Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 3299/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2562/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 04.07.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 1959 geborene Klägerin, ausgebildete Friseurin, war zunächst in ihrem Ausbildungsberuf und nachfolgend in einer Buchbinderei beschäftigt. Zuletzt war sie ab 1993 im Bundeswehrkrankenhaus U. als Stationshilfe versicherungspflichtig beschäftigt. Ab Oktober 2012 war die Klägerin arbeitsunfähig. Eine berufliche Tätigkeit nahm sie nachfolgend nicht mehr auf.
Die Klägerin wurde vom 05. bis zum 25.09.2013 in der "RKU Ambulant" im Rahmen einer ganztätigen ambulanten Rehabilitation unter den Diagnosen Funktionseinschränkung rechtes oberes Sprunggelenk bei bekannter Haglundferse (Überbein am Fersenbein) und Fersensporn, chronisch rezidivierendes HWS-Syndrom, Adipositas (BMI 33) sowie anhaltende Belastungsreaktion behandelt und ausweislich des entsprechenden Entlassungsberichtes für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne ständiges Gehen und überwiegend im Sitzen sechs Stunden und mehr für leistungsfähig erachtet. Die letzte Tätigkeit als Stationshilfe sei der Klägerin lediglich noch weniger als drei Stunden täglich zumutbar.
Am 11.11.2013 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Ihren Antrag begründete sie mit Tumorbildung am Unterbauch mit Entzündung der Narbenzone, Wasserödeme in den Füßen, Achillessehnenentzündung rechte Ferse, chronisch rezidivierendes HWS-Syndrom, psychische Probleme, Diabetes, Stoffwechselerkrankung und Bluthochdruck. Nach Auswertung des erwähnten Entlassungsberichtes lehnte die Beklagte diesen Antrag mit Bescheid vom 11.02.2014 und der Begründung ab, die Klägerin könne trotz ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein und sei daher nicht erwerbsgemindert. Berufsunfähigkeit liege auf Grund ihres beruflichen Werdeganges nicht vor. Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin u.a. geltend, die Beklagte habe unberücksichtigt gelassen, dass sie auch an einer rezidivierenden depressiven Erkrankung leide. Nach Einschätzung ihres behandelnden Psychotherapeuten und ihres Hausarztes Dr. H. sei sie nicht mehr leistungsfähig. Die Beklagte veranlasste sodann das Gutachten der Fachärztin für Innere Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B. , die die Klägerin im Juni 2014 untersuchte und eine depressive Anpassungsstörung nach dem Tod des Ehemannes (mittelgradige depressive Episode) bei dependent-ängstlicher Persönlichkeit, ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit Schmerzen (ohne neurologische Defizite) bei vermehrter LWS- und HWS-Lordose und BWS-Kyphose, eine Bursitis subacromialis links mit painful arc, Schmerzen und Funktionseinschränkungen im rechten oberen Sprunggelenk bei Fersensporn rechts und Haglundferse, ein metabolisches Syndrom und Adipositas (arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2b, sekundär insulinpflichtig, Fettstoffwechselstörungen) sowie eine beginnende Coxarthrose beidseits diagnostizierte. Die Gutachterin erachtete die Klägerin für in der Lage, leichte Tätigkeiten ohne Nachtschicht zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2014 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin sodann zurück.
Am 21.10.2014 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, bei kumulativer Betrachtung ihrer orthopädischen, neurologischen und internistischen Erkrankungen könne sie selbst leichteste Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Das SG hat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das Gutachten des Dr. B. , Arzt für Orthopädie/Unfallchirurgie und Leiter der Sektion Endoprothetik im Bundeswehrkrankenhaus U. , auf Grund Untersuchung der Klägerin im Juni 2015 eingeholt. Der Sachverständige hat von orthopädischer Seite ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit Schmerzen im Bereich der HWS und LWS (vorbekannter lumbaler Bandscheibenvorfall, cervikale Bandscheibenvorfälle in den beiden unteren HWS-Segmenten, bildgebend cervikale Spinalkanalstenose HWK 6/7, muskuläre Reizerscheinungen) mit mäßigen schmerzhaften Bewegungseinschränkungen und einem sensiblen Nervenwurzelreizsyndrom C7 (rechts mehr als links; keine motorische Defizite und keine klinischen Hinweise auf Myelopathie), ein vorbeschriebenes Impingementsyndrom im linken Schultergelenk (ohne Bewegungseinschränkungen), eine beginnende Coxarthrose beiderseits (initiale Bewegungseinschränkungen) sowie eine beginnende schmerzhafte Bewegungs- und Belastungsminderung des rechten Fußes bei Arthrose im rechten oberen und unteren Sprunggelenk (Endbewegungsschmerzen ohne sonstige Reizzeichen), geringer chronischer Außenknöchelbandinstabilität, plantarem Fersensporn, Haglundferse und Achillodynie beschrieben. Darüber hinaus hat er eine initiale periphere sensomotorische Polyneuropathie beider Beine mit beginnender ataktischer Gangstörung, die Entfernung eines malignen Melanoms am rechten Oberbauch, einen Reizmagen und eine Refluxkrankheit (mit H2-Blockern remittiert), ein metabolisches Syndrom (Adipositas mit BMI 41, medikamentös behandelte arterielle Hypertonie, schwer einstellbarer insulinpflichtiger Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörung) sowie eine depressive Anpassungsstörung nach dem Tod des Ehemannes dokumentiert. Nach den Ausführungen des Sachverständigen liege eine deutliche Multimorbidität sowie vordergründig ein metabolisches Syndrom mit schwer einstellbarer Zuckerkrankheit vor. Er hat leichteste körperliche Tätigkeiten ohne jegliches Heben und Tragen, ohne Zwangshaltungen für den Rumpf und die Wirbelsäule, überwiegend im Sitzen, ohne Klettern und Steigen, ohne Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten bzw. mit Absturzgefahr, ohne besonderen Zeitdruck, ohne Nacht- oder Wechselschicht, ohne Arbeiten an laufenden Maschinen, ohne taktgebundene Arbeiten, ohne Akkordarbeiten, ohne Arbeiten unter ungünstigen Witterungsverhältnissen mit Einfluss von großen Temperaturschwankungen, Zugluft, Kälte und/oder Nässe sowie ohne Arbeiten mit besonderer Anforderung an das Sehvermögen, an die nervliche Belastbarkeit, an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen und die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit im Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich für zumutbar erachtet. Gegen die Einschätzung des Sachverständigen hat die Beklagte unter Vorlage der sozialmedizinischen Stellungnahme des Facharztes für Innere Medizin Dr. B. Einwände erhoben (u.a. metabolisches Syndrom fachfremd, unklar weshalb Zuckerkrankheit schwer einstellbar sein soll, sensomotorische Polyneuropathie fachfremd und ohne objektive Untersuchungen diagnostiziert, unzulässige Vermischung aller Beschwerden und Gesundheitsstörungen, behauptete Verschlimmerung seit Rentenantragstellung nicht belegt), worauf das SG eine ergänzende Stellungnahme des Dr. B. eingeholt hat, der an seiner Leistungsbeurteilung festgehalten hat. Auf weiteren Antrag gemäß § 109 SGG hat das SG das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. W. eingeholt, der die Klägerin im Dezember 2015 untersucht hat. Der Sachverständige hat von nervenärztlicher Seite eine Angststörung mit Agoraphobie und rezidivierenden Panikattacken, eine Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik bei dependent-ängstlicher Persönlichkeit, ein HWS- und LWS-Syndrom mit leichtgradigen Sensibilitätsstörungen im Dermatom C6 beidseits (ohne motorisches Defizit), eine beginnende diabetische sensible Polyneuropathie der unteren Extremität und rezidivierende Kopfschmerzen diagnostiziert und - so ausdrücklich - fachfremd ein metabolisches Syndrom mit Diabetes mellitus Typ II, Hypercholesterinämie, Adipositas und Hypertonie, einen Fersensporn, eine Haglundferse, eine Achillodynie rechts mit lokalen Schmerzen sowie einen Zustand nach Entfernung eines malignen Melanoms am rechten Unterbauch beschrieben. Er hat die Klägerin für in der Lage erachtet, leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit längerem Gehen, in Zwangshaltungen, Tätigkeiten mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, Steigen auf Treppen, Leitern und Gerüste, Tätigkeiten mit Publikumsverkehr, Tätigkeiten in engen Räumen sowie Tätigkeiten unter Zeitdruck. In Betracht kämen beispielsweise Sortier- und Verpackungsarbeiten, Handarbeiten sowie Tätigkeiten im Telefondienst.
Mit Gerichtsbescheid vom 04.07.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich dabei auf die Ausführungen der behandelnden Ärzte der "RKU Ambulant" in ihrem Entlassungsbericht und das Gutachten der Dr. B. gestützt, deren Einschätzung durch den gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. W. bestätigt worden sei. Die Leistungsbeurteilung des Sachverständigen Dr. B. hat es nicht für überzeugend erachtet. Aus den von orthopädischer Seite dokumentierten Befunden ließen sich keine schwerwiegenden funktionellen Einschränkungen mit Auswirkungen auf das quantitative Leistungsvermögen herleiten, ebenso wenig aus der Kombination der beschriebenen Gesundheitsstörungen. Insoweit seien schon die Ausführungen zum Blutzucker nicht schlüssig, da keine Verschlechterung ersichtlich sei und für die Blutzuckermessungen und Insulininjektionen keine betriebsunüblichen Pausen erforderlich seien. Eine ataktische Gangstörung habe Prof. Dr. W. ausgeschlossen. Berufsunfähigkeit liege angesichts der zuletzt ausgeübten angelernten Hilfstätigkeit im Übrigen nicht vor.
Am 11.07.2016 hat die Klägerin dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass der Sachverständige Dr. B. nachvollziehbar von einer rentenrelevanten Einschränkung ihres Leistungsvermögens ausgegangen sei. Er habe dies mit der doch deutlichen Multimorbidität begründet, was das SG unberücksichtigt gelassen habe. Nicht nachvollziehbar sei im Übrigen, dass das SG keine Ermittlungen von Amts wegen durchgeführt habe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Ulm vom 04.07.2016 aufzuheben und ihr unter Aufhebung des Bescheids vom 11.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2014 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, auf Zeit ab 01.11.2013 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig; die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 11.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Ihr steht daher weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit, zu.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung (§§ 43, 240 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI) im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass die Klägerin diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil sie trotz der bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen noch in der Lage ist, unter betriebsüblichen Arbeitsbedingungen leichte berufliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten, mit diesem Leistungsvermögen weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliegt und im Hinblick auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit auch keine Berufsunfähigkeit. Der Senat sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ebenso wie das SG geht auch der Senat davon aus, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin die Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen erfordern und die in Frage kommenden Tätigkeiten überwiegend im Sitzen ausgeübt werden sollen und Zwangshaltungen, Klettern und Steigen auf Leitern und Gerüste, Publikumsverkehr, Akkord- und Schichtarbeit sowie besonderer Zeitdruck zu vermeiden sind. Soweit das SG auf Grund des von Dr. B. beschriebenen schmerzhaften Bogens im Bereich der linken Schulter darüber hinaus Überkopfarbeiten ausgeschlossen hat, hat es selbst darauf hingewiesen, dass diese Beeinträchtigung anlässlich der Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. B. nicht mehr bestanden hat. Auch nachfolgend hat Prof. Dr. W. keine derartige Einschränkung beschrieben. Der Senat geht daher davon aus, dass insoweit keine dauerhafte Funktionsstörung vorliegt, weshalb es nicht gerechtfertigt ist, Tätigkeiten auszuschließen, die mit Überkopfarbeiten verbunden sind.
Zu ergänzen sind die vom SG aufgeführten qualitativen Einschränkungen jedoch um die von den Sachverständigen Dr. B. und Prof. Dr. W. zusätzlich aufgeführten Tätigkeiten (längeres Gehen oder Stehen, Arbeiten unter ungünstigen Witterungsverhältnissen mit Einfluss von großen Temperaturschwankungen, Zugluft, Kälte und/oder Nässe, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, Arbeiten an laufenden Maschinen, Tätigkeiten in engen Räumen). Soweit Dr. B. der Klägerin darüber hinaus nur leichteste Tätigkeiten ohne jegliches Heben und Tragen hat zumuten wollen, überzeugt dies den Senat nicht. Zum einen hat der Sachverständige diese sehr weitreichende Einschränkung nicht begründet und zum anderen lässt sich diese auch nicht mit dem von Dr. B. dokumentierten Tagesablauf der Klägerin in Einklang bringen, wonach die Klägerin den Haushalt erledige, Einkäufe tätige und koche. Denn wenn die Klägerin jegliches Heben und Tragen vermeiden müsste, was selbst leichteste Gegenstände erfassen würde, erschließt sich nicht, dass die Klägerin zu den genannten Alltagsverrichtungen in der Lage wäre. Vor diesem Hintergrund geht der Senat in Übereinstimmung mit Dr. B. und Prof. Dr. W. davon aus, dass gegen die Ausübung leichter Tätigkeiten keine Bedenken bestehen, wobei die so beschriebenen Tätigkeiten bereits definitionsgemäß das Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg ausschließen. Soweit der Sachverständige Dr. B. im Übrigen Arbeiten mit besonderer Anforderung an das Sehvermögen, an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen und die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit nicht mehr für leidensgerecht hält, überzeugt dies gleichermaßen nicht. So betreffen diese Einschränkungen schon nicht das von dem Sachverständigen vertretene orthopädische, sondern das augenärztliche und das nervenärztliche Fachgebiet. Im Übrigen hat Dr. B. in Bezug auf das Sehvermögen weder die Klägerin einschränkende Befunde erhoben noch entsprechende Erkrankungen dokumentiert und der Neurologe und Psychiater Prof. Dr. W. hat von nervenärztlicher Seite insoweit keine Einschränkungen gesehen. Der von Dr. B. in diesem Zusammenhang aufgeführten Einschränkung, wonach besondere Anforderung an die nervliche Belastbarkeit nicht mehr leidensgerecht sind, wird bereits dadurch Rechnung getragen, dass Publikumsverkehr, Akkord- und Schichtarbeit sowie besonderer Zeitdruck ausgeschlossen ist.
Der Senat geht ebenso wie das SG davon aus, dass die Klägerin in ihrem beruflichen Leistungsvermögen von orthopädischer, nervenärztlicher und internistischer Seite eingeschränkt ist, die aus den vorliegenden Erkrankungen resultierenden funktionellen Beeinträchtigungen der Ausübung einer leichten beruflichen Tätigkeit der oben beschriebenen Art jedoch nicht entgegenstehen. Auch der Senat stützt sich dabei im Wesentlichen auf die Ausführungen der behandelnden Ärzte der "RKU Ambulant", wo die Klägerin im Rahmen einer ambulanten Rehabilitation im September 2013 behandelt wurde, das Gutachten der von der Beklagten im Verwaltungsverfahren hinzugezogenen Gutachterin Dr. B. sowie das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Westphal, die übereinstimmend von einem zumindest sechsstündigen beruflichen Leistungsvermögen ausgehen. Dass und aus welchen Gründen die hiervon abweichende Einschätzung des Sachverständigen Dr. B. nicht überzeugt, hat das SG zutreffend dargelegt und ausführlich begründet, weshalb auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen wird.
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren demgegenüber geltend macht, Dr. B. habe seine Leistungsbeurteilung nachvollziehbar mit der vorliegenden deutlichen Multimorbidität begründet, was das SG unberücksichtigt gelassen habe, überzeugt diese Begründung des Sachverständigen schon deshalb nicht, weil selbst aus dem Vorhandensein einer Vielzahl von verschiedenen Gesundheitsstörungen nicht ohne weiteres auf das Vorliegen einer rentenbegründenden Leistungsminderung geschlossen werden kann. Maßgeblich ist insoweit allein, welche funktionellen Einschränkungen von einer Erkrankung ausgehen und wie sich diese Beeinträchtigungen konkret auf die berufliche Leistungsfähigkeit nachteilig auswirken. Damit sind Gesundheitsstörungen, die nicht mit funktionellen Einschränkungen einhergehen, bei der Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens schon von vorneherein ohne Belang. Auch der Umstand, dass verschiedene Erkrankungen zu funktionellen Beeinträchtigungen führen und bei der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit damit mehrere, u.U. auch zahlreiche qualitative Einschränkungen zu berücksichtigen sind, lässt nicht ohne weiteres den Schluss zu, dass nun gleichermaßen auch eine quantitative und damit rentenrelevante Leistungsminderung vorliegt. Aus einer Multimorbidität kann damit nicht auf das Vorliegen eines rentenbegründenden Leistungsvermögens von weniger als sechs Stunden täglich geschlossen werden.
Die Klägerin kann nach alledem zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben. Sie ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie die Klägerin mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderten Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall der Klägerin. Auch bei ihr wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihr nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden.
Soweit die Klägerin geltend macht, das SG habe seine Amtsermittlungspflicht verletzt, weil es keine Ermittlungen von Amts wegen durchgeführt und dabei insbesondere die behandelnden Ärzte nicht als sachverständige Zeugen angehört habe, trifft dies nicht zu. Das SG ist vielmehr zu Recht davon ausgegangen, dass der medizinische Sachverhalt durch die im Verwaltungsverfahren von der Beklagten beigezogenen Unterlagen, insbesondere den Entlassungsbericht der von der Klägerin im September 2013 durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme, und das im Widerspruchsverfahren eingeholte Gutachten der Dr. B. hinreichend aufgeklärt gewesen ist. Der Durchführung weiterer Ermittlungen hat es daher nicht bedurft. Mit diesen Ermittlungen sind die von der Klägerin zur Begründung ihres Rentenantrags geltend gemachten Gesundheitsstörungen sämtlich erfasst gewesen, in ihrer Schwere dargestellt und im Hinblick auf die daraus resultierenden funktionellen Einschränkungen schlüssig nachvollziehbar bewertet gewesen. Welche darüber hinaus gehenden weiteren Erkenntnisse mit der Anhörung der von der Klägerin benannten Ärzte als sachverständige Zeugen hätten gewonnen werden können, ist nicht ersichtlich. Entsprechende Gesichtspunkte hat die Klägerin auch nicht aufgezeigt. Nichts Anderes gilt im Hinblick auf die Anregung im Berufungsverfahren, die Fachärztin für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie Dr. B. , bei der sie - so ihre Angaben - mittlerweile in Behandlung stehe, als sachverständige Zeugin anzuhören. Auch insoweit ist nicht ersichtlich, welche neuen Erkenntnisse von einer entsprechenden Anhörung erwartet werden könnten. Medizinische Ermittlungen ins Blaue hinein sind nicht geboten. Entsprechend ist es auch nicht angezeigt, im Berufungsverfahren Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen.
Die Berufung der Klägerin kann nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 1959 geborene Klägerin, ausgebildete Friseurin, war zunächst in ihrem Ausbildungsberuf und nachfolgend in einer Buchbinderei beschäftigt. Zuletzt war sie ab 1993 im Bundeswehrkrankenhaus U. als Stationshilfe versicherungspflichtig beschäftigt. Ab Oktober 2012 war die Klägerin arbeitsunfähig. Eine berufliche Tätigkeit nahm sie nachfolgend nicht mehr auf.
Die Klägerin wurde vom 05. bis zum 25.09.2013 in der "RKU Ambulant" im Rahmen einer ganztätigen ambulanten Rehabilitation unter den Diagnosen Funktionseinschränkung rechtes oberes Sprunggelenk bei bekannter Haglundferse (Überbein am Fersenbein) und Fersensporn, chronisch rezidivierendes HWS-Syndrom, Adipositas (BMI 33) sowie anhaltende Belastungsreaktion behandelt und ausweislich des entsprechenden Entlassungsberichtes für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne ständiges Gehen und überwiegend im Sitzen sechs Stunden und mehr für leistungsfähig erachtet. Die letzte Tätigkeit als Stationshilfe sei der Klägerin lediglich noch weniger als drei Stunden täglich zumutbar.
Am 11.11.2013 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Ihren Antrag begründete sie mit Tumorbildung am Unterbauch mit Entzündung der Narbenzone, Wasserödeme in den Füßen, Achillessehnenentzündung rechte Ferse, chronisch rezidivierendes HWS-Syndrom, psychische Probleme, Diabetes, Stoffwechselerkrankung und Bluthochdruck. Nach Auswertung des erwähnten Entlassungsberichtes lehnte die Beklagte diesen Antrag mit Bescheid vom 11.02.2014 und der Begründung ab, die Klägerin könne trotz ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein und sei daher nicht erwerbsgemindert. Berufsunfähigkeit liege auf Grund ihres beruflichen Werdeganges nicht vor. Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin u.a. geltend, die Beklagte habe unberücksichtigt gelassen, dass sie auch an einer rezidivierenden depressiven Erkrankung leide. Nach Einschätzung ihres behandelnden Psychotherapeuten und ihres Hausarztes Dr. H. sei sie nicht mehr leistungsfähig. Die Beklagte veranlasste sodann das Gutachten der Fachärztin für Innere Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B. , die die Klägerin im Juni 2014 untersuchte und eine depressive Anpassungsstörung nach dem Tod des Ehemannes (mittelgradige depressive Episode) bei dependent-ängstlicher Persönlichkeit, ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit Schmerzen (ohne neurologische Defizite) bei vermehrter LWS- und HWS-Lordose und BWS-Kyphose, eine Bursitis subacromialis links mit painful arc, Schmerzen und Funktionseinschränkungen im rechten oberen Sprunggelenk bei Fersensporn rechts und Haglundferse, ein metabolisches Syndrom und Adipositas (arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2b, sekundär insulinpflichtig, Fettstoffwechselstörungen) sowie eine beginnende Coxarthrose beidseits diagnostizierte. Die Gutachterin erachtete die Klägerin für in der Lage, leichte Tätigkeiten ohne Nachtschicht zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2014 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin sodann zurück.
Am 21.10.2014 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, bei kumulativer Betrachtung ihrer orthopädischen, neurologischen und internistischen Erkrankungen könne sie selbst leichteste Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Das SG hat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das Gutachten des Dr. B. , Arzt für Orthopädie/Unfallchirurgie und Leiter der Sektion Endoprothetik im Bundeswehrkrankenhaus U. , auf Grund Untersuchung der Klägerin im Juni 2015 eingeholt. Der Sachverständige hat von orthopädischer Seite ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit Schmerzen im Bereich der HWS und LWS (vorbekannter lumbaler Bandscheibenvorfall, cervikale Bandscheibenvorfälle in den beiden unteren HWS-Segmenten, bildgebend cervikale Spinalkanalstenose HWK 6/7, muskuläre Reizerscheinungen) mit mäßigen schmerzhaften Bewegungseinschränkungen und einem sensiblen Nervenwurzelreizsyndrom C7 (rechts mehr als links; keine motorische Defizite und keine klinischen Hinweise auf Myelopathie), ein vorbeschriebenes Impingementsyndrom im linken Schultergelenk (ohne Bewegungseinschränkungen), eine beginnende Coxarthrose beiderseits (initiale Bewegungseinschränkungen) sowie eine beginnende schmerzhafte Bewegungs- und Belastungsminderung des rechten Fußes bei Arthrose im rechten oberen und unteren Sprunggelenk (Endbewegungsschmerzen ohne sonstige Reizzeichen), geringer chronischer Außenknöchelbandinstabilität, plantarem Fersensporn, Haglundferse und Achillodynie beschrieben. Darüber hinaus hat er eine initiale periphere sensomotorische Polyneuropathie beider Beine mit beginnender ataktischer Gangstörung, die Entfernung eines malignen Melanoms am rechten Oberbauch, einen Reizmagen und eine Refluxkrankheit (mit H2-Blockern remittiert), ein metabolisches Syndrom (Adipositas mit BMI 41, medikamentös behandelte arterielle Hypertonie, schwer einstellbarer insulinpflichtiger Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörung) sowie eine depressive Anpassungsstörung nach dem Tod des Ehemannes dokumentiert. Nach den Ausführungen des Sachverständigen liege eine deutliche Multimorbidität sowie vordergründig ein metabolisches Syndrom mit schwer einstellbarer Zuckerkrankheit vor. Er hat leichteste körperliche Tätigkeiten ohne jegliches Heben und Tragen, ohne Zwangshaltungen für den Rumpf und die Wirbelsäule, überwiegend im Sitzen, ohne Klettern und Steigen, ohne Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten bzw. mit Absturzgefahr, ohne besonderen Zeitdruck, ohne Nacht- oder Wechselschicht, ohne Arbeiten an laufenden Maschinen, ohne taktgebundene Arbeiten, ohne Akkordarbeiten, ohne Arbeiten unter ungünstigen Witterungsverhältnissen mit Einfluss von großen Temperaturschwankungen, Zugluft, Kälte und/oder Nässe sowie ohne Arbeiten mit besonderer Anforderung an das Sehvermögen, an die nervliche Belastbarkeit, an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen und die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit im Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich für zumutbar erachtet. Gegen die Einschätzung des Sachverständigen hat die Beklagte unter Vorlage der sozialmedizinischen Stellungnahme des Facharztes für Innere Medizin Dr. B. Einwände erhoben (u.a. metabolisches Syndrom fachfremd, unklar weshalb Zuckerkrankheit schwer einstellbar sein soll, sensomotorische Polyneuropathie fachfremd und ohne objektive Untersuchungen diagnostiziert, unzulässige Vermischung aller Beschwerden und Gesundheitsstörungen, behauptete Verschlimmerung seit Rentenantragstellung nicht belegt), worauf das SG eine ergänzende Stellungnahme des Dr. B. eingeholt hat, der an seiner Leistungsbeurteilung festgehalten hat. Auf weiteren Antrag gemäß § 109 SGG hat das SG das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. W. eingeholt, der die Klägerin im Dezember 2015 untersucht hat. Der Sachverständige hat von nervenärztlicher Seite eine Angststörung mit Agoraphobie und rezidivierenden Panikattacken, eine Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik bei dependent-ängstlicher Persönlichkeit, ein HWS- und LWS-Syndrom mit leichtgradigen Sensibilitätsstörungen im Dermatom C6 beidseits (ohne motorisches Defizit), eine beginnende diabetische sensible Polyneuropathie der unteren Extremität und rezidivierende Kopfschmerzen diagnostiziert und - so ausdrücklich - fachfremd ein metabolisches Syndrom mit Diabetes mellitus Typ II, Hypercholesterinämie, Adipositas und Hypertonie, einen Fersensporn, eine Haglundferse, eine Achillodynie rechts mit lokalen Schmerzen sowie einen Zustand nach Entfernung eines malignen Melanoms am rechten Unterbauch beschrieben. Er hat die Klägerin für in der Lage erachtet, leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit längerem Gehen, in Zwangshaltungen, Tätigkeiten mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, Steigen auf Treppen, Leitern und Gerüste, Tätigkeiten mit Publikumsverkehr, Tätigkeiten in engen Räumen sowie Tätigkeiten unter Zeitdruck. In Betracht kämen beispielsweise Sortier- und Verpackungsarbeiten, Handarbeiten sowie Tätigkeiten im Telefondienst.
Mit Gerichtsbescheid vom 04.07.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich dabei auf die Ausführungen der behandelnden Ärzte der "RKU Ambulant" in ihrem Entlassungsbericht und das Gutachten der Dr. B. gestützt, deren Einschätzung durch den gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. W. bestätigt worden sei. Die Leistungsbeurteilung des Sachverständigen Dr. B. hat es nicht für überzeugend erachtet. Aus den von orthopädischer Seite dokumentierten Befunden ließen sich keine schwerwiegenden funktionellen Einschränkungen mit Auswirkungen auf das quantitative Leistungsvermögen herleiten, ebenso wenig aus der Kombination der beschriebenen Gesundheitsstörungen. Insoweit seien schon die Ausführungen zum Blutzucker nicht schlüssig, da keine Verschlechterung ersichtlich sei und für die Blutzuckermessungen und Insulininjektionen keine betriebsunüblichen Pausen erforderlich seien. Eine ataktische Gangstörung habe Prof. Dr. W. ausgeschlossen. Berufsunfähigkeit liege angesichts der zuletzt ausgeübten angelernten Hilfstätigkeit im Übrigen nicht vor.
Am 11.07.2016 hat die Klägerin dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass der Sachverständige Dr. B. nachvollziehbar von einer rentenrelevanten Einschränkung ihres Leistungsvermögens ausgegangen sei. Er habe dies mit der doch deutlichen Multimorbidität begründet, was das SG unberücksichtigt gelassen habe. Nicht nachvollziehbar sei im Übrigen, dass das SG keine Ermittlungen von Amts wegen durchgeführt habe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Ulm vom 04.07.2016 aufzuheben und ihr unter Aufhebung des Bescheids vom 11.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2014 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, auf Zeit ab 01.11.2013 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig; die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 11.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Ihr steht daher weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit, zu.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung (§§ 43, 240 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI) im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass die Klägerin diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil sie trotz der bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen noch in der Lage ist, unter betriebsüblichen Arbeitsbedingungen leichte berufliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten, mit diesem Leistungsvermögen weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliegt und im Hinblick auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit auch keine Berufsunfähigkeit. Der Senat sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ebenso wie das SG geht auch der Senat davon aus, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin die Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen erfordern und die in Frage kommenden Tätigkeiten überwiegend im Sitzen ausgeübt werden sollen und Zwangshaltungen, Klettern und Steigen auf Leitern und Gerüste, Publikumsverkehr, Akkord- und Schichtarbeit sowie besonderer Zeitdruck zu vermeiden sind. Soweit das SG auf Grund des von Dr. B. beschriebenen schmerzhaften Bogens im Bereich der linken Schulter darüber hinaus Überkopfarbeiten ausgeschlossen hat, hat es selbst darauf hingewiesen, dass diese Beeinträchtigung anlässlich der Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. B. nicht mehr bestanden hat. Auch nachfolgend hat Prof. Dr. W. keine derartige Einschränkung beschrieben. Der Senat geht daher davon aus, dass insoweit keine dauerhafte Funktionsstörung vorliegt, weshalb es nicht gerechtfertigt ist, Tätigkeiten auszuschließen, die mit Überkopfarbeiten verbunden sind.
Zu ergänzen sind die vom SG aufgeführten qualitativen Einschränkungen jedoch um die von den Sachverständigen Dr. B. und Prof. Dr. W. zusätzlich aufgeführten Tätigkeiten (längeres Gehen oder Stehen, Arbeiten unter ungünstigen Witterungsverhältnissen mit Einfluss von großen Temperaturschwankungen, Zugluft, Kälte und/oder Nässe, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, Arbeiten an laufenden Maschinen, Tätigkeiten in engen Räumen). Soweit Dr. B. der Klägerin darüber hinaus nur leichteste Tätigkeiten ohne jegliches Heben und Tragen hat zumuten wollen, überzeugt dies den Senat nicht. Zum einen hat der Sachverständige diese sehr weitreichende Einschränkung nicht begründet und zum anderen lässt sich diese auch nicht mit dem von Dr. B. dokumentierten Tagesablauf der Klägerin in Einklang bringen, wonach die Klägerin den Haushalt erledige, Einkäufe tätige und koche. Denn wenn die Klägerin jegliches Heben und Tragen vermeiden müsste, was selbst leichteste Gegenstände erfassen würde, erschließt sich nicht, dass die Klägerin zu den genannten Alltagsverrichtungen in der Lage wäre. Vor diesem Hintergrund geht der Senat in Übereinstimmung mit Dr. B. und Prof. Dr. W. davon aus, dass gegen die Ausübung leichter Tätigkeiten keine Bedenken bestehen, wobei die so beschriebenen Tätigkeiten bereits definitionsgemäß das Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg ausschließen. Soweit der Sachverständige Dr. B. im Übrigen Arbeiten mit besonderer Anforderung an das Sehvermögen, an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen und die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit nicht mehr für leidensgerecht hält, überzeugt dies gleichermaßen nicht. So betreffen diese Einschränkungen schon nicht das von dem Sachverständigen vertretene orthopädische, sondern das augenärztliche und das nervenärztliche Fachgebiet. Im Übrigen hat Dr. B. in Bezug auf das Sehvermögen weder die Klägerin einschränkende Befunde erhoben noch entsprechende Erkrankungen dokumentiert und der Neurologe und Psychiater Prof. Dr. W. hat von nervenärztlicher Seite insoweit keine Einschränkungen gesehen. Der von Dr. B. in diesem Zusammenhang aufgeführten Einschränkung, wonach besondere Anforderung an die nervliche Belastbarkeit nicht mehr leidensgerecht sind, wird bereits dadurch Rechnung getragen, dass Publikumsverkehr, Akkord- und Schichtarbeit sowie besonderer Zeitdruck ausgeschlossen ist.
Der Senat geht ebenso wie das SG davon aus, dass die Klägerin in ihrem beruflichen Leistungsvermögen von orthopädischer, nervenärztlicher und internistischer Seite eingeschränkt ist, die aus den vorliegenden Erkrankungen resultierenden funktionellen Beeinträchtigungen der Ausübung einer leichten beruflichen Tätigkeit der oben beschriebenen Art jedoch nicht entgegenstehen. Auch der Senat stützt sich dabei im Wesentlichen auf die Ausführungen der behandelnden Ärzte der "RKU Ambulant", wo die Klägerin im Rahmen einer ambulanten Rehabilitation im September 2013 behandelt wurde, das Gutachten der von der Beklagten im Verwaltungsverfahren hinzugezogenen Gutachterin Dr. B. sowie das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Westphal, die übereinstimmend von einem zumindest sechsstündigen beruflichen Leistungsvermögen ausgehen. Dass und aus welchen Gründen die hiervon abweichende Einschätzung des Sachverständigen Dr. B. nicht überzeugt, hat das SG zutreffend dargelegt und ausführlich begründet, weshalb auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen wird.
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren demgegenüber geltend macht, Dr. B. habe seine Leistungsbeurteilung nachvollziehbar mit der vorliegenden deutlichen Multimorbidität begründet, was das SG unberücksichtigt gelassen habe, überzeugt diese Begründung des Sachverständigen schon deshalb nicht, weil selbst aus dem Vorhandensein einer Vielzahl von verschiedenen Gesundheitsstörungen nicht ohne weiteres auf das Vorliegen einer rentenbegründenden Leistungsminderung geschlossen werden kann. Maßgeblich ist insoweit allein, welche funktionellen Einschränkungen von einer Erkrankung ausgehen und wie sich diese Beeinträchtigungen konkret auf die berufliche Leistungsfähigkeit nachteilig auswirken. Damit sind Gesundheitsstörungen, die nicht mit funktionellen Einschränkungen einhergehen, bei der Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens schon von vorneherein ohne Belang. Auch der Umstand, dass verschiedene Erkrankungen zu funktionellen Beeinträchtigungen führen und bei der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit damit mehrere, u.U. auch zahlreiche qualitative Einschränkungen zu berücksichtigen sind, lässt nicht ohne weiteres den Schluss zu, dass nun gleichermaßen auch eine quantitative und damit rentenrelevante Leistungsminderung vorliegt. Aus einer Multimorbidität kann damit nicht auf das Vorliegen eines rentenbegründenden Leistungsvermögens von weniger als sechs Stunden täglich geschlossen werden.
Die Klägerin kann nach alledem zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben. Sie ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie die Klägerin mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderten Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall der Klägerin. Auch bei ihr wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihr nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden.
Soweit die Klägerin geltend macht, das SG habe seine Amtsermittlungspflicht verletzt, weil es keine Ermittlungen von Amts wegen durchgeführt und dabei insbesondere die behandelnden Ärzte nicht als sachverständige Zeugen angehört habe, trifft dies nicht zu. Das SG ist vielmehr zu Recht davon ausgegangen, dass der medizinische Sachverhalt durch die im Verwaltungsverfahren von der Beklagten beigezogenen Unterlagen, insbesondere den Entlassungsbericht der von der Klägerin im September 2013 durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme, und das im Widerspruchsverfahren eingeholte Gutachten der Dr. B. hinreichend aufgeklärt gewesen ist. Der Durchführung weiterer Ermittlungen hat es daher nicht bedurft. Mit diesen Ermittlungen sind die von der Klägerin zur Begründung ihres Rentenantrags geltend gemachten Gesundheitsstörungen sämtlich erfasst gewesen, in ihrer Schwere dargestellt und im Hinblick auf die daraus resultierenden funktionellen Einschränkungen schlüssig nachvollziehbar bewertet gewesen. Welche darüber hinaus gehenden weiteren Erkenntnisse mit der Anhörung der von der Klägerin benannten Ärzte als sachverständige Zeugen hätten gewonnen werden können, ist nicht ersichtlich. Entsprechende Gesichtspunkte hat die Klägerin auch nicht aufgezeigt. Nichts Anderes gilt im Hinblick auf die Anregung im Berufungsverfahren, die Fachärztin für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie Dr. B. , bei der sie - so ihre Angaben - mittlerweile in Behandlung stehe, als sachverständige Zeugin anzuhören. Auch insoweit ist nicht ersichtlich, welche neuen Erkenntnisse von einer entsprechenden Anhörung erwartet werden könnten. Medizinische Ermittlungen ins Blaue hinein sind nicht geboten. Entsprechend ist es auch nicht angezeigt, im Berufungsverfahren Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen.
Die Berufung der Klägerin kann nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
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