Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 15 RJ 93/03 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 B 2/04 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.12.2003 insoweit geändert, als die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Bescheide vom 10.12.2002 und 18.03.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2003 nur insoweit angeordnet wird, als die Antragsgegnerin in dem Bescheid vom 10.12.2002 eine Beitragsforderung von mehr als 197.137,20 Euro festgesetzt hat. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt 54 %, die Antragsgegnerin 46 % der Kosten des Verfahrens. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 145.501,52 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen.
Die Antragstellerin (Ast.) betreibt ein Gebäudereinigungsunternehmen. Sie beschäftigt u.a. eine große Zahl von Arbeitnehmern, die als geringfügig Beschäftigte geführt werden. Bereits seit 1993 war bei Prüfungen der Ast. festgestellt worden, dass Lohnkonten für Beschäftigte geführt wurden, die nicht oder nicht mehr bei der Ast. beschäftigt waren und über die Zahlung an andere Arbeitnehmer erfolgten.
Anlässlich einer Betriebsprüfung vom 05.10.1999 bis 17.01.2000 für den Zeitraum 01.09.1995 bis 31.03.1999 stellte die Antragsgegnerin (Ag.) erneut fest, dass Lohnkonten für geringfügig Beschäftigte geführt wurden, obwohl diese in keinem Beschäftigungsverhältnis zur Ast. standen. Die unter dem Namen dieser Personen gezahlten Beträge wurden an andere Aushilfen gezahlt, für die kein Lohnkonto geführt wurde oder für die ein Lohnkonto im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung existierte. Die Ag. setzte insoweit in dem bestandskräftigen Bescheid vom 13.03.2000 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von ca. 116.000,- DM fest. Zugleich wies sie die Ast. darauf hin, zur Vermeidung von Nachteilen werde um Einhaltung der Zusage gebeten, künftig Lohnkonten nur für tatsächlich Beschäftigte zu führen.
Im Mai 2000 wollte die Beklagte die Prüfung für den Zeitraum ab 01.04.1999 durchführen. Diese Prüfung wurde abgebrochen, weil die Ast. nicht alle prüfrelevanten Unterlagen herausgab und außerdem festgestellt wurde, dass weiterhin Lohnkonten für nicht Beschäftigte geführt wurden. Mit Schreiben vom 07.06.2000 wurde die Ast. aufgefordert, die erheblichen Mängel beim Meldeverfahren und der Führung der Lohnunterlagen zu beseitigen und eine Fortführung der Prüfung Anfang August 2000 angekündigt. Bei der Prüfung am 07./08.08.2000 wurde wiederum festgestellt, dass Lohnkonten für geringfügig Beschäftigte geführt wurden, obwohl diese Personen in keinem Beschäftigungsverhältnis standen. Außerdem stand für die Prüfung kein kompetenter Gesprächspartner zur Verfügung. Die Ag. brach die Prüfung daraufhin ab und teilte der Ast. mit Schreiben vom 24.08.2000 mit, es sei der Erlass eines Summenbeitragsbescheides beabsichtigt, da erneut Scheinkonten festgestellt worden seien und eine ordnungsgemäße Prüfung mangels Unterlagen und fehlender Mitwirkung der Ast. nicht möglich sei. Grundlage des Summenbescheides sei eine monatliche Lohnsumme für geringfügig entlohnte Beschäftigte in Höhe von 185.000,- DM. Die Ast., die zuvor mit Schreiben vom 21.08.2000 um eine "einvernehmliche Lösung" für das Jahr 1999 gebeten hatte, für das die Rekonstruktion der Lohnzahlungen schwierig sei, während sie für das Jahr 2000 Unterlagen erstellen wollte, wies mit Schreiben vom 31.08.2000 darauf hin, dass eine Beitragsnachforderung in der beabsichtigten Höhe ihre wirtschaftliche Existenz gefährde. Sie bat mit Schreiben vom 05.09.2000 um Mitteilung, wie die monatliche Lohnsumme von 185.000,- DM ermittelt worden sei. Ein beabsichtigter Gesprächstermin zwischen der Ast. und der Ag. zur Erörterung des Sachverhalts kam nicht zustande. Aufgrund einer Strafanzeige der Ag. wegen Betrugs und Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen erfolgte am 20.02.2001 eine Durchsuchung der Geschäftsräume der Ast., bei der 90 Aktenordner beschlagnahmt und die auf dem Server und dem PC der Personalleitung enthaltenen Daten gesichert wurden. Die Ag. wurde von der Staatsanwaltschaft mit der Auswertung der sichergestellten Unterlagen beauftragt. Mit Schreiben vom 10.02.2002 übermittelte sie der Staatsanwaltschaft das Ergebnis ihrer Auswertung, wobei sie angab, nur für den Zeitraum Mai 2000 bis Januar 2001 hätten gesicherte Erkenntnisse gewonnen werden können.
Mit Bescheid vom 10.12.2002 stellte die Ag. für den Zeitraum vom 01.04.1999 bis 30.06.2000 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Form eines Summenbescheides in Höhe von 582.006,10 Euro fest, wobei sie entsprechend dem Anhörungsschreiben von einer geschätzten monatlichen Entgeltsumme in Höhe von 185.000,- DM ausging. Mit ihrem Widerspruch rügte die Ast., weder Schätzungsgrundlage noch Schätzungsmethode seien erkennbar. Der von der Ag. angenommene Betrag liege über dem, der insgesamt für Aushilfen gebucht worden sei. Selbst wenn man der Vermutung der Prüfer folge, dass Lohnkonten für nicht Beschäftigte geführt worden seien, müsse Obergrenze der Schätzung die gebuchte Lohnsumme sein, von der nochmals deutliche Abschläge zu machen seien, da unstreitig auch tatsächlich geringfügig beschäftigte Personen existiert hätten. Ferner müsse man die für die geringfügig Beschäftigten gezahlten Pauschalbeiträge in Abzug bringen. Die von der Ast. beantragte Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs lehnte die Ag. mit Schreiben vom 06.03.2003 ab.
Mit Schreiben vom 04.02.2003 hörte die Ag. die Ast. zum Erlass eines weiteren Summenbeitragsbescheides in Höhe von 240.361,03 Euro für den Zeitraum 01.07. bis 31.12.2000 an. Dabei legte sie als monatliche Entgeltsummen die Beträge zugrunde, die ihr vom Finanzamt T-West mit Schreiben vom 12.12.2002 übermittelt worden waren. Auf Bitte der Ag. hatte das Finanzamt an Hand der beschlagnahmten Unterlagen eine Aufteilung der Aushilfslöhne nach Monaten für den Zeitraum vom 01.07.1999 bis 31.12.2000 vorgenommen. Es hatte allerdings darauf hingewiesen: Es hätten lediglich die bis zum Zeitpunkt der Beschlagnahme gebuchten Zahlen berücksichtigt werden können. Die endgültigen Zahlen hätten aufgrund der vorliegenden Unterlagen nicht ermittelt werden können, diese könnten daher von den ermittelten Zahlen abweichen. Für die Monate April bis Juni 1999 hätten keine Unterlagen zu gezahlten Aushilfslöhnen vorgelegen. Mit Bescheid vom 18.03.2003 setzte die Beklagte entsprechend ihrem Anhörungsschreiben weitere Beiträge in Höhe von 240.361,03 Euro fest, wovon ein Betrag von rund 216.000,- DM als Summenbescheid auf Beiträge für die geringfügig Beschäftigten entfällt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2003 wies sie den Widerspruch der Ast. zurück.
Die Ast. hat am 09.05.2003 Klage erhoben und am 14.05.2003 die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt. Sie macht geltend, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide der Beklagten. Diese seien grob unzutreffend und weitgehend unverständlich. Unter Verweis auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren macht sie geltend, die Schätzung der Ag. sei nicht nachvollziehbar. Solange die Ag. nicht in der Lage sei, Anhaltspunkte für die grob unzutreffende Schätzung zu geben, müsse die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet werden. Im Übrigen bedeutet die Vollstreckung für sie auch eine unbillige Härte. Sie habe bereits ohne Anerkennung einer Rechtspflicht 120.000,- Euro gezahlt, die von ihr angestrebte Stundung der weiteren Forderung und Ratenzahlungsvereinbarung sei nicht zustande gekommen, weil sie nicht in der Lage sei, die von der Ag. geforderten Sicherheiten zu stellen. Sie sei nicht in der Lage, weitere Zahlungen zu erbringen.
Die Ag. hat der Ast. vorgehalten, sie habe durch das Anhörungsschreiben vom 24.08.2000 Kenntnis von der Schätzungsgrundlage gehabt. Gleichwohl sei sie offensichtlich außerstande, Beweismittel für die tatsächlichen Zahlungen vorzulegen, die den gesetzlichen Erfordernissen an den Inhalt der Lohnunterlagen genügten. Sie sei von der von der Ast. mitgeteilten Lohnsumme für geringfügig Beschäftigte im Monat November 1998 ausgegangen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 11.12.2003 die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der mit Bescheid vom 10.12.2002 festgesetzten Beitragsforderung angeordnet. Es hat insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsakts bejaht, weil die Ag. nicht dargelegt habe, weshalb der Aufwand für die Ermittlung der tatsächlichen Lohnsumme unverhältnismäßig hoch gewesen sei und warum sie nicht wie im Bescheid vom 18.03.2003 die vom Finanzamt T-West übermittelten Lohnsummen der Beitragsberechnung zugrundegelegt habe. Hinsichtlich des Bescheids vom 18.03.2003 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt.
Die Ag. hat gegen den ihr am 23.12.2003 zugestellten Beschluss am 07.01.2004 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Sie rügt, das Sozialgericht habe verkannt, dass die Ast. ihre Aufzeichnungspflicht verletzt habe. Da sie für die geringfügig Beschäftigten keine ordnungsgemäßen Lohnkonten geführt habe, komme es zu einer Umkehr der Beweislast. Die Ast müsse die Schätzung gegen sich gelten lassen, weil seriöse Unterlagen zur Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen nicht zur Verfügung stünden. Sie habe die von der Ast. für den Monat November 1998 mitgeteilte Summe der Aushilfslöhne der Schätzung zugrundegelegt. Die Buchungsunterlagen der Ast. hätten seit dem 01.04.1999 noch an Aussagekraft verloren, so dass aus der Summe der tatsächlich ausgezahlten Aushilfslöhne keine den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechende Schätzung möglich sei. Sie sehe sich aufgrund der von ihr mit erheblichem Aufwand geleisteten Ermittlungsarbeiten nicht mehr in der Pflicht, weitere Ermittlungsarbeit zu leisten und in jedem Einzelfall den Nachweis zu erbringen, dass kein geringfügig entlohntes Beschäftigungsverhältnis vorgelegen habe. Vielmehr müsse insoweit die Ast. darlegen, dass tatsächlich geringfügig entlohnte Beschäftigungen vorgelegen hätten.
Die Ast. beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.12.2003 zu ändern und den Antrag in vollem Umfang abzulehnen.
Die Ag. beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die Auffassung des Sozialgerichts für zutreffend, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 10.12.2002 bestünden, weil die von der Ag. geschätzte Lohnsumme über der Summe der vom Finanzamt mitgeteilten Aushilfslöhne und über den insgesamt gebuchten Entgelten liege. Ferner macht sie geltend, die Vollziehung dieses Bescheides stelle für sie eine unbillige Härte dar. Sie sei nicht in der Lage, die geforderte Summe zu zahlen, ohne dass Zahlungsschwierigkeiten auftreten. Hinsichtlich des mit Bescheid vom 18.03.2003 gezahlten Betrages habe sie eine a-Kontozahlung in Höhe von 120.000,- Euro geleistet und darüber hinaus ab Januar 2004 mit der Beigeladenen eine Ratenzahlung vereinbart. Darüber hinausgehend habe sie keinen finanziellen Handlungsspielraum mehr. Zur Darstellung der wirtschaftlichen Situation bezieht sie sich auf eine von einer Unternehmensberatungsgesellschaft erstellte Ergebnisanalyse des ersten Quartals 2004.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und auch zum Teil begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht in vollem Umfang die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich des Bescheides vom 10.12.2002 angeordnet.
Zutreffend geht das Sozialgericht davon aus, dass der Antrag nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft ist, weil die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt und dass diese Entscheidung nach den Maßstäben des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu treffen ist. Demgemäß hat eine Aussetzung der Vollziehung zu erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Der Senat schließt sich jedenfalls für Beitragsstreitigkeiten der Auffassung an, dass ernstliche Zweifel i.S.d. § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG nur dann vorliegen, wenn ein Obsiegen des Ast. in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (so die herrschende Meinung, vgl. LSG NRW, Beschluss vom 18.12.2002 - L 16 B 70/02 KR ER -; Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl., § 86a Rdn. 27; VGH Baden-Württemberg NVwZ 1991, 1004, 1005; OVG Münster NVwZ 1989, 588; 1994, 198). Andernfalls wäre in Beitragsangelegenheiten angesichts der vielfach in vorläufigen Rechtsschutzverfahren noch ungeklärten Verhältnisse eine Aussetzung der Vollziehung häufig durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungsträger beeinträchtigten könnte (s. dazu ausführlich LSG NRW, a.a.O.).
Nach dem gegenwärtigen Sachstand ist es überwiegend wahrscheinlich, dass die Klage gegen den Bescheid vom 10.12.2002 teilweise Erfolg haben wird. Die Ag. hat in diesem Bescheid gemäß § 28f Abs. 2 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) die Sozialversicherungsbeiträge nicht personenbezogen, sondern in einem Summenbescheid und daneben gemäß Satz 3 a.a.O. die Höhe der Arbeitsentgelte geschätzt. Dies setzt jeweils voraus, dass der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflicht nicht erfüllt hat und dass einerseits eine Zuordnung der Beiträge zu einzelnen Beschäftigten, andererseits die Ermittlung der tatsächlichen Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand möglich ist.
Dass die Ast. ihre Aufzeichnungspflicht verletzt hat, steht nach den vorliegenden Unterlagen außer Zweifel. Die Tatsache, dass sie selbst in ihrem Schreiben vom 21.08.2000 eine "Rekonstruktion" der Lohnzahlungen für das Jahr 2000 angeboten, während sie insoweit für das Jahr 1999 größere Probleme gesehen und um eine "einvernehmliche Lösung" nachgesucht hat, zeigt, dass den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Personalunterlagen nicht vorliegen.
Soweit es um die personenbezogene Feststellung von Beiträgen geht, mag zwar zu fragen sein, warum die Ag. nicht zumindest teilweise aufgrund der Unterlagen eine Zuordnung der Beiträge zu einzelnen Beschäftigten vornehmen kann. Den vorgelegten Verwaltungsunterlagen lässt sich nicht entnehmen, welche Anstrengungen die Ast. insoweit unternommen hat. Ob angesichts der Zahl der Beschäftigten (laut Bericht des Finanzamts T-West vom 05.09.2002 über die Lohnsteuer-Außenprüfung 497 Arbeitnehmer, davon 220 Aushilfskräfte) eine Zuordnung der Beiträge zu einzelnen Beschäftigten (unter Umständen auch aufgrund geschätzter Entgelte) auch unter Berücksichtigung der wesentlichen Belange, die die Versicherungs- und Beitragspflicht für diese Beschäftigten bedeuten kann, einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde (vgl. insoweit zur Relation zwischen Aufwand und Bedeutung des Ergebnisses BSG SozR 3-2400 § 28f Nr. 3; LSG Berlin Urteil vom 09.07.2003 - L 9 KR 373/01 -) kann jedoch dahinstehen, da insoweit der Ausgang des Hauptsacheverfahrens allenfalls offen ist. Dies gilt umso mehr, als die Ast. hierzu nichts vorgetragen hat.
Soweit es um die Ermittlung der tatsächlichen Arbeitsentgelte geht, die an angeblich geringfügig entlohnte Beschäftigte gezahlt worden sind, die in Wahrheit wegen der zusätzlichen (verschleierten) Zahlungen sozialversicherungs- und beitragspflichtig sind, dürfte angesichts der von der Ast. selbst eingeräumten Notwendigkeit einer "Rekonstruktion" der Lohnzahlungen und des Umstandes, dass für das zweite Quartal 1999 noch nicht einmal Aushilfslöhne gebucht sind, eine Ermittlung der tatsächlichen Arbeitsentgelte nur mit unverhältnismäßig großem Verwaltungsaufwand möglich sein. Allerdings führt die Ag. in ihrem Schreiben vom 10.01.2002 an die Staatsanwaltschaft Düsseldorf aus, sie habe an Hand der beschlagnahmten Unterlagen für die Zeit ab Mai 2000 gesicherte Erkenntnisse erlangen können. Worauf sich diese Erkenntnisse beziehen, geht freilich aus dem Schreiben nicht hervor. Da andererseits das Finanzamt T-West in seinem Schreiben vom 12.12.2002 darauf hinweist, dass die Buchhaltungsunterlagen nicht vollständig seien und die tatsächlichen Zahlungen von den gebuchten abweichen könnten, kann jedenfalls für die Zeit bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens, auf die es für die Rechtmäßigkeit der Schätzung ankommt (vgl. BSG a.a.O.) davon ausgegangen werden, dass die Arbeitsentgelte nicht bzw. nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermittelt werden könnten, so dass insoweit der Rückgriff auf die Schätzung keinen durchgreifenden Bedenken begegnet.
Lässt sich die Summe der Arbeitsentgelte nicht ermitteln, ist die Entgeltsumme sorgfältig zu schätzen, wobei die - gegebenenfalls ebenfalls zu schätzende - Zahl der Beschäftigten und das ortsübliche Entgelt die Grundlage der Schätzung bilden (Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Soziale Pflegeversicherung, § 28f SGB IV Rdn. 13). Bei der Schätzung handelt es sich um eine Tatsachenfeststellung, bei der dem Rentenversicherungsträger kein Ermessen eingeräumt und die gerichtlich voll überprüfbar ist (Sehnert in Hauck/Noftz, SGB IV, § 28f Rdn. 10; Kass.Komm.-Seewald, § 28f SGB IV Rdn. 9). Die Schätzung ist auch keine "Bestrafung" für die Verletzung der Aufzeichnungspflicht, sondern dient der möglichst genauen Feststellung der Beitragslast des Arbeitgebers (Krasney NJW 1989, 1007, 1009).
Vor diesem Hintergrund gehen die Ausführungen der Ag. dazu, dass die Ast. die Schätzung gegen sich gelten lassen müsse, weil seriöse Unterlagen zur Bestimmung der beitragspflichtigen Entgelte nicht zur Verfügung stünden, an der Sache vorbei. Der Senat verkennt nicht, dass die Ast. offensichtlich seit Jahren (wohl bewusst) ihre Aufzeichnungspflicht verletzt und die tatsächlichen Verhältnisse durch Führung von Lohnkonten für nicht beschäftigte Personen verschleiert. Es ist auch verständlich, dass die Umstände der Betriebsprüfung im Jahre 2000, die zweimal wegen der fehlenden Kooperation der Ast. abgebrochen wurde, die Ag. zu ihrer Haltung bestimmt hat. Gleichwohl erlauben die gesetzlichen Vorgaben nicht, ein unkooperatives und ordnungswidriges (§ 111 Abs. 1 Nr. 3 SGB IV) und unter Umständen sogar strafrechtlich relevantes Verhalten beitragsrechtlich zu sanktionieren, indem ohne nähere Prüfung Beiträge in maximaler Höhe gefordert werden. Außerdem übersieht die Ag., dass sie die Rechtmäßigkeit ihrer Schätzung zu beweisen hat. Soweit sie von einer Umkehr der Beweislast ausgeht, bezieht sich diese nur auf das Verfahren nach § 28f Abs. 2 Satz 5 SGB IV. Nur soweit ein Summenbescheid rechtmäßig ergangen ist, trägt der Arbeitgeber im Widerrufsverfahren die objektive Beweislast für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht und den Nachweis der Höhe der Arbeitsentgelte.
Die Ag. hat der Schätzung das von der Ast. im November 1998 für "Aushilfslöhne" (also die für alle geringfügig entlohnten Beschäftigten gebuchten Entgelte) zugrundegelegt. Diese Schätzungsgrundlage hält der Senat in zweierlei Hinsicht für fehlerhaft. Zum einen sind im Monat November 1998 Sonderzahlungen angefallen, so dass die Lohnsumme dieses Monats kaum repräsentativ für alle Monate der Jahre 1999 und 2000 sein kann. Dies zeigt der Vergleich mit den für das Jahr 2000 gebuchten Lohnsummen: Im Monat November 2000 sind 203.734,47 DM gebucht worden, im Januar nur 135.236,90 DM und im August nur 148.031,34 DM. Die durchschnittlichen Monatsentgelte für geringfügig Beschäftigte betrugen im Jahr 2000 167.582,31 DM. Offenkundig können also die Verhältnisse des Monats November keine Grundlage für eine Schätzung der Entgelte in den anderen Monaten sein. Zum anderen geht die Ag. mit der Zugrundelegung der gesamten für die Aushilfskräfte gebuchten Löhne davon aus, dass alle Aushilfskräfte mehr als geringfügig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig waren. Auch für diese Annahme hat sie keine Begründung gegeben.
Ihr Vortrag, sie sehe sich nicht verpflichtet, in jedem einzelnen Fall nachzuweisen, dass kein geringfügig entlohntes Beschäftigungsverhältnis vorgelegen habe, vielmehr habe die Ast. wegen der Verletzung ihrer Aufzeichnungspflicht die Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit zu beweisen, beruht auf der Verkennung der Funktion der Schätzung. Selbstverständlich muss die Ag. bei einer Schätzung nicht in jedem Fall die Versicherungspflicht nachweisen, sie muss aber darlegen, aufgrund welcher Erkenntnisse sie davon ausgeht, dass die Ast. keine geringfügig entlohnten Personen beschäftigt hat, also die gesamten Aushilfslöhne für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gezahlt worden sind. Das erscheint schon auf den ersten Blick fernliegend. Insoweit hätte die Ag. beispielsweise durch Stichproben ermitteln können, welche als geringfügig entlohnte Beschäftigte geführte Arbeitnehmer über die für sie gebuchten Löhne hinaus Arbeitsentgelt erhalten haben und dann eine Hochrechnung auf die Gesamtzahl der geringfügig Beschäftigten vornehmen können. So ist sie offenbar im Bescheid vom 13.03.2000 verfahren, denn in dem Vermerk vom 26.01.2000, in dem um Zustimmung zum Erlass eines Summenbescheides gebeten wird, wird ausgeführt, bei einer "gewissenhaften Hochrechnung" der falsch abgerechneten Fälle im Verhältnis zur Jahreslohnsumme der Aushilfslöhne könne eine pauschale Beitragsberechnung erfolgen. Wenn also in der Vergangenheit nur bei einem Teil der geringfügig Beschäftigten tatsächlich die Grenze der Geringfügigkeit überschritten wurde, ist es fernliegend, dass ab dem 01.04.1999 völlig andere Verhältnisse geherrscht haben sollten. Auch wenn die Lohnunterlagen speziell im Jahre 1999 noch lückenhafter und unvollständiger waren als in der Zeit davor (was die Ast. ja letztlich im Schreiben vom 21.08.2000 eingeräumt hat), hat die Ag. gleichwohl keine nachvollziehbaren Gründe genannt, warum für die streitbefangene Zeit eine entsprechende Hochrechnung per se ausscheidet. Da die Ag. offenbar durch Auswertung der Unterlagen jedenfalls für die Zeit ab Mai 2000 gesicherte Erkenntnisse erlangen konnte, hätte sie wohl ohne Weiteres überprüfen können, ob ihre Annahme zutreffend ist - oder sie hätte ihre Schätzung entsprechend korrigieren müssen. Hierzu fehlt bislang jeglicher Vortrag der Ag.
Auf der anderen Seite muss nach dem bisherigen Sachstand davon ausgegangen werden, dass die Ast. in erheblichem Umfang verdeckte Lohnzahlungen an angeblich geringfügig Beschäftigte geleistet hat und damit in diesen Fällen die Geringfügigkeitsgrenze des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV (damalige Fassung) überschritten wurde. Insoweit dürfte jedenfalls ein Teil der Beiträge zu Recht gefordert werden. Für die Schätzung des beitragspflichtigen Entgeltes kann bei dem derzeitigen Sachstand der Bericht des Finanzamts T-West über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 05.09.2002 herangezogen werden. Das Finanzamt hat für die Lohnsteuer eine zusätzlich lohnsteuerpflichtige Lohnsumme in Höhe von jährlich 400.000,- DM geschätzt. Das sind rund 40 % der Lohnsumme, die im Jahre 2000 von der Ast. an Aushilfskräfte gezahlt worden sind, deren Lohn nach den vorgelegten Freistellungsbescheinigungen steuerfrei belassen wurde. Offenbar geht also das Finanzamt davon aus, dass in diesem Umfang die Voraussetzungen einer Freistellung - Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung - nicht vorlagen. Von daher bietet es sich für die Schätzung der beitragspflichtigen Entgelte an, einen Betrag von 40 % der für Aushilfskräfte insgesamt gezahlten Entgelte als beitragspflichtiges Entgelt anzunehmen.
Ferner kann derzeit nur von den vom Finanzamt mitgeteilten Entgelte für die einzelnen Monate ausgegangen werden. Auch wenn die Buchführungsunterlagen für die Zeit ab 01.04.1999 mangelhaft waren, spricht mehr dafür, von den vom Finanzamt mitgeteilten Entgelten auszugehen als von den - wie ausgeführt unrealistischen - Werten für den Monat November 1998. Dies hat die Ag. auch im Übrigen für die Zeit ab 01.07.2000 getan, ohne Gründe dafür zu nennen, warum für die Zeit davor etwas anderes gelten soll. Die gebuchten Entgelte dürften auch realistischer sein als die von der Ast. im streitigen Zeitraum gemeldeten Entgelte für geringfügig Beschäftigte, die die Ag. im Schriftsatz vom 30.06.2004 mitgeteilt hat. Die gemeldeten Entgelte liegen deutlich unter den gebuchten Löhnen, außerdem ist schwer verständlich, warum zwar für die Monate April - Juni 1999 Entgelte gemeldet werden konnten, aber nicht gebucht worden sind. Soweit für die Monate April bis Juni 1999 keine Löhne gebucht worden sind, können für diese Monate der Schätzung die durchschnittlichen monatlichen Entgelte des Jahres 1999 unter Einbeziehung der für die Monate Januar bis März 1999 gebuchten Entgelte zugrundegelegt werden. Somit wären für die Monate April bis Juni 1999 Entgelte von jeweils monatlich 161.607,93 DM anzusetzen. Die Gesamtentgeltsumme für die Zeit vom 01.04. bis 31.12.1999 beläuft sich somit auf 1.376.207,10 DM. Nimmt man ein beitragspflichtiges Entgelt in Höhe von 40 % dieser Summe an, ergibt sich ein Betrag von 550.482,84 DM. Die Beitragsforderung für diese Zeit beläuft sich somit (Gesamtsozialversicherungsbeiträge 41,1 %) auf 226.248,44 DM = 115.533,08 Euro. In den Monaten Januar bis Juni 2000 betrug das Gesamtentgelt für die Aushilfskräfte 976.805,31 DM, so dass von einem beitragspflichtigen Entgelt von 390.722,12 DM auszugehen wäre. Die Beitragsforderung für diese Zeit beträgt somit (Gesamtsozialversicherungsbeiträge 40,9 %) 159.805,34 DM = 81.604,12 Euro. Für die Zeit vom 01.04.1999 bis 30.06.2000 ergibt sich somit eine Gesamtforderung in Höhe von 197.137,20 Euro. In Höhe dieser Forderung dürfte der Bescheid vom 10.12.2002 Bestand haben.
Der Senat verkennt insoweit nicht, dass die Ag. hinsichtlich des Bescheides vom 18.03.2003 die Ablehnung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hingenommen und insoweit die Beiträge (vorläufig) auf der Grundlage der gesamten gebuchten Entgelte für Aushilfskräfte gezahlt hat. Dies ist aber allenfalls ein Indiz dafür, dass auch die Ast. von einer erheblichen Zahl fingierter geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse ausgeht, kann aber nicht die Ermittlung einer tragfähigen Grundlage für die Schätzung der beitragspflichtigen Entgeltsumme ersetzen. In Höhe eines Betrages von 197.137,20 Euro dürfte die Forderung begründet sein. Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Betrages bestehen aber auf der Grundlage des bisherigen Vortrags der Ag. ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides. Der Ag. bleibt es insoweit unbenommen, im Hauptsacheverfahren über die Floskel hinaus, sie halte weitere Ausführungen nicht für angezeigt, konkret aufzuzeigen, dass ihre Schätzung tragfähig ist. Dabei mag sie darlegen, zu welchen Erkenntnissen sie aufgrund der Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen gekommen ist. In diesem Zusammenhang ist nochmals zu betonen, dass die Ag. die Rechtmäßigkeit ihrer Schätzung zu belegen hat und sich nicht darauf zurückziehen kann, die Ast. müsse diese Schätzung hinnehmen, solange sie die tatsächlichen Verhältnisse nicht nachweisen könne.
Keinen Bedenken begegnet dagegen, dass die Ag. die für die geringfügig Beschäftigten gezahlten Pauschalbeiträge nicht von der Summe der geforderten Sozialversicherungsbeiträge abgesetzt hat. Die Pauschalbeiträge sind ein bloßer Finanzierungsbeitrag des Arbeitgebers zur Sozialversicherung und werden auf anderer gesetzlicher Grundlage (§ 249b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 172 Abs. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) entrichtet als die Sozialversicherungsbeiträge, die hier von der Ast. als Arbeitgeberin nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV gefordert werden. Insoweit kann die Ast. wegen zu Unrecht gezahlter Pauschalbeiträge einen Erstattungsanspruch nach § 26 Abs. 2 SGB IV gegen die Einzugsstelle geltend machen, mit dem sie dann gegebenenfalls gegen die Beitragsforderung aufrechnen kann.
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich des Betrages von 197.137,20 Euro wegen einer unbilligen Härte kommt nicht in Betracht. Eine unbillige Härte ist dann zu bejahen, wenn durch die Vollziehung Nachteile entstehen, die über die eigentliche Leistung hinausgehen und nicht oder nur schwer wieder gut gemacht werden können (vgl. Meyer- Ladewig, a.a.O.; OVG Münster NVwZ 1989, 588, 591). Solche Nachteile sind hier nicht ersichtlich, die Ast. hat insoweit keine konkreten Umstände vorgetragen. Im Schriftsatz vom 20.02.2004 behauptet sie nur pauschal, sie sei nicht in der Lage, die geforderte Summe zu zahlen, ohne dass Zahlungsschwierigkeiten aufträten. Soweit sie in diesem Schreiben darauf verweist, sie habe wegen der mit der Beigeladenen vereinbarten Ratenzahlung hinsichtlich der Forderung aus dem Bescheid vom 18.03.2002 keinen finanziellen Handlungsspielraum mehr, besteht dieser wieder, da die Ast. inzwischen die Forderung aus diesem Bescheid vollständig beglichen hat. Den bereits im Antragsschriftsatz angekündigten Status zur wirtschaftlichen Situation hat die Ast. bislang nicht vorgelegt. Aus der nunmehr übersandten Ergebnisanalyse für das erste Quartal 2004 vermag der Senat nicht zu erkennen, inwiefern eine Zahlung von weiteren rund 197.000,- Euro für die Ast. eine existenzielle Krise bedeuten kann. In der Ergebnisanalyse wird zwar an einer Stelle eine "prekäre Entwicklung" erwähnt, ohne dass diese allerdings näher erläutert wird. Aus der Darstellung ergibt sich auch nicht ansatzweise, über welche Mittel und Kreditlinien die Ast. noch verfügt und welche sonstigen Belastungen unter Umständen noch bestehen. Angesichts dieses mehr als dürftigen Vortrags der Ast. kann eine unbillige Härte im oben genannten Sinne nicht festgestellt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 3. Halbsatz SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung, wobei die Quotelung dem Maß des Obsiegens bzw. Unterliegens entspricht. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGG i.V.m. § 13 Abs. 1 Gerichtskostengesetz. In Anlehnung an den Streitwertkatalog der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist bei einem Verfahren um die Aussetzung der Vollziehung ein Viertel des Wertes der Hauptsache anzusetzen (vgl. Senat, Beschluss vom 03.04.2003 - L 5 KR 140/03 ER -; ebenso der 16. Senat des LSG NRW, Beschluss vom 31.03.2004 - L 16 B 17/04 KR ER -). Da im Beschwerdeverfahren nur noch über die Beitragsforderung aus dem Bescheid vom 10.12.2002 in Höhe von 582.006,10 Euro gestritten worden ist, war ein Viertel dieses Wertes, mithin ein Betrag von 145.501,52 Euro festzusetzen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen.
Die Antragstellerin (Ast.) betreibt ein Gebäudereinigungsunternehmen. Sie beschäftigt u.a. eine große Zahl von Arbeitnehmern, die als geringfügig Beschäftigte geführt werden. Bereits seit 1993 war bei Prüfungen der Ast. festgestellt worden, dass Lohnkonten für Beschäftigte geführt wurden, die nicht oder nicht mehr bei der Ast. beschäftigt waren und über die Zahlung an andere Arbeitnehmer erfolgten.
Anlässlich einer Betriebsprüfung vom 05.10.1999 bis 17.01.2000 für den Zeitraum 01.09.1995 bis 31.03.1999 stellte die Antragsgegnerin (Ag.) erneut fest, dass Lohnkonten für geringfügig Beschäftigte geführt wurden, obwohl diese in keinem Beschäftigungsverhältnis zur Ast. standen. Die unter dem Namen dieser Personen gezahlten Beträge wurden an andere Aushilfen gezahlt, für die kein Lohnkonto geführt wurde oder für die ein Lohnkonto im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung existierte. Die Ag. setzte insoweit in dem bestandskräftigen Bescheid vom 13.03.2000 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von ca. 116.000,- DM fest. Zugleich wies sie die Ast. darauf hin, zur Vermeidung von Nachteilen werde um Einhaltung der Zusage gebeten, künftig Lohnkonten nur für tatsächlich Beschäftigte zu führen.
Im Mai 2000 wollte die Beklagte die Prüfung für den Zeitraum ab 01.04.1999 durchführen. Diese Prüfung wurde abgebrochen, weil die Ast. nicht alle prüfrelevanten Unterlagen herausgab und außerdem festgestellt wurde, dass weiterhin Lohnkonten für nicht Beschäftigte geführt wurden. Mit Schreiben vom 07.06.2000 wurde die Ast. aufgefordert, die erheblichen Mängel beim Meldeverfahren und der Führung der Lohnunterlagen zu beseitigen und eine Fortführung der Prüfung Anfang August 2000 angekündigt. Bei der Prüfung am 07./08.08.2000 wurde wiederum festgestellt, dass Lohnkonten für geringfügig Beschäftigte geführt wurden, obwohl diese Personen in keinem Beschäftigungsverhältnis standen. Außerdem stand für die Prüfung kein kompetenter Gesprächspartner zur Verfügung. Die Ag. brach die Prüfung daraufhin ab und teilte der Ast. mit Schreiben vom 24.08.2000 mit, es sei der Erlass eines Summenbeitragsbescheides beabsichtigt, da erneut Scheinkonten festgestellt worden seien und eine ordnungsgemäße Prüfung mangels Unterlagen und fehlender Mitwirkung der Ast. nicht möglich sei. Grundlage des Summenbescheides sei eine monatliche Lohnsumme für geringfügig entlohnte Beschäftigte in Höhe von 185.000,- DM. Die Ast., die zuvor mit Schreiben vom 21.08.2000 um eine "einvernehmliche Lösung" für das Jahr 1999 gebeten hatte, für das die Rekonstruktion der Lohnzahlungen schwierig sei, während sie für das Jahr 2000 Unterlagen erstellen wollte, wies mit Schreiben vom 31.08.2000 darauf hin, dass eine Beitragsnachforderung in der beabsichtigten Höhe ihre wirtschaftliche Existenz gefährde. Sie bat mit Schreiben vom 05.09.2000 um Mitteilung, wie die monatliche Lohnsumme von 185.000,- DM ermittelt worden sei. Ein beabsichtigter Gesprächstermin zwischen der Ast. und der Ag. zur Erörterung des Sachverhalts kam nicht zustande. Aufgrund einer Strafanzeige der Ag. wegen Betrugs und Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen erfolgte am 20.02.2001 eine Durchsuchung der Geschäftsräume der Ast., bei der 90 Aktenordner beschlagnahmt und die auf dem Server und dem PC der Personalleitung enthaltenen Daten gesichert wurden. Die Ag. wurde von der Staatsanwaltschaft mit der Auswertung der sichergestellten Unterlagen beauftragt. Mit Schreiben vom 10.02.2002 übermittelte sie der Staatsanwaltschaft das Ergebnis ihrer Auswertung, wobei sie angab, nur für den Zeitraum Mai 2000 bis Januar 2001 hätten gesicherte Erkenntnisse gewonnen werden können.
Mit Bescheid vom 10.12.2002 stellte die Ag. für den Zeitraum vom 01.04.1999 bis 30.06.2000 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Form eines Summenbescheides in Höhe von 582.006,10 Euro fest, wobei sie entsprechend dem Anhörungsschreiben von einer geschätzten monatlichen Entgeltsumme in Höhe von 185.000,- DM ausging. Mit ihrem Widerspruch rügte die Ast., weder Schätzungsgrundlage noch Schätzungsmethode seien erkennbar. Der von der Ag. angenommene Betrag liege über dem, der insgesamt für Aushilfen gebucht worden sei. Selbst wenn man der Vermutung der Prüfer folge, dass Lohnkonten für nicht Beschäftigte geführt worden seien, müsse Obergrenze der Schätzung die gebuchte Lohnsumme sein, von der nochmals deutliche Abschläge zu machen seien, da unstreitig auch tatsächlich geringfügig beschäftigte Personen existiert hätten. Ferner müsse man die für die geringfügig Beschäftigten gezahlten Pauschalbeiträge in Abzug bringen. Die von der Ast. beantragte Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs lehnte die Ag. mit Schreiben vom 06.03.2003 ab.
Mit Schreiben vom 04.02.2003 hörte die Ag. die Ast. zum Erlass eines weiteren Summenbeitragsbescheides in Höhe von 240.361,03 Euro für den Zeitraum 01.07. bis 31.12.2000 an. Dabei legte sie als monatliche Entgeltsummen die Beträge zugrunde, die ihr vom Finanzamt T-West mit Schreiben vom 12.12.2002 übermittelt worden waren. Auf Bitte der Ag. hatte das Finanzamt an Hand der beschlagnahmten Unterlagen eine Aufteilung der Aushilfslöhne nach Monaten für den Zeitraum vom 01.07.1999 bis 31.12.2000 vorgenommen. Es hatte allerdings darauf hingewiesen: Es hätten lediglich die bis zum Zeitpunkt der Beschlagnahme gebuchten Zahlen berücksichtigt werden können. Die endgültigen Zahlen hätten aufgrund der vorliegenden Unterlagen nicht ermittelt werden können, diese könnten daher von den ermittelten Zahlen abweichen. Für die Monate April bis Juni 1999 hätten keine Unterlagen zu gezahlten Aushilfslöhnen vorgelegen. Mit Bescheid vom 18.03.2003 setzte die Beklagte entsprechend ihrem Anhörungsschreiben weitere Beiträge in Höhe von 240.361,03 Euro fest, wovon ein Betrag von rund 216.000,- DM als Summenbescheid auf Beiträge für die geringfügig Beschäftigten entfällt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2003 wies sie den Widerspruch der Ast. zurück.
Die Ast. hat am 09.05.2003 Klage erhoben und am 14.05.2003 die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt. Sie macht geltend, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide der Beklagten. Diese seien grob unzutreffend und weitgehend unverständlich. Unter Verweis auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren macht sie geltend, die Schätzung der Ag. sei nicht nachvollziehbar. Solange die Ag. nicht in der Lage sei, Anhaltspunkte für die grob unzutreffende Schätzung zu geben, müsse die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet werden. Im Übrigen bedeutet die Vollstreckung für sie auch eine unbillige Härte. Sie habe bereits ohne Anerkennung einer Rechtspflicht 120.000,- Euro gezahlt, die von ihr angestrebte Stundung der weiteren Forderung und Ratenzahlungsvereinbarung sei nicht zustande gekommen, weil sie nicht in der Lage sei, die von der Ag. geforderten Sicherheiten zu stellen. Sie sei nicht in der Lage, weitere Zahlungen zu erbringen.
Die Ag. hat der Ast. vorgehalten, sie habe durch das Anhörungsschreiben vom 24.08.2000 Kenntnis von der Schätzungsgrundlage gehabt. Gleichwohl sei sie offensichtlich außerstande, Beweismittel für die tatsächlichen Zahlungen vorzulegen, die den gesetzlichen Erfordernissen an den Inhalt der Lohnunterlagen genügten. Sie sei von der von der Ast. mitgeteilten Lohnsumme für geringfügig Beschäftigte im Monat November 1998 ausgegangen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 11.12.2003 die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der mit Bescheid vom 10.12.2002 festgesetzten Beitragsforderung angeordnet. Es hat insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsakts bejaht, weil die Ag. nicht dargelegt habe, weshalb der Aufwand für die Ermittlung der tatsächlichen Lohnsumme unverhältnismäßig hoch gewesen sei und warum sie nicht wie im Bescheid vom 18.03.2003 die vom Finanzamt T-West übermittelten Lohnsummen der Beitragsberechnung zugrundegelegt habe. Hinsichtlich des Bescheids vom 18.03.2003 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt.
Die Ag. hat gegen den ihr am 23.12.2003 zugestellten Beschluss am 07.01.2004 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Sie rügt, das Sozialgericht habe verkannt, dass die Ast. ihre Aufzeichnungspflicht verletzt habe. Da sie für die geringfügig Beschäftigten keine ordnungsgemäßen Lohnkonten geführt habe, komme es zu einer Umkehr der Beweislast. Die Ast müsse die Schätzung gegen sich gelten lassen, weil seriöse Unterlagen zur Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen nicht zur Verfügung stünden. Sie habe die von der Ast. für den Monat November 1998 mitgeteilte Summe der Aushilfslöhne der Schätzung zugrundegelegt. Die Buchungsunterlagen der Ast. hätten seit dem 01.04.1999 noch an Aussagekraft verloren, so dass aus der Summe der tatsächlich ausgezahlten Aushilfslöhne keine den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechende Schätzung möglich sei. Sie sehe sich aufgrund der von ihr mit erheblichem Aufwand geleisteten Ermittlungsarbeiten nicht mehr in der Pflicht, weitere Ermittlungsarbeit zu leisten und in jedem Einzelfall den Nachweis zu erbringen, dass kein geringfügig entlohntes Beschäftigungsverhältnis vorgelegen habe. Vielmehr müsse insoweit die Ast. darlegen, dass tatsächlich geringfügig entlohnte Beschäftigungen vorgelegen hätten.
Die Ast. beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.12.2003 zu ändern und den Antrag in vollem Umfang abzulehnen.
Die Ag. beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die Auffassung des Sozialgerichts für zutreffend, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 10.12.2002 bestünden, weil die von der Ag. geschätzte Lohnsumme über der Summe der vom Finanzamt mitgeteilten Aushilfslöhne und über den insgesamt gebuchten Entgelten liege. Ferner macht sie geltend, die Vollziehung dieses Bescheides stelle für sie eine unbillige Härte dar. Sie sei nicht in der Lage, die geforderte Summe zu zahlen, ohne dass Zahlungsschwierigkeiten auftreten. Hinsichtlich des mit Bescheid vom 18.03.2003 gezahlten Betrages habe sie eine a-Kontozahlung in Höhe von 120.000,- Euro geleistet und darüber hinaus ab Januar 2004 mit der Beigeladenen eine Ratenzahlung vereinbart. Darüber hinausgehend habe sie keinen finanziellen Handlungsspielraum mehr. Zur Darstellung der wirtschaftlichen Situation bezieht sie sich auf eine von einer Unternehmensberatungsgesellschaft erstellte Ergebnisanalyse des ersten Quartals 2004.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und auch zum Teil begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht in vollem Umfang die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich des Bescheides vom 10.12.2002 angeordnet.
Zutreffend geht das Sozialgericht davon aus, dass der Antrag nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft ist, weil die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt und dass diese Entscheidung nach den Maßstäben des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu treffen ist. Demgemäß hat eine Aussetzung der Vollziehung zu erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Der Senat schließt sich jedenfalls für Beitragsstreitigkeiten der Auffassung an, dass ernstliche Zweifel i.S.d. § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG nur dann vorliegen, wenn ein Obsiegen des Ast. in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (so die herrschende Meinung, vgl. LSG NRW, Beschluss vom 18.12.2002 - L 16 B 70/02 KR ER -; Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl., § 86a Rdn. 27; VGH Baden-Württemberg NVwZ 1991, 1004, 1005; OVG Münster NVwZ 1989, 588; 1994, 198). Andernfalls wäre in Beitragsangelegenheiten angesichts der vielfach in vorläufigen Rechtsschutzverfahren noch ungeklärten Verhältnisse eine Aussetzung der Vollziehung häufig durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungsträger beeinträchtigten könnte (s. dazu ausführlich LSG NRW, a.a.O.).
Nach dem gegenwärtigen Sachstand ist es überwiegend wahrscheinlich, dass die Klage gegen den Bescheid vom 10.12.2002 teilweise Erfolg haben wird. Die Ag. hat in diesem Bescheid gemäß § 28f Abs. 2 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) die Sozialversicherungsbeiträge nicht personenbezogen, sondern in einem Summenbescheid und daneben gemäß Satz 3 a.a.O. die Höhe der Arbeitsentgelte geschätzt. Dies setzt jeweils voraus, dass der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflicht nicht erfüllt hat und dass einerseits eine Zuordnung der Beiträge zu einzelnen Beschäftigten, andererseits die Ermittlung der tatsächlichen Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand möglich ist.
Dass die Ast. ihre Aufzeichnungspflicht verletzt hat, steht nach den vorliegenden Unterlagen außer Zweifel. Die Tatsache, dass sie selbst in ihrem Schreiben vom 21.08.2000 eine "Rekonstruktion" der Lohnzahlungen für das Jahr 2000 angeboten, während sie insoweit für das Jahr 1999 größere Probleme gesehen und um eine "einvernehmliche Lösung" nachgesucht hat, zeigt, dass den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Personalunterlagen nicht vorliegen.
Soweit es um die personenbezogene Feststellung von Beiträgen geht, mag zwar zu fragen sein, warum die Ag. nicht zumindest teilweise aufgrund der Unterlagen eine Zuordnung der Beiträge zu einzelnen Beschäftigten vornehmen kann. Den vorgelegten Verwaltungsunterlagen lässt sich nicht entnehmen, welche Anstrengungen die Ast. insoweit unternommen hat. Ob angesichts der Zahl der Beschäftigten (laut Bericht des Finanzamts T-West vom 05.09.2002 über die Lohnsteuer-Außenprüfung 497 Arbeitnehmer, davon 220 Aushilfskräfte) eine Zuordnung der Beiträge zu einzelnen Beschäftigten (unter Umständen auch aufgrund geschätzter Entgelte) auch unter Berücksichtigung der wesentlichen Belange, die die Versicherungs- und Beitragspflicht für diese Beschäftigten bedeuten kann, einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde (vgl. insoweit zur Relation zwischen Aufwand und Bedeutung des Ergebnisses BSG SozR 3-2400 § 28f Nr. 3; LSG Berlin Urteil vom 09.07.2003 - L 9 KR 373/01 -) kann jedoch dahinstehen, da insoweit der Ausgang des Hauptsacheverfahrens allenfalls offen ist. Dies gilt umso mehr, als die Ast. hierzu nichts vorgetragen hat.
Soweit es um die Ermittlung der tatsächlichen Arbeitsentgelte geht, die an angeblich geringfügig entlohnte Beschäftigte gezahlt worden sind, die in Wahrheit wegen der zusätzlichen (verschleierten) Zahlungen sozialversicherungs- und beitragspflichtig sind, dürfte angesichts der von der Ast. selbst eingeräumten Notwendigkeit einer "Rekonstruktion" der Lohnzahlungen und des Umstandes, dass für das zweite Quartal 1999 noch nicht einmal Aushilfslöhne gebucht sind, eine Ermittlung der tatsächlichen Arbeitsentgelte nur mit unverhältnismäßig großem Verwaltungsaufwand möglich sein. Allerdings führt die Ag. in ihrem Schreiben vom 10.01.2002 an die Staatsanwaltschaft Düsseldorf aus, sie habe an Hand der beschlagnahmten Unterlagen für die Zeit ab Mai 2000 gesicherte Erkenntnisse erlangen können. Worauf sich diese Erkenntnisse beziehen, geht freilich aus dem Schreiben nicht hervor. Da andererseits das Finanzamt T-West in seinem Schreiben vom 12.12.2002 darauf hinweist, dass die Buchhaltungsunterlagen nicht vollständig seien und die tatsächlichen Zahlungen von den gebuchten abweichen könnten, kann jedenfalls für die Zeit bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens, auf die es für die Rechtmäßigkeit der Schätzung ankommt (vgl. BSG a.a.O.) davon ausgegangen werden, dass die Arbeitsentgelte nicht bzw. nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermittelt werden könnten, so dass insoweit der Rückgriff auf die Schätzung keinen durchgreifenden Bedenken begegnet.
Lässt sich die Summe der Arbeitsentgelte nicht ermitteln, ist die Entgeltsumme sorgfältig zu schätzen, wobei die - gegebenenfalls ebenfalls zu schätzende - Zahl der Beschäftigten und das ortsübliche Entgelt die Grundlage der Schätzung bilden (Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Soziale Pflegeversicherung, § 28f SGB IV Rdn. 13). Bei der Schätzung handelt es sich um eine Tatsachenfeststellung, bei der dem Rentenversicherungsträger kein Ermessen eingeräumt und die gerichtlich voll überprüfbar ist (Sehnert in Hauck/Noftz, SGB IV, § 28f Rdn. 10; Kass.Komm.-Seewald, § 28f SGB IV Rdn. 9). Die Schätzung ist auch keine "Bestrafung" für die Verletzung der Aufzeichnungspflicht, sondern dient der möglichst genauen Feststellung der Beitragslast des Arbeitgebers (Krasney NJW 1989, 1007, 1009).
Vor diesem Hintergrund gehen die Ausführungen der Ag. dazu, dass die Ast. die Schätzung gegen sich gelten lassen müsse, weil seriöse Unterlagen zur Bestimmung der beitragspflichtigen Entgelte nicht zur Verfügung stünden, an der Sache vorbei. Der Senat verkennt nicht, dass die Ast. offensichtlich seit Jahren (wohl bewusst) ihre Aufzeichnungspflicht verletzt und die tatsächlichen Verhältnisse durch Führung von Lohnkonten für nicht beschäftigte Personen verschleiert. Es ist auch verständlich, dass die Umstände der Betriebsprüfung im Jahre 2000, die zweimal wegen der fehlenden Kooperation der Ast. abgebrochen wurde, die Ag. zu ihrer Haltung bestimmt hat. Gleichwohl erlauben die gesetzlichen Vorgaben nicht, ein unkooperatives und ordnungswidriges (§ 111 Abs. 1 Nr. 3 SGB IV) und unter Umständen sogar strafrechtlich relevantes Verhalten beitragsrechtlich zu sanktionieren, indem ohne nähere Prüfung Beiträge in maximaler Höhe gefordert werden. Außerdem übersieht die Ag., dass sie die Rechtmäßigkeit ihrer Schätzung zu beweisen hat. Soweit sie von einer Umkehr der Beweislast ausgeht, bezieht sich diese nur auf das Verfahren nach § 28f Abs. 2 Satz 5 SGB IV. Nur soweit ein Summenbescheid rechtmäßig ergangen ist, trägt der Arbeitgeber im Widerrufsverfahren die objektive Beweislast für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht und den Nachweis der Höhe der Arbeitsentgelte.
Die Ag. hat der Schätzung das von der Ast. im November 1998 für "Aushilfslöhne" (also die für alle geringfügig entlohnten Beschäftigten gebuchten Entgelte) zugrundegelegt. Diese Schätzungsgrundlage hält der Senat in zweierlei Hinsicht für fehlerhaft. Zum einen sind im Monat November 1998 Sonderzahlungen angefallen, so dass die Lohnsumme dieses Monats kaum repräsentativ für alle Monate der Jahre 1999 und 2000 sein kann. Dies zeigt der Vergleich mit den für das Jahr 2000 gebuchten Lohnsummen: Im Monat November 2000 sind 203.734,47 DM gebucht worden, im Januar nur 135.236,90 DM und im August nur 148.031,34 DM. Die durchschnittlichen Monatsentgelte für geringfügig Beschäftigte betrugen im Jahr 2000 167.582,31 DM. Offenkundig können also die Verhältnisse des Monats November keine Grundlage für eine Schätzung der Entgelte in den anderen Monaten sein. Zum anderen geht die Ag. mit der Zugrundelegung der gesamten für die Aushilfskräfte gebuchten Löhne davon aus, dass alle Aushilfskräfte mehr als geringfügig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig waren. Auch für diese Annahme hat sie keine Begründung gegeben.
Ihr Vortrag, sie sehe sich nicht verpflichtet, in jedem einzelnen Fall nachzuweisen, dass kein geringfügig entlohntes Beschäftigungsverhältnis vorgelegen habe, vielmehr habe die Ast. wegen der Verletzung ihrer Aufzeichnungspflicht die Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit zu beweisen, beruht auf der Verkennung der Funktion der Schätzung. Selbstverständlich muss die Ag. bei einer Schätzung nicht in jedem Fall die Versicherungspflicht nachweisen, sie muss aber darlegen, aufgrund welcher Erkenntnisse sie davon ausgeht, dass die Ast. keine geringfügig entlohnten Personen beschäftigt hat, also die gesamten Aushilfslöhne für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gezahlt worden sind. Das erscheint schon auf den ersten Blick fernliegend. Insoweit hätte die Ag. beispielsweise durch Stichproben ermitteln können, welche als geringfügig entlohnte Beschäftigte geführte Arbeitnehmer über die für sie gebuchten Löhne hinaus Arbeitsentgelt erhalten haben und dann eine Hochrechnung auf die Gesamtzahl der geringfügig Beschäftigten vornehmen können. So ist sie offenbar im Bescheid vom 13.03.2000 verfahren, denn in dem Vermerk vom 26.01.2000, in dem um Zustimmung zum Erlass eines Summenbescheides gebeten wird, wird ausgeführt, bei einer "gewissenhaften Hochrechnung" der falsch abgerechneten Fälle im Verhältnis zur Jahreslohnsumme der Aushilfslöhne könne eine pauschale Beitragsberechnung erfolgen. Wenn also in der Vergangenheit nur bei einem Teil der geringfügig Beschäftigten tatsächlich die Grenze der Geringfügigkeit überschritten wurde, ist es fernliegend, dass ab dem 01.04.1999 völlig andere Verhältnisse geherrscht haben sollten. Auch wenn die Lohnunterlagen speziell im Jahre 1999 noch lückenhafter und unvollständiger waren als in der Zeit davor (was die Ast. ja letztlich im Schreiben vom 21.08.2000 eingeräumt hat), hat die Ag. gleichwohl keine nachvollziehbaren Gründe genannt, warum für die streitbefangene Zeit eine entsprechende Hochrechnung per se ausscheidet. Da die Ag. offenbar durch Auswertung der Unterlagen jedenfalls für die Zeit ab Mai 2000 gesicherte Erkenntnisse erlangen konnte, hätte sie wohl ohne Weiteres überprüfen können, ob ihre Annahme zutreffend ist - oder sie hätte ihre Schätzung entsprechend korrigieren müssen. Hierzu fehlt bislang jeglicher Vortrag der Ag.
Auf der anderen Seite muss nach dem bisherigen Sachstand davon ausgegangen werden, dass die Ast. in erheblichem Umfang verdeckte Lohnzahlungen an angeblich geringfügig Beschäftigte geleistet hat und damit in diesen Fällen die Geringfügigkeitsgrenze des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV (damalige Fassung) überschritten wurde. Insoweit dürfte jedenfalls ein Teil der Beiträge zu Recht gefordert werden. Für die Schätzung des beitragspflichtigen Entgeltes kann bei dem derzeitigen Sachstand der Bericht des Finanzamts T-West über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 05.09.2002 herangezogen werden. Das Finanzamt hat für die Lohnsteuer eine zusätzlich lohnsteuerpflichtige Lohnsumme in Höhe von jährlich 400.000,- DM geschätzt. Das sind rund 40 % der Lohnsumme, die im Jahre 2000 von der Ast. an Aushilfskräfte gezahlt worden sind, deren Lohn nach den vorgelegten Freistellungsbescheinigungen steuerfrei belassen wurde. Offenbar geht also das Finanzamt davon aus, dass in diesem Umfang die Voraussetzungen einer Freistellung - Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung - nicht vorlagen. Von daher bietet es sich für die Schätzung der beitragspflichtigen Entgelte an, einen Betrag von 40 % der für Aushilfskräfte insgesamt gezahlten Entgelte als beitragspflichtiges Entgelt anzunehmen.
Ferner kann derzeit nur von den vom Finanzamt mitgeteilten Entgelte für die einzelnen Monate ausgegangen werden. Auch wenn die Buchführungsunterlagen für die Zeit ab 01.04.1999 mangelhaft waren, spricht mehr dafür, von den vom Finanzamt mitgeteilten Entgelten auszugehen als von den - wie ausgeführt unrealistischen - Werten für den Monat November 1998. Dies hat die Ag. auch im Übrigen für die Zeit ab 01.07.2000 getan, ohne Gründe dafür zu nennen, warum für die Zeit davor etwas anderes gelten soll. Die gebuchten Entgelte dürften auch realistischer sein als die von der Ast. im streitigen Zeitraum gemeldeten Entgelte für geringfügig Beschäftigte, die die Ag. im Schriftsatz vom 30.06.2004 mitgeteilt hat. Die gemeldeten Entgelte liegen deutlich unter den gebuchten Löhnen, außerdem ist schwer verständlich, warum zwar für die Monate April - Juni 1999 Entgelte gemeldet werden konnten, aber nicht gebucht worden sind. Soweit für die Monate April bis Juni 1999 keine Löhne gebucht worden sind, können für diese Monate der Schätzung die durchschnittlichen monatlichen Entgelte des Jahres 1999 unter Einbeziehung der für die Monate Januar bis März 1999 gebuchten Entgelte zugrundegelegt werden. Somit wären für die Monate April bis Juni 1999 Entgelte von jeweils monatlich 161.607,93 DM anzusetzen. Die Gesamtentgeltsumme für die Zeit vom 01.04. bis 31.12.1999 beläuft sich somit auf 1.376.207,10 DM. Nimmt man ein beitragspflichtiges Entgelt in Höhe von 40 % dieser Summe an, ergibt sich ein Betrag von 550.482,84 DM. Die Beitragsforderung für diese Zeit beläuft sich somit (Gesamtsozialversicherungsbeiträge 41,1 %) auf 226.248,44 DM = 115.533,08 Euro. In den Monaten Januar bis Juni 2000 betrug das Gesamtentgelt für die Aushilfskräfte 976.805,31 DM, so dass von einem beitragspflichtigen Entgelt von 390.722,12 DM auszugehen wäre. Die Beitragsforderung für diese Zeit beträgt somit (Gesamtsozialversicherungsbeiträge 40,9 %) 159.805,34 DM = 81.604,12 Euro. Für die Zeit vom 01.04.1999 bis 30.06.2000 ergibt sich somit eine Gesamtforderung in Höhe von 197.137,20 Euro. In Höhe dieser Forderung dürfte der Bescheid vom 10.12.2002 Bestand haben.
Der Senat verkennt insoweit nicht, dass die Ag. hinsichtlich des Bescheides vom 18.03.2003 die Ablehnung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hingenommen und insoweit die Beiträge (vorläufig) auf der Grundlage der gesamten gebuchten Entgelte für Aushilfskräfte gezahlt hat. Dies ist aber allenfalls ein Indiz dafür, dass auch die Ast. von einer erheblichen Zahl fingierter geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse ausgeht, kann aber nicht die Ermittlung einer tragfähigen Grundlage für die Schätzung der beitragspflichtigen Entgeltsumme ersetzen. In Höhe eines Betrages von 197.137,20 Euro dürfte die Forderung begründet sein. Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Betrages bestehen aber auf der Grundlage des bisherigen Vortrags der Ag. ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides. Der Ag. bleibt es insoweit unbenommen, im Hauptsacheverfahren über die Floskel hinaus, sie halte weitere Ausführungen nicht für angezeigt, konkret aufzuzeigen, dass ihre Schätzung tragfähig ist. Dabei mag sie darlegen, zu welchen Erkenntnissen sie aufgrund der Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen gekommen ist. In diesem Zusammenhang ist nochmals zu betonen, dass die Ag. die Rechtmäßigkeit ihrer Schätzung zu belegen hat und sich nicht darauf zurückziehen kann, die Ast. müsse diese Schätzung hinnehmen, solange sie die tatsächlichen Verhältnisse nicht nachweisen könne.
Keinen Bedenken begegnet dagegen, dass die Ag. die für die geringfügig Beschäftigten gezahlten Pauschalbeiträge nicht von der Summe der geforderten Sozialversicherungsbeiträge abgesetzt hat. Die Pauschalbeiträge sind ein bloßer Finanzierungsbeitrag des Arbeitgebers zur Sozialversicherung und werden auf anderer gesetzlicher Grundlage (§ 249b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 172 Abs. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) entrichtet als die Sozialversicherungsbeiträge, die hier von der Ast. als Arbeitgeberin nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV gefordert werden. Insoweit kann die Ast. wegen zu Unrecht gezahlter Pauschalbeiträge einen Erstattungsanspruch nach § 26 Abs. 2 SGB IV gegen die Einzugsstelle geltend machen, mit dem sie dann gegebenenfalls gegen die Beitragsforderung aufrechnen kann.
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich des Betrages von 197.137,20 Euro wegen einer unbilligen Härte kommt nicht in Betracht. Eine unbillige Härte ist dann zu bejahen, wenn durch die Vollziehung Nachteile entstehen, die über die eigentliche Leistung hinausgehen und nicht oder nur schwer wieder gut gemacht werden können (vgl. Meyer- Ladewig, a.a.O.; OVG Münster NVwZ 1989, 588, 591). Solche Nachteile sind hier nicht ersichtlich, die Ast. hat insoweit keine konkreten Umstände vorgetragen. Im Schriftsatz vom 20.02.2004 behauptet sie nur pauschal, sie sei nicht in der Lage, die geforderte Summe zu zahlen, ohne dass Zahlungsschwierigkeiten aufträten. Soweit sie in diesem Schreiben darauf verweist, sie habe wegen der mit der Beigeladenen vereinbarten Ratenzahlung hinsichtlich der Forderung aus dem Bescheid vom 18.03.2002 keinen finanziellen Handlungsspielraum mehr, besteht dieser wieder, da die Ast. inzwischen die Forderung aus diesem Bescheid vollständig beglichen hat. Den bereits im Antragsschriftsatz angekündigten Status zur wirtschaftlichen Situation hat die Ast. bislang nicht vorgelegt. Aus der nunmehr übersandten Ergebnisanalyse für das erste Quartal 2004 vermag der Senat nicht zu erkennen, inwiefern eine Zahlung von weiteren rund 197.000,- Euro für die Ast. eine existenzielle Krise bedeuten kann. In der Ergebnisanalyse wird zwar an einer Stelle eine "prekäre Entwicklung" erwähnt, ohne dass diese allerdings näher erläutert wird. Aus der Darstellung ergibt sich auch nicht ansatzweise, über welche Mittel und Kreditlinien die Ast. noch verfügt und welche sonstigen Belastungen unter Umständen noch bestehen. Angesichts dieses mehr als dürftigen Vortrags der Ast. kann eine unbillige Härte im oben genannten Sinne nicht festgestellt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 3. Halbsatz SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung, wobei die Quotelung dem Maß des Obsiegens bzw. Unterliegens entspricht. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGG i.V.m. § 13 Abs. 1 Gerichtskostengesetz. In Anlehnung an den Streitwertkatalog der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist bei einem Verfahren um die Aussetzung der Vollziehung ein Viertel des Wertes der Hauptsache anzusetzen (vgl. Senat, Beschluss vom 03.04.2003 - L 5 KR 140/03 ER -; ebenso der 16. Senat des LSG NRW, Beschluss vom 31.03.2004 - L 16 B 17/04 KR ER -). Da im Beschwerdeverfahren nur noch über die Beitragsforderung aus dem Bescheid vom 10.12.2002 in Höhe von 582.006,10 Euro gestritten worden ist, war ein Viertel dieses Wertes, mithin ein Betrag von 145.501,52 Euro festzusetzen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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NRW
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