Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
30
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 111 P 45/17
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 30 P 4/18 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. November 2017 geändert. Der Klägerin wird für das Klageverfahren S 111 AS 45/17 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt sowie Rechtsanwalt R S, B Straße, B, beigeordnet. Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
In dem zugrundeliegenden Hauptsacheverfahren wendet sich die Klägerin als Erbin ihres im Krankenaus verstorbenen Ehemannes (im Folgenden: Versicherter) im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gegen den Bescheid der Beklagten vom 6. Mai 2016, mit dem diese wegen des Versterbens des Versicherten am 9. April 2016 überzahlte Leistungen der Pflegeversicherung in Höhe von 595,40 Euro für den Monat April 2016 (458,- Euro Pflegegeld, zuzüglich einer Nachzahlung von 137,40 Euro für den Monat Februar 2016) und in Höhe von 458,- Euro für den Monat Mai 2016, insgesamt 1.053,40 Euro, geltend macht. Der Versicherte bezog seit dem 1. April 2013 Leistungen aus der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II (Bewilligungsbescheid vom 30. April 2013). Ab 8. Januar 2016 befand er sich in stationärer Krankenbehandlung des St. G Krankenhauses, im Anschluss daran hielt er sich im Fachkrankenhaus für neurologische Frührehabilitation auf, wo er am 9. April 2016 verstarb. Wegen der stationären Krankenbehandlung und medizinischen Rehabilitation ruhte der Anspruch des Klägers ab 5. Februar 2016. Dennoch nahm die Beklagte die Pflegegeldzahlung ab 1. April 2016 wieder auf, (wohl) nachdem das Fachkrankenhaus für neurologische Frührehabilitation (noch) mit Schreiben vom 8. März 2016 die Entlassung des Versicherten für Anfang April 2016 in Aussicht stellte.
Mit Beschluss vom 27. November 2017 lehnte das Sozialgericht Berlin den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. In dem Bescheid vom 30. April 2013 sei der Pflegebedürftige darauf hingewiesen worden, dass das Pflegegeld unter bestimmten Voraussetzungen ruhe, unter anderem bei einer vollständigen Krankenhausbehandlung ab dem 29. Tag des Aufenthalts und dass dann eine Verrechnung bzw. Rückforderung folge. Der Pflegebedürftige bzw. seine Rechtsnachfolgerin habe daher damit rechnen müssen, dass erbrachte Leistungen zurückerstattet werden müssten. Der Versicherte habe sich unstreitig in der Zeit vom 9. Januar 2016 bis zu seinem Tod in stationärer Krankenhausbehandlung befunden.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten am 11. Dezember 2017 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 9. Januar 2017 Beschwerde erhoben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakte verwiesen, die Gegenstand der Entscheidung waren.
II.
Die gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren (S 111 P 45/17) streitgegenständliche Beschwerde ist zulässig und begründet. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist mit Beschluss vom 27. November 2017 zu Unrecht abgelehnt worden. Die Voraussetzungen hierfür liegen vor.
Nach § 73a Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 114 Abs. 1 S. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. An der "hinreichenden Aussicht auf Erfolg" fehlt es, wenn dieser Erfolg fernliegt (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 7. April 2000,1 BvR 81/00, zitiert nach juris). Eine hinreichende Aussicht dafür, dass die Klägerin im Hauptsacheverfahren einen Anspruch auf Aufhebung des Überprüfungsbescheides vom 28. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Januar 2017 und Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme des Bescheides vom 6. Mai 2016 hat, ist nach der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung nicht fernliegend.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Der mangels Widerspruchsverfahrens bindend gewordene Bescheid der Beklagten vom 6. Mai 2916 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Betrifft die geltend gemachte Rückabwicklung Leistungen zu Gunsten eines Verstorbenen, muss zwischen zu Unrecht vor und nach dessen Tod erbrachten Leistungen unterschieden werden. Erfolgt die rückgängig zu machende Vermögensverschiebung vor dem Tod des Begünstigten oder war sie für einen Zeitraum vor seinem Tod bestimmt, ist zu Gunsten des Erblassers im Sinne von § 50 SGB X eine "Leistung erbracht" worden. War dem Begünstigten gegenüber eine Rückabwicklung noch nicht eingeleitet worden, bestimmt sie sich nach den allgemeinen Regeln des § 50 SGB X in Verbindung mit § 1967 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) (vgl. Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 50 Rn. 15). Auch diesen gegenüber kann der sich aus § 50 SGB X ergebende Erstattungsanspruch aus dem Rückabwicklungsverhältnis durch Verwaltungsakt festgesetzt werden, weil durch den Tod des Begünstigten zwar das Leistungsverhältnis selbst beendet worden ist, nicht aber die währenddessen entstandenen Ansprüche und Verpflichtungen, soweit sie nicht höchstpersönlicher Natur sind, zum Erlöschen gekommen sind (vgl. dazu Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 13. Dezember 2005, B 2 U 16/05 R, zitiert nach juris; Schütze, a.a.O., § 50 Rn. 15). Wurden Leistungen nach dem Tod des Begünstigten weiter erbracht, obwohl der Bewilligungsbescheid (hier vom 30. April 2013) gemäß § 39 Abs. 2 SGB X unwirksam geworden war (vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 2001, B 4 RA 53/01 R, zitiert nach juris), ist eine Überzahlung zu Gunsten Dritter eingetreten. Soweit für deren Rückabwicklung Sonderregelungen wie § 118 Abs. 3 und 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) bestehen, gehen diese dem Erstattungsanspruch nach § 50 SGB X vor (vgl. Schütze, a.a.O., § 50 Rn. 16). Rechtsgrundlage für das Rückerstattungsverlangen der Beklagten gegenüber der Klägerin des am 9. April 2016 verstorbenen Versicherten ist danach für den Zeitraum vom 1. April 2016 bis 9. April 2016 § 50 SGB X in Verbindung mit § 1967 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Danach sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Danach sind nur Leistungen zu erstatten, die aufgrund eines aufgehobenen Verwaltungsakts erbracht worden sind (vgl. Schütze, a.a.O., § 50 Rn. 18). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Bescheid der Beklagten vom 6. Mai 2016 enthält keine Aufhebungsverfügung. In dem Bescheid benennt sie weder den Bewilligungsbescheid vom 30. April 2013 als aufzuhebenden Bescheid für den vorgenannten Zeitraum noch die insoweit maßgebliche Rechtsgrundlage des § 48 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB X (das Pflegegeld war gemäß § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB XI nur bis zum 4. Februar 2016, also dem 28. Tag der stationären Aufnahme, weiterzuzahlen; ab dem 5. Februar 2016 ruhte der Anspruch des Klägers gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB XI, § 71 Abs. 4 SGB XI), sodass eine wirksame Aufhebung der Bewilligung von Pflegegeld für die Zeit vom 1. April 2016 bis 9. April 2016 nicht erfolgt ist (Meßling in Völzke, juris PK-SGB XI, 2. Auflage 2017, § 15 SGB XI Rn. 143 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landessozialgerichts [LSG] Baden-Württemberg, Urteile vom 5. März 2010, L 4 P 4773/08 und L 4 P 2246/09, beide zitiert nach juris). Vorliegend ist davon auszugehen, dass der Be-klagten nicht bewusst gewesen ist, den Bewilligungsbescheid vom 30. April 2013 zumindest für die Zeit vom 1. April 2016 bis 9. April 2016 aufheben zu müssen, um Erstattung der Leistungsgewährung für diese Zeit verlangen zu können. Die Beklagte kann sich daher auch nicht darauf berufen, den (nicht benannten) maßgebenden Bewilligungsbescheid vom 30. April 2013 sinngemäß aufgehoben zu haben. Erst im Überprüfungsverfahren ist ihr die Verpflichtung zur vorherigen Aufhebung offensichtlich klar geworden, wenn sie im Widerspruchsbescheid vom 6. Januar 2017 - wenngleich mit unzutreffender Rechtsgrundlage - ausführt, sie habe mit dem Bescheid vom 6. Mai 2016 einen "förmliche(n) Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid" erlassen. Rechtsgrundlage für das Erstattungsverlangen der Beklagten für die Zeit nach dem Tod des Versicherten bzw. dem Sterbemonat, mithin für den Zeitraum vom 10. April 2016 bis 31. Mai 2016 ist § 37 Abs. 2 Satz 4 in Verbindung mit § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI in entsprechender Anwendung. Die Regelung des § 37 Abs. 2 Satz 4 SGB X ist auch auf die Fälle anzuwenden, bei denen es zu einer Überzahlung von Pflegegeld im Sterbemonat gekommen ist, z.B. wegen des Eintritts eines Ruhenstatbestandes (Gem. Rundschr. der PK zu den leistungsrechtlichen Vorschriften vom 22. Dezember 2016, § 37 Ziff. 2.3 Abs. 2; Diepenbruck in BeckOK Sozialrecht, Stand Juli 2016, § 37 Rn. 23). Nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI sind, soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden sind, sowohl die Personen, die die Geldleistungen unmittelbar in Empfang genommen haben oder an die der entsprechende Betrag durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft auf ein Konto weitergeleitet wurde (Empfänger), als auch die Personen, die als Verfügungsberechtigte über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen oder zugelassen haben (Verfügende), dem Träger der Rentenversicherung zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet. Die Beklagte hat das Pflegegeld für die Zeit nach dem Tod des Versicherten am 9. April 2016 und nach dem Monat, in dem der Versicherte verstorben ist, zu Unrecht erbracht. Mit dem Tod des Berechtigten erledigt sich der der Pflegegeldbewilligung zugrunde liegende Verwaltungsakt (Bescheid vom 30. April 2013) - wie oben bereits ausgeführt - kraft Gesetzes auf andere Weise nach § 39 Abs. 2 SGB X. Da ab 10. April 2016 kein Pflegegeldanspruch mehr bestand, leistete die Beklagte das Pflegegeld für die Zeit nach dem Tod des Versicherten im April 2016 und für Mai 2016 zu Unrecht. Da der Erstattungsanspruch gegen Dritte nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI gegenüber dem Rücküberweisungsanspruch gegen das kontoführende Geldinstitut nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI subsidiär ist, kommt erst dann, wenn das Geldinstitut dem Rentenversicherungsträger (hier: der beklagten Pflegekasse) den Einwand der Entreicherung nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI entgegenhalten kann, der weitere Erstattungsanspruch gegen Dritte in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 24. Oktober 2013, B 13 R 35/12 R, zitiert nach juris; Körner in Kasseler Kommentar, Stand September 2017, Rn. 28b). Ob dies der Fall war, muss den Ermittlungen im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Die Beklagte hat jedenfalls einen vorrangigen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegenüber dem Geldinstitut zu verfolgen, bei dem sich das Konto für die Pflegegeldüberweisungen befindet.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten (§ 73a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, § 177 SGG.
Gründe:
I.
In dem zugrundeliegenden Hauptsacheverfahren wendet sich die Klägerin als Erbin ihres im Krankenaus verstorbenen Ehemannes (im Folgenden: Versicherter) im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gegen den Bescheid der Beklagten vom 6. Mai 2016, mit dem diese wegen des Versterbens des Versicherten am 9. April 2016 überzahlte Leistungen der Pflegeversicherung in Höhe von 595,40 Euro für den Monat April 2016 (458,- Euro Pflegegeld, zuzüglich einer Nachzahlung von 137,40 Euro für den Monat Februar 2016) und in Höhe von 458,- Euro für den Monat Mai 2016, insgesamt 1.053,40 Euro, geltend macht. Der Versicherte bezog seit dem 1. April 2013 Leistungen aus der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II (Bewilligungsbescheid vom 30. April 2013). Ab 8. Januar 2016 befand er sich in stationärer Krankenbehandlung des St. G Krankenhauses, im Anschluss daran hielt er sich im Fachkrankenhaus für neurologische Frührehabilitation auf, wo er am 9. April 2016 verstarb. Wegen der stationären Krankenbehandlung und medizinischen Rehabilitation ruhte der Anspruch des Klägers ab 5. Februar 2016. Dennoch nahm die Beklagte die Pflegegeldzahlung ab 1. April 2016 wieder auf, (wohl) nachdem das Fachkrankenhaus für neurologische Frührehabilitation (noch) mit Schreiben vom 8. März 2016 die Entlassung des Versicherten für Anfang April 2016 in Aussicht stellte.
Mit Beschluss vom 27. November 2017 lehnte das Sozialgericht Berlin den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. In dem Bescheid vom 30. April 2013 sei der Pflegebedürftige darauf hingewiesen worden, dass das Pflegegeld unter bestimmten Voraussetzungen ruhe, unter anderem bei einer vollständigen Krankenhausbehandlung ab dem 29. Tag des Aufenthalts und dass dann eine Verrechnung bzw. Rückforderung folge. Der Pflegebedürftige bzw. seine Rechtsnachfolgerin habe daher damit rechnen müssen, dass erbrachte Leistungen zurückerstattet werden müssten. Der Versicherte habe sich unstreitig in der Zeit vom 9. Januar 2016 bis zu seinem Tod in stationärer Krankenhausbehandlung befunden.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten am 11. Dezember 2017 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 9. Januar 2017 Beschwerde erhoben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakte verwiesen, die Gegenstand der Entscheidung waren.
II.
Die gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren (S 111 P 45/17) streitgegenständliche Beschwerde ist zulässig und begründet. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist mit Beschluss vom 27. November 2017 zu Unrecht abgelehnt worden. Die Voraussetzungen hierfür liegen vor.
Nach § 73a Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 114 Abs. 1 S. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. An der "hinreichenden Aussicht auf Erfolg" fehlt es, wenn dieser Erfolg fernliegt (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 7. April 2000,1 BvR 81/00, zitiert nach juris). Eine hinreichende Aussicht dafür, dass die Klägerin im Hauptsacheverfahren einen Anspruch auf Aufhebung des Überprüfungsbescheides vom 28. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Januar 2017 und Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme des Bescheides vom 6. Mai 2016 hat, ist nach der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung nicht fernliegend.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Der mangels Widerspruchsverfahrens bindend gewordene Bescheid der Beklagten vom 6. Mai 2916 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Betrifft die geltend gemachte Rückabwicklung Leistungen zu Gunsten eines Verstorbenen, muss zwischen zu Unrecht vor und nach dessen Tod erbrachten Leistungen unterschieden werden. Erfolgt die rückgängig zu machende Vermögensverschiebung vor dem Tod des Begünstigten oder war sie für einen Zeitraum vor seinem Tod bestimmt, ist zu Gunsten des Erblassers im Sinne von § 50 SGB X eine "Leistung erbracht" worden. War dem Begünstigten gegenüber eine Rückabwicklung noch nicht eingeleitet worden, bestimmt sie sich nach den allgemeinen Regeln des § 50 SGB X in Verbindung mit § 1967 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) (vgl. Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 50 Rn. 15). Auch diesen gegenüber kann der sich aus § 50 SGB X ergebende Erstattungsanspruch aus dem Rückabwicklungsverhältnis durch Verwaltungsakt festgesetzt werden, weil durch den Tod des Begünstigten zwar das Leistungsverhältnis selbst beendet worden ist, nicht aber die währenddessen entstandenen Ansprüche und Verpflichtungen, soweit sie nicht höchstpersönlicher Natur sind, zum Erlöschen gekommen sind (vgl. dazu Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 13. Dezember 2005, B 2 U 16/05 R, zitiert nach juris; Schütze, a.a.O., § 50 Rn. 15). Wurden Leistungen nach dem Tod des Begünstigten weiter erbracht, obwohl der Bewilligungsbescheid (hier vom 30. April 2013) gemäß § 39 Abs. 2 SGB X unwirksam geworden war (vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 2001, B 4 RA 53/01 R, zitiert nach juris), ist eine Überzahlung zu Gunsten Dritter eingetreten. Soweit für deren Rückabwicklung Sonderregelungen wie § 118 Abs. 3 und 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) bestehen, gehen diese dem Erstattungsanspruch nach § 50 SGB X vor (vgl. Schütze, a.a.O., § 50 Rn. 16). Rechtsgrundlage für das Rückerstattungsverlangen der Beklagten gegenüber der Klägerin des am 9. April 2016 verstorbenen Versicherten ist danach für den Zeitraum vom 1. April 2016 bis 9. April 2016 § 50 SGB X in Verbindung mit § 1967 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Danach sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Danach sind nur Leistungen zu erstatten, die aufgrund eines aufgehobenen Verwaltungsakts erbracht worden sind (vgl. Schütze, a.a.O., § 50 Rn. 18). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Bescheid der Beklagten vom 6. Mai 2016 enthält keine Aufhebungsverfügung. In dem Bescheid benennt sie weder den Bewilligungsbescheid vom 30. April 2013 als aufzuhebenden Bescheid für den vorgenannten Zeitraum noch die insoweit maßgebliche Rechtsgrundlage des § 48 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB X (das Pflegegeld war gemäß § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB XI nur bis zum 4. Februar 2016, also dem 28. Tag der stationären Aufnahme, weiterzuzahlen; ab dem 5. Februar 2016 ruhte der Anspruch des Klägers gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB XI, § 71 Abs. 4 SGB XI), sodass eine wirksame Aufhebung der Bewilligung von Pflegegeld für die Zeit vom 1. April 2016 bis 9. April 2016 nicht erfolgt ist (Meßling in Völzke, juris PK-SGB XI, 2. Auflage 2017, § 15 SGB XI Rn. 143 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landessozialgerichts [LSG] Baden-Württemberg, Urteile vom 5. März 2010, L 4 P 4773/08 und L 4 P 2246/09, beide zitiert nach juris). Vorliegend ist davon auszugehen, dass der Be-klagten nicht bewusst gewesen ist, den Bewilligungsbescheid vom 30. April 2013 zumindest für die Zeit vom 1. April 2016 bis 9. April 2016 aufheben zu müssen, um Erstattung der Leistungsgewährung für diese Zeit verlangen zu können. Die Beklagte kann sich daher auch nicht darauf berufen, den (nicht benannten) maßgebenden Bewilligungsbescheid vom 30. April 2013 sinngemäß aufgehoben zu haben. Erst im Überprüfungsverfahren ist ihr die Verpflichtung zur vorherigen Aufhebung offensichtlich klar geworden, wenn sie im Widerspruchsbescheid vom 6. Januar 2017 - wenngleich mit unzutreffender Rechtsgrundlage - ausführt, sie habe mit dem Bescheid vom 6. Mai 2016 einen "förmliche(n) Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid" erlassen. Rechtsgrundlage für das Erstattungsverlangen der Beklagten für die Zeit nach dem Tod des Versicherten bzw. dem Sterbemonat, mithin für den Zeitraum vom 10. April 2016 bis 31. Mai 2016 ist § 37 Abs. 2 Satz 4 in Verbindung mit § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI in entsprechender Anwendung. Die Regelung des § 37 Abs. 2 Satz 4 SGB X ist auch auf die Fälle anzuwenden, bei denen es zu einer Überzahlung von Pflegegeld im Sterbemonat gekommen ist, z.B. wegen des Eintritts eines Ruhenstatbestandes (Gem. Rundschr. der PK zu den leistungsrechtlichen Vorschriften vom 22. Dezember 2016, § 37 Ziff. 2.3 Abs. 2; Diepenbruck in BeckOK Sozialrecht, Stand Juli 2016, § 37 Rn. 23). Nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI sind, soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden sind, sowohl die Personen, die die Geldleistungen unmittelbar in Empfang genommen haben oder an die der entsprechende Betrag durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft auf ein Konto weitergeleitet wurde (Empfänger), als auch die Personen, die als Verfügungsberechtigte über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen oder zugelassen haben (Verfügende), dem Träger der Rentenversicherung zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet. Die Beklagte hat das Pflegegeld für die Zeit nach dem Tod des Versicherten am 9. April 2016 und nach dem Monat, in dem der Versicherte verstorben ist, zu Unrecht erbracht. Mit dem Tod des Berechtigten erledigt sich der der Pflegegeldbewilligung zugrunde liegende Verwaltungsakt (Bescheid vom 30. April 2013) - wie oben bereits ausgeführt - kraft Gesetzes auf andere Weise nach § 39 Abs. 2 SGB X. Da ab 10. April 2016 kein Pflegegeldanspruch mehr bestand, leistete die Beklagte das Pflegegeld für die Zeit nach dem Tod des Versicherten im April 2016 und für Mai 2016 zu Unrecht. Da der Erstattungsanspruch gegen Dritte nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI gegenüber dem Rücküberweisungsanspruch gegen das kontoführende Geldinstitut nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI subsidiär ist, kommt erst dann, wenn das Geldinstitut dem Rentenversicherungsträger (hier: der beklagten Pflegekasse) den Einwand der Entreicherung nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI entgegenhalten kann, der weitere Erstattungsanspruch gegen Dritte in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 24. Oktober 2013, B 13 R 35/12 R, zitiert nach juris; Körner in Kasseler Kommentar, Stand September 2017, Rn. 28b). Ob dies der Fall war, muss den Ermittlungen im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Die Beklagte hat jedenfalls einen vorrangigen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegenüber dem Geldinstitut zu verfolgen, bei dem sich das Konto für die Pflegegeldüberweisungen befindet.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten (§ 73a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, § 177 SGG.
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