angewendet worden. Ärztliche Behandlungsmethode im Sinne der genannten Vorschriften ist eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2016, - B 1 KR 1/16 R -, in juris Rdnr. 23 m.w.N.). Demgegenüber stellt die (bloße) Gabe eines Arzneimittels, etwa zur Einnahme durch den Patienten, aber auch durch Injektion oder Infusion in den Körper (bei Infusion auch mit vorausgegangener Blutentnahme, ärztlicher Beratung und Überwachung), eine (reine) Pharmakotherapie dar; die (bloße) bestimmungsgemäße Anwendung eines für die betreffende Indikation zugelassenen Arzneimittels ist kraft arzneimittelrechtlicher Zulassung Leistungsbestandteil der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2016, a.a.O.). Für die Abgrenzung der (reinen) Pharmakotherapie von der ärztlichen Behandlungsmethode i.S.d. §§ 135, 137c SGB V kommt es darauf an, welches Gewicht der ärztlichen Tätigkeit für den Therapieerfolg zukommt (vgl. näher BSG, Urteil vom 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.05.2012, - L 11 KR 5817/10 -, beide in juris). Ist diese im Rahmen eines Zusammenspiels von ärztlicher Kunst und Arzneimittelgabe ebenso wichtig wie das Wirkprinzip des in den Körper eingebrachten Stoffes, liegt in jedem Fall eine über die schlichte Gabe eines Arzneimittels im Rahmen der (reinen) Pharmakotherapie hinausgehende ärztliche Behandlungsmethode vor. Bei der Versicherten ist Dibotermin alfa im Zuge der durchgeführten Wirbelsäulenoperation (ventrodorsale Anschlussspondylodese L4 bis S1 mit interkorporeller Fusion L4/5 und L5/S1) durch Vliese auf den (angefrischten) Wirbelkörper aufgebracht worden. Das Arzneimittel hat nach seinem Wirkprinzip das Knochenwachstum anregen sollen, um so (ohne Knochenimplantat) eine knöcherne Durchbauung im operierten Wirbelsäulensegment zu bewirken. Zusätzlich ist ein Cage ("PEZO-A") zur Stabilisierung des operierten Wirbelsäulensegments implantiert worden. Die Wirbelsäulenoperation selbst hat (unstreitig) eine ärztliche Behandlungsmethode dargestellt. Die Anwendung des Arzneimittels Dibotermin alfa hat im Rahmen dieser Behandlungsmethode als deren Bestandteil (Teilschritt) im Zusammenspiel mit der ärztlichen Kunst stattgefunden und sich nicht im bloßen Einsatz des Arzneimittelwirkprinzips erschöpft. Die Aufbringung von Dibotermin alfa im Zuge der Wirbelsäulenoperation kann der Arzneimittelgabe durch Injektion oder Infusion oder der (schlichten) Einnahme eines Arzneimittels nicht gleichgesetzt werden.
Bei der Arzneimittelversorgung durch (reine) Pharmakotherapie richtet sich der Patientenschutz allein nach den Maßgaben des Arzneimittelrechts, bei der Arzneimittelversorgung durch ärztliche Behandlungsmethode (für gesetzlich Versicherte) zusätzlich nach den Maßgaben des (gesetzlichen) Krankenversicherungsrechts. Für Behandlungsmethoden in der ambulanten Versorgung (vertragsärztliche Behandlung) gilt § 135 Abs. 1 SGB V, der ein zentralisiertes (Vorab-)Prüfverfahren mit Erlaubnisvorbehalt vorsieht; ohne positive Richtlinienentscheidung des GBA darf die Behandlungsmethode in der vertragsärztlichen Versorgung nicht angewendet werden. Für Behandlungsmethoden in der stationären Versorgung (Krankenhausbehandlung) gilt § 137c SGB V, der ein dezentralisiertes Prüfverfahren mit zentralisiertem Verbotsvorbehalt vorsieht; solange die Behandlungsmethode nicht durch den GBA ausgeschlossen worden ist, ist es Sache der zuständigen Behörden (insbesondere im Zulassungs-, Vergütungs- oder Abrechnungsprüfungsverfahren) und des Krankenhauses selbst, die Einhaltung des Qualitätsgebots nach § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V zu gewährleisten (Hauck, MedR 2010, 226,229). Der Patientenschutz des Krankenversicherungsrechts verdrängt den Patientenschutz des Arzneimittelrechts nicht, tritt zu diesem vielmehr hinzu. Das gilt nicht nur für die Arzneimittelversorgung in der ambulanten, sondern auch in der stationären Behandlung. Für die stationär erbrachte (reine) Pharmakotherapie hat das BSG entschieden, dass der Schutz gesetzlich Versicherter durch das materielle Arzneimittelrecht vor dem Krankenhaus nicht Halt macht (so BSG, Urteil vom 13.12.2016, - B 1 KR 1/16 R -, in juris Rdnr. 26). Dieser Grundsatz muss nach Auffassung des Senats auch dann angewendet werden, wenn die Arzneimittelversorgung im Rahmen einer stationär erbrachten Behandlungsmethode (i.S.d. § 137c SGB V) stattfindet. Das für Behandlungsmethoden in § 137c SGB V vorgesehene dezentralisierte Prüfverfahren mit zentralisiertem Verbotsvorbehalt stellt das Krankenhaus von den allgemein geltenden Anforderungen des Krankenversicherungsrechts (§§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1, 28 Abs. 1 SGB V) an die Krankenbehandlung nicht frei (vgl. BSG, Urteil vom 21.03.2013, - B 1 KR 2/12 R -, in juris Rdnr. 11). Für die besonderen Anforderungen des Arzneimittelrechts an die Arzneimittelversorgung kann nichts anderes gelten. Der Senat entnimmt das der Rechtsprechung des BSG zur stationären Erbringung der (reinen) Pharmakotherapie (BSG, a.a.O.), wenngleich das BSG hierüber (soweit ersichtlich) noch nicht ausdrücklich entschieden hat. Arzneimittel dürfen daher auch in der Krankenhausbehandlung nur zulassungskonform und zulassungsüberschreitend nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des Off-Label-Use angewendet werden, wobei es unerheblich ist, ob die Arzneimittelversorgung als (reine) Pharmakotherapie oder als (Teil einer) Behandlungsmethode i.S.d. §§ 135, 137 c SGB V stattfindet (vgl. auch etwa LSG Thüringen, Urteil vom 25.04.2017, - L 6 KR 1870/13 -, in juris Rdnr. 22; anders: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.03.2010, - L 9 KR 280/08 -, in juris Rdnr.25 (vor Ergehen des Urteils des BSG vom 13.12.2016, - B 1 KR 1/16 R -, in juris)).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGB V i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Es bedarf aus Sicht des Senats der höchstrichterlichen Klärung, ob die Rechtsgrundsätze zum Off-Label-Use von (Fertig-)Arzneimitteln auch für die Arzneimittelversorgung bei Anwendung einer Behandlungsmethode (§§ 135, 137c SGB V) in der Krankenhausbehandlung gelten.
Rechtskraft
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