S 21 KR 333/14

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Nürnberg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 21 KR 333/14
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 KR 177/18
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Beklagte wird verurteilt 3.308,12 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.08.2014 zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

IV. Der Streitwert wird auf 3321,11 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über eine Aufrechnung aufgrund einer Retaxierung unvermeidbarere zytostatikahaltiger Zubereitungen betreffend den Monat März 2012.

Die Klägerin ist eine sog. herstellende Apotheke. Sie arbeitet unter validierten kontrollierten aseptischen Bedingungen nach der Apothekenbetriebsordnung. Die Klägerin stellt unter anderem für Onkologen Zytostatikazubereitungen her, die den Patienten im Rahmen der Chemotherapie verabreicht werden. Die Klägerin erhält dazu von dem bestellenden Arzt eine Therapieliste, der die genaue Dosierung der Zubereitung entnommen werden kann. Die Verordnungen enthalten keinen Präparatenamen eines Arzneimittels, sondern eine Wirkstoffbezeichnung. Aufgrund dieser Verordnung wird dann die parentale zytostatikahaltige Lösung zubereitet. Bei der Herstellung der zytostatikahaltige Lösungen ist grundsätzlich zwischen dem Anbruch und der gebrauchsfertigen Zubereitung zu unterscheiden. Um das gebrauchsfertige Zytostatikum zu erhalten wird das in der Originaldurchstechflasche enthaltende Medikament in flüssige Form überführt, in dem man beispielsweise eine Kochsalzlösung hinzufügt. Dies ist der sogenannte Anbruch oder Stammlösung. Diese Stammlösung wird dann in einem anderen Behältnis weiter verdünnt, um die gebrauchsfertige Lösung zu erhalten, welche dann als Endprodukt an den Patienten verabreicht wird.

Die Abrechnung der Kosten für die Herstellung erfolgt gegenüber dem Apothekenabrechnungszentrum der Beklagten. Die Beklagte vergütete der Klägerin die sich aus den streitigen Verordnungen ergebenden Beträge zunächst. Mit Schreiben vom 13.03.2013 beanstandete die Beklagte gem. § 9 Arzneimittelversorgungsvertrag Bayern (AV-Bayern) dann die Abrechnung der Klägerin vom März 2012 und übersandte als Anlage Imageausdrucke zu den Taxberichtigungen. Dies betraf die folgenden Verordnungen:

Patient Medikament Datum Absetzungsbetrag Anmerkung auf Rezept Zuordnung Hilfstaxe; Haltbarkeit laut Anhang

A. Bendamustin 14.03.2012 55,00 EUR Letzte Herstellung am Tag 20 mg Verwurf berechnet 3.8 a) Anhang 1: Sofort zu verwenden

B. Bendamustin 13.03.2012 14,62 EUR Letzte Herstellung am Tag 5 mg Verwurf berechnet 3.8 a) Anhang 1: Sofort zu verwenden

C. Bortezomib 08.03.2012 616,42 EUR Letzte Herstellung am Tag 1,6 mg Verwurf berechnet 3.8 a) Anhang 1: 8 Stunden

D. Bortezomib 15.03.2012 616,42 EUR Letzte Herstellung am Tag 1,6 mg Verwurf berechnet 3.8 a) Anhang 1: 8 Stunden

E. Epirubicin 07.03.2012 12,99 EUR Letzte Herstellung am Tag 5 mg Verwurf berechnet 3.8 a) Anhang 2: 48 Stunden

F. Irinotecan 01.03.2012 15,07 EUR Letzte Herstellung am Tag 10 mg Verwurf berechnet 3.8 a) Anhang 2: 48 Stunden

G. Irinotecan 15.03.2012 15,07 EUR Letzte Herstellung am Tag 12 mg Verwurf berechnet 3.8 a) Anhang 2: 48 Stunden

H. Irinotecan 07.03.2012 15,07 EUR Letzte Herstellung am Tag 10 mg Verwurf berechnet 3.8 a) Anhang 2: 48 Stunden

I. Bleomycin 12.03.2012 17,76 EUR 11:30 Uhr 3.8 c)

J. Bleomycin 05.03.2012 17,76 EUR Letzte Herstellung am Tag 5 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

K. Carboplatin 26.03.2012 3,85 EUR Letzte Herstellung am Tag 10 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

L. Carboplatin 07.03.2012 3,86 EUR Letzte Herstellung am Tag 5 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

M. Cetuximab 15.03.2012 23,60 EUR Letzte Herstellung am Tag 10 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

N. Cetuximab 29.03.2012 23,60 EUR Letzte Herstellung am Tag 10 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

O. Cetuximab 22.03.2012 23,60 EUR Letzte Herstellung am Tag 10 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

OO. Cetuximab 01.03.2012 23,60 EUR Letzte Herstellung am Tag 10 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

P. Cetuximab 05.03.2012 117,97 EUR Letzte Herstellung am Tag 50 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

Q. Cetuximab 12.03.2012 117,97 EUR Letzte Herstellung am Tag 50 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

R. Cisplatin 02.03.2012 2,48 EUR Letzte Herstellung am Tag 5 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

S. Docetaxel 02.03.2012 54,86 EUR Letzte Herstellung am Tag 8 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

T. Docetaxel 28.03.2012 34,29 EUR Letzte Herstellung am Tag 5 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

U. Docetaxel 22.03.2012 34,28 EUR Letzte Herstellung am Tag 5 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

V. Docetaxel 27.03.2012 68,56 EUR Letzte Herstellung am Tag 5 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

W. Doxorubicin 27.03.2012 9,63 EUR Letzte Herstellung am Tag 5 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

X. Doxorubicin 05.03.2012 9,13 EUR Letzte Herstellung am Tag 5 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

Y. Doxorubicin 03.03.2012 9,63 EUR Letzte Herstellung am Tag 5 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

Z. Eribulinmesylat 29.03.2012 125,89 EUR Letzte Herstellung am Tag 0,3 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

AA. Eribulinmesylat 22.03.2012 125,89 EUR Letzte Herstellung am Tag 0,3 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

BB. Eribulinmesylat 08.03.2012 125,89 EUR Letzte Herstellung am Tag 0,3 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

CC. Eribulinmesylat 01.03.2012 125,89 EUR Letzte Herstellung am Tag 0,3 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

DD. Fluorouracil 23.03.2012 0,34 EUR Letzte Herstellung am Tag 70 mg 3.8 c)

FF. Fluorouracil 30.03.2012 1,23 EUR Letzte Herstellung am Tag 370 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

GG. Fluorouracil 02.03.2012 0,42 EUR Letzte Herstellung am Tag 40 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

HH. Mitoxandron 07.03.2012 18,23 EUR Letzte Herstellung am Tag 2 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

JJ. Mitoxantron 20.03.2012 49,54 EUR Letzte Herstellung am Tag Verwurf 3.8 c)

KK. Oxaliplatin 08.03.2012 116,70 EUR Letzte Herstellung am Tag 0,3 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

LL. Oxaliplatin 01.03.2012 29,17 EUR Letzte Herstellung am Tag 50 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

MM. Trastuzumab 28.03.2012 565,70 EUR Letzte Herstellung am Tag 120 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

NN. Trastuzumab 15.03.2012 160,75 EUR Letzte Herstellung am Tag 10 mg Verwurf berechnet 3.8 c)

Abzüglich anerkannter Korrektur bezüglich Bendamustin (A.) -14,62 EUR -55,00 EUR 3333,11 EUR

Abzüglich anerkannter nicht weiterverfolgter Korrektur wegen Arbeitspreis 12,00 -12 EUR 3321,11 EUR

Der "Vertrag über die Preisbildung für Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen (§§ 4 und 5 der Arzneimittelpreisverordnung)", im folgenden Hilfstaxe genannt, regelt unter Anlage 3 Folgendes:

"Anlage 3 Teil 1

Ziffer 3.6 Ein unvermeidbarer Verwurf ist eine nicht mehr weiterverarbeitungsfähige Teilmenge. Nicht mehr weiterverarbeitungsfähig sind Anbrüche, deren Haltbarkeit überschritten ist oder die aus rechtlichen Gründen nicht in einer anderen Rezeptur verarbeitet werden dürfen. Nicht angebrochene abgeteilte Packungseinheiten sind kein unvermeidbarer Verwurf.

Ziffer 3.8 Für Zubereitungen, die von der abrechnenden Apotheke selbst hergestellt werden, sind unvermeidbare Verwürfe nach Ziffer 3.6 nur abrechnungsfähig: a) für die im Anhang 1 zu Anlage 3 Teil 1 aufgeführten Stoffe gemäß den dort getroffenen Regelungen b) für die im Anhang 2 zu Anlage 3 Teil 1 aufgeführten Stoffe gemäß den dort getroffenen Regelungen c) für nicht im Anhang 1 oder 2 zu Anlage 3 Teil 1 aufgeführte Stoffe, falls nach Anbruch der entsprechenden Packung die Teilmenge nachweislich nicht innerhalb von 24 Stunden in einer weiteren Rezeptur verwendet werden konnte.

Ziffer 3.9 Die abrechnende Apotheke stellt sicher, dass unvermeidbare Verwürfe nach den Ziffern 3.7 bis 3.8 gemäß den Regelungen des Anhanges 3 zu Anlage 3 Teil 1 sowie nach den Regelungen der Technischen Anlagen gekennzeichnet werden. Zur Erfüllung der Regelungen des Anhangs 3 zu Anlage 3 Teil 1 kann die Apotheke ein Rechenzentrum beauftragen. Auch wenn das Kennzeichen "Verwurf geprüft" gesetzt ist, kann die Krankenkasse bei begründetem Verdacht einer missbräuchlichen Verwendung weitere Prüfungen einleiten.

Anlage 3 Teil 1: Anhang 1

Bei den aufgeführten Wirkstoffen ist ein tatsächlich anfallender unvermeidbarer Verwurf nach Ziffer 3.6 der Anlage 3 Teil 1 gemäß den Ziffern 3.7 und 3.8 a) maximal einmal innerhalb der unten angegeben Zeitspannen abrechnungsfähig.

Wirkstoff Zeitspanne

Azacitidin 22 Stunden Bendamustin (sofort zu verwenden) Bortezomib 8 Stunden Cabazitaxel 1 Stunde Melphalan 1,5 Stunden (inkl. Infusionsdauer) Mifamurtid 6 Stunden Mitomycin (sofort zu verwenden) Paclitaxel-Albumin 8 Stunden Temozolomid 14 Stunden (inkl. Infusionsdauer von i. d. R. 90 Min.) Vinblastin 6 Stunden

Anlage 3 Teil 1: Anhang 2

Bei den aufgeführten Wirkstoffen ist ein tatsächlich anfallender unvermeidbarer Verwurf nach Ziffer 3.6 der Anlage 3 Teil 1 gemäß Ziffer 3.8 b) maximal einmal innerhalb der unten angegeben Zeitspannen abrechnungsfähig.

Wirkstoff Zeitspanne

Epirubicin 48 Stunden Etoposid 72 Stunden Irinotecan 48 Stunden Paclitaxel 28 Tage

Anlage 3 Teil 1: Anhang 3

Prüfregeln zur Abrechnung eines unvermeidbaren Verwurfs nach Nummer 3.9 ( ...) Unvermeidbare Verwürfe der über die Fertigarzneimittelgruppe zusammengefassten Fertigarzneimittel müssen mindestens einen Zeitabstand aufweisen, der die in Anlage 3 Teil 1 Ziffer 3.7 und 3.8 definierte Haltbarkeitszeit überschreitet."

Mit Schreiben vom 10.04.2013 legte die Klägerin Einspruch gegen die Beanstandungen ein. Sie habe die beanstandeten parenteralen Zubereitungen anhand der ab dem 01.01.2010 geltenden Anlage 3 der Hilfstaxe berechnet. Nach Anlage 3 Teil 1 Ziffer 3.6 der Hilfstaxe sei ein Verwurf, in dem eine nicht mehr weiterverarbeitungsfähige Teilmenge zu sehen ist, abrechnungsfähig. Die Anlage 3 setze keine besonderen Anforderungen an den Nachweis voraus.

Mit Fax vom 23.07.2013 legte die Klägerin der Beklagten die Therapielisten vom 01.03.2012 - 31.03.2012 vor.

Die Beklagte verrechnete den streitgegenständlichen Betrag mit weiteren unstreitigen Forderungen der Klägerin.

Auf den Einspruch der Klägerin hin, teilte die Beklagte mit Schreiben vom 12.08.2013 mit, dass der Verwurf nur dann abrechnungsfähig sei, wenn er tatsächlich entstanden und unvermeidbar war. Die Abrechnungsfähigkeit sei auf die bei sorgfältiger Planung unvermeidbare Menge begrenzt. Der betriebliche Ablauf sei so zu gestalten, dass Verwurf möglichst nicht anfalle. Für die Bewertung der Zulässigkeit von abgerechnetem Verwurf sei es deshalb erforderlich auf die tatsächliche chemisch-physikalische Stabilität der Anbrüche abzustellen. Diese sei nach den einschlägigen fachlichen Informationen und Erkenntnissen zu bemessen. Aufgrund der vorgelegten Therapielisten werde die Retaxierung für die Bendamustin - Zubereitung (M.) zurückgenommen. Die Klägerin erhielt einen Betrag von 69,92 EUR zurück.

Am 12.08.2014 erhob die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Nürnberg auf Zahlung von 3321,11 Euro aus der Abrechnung März 2012. Rechtsgrundlage für die Preisberechnung sei § 4 Abs. 3 AV-Bayern in Verbindung mit der seit 01.03.2012 geltenden Hilfstaxe. Betroffen seien bei der Abrechnung im März 2012 aus Anhang 1 der Wirkstoff Bortezomib (8 Stunden) und aus Anhang 2 die Wirkstoffe Epirubicin (48 Stunden) und Irinotecan (48 Stunden). Die weiteren Wirkstoffe unterfielen Ziffer 3.8 c). Entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut der Hilfstaxe fordere die Beklagte von der Hilfstaxe abzuweichen. Ein Verstoß gegen die Hilfstaxe sei nicht nachgewiesen. Die Klägerin habe sich an die Vorgaben der Hilfstaxe gehalten. Die Retaxierungen seien zu Unrecht erfolgt.

Die Klägerin beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, den Absetzungsbetrag, den diese zu Lasten der Klägerin aufgrund der Retaxierung für den Monat März 2012 einbehalten hat, nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zurückzuerstatten.

Die Beklagte beantragt:

Die Klage als unbegründet zurückzuweisen.

Die Beklagte meint, die Klägerin habe zu Unrecht einen Verwurf abgerechnet. Der Verwurf sei nicht unvermeidbar gewesen. Die Klägerin habe die nicht verbrauchten Restmengen für weitere Zubereitungen verwenden müssen. Diese nicht verbrauchten Restmengen habe die Beklagte jeweils retaxiert. Es sei nicht schlüssig, warum die Hilfstaxe insbesondere in der Anlage 3 Teil 1 Nummer 3.8 c) ohne nach dem jeweiligen Wirkstoff zu differenzieren pauschal eine Grenze von 24 h festlege. Zudem sei in Anhang 3 Teil 1 Abs. 5 festgelegt, dass ein unvermeidbarer Verwurf dann abrechenbar sei, wenn dieser mindestens einen Zeitabstand aufweise, der die in Anlage 3, Teil 1 Ziffer 3.7 und 3.8 definierte Haltbarkeitszeit überschreite. Dies bedeute umgekehrt, dass nicht jeder unvermeidbarer Verwurf abrechenbar sei, der die 24-stündige Haltbarkeit überschreite. Die Haltbarkeit sei tatsächlich nicht überschritten. Es sei zwischen der chemisch-physikalischen Stabilität und der mikrobiellen Stabilität zu differenzieren. Bei fachgerechter Zubereitung unter Beachtung des § 35 Apothekenbetriebsordnung sei die Gefahr einer mikrobiellen Verunreinigung so gut wie ausgeschlossen. Die chemisch-physikalische Stabilität beziehe sich auf die Stabilität des Arzneimittels nach Auflösung des Pulvers. Die Klägerin habe sich bezüglich der Frage der Stabilität und Haltbarkeit von Zubereitungen nicht an der Hilfstaxe orientieren dürfen, sondern hätte auf andere Erkenntnisquellen zurückgreifen müssen. Es würden Untersuchungen und Publikationen zu der Haltbarkeit von Anbrüchen existieren, die insbesondere von Krankenhausapotheken durchgeführt und veröffentlicht würden. In 90 % der Fälle würden im Vergleich zu der Hilfstaxe erweiterte Haltbarkeits- und Stabilitätswerte zu Grunde gelegt. Bei den Krankenhausapotheken bestehe aufgrund des anderen Abrechnungssystems ein deutlich höheres Interesse an der Beantwortung der Frage, wie lange ein Anbruch haltbar ist. Die pharmazeutischen Unternehmen würden von der Hilfstaxe abweichende Informationen zu der Stabilität von Wirkstoffen herausgeben, an denen sich die Klägerin orientieren könne. Die Argumentation der Klägerin führe zu einer unwirtschaftlichen Zubereitungsweise, die von der Beklagten nicht dauerhaft zu akzeptieren sei.

Die Klägerin erwidert in ihren Schriftsatz vom 31.03.2015, dass die Hilfstaxe eindeutig sei und selbst dann wenn eine Ungenauigkeit bestehen würde, dies nicht zu Lasten der Klägerin gehen könne. Wenn die Beklagte nicht nachvollziehen könne, warum in bestimmten Fällen pauschal eine Grenze von 24 Stunden bestehe, berechtige sie dies nicht zu einer Retaxierung. Die Klägerin könne sich nur an das halten, was in der Hilfstaxe für sie verbindlich festgelegt sei. Die Klägerin habe durch Vorlage der Therapielisten den Nachweis geführt, dass nach Anbruch der entsprechenden Packung die Teilmenge nicht innerhalb von 24 Stunden in einer weiteren Rezeptur verwendet werden konnte. Die Klägerin sei nicht berechtigt die nicht verarbeiteten Mengen über 24 h hinaus zu verwerten. Der Begriff der Haltbarkeit könne nicht neu definiert werden. Grundlage der Verwurfsabrechnung sei die Einhaltung der in der Hilfstaxe vereinbarten Zeitspanne. Soweit in der Hilfstaxe die Haltbarkeit in Bezug genommen würde, handle es sich um die in der Hilfstaxe verbindlich definierte Haltbarkeit, so dass es auf andere Daten zur Haltbarkeit des Arzneimittels für die Abrechnung nicht ankommen könne. Die Regelungen entbehrten jeden Sinnes, wenn der Apotheker statt der definierten Haltbarkeit auf sonstige Daten zurückgreifen müsste, die ihm keinerlei Rechtssicherheit böten. Die Vorgehensweisen in Krankenhaus-Apotheken seien nicht auf den Offizinbereich zu übertragen, da beide Systeme - was die Abrechnung betrifft - in keiner Weise vergleichbar seien. Die von der Beklagten angeführten Argumente mögen aus ihrer Sicht nachvollziehbar sein, gehörten jedoch nicht in ein Retaxierungsverfahren gegen eine Apotheke, sondern in die Verhandlungen des GKV-Spitzenverbandes und des Deutschen Apothekerverbandes (DAV).

Die Beklagte erwidert im Schriftsatz vom 15.05.2015, dass das Grundprinzip der Regelung in der Hilfstaxe die Vermeidung von Verwürfen sei. Die Hilfstaxe erlaube die Abrechnung von Restmengen nur dann, wenn der Verwurf unvermeidbar sei. Die Hilfstaxe stelle damit entgegen dem Vortrag der Klägerin auf die tatsächlichen Verhältnisse in dem jeweiligen Zubereitungsbetrieb ab. Eine Abrechnung nach Zeitspannen wäre demgegenüber eine unzulässige Abrechnung nach rein fiktiven Verhältnissen. Rein denklogisch könne eine Abrechnung, die auf das tatsächliche Entstehen von Verwurf und dessen Unvermeidbarkeit abstellt, nur im Lichte der tatsächlichen Verhältnisse im Zubereitungsbetrieb beurteilt werden. Die in der Hilfstaxe angegebenen Zeitspannen stellten lediglich einen Mindestrahmen fest, innerhalb dessen der Verwurf in jeden Fall als vermeidbar zu gelten hat und deshalb eine Abrechnung ausschließt. Die Hilfstaxe könne aber natürlich nicht regeln, welche Haltbarkeit ein Stoff tatsächlich hat. Die Qualitätsstandards, die bei der Zubereitung von Zytostatika für Krankenhausapotheken gelten, könnten sehr wohl auch in öffentlichen Apotheken angewendet werden. Denn es könne keinen Unterschied machen, ob der Patient stationär behandelt werde oder ambulant. Allein die unterschiedlichen Abrechnungssysteme könnten zudem nicht zu einer unterschiedlichen Haltbarkeit von Anbrüchen bei gleichen Wirkstoffen führen. Die pharmazeutischen Unternehmen würden selbst von der Hilfstaxe abweichende Informationen zu der Stabilität von Zytostatika herausgeben. Die Hersteller würden die Haltbarkeit der Arzneimittel (Physikalisch-chemische Stabilität des Wirkstoffs nach Anbruch) bezüglich beispielsweise Irinotecan, Oxaliplatin, Cispaltin und Doxirubicin jeweils mit 28 Tagen angeben.

Die Klägerin erwidert in ihren Schriftsatz vom 08.08.2015, dass die Auffassung der Beklagten, wonach das Grundprinzip der Hilfstaxe die Vermeidung von Verwürfen sei, nicht korrekt sei. Die Hilfstaxe regle die Grundprinzipien der Herstellung und Abrechnung von parentalen Lösungen, zytostatikahaltigen parentalen Lösungen sowie parenteralen Lösungen mit monoklonalen Antikörpern. Die Verwurfsberechnung sei lediglich ein Teil der Hilfstaxe. Soweit die Beklagte behaupte, Grundlage der Verwurfsabrechnung müssten die tatsächlichen Verhältnisse sein, so müsse die Frage erlaubt sein, warum dann entsprechende Zeitspannen in der Hilfstaxe vereinbart würden. Der Apotheker können nicht verpflichtet werden, entgegen der vertraglich vereinbarten Haltbarkeit auf sonstige Daten zurückzugreifen, die keinerlei Rechtssicherheit böten. Soweit die Beklagte sich auf den Standpunkt stelle, dass die unterschiedlichen Abrechnungssysteme der Krankenhausapotheke gegenüber den Offizin-Apotheken einen Unterschied machen könnten, so müsse dem entgegengehalten werden, dass die Abrechnungssysteme im Krankenhausbereich gegenüber dem niedergelassenen Bereich vollkommen unterschiedlich seien,. Dies schließe eine Heranziehung der Berechnungsgrundlagen einer Krankenhausapotheke von vornherein aus.

Die Beklagte erwidert im Schriftsatz vom 30.5.2016, dass die Regelungen in der Hilfstaxe sollten sie tatsächlich so interpretiert werden müssen wie dies die Klägerin in ihrer Klagebegründung getan hat, in sich widersprüchlich und mit höherrangigem Recht nicht zu vereinbaren seien. Die Regelung unter 3.8 c) der Anlage 3 zur Hilfstaxe nehme den Begriff des unvermeidbaren Verwurfs nach 3.6 der Anlage 3 der Hilfstaxe in Bezug. Es müssten also zwei Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Verwurf abrechenbar sei. Zum einen müsse es sich um einen unvermeidbaren Verwurf im Sinne der Ziffer 3.6 handeln und zum zweiten müsse eine Mindestdauer von 24 Stunden abgewartet werden nach 3.8. Man könne aus den Regelungen nicht schließen, dass ein Verwurf generell nach 24 Stunden als unvermeidbarer Verwurf abgerechnet werden könne. Die Frage der Haltbarkeit sei kein einer Vertragsverhandlung zugänglicher Gegenstand. Dieser Frage würde jedoch über die Abrechnungsregelungen indirekt doch geregelt werden, weil die Apotheken, ohne dass die Voraussetzungen nach 3.6 tatsächlich vorliegen würden, nach den Zeitangaben zur Abrechnung von unvermeidbaren Verwürfen mit den Kassen abrechnen würden. Setze man die Zeitangaben zur Abrechnung von Zubereitungen mit der Haltbarkeit von Ansprüchen gleich, so würden die Zeitangaben in der Hilfstaxe zum einen den wissenschaftlichen Erkenntnisquellen widersprechen, zum anderen verstoße eine solche Gleichsetzung gegen höherrangiges Recht. Denn dieses Verständnis der Hilfstaxe führe zu einer viel höheren Verwurfsabrechnung als es - ausgehend von den Grenzen der Haltbarkeit - gerechtfertigt sei.

Die Klägerin erwidert mit Schreiben vom 08.06.2016, das die Frage der Haltbarkeit von Anbrüchen Gegenstand der Verhandlungen über die Hilfstaxe sein sollten.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 10.06.2016 wurde beschlossen, dass der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkasse und der Spitzenverband der Apotheker um weitere Erläuterungen zu den Hintergründen der Hilfstaxe gebeten werden. Mit Schreiben vom 20.07.2016 versuchte das Gericht eine gütliche Einigung, die jedoch von den Beteiligten abgelehnt wurde. Mit Schreiben vom 25.10.2016 wandte das Gericht sich an den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen und an den Deutschen Apothekenverband und stellte zunächst den streitigen Sachverhalt dar. Das Gericht bat um Stellungnahme zur Auslegung der Hilfstaxe und um Beantwortung der folgenden Fragen:

1) Welche Gründe haben die Beteiligten bewogen, Zeitspannen in den Vertrag aufzunehmen?

2) Auf welcher wissenschaftlichen Basis wurden diese Zeitspannen festgelegt?

3) Sind diese Zeitspannen aus ihrer Sicht bindend oder müssen diese ergänzend/erweiternd unter Berücksichtigung der Regelung in 3.6, der vorschreibt, dass die Haltbarkeit überschritten sein muss, ausgelegt werden?

a) Sofern die Zeitspannen nach dem Willen der Vertragsbeteiligten bindend sind: Heißt dies im Falle des Überschreitens der im Vertrag festgelegten Zeitspanne, dass der Apotheker die Zubereitung verwerfen und gegenüber der Krankenkasse einen unvermeidbaren Verwurf abrechnen kann?

b) Sofern die Zeitspannen nach dem Willen der Vertragsbeteiligten nicht bindend sind: Auf Basis welcher wissenschaftlichen Daten wird der Begriff der Haltbarkeit in 3.6 nach dem Willen der Vertragsbeteiligten bestimmt?

Der Deutsche Apothekerverband hat mit Schreiben vom 10.11.2016 geantwortet: Die Gründe für die Festlegung von Zeitspannen ergäben sich als Gesamtergebnis der Verhandlungen der Vertragspartner aus wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und praxisrelevanten Erwägungen und Erfordernissen. Bei der Festlegung und Vereinbarung der aufgeführten Zeitspannen hätten sich die Vertragsparteien an den Fachinformationen orientiert und somit an der Zeitspanne, in welcher der jeweilige Stoff nach Anbruch vornehmlich hinsichtlich der Keimbelastung zur Verabreichung einen Patienten unbedenklich sei und der Stoff chemisch und physikalisch stabil bleibe. Die unter 3.8 der Anlage 3 angegebenen Zeitspannen zur Haltbarkeit bzw. zur Verwendung der Stoffe seien für die Vertragspartner bindend. Ihr Überschreiten löse die Abrechnungsfähigkeit von Verwürfen aus.

Der GKV-Spitzenverband hat mit Schreiben vom 17.11.2016 geantwortet: Die zur Herstellung parenteraler Zubereitungen eingesetzten Fertigarzneimittel seien in unterschiedlichen Wirkstärken und - nicht immer therapiegerechten - Packungsgrößen am Markt verfügbar. Bei den hier streitgegenständlichen Fertigarzneimitteln handle es sich in der Regel um Trockenpulver, aus dem durch Zufügen einer definierten Menge eines Lösungsmittels eine so genannte Stammlösung hergestellt werde oder es handle sich um ein Lösungskonzentrat. Von dieser Stammlösung oder diesem Lösungskonzentrat werde eine definierte, vom Körpergewicht oder der Körperoberfläche der Patientin/des Patienten abhängige Menge entnommen und wiederum mit einer Infusionslösung zu einer applikationsfertigen Infusion verdünnt. Da die Dosierung der eingesetzten Fertigarzneimittel individuell unterschiedlich sei, verbleibe häufig ein Rest der Stammlösung bzw. des Lösungskonzentrat (Anbruch). Diese seien unterschiedlich lange haltbar. Sei in der Apotheke innerhalb dieser Haltbarkeitszeitspanne noch eine weitere Zubereitung mit diesem Wirkstoff herzustellen, könne der verbliebene Rest zur Herstellung dieser Zubereitung weiterverwendet werden und dürfe nicht als so genannter unvermeidbarer Verwurf abgerechnet werden. Es bedürfe einer einheitlichen Auslegung hinsichtlich einer wirtschaftlichen Herstellung und Abrechnung parenteraler Zubereitungen, insbesondere bei der Abrechnung von Verwürfen. Um ein höchstmögliches Maß an Abrechnungssicherheit und Transparenz für den herstellenden Apotheker und die Krankenkasse zu gewährleisten sowie etwaige Taxbeanstandungen auf ein Mindestmaß zu reduzieren seien in der Anlage 3 der Hilfstaxe unter anderem auch die Zeitspannen festgelegt, in denen für die dort genannten Wirkstoffe ein unvermeidbarer Verwurf höchstens einmal abgerechnet werden darf.

Die in den Anhängen 1 und 2 zu Anlage 3 Teil 1 sowie unter 3.8 c) der Hilfstaxe bestimmten Zeitspannen seien aus den in den jeweiligen Fachinformationen der Fertigarzneimittel angegebenen chemisch-physikalischen Haltbarkeit der Stammlösungen und angebrochenen Lösungskonzentrat abgeleitet. Dabei seien alle zum Zeitpunkt der Verhandlung der Anhänge 1 und 2 zu Verfügung stehenden Fachinformationen der Wirkstoffe berücksichtigt worden. Eine über alle Fachinformationen allgemeine verbindliche Ableitung von Haltbarkeitsfristen für alle am Markt befindlichen Arzneimittel zur Herstellung parenteraler Lösungen sei bei zum Beispiel unterschiedlichen Angaben zu Lagerungs- und Herstellungsbedingungen nicht möglich. Die Fachinformationen als Bestandteil der Arzneimittelzulassung stellten demnach aus Sicht der Vertragspartner eine rechtsverbindliche Grundlage zur Bewertung der Haltbarkeit dar. Stabilitätsdaten von Herstellern seien produktspezifisch und fänden sich zum Teil nicht in den jeweiligen Fachinformationen wieder.

In Teil 1 der Anlage 3 der Hilfstaxe sei festgelegt, dass Anbrüche nicht vor Ablauf einer definierten Zeitspanne mit der Krankenkasse als Verwurf abgerechnet werden könnten die in Anhang 1 und Anhang 2 sowie 3.8c) zu Teil 1 der Anlage 3 der Hilfstaxe angegebenen Haltbarkeit zu den dort aufgeführten Wirkstoffen würden regelhaft den für die Abrechnung verbindlichen Rahmen abbilden. Nur ein tatsächlich bei der Herstellung der parenteralen Zubereitung entstandener und unvermeidbarer Vorwurf könne mit der Krankenkasse abgerechnet werden. Unvermeidbar sei ein Verwurf dann, wenn die Entstehung einer Restmenge (Anbruch) bei der Herstellung der Zubereitung nicht vermieden werden könne und diese auch nicht mehr in einer weiteren Zubereitung weiterverarbeitet werden könne oder darf, weil die Haltbarkeit des jeweiligen Anbruchs überschritten sei. Verwürfe, die nur rechnerisch entstanden sein, dürften mit der Krankenkasse nicht abgerechnet werden. Als Verwurf werde nach der Hilfstaxe nicht die fertige Zubereitung verstanden, sondern die nicht mehr weiter verarbeitungsfähige Teilmenge einer Stammlösung oder eines Lösungskonzentrat, die bei der Herstellung einer Zubereitung als Rest verbleibe. Könne eine solche Restmenge auch bei sorgfältiger und wirtschaftlicher Planung der Arbeitsabläufe in der Apotheke nicht mehr zur Herstellung einer weiteren Zubereitung verwendet werden, weil ihre chemisch-physikalische Stabilität nach den Angaben der Fachinformation bereits überschritten sei, könne der Apotheker nur diese restmenge als Verwurf abrechnen. Sollten dem Apotheker Erkenntnisse aus eigenen Untersuchungen oder Ergebnisse anderer Untersuchungen zur Haltbarkeit von Ansprüchen vorliegen, die aufgrund vergleichbarer Bedingungen der Lagerung und Herstellung auf seine Apotheke übertragbar sind, sei es ihm unbenommen nach entsprechender fachlicher Beurteilung unter eigener Verantwortung die Anbrüche auch über die in der Hilfstaxe geregelten Zeitspannen hinaus zur Herstellung der Zubereitungen einzusetzen und nicht als Verwurf abzurechnen.

Zur Stellungnahme aufgefordert sieht sich die Klägerin durch die Ausführungen des Apothekerverbandes und des D.es in ihrer Rechtsauffassung bestätigt. Die in 3.8) Anlage 3 angegebenen Zeitspannen zur Haltbarkeit bzw. zur Verwendung der Stoffe seien für die Vertragspartner bindend. Die Überschreitung dieser Zeitspannen löse die Abrechnungsfähigkeit von Vorwürfen aus.

Die Beklagte führt aus, dass die Hilfstaxe keine Haltbarkeitsangaben bestimme, sondern nur Abrechnungsregelungen. Die Hersteller würden in den Fachinformationen überhaupt keine Angaben zur Haltbarkeit des Anbruchs, sondern nur zur Haltbarkeit der fertigen Lösung angeben. Die Fachinformationen der verschiedenen Hersteller zum gleichen Wirkstoff würden sich unterscheiden. Da die Hilfstaxe sich an dem Wirkstoff orientieren würde, sei eine verbindliche Vorgabe nicht möglich. Das Wirtschaftlichkeitsgebot gebiete es eine Apotheke, die unter Beachtung der GMP- Richtlinien Zytostatika zubereitete und damit über hohe Qualitätsstandards verfüge, dass sie Erkenntnisse aus etwa der Stabil-Liste oder Angaben des Herstellers zur Stabilität beachte, die überhaupt erst eine wirtschaftliche Zytostatika Zubereitung ermöglichten. Die Zeitspannen der Hilfstaxe stellten ein absolutes Mindestmaß da. Eine Herstellung nach diesen Abrechnungsvorgaben werde im Regelfall jedoch deutlich gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen und eine Apotheke gerade nicht vor einer Regressforderung schützen. Mit Schriftsatz vom 03.04.2017 beantragte die Beklagte die Sprungrevision.

Am 28.04.2017 fand ein weiterer Termin zur mündlichen Verhandlung statt. Die Beklagte legte eine Liste der im Abrechnungsmonat März 2012 hergestellten Zubereitungen und die jeweils nächste Zubereitung vor, auf die verwiesen wird. Die Klägerin erklärte, dass sie in diesem konkreten Einzelfall für die Abrechnung März 2012 auf den Einwand nach § 9 Abs. 5 Satz 3 des Arzneimittelversorgungsvertrags in Bayern verzichte. Weiterhin erklärte sie, dass sie unter kontrollierten validierten aseptischen Bedingungen nach der Apothekenbetriebsordnung arbeite. Sie sei mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden. Auch die Beklagte erklärte, dass sie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden sei. Der Termin zur mündlichen Verhandlung wurde wiederum vertagt und die Klägerin um Vorlage weiterer Informationen gebeten.

Mit Schreiben vom 11.05.2017 erklärte die Klägerin, dass erst am 02.04.2012 eine erneute Zubereitung mit dem Wirkstoff Epirubicin erfolgt sei. Bei der Zubereitung für die Patientin habe es sich um einen Anbruch gehandelt. Die nächste Zubereitung mit dem Wirkstoff Epirubicin sei innerhalb von 48 Stunden bei einer weiteren Patientin erfolgt, so dass der Verwurf fehlerhaft bei der Patientin H. abgerechnet worden sei. Des Weiteren legte die Klägerin mit Schreiben vom 11.05.2017 die im März 2012 gültigen Fachinformationen zu den von der Klägerin bei der Herstellung konkret verwendeten Arzneimitteln vor. Diese enthalten die folgenden Regelungen:

"Docetaxel (Arzneimittel Ribodocel) Nach der Fachinformation gilt folgendes: Die chemische und physikalische Haltbarkeit ist bei 2-8 °C (vor Licht geschützt) und bei Temperaturen unter 25 °C (ohne Lichtschutz) für vier Stunden gewährleistet. Aus mikrobiologische Sicht sollte die gebrauchsfertige Zubereitung sofort verwendet werden.

Cetuximab (Arzneimittel Erbitux) Nach der Fachinformation gilt folgendes: Bei 25 °C ist die chemische und physikalische Stabilität der angebrochenen Erbitux 5 mg/ml Infusionslösung über 48 Stunden belegt, wenn die Lösung, wie in Abschnitt 6.6 beschrieben, zubereitet wurde.

Eribulin (Halaven) Nach der Fachinformation soll die unverdünnte HALAVEN-Lösung in einer Spritze, die nicht sofort verwendet wird, normalerweise nicht länger als 4 Stunden bei 25°C und Raumbeleuchtung oder 24 Stunden bei 2°C - 8°C gelagert werden. Verdünnte HALAVEN-Lösungen (0,018 mg/ml bis 0,18 mg/ml Eribulin in isotonischer Natriumchloridlösung zur Injektion) sollten nicht länger als 24 Stunden bei 2°C - 8°C gelagert werden, es sei denn die Verdünnung hat unter kontrollierten und validierten aseptischen Bedingungen stattgefunden.

Oxaliplatin (Riboxatin) Nach der Fachinformation gilt folgendes: Nach Verdünnung mit 5%iger Glucoselösung konnte die chemische und physikalische Stabilität der gebrauchsfertigen Infusionslösung über einen Zeitraum von 24 Stunden bei 2 - 8°C und über einen Zeitraum von 6 Stunden bei 25°C gezeigt werden.

Trastuzumab (Herceptin) Nach der Fachinformation gilt folgendes: Nach der Rekonstitution mit Wasser für Injektionszwecke ist die rekonstituierte Lösung physikalisch und chemisch 48 Stunden bei 2°C - 8°C stabil. Jegliche verbleibende Lösung muss verworfen werden. Infusionslösungen mit Herceptin sind in Polyvinylchlorid-, Polyethylen- oder Polypropylen-Beuteln mit Natriumchloridlösung 9 mg/ml (0,9 %) zur Injektion 24 Stunden bei Temperaturen bis 30 °C physikalisch und chemisch haltbar.

Carboplatin (Carbomedac) Nach der Fachinformation gilt folgendes: Haltbarkeit nach Öffnen des Behältnisses und Zubereitung der gebrauchsfertigen Infusionslösung: Mit 50 mg/ml (5%) Glucose-Infusionslösung zubereitete Lösungen sind für 72 Stunden bei Raumtemperatur und unter Lichtschutz physikalisch-chemisch stabil. Mit 9 mg/ml (0,9%) Natriumchlorid-Infusionslösung zubereitete Lösungen sind für 24 Stunden bei 2-8°C und unter Lichtschutz physikalisch-chemisch stabil. Es wird jedoch empfohlen, Infusionslösung, die mit 9 mg/ml (0,9%) Natriumchlorid-Infusionslösung zubereitet wurde, unmittelbar nach Zubereitung zu verwenden.

Mitaxantron (Mitoxantron Hexal) Nach der Fachinformation gilt folgendes: Die chemische und physikalische Stabilität der gebrauchsfertigen Zubereitung wurde bei einer Verdünnung mit 0,9%iger Natriumchloridlösung und 5%iger Glucoselösung für 24 Stunden bei 2-8°C unter Lichtschutz und bei 25 °C bei Lichtschutz und unter Tageslicht nachgewiesen.

Fluorouracil (5-FU medac) Nach der Fachinformation gilt folgendes: bei einer Konzentration von 0,5 mg/ml wurde die chemische und physikalische In-use-Stabilität der mit 0,9%iger Kochsalzlösung bzw. 5-%iger Glukoselösung hergestellten gebrauchsfertigen Infusionslösung bei 2-8 °C oder Raumtemperatur (20 °C bis 25 °C) für bis zu 7 Tage nachgewiesen, sofern die Zubereitung in Licht geschützten PE- Beuteln erfolgt. Aus mikrobiologischer Sicht ist das Arzneimittel sofort zu verwenden. Falls es nicht sofort verwendet wird, ist der Anwender für die Dauer und Bedingungen der Aufbewahrung bis zur Anwendung verantwortlich, die normalerweise 24 Stunden bei 2 °C bis 8 °C nicht überschreiten sollte, es sei denn die Verdünnung ist unter kontrollierten und war lädierten aseptischen Bedingungen erfolgt.

Doxorubicinhydrochlorid (Adrimedac) Nach der Fachinformation gilt Folgendes: Bei einer Konzentration von 0,5 mg/ml wurde die chemische und physikalische Inuse-Stabilität der mit 0,9%iger Kochsalzlösung bzw. 5%iger Glucoselösung hergestellten gebrauchsfertigen Infusionslösung bei 2-8°C oder Raumtemperatur (20°C bis 25°C) für bis zu 7 Tage nachgewiesen, sofern die Zubereitung in lichtgeschützten PE-Beuteln erfolgt. Aus mikrobiologischer Sicht ist das Arzneimittel sofort zu verwenden. Falls es nicht sofort verwendet wird, ist der Anwender für die Dauer und Bedingungen der Aufbewahrung bis zur Anwendung verantwortlich, die normalerweise 24 Stunden bei 2 °C bis 8 °C nicht überschreiten sollte, es sei denn die Verdünnung ist unter kontrollierten und war lädierten aseptischen Bedingungen erfolgt.

Bleomycinsulfat (Bleomedac) Nach der Fachinformation gilt folgendes: Die Dauer der Haltbarkeit beträgt 42 Monate.

Cisplatin (Cisplatin 0,5 mg/ml Lösung Medac Nach der Fachinformation gilt Folgendes: Die Dauer der Haltbarkeit von Cisplatin 0,5 mg/ml Lösung medac beträgt 3 Jahre. Dieses Arzneimittel soll nach Ablauf des Verfalldatums nicht mehr angewendet werden. Aus mikrobieller Sicht sollte die gebrauchsfertige Zubereitung sofort verwendet werden. Wird sie nicht sofort eingesetzt, ist der Anwender für die Dauer und die Bedingungen der Aufbewahrung verantwortlich. Sofern die Herstellung der gebrauchsfertigen Zubereitung nicht unter kontrollierten aseptischen Bedingungen erfolgt, ist diese nicht länger als 24 Stunden aufzubewahren." Die Beklagte verweist in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2017 nochmals darauf, dass sich aus den Stabilitätsdatenblättern und der Krämer-Liste eine längere Haltbarkeit ergeben würde. Aus der Haltbarkeit des fertigen Endprodukts/der Infusionslösung könnten keine Rückschlüsse auf die Haltbarkeit des Anbruchs der Stammlösung gezogen werden. Eine solche Übertragung sei pharmakologisch-wissenschaftlich nicht zulässig. Die Beratungsapotheker der Beklagten hätten ausgeführt, dass es bei der Beurteilung der Haltbarkeit von Zytostatika, die unter validierten, kontrollierten aseptischen Bedingungen hergestellt worden sein, entscheidend auf die physikalisch chemische Stabilität ankomme. Diese unterscheide sich von der Stammlösung im Vergleich zur fertigen Infusionslösung. Die physikalische Stabilität der Stammlösung sei mindestens solange oder eher länger als die physikalische Stabilität der Infusionslösung. Es seien jedoch die jeweils geltenden Lagerungsbedingungen zu beachten. Die Apotheke könne aus der Fachinformation keinen Anhaltspunkt für die Haltbarkeit der Stammlösung ziehen. Angaben zur physikalisch-chemischen Stabilität der Stammlösung böten nur die Stabilitätsdatenblätter.

Die Klägerin verweist mit Schriftsatz vom 11.07.2017 auf das Urteil des Landessozialgericht Saarland vom 22.03.2017 (L 2 KR 1029/14), welches die Rechtsauffassung der Klägerin stütze. Die Beklagte erwidert, dass die Fachinformationen üblicherweise lediglich eine Zubereitung unter aseptischen Bedingungen fordere, jedoch keine Zubereitung der Lösung unter kontrollierten, validierten, aseptischen Bedingungen der Reinraumklasse A, die von Apotheken aufgrund der Apothekenbetriebsordnung einzuhalten seien. Daher würden in den Fachinformationen überwiegend Angaben zur Haltbarkeit der fertigen Zytostatika Lösung gemacht, die auch eine Zubereitung in einer onkologischen oder dermatologischen Arztpraxis Rechnung tragen würden. Verlängerte Haltbarkeiten würden sich nach den Fachinformationen allerdings ergeben, wenn die Lösungen unter validierten kontrollierten aseptischen Bedingungen hergestellt würden. Dies habe das LSG Saarland nicht berücksichtigt.

Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen. Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten sowie auf die von den Beteiligten im Verfahren gewechselten aktenkundigen Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG zulässig (§§ 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG, 54 Abs. 5 SGG, 57 Abs. 1) und überwiegend begründet. Die Klägerin hat einen Zahlungsanspruch gegenüber der Beklagten in Höhe von 3310,12 EUR nebst ZInsen.

Eines Vorverfahrens gemäß § 78 ff SGG bedurfte es nicht, so dass auch keine Klagefrist einzuhalten war (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rn. 41).

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Gemäß § 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG kann ein Urteil ohne mündliche Verhandlung ergehen, wenn die Beteiligten ausdrücklich zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung angehört wurden und hierzu von ihnen auch ausdrücklich ein Einverständnis mit dieser Entscheidung erklärt wurde. Diese Voraussetzung ist gegeben. Die Beteiligten haben schriftlich ihr Einverständnis zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2017 erteilt.

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung der noch ausstehenden Vergütung aus unstreitigen Wirkstoffzubereitungen in Höhe von 3310,12 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, der Anspruch ist nur in Höhe von 12,99 Euro durch Aufrechnung erloschen. Im Übrigen steht der Beklagten kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegen die Klägerin zu.

1. Der Vergütungsanspruch der Klägerin aus mehreren nicht näher benannten Arzneimittellieferungen bestimmt sich nach § 129 SGB V i. V. m. dem nach § 129 Abs. 2 SGB V abgeschlossenen Rahmenvertrag. Nach § 129 SGB V geben die Apotheker nach Maßgabe der ergänzenden Rahmenvereinbarungen und Landesverträge (§ 129 Abs. 2 und Abs. 5 Satz 1 SGB V, vergleiche auch § 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V) vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung ab. Diese Vorschrift begründet in Verbindung mit den konkretisierenden vertraglichen Vereinbarungen eine öffentlich-rechtliche Leistungsberechtigung und -verpflichtung für die Apotheker, vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an die Versicherten abzugeben. Die Apotheker erwerben im Gegenzug für die Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Leistungspflicht einen durch Normenverträge näher ausgestalteten gesetzlichen Anspruch auf Vergütung gegen die Krankenkassen, der schon in § 129 SGB V vorausgesetzt wird (st. Rspr, BSG, Urteil vom 03.07.2012, B 1 KR 16/11 R, Juris Rn. 9 m.w.Nachw.). Für die Beteiligten gilt der Arzneimittelversorgungsvertrag Bayern (AV-Bay) in der Fassung vom 27.02.2012. Die Klägerin ist Mitglied im Bayerischen Apothekerverband e. V. (BAV). Gemäß § 2 Abs. 2 AV-Bay hat der Vertrag Rechtswirkung für öffentliche Apotheken, deren Inhaber dem BAV angehören. Die Beklagte ist u. a. Vertragspartnerin des AV-Bay. Somit sind die Beteiligten an den AV-Bay vertraglich gebunden.

Der Zahlungsanspruch aus weiteren nicht näher benannten Arzneimittellieferungen, mit dem die Beklagte aufgerechnet hat, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Einwendungen wurden in dieser Hinsicht von den Beteiligten nicht erhoben. Im Übrigen sind Anhaltspunkte für eine unzutreffende Leistungsabrechnung auch nicht ersichtlich. Eine nähere Prüfung der erkennenden Kammer erübrigt sich insoweit (vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens bei Abrechnungen eines Krankenhauses z.B. BSG, 21.04.2015, B 1 KR 8/15 R).

2. Der Zahlungsanspruch der Klägerin aus den unstreitigen Versorgungen mit Arzneimitteln ist nur in Höhe von 12,99 EUR dadurch erloschen, dass die Beklagte mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Abrechnung vermeidbarer Verwürfe analog § 387 Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die Aufrechnung erklärt hat (zur entsprechenden Anwendung von § 387 BGB auf überzahlte Krankenhausvergütung: BSG, 23.06.2015, B 1 KR 26/14; BSG, 21.4.2015, B 1 KR 8/15 R).

Die sich aus der Erbringung von Leistungen für nach dem SGB V Versicherte ergebenden Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Apothekern sind öffentlich-rechtlicher Natur (vgl. BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr. 6, Rn. 11 ff m. w. N.). Bei derartigen öffentlich-rechtlich geprägten Rechtsbeziehungen tritt an die Stelle des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach § 812 BGB der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (vgl. BSG, Urteil vom 03.07.2012, B 1 KR 16/11 R; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17 b Nr. 2, Rn. 9, 11 f m. w. N.). Der im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt u.a. voraus, dass der Berechtigte im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht hat (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG SozR 4-2500 § 264 Nr. 3 RdNr. 15). Dies ist hier jedoch nur teilweise der Fall. Die von der Klägerin im März 2012 durch die Beklagte beanstandeten Verwürfen waren - bis auf den Verwurf bezüglich der Patientin H. am 07.03.2012 - nach Auffassung des Gerichts nach der Hilfstaxe abrechnungsfähig. Die Beklagte hat daher keinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegenüber der Klägerin.

a) Die Beanstandung der Beklagten war grundsätzlich formell ordnungsgemäß. Grundlage für den vorliegenden Abrechnungsstreit ist zunächst § 9 des AV-Bayern, wonach die Krankenkasse jedoch das Recht die Abrechnung der Klägerin zu prüfen. Dementsprechend beanstandete die Beklagte mit Schreiben vom 13.03.2013 die Abrechnung der Klägerin vom März 2012 in Höhe von 3.402,73 EUR und übersandte als Anlage Imageausdrucke zu den Taxberichtigungen. Gegen diese Beanstandung legte die Klägerin mit Schreiben vom 10.04.2013 Einspruch ein. Die Frist für den Einspruch beginnt daher am 11.04.2013 und endet am 10.08.2013. Da der 10.08.2013 ein Samstag war, verschiebt sich in analoger Anwendung der §§ 193 BGB, § 64 SGG das Fristende auf den nächsten Werktag, hier Montag, den 12.08.2013, so dass die Einspruchsentscheidung der Beklagten vom 12.08.2013 fristgemäß war. Im Übrigen hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung auf den Einwand nach § 9 Abs. 5 Satz 3 des AV-Bayern verzichtet.

b) Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei der Hilfstaxe um reines Preisrecht. Die Hilfstaxe regelt damit nur die Maßstäbe zur Ermittlung der Höhe der Krankenhausvergütung und die Einzelheiten der Abrechnung. Dies bestätigt die Regelung in § 1 "Gegenstand des Vertrags", wonach in der Hilfstaxe die Preisbildung für Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen geregelt ist. Die Vertragspartner der Hilfstaxe haben Vorgaben für die Abrechnung gemacht und zum Teil für konkrete Arzneimittel für die Abrechnung Zeitspannen festgelegt. Eine Regelung in der Hilfstaxe, dass die Klägerin nach einer gewissen Zeit einen Verwurf abrechnen darf, kann der Klägerin zwar einen Vergütungsanspruch gegenüber der Beklagten geben, befreit sie jedoch nicht von einer eigenen Prüfung der Haltbarkeit eines Arzneimittels. Ist die Klägerin aufgrund ihrer pharmazeutischen Kompetenz überzeugt, dass eine Zubereitung entgegen der Regelung in der Hilfstaxe nicht mehr haltbar ist, so darf sie dieses nicht in den Verkehr bringen und darf dies nicht unter Berufung auf reine Abrechnungsregeln an Patienten ausliefern.

c) Ein unvermeidbarer Verwurf ist nach der Hilfstaxe grundsätzlich abrechnungsfähig. Die Hilfstaxe definiert in Anlage 3 Ziffer 3.6 den unvermeidbaren Verwurf als eine nicht mehr weiterverarbeitungsfähige Teilmenge. Nicht mehr weiterverarbeitungsfähig sind Anbrüche, deren Haltbarkeit überschritten ist oder die aus rechtlichen Gründen nicht in einer anderen Rezeptur verarbeitet werden dürfen. Nach Ziffer 3.8 sind unvermeidbare Verwürfe nach Ziffer 3.6 abrechnungsfähig für die im Anhang 1 zu Anlage 3 Teil 1 aufgeführten Stoffe gemäß den dort getroffenen Regelungen, für die im Anhang 2 zu Anlage 3 Teil 1 aufgeführten Stoffe gemäß den dort getroffenen Regelungen und für nicht im Anhang 1 oder 2 zu Anlage 3 Teil 1 aufgeführte Stoffe, falls nach Anbruch der entsprechenden Packung die Teilmenge nachweislich nicht innerhalb von 24 Stunden in einer weiteren Rezeptur verwendet werden konnte.

Das Gericht geht grundsätzlich davon aus, dass auch im Rahmen der Abrechnungsprüfung geprüft werden muss, ob ein unvermeidbarer Verwurf vorliegt, also insbesondere ob die Haltbarkeit überschritten ist. Die Regelung in Anlage 3 Ziffer 3.8 nimmt in ihrem Obersatz Bezug auf die Ziffer 3.6, die wiederum einen unvermeidbaren Verwurf definiert als eine nicht mehr weiterverarbeitungsfähige Teilmenge, also eine Teilmenge deren Haltbarkeit überschritten ist. Die Überschreitung der Haltbarkeit ist daher Voraussetzung für einen unvermeidbaren Verwurf. Auf die Frage, wie in einem standardisierten Abrechnungsverfahren geprüft werden soll, wie lange ein Arzneimittel haltbar ist, gibt die Regelung allerdings keine Antwort. Für die Fallgruppe der Anlage 3 Ziffer 3.8a) und 3.8b) ist dies nach Auffassung des Gerichts unproblematisch, da in Anhang 1 und 2 für die Abrechnung verbindliche Angaben zu der Haltbarkeit gemacht werden, die der Abrechnung zugrundzulegen sind. Im Gegensatz zu den Regelungen in 3.8a) und 3.8b) werden in 3.8c) jedoch keine konkreten für bestimmte Arzneimittel der Abrechnung zugrunde zu legenden Haltbarkeiten definiert. Die Frage, wie der Begriff der Haltbarkeit für die Prüfung der Abrechnung zu definieren ist, spielt daher nur für die Fallgruppe der Ziffer 3.8.c) eine Rolle.

Unter dieser Prämisse sind im vorliegenden Fall nach Ansicht des Gerichts bezüglich der Abrechenbarkeit unvermeidbarer Verwürfe zwei Fallgruppen zu unterscheiden: Zum einen diejenigen Stoffe, die im Anhang 1 oder 2 mit konkreten zeitlichen Regelungen belegt sind und zum anderen diejenigen, die der Auffangregelung in Ziffer 3.8 c) unterfallen, wonach ein unvermeidbarer Verwurf abrechenbar ist, wenn er nicht innerhalb von 24 h in einer Rezeptur verwendet werden kann.

aa) Die streitgegenständlichen Verwürfe, die unter Anlage 3 Ziffer 3.8a) und 3.8b) und damit korrespondierend Anhang 1 und 2 der Anlage 3 Teil 1 fallen, sind nach Ansicht des Gerichts unvermeidbar, sobald die im Anhang 1 oder 2 konkret festgelegte Zeitspanne abgelaufen ist. Dies betrifft im vorliegenden Fall im Rahmen des Anhang 1 das Arzneimittel Bortezomib und im Anhang 2 die im März 2012 verwendeten Arzneimittel Epirubicin und Irinotecan, mithin Retaxierungen in Höhe von 1291,04 Euro. In dieser Höhe hat die Beklagte nach Auffassung des Gerichts zu Unrecht mit unstreitigen Forderungen der Klägerin aufgerechnet. Ihr stand kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegenüber der Klägerin zu.

Die Klägerin muss sich entgegen der Ansicht der Beklagten für die Abrechnung der Verwürfe aus dieser Fallgruppe weder auf die (ggf. anderslautende) Fachinformation noch auf andere wissenschaftliche Auseinandersetzungen zu den jeweiligen Arzneimitteln verweisen lassen. Sie darf einen Verwurf dann abrechnen, wenn das Arzneimittel innerhalb der in Anhang 1 und 2 definierten Zeitspanne nicht mehr weiterverarbeite werden konnte.

Die Angaben in Anhang 1 und 2 der Hilfstaxe sind insoweit problematisch, als in den Fachinformationen oder in sonstigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Teil erheblich längere Haltbarkeit Angaben zu finden sind, zum Teil jedoch auch kürzere. Dennoch ist das Gericht der Auffassung, dass für die Fälle, die unter Anhang 1 und 2 fallen aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für die Abrechnung ausschließlich auf die in den Anhängen benannten Zeitspannen abzustellen ist. Die Vertragspartner der Hilfstaxe haben sich in diesen Fällen nach eigener Prüfung auf eine konkrete Zeitspanne festgelegt, nach Ablauf derer es sich um einen unvermeidbaren Verwurf nach 3.6 handelt. Die Vertragsparteien haben damit definiert, wann ein abrechenbarer unvermeidbarer Verwurf vorliegt. Mit der Angabe einer konkreten Zeitspanne haben die Vertragspartner für die Abrechnung fiktive Haltbarkeiten für die Abrechnung definiert. Daran muss die Beklagte sich auch festhalten lassen und der Klägerin den Verwurf vergüten (vgl. dazu SG Würzburg, 14.04.2016, S 17 KR 260/14).

Anders als in dem vom SG Würzburg (S 17 KR 260/14) entschiedenen Fall weichen im vorliegenden Fall jedoch die Haltbarkeitsangaben in den Fachinformationen und die in der Hilfstaxe angegebene Zeitspannen voneinander ab. Maßgeblich ist in einem solchen Fall, also bei Benennung einer konkreten Zeitspanne in der Hilfstaxe, nach Auffassung des Gerichts allein die Angabe in der Hilfstaxe. Es entspricht dem eindeutigen und explizit geäußerten Willen der Vertragsparteien der Hilfstaxe, dass nach der in dem Anhang 1 und 2 angegebenen Zeitspanne ein unvermeidbarer Verwurf vorliegt, der abgerechnet werden kann. Bei Abfassung der Hilfstaxe lagen den Vertragsparteien sämtliche Informationen zur Haltbarkeit von Zytostatika sei es Fachinformationen oder Krämer-Liste oder sonstiges vor. In Kenntnis dessen und auch in Kenntnis dessen, dass diese Angaben zum Teil voneinander abweichen, haben die Vertragsparteien dennoch explizite Zeitspannen festgelegt, nach denen ein Verwurf abrechenbar ist. Selbst wenn dies der kleinste gemeinsame Nenner war, sieht das Gericht im Rahmen der Abrechnung keinen Anlass über die Hilfsfaxe hinaus die Haltbarkeit anhand der Fachinformation oder anderer Erkenntnisquellen zu prüfen. Denn bei den konkret benannten Fällen haben sich die Vertragspartner der Hilfstaxe bereits Gedanken über die Haltbarkeit und diese explizit geregelt.

Auf den konkreten Fall übertragen, bedeutet dies, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin - abgesehen von der Versorgung der Patientin H. in Höhe von 12,99 EUR - keinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch hat. Es bestehen - außer bei der Zubereitung von Epirubicin bei Frau H. - keine Anhaltspunkte dahingehend, dass die Klägerin den Anbruch innerhalb der von der Hilfstaxe angegebenen Zeitspannen hätte weiter verwenden können, insoweit trägt auch die Beklagte nichts vor. Bei der Zubereitung von Epirubicin erfolgte am 07.03.2012 eine weitere Zubereitung bei einer anderen Patientin, so dass der Verwurf bei dieser hätte abgerechnet werden müssen. Die Beklagte hat daher gegenüber der Klägerin in Höhe von 12,99 EUR einen Rückzahlungsanspruch bezüglich des Verwurfs von Epirubicin bei der Patientin H ... Dieser Verwurf war vermeidbar. Bezüglich der übrigen unter die Regelung Anlage 3 in 3.8 a) und 3.8 b) fallenden Verwürfe steht der Beklagten kein Erstattungsanspruch zu.

bb) Bei den unter Anlage 3 Teil 1 Nr. 3.8 c) fallenden Verwürfen ist nach Auffassung des Gerichts ergänzend zu der Regelung, die eine Abrechenbarkeit des Verwurfs innerhalb von 24 Stunden vorsieht, zu prüfen, welche Haltbarkeit die Fachinformation vorsieht (so auch LSG Saarland, L 2 KR 1029/14, wobei sich in dem vom LSG Saarland entschiedenen Fall keine exakte Angabe zur Haltbarkeit der Stammlösung aus den Fachinformationen ergab). Für diese Fälle haben sich die Vertragspartner der Hilfstaxe nicht eindeutig mit dem jeweiligen Arzneimittel beschäftigt, sondern eine Auffangregelung geschaffen. Finden sich in den gem. § 11 a AMG für die Zulassung verpflichtend zu erstellenden Fachinformationen in einem standardisierten Abrechnungsverfahren verwertbare Angaben zur Haltbarkeit, so sind diese für die Prüfung der Haltbarkeit heranzuziehen. Ergeben sich aus diesen keine verwertbaren Informationen, so ist im Rahmen der Prüfung der Abrechnung nicht klärbar, ob die Haltbarkeit überschritten ist und daher ausschließlich auf die 24 Stunden Regelung in Ziffer 3.8c) abzustellen.

Die Regelung in Anlage 3 Ziffer 3.8. nimmt in ihrem Obersatz Bezug auf die Ziffer 3.6, die wiederum einen unvermeidbaren Verwurf definiert als eine nicht mehr weiterverarbeitungsfähige Teilmenge, also eine Teilmenge deren Haltbarkeit überschritten ist. Die Überschreitung der Haltbarkeit ist daher Voraussetzung für einen unvermeidbaren Verwurf. Das Gericht sieht in durch die Bezugnahme auf 3.6 das Einfallstor dafür, dass auch im Rahmen der Abrechnung die Frage der Haltbarkeit geprüft werden muss. Im Gegensatz zu den Regelungen in 3.8a) und 3.8b) werden in 3.8c) keine konkreten Haltbarkeitszeitspannen für bestimmte Arzneimittel definiert. Auf die Frage, wie in einem standardisierten Abrechnungsverfahren die Frage der Haltbarkeit zu prüfen ist, gibt die Regelung keine Antwort. Vor dem Hintergrund des Wirtschaftlichkeitsgebots und auch um den Verwurf noch eindeutig haltbarer und ohne Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Patienten verwendbarer Arzneimittel zu vermeiden, muss nach Ansicht des Gerichts der Apotheker in den Fällen des 3.8 c) auf Basis seiner pharmazeutischen Kenntnisse und der Kenntnis über die konkreten Herstellungsbedingungen prüfen, ob das Arzneimittel noch haltbar ist. Für die Prüfung der Abrechenbarkeit eines unvermeidbaren Verwurfs hat er sich an den Fachinformationen zu orientieren. Geben diese keine Hinweise bezüglich der Haltbarkeit, so ist erst dann auf die Regelung in der Hilfstaxe zurückzugreifen. Dieses Vorgehen erscheint der Kammer auch vor dem Hintergrund der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit möglich.

Entgegen der Ansicht der Beklagten kann zur Prüfung der Frage der Vermeidbarkeit eines Verwurfs nicht auf andere Rechtsquellen (Stabil-Liste, Krämer-Liste, Stabilitätsdatenblätter) als die Hilfstaxe und die Fachinformation zurückgegriffen werden. Dies hätte eine nicht hinzunehmende Rechtsunsicherheit bei den herstellenden Apotheken zur Folge. Abrechnungsregeln müssen klar, präzise und einfach handhabbar sei, um eine ordnungsgemäße Umsetzung in der Praxis zu gewährleisten. Die Angaben zur Haltbarkeit weichen zum Teil - wie dies die Beklagte ausführlich dargestellt hat - erheblich voneinander ab. Es stellt sich dann schon die Frage auf welche Erkenntnisquelle außerhalb von Hilfstaxe und Fachinformation abzustellen ist, diejenige, die die längste oder diejenige, die die kürzeste Haltbarkeit angibt. Der Abrechnungsalltag soll jedoch gerade nicht von pharmazeutischen-wissenschaftlichen Diskussionen geprägt sein, sondern praktikabel umsetzbar sein. Dies entnimmt das Gericht auch den Äußerungen des GKV-Spitzenverbandes und des DAV, die betonen, dass nur die Fachinformationen Berücksichtigung bei der Erstellung der der Hilfstaxe gefunden haben und eine wissenschaftliche Diskussion im Rahmen der Abrechnungspraxis vermieden werden soll.

Auf den konkreten Fall übertragen, bedeutet dies Folgendes: Zunächst ist festzuhalten, dass die Klägerin unter validierten, kontrollierten aseptischen Bedingungen arbeitet der Reinraumklasse A arbeitet, so dass hinsichtlich der mikrobiellen Stabilität der Zubereitungen keinerlei Bedenken bestehen. Es kann also ausschließlich auf die chemisch-physikalische Stabilität ankommen.

Für folgende von der Klägerin verwendete Arzneimittel ergibt sich aus den Fachinformationen hinsichtlich der chemisch-physikalischen Stabilität eine von 24 h abweichende Angabe:

Für Cetuximab (Arzneimittel Erbitux) ist eine chemische und physikalische Stabilität der angebrochenen Erbitux 5 mg/ml Infusionslösung über 48 Stunden belegt. Da ausweichlich der Abrechnungsübersicht der Beklagten über den Monat März Cetuximab jeweils erst später als 48 h erneut verwendet wurde (01.03. nächste Verwendung 05.03.; 05.03. nächste Verwendung 12.03.; 12.03. nächste Verwendung 15.03.; 15.03. nächste Verwendung 19.03.; 22.03. nächste Verwendung 29.03.; 29.03. nächste Verwendung nicht mehr im März) ist auch unter Zugrundelegung der Fachinformation der Verwurf unvermeidbar gewesen.

Für Trastuzumab (Herceptin) ist nach der Fachinformation die rekonstituierte Lösung physikalisch und chemisch 48 Stunden bei 2°C - 8°C stabil. Da ausweichlich der Abrechnungsübersicht der Beklagten über den Monat März Trastuzumab jeweils erst später als 48 h erneut verwendet wurde (15.03. nächste Verwendung 19.03.; 28.03. nächste Verwendung nicht mehr im März) ist auch unter Zugrundelegung der Fachinformation der Verwurf unvermeidbar gewesen.

Für Fluorouracil (5-FU medac) ist nach der Fachinformation die chemische und physikalische In-use-Stabilität der gebrauchsfertigen Infusionslösung bei 2-8 °C oder Raumtemperatur (20 °C bis 25 °C) für bis zu 7 Tage nachgewiesen.

Für Doxorubicinhydrochlorid (Adrimedac) ist nach der Fachinformation die chemische und physikalische Inuse-Stabilität der gebrauchsfertigen Infusionslösung bei 2-8°C oder Raumtemperatur (20°C bis 25°C) für bis zu 7 Tage nachgewiesen.

Für die übrigen Arzneimittel ergibt sich entweder gar keine Angabe oder eine Stabilität von maximal 24 h.

Soweit von der Beklagten vorgetragen wurde, dass die Fachinformationen keine Angaben zu der Haltbarkeit von Anbrüchen machen, sondern nur von den gebrauchsfertigen Infusionslösungen, so scheint dies zumindest bei Cetuximab (Erbitux) und Trastuzumab (Herceptin) nicht der Fall zu sein, denn die Fachinformation spricht von der Stabilität der angebrochenen Infusionslösung bzw. der rekonstituierten Lösung. In beiden Fällen war der Verwurf jedoch nicht unvermeidbar, da auch unter Zugrundelegung der Fachinformation der Verwurf unvermeidbar war.

Für die beiden übrigen Arzneimittel (Fluorouracil und Doxurubicin) liegt eine relevante Abweichung zwischen Hilfstaxe (24 h) und Fachinformation (7 Tage) vor. Da jedoch diese Fachinformationen keine Angabe zu der Haltbarkeit des Anbruchs machen, sondern sich ausschließlich auf die gebrauchsfertige Lösung beziehen, kann mangels konkreter Angaben kein Verstoß gegen die Angaben in der Fachinformation festgestellt werden. Die Beklagte hat wiederholt darauf hingewiesen, dass sich die chemisch-physikalische Stabilität der gebrauchsfertigen Infusionslösung und diejenige der Stammlösung unterscheiden. Die Angaben zur physikalischen-chemischen Stabilität der gebrauchsfertigen Infusionslösung können daher nicht auf diejenige der Stammlösung wissenschaftlich extrapoliert werden. Dies zugrunde gelegt liegen daher keine verwertbaren Daten zur Haltbarkeit der Stammlösung in den Fachinformationen vor, so dass mangels verwertbarer anderer Angaben auf die Auffangregelung in der Hilfstaxe zurückgegriffen werde muss.

Die Retaxierungen der Beklagten erfolgten daher zu Unrecht. Der Klage war daher ganz überwiegend stattzugeben. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung weiterer 3310,12 EUR gegenüber der Beklagten.

3. Schließlich kann die Klägerin in entsprechender Anwendung der §§ 288 Abs. 1, 291 Satz 1 BGB Prozesszinsen (5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, vgl. hierzu grundlegend: BSG, Urteil vom 02.11.2010 - B 1 KR 11/10 R; Urteil vom 25.11.2010 - B 3 KR 6/10 R) ab Rechtshängigkeit (hier: § 94 SGG) beanspruchen, was sie bei verständiger Würdigung des Klageantrages auch beantragt hat (vgl. dazu SG Düsseldorf, Urteil vom 08. September 2016 - S 27 KR 629/16 -, Rn. 37, juris; SG Hannover, Urteil vom 29. Januar 2016 - S 86 KR 383/11 - Rn. 38, juris).

4. Die Sprungrevision gem. § 161 SGG war nicht zuzulassen, da die Klägerin dem nicht zugestimmt hat.

5. Die Kostenentscheidung resultiert aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 und § 155 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Nach § 154 VwGO hat der Unterliegende die Kosten zu tragen sowie nach § 155 Abs. 2 VwGO derjenige, der einen Rechtsbehelf zurücknimmt. Wenn die Klage nicht in vollem Umfang abgewiesen wird, werden die Kosten nach § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO verhältnismäßig verteilt. Davon abweichend können einem Beteiligten die Kosten gemäß § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze waren der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die Klägerin hat mit ihrem Antrag im Wesentlichen obsiegt.

6. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit dem Gerichtskostengesetz (GKG). Da der Klageantrag auf eine bezifferte Geldleistung gerichtet war, ist deren Höhe maßgeblich (§ 52 Abs. 3 GKG).
Rechtskraft
Aus
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