Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 3 P 36/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 P 8/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 19. April 2000 sowie der Bescheid der Beklagten vom 18. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. April 1998 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger das Pflegegeld nach der Pflegestufe II ab 01. Dezember 1997 auszuzahlen. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach der Pflegestufe II aus der Pflegeversicherung mit Wirkung zum 01. Dezember 1997.
Der am ... 1982 geborene Kläger leidet an einer frühkindlichen Hirnschädigung und daraus folgenden ataktischen Bewegungsstörungen. Der Kläger ist schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 zunächst mit den Merkzeichen H, G, aG und B (Bescheid des Amtes für Soziales und Versorgung Cottbus vom 16. März 1993), seit 2000 mit den Merkzeichen G, aG und B (Bescheid des Amtes für Soziales und Versorgung Cottbus vom 15. Juni 2000).
Bis zum Juni 1999 wohnte er in der Fachschule für Körperbehinderte in H ... Nach dem Schulabschluss wohnt er nach eigenen Angaben wieder bei seinen Eltern und ist in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig.
Der Kläger beantragte bereits im Februar 1991 Leistungen wegen Schwerpflegebedürftigkeit aus der gesetzlichen Krankenversicherung (häusliche Pflegehilfe als Urlaubspflege). Nach Vorlage eines ärztlichen Befundberichtes des Facharztes für Orthopädie Dr. med. H. (Allgemeinbildende Polytechnische Oberschule für Körperbehinderte/Medizinischer Bereich/H.) vom 15. Januar 1991 lehnte die AOK Brandenburg den Antrag mit Bescheid vom 31. Mai 1991 zunächst ab. Nach Vorlage weiterer Behandlungsunterlagen des Arztes für Neuropsychiatrie für Kinder, Jugendliche und Erwachsene Kielgast vom 17. August 1993 holte die AOK Brandenburg ein Pflegegutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung im Land Brandenburg (MDK) ein. Nach dem bei der AOK Brandenburg am 23. November 1993 eingegangenen MDK-Gutachten des Facharztes für Innere Medizin Dr. M. litt der Kläger an einer frühkindlichen Hirnschädigung mit Kleinhirnfehlbildung, Spracheinschränkung, geistiger Retardierung und psychosozialer Entwicklungsstörung. Es bestehe eine erhebliche hypoton-ataktische Bewegungsstörung der oberen und unteren Extremitäten mit verminderter Kraftentfaltung, Standataxie, ataktischem Gang. Nur wenige Schritte seien unter Anhalten an Gegenständen möglich. Weiterhin bestehe als Folge der infantilen Cerebralparese eine hochgradige Sprachentwicklungsstörung und Debilität. Hilfebedarf sei für nahezu alle täglichen Verrichtungen des täglichen Lebens notwendig (Körperpflege, Nahrungszubereitung, Kommunikation, Fortbewegung). Die Pflege- und Versorgungssituation könne nicht verbessert werden, eine Nachuntersuchung könne in 2 Jahren empfohlen werden. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses MDK-Gutachtens wird auf Blatt 9 bis 15 der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Mit Bescheid vom 16. Dezember 1993 bewilligte daraufhin die AOK Brandenburg dem Kläger häusliche Pflegehilfe ab dem 16. Juli 1993.
Aufgrund eines weiteren nach Aktenlage erstellten Gutachtens des MDK vom 06. Mai 1994, wegen dessen Inhalts im Einzelnen auf Blatt 18 und 19 der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen wird, bewilligte die AOK Brandenburg mit Bescheid vom 23. Juni 1994 dem Kläger Leistungen bei Schwerpflegebedürftigkeit ab dem 01. Januar 1991.
Nach dem Vorbringen der Beklagten erhielten alle Versicherten, die bis zum 31. März 1995 Leistungen bei Schwerpflegebedürftigkeit nach den §§ 53 ff. des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) erhalten hatten, also auch der Kläger bzw. dessen Vertreter, einen gleichlautenden Musterbescheid, in dem ihnen u. a. mitgeteilt wurde, sie erhielten ab 01.April 1995 automatisch Leistungen der Pflegestufe II nach dem Pflegeversicherungsgesetz (PflegeVG).
Mit Schreiben vom 31. Juli 1996 teilte die Beklagte der Mutter des Klägers u. a. mit, sie erhalte für die Pflege im häuslichen Bereich ambulante Pflegeleistungen (Geldleistungen in der Pflegestufe II in Höhe von 800 DM monatlich), auf die die wegen des Aufenthalts des Klägers in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe gewährten Leistungen der vollstationären Pflege anzurechnen seien. Mit Schreiben vom 18. März 1997 teilte die Beklagte der Mutter des Klägers mit, der Kläger erhalte seit dem 01. April 1995 Leistungen aus der Pflegeversicherung (Pflegegeld). Der Gesetzgeber schreibe nach einiger Zeit eine Nachbegutachtung der Pflegebedürftigkeit vor. Mit dieser sei der MDK beauftragt worden.
In dem MDK-Gutachten vom 28. April 1997 stellte der Gutachter Dr. med. Henoch aufgrund einer Untersuchung des Klägers vom 21. April 1997 als pflegebegründende Diagnosen fest:
"ICD: 343 frühkindliche Hirnschädigung mit psychomotorischer Verlangsamung und cerebraler Bewegungsstörung;
ICD: 317 Oligophrenie vom Grad der Debilität."
Der Kläger leide unter einer frühkindlichen Hirnschädigung mit Oligophrenie von ausgeprägtem Grad der Lernbehinderung (Debilität), ausgeprägter psychomotorischer Verlangsamung und Migräneanfällen. Hilfebedarf bestehe bei der Körperpflege beim Baden durch Hilfe beim Einstieg sowie beim ordnungsgemäßen Abtrocknen des Körpers wegen sonst möglicher Hautschädigung bei empfindlicher Haut. Im Bereich der Ernährung bestehe teilweise Hilfebedarf bei der mundgerechten Zubereitung der Nahrung und im Bereich der Mobilität bestehe Hilfebedarf beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zu Arztbesuchen. Der Hilfebedarf in den definierten Verrichtungen des § 14 Abs. 4 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) sei nicht so erheblich, dass er die Voraussetzungen für die Pflegestufe I erreiche.
Mit Schreiben vom 28. Mai 1997 teilte die Beklagte der Mutter des Klägers daraufhin mit, sie habe ihr für ihren Sohn eine Leistung der Pflegestufe II nach dem Pflege-Versicherungsgesetz ab 01. April 1995 zugebilligt. Für die Beurteilung des Vorliegens von Pflegebedürftigkeit im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes und insbesondere zur Feststellung der jeweils zutreffenden Pflegestufe sei vom MDK jeweils eine gutachterliche Stellungnahme einzuholen. Im Ergebnis der medizinischen Begutachtung am 21. April 1997 habe durch den Gutachter ein deutlicher Besserungsnachweis und damit ein wesentlich geringerer Pflegebedarf als bei der Erstbegutachtung festgestellt werden können. Danach könne bei dem Kläger zum aktuellen Begutachtungszeitpunkt weder eine erhebliche noch eine höhere Pflegebedürftigkeit nachgewiesen werden. Aufgrund des vorliegenden Begutachtungsergebnisses habe die Beklagte die Absicht, die Leistung der Pflegestufe mit Ablauf des Monats der Erteilung des Einstellungsbescheides einzustellen. Im Rahmen der nach § 24 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) durchzuführenden Anhörung werde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Mit Schreiben vom 23. Juni 1997 wandte sich die Mutter des Klägers gegen die Einstellung der Leistungen bei Pflegebedürftigkeit für den Kläger. Mit Schreiben vom 01. September 1997 übersandte die Mutter des Klägers eine Übersicht über den täglichen Zeitbedarf für den Kläger für die Bereiche Körperpflege, Ernährung, An- und Ausziehen, Mobilität, Besuch Logopädie, Physiotherapie, Schwimmen und Begleitung zum Frisör, Optiker, Arztbesuch; wegen des Inhalts des Schreibens vom 01. September 1997 nebst Anlage im Einzelnen wird auf Blatt 33 und 34 der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Die Beklagte veranlasste daraufhin ein weiteres Gutachten des MDK vom 11. November 1997, welches auf einer Untersuchung des Klägers vom 20. Oktober 1997 beruhte. In diesem Gutachten wurden u. a. festgestellt eine frühkindliche Hirnschädigung mit Oligophrenie von ausgeprägtem Grad der Lernbehinderung (Debilität), ausgeprägte psychomotorische Verlangsamung, Migräneanfälle. Der Kläger habe eine schlaffe Haltung, ausgeprägt verlangsamte Bewegung, ausgeprägte Knickfüße, leichte spastische Bewegungsstörungen, laufe frei, aber unsicher. Einbeinstand sei sehr unsicher und nur kurzzeitig möglich. Der Kläger habe bei einigen täglichen Verrichtungen der Körperpflege, der Ernährung und auch der Mobilität einen geringen Hilfebedarf. Dieser bestehe vorwiegend aus kleinen Handreichungen, so z. B. müssten dem Kläger beim Abtrocknen und Eincremen geholfen oder Knöpfe geschlossen und Schuhe gebunden werden. Ansonsten sei der Kläger weitgehend selbstständig. Der Zeitaufwand aller pflegerischen Maßnahmen betrage im Tagesdurchschnitt 23 Minuten, dazu komme noch die Hauswirtschaft. Die Voraussetzungen für eine Pflegestufe nach dem SGB XI seien nicht erfüllt. Wegen des Inhalts des MDK-Gutachtens vom 11. November 1997 wird auf Blatt 35 bis 41 der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Mit Bescheid vom 18. November 1997 teilte die Beklagte der Mutter des Klägers mit: " ... unter Bezugnahme auf unser Schreiben vom 28. Mai 1997 teilten wir Ihnen mit, dass unser Bescheid vom Dezember 1993, durch welchen für Ihr Kind Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach dem SGB V und später Leistungen der Pflegestufe II nach § 37 SGB XI gewährt worden sind, zum 30. November 1997 aufgehoben wird, da die Kriterien für das Vorliegen von Schwerpflegebedürftigkeit im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes als nicht erfüllt anzusehen sind. Auch nach erneuter Begutachtung vom 20. Oktober 1997 liegt Pflegebedürftigkeit im Sinne des Pflege-Versicherungsgesetzes nicht vor. Die Entscheidungsgründe wurden Ihnen mit Schreiben vom 28. Mai 1997 bereits ausführlich dargelegt."
Den hiergegen vom Kläger am 19. Dezember 1997 erhobenen Widerspruch, dem eine Anlage "Täglicher Zeitbedarf für meinen Sohn Marco", wegen deren Inhalts im Einzelnen auf Blatt 47 und 48 der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen wird, beigefügt war, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09. April 1998 zurück. Das Vorliegen der Voraussetzungen für Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung sei durch den MDK bei der Nachbegutachtung sowie im Rahmen der Widerspruchsbegutachtung jeweils nach Untersuchung im häuslichen Bereich abgeklärt worden. Das sozialmedizinische Gutachten vom 06. Mai 1994 nach Aktenlage, erstellt von Frau Dr. B., habe ausgeführt, dass bei dem Kläger die Voraussetzungen einer Schwerpflegebedürftigkeit (Pflegestufe II) vorlägen. Die Begutachtung und rückwirkende Bewilligung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens seien anhand der vorliegenden medizinischen Unterlagen erfolgt. Eine Nachbegutachtung sei am 18. März 1997 veranlasst worden, ein entsprechender Hausbesuch habe dazu am 21. April 1997 durch Herrn Dr. Henoch vom MDK stattgefunden. Im Ergebnis dieser Begutachtung seien die Gründe für die beabsichtigte Einstellung der Pflegeversicherungsleistungen im Schreiben vom 28. Mai 1997 ausführlich dargelegt und gleichzeitig die Möglichkeit einer Anhörung eingeräumt worden. Eine erneute Begutachtung aufgrund von Einwänden der Mutter des Klägers sei am 20. Oktober 1997 mit erneuten Hausbesuch durch Frau M. (Pflegefachkraft des MDK) erfolgt. Im Ergebnis dessen sei resümierend festzustellen, dass die Voraussetzungen einer Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI bei dem Kläger zur Zeit nicht mehr als erfüllt anzusehen seien. Die Leistungen der Pflegestufe II seien daher mit Bescheid vom 18. November 1997 zum 30. November 1997 eingestellt worden. Wegen des Inhalts des Widerspruchsbescheides vom 09. April 1998 im Einzelnen wird auf Blatt 61 bis 67 der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Am 06. Mai 1998 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Cottbus Klage erhoben. Schwerpflegebedürftigkeit bestehe aufgrund frühkindlicher Hirnschädigung, Kleinhirnfehlbildung, schwerer Entwicklungsverzögerung, geistiger Retardierung, psychosozialer Entwicklungsstörung, die zu erheblichen Behinderungen und Beeinträchtigungen, insbesondere der Fein- und Grobmotorik beitrage und einen ausgeprägten Grad der Lernbehinderung (Debilität) herbeiführe. Es bestehe eine ausgeprägte psychomotorische Verlangsamung. Diese Beeinträchtigungen und Behinderungen führten zu einer erheblichen Hilfebedürftigkeit hinsichtlich der gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, zumindest für die Dauer von weiteren 6 Monaten. Es bestehe zumindest eine erhebliche Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe I. Der wöchentliche Zeitaufwand, den seine Mutter für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötige, betrage im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten, wobei auf den Bereich der Grundpflege insgesamt etwa 50 Minuten entfielen.
Die Beklagte hat sich auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid bezogen und eine ergänzende Begutachtung durch den MDK veranlasst. Der Arzt Dr. Sann und die Pflegefachkraft P. haben in ihrem Gutachten vom 03. November 1998, welches auf einem Hausbesuch am 27. Oktober 1998 beruhte, folgende pflegebegründende Befunde festgestellt:
"4.1. Allgemeinbefund - mäßig,
Gewicht ca. 55 kg, sehr schlank, Größe ca. 175, motorisch verlangsamt.
4.2. Funktionelle Einschränkungen
4.2.1. des Stütz- und Bewegungsapparates - mäßig
- ataktisches Gangbild mit ausgeprägten Gleichgewichtsstörungen
- Laufen innerhalb der Wohnung durch Festhalten an Einrichtungsgegenständen allein möglich
- Störung der Feinmotorik
4.2.2. der inneren Organe - keine
4.2.3. der Sinnesorgane - mäßig
Visusminderung (Brillenträger), Gehör intakt
4.2.4. des ZNS und der Psyche - mäßig
- frühkindliche Hirnschädigung mit Lernbehinderung
- psychomotorische Verlangsamung
Desorientierung - keine
Bewusstseinslage - wach
4.2.5. pflegebegründende Diagnose (n):
Hauptdiagnose (343) frühkindliche Hirnschädigung mit Einschränkungen der Mobilität und Feinmotorik
Weitere Hauptdiagnose (n): (317) Oligophrenie vom Grad der Debilität".
Der Zeitaufwand für die Körperpflege, die Ernährung und die Mobilität betrage insgesamt 30 Minuten pro Tag, der Gesamtaufwand für die hauswirtschaftliche Versorgung betrage 45 Minuten pro Tag. Pflegebedürftigkeit liege nicht vor. Wegen des Inhalts des Gutachtens des MDK vom 03. November 1998 im Einzelnen wird auf Blatt 22 bis 32 der Gerichtsakten verwiesen.
Mit Urteil vom 19. April 2000 hat das Sozialgericht Cottbus die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Pflegegeld nach § 37 SGB XI, weil er nicht mehr in einem leistungsauslösenden Umfang pflegebedürftig sei. Unter Berücksichtigung der eingeholten Gutachten und des aufgestellten Zeitplans des Klägers sowie der informatorischen Befragung der gesetzlichen Vertreter des Klägers halte das Gericht einen Grundpflegebedarf von mehr als 45 Minuten täglich nicht für gegeben. Unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers sowie der eingeholten Gutachten sei ein Pflegebedarf von 34,5 Minuten täglich zugrunde zu legen.
Gegen das den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 28. Juni 2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26. Juli 2000 Berufung bei dem Landessozialgericht für das Land Brandenburg eingelegt. Das Sozialgericht habe unzutreffend einen Grundpflegebedarf von nur 34,5 Minuten festgestellt. Nicht berücksichtigt seien Zeiten für Haarwäsche und Ohrpflege in Höhe von wöchentlich 13 Minuten gleich täglich 2 Minuten, Treppensteigen beim Begleiten zum Pkw zwecks Schulbesuchs und zum Bus in Höhe von weiteren 2 Minuten täglich, Zeiten für den Besuch der Logopädie, der Physiotherapie und zum Schwimmen mit einem täglichen Zeitbedarf von 9,5 Minuten täglich sowie ein weiterer Zeitbedarf von 4 Minuten für die mundgerechte Zubereitung der Nahrung. Dies ergebe einen Gesamtgrundpflegebedarf von 52 Minuten täglich. 17,5 Minuten für den Grundpflegebedarf seien seitens des Sozialgerichts Cottbus nicht in Ansatz gebracht worden.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 19. April 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. April 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm das Pflegegeld nach der Pflegestufe II ab 01. Dezember 1997 auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus, nach Art. 45 PflegeVG hätten alle pflegebedürftigen Versicherten, die bis zum 31. März 1995 Leistungen bei Schwerpflegebedürftigkeit nach den § 53 ff. SGB VI erhielten, mit Wirkung vom 01. April 1995 ohne Antragstellung die Pflegestufe II erhalten. Sie habe daher die Versicherten über den Dienstleister SYSTEMFORM im Rahmen einer abgestimmten Aktion anschreiben lassen. Die Versicherten hätten dann einen gleichlautenden Musterbescheid erhalten. Am 21. April 1997 habe eine erneute Untersuchung des Klägers stattgefunden, in dem Gutachten vom 28. April 1997 sei festgestellt worden, dass keine Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe II bzw. Pflegestufe I mehr vorliege. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts könne ein Versicherter, der in den Anwendungsbereich der Bestandsschutzregelung des Art. 45 PflegeVG falle, in die Pflegestufe I herabgestuft oder vom Leistungsbezug ganz ausgeschlossen werden, wenn sich der Pflegebedarf durch Umstände verringert habe, die seit dem 01. April 1995 eingetreten seien. Für die Frage, ob eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse wesentlich sei, sei auf den bei Erlass des Ausgangsbescheides maßgeblichen Rechtszustand abzustellen. Die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich seit dem Erlass des Bewilligungsbescheides vom 23. April 1994 wesentlich geändert. Gemäß dem MDK-Gutachten vom 23. November 1993 sei der Kläger in allen 18 definierten Verrichtungen ganz oder teilweise auf die Hilfe einer dritten Person angewiesen und damit schwerpflegebedürftig im Sinne des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) gewesen. Sie habe daraufhin die Ergebnisse der Gutachten vom 28. April 1997, 20. Oktober 1997 und 27. Oktober 1998 entsprechend den Entscheidungskriterien des Bundessozialgerichts dargestellt. Hierbei habe dargelegt werden können, dass anhand des Gutachtens vom 28. April 1997 nur noch ein Hilfebedarf bei 6 und bei den Gutachten vom 20. Oktober 1997 und 27. Oktober 1998 nur noch bei 8 definierten Verrichtungen habe festgestellt werden können, so dass im Jahre 1997 die damaligen Voraussetzungen der Schwerpflegebedürftigkeit gemäß §§ 53 ff. SGB V alter Fassung (a. F.) nicht mehr erfüllt gewesen seien. Selbst wenn bereits im Jahre 1993/1994 die Kriterien für die Schwerpflegebedürftigkeit nach dem SGB XI zugrunde gelegt worden wären, hätte der Kläger nach dem MDK-Gutachten vom 23. November 1993 die Pflegestufe II gemäß dem SGB XI erhalten müssen. Aus der Aufstellung der einzelnen Verrichtungen sei zu entnehmen, dass der Kläger in nahezu allen Bereichen gelegentlich, häufig oder ständig Hilfe benötigt habe. Bei einer Zusammenrechnung des Hilfebedarfs für die einzelnen Verrichtungen habe sich ein täglicher Grundpflegebedarf von über 2 Stunden berechnet. Gemäß dem MDK-Gutachten habe der Kläger für die hauswirtschaftlichen Verrichtungen ständig Hilfe benötigt, so dass auch nach den heutigen Maßstäben der Kläger im Jahre 1993/1994 schwerpflegebedürftig (Pflegestufe II) im Sinne des SGB XI gewesen wäre. Gemäß der MDK-Gutachten vom 20. Oktober 1997 und 27. Oktober 1998 sei auf die Grundpflege nur noch ein zeitlicher Pflegeumfang von 23 Minuten pro Tag bzw. 30 Minuten pro Tag entfallen. Im Jahr 1997 habe folglich keine Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI mehr vorgelegen. Aufgrund des Umstandes, dass der Kläger im Jahre 1994 schwerpflegebedürftig im Sinne der § 53 ff. SGB V a. F. gewesen sei, des seinerzeit relativ jungen Alters des Klägers und der Tatsache, dass eine Besserung des Pflegebedarfs erst allmählich eingetreten sei, sei ersichtlich, dass der Kläger am 01. April 1995 immer noch schwerpflegebedürftig gewesen sei. Dem MDK habe für sein Gutachten vom 21. April 1997 das ärztliche Zeugnis des Gesundheitsamtes H. vom 31. Mai 1995 vorgelegen. Der Beklagten sei der Inhalt des ärztlichen Zeugnisses zwar nicht bekannt gewesen, sie gehe jedoch davon aus, dass das Zeugnis bestätige, dass der Kläger am 01. April 1995 schwerpflegebedürftig gewesen sei. Einen anderen Rückschluss ließen die MDK-Gutachten nicht zu. Selbst wenn der Kläger am 01. April 1995 nur noch einen Pflegebedarf gehabt hätte, der der Pflegestufe I nach dem SGB XI entsprochen habe, wäre seit dem 01. April 1995 eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten, da für den Kläger im Jahr 1997 kein ausreichender Hilfebedarf mehr festgestellt habe werden können. Der Aufhebungsbescheid vom 18. November 1997 sei rechtmäßig und ausreichend begründet. Er benenne zwar nicht ausdrücklich die Aufhebungsvorschrift des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (hier § 48 (SGB X)). Die ausdrückliche Nennung der Rücknahme- bzw. Aufhebungsvorschrift sei jedoch nicht zwingend erforderlich. Ein Rücknahmebescheid nach § 45 SGB X könne beispielsweise auch in einen Aufhebungsbescheid nach § 48 SGB X umgedeutet werden. Der Kläger habe anhand des Bescheides eindeutig erkennen können, dass der Bescheid aufgehoben werde. Der Aufhebungsbescheid vom 18. November 1997 leide auch ansonsten an keinem Begründungsmangel. Der Bescheid verweise hinsichtlich der Entscheidungsgründe auf das Anhörungsschreiben vom 28. Mai 1997. Ungeachtet dessen, dass sie bei Erlass des Aufhebungsbescheides gemäß § 48 Abs. 1 SGB X kein Ermessen auszuüben gehabt habe, da sie zur Aufhebung verpflichtet gewesen sei, könnten Begründungsfehler gemäß § 41 Abs. 2 SGB X bis zur letzten Tatsacheninstanz geheilt werden. Die zum 01. Januar 2001 geänderte Vorschrift des § 41 Abs. 2 SGB X sei auch auf den vorliegenden noch anhängigen Rechtsstreit anzuwenden. Spätestens durch ihren Vortrag in diesem Klageverfahren wäre ein Begründungsfehler geheilt worden. Sie habe sowohl in dem Anhörungsschreiben vom 28. Mai 1997 als auch in dem Widerspruchsbescheid vom 09. April 1998 den Zustand aus dem Jahr 1994 mit dem durch den MDK seit 1997 festgestellten tatsächlichen Verhältnissen ausreichend miteinander verglichen.
Der Senat hat einen Bericht der logopädischen Praxis Schreiber vom 19. November 2000 sowie die für die Jahre 1986 bis 2000 geführte Patientenkartei beigezogen, wegen deren Inhalts im Einzelnen nebst Anlagen auf Blatt 123, 124 und 176 der Gerichtsakten verwiesen wird. Darüber hinaus hat der Senat einen Bericht der Physiotherapeutin D. der Dr. F.-W.-Schule. für Körperbehinderte H. vom 21.November 2000, einen Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin B. R. vom 19. Januar 2001 sowie einen "Kurzbefund" vom 25. Juni 2003 dieser Ärztin und Behandlungsunterlagen der Augenärztin Dr. med. G. aus den Jahren 1991 bis 2002 beigezogen, wegen deren Inhalts im Einzelnen auf Blatt 126, 127, 132 bis 143, 173 und 179 bis 180 der Gerichtsakten verwiesen wird.
Die Dr. F.-W.-Schule./Sonderpädagogisches Förderzentrum für Körperbehinderte H. hat mit Schreiben vom 30. Juni 2003 mitgeteilt, für den Zeitraum 1994/1995 und 1997 lägen keine Behandlungsunterlagen für den Kläger mehr vor, und auf den Bericht vom November 2000 (der Physiotherapeutin D.) hingewiesen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten, der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Verwaltungsakten des Versorgungsamtes Cottbus (Gesch.-Z.: ...), die der Entscheidung zugrunde lagen, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden können, weil die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erteilt haben.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes - zur Zeit der Berufungseinlegung im Jahre 2000 - 1.000 DM übersteigt und im Übrigen die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist auch begründet. Das Sozialgericht Cottbus hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.
Die von dem Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 08. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. April 1998 erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) ist zulässig. Zwar hätte es zur Durchsetzung des Begehrens an sich ausgereicht, lediglich eine isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) zu erheben. Mit der angestrebten Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 18. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. April 1998 wäre der seit dem 01. Dezember 1997 aufgehobene, dem Kläger Leistungen ab dem 01. April 1995 bewilligende so genannte "Musterbescheid" (ohne Datum) wieder uneingeschränkt anzuwenden gewesen, das heißt die bewilligte Leistung hätte rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Zahlungseinstellung (30. November 1997) nachgezahlt werden müssen, auch ohne dass dies im Urteilstenor ausdrücklich angeordnet wird. Die mit der Anfechtungsklage verbundene Leistungsklage, die auch die zusätzliche Verurteilung der Beklagten zur Auszahlung der ab 01. November 1997 fällig gewordenen Beträge gerichtet ist, erweist sich somit im Grunde zwar als überflüssig. Dennoch ist die Leistungsklage nicht unzulässig. Das Rechtsschutzinteresse ist zu bejahen, weil der begehrte Ausspruch zur Klarstellung der Rechtslage dient und dem Kläger einen Titel mit vollstreckungsfähigem, die sofortige Durchsetzung des Auszahlungsanspruchs ermöglichendem Inhalt verschafft (so BSG SozR 3-3300 § 18 Nr. 2 m.w.N.).
Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 18. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. April 1998 ist rechtswidrig. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Nachzahlung des ab 01. April 1995 bewilligten Pflegegeldes für die Zeit ab 01. Dezember 1997 zu.
Es kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob die Beklagte den Kläger vorliegend zu der vorgesehenen Aufhebung der Leistungsbewilligung ab 01. Dezember 1997 im Sinne des § 24 SGB X ordnungsgemäß angehört hat und ob diesbezüglich § 41 Abs. 2 SGB X in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung anzuwenden ist (vgl. hierzu BSG SozR 3-1300 § 24 Nr. 22), denn die Voraussetzungen der hier einzig in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen des § 45 SGB X oder des § 48 SGB X für die von der Beklagten vorgenommene Entscheidung, die weitere Leistungsbewilligung ab 01. Dezember 1997 einzustellen, liegen nicht vor.
Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Er darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Abs. 2 Satz 1). Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Abs. 2 nur bis zum Ablauf von 2 Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden (Abs. 3 Satz 1). § 45 SGB X scheidet als Rechtsgrundlage zum einen deshalb aus, weil vorliegend die nach Abs. 3 Satz 1 maßgebende Zweijahresfrist für die Erteilung des Rücknahmebescheides abgelaufen war und Gründe für ein Eingreifen der Zehnjahresfrist nach § 45 Abs. 4 SGB X nicht vorliegen. Zum anderen kommt § 45 SGB X deshalb nicht in Betracht, weil es wegen der Bestandsschutzregelung des Art. 45 PflegeVG an der Rechtswidrigkeit einer eventuell von Anfang zu günstigen Überleitung in die Pflegestufe II fehlt. Art. 45 PflegeVG regelt, dass eine erneute Antragstellung bei Bezug von Leistungen wegen Schwerpflegebedürftigkeit nach den §§ 53 ff. SGB V a. F. für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XI ab 01. April 1995 nicht erforderlich ist und diese nach der Pflegestufe II, auf Antrag und bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen auch nach der Pflegestufe III, gewährt werden. Mit der pauschalen Überführung aller Leistungsempfänger nach den § 53 ff. SGB V a. F. in die Pflegestufe II hat der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen, dass in Einzelfällen auch solche Versicherte in den Genuss von Leistungen nach der Pflegestufe II kommen, die nach den Kriterien der §§ 14 und 15 SGB XI lediglich in die Pflegestufe I oder sogar in die so genannte Pflegestufe "null" hätten eingeordnet werden dürfen. Eine Herabstufung dieser Pflegebedürftigen in die Pflegestufe I wegen von Anfang zu günstiger Einstufung kommt daher schon aus Rechtsgründen (partieller Bestandsschutz) nicht in Betracht. Wegen des partiellen Bestandsschutzes fehlt es an der Rechtswidrigkeit der von Anfang eventuell zur günstigen Überleitung in die Pflegestufe II (BSG SozR 3-3300 § 18 Nr. 2; BSG Urteil vom 30. Oktober 2002 - B 3 P 7/01 R - soweit ersichtlich nicht veröffentlicht - red. Leitsatz in Soziale Sicherheit 2002, 400).
Eine Aufhebung der Leistungsbewilligung ab 01. Dezember 1997 nach § 48 SGB X kommt ebenfalls nicht in Betracht. § 48 SGB X ist, wie das BSG (a.a.O.) ausgeführt hat, grundsätzlich auf Fälle - wie hier - anwendbar und nicht durch Art. 45 PflegeVG als generelle Bestandsschutzregelung ausgeschlossen. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch ebenfalls nicht erfüllt und auch durch wiederholte Untersuchungen und Begutachtungen durch den MDK nicht zu erfüllen. Dies ergibt sich daraus, dass der allein auf dem vorangegangenen Leistungsbezug nach den §§ 53 ff. SGB V a. F. beruhende, von der aktuellen Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen ab 01. April 1995 unabhängige partielle Bestandsschutz des Art. 45 PflegeVG im Rahmen des § 48 SGB X zu beachten ist, auch soweit es um die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse geht. Dies hat zur Folge, dass Versicherte, die nach Art. 45 PflegeVG pauschal der Pflegestufe II zugeordnet worden sind, nur dann gemäß § 48 SGB X in die Pflegestufe I herabgestuft werden können, wenn sich ihr Pflegebedarf nach dem 31. März 1995 aufgrund tatsächlicher Umstände, wie z. B. einer gesundheitlichen Besserung, durch Ausstattung mit Hilfsmitteln oder durch Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Umfelds, in solchem Maße verringert hat, dass nur noch ein Pflegebedarf in den sachlichen und zeitlichen Grenzen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 1 SGB XI (Pflegestufe I) vorhanden ist. Eine Herabstufung bei gegenüber dem Zustand vom 31. März 1995 nach Art und Umfang unverändertem Hilfebedarf, das heißt bei fehlender nachträglicher wesentlicher Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X, ist ausgeschlossen (BSG SozR 3-3300 § 18 Nr. 2; BSG Urteil vom 30. Oktober 2001 - B 3 P 7/01 R). Für die Frage, ob eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse wesentlich ist, ist nach der Rechtsprechung des BSG auf den bei Erlass des Ausgangsbescheides maßgebenden Rechtszustand abzustellen. Denn nach der aufgezeigten Systematik der Übergangsregelung sollte es auf die Erfüllung der ab dem 01. April 1995 maßgebenden Anspruchsvoraussetzungen gerade nicht ankommen. Auch ein von Anfang an rechtswidriger Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann wegen der Änderung der Verhältnisse mit Wirkung für die Zukunft abgeändert werden, selbst wenn er wegen der ursprünglichen Rechtswidrigkeit nicht mehr (nach § 45 SGB X) zurückgenommen werden kann (vgl. BSGE 67, 204 = SozR 3-3870 § 4 Nr. 1). Welche Änderungen zum Anlass genommen werden dürfen, den Verwaltungsakt für die Zukunft abzuändern, kann im Einzelfall zweifelhaft sein; die Änderung der Verhältnisse darf nicht bloßer Anlass sein, den bislang unberechtigten, aber bestandsgeschützten Vorteil auf diese Weise zu entziehen (vgl. dazu Steinwedel, in Kasseler Komm., § 48 SGB X Rz. 29 ff.).
Vorliegend ist nach den von der Beklagten eingeholten Gutachten des MDK bzw. den sonstigen vom Sozialgericht bzw. dem erkennenden Senat eingeholten ärztlichen Befundberichten schon nicht feststellbar, ob in den für die frühere Leistungsgewährung bei Erlass des Ausgangsbescheides (vom 16. Dezember 1993 bzw. 23. Juni 1994) maßgebenden Verhältnissen, insbesondere beim Umfang des Pflegebedarfs, nach dem 31. März 1995 überhaupt eine Änderung zu Lasten des Klägers bzw. falls tatsächlich eine Änderung des berücksichtigungsfähigen Pflegebedarfs eingetreten sein sollte, ob diese Änderung nicht schon vor dem 01. April 1995 mit der Folge eingetreten war, dass ein berücksichtigungsfähiger Pflegebedarf bereits am 01. April 1995 nur noch in dem Umfang der Pflegestufe I oder sogar der Pflegestufe "null" bestand.
Da das beim Kläger bestehende Leidensbild nach ärztlicher Auffassung unverändert geblieben ist und Änderungen des Pflegeumfeldes keine Rolle spielten, konnte eine wesentliche Änderung des berücksichtigungsfähigen Pflegebedarfs nur aus dem fortgeschrittenen Alter des Klägers abgeleitet werden. Hieraus könnte jedoch allenfalls eine Erhöhung des Pflegebedarfs resultieren, denn beim Kläger war im Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides - auch auf der Grundlage des früheren Rechtszustandes (vgl. BSG SozR 3-2500 § 53 Nr. 8 S. 60 f.) - ein höherer Zeitabschlag für den bei gleichaltrigen gesunden Kindern anfallenden Pflegebedarf anzusetzen als im Zeitpunkt der Aufhebung dieses Bescheides. Das fortgeschrittene Lebensalter hat sich beim Kläger dagegen nicht bedarfsmindernd ausgewirkt.
In dem ersten Gutachten des Dr. med. M. für den MDK, eingegangen bei der Beklagten am 23. November 1993, wurden als pflegebegründende Diagnosen "frühkindliche Hirnschädigung mit Kleinhirnfehlbildung, Spracheinschränkung, geistiger Retardierung, psychosoziale Entwicklungsstörung" und als Folge dieser beim Kläger Funktionseinschränkungen "Ataxie beim Gehen, nur wenige Schritte sind unter Anhalten an Gegenständen möglich, erhebliche Standataxie" festgestellt. Hinsichtlich des Geisteszustands wurde "Debilität" diagnostiziert. Nach dem MDK-Gutachten des Dr. M. war ein Hilfebedarf (nach den Vorschriften des SGB V a. F.) für nahezu alle täglichen Verrichtungen des täglichen Lebens notwendig (Körperpflege, Nahrungszubereitung, Kommunikation, Fortbewegung); unter dem Punkt "Pflege- und Versorgungssituation" wurde ausgeführt: "Durch die frühkindliche Hirnschädigung hat sich eine erhebliche Störung in der Fein- und Grobmotorik herausgebildet. Zusätzlich besteht eine Teilaphasie mit hochgradiger Sprachstörung. Infolge dieser Schädigung kann das Kind nur wenige Schritte unter Anhalten an Gegenständen gehen, Sprachverständigung sehr eingeschränkt, ebenso die Mobilität. Fremdhilfebedarf ist deshalb für nahezu alle Verrichtungen des täglichen Lebens notwendig. Die Versorgungssituation ist angepasst und deckt den notwendigen Hilfebedarf." Unter Ziffer 9 "Prognose und Beurteilung" wurde angekreuzt, die Pflege- und Versorgungssituation kann nicht verbessert werden, die Möglichkeit "die Pflege- und Versorgungssituation kann verbessert werden", wurde nicht angekreuzt. Der Gutachter empfahl eine Nachuntersuchung in zwei Jahren.
In einem weiteren MDK-Gutachten der Frau Dr. med. B., erstellt nach Aktenlage im Mai 1994, wurde ausgehend von dem von Dr. M. festgestellten Gesundheitszustand des Klägers zwar Schwerpflegebedürftigkeit bejaht, jedoch auch prognostiziert, dass die Pflege- und Versorgungssituation verbessert werden könne und eine Nachuntersuchung in zwei Jahren empfohlen. Auch hieraus wird deutlich, dass im Mai 1994 keine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes des Klägers hat festgestellt werden können. Die Prognose der Dr. B., die Pflege- und Versorgungssituation könne verbessert werden, zeigt zwar auf, dass dieser Ärztin eine Änderung möglich erschien, lässt aber - für eine Prognose nachvollziehbar - offen, ab wann und durch welche Umstände die Pflege- und Versorgungssituation verbessert werden könnte. Insoweit ergibt sich kein Anhalt für die Feststellung, ob und ab wann eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen bezüglich des Gesundheitszustandes bzw. Pflegeumfangs eingetreten ist.
Aus den im Rahmen des Entziehungsverfahrens im Jahre 1997 eingeholten Gutachten vom 28. April 1997 und 11. November 1997 ergibt sich, ebenso wie aus den eingeholten ärztlichen und logopädischen Befundberichten, soweit für die Zeiträume 1994/1995 und 1997 überhaupt Unterlagen vorliegen, dass das beim Kläger bestehende Leidensbild nach ärztlicher Auffassung vollkommen unverändert geblieben ist und die bestehenden Leiden einen Dauerzustand darstellen, der unstreitig und unzweifelhaft eine Besserung ausschließt. Pflegeerleichterungen durch Bereitstellung spezieller Hilfsmittel oder Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds sind von den Beteiligten weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich. Weshalb eine Verringerung des berücksichtigungsfähigen Pflegebedarfs gegenüber dem Zustand zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides bei unverändertem Gesundheitszustand des Klägers erst nach dem 31. März 1995, nicht aber bereits zwischen dem Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides und dem 01. April 1995 eingetreten sein soll, ist - wie ausgeführt - aus den Gutachten des MDK nicht ersichtlich. Änderungen des Pflegebedarfs dürften sich allenfalls aufgrund des fortgeschrittenen Lebensalters des Klägers, geboren 1982, ergeben; hieraus könnte jedoch eine Erhöhung des Pflegebedarfs resultieren, denn angesichts des höheren Lebensalters wäre ein geringerer Zeitabschlag beim anfallenden Pflegebedarf anzusetzen.
Zur Überzeugung des Senats ist somit für den hier maßgebenden von der Beklagten herangezogenen Zeitpunkt (30. November 1997) keine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X im Hinblick auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides feststellbar. Es ist - wie ausgeführt - nicht auszuschließen, dass der von der Beklagten in den MDK-Gutachten vom 28. April 1997 und 11. November 1997 festgestellte Pflegebedarf (Pflegestufe "null") auf Seiten des Klägers auch bereits am 31. März 1995 bzw. vor dem 01. April 1995 in diesem Umfang mit der Folge bestanden hat, dass eine Änderung des Pflegebedarfs nach dem 31. März 1995 nicht eingetreten wäre. Grundsätzlich trägt aber die Beklagte bei einer auf § 48 SGB X gestützten Aufhebung die volle Beweislast dafür, dass eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen (hier nach dem 31. März 1995) eingetreten ist. Dieser Beweis ist jedoch auch unter Berücksichtigung der MDK-Gutachten vom 28. April 1997 und 11. November 1997 und der vom Senat eingeholten weiteren ärztlichen Unterlagen betr. die Zeiträume 1994/1995 und 1997 nicht erbracht.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. April 1998 lässt im Übrigen auch nicht erkennen, worin die nach Auffassung der Beklagten nunmehr im Berufungsverfahren geltend gemachten Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse zu sehen sind. In dem Bescheid vom 18. November 1997 wird lediglich unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 28. Mai 1997 mitgeteilt, dass der Bescheid vom Dezember 1993 zum 30. November 1997 aufgehoben wird, "da die Kriterien für das Vorliegen von Schwerpflegebedürftigkeit im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes als nicht erfüllt anzusehen sind". Eine Darstellung, worin die Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse liegen sollen, ist darin nicht zu sehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach der Pflegestufe II aus der Pflegeversicherung mit Wirkung zum 01. Dezember 1997.
Der am ... 1982 geborene Kläger leidet an einer frühkindlichen Hirnschädigung und daraus folgenden ataktischen Bewegungsstörungen. Der Kläger ist schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 zunächst mit den Merkzeichen H, G, aG und B (Bescheid des Amtes für Soziales und Versorgung Cottbus vom 16. März 1993), seit 2000 mit den Merkzeichen G, aG und B (Bescheid des Amtes für Soziales und Versorgung Cottbus vom 15. Juni 2000).
Bis zum Juni 1999 wohnte er in der Fachschule für Körperbehinderte in H ... Nach dem Schulabschluss wohnt er nach eigenen Angaben wieder bei seinen Eltern und ist in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig.
Der Kläger beantragte bereits im Februar 1991 Leistungen wegen Schwerpflegebedürftigkeit aus der gesetzlichen Krankenversicherung (häusliche Pflegehilfe als Urlaubspflege). Nach Vorlage eines ärztlichen Befundberichtes des Facharztes für Orthopädie Dr. med. H. (Allgemeinbildende Polytechnische Oberschule für Körperbehinderte/Medizinischer Bereich/H.) vom 15. Januar 1991 lehnte die AOK Brandenburg den Antrag mit Bescheid vom 31. Mai 1991 zunächst ab. Nach Vorlage weiterer Behandlungsunterlagen des Arztes für Neuropsychiatrie für Kinder, Jugendliche und Erwachsene Kielgast vom 17. August 1993 holte die AOK Brandenburg ein Pflegegutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung im Land Brandenburg (MDK) ein. Nach dem bei der AOK Brandenburg am 23. November 1993 eingegangenen MDK-Gutachten des Facharztes für Innere Medizin Dr. M. litt der Kläger an einer frühkindlichen Hirnschädigung mit Kleinhirnfehlbildung, Spracheinschränkung, geistiger Retardierung und psychosozialer Entwicklungsstörung. Es bestehe eine erhebliche hypoton-ataktische Bewegungsstörung der oberen und unteren Extremitäten mit verminderter Kraftentfaltung, Standataxie, ataktischem Gang. Nur wenige Schritte seien unter Anhalten an Gegenständen möglich. Weiterhin bestehe als Folge der infantilen Cerebralparese eine hochgradige Sprachentwicklungsstörung und Debilität. Hilfebedarf sei für nahezu alle täglichen Verrichtungen des täglichen Lebens notwendig (Körperpflege, Nahrungszubereitung, Kommunikation, Fortbewegung). Die Pflege- und Versorgungssituation könne nicht verbessert werden, eine Nachuntersuchung könne in 2 Jahren empfohlen werden. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses MDK-Gutachtens wird auf Blatt 9 bis 15 der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Mit Bescheid vom 16. Dezember 1993 bewilligte daraufhin die AOK Brandenburg dem Kläger häusliche Pflegehilfe ab dem 16. Juli 1993.
Aufgrund eines weiteren nach Aktenlage erstellten Gutachtens des MDK vom 06. Mai 1994, wegen dessen Inhalts im Einzelnen auf Blatt 18 und 19 der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen wird, bewilligte die AOK Brandenburg mit Bescheid vom 23. Juni 1994 dem Kläger Leistungen bei Schwerpflegebedürftigkeit ab dem 01. Januar 1991.
Nach dem Vorbringen der Beklagten erhielten alle Versicherten, die bis zum 31. März 1995 Leistungen bei Schwerpflegebedürftigkeit nach den §§ 53 ff. des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) erhalten hatten, also auch der Kläger bzw. dessen Vertreter, einen gleichlautenden Musterbescheid, in dem ihnen u. a. mitgeteilt wurde, sie erhielten ab 01.April 1995 automatisch Leistungen der Pflegestufe II nach dem Pflegeversicherungsgesetz (PflegeVG).
Mit Schreiben vom 31. Juli 1996 teilte die Beklagte der Mutter des Klägers u. a. mit, sie erhalte für die Pflege im häuslichen Bereich ambulante Pflegeleistungen (Geldleistungen in der Pflegestufe II in Höhe von 800 DM monatlich), auf die die wegen des Aufenthalts des Klägers in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe gewährten Leistungen der vollstationären Pflege anzurechnen seien. Mit Schreiben vom 18. März 1997 teilte die Beklagte der Mutter des Klägers mit, der Kläger erhalte seit dem 01. April 1995 Leistungen aus der Pflegeversicherung (Pflegegeld). Der Gesetzgeber schreibe nach einiger Zeit eine Nachbegutachtung der Pflegebedürftigkeit vor. Mit dieser sei der MDK beauftragt worden.
In dem MDK-Gutachten vom 28. April 1997 stellte der Gutachter Dr. med. Henoch aufgrund einer Untersuchung des Klägers vom 21. April 1997 als pflegebegründende Diagnosen fest:
"ICD: 343 frühkindliche Hirnschädigung mit psychomotorischer Verlangsamung und cerebraler Bewegungsstörung;
ICD: 317 Oligophrenie vom Grad der Debilität."
Der Kläger leide unter einer frühkindlichen Hirnschädigung mit Oligophrenie von ausgeprägtem Grad der Lernbehinderung (Debilität), ausgeprägter psychomotorischer Verlangsamung und Migräneanfällen. Hilfebedarf bestehe bei der Körperpflege beim Baden durch Hilfe beim Einstieg sowie beim ordnungsgemäßen Abtrocknen des Körpers wegen sonst möglicher Hautschädigung bei empfindlicher Haut. Im Bereich der Ernährung bestehe teilweise Hilfebedarf bei der mundgerechten Zubereitung der Nahrung und im Bereich der Mobilität bestehe Hilfebedarf beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zu Arztbesuchen. Der Hilfebedarf in den definierten Verrichtungen des § 14 Abs. 4 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) sei nicht so erheblich, dass er die Voraussetzungen für die Pflegestufe I erreiche.
Mit Schreiben vom 28. Mai 1997 teilte die Beklagte der Mutter des Klägers daraufhin mit, sie habe ihr für ihren Sohn eine Leistung der Pflegestufe II nach dem Pflege-Versicherungsgesetz ab 01. April 1995 zugebilligt. Für die Beurteilung des Vorliegens von Pflegebedürftigkeit im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes und insbesondere zur Feststellung der jeweils zutreffenden Pflegestufe sei vom MDK jeweils eine gutachterliche Stellungnahme einzuholen. Im Ergebnis der medizinischen Begutachtung am 21. April 1997 habe durch den Gutachter ein deutlicher Besserungsnachweis und damit ein wesentlich geringerer Pflegebedarf als bei der Erstbegutachtung festgestellt werden können. Danach könne bei dem Kläger zum aktuellen Begutachtungszeitpunkt weder eine erhebliche noch eine höhere Pflegebedürftigkeit nachgewiesen werden. Aufgrund des vorliegenden Begutachtungsergebnisses habe die Beklagte die Absicht, die Leistung der Pflegestufe mit Ablauf des Monats der Erteilung des Einstellungsbescheides einzustellen. Im Rahmen der nach § 24 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) durchzuführenden Anhörung werde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Mit Schreiben vom 23. Juni 1997 wandte sich die Mutter des Klägers gegen die Einstellung der Leistungen bei Pflegebedürftigkeit für den Kläger. Mit Schreiben vom 01. September 1997 übersandte die Mutter des Klägers eine Übersicht über den täglichen Zeitbedarf für den Kläger für die Bereiche Körperpflege, Ernährung, An- und Ausziehen, Mobilität, Besuch Logopädie, Physiotherapie, Schwimmen und Begleitung zum Frisör, Optiker, Arztbesuch; wegen des Inhalts des Schreibens vom 01. September 1997 nebst Anlage im Einzelnen wird auf Blatt 33 und 34 der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Die Beklagte veranlasste daraufhin ein weiteres Gutachten des MDK vom 11. November 1997, welches auf einer Untersuchung des Klägers vom 20. Oktober 1997 beruhte. In diesem Gutachten wurden u. a. festgestellt eine frühkindliche Hirnschädigung mit Oligophrenie von ausgeprägtem Grad der Lernbehinderung (Debilität), ausgeprägte psychomotorische Verlangsamung, Migräneanfälle. Der Kläger habe eine schlaffe Haltung, ausgeprägt verlangsamte Bewegung, ausgeprägte Knickfüße, leichte spastische Bewegungsstörungen, laufe frei, aber unsicher. Einbeinstand sei sehr unsicher und nur kurzzeitig möglich. Der Kläger habe bei einigen täglichen Verrichtungen der Körperpflege, der Ernährung und auch der Mobilität einen geringen Hilfebedarf. Dieser bestehe vorwiegend aus kleinen Handreichungen, so z. B. müssten dem Kläger beim Abtrocknen und Eincremen geholfen oder Knöpfe geschlossen und Schuhe gebunden werden. Ansonsten sei der Kläger weitgehend selbstständig. Der Zeitaufwand aller pflegerischen Maßnahmen betrage im Tagesdurchschnitt 23 Minuten, dazu komme noch die Hauswirtschaft. Die Voraussetzungen für eine Pflegestufe nach dem SGB XI seien nicht erfüllt. Wegen des Inhalts des MDK-Gutachtens vom 11. November 1997 wird auf Blatt 35 bis 41 der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Mit Bescheid vom 18. November 1997 teilte die Beklagte der Mutter des Klägers mit: " ... unter Bezugnahme auf unser Schreiben vom 28. Mai 1997 teilten wir Ihnen mit, dass unser Bescheid vom Dezember 1993, durch welchen für Ihr Kind Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach dem SGB V und später Leistungen der Pflegestufe II nach § 37 SGB XI gewährt worden sind, zum 30. November 1997 aufgehoben wird, da die Kriterien für das Vorliegen von Schwerpflegebedürftigkeit im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes als nicht erfüllt anzusehen sind. Auch nach erneuter Begutachtung vom 20. Oktober 1997 liegt Pflegebedürftigkeit im Sinne des Pflege-Versicherungsgesetzes nicht vor. Die Entscheidungsgründe wurden Ihnen mit Schreiben vom 28. Mai 1997 bereits ausführlich dargelegt."
Den hiergegen vom Kläger am 19. Dezember 1997 erhobenen Widerspruch, dem eine Anlage "Täglicher Zeitbedarf für meinen Sohn Marco", wegen deren Inhalts im Einzelnen auf Blatt 47 und 48 der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen wird, beigefügt war, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09. April 1998 zurück. Das Vorliegen der Voraussetzungen für Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung sei durch den MDK bei der Nachbegutachtung sowie im Rahmen der Widerspruchsbegutachtung jeweils nach Untersuchung im häuslichen Bereich abgeklärt worden. Das sozialmedizinische Gutachten vom 06. Mai 1994 nach Aktenlage, erstellt von Frau Dr. B., habe ausgeführt, dass bei dem Kläger die Voraussetzungen einer Schwerpflegebedürftigkeit (Pflegestufe II) vorlägen. Die Begutachtung und rückwirkende Bewilligung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens seien anhand der vorliegenden medizinischen Unterlagen erfolgt. Eine Nachbegutachtung sei am 18. März 1997 veranlasst worden, ein entsprechender Hausbesuch habe dazu am 21. April 1997 durch Herrn Dr. Henoch vom MDK stattgefunden. Im Ergebnis dieser Begutachtung seien die Gründe für die beabsichtigte Einstellung der Pflegeversicherungsleistungen im Schreiben vom 28. Mai 1997 ausführlich dargelegt und gleichzeitig die Möglichkeit einer Anhörung eingeräumt worden. Eine erneute Begutachtung aufgrund von Einwänden der Mutter des Klägers sei am 20. Oktober 1997 mit erneuten Hausbesuch durch Frau M. (Pflegefachkraft des MDK) erfolgt. Im Ergebnis dessen sei resümierend festzustellen, dass die Voraussetzungen einer Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI bei dem Kläger zur Zeit nicht mehr als erfüllt anzusehen seien. Die Leistungen der Pflegestufe II seien daher mit Bescheid vom 18. November 1997 zum 30. November 1997 eingestellt worden. Wegen des Inhalts des Widerspruchsbescheides vom 09. April 1998 im Einzelnen wird auf Blatt 61 bis 67 der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Am 06. Mai 1998 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Cottbus Klage erhoben. Schwerpflegebedürftigkeit bestehe aufgrund frühkindlicher Hirnschädigung, Kleinhirnfehlbildung, schwerer Entwicklungsverzögerung, geistiger Retardierung, psychosozialer Entwicklungsstörung, die zu erheblichen Behinderungen und Beeinträchtigungen, insbesondere der Fein- und Grobmotorik beitrage und einen ausgeprägten Grad der Lernbehinderung (Debilität) herbeiführe. Es bestehe eine ausgeprägte psychomotorische Verlangsamung. Diese Beeinträchtigungen und Behinderungen führten zu einer erheblichen Hilfebedürftigkeit hinsichtlich der gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, zumindest für die Dauer von weiteren 6 Monaten. Es bestehe zumindest eine erhebliche Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe I. Der wöchentliche Zeitaufwand, den seine Mutter für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötige, betrage im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten, wobei auf den Bereich der Grundpflege insgesamt etwa 50 Minuten entfielen.
Die Beklagte hat sich auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid bezogen und eine ergänzende Begutachtung durch den MDK veranlasst. Der Arzt Dr. Sann und die Pflegefachkraft P. haben in ihrem Gutachten vom 03. November 1998, welches auf einem Hausbesuch am 27. Oktober 1998 beruhte, folgende pflegebegründende Befunde festgestellt:
"4.1. Allgemeinbefund - mäßig,
Gewicht ca. 55 kg, sehr schlank, Größe ca. 175, motorisch verlangsamt.
4.2. Funktionelle Einschränkungen
4.2.1. des Stütz- und Bewegungsapparates - mäßig
- ataktisches Gangbild mit ausgeprägten Gleichgewichtsstörungen
- Laufen innerhalb der Wohnung durch Festhalten an Einrichtungsgegenständen allein möglich
- Störung der Feinmotorik
4.2.2. der inneren Organe - keine
4.2.3. der Sinnesorgane - mäßig
Visusminderung (Brillenträger), Gehör intakt
4.2.4. des ZNS und der Psyche - mäßig
- frühkindliche Hirnschädigung mit Lernbehinderung
- psychomotorische Verlangsamung
Desorientierung - keine
Bewusstseinslage - wach
4.2.5. pflegebegründende Diagnose (n):
Hauptdiagnose (343) frühkindliche Hirnschädigung mit Einschränkungen der Mobilität und Feinmotorik
Weitere Hauptdiagnose (n): (317) Oligophrenie vom Grad der Debilität".
Der Zeitaufwand für die Körperpflege, die Ernährung und die Mobilität betrage insgesamt 30 Minuten pro Tag, der Gesamtaufwand für die hauswirtschaftliche Versorgung betrage 45 Minuten pro Tag. Pflegebedürftigkeit liege nicht vor. Wegen des Inhalts des Gutachtens des MDK vom 03. November 1998 im Einzelnen wird auf Blatt 22 bis 32 der Gerichtsakten verwiesen.
Mit Urteil vom 19. April 2000 hat das Sozialgericht Cottbus die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Pflegegeld nach § 37 SGB XI, weil er nicht mehr in einem leistungsauslösenden Umfang pflegebedürftig sei. Unter Berücksichtigung der eingeholten Gutachten und des aufgestellten Zeitplans des Klägers sowie der informatorischen Befragung der gesetzlichen Vertreter des Klägers halte das Gericht einen Grundpflegebedarf von mehr als 45 Minuten täglich nicht für gegeben. Unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers sowie der eingeholten Gutachten sei ein Pflegebedarf von 34,5 Minuten täglich zugrunde zu legen.
Gegen das den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 28. Juni 2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26. Juli 2000 Berufung bei dem Landessozialgericht für das Land Brandenburg eingelegt. Das Sozialgericht habe unzutreffend einen Grundpflegebedarf von nur 34,5 Minuten festgestellt. Nicht berücksichtigt seien Zeiten für Haarwäsche und Ohrpflege in Höhe von wöchentlich 13 Minuten gleich täglich 2 Minuten, Treppensteigen beim Begleiten zum Pkw zwecks Schulbesuchs und zum Bus in Höhe von weiteren 2 Minuten täglich, Zeiten für den Besuch der Logopädie, der Physiotherapie und zum Schwimmen mit einem täglichen Zeitbedarf von 9,5 Minuten täglich sowie ein weiterer Zeitbedarf von 4 Minuten für die mundgerechte Zubereitung der Nahrung. Dies ergebe einen Gesamtgrundpflegebedarf von 52 Minuten täglich. 17,5 Minuten für den Grundpflegebedarf seien seitens des Sozialgerichts Cottbus nicht in Ansatz gebracht worden.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 19. April 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. April 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm das Pflegegeld nach der Pflegestufe II ab 01. Dezember 1997 auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus, nach Art. 45 PflegeVG hätten alle pflegebedürftigen Versicherten, die bis zum 31. März 1995 Leistungen bei Schwerpflegebedürftigkeit nach den § 53 ff. SGB VI erhielten, mit Wirkung vom 01. April 1995 ohne Antragstellung die Pflegestufe II erhalten. Sie habe daher die Versicherten über den Dienstleister SYSTEMFORM im Rahmen einer abgestimmten Aktion anschreiben lassen. Die Versicherten hätten dann einen gleichlautenden Musterbescheid erhalten. Am 21. April 1997 habe eine erneute Untersuchung des Klägers stattgefunden, in dem Gutachten vom 28. April 1997 sei festgestellt worden, dass keine Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe II bzw. Pflegestufe I mehr vorliege. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts könne ein Versicherter, der in den Anwendungsbereich der Bestandsschutzregelung des Art. 45 PflegeVG falle, in die Pflegestufe I herabgestuft oder vom Leistungsbezug ganz ausgeschlossen werden, wenn sich der Pflegebedarf durch Umstände verringert habe, die seit dem 01. April 1995 eingetreten seien. Für die Frage, ob eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse wesentlich sei, sei auf den bei Erlass des Ausgangsbescheides maßgeblichen Rechtszustand abzustellen. Die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich seit dem Erlass des Bewilligungsbescheides vom 23. April 1994 wesentlich geändert. Gemäß dem MDK-Gutachten vom 23. November 1993 sei der Kläger in allen 18 definierten Verrichtungen ganz oder teilweise auf die Hilfe einer dritten Person angewiesen und damit schwerpflegebedürftig im Sinne des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) gewesen. Sie habe daraufhin die Ergebnisse der Gutachten vom 28. April 1997, 20. Oktober 1997 und 27. Oktober 1998 entsprechend den Entscheidungskriterien des Bundessozialgerichts dargestellt. Hierbei habe dargelegt werden können, dass anhand des Gutachtens vom 28. April 1997 nur noch ein Hilfebedarf bei 6 und bei den Gutachten vom 20. Oktober 1997 und 27. Oktober 1998 nur noch bei 8 definierten Verrichtungen habe festgestellt werden können, so dass im Jahre 1997 die damaligen Voraussetzungen der Schwerpflegebedürftigkeit gemäß §§ 53 ff. SGB V alter Fassung (a. F.) nicht mehr erfüllt gewesen seien. Selbst wenn bereits im Jahre 1993/1994 die Kriterien für die Schwerpflegebedürftigkeit nach dem SGB XI zugrunde gelegt worden wären, hätte der Kläger nach dem MDK-Gutachten vom 23. November 1993 die Pflegestufe II gemäß dem SGB XI erhalten müssen. Aus der Aufstellung der einzelnen Verrichtungen sei zu entnehmen, dass der Kläger in nahezu allen Bereichen gelegentlich, häufig oder ständig Hilfe benötigt habe. Bei einer Zusammenrechnung des Hilfebedarfs für die einzelnen Verrichtungen habe sich ein täglicher Grundpflegebedarf von über 2 Stunden berechnet. Gemäß dem MDK-Gutachten habe der Kläger für die hauswirtschaftlichen Verrichtungen ständig Hilfe benötigt, so dass auch nach den heutigen Maßstäben der Kläger im Jahre 1993/1994 schwerpflegebedürftig (Pflegestufe II) im Sinne des SGB XI gewesen wäre. Gemäß der MDK-Gutachten vom 20. Oktober 1997 und 27. Oktober 1998 sei auf die Grundpflege nur noch ein zeitlicher Pflegeumfang von 23 Minuten pro Tag bzw. 30 Minuten pro Tag entfallen. Im Jahr 1997 habe folglich keine Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI mehr vorgelegen. Aufgrund des Umstandes, dass der Kläger im Jahre 1994 schwerpflegebedürftig im Sinne der § 53 ff. SGB V a. F. gewesen sei, des seinerzeit relativ jungen Alters des Klägers und der Tatsache, dass eine Besserung des Pflegebedarfs erst allmählich eingetreten sei, sei ersichtlich, dass der Kläger am 01. April 1995 immer noch schwerpflegebedürftig gewesen sei. Dem MDK habe für sein Gutachten vom 21. April 1997 das ärztliche Zeugnis des Gesundheitsamtes H. vom 31. Mai 1995 vorgelegen. Der Beklagten sei der Inhalt des ärztlichen Zeugnisses zwar nicht bekannt gewesen, sie gehe jedoch davon aus, dass das Zeugnis bestätige, dass der Kläger am 01. April 1995 schwerpflegebedürftig gewesen sei. Einen anderen Rückschluss ließen die MDK-Gutachten nicht zu. Selbst wenn der Kläger am 01. April 1995 nur noch einen Pflegebedarf gehabt hätte, der der Pflegestufe I nach dem SGB XI entsprochen habe, wäre seit dem 01. April 1995 eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten, da für den Kläger im Jahr 1997 kein ausreichender Hilfebedarf mehr festgestellt habe werden können. Der Aufhebungsbescheid vom 18. November 1997 sei rechtmäßig und ausreichend begründet. Er benenne zwar nicht ausdrücklich die Aufhebungsvorschrift des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (hier § 48 (SGB X)). Die ausdrückliche Nennung der Rücknahme- bzw. Aufhebungsvorschrift sei jedoch nicht zwingend erforderlich. Ein Rücknahmebescheid nach § 45 SGB X könne beispielsweise auch in einen Aufhebungsbescheid nach § 48 SGB X umgedeutet werden. Der Kläger habe anhand des Bescheides eindeutig erkennen können, dass der Bescheid aufgehoben werde. Der Aufhebungsbescheid vom 18. November 1997 leide auch ansonsten an keinem Begründungsmangel. Der Bescheid verweise hinsichtlich der Entscheidungsgründe auf das Anhörungsschreiben vom 28. Mai 1997. Ungeachtet dessen, dass sie bei Erlass des Aufhebungsbescheides gemäß § 48 Abs. 1 SGB X kein Ermessen auszuüben gehabt habe, da sie zur Aufhebung verpflichtet gewesen sei, könnten Begründungsfehler gemäß § 41 Abs. 2 SGB X bis zur letzten Tatsacheninstanz geheilt werden. Die zum 01. Januar 2001 geänderte Vorschrift des § 41 Abs. 2 SGB X sei auch auf den vorliegenden noch anhängigen Rechtsstreit anzuwenden. Spätestens durch ihren Vortrag in diesem Klageverfahren wäre ein Begründungsfehler geheilt worden. Sie habe sowohl in dem Anhörungsschreiben vom 28. Mai 1997 als auch in dem Widerspruchsbescheid vom 09. April 1998 den Zustand aus dem Jahr 1994 mit dem durch den MDK seit 1997 festgestellten tatsächlichen Verhältnissen ausreichend miteinander verglichen.
Der Senat hat einen Bericht der logopädischen Praxis Schreiber vom 19. November 2000 sowie die für die Jahre 1986 bis 2000 geführte Patientenkartei beigezogen, wegen deren Inhalts im Einzelnen nebst Anlagen auf Blatt 123, 124 und 176 der Gerichtsakten verwiesen wird. Darüber hinaus hat der Senat einen Bericht der Physiotherapeutin D. der Dr. F.-W.-Schule. für Körperbehinderte H. vom 21.November 2000, einen Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin B. R. vom 19. Januar 2001 sowie einen "Kurzbefund" vom 25. Juni 2003 dieser Ärztin und Behandlungsunterlagen der Augenärztin Dr. med. G. aus den Jahren 1991 bis 2002 beigezogen, wegen deren Inhalts im Einzelnen auf Blatt 126, 127, 132 bis 143, 173 und 179 bis 180 der Gerichtsakten verwiesen wird.
Die Dr. F.-W.-Schule./Sonderpädagogisches Förderzentrum für Körperbehinderte H. hat mit Schreiben vom 30. Juni 2003 mitgeteilt, für den Zeitraum 1994/1995 und 1997 lägen keine Behandlungsunterlagen für den Kläger mehr vor, und auf den Bericht vom November 2000 (der Physiotherapeutin D.) hingewiesen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten, der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Verwaltungsakten des Versorgungsamtes Cottbus (Gesch.-Z.: ...), die der Entscheidung zugrunde lagen, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden können, weil die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erteilt haben.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes - zur Zeit der Berufungseinlegung im Jahre 2000 - 1.000 DM übersteigt und im Übrigen die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist auch begründet. Das Sozialgericht Cottbus hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.
Die von dem Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 08. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. April 1998 erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) ist zulässig. Zwar hätte es zur Durchsetzung des Begehrens an sich ausgereicht, lediglich eine isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) zu erheben. Mit der angestrebten Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 18. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. April 1998 wäre der seit dem 01. Dezember 1997 aufgehobene, dem Kläger Leistungen ab dem 01. April 1995 bewilligende so genannte "Musterbescheid" (ohne Datum) wieder uneingeschränkt anzuwenden gewesen, das heißt die bewilligte Leistung hätte rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Zahlungseinstellung (30. November 1997) nachgezahlt werden müssen, auch ohne dass dies im Urteilstenor ausdrücklich angeordnet wird. Die mit der Anfechtungsklage verbundene Leistungsklage, die auch die zusätzliche Verurteilung der Beklagten zur Auszahlung der ab 01. November 1997 fällig gewordenen Beträge gerichtet ist, erweist sich somit im Grunde zwar als überflüssig. Dennoch ist die Leistungsklage nicht unzulässig. Das Rechtsschutzinteresse ist zu bejahen, weil der begehrte Ausspruch zur Klarstellung der Rechtslage dient und dem Kläger einen Titel mit vollstreckungsfähigem, die sofortige Durchsetzung des Auszahlungsanspruchs ermöglichendem Inhalt verschafft (so BSG SozR 3-3300 § 18 Nr. 2 m.w.N.).
Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 18. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. April 1998 ist rechtswidrig. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Nachzahlung des ab 01. April 1995 bewilligten Pflegegeldes für die Zeit ab 01. Dezember 1997 zu.
Es kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob die Beklagte den Kläger vorliegend zu der vorgesehenen Aufhebung der Leistungsbewilligung ab 01. Dezember 1997 im Sinne des § 24 SGB X ordnungsgemäß angehört hat und ob diesbezüglich § 41 Abs. 2 SGB X in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung anzuwenden ist (vgl. hierzu BSG SozR 3-1300 § 24 Nr. 22), denn die Voraussetzungen der hier einzig in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen des § 45 SGB X oder des § 48 SGB X für die von der Beklagten vorgenommene Entscheidung, die weitere Leistungsbewilligung ab 01. Dezember 1997 einzustellen, liegen nicht vor.
Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Er darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Abs. 2 Satz 1). Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Abs. 2 nur bis zum Ablauf von 2 Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden (Abs. 3 Satz 1). § 45 SGB X scheidet als Rechtsgrundlage zum einen deshalb aus, weil vorliegend die nach Abs. 3 Satz 1 maßgebende Zweijahresfrist für die Erteilung des Rücknahmebescheides abgelaufen war und Gründe für ein Eingreifen der Zehnjahresfrist nach § 45 Abs. 4 SGB X nicht vorliegen. Zum anderen kommt § 45 SGB X deshalb nicht in Betracht, weil es wegen der Bestandsschutzregelung des Art. 45 PflegeVG an der Rechtswidrigkeit einer eventuell von Anfang zu günstigen Überleitung in die Pflegestufe II fehlt. Art. 45 PflegeVG regelt, dass eine erneute Antragstellung bei Bezug von Leistungen wegen Schwerpflegebedürftigkeit nach den §§ 53 ff. SGB V a. F. für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XI ab 01. April 1995 nicht erforderlich ist und diese nach der Pflegestufe II, auf Antrag und bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen auch nach der Pflegestufe III, gewährt werden. Mit der pauschalen Überführung aller Leistungsempfänger nach den § 53 ff. SGB V a. F. in die Pflegestufe II hat der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen, dass in Einzelfällen auch solche Versicherte in den Genuss von Leistungen nach der Pflegestufe II kommen, die nach den Kriterien der §§ 14 und 15 SGB XI lediglich in die Pflegestufe I oder sogar in die so genannte Pflegestufe "null" hätten eingeordnet werden dürfen. Eine Herabstufung dieser Pflegebedürftigen in die Pflegestufe I wegen von Anfang zu günstiger Einstufung kommt daher schon aus Rechtsgründen (partieller Bestandsschutz) nicht in Betracht. Wegen des partiellen Bestandsschutzes fehlt es an der Rechtswidrigkeit der von Anfang eventuell zur günstigen Überleitung in die Pflegestufe II (BSG SozR 3-3300 § 18 Nr. 2; BSG Urteil vom 30. Oktober 2002 - B 3 P 7/01 R - soweit ersichtlich nicht veröffentlicht - red. Leitsatz in Soziale Sicherheit 2002, 400).
Eine Aufhebung der Leistungsbewilligung ab 01. Dezember 1997 nach § 48 SGB X kommt ebenfalls nicht in Betracht. § 48 SGB X ist, wie das BSG (a.a.O.) ausgeführt hat, grundsätzlich auf Fälle - wie hier - anwendbar und nicht durch Art. 45 PflegeVG als generelle Bestandsschutzregelung ausgeschlossen. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch ebenfalls nicht erfüllt und auch durch wiederholte Untersuchungen und Begutachtungen durch den MDK nicht zu erfüllen. Dies ergibt sich daraus, dass der allein auf dem vorangegangenen Leistungsbezug nach den §§ 53 ff. SGB V a. F. beruhende, von der aktuellen Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen ab 01. April 1995 unabhängige partielle Bestandsschutz des Art. 45 PflegeVG im Rahmen des § 48 SGB X zu beachten ist, auch soweit es um die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse geht. Dies hat zur Folge, dass Versicherte, die nach Art. 45 PflegeVG pauschal der Pflegestufe II zugeordnet worden sind, nur dann gemäß § 48 SGB X in die Pflegestufe I herabgestuft werden können, wenn sich ihr Pflegebedarf nach dem 31. März 1995 aufgrund tatsächlicher Umstände, wie z. B. einer gesundheitlichen Besserung, durch Ausstattung mit Hilfsmitteln oder durch Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Umfelds, in solchem Maße verringert hat, dass nur noch ein Pflegebedarf in den sachlichen und zeitlichen Grenzen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 1 SGB XI (Pflegestufe I) vorhanden ist. Eine Herabstufung bei gegenüber dem Zustand vom 31. März 1995 nach Art und Umfang unverändertem Hilfebedarf, das heißt bei fehlender nachträglicher wesentlicher Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X, ist ausgeschlossen (BSG SozR 3-3300 § 18 Nr. 2; BSG Urteil vom 30. Oktober 2001 - B 3 P 7/01 R). Für die Frage, ob eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse wesentlich ist, ist nach der Rechtsprechung des BSG auf den bei Erlass des Ausgangsbescheides maßgebenden Rechtszustand abzustellen. Denn nach der aufgezeigten Systematik der Übergangsregelung sollte es auf die Erfüllung der ab dem 01. April 1995 maßgebenden Anspruchsvoraussetzungen gerade nicht ankommen. Auch ein von Anfang an rechtswidriger Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann wegen der Änderung der Verhältnisse mit Wirkung für die Zukunft abgeändert werden, selbst wenn er wegen der ursprünglichen Rechtswidrigkeit nicht mehr (nach § 45 SGB X) zurückgenommen werden kann (vgl. BSGE 67, 204 = SozR 3-3870 § 4 Nr. 1). Welche Änderungen zum Anlass genommen werden dürfen, den Verwaltungsakt für die Zukunft abzuändern, kann im Einzelfall zweifelhaft sein; die Änderung der Verhältnisse darf nicht bloßer Anlass sein, den bislang unberechtigten, aber bestandsgeschützten Vorteil auf diese Weise zu entziehen (vgl. dazu Steinwedel, in Kasseler Komm., § 48 SGB X Rz. 29 ff.).
Vorliegend ist nach den von der Beklagten eingeholten Gutachten des MDK bzw. den sonstigen vom Sozialgericht bzw. dem erkennenden Senat eingeholten ärztlichen Befundberichten schon nicht feststellbar, ob in den für die frühere Leistungsgewährung bei Erlass des Ausgangsbescheides (vom 16. Dezember 1993 bzw. 23. Juni 1994) maßgebenden Verhältnissen, insbesondere beim Umfang des Pflegebedarfs, nach dem 31. März 1995 überhaupt eine Änderung zu Lasten des Klägers bzw. falls tatsächlich eine Änderung des berücksichtigungsfähigen Pflegebedarfs eingetreten sein sollte, ob diese Änderung nicht schon vor dem 01. April 1995 mit der Folge eingetreten war, dass ein berücksichtigungsfähiger Pflegebedarf bereits am 01. April 1995 nur noch in dem Umfang der Pflegestufe I oder sogar der Pflegestufe "null" bestand.
Da das beim Kläger bestehende Leidensbild nach ärztlicher Auffassung unverändert geblieben ist und Änderungen des Pflegeumfeldes keine Rolle spielten, konnte eine wesentliche Änderung des berücksichtigungsfähigen Pflegebedarfs nur aus dem fortgeschrittenen Alter des Klägers abgeleitet werden. Hieraus könnte jedoch allenfalls eine Erhöhung des Pflegebedarfs resultieren, denn beim Kläger war im Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides - auch auf der Grundlage des früheren Rechtszustandes (vgl. BSG SozR 3-2500 § 53 Nr. 8 S. 60 f.) - ein höherer Zeitabschlag für den bei gleichaltrigen gesunden Kindern anfallenden Pflegebedarf anzusetzen als im Zeitpunkt der Aufhebung dieses Bescheides. Das fortgeschrittene Lebensalter hat sich beim Kläger dagegen nicht bedarfsmindernd ausgewirkt.
In dem ersten Gutachten des Dr. med. M. für den MDK, eingegangen bei der Beklagten am 23. November 1993, wurden als pflegebegründende Diagnosen "frühkindliche Hirnschädigung mit Kleinhirnfehlbildung, Spracheinschränkung, geistiger Retardierung, psychosoziale Entwicklungsstörung" und als Folge dieser beim Kläger Funktionseinschränkungen "Ataxie beim Gehen, nur wenige Schritte sind unter Anhalten an Gegenständen möglich, erhebliche Standataxie" festgestellt. Hinsichtlich des Geisteszustands wurde "Debilität" diagnostiziert. Nach dem MDK-Gutachten des Dr. M. war ein Hilfebedarf (nach den Vorschriften des SGB V a. F.) für nahezu alle täglichen Verrichtungen des täglichen Lebens notwendig (Körperpflege, Nahrungszubereitung, Kommunikation, Fortbewegung); unter dem Punkt "Pflege- und Versorgungssituation" wurde ausgeführt: "Durch die frühkindliche Hirnschädigung hat sich eine erhebliche Störung in der Fein- und Grobmotorik herausgebildet. Zusätzlich besteht eine Teilaphasie mit hochgradiger Sprachstörung. Infolge dieser Schädigung kann das Kind nur wenige Schritte unter Anhalten an Gegenständen gehen, Sprachverständigung sehr eingeschränkt, ebenso die Mobilität. Fremdhilfebedarf ist deshalb für nahezu alle Verrichtungen des täglichen Lebens notwendig. Die Versorgungssituation ist angepasst und deckt den notwendigen Hilfebedarf." Unter Ziffer 9 "Prognose und Beurteilung" wurde angekreuzt, die Pflege- und Versorgungssituation kann nicht verbessert werden, die Möglichkeit "die Pflege- und Versorgungssituation kann verbessert werden", wurde nicht angekreuzt. Der Gutachter empfahl eine Nachuntersuchung in zwei Jahren.
In einem weiteren MDK-Gutachten der Frau Dr. med. B., erstellt nach Aktenlage im Mai 1994, wurde ausgehend von dem von Dr. M. festgestellten Gesundheitszustand des Klägers zwar Schwerpflegebedürftigkeit bejaht, jedoch auch prognostiziert, dass die Pflege- und Versorgungssituation verbessert werden könne und eine Nachuntersuchung in zwei Jahren empfohlen. Auch hieraus wird deutlich, dass im Mai 1994 keine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes des Klägers hat festgestellt werden können. Die Prognose der Dr. B., die Pflege- und Versorgungssituation könne verbessert werden, zeigt zwar auf, dass dieser Ärztin eine Änderung möglich erschien, lässt aber - für eine Prognose nachvollziehbar - offen, ab wann und durch welche Umstände die Pflege- und Versorgungssituation verbessert werden könnte. Insoweit ergibt sich kein Anhalt für die Feststellung, ob und ab wann eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen bezüglich des Gesundheitszustandes bzw. Pflegeumfangs eingetreten ist.
Aus den im Rahmen des Entziehungsverfahrens im Jahre 1997 eingeholten Gutachten vom 28. April 1997 und 11. November 1997 ergibt sich, ebenso wie aus den eingeholten ärztlichen und logopädischen Befundberichten, soweit für die Zeiträume 1994/1995 und 1997 überhaupt Unterlagen vorliegen, dass das beim Kläger bestehende Leidensbild nach ärztlicher Auffassung vollkommen unverändert geblieben ist und die bestehenden Leiden einen Dauerzustand darstellen, der unstreitig und unzweifelhaft eine Besserung ausschließt. Pflegeerleichterungen durch Bereitstellung spezieller Hilfsmittel oder Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds sind von den Beteiligten weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich. Weshalb eine Verringerung des berücksichtigungsfähigen Pflegebedarfs gegenüber dem Zustand zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides bei unverändertem Gesundheitszustand des Klägers erst nach dem 31. März 1995, nicht aber bereits zwischen dem Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides und dem 01. April 1995 eingetreten sein soll, ist - wie ausgeführt - aus den Gutachten des MDK nicht ersichtlich. Änderungen des Pflegebedarfs dürften sich allenfalls aufgrund des fortgeschrittenen Lebensalters des Klägers, geboren 1982, ergeben; hieraus könnte jedoch eine Erhöhung des Pflegebedarfs resultieren, denn angesichts des höheren Lebensalters wäre ein geringerer Zeitabschlag beim anfallenden Pflegebedarf anzusetzen.
Zur Überzeugung des Senats ist somit für den hier maßgebenden von der Beklagten herangezogenen Zeitpunkt (30. November 1997) keine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X im Hinblick auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides feststellbar. Es ist - wie ausgeführt - nicht auszuschließen, dass der von der Beklagten in den MDK-Gutachten vom 28. April 1997 und 11. November 1997 festgestellte Pflegebedarf (Pflegestufe "null") auf Seiten des Klägers auch bereits am 31. März 1995 bzw. vor dem 01. April 1995 in diesem Umfang mit der Folge bestanden hat, dass eine Änderung des Pflegebedarfs nach dem 31. März 1995 nicht eingetreten wäre. Grundsätzlich trägt aber die Beklagte bei einer auf § 48 SGB X gestützten Aufhebung die volle Beweislast dafür, dass eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen (hier nach dem 31. März 1995) eingetreten ist. Dieser Beweis ist jedoch auch unter Berücksichtigung der MDK-Gutachten vom 28. April 1997 und 11. November 1997 und der vom Senat eingeholten weiteren ärztlichen Unterlagen betr. die Zeiträume 1994/1995 und 1997 nicht erbracht.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. April 1998 lässt im Übrigen auch nicht erkennen, worin die nach Auffassung der Beklagten nunmehr im Berufungsverfahren geltend gemachten Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse zu sehen sind. In dem Bescheid vom 18. November 1997 wird lediglich unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 28. Mai 1997 mitgeteilt, dass der Bescheid vom Dezember 1993 zum 30. November 1997 aufgehoben wird, "da die Kriterien für das Vorliegen von Schwerpflegebedürftigkeit im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes als nicht erfüllt anzusehen sind". Eine Darstellung, worin die Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse liegen sollen, ist darin nicht zu sehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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