L 8 SO 227/15

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 22 SO 599/13
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 227/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.Eingliederungshilfe nach dem SGB XII wird nur geleistet, soweit den Leistungsberechtigten und ihren nichtehelichen Lebenspartnern die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist (§ 19 Abs. 3, § 20 SGB XII).
2.Die grundsätzliche Abhängigkeit des Eingliederungshilfeanspruchs von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist verfassungsrechtlich zulässig und insbesondere mit dem Benachteiligungsverbot nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG vereinbar.
3.Aus den Vorschriften der UN-BRK ergibt sich kein Anspruch auf einkommens- und vermögensunabhängige Eingliederungshilfemaßnahmen.
I. Auf die Berufung des Klägers hin wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 27. Mai 2015, S 22 SO 599/13, dahingehend geändert, dass der Bescheid des Beklagten vom 29.05.2015 aufgehoben wird.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.

III. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 5/9.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob und in welcher Höhe der Kläger aus seinem Einkommen einen Kostenbeitrag für Leistungen der ambulanten Eingliederungshilfe in der Zeit vom 01.07.2012 bis 30.06.2015 zu leisten hat.

Der 1982 geborene Kläger leidet an Muskeldystrophie und einer schweren Skoliose der Wirbelsäule. Er ist auf zeitweilige maschinelle Beatmung und zur Fortbewegung auf einen Elektrorollstuhl angewiesen. Gehen, Stehen oder die Hände oder Arme anheben kann der Kläger nicht. Für ihn sind ein Grad der Behinderung von 100 und im streitgegenständlichen Zeitraum die Pflegestufe III (Härtefall) festgestellt. Der Umfang der von der Krankenkasse bewilligten häuslichen Krankenpflege belief sich auf 9,5 Stunden je Tag. Vom Beklagten erhielt er ergänzende Pflegeleistungen und Leistungen der ambulanten Eingliederungshilfe in Form der individuellen Schwerstbehindertenbetreuung (ISB), die von verschiedenen Leistungserbringern (Pflegeservice A-Stadt e.V., f. e.V.) erbracht wurden. Der Kläger erhielt seit 2002 vom Beklagten Eingliederungshilfe, zunächst während seines Studiums in M-Stadt (2002 bis 2007), anschließend seit 2007 Leistungen der ISB in einer eigenen Wohnung. Der Beklagte blieb auch nach dem Umzug des Klägers nach A-Stadt nach § 98 Abs. 5 SGB XII zuständiger Leistungsträger.

Der Kläger lebte seit 09.06.2008 alleine in A-Stadt. Er wurde vom Pflegedienst im Zweischichtbetrieb versorgt und arbeitete als Informatiker in P., halbtags in der Firma, halbtags in Heimarbeit. Sein monatliches Nettoeinkommen aus dieser Beschäftigung belief sich im Jahr 2012 auf ca. 2900 EUR.

Der Einkommenseinsatz für die Leistungen der ambulanten Eingliederungshilfe war zwischen den Beteiligten wie folgt geregelt: Der Beklagte setzte zu Beginn eines Abrechnungszeitraums den Einkommenseinsatz fest. Der Pflegedienst rechnete sodann die Kosten für die Assistenz (Pflege und Eingliederungshilfe) gegenüber dem Beklagten unter Abzug des Anteils der Pflegekasse und des festgestellten Eigenanteils des Klägers ab (monatlich rund 10.000 EUR). Nach Ablauf des Abrechnungszeitraums wurde die konkrete Höhe des monatlichen Eigenanteils nach Maßgabe eventueller Änderungen im Einkommen oder bei den angefallenen besonderen Belastungen (z.B. Reisekosten für Urlaube, Betriebskostennachzahlungen oder -guthaben) errechnet und als Erstattung oder Nachforderung zwischen dem Kläger und dem Beklagten abgerechnet. Mit Bescheid vom 30.10.2012 verlängerte der Beklagte seine Kostenübernahme für die Leistungen der ISB für die Zeit vom 01.07.2012 bis zum 30.06.2015. Gleichzeitig stellte er fest, dass sich der Kläger aus seinem Einkommen an den Kosten der Leistung beteiligen müsse und nahm hinsichtlich der Höhe des Kostenbeitrags auf seinen Bescheid vom 04.05.2012 Bezug. Dort war für die Zeit bis Oktober 2012 ein monatlicher Kostenbeitrag in Höhe von 491 EUR und für die Zeit ab November 2012 in Höhe von 396 EUR festgesetzt worden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 11.11.2012 Widerspruch und begründete diesen mit der UN-Behindertenrechtskonvention (UN - BRK). Durch den geforderten Einkommenseinsatz werde behinderten Menschen der Erwerb von Eigentum und Vermögen unmöglich gemacht.

Mit Bescheid vom 18.02.2013 berechnete der Beklagte rückwirkend die Höhe der Kostenbeteiligung für die Zeit ab Februar 2012 neu und berücksichtigte die vom Kläger geltend gemachten besonderen Belastungen bzw. eingetretenen Änderungen (Änderung der Miete, Gehaltsänderung, Reisekosten, Betriebskostennachzahlung ...). Für Juli 2012 forderte der Beklagte 590 EUR, für August 2012 0 EUR, für September 2012 590 EUR, für Oktober 2012 390 EUR und ab November 2012 monatlich 494 EUR. Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch (27.02.2013) hinsichtlich der Kostenbeteiligung ab Juli 2012 und bezog sich auf seine frühere Begründung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2013 wies der Beklagte die Widersprüche vom 11.11.2012 sowie vom 27.02.2013 als unbegründet zurück. Die Bescheide über die Festsetzung einer Kostenbeteiligung aus dem Einkommen seien zu Recht ergangen. Die Berechnung der monatlichen Beträge sei vom Kläger nicht beanstandet worden und es seien auch keine Gesichtspunkte erkennbar, wonach diese fehlerhaft sein könnten. Entsprechend des Nachranggrundsatzes in der Sozialhilfe habe der Kläger sein Einkommen zur Deckung des sozialhilferechtlichen Bedarfes einzusetzen. Dabei sei eine Kostenbeteiligung in Höhe von 40 % mit dem oberhalb der Einkommensgrenze (§ 85 SGB XII) liegenden Einkommen zumutbar (§ 87 SGB XII), soweit nicht zugunsten des Klägers besondere Belastungen (wie etwa Urlaubsreisen) zu berücksichtigen seien. Soweit sich der Kläger grundsätzlich gegen die Anrechnung von Einkommen wende und sich dabei auf die UN-BRK beziehe, führe dies nicht zum Erfolg, weil es ich bei der UN-BRK nicht um geltendes Recht, sondern um Programmsätze handle, die bei zukünftigen Gesetzestexten gegebenenfalls zu beachten seien. Hiergegen hat der Kläger am 28.11.2013 Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und sich gegen den Kostenbeitrag für die Leistungen der Eingliederungshilfe in der Zeit ab dem 01.07.2012 gewandt. Die UN-BRK sei geltendes Recht, die Einkommensanrechnung verstoße gegen diese, weil es behinderten Menschen auch möglich sein müsse, Eigentum zu besitzen und Vermögen zu bilden. Die Einkommensanrechnung verstoße auch gegen das Diskriminierungsverbot von Behinderten. Zur Begründung seiner Klage hat sich der Kläger auf zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen gestützt, in denen eine einkommensunabhängige Eingliederungshilfe in Umsetzung der UN-BRK gefordert wird.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Kläger mitgeteilt, dass er die Höhe der festgesetzten Einkommensbeiträge nicht bestreite. Es gehe ihm vielmehr um die nach seiner Ansicht mit der UN-BRK nicht vereinbare Festsetzung eines Kostenbeitrages bei Eingliederungshilfemaßnahmen. Er habe den in den Bescheiden festgesetzten Eigenanteil jeweils an den Pflegedienst gezahlt und begehre die Rückzahlung dieser Eigenanteile durch den Beklagten.

Mit Urteil vom 27. Mai 2015 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die zulässige Anfechtungsklage gegen die Bescheide vom 30.10.2012 und 18.02.2013 nicht begründet sei. Rechtsgrundlage des Einkommenseinsatzes seien die §§ 19 Abs. 3, 85, 87 Abs. 1 SGB XII. Der Kläger bezweifele ausdrücklich nicht, dass der Beklagte die jeweiligen monatlichen Beträge zutreffend errechnet habe, sondern bestreite, dass der Beklagte im Hinblick auf die Vorschriften der UN-BRK überhaupt berechtigt sei, einen Einkommensbeitrag für die gewährten Leistungen festzusetzen. Der dem Kläger abverlangte Einkommenseinsatz verstoße weder gegen die Vorschriften der UN-BRK noch gegen das Grundgesetz.

Bei den Leistungen des 5. bis 9. Kapitel SGB XII werde ein Einkommenseinsatz verlangt und durch die Regelung zur Einkommensgrenze (§§ 85 ff SGB XII) gleichzeitig sichergestellt, dass ausreichend eigene Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts verblieben und auch darüber hinaus eine unzumutbare Beeinträchtigung der Lebensführung vermieden werde. Die UN-BRK sei seit 29.05.2009 gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG wirksamer Bestandteil des Bundesrechts geworden. Die Vorschrift des Art. 12 Abs. 5 UN-BRK werde durch den Einkommensbeitrag nicht verletzt. Die Verpflichtung, einen zumutbaren Beitrag aus eigenem Einkommen zu leisten, stehe als Ausfluss des sozialhilferechtlichen Nachranggrundsatzes dem Recht des Klägers, wie ein nicht behinderter Mensch Eigentum zu besitzen oder zu erben und seine finanziellen Angelegenheiten selbst zu regeln (Art. 12 Abs. 5 UN-BRK), nicht entgegen. Dem Kläger würden durch die §§ 85 ff SGB XII weder dem Grunde noch der Höhe nach andere oder weiterreichende Pflichten im Zusammenhang mit seiner Pflicht zur Selbsthilfe durch einen zumutbaren Einsatz von - hier - Einkommen auferlegt als nicht behinderten Hilfeempfängern.

Art. 27 UN-BRK enthalte einen Auftrag an die Mitgliedstaaten, zur Ausgestaltung des jeweiligen nationalen, möglichst inklusiven Arbeitsmarktes. Einen Einkommensbeitrag oder dessen Verbot für erhaltene Leistungen regele diese Vorschrift nicht.

Art. 30 Abs. 1 UN-BRK regele die Teilhabe am kulturellen Leben, insbesondere den barrierefreien Zugang zu Orten von kultureller Bedeutung. Auch insoweit sei bereits thematisch nicht der Einsatz vom Einkommen oder Vermögen für Leistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe angesprochen. Den Art. 27 und 30 Abs. 1 UN-BRK fehle es zudem für eine unmittelbare Anwendbarkeit an der sog. self-executing Funktion. Diese sei immer nur dann zu bejahen, wenn eine Vorschrift alle Eigenschaften besitze, welche ein Gesetz nach innerstaatlichem Recht haben müsse, um berechtigen oder verpflichten zu können. Die Vorschriften seien vielmehr ihrem Wortlaut nach erkennbar auf eine weitere Ausgestaltung durch den nationalen Gesetzgeber ausgerichtet. Unmittelbare Berechtigungen ließen sich daraus also nicht herleiten.

Schließlich sei der Einkommensbeitrag des Klägers für die erhaltenen Leistungen weder im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot des Art. 5 Abs. 2 UN-BRK noch wegen des Benachteiligungsverbotes behinderter Menschen gemäß Art. 3 Abs. 3 S 2 GG rechtlich bedenklich. Art. 5 Abs. 2 UN-BRK sei zwar unmittelbar anwendbar, in diesem Sinne also self-executing (vgl BVerfGE 128, 138, 156). Die §§ 85 ff SGB XII verstießen nicht gegen das dort geregelte und auch verfassungsrechtlich geschützte (Art 3 Abs. 3 GG) Benachteiligungsverbot behinderter Menschen. Die Regelungen über den Einkommenseinsatz knüpften nämlich nicht an eine Behinderung im verfassungsrechtlichen und konventionsrechtlichen Sinne an. Eine behinderungsbezogene Ungleichbehandlung liege vor, wenn Regelungen und Maßnahmen die Situation des behinderten Menschen wegen seiner Behinderung verschlechterten, indem ihm z.B. Leistungen, die grundsätzlich jedermann zustünden, verweigert würden (vgl. BVerfGE 96, 288, 303 und 99, 341, 357) oder bei einem Ausschluss von Entfaltungsmöglichkeiten oder Betätigungsmöglichkeiten, wenn dieser nicht durch eine auf die Behinderung bezogene Förderungsmaßnahme hinlänglich kompensiert werde (vgl. BVerfGE 96, 288, 303).

Die Forderungen eines Einkommensbeitrags oberhalb der oben näher beschriebenen Freigrenzen für Leistungen nach dem 5. bis 9. Kapitel SGB XII stelle keine Diskriminierung des Klägers wegen seiner Behinderung (Art. 5 Abs. 2 UN-BRK) dar. Denn die Verpflichtung zum Einsatz von Einkommen treffe alle Hilfesuchenden und Leistungsempfänger in gleicher Weise und unabhängig vom Vorhandensein einer Behinderung. Es sei nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraumes des Sozialhilferechts die steuer-finanzierten Leistungen an die Hilfesuchenden - auch - davon abhängig mache, dass diese zu ihrem Bedarf einen zumutbaren Beitrag aus eigenem Einkommen leisteten. Im Ergebnis könnten daher aus der UN-BRK und auch aus Art. 3 Abs. 3 GG keine individuellen Leistungsansprüche hergeleitet werden, die über die im Sozialgesetzbuch geregelten Berechtigungen hinausgingen, auch gebe die UN-BRK dem behinderten Menschen kein subjektiv-öffentliches Recht auf Sozialhilfeleistungen unabhängig von deren Ausgestaltung im Sonstigen. Dass ein Einkommenseinsatz dem Grunde nach auch vom Bundessozialgericht (BSG) als rechtlich unbedenklich angesehen werde, zeigten dessen Entscheidungen vom 23.08.2013 (B 8 SO 24/11 R) vom 24.04 2013 (B 8 SO 8/12 R) und vom 28.02.2013 (B 8 SO 1/12 R), die alle nach dem Inkrafttreten der UN-BRK in Deutschland ergangen seien und in denen die Rechtmäßigkeit eines Einkommenseinsatzes dem Grunde nach nicht bezweifelt werde.

Erst nach Abfassen des Urteils sei aufgefallen, dass die Berechnung der Kostenbeteiligung durch den Beklagten nicht den Vorgaben der Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 25.04.2013 - B 8 SO 8/12 R) entspreche. Nach dieser sei die Einkommensgrenze des § 87 Abs. 1 Satz 3 SGB XII für schwerstpflegebedürftige Menschen vorrangig zu berücksichtigen und erst danach seien nach Absatz 1 Satz 2 besondere Belastungen der nachfragenden Person zu berücksichtigen. Im Ergebnis könne es daher sein, dass der Beklagte in Monaten, in denen auch besondere Belastungen nach § 87 Abs. 1 Satz 2 SGB XII abzusetzen gewesen seien, einen zu hohen Kostenbeitrag festgesetzt habe. Dem Kläger sei anzuraten, unbedingt das Rechtsmittel der Berufung einzulegen.

Gegen das am 02.10.2015 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 29.10.2015 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Zwischenzeitlich habe der Beklagte mit den weiteren Bescheiden vom 28.10.2014 (Neuberechnung Kostenbeitrag Januar 2013 bis August 2014) und 29.05.2015 (Neuberechnung April 2014 bis April 2015, unter Berücksichtigung von Einkommen der Lebenspartnerin H. L. ab 09/2014, i.ü. ab 06/2015 mtl. 1070 EUR) den Kostenbeitrag wiederholt neu festgesetzt. Diese Bescheide seien jeweils auch mit Widersprüchen (vom 07.11.2014 und 14.06.2015) angegriffen und auch mit ins Klageverfahren einzubeziehen. Zur Begründung seiner Berufung hat der Kläger ausgeführt, die guten Leistungen der Eingliederungshilfe stellten an sich hinreichende angemessene Vorkehrungen zum Ausgleich der Behinderung dar. Jedoch werde durch die Einkommens- und Vermögensanrechnung ein Mangelzustand auf anderem Gebiet geschaffen, der nicht ausgeglichen werde. Durch die Einkommensanrechnung werde er in seinen wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten dauerhaft eingeschränkt und auf ein gewisses Niveau festgelegt, was gegen Art. 5 UN-BRK verstoße. Wenigstens müsse § 87 SGB XII im Lichte der UN-BRK ausgelegt werden und völlig auf eine Einkommensanrechnung verzichtet werden.

Durch die Berücksichtigung des Einkommens seiner Partnerin ab September 2014 werde Ehe, Familie und Partnerschaft für behinderte Menschen unmöglich gemacht. Es sei zu erwarten, dass sein eigenes Einkommen sinken werde, je weiter seine Erkrankung fortschreite, so dass immer größere Anteile aus dem Einkommen seiner ebenfalls behinderten Partnerin (GdB 80, Merkzeichen aG, B) zu berücksichtigen seien.

Seine Anträge hat der Kläger ursprünglich als Feststellungsanträge formuliert und dabei primär die Feststellung des Verstoßes der Einkommenseinrechnung gegen die UN-BRK, hilfsweise die Feststellung, dass das in § 87 SGB XII eingeräumte Ermessen im Lichte der UN-BRK in dem Sinne auszuüben sei, dass keine Eigenbeteiligung gefordert werde, beantragt. Hilfsweise dazu hat er zunächst die Feststellung beantragt, dass die Erhöhung des Kostenbeitrags aus dem Einkommen seiner Partnerin gegen Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG i. V.m. Art. 5 Abs. 2 UN-BRK i.V.m. Art. 19 a BRK verstoße, hilfsweise dass das Ermessen in § 87 Abs. 1 S. 2, 3 SGB XII wegen der UN-BRK so auszuüben sei, dass keine erhöhte Eigenbeteiligung unter Berücksichtigung des Einkommens der Partnerin gefordert werde. Unabhängig vom Erfolg des Antrages 2 beantragte er festzustellen, dass die Berechnung der Höhe der Eigenbeteiligung rechtswidrig war, weil sie nicht den Vorgaben der Rechtsprechung des BSG (B 8 SO 8/12 R) entsprach und somit die Eigenbeteiligung neu zu berechnen sei für die Monate 8/2012, 10/2012, 4/2013, 05/2023, 07/2013, 08/2013, 09/2013, 04/2014, 06/2014, 08/2014, 09/2014, 10/2014.

Der Beklagte hat mit der Berufungserwiderung vom 25.01.2016 ein Teilanerkenntnis hinsichtlich der neu berechneten o.g. Monate im Zeitraum von August 2012 bis Oktober 2014 abgegeben und die Berechnung des Kostenbeitrages entsprechend der Rechtsprechung des BSG (B 8 SO 8/12 R) vorgenommen, also nunmehr erst den 40 % Anteil nach § 87 Abs. 1 S. 3 SGB XII ausgerechnet und dann besondere Belastungen abgezogen. Für die Monate September und Oktober 2014 hat der Beklagte aber auch das Einkommen der Partnerin des Klägers berücksichtigt. Die Kostenbeteiligung im Einzelnen betrug danach:

August 2012: 0 EUR
Oktober 2012: 90 EUR
April 2013: 442 EUR
Mai 2013: 135 EUR
Juli 2013: 0 EUR
August 2013: 0 EUR
September 2013: 0 EUR
April 2014: 444 EUR
Juni 2014: 0 EUR
August 2014: 116 EUR
September 2014 239 EUR
Oktober 2014: 661 EUR

Der Kläger hat daraufhin am 07.02.2016 den ursprünglichen Berufungsantrag unter 3. für erledigt erklärt und am 05.03.2018 das Teilanerkenntnis des Beklagten angenommen.

Am 07.05.2016 hat der Kläger mitgeteilt, dass er am 06.05.2016 geheiratet habe.

Mit richterlichem Hinweis vom 12.02.2018 wurde der Kläger u.a. zur sachdienlichen Antragstellung aufgefordert. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Eingliederungshilfe Teil des steuerfinanzierten und Einkommens- und Vermögens- abhängigen Sozialhilferechts sei und dies auch (zunächst) nach dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) so bleibe.

Der Kläger hat daraufhin mitgeteilt, dass er die Berufung aufrechterhalte und sich erneut auf das Urteil der BSG vom 06.03.2012, B 1 KR 10/11 R (sog. Cialis - Urteil) gestützt, in dem sich das BSG mit der UN-BRK auseinandergesetzt hat. In seinem Fall liege eine mittelbare Diskriminierung vor, weil die Art. 19 a, 27 und 28 der UN-BRK verletzt seien. Im Hinblick auf das Finden eines Lebenspartners und der Möglichkeit des Verlassens einer finanziellen Grundsituation liege eine Benachteiligung behinderter Menschen vor.

Auf gerichtliche Nachfrage vom 04.04.2018, ob entsprechend des internen Vermerks vom 11.09.2015 zur Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 29.05.2015 ein Abhilfebescheid ergangen sei, hat der Beklagte am 05.04.2018 den Teilabhilfebescheid vom 04.04.2018 übersandt. Darin hat er die zuvor schon in seinem Teilanerkenntnis neu berechneten Monate April, Juni, August, September und Oktober 2014 neu berechnet, wobei er für den Oktober 2014 zu einer Eigenbeteiligung von 198 EUR gekommen ist und sich für die zuvor genannten Monate ansonsten keine Änderungen zu dem Teilanerkenntnis vom 25.01.2016 ergeben haben.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger beantragt, - das Urteil des Sozialgerichts München vom 27. Mai 2015 aufzuheben sowie die Bescheide des Beklagten vom 30.10.2012 und 18.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2013 sowie die Bescheide des Beklagten vom 28.10.2014, 29.05.2015 und 04.04.2018 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die in diesen Bescheiden festgesetzten Eigenanteile des Klägers, die dieser an den Pflegedienst gezahlt hat, an den Kläger auszubezahlen, soweit sie nicht bereits erstattet oder verrechnet wurden.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten (6 Bände) und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet, soweit der Bescheid des Beklagten vom 29.05.2015 aufzuheben ist. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet und die Klage abzuweisen.

Gegen die Entscheidung des SG vom 27. Mai 2015 ist die Berufung zulässig, da sie nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht ausgeschlossen ist (§ 143 SGG). Der Kläger begehrt höhere Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII bzw. die Rückerstattung bereits gezahlter Eigenbeteiligungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr. Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht vom Kläger am 29.10.2015 gegen das ihm am 02.10.2015 zugestellte Urteil des SG erhoben (§ 151 Abs. 1 SGG).

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 27. Mai 2015 ist begründet, soweit der Kläger sich gegen die vom Beklagten mit Bescheid vom 29.05.2015 erstmals verfügte Anrechnung des Einkommens seiner damaligen Lebenspartnerin ab September 2014 wendet. Im Übrigen erging das klageabweisende Urteil des SG zu Recht. Der Kläger hat für die Zeit vom 01.07.2012 bis 30.10.2014 keinen Anspruch auf höhere Leistungen der Eingliederungshilfe nach den §§ 19 Abs. 3, 53 ff SGB XII, als ihm der Beklagte bereits bewilligt hat. Insbesondere hat der Kläger aus seinem Erwerbseinkommen einen Kostenbeitrag in der Höhe zu leisten, wie es der Beklagte zuletzt in seinem Teilanerkenntnis vom 25.01.2016 festgestellt hat und wie es der Kläger am 05.03.2018 angenommen hat (§ 101 Abs. 2 SGG).

Für die Zeit vom 01.11.2014 bis 30.06.2015 hat der Kläger einen Anspruch auf Eingliederungshilfe unter Einsatz seines Erwerbseinkommens in Höhe von 494 EUR monatlich, wie der Beklagte mit rechtmäßigem Bescheid vom 18.02.2013 festgestellt hat.

Der Bescheid des Beklagten vom 30.10.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 30.10.2013 (§ 95 SGG) ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten - § 54 Abs. 1 SGG.

1. Richtige Klageart ist hier -ausnahmsweise- die reine Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG, weil sich der Kläger ausschließlich gegen die Verfügung einer Kostenbeteiligung aus seinem Erwerbseinkommen wendet. Der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 30.10.2012 enthielt insoweit zwei voneinander unabhängige Verfügungen i.S. § 31 S. 1 SGB X, als dass er einerseits die Eingliederungshilfe in Form der ISB für die Zeit vom 01.07.2012 bis 30.06.2015 nach §§ 53 ff SGB XII bewilligte und andererseits die Kostenbeteiligung durch Verweis auf den früheren Bescheid vom 04.05.2012 verfügte. Damit galt für die Zeit ab 01.07.2012 eine Kostenbeteiligung in Höhe von 491 EUR und ab 11/2012 in Höhe von 396 EUR. Der Kläger kann die Kostenbeteiligung isoliert mit der Anfechtungsklage angreifen, da er sein Klageziel (Eingliederungshilfe ohne Einsatz von eigenem Einkommen und Vermögen) erreichen würde, wenn die belastende Kostenbeteiligung aufgehoben würde. Grundsätzlich wäre das Klageziel nur mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gerichtet auf höhere Eingliederungshilfeleistungen (ohne Kostenbeteiligung) zu erreichen. Allerdings spricht hier die tatsächliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses der Beteiligten (Beklagter zahlt an Leistungserbringer die Kosten der ISB ohne Leistungen der Pflegekasse und des Eigenanteils, Kläger zahlt den im voraus bestimmten Eigenanteil selbst an den Leistungserbringer und rechnet hinterher mit Beklagten außergewöhnliche Belastungen (z.B. Reisekosten, Betriebskostennachzahlungen etc ) ab) dafür, dass der Kläger isoliert die Eigenbeteiligung, über die gesonderte Bescheide ergingen, angreift. Mit der reinen Anfechtungsklage (Kassation) der Bescheide über die Kostenbeteiligung erreicht der Kläger sein Klageziel, ohne dass es einer Verpflichtung des Beklagten zur Auszahlung der angerechneten Eigenanteile bedürfte. Die Rückzahlung ergäbe sich vielmehr als Rechtsreflex aus der Aufhebung der Bescheide über die Kostenbeteiligung.

Soweit der Kläger zunächst sein Klagebegehren mit einer Klage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG auf Feststellung, dass die Erhebung des Kostenbeitrages aus dem Einkommen gegen Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG iVm Art 5 Abs. 2 UN-BRK verstieße, geltend gemacht hatte, war dieser (nicht aufrecht erhaltene) Antrag wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Gestaltungsklage ohnehin unzulässig (Keller in Meyer-Ladewig, SGG Kommentar, 12. Auflage, § 55 Rn. 19 ff).

2. Streitgegenständlich sind damit die geregelten sozialhilferechtlichen Kostenbeteiligungspflichten des Klägers in der Zeit vom 01.07.2012 bis 30.06.2015. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind neben dem Ausgangs-Bescheid vom 30.10.2012 damit auch der Änderungsbescheid vom 18.02.2013, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2013 (§ 95 SGG) sowie die Bescheide vom 28.10.2014 und vom 29.05.2015. Die beiden letztgenannten sind über § 96 SGG bzw. § 96 SGG entsprechend Gegenstand des seit 28.11.2013 rechtshängigen Sozialgerichtsverfahrens geworden, weil sie den ursprünglichen Bescheid vom 30.10.2012 abänderten. Gegenstand der Berufung über § 96 SGG ist auch der Teilabhilfebescheid vom 04.04.2018, mit dem der Beklagte die Eigenbeteiligungen für April, Juni, August, September und Oktober 2014 neu berechnet hat, wobei er für den Oktober 2014 zu einer Eigenbeteiligung von 198 EUR gekommen ist und sich für die zuvor genannten Monate ansonsten keine Änderungen zu dem Teilanerkenntnis vom 25.01.2016 ergeben haben. Zur besseren Übersichtlichkeit werden hier noch tabellarisch die Regelungsgegenstände der einzelnen Bescheide dargestellt:

Bescheid 30.10.2012; Kostenbeteiligung 07/12 - 06/15; mtl 491EUR, ab 11/12: 396 EUR
Bescheid 18.02.2013; Kostenb. 02/12 – lfd: schwankend 02/12 - 10/12, ab 11/12: mtl 494 EUR
Bescheid 28.10.2014; Kostenb. 01/2013 - 08/2014; schwankend
Bescheid 29.05.2015; Kostenb. 04/14 - 04/15 neu, ab 06/2015 mtl. 1070 EUR; Schwankend, ab 09/14 mit Eink. Lebenspartnerin
Teilabhilfebescheid 04.04.2018; Kostenb. 04/06/08/09/10 – 2014; schwankend, bis auf 10/2014 wie Anerkenntnis v. 25.01.2016
Teilanerkenntnis 25.01.2016; Kostenb. 08/12 - 10/2014; schwankend

Somit ergaben sich nach den Verwaltungsentscheidungen des Beklagten folgende Kostenbeteiligungen im streitgegenständlichen Zeitraum Juli 2012 bis Juni 2015:

Juli 2012: VA 30.10.2012: 491 EUR; VA 18.02.2013: 590 EUR
Aug.2012: VA 30.10.2012:491 EUR; VA 18.02.2013: 0 EUR; Anerkenntnis: 0 EUR
Sept.2012: VA 30.10.2012: 491 EUR; VA 18.02.2013: 590 EUR
Okt. 2012: VA 30.10.2012: 491 EUR; VA 18.02.2013: 390 EUR; Anerkenntnis: 90 EUR
Nov. 2012: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR
Dez. 2012: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR
Jan. 2013: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 28.10.2014: 503 EUR
Feb.2013: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 28.10.2014: 503 EUR
März 2013: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 28.10.2014: 503 EUR
April 2013: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 28.10.2014: 479 EUR; Anerkenntnis: 442 EUR
Mai 2013: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 28.10.2014: 356 EUR; Anerkenntnis: 135 EUR
Juni 2013: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 28.10.2014: 503 EUR
Juli 2013: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 28.10.2014: 174 EUR; Anerkenntnis: 0 EUR
Aug. 2013: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 28.10.2014: 300 EUR; Anerkenntnis: 0 EUR
Sep. 2013: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 28.10.2014: 248 EUR; Anerkenntnis: 0 EUR
Okt. 2013: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 28.10.2014: 486 EUR
Nov. 2013: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 28.10.2014: 486 EUR
Dez.2013: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 28.10.2014: 486 EUR
Jan. 2014: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 28.10.2014: 519 EUR
Feb. 2014: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 28.10.2014: 519 EUR
März 14: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 28.10.2014: 519 EUR
April 2014: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 28.10.2014: 519 EUR; VA 29.05.2015: 489 EUR; Anerkenntnis: 444 EUR; VA 04.04.2018: 444 EUR
Mai 2014: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 28.10.2014: 519 EUR; VA 29.05.2015: 519 EUR
Juni 2014: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 28.10.2014: 519 EUR; VA 29.05.2015: 91 EUR; Anerkenntnis: 0 EUR; VA 04.04.2018: 0 EUR
Juli 2014: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 28.10.2014: 519 EUR; VA 29.05.2015: 519 EUR
Aug. 2014: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 28.10.2014: 519 EUR; VA 29.05.2015: 358 EUR; Anerkenntnis: 116 EUR; VA 04.04.2018: 116 EUR
Sept. 2014: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 29.05.2015: 643 EUR; Anerkenntnis: 239 EUR; VA 04.04.2018: 239 EUR
Okt. 2014: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 29.05.2015: 812 EUR; Anerkenntnis: 661 EUR; VA 04.04.2018: 198 EUR
Nov. 2014: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 29.05.2015: 913 EUR
Dez. 2014: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 29.05.2015: 913 EUR
Jan. 2015: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 29.05.2015: 991 EUR
Feb. 2015: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 29.05.2015: 1070 EUR
März 2015: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 29.05.2015: 1070 EUR
April 2015: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 29.05.2015: 1070 EUR
Mai 2015: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR
Juni 2015: VA 30.10.2012: 396 EUR; VA 18.02.2013: 494 EUR; VA 29.05.2015: 1070 EUR

3. Soweit der Beklagte für einen Teil des streitgegenständlichen Zeitraumes ein Anerkenntnis erklärt (Schriftsatz vom 25.01.2016) und der Kläger dieses angenommen hat (Erklärung vom 05.03.2018 - "Das Teilanerkenntnis des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe vom 25.01.2016 nehme ich an."), ist der Rechtsstreit einer weiteren gerichtlichen Überprüfung entzogen, weil er insoweit erledigt ist (§ 101 Abs. 2 SGG). Der Beklagte hat die vom Kläger unter Ziffer 3 des ursprünglichen Berufungsantrages vom 07.11.2015 genannten Monate 8/2012, 10/2012, 4/2013, 05/2023, 07/2013, 08/2013, 09/2013, 04/2014, 06/2014, 08/2014, 09/2014, 10/2014 neu berechnet und dabei entsprechend des Urteils des BSG vom 25.04.2013, B 8 SO 8/12 R zunächst die Einkommensgrenze für Schwerstpflegebedürftige nach § 87 Abs. 1 S. 3 SGB XII und anschließend besondere Belastungen des Klägers nach § 87 Abs. 1 S. 2 SGB XII berücksichtigt. Bei lebensnaher Betrachtungsweise wollten die Beteiligten damit den Zeitraum vom 01.07.2012 bis 31.10.2014 "erledigen", soweit es um die Berechnung der einzelnen Monatsbeiträge ging. Nachdem der Kläger selbst nachträglich eine Neuberechnung erst für die Zeit ab 01.08.2012 im Berufungsantrag vom 07.11.2015 geltend gemacht hat, weil er erst ab August 2012 weitere außergewöhnliche Belastungen hatte, die zu einer Reduzierung des Kostenbeitrages führen konnten, kann hier auch der Monat Juli 2012 als unstreitig angesehen werden. Aus dem Schreiben des Klägers vom 05.03.2018 ergibt sich jedoch, dass er unverändert die Anrechnung des Einkommens seiner Partnerin ab September 2014 zur gerichtlichen Überprüfung stellen wollte. Allerdings hat der Kläger seine Annahmeerklärung vom 05.03.2018 - anders noch als seinen ursprünglichen Berufungsantrag vom 07.11.2015 unter Ziffer 3 - nicht unter einer (grundsätzlich zulässigen) innerprozessualen Bedingung abgegeben. Eine Prozesshandlung muss eindeutig, klar und vorbehaltlos sein. Prozesshandlungen unter einer Bedingung sind, ebenso wie unter einer Befristung, grundsätzlich unzulässig. Zulässig sind dagegen grundsätzlich innerprozessuale Bedingungen, bei denen das ungewisse Ereignis ein Vorgang im Rahmen des Prozesses ist, über dessen Eintritt oder Nichteintritt der weitere Verlauf des Verfahrens Gewissheit bringt (BSG 23.3.10, B 8 SO 24/08 R). Prozesshandlungen, die sich unmittelbar auf die Einleitung oder Beendigung des Verfahrens beziehen, können aber grundsätzlich nicht unter eine innerprozessuale Bedingung gestellt werden (Keller in Meyer-Ladewig, SGG Kommentar 12. Auflage, vor § 60 Rn. 11; Greger in Zöller, Vorbem. § 128&8201;ff. ZPO Rn. 20). Hier hat der Kläger keine (unzulässige) Einschränkung der Annahmeerklärung erklärt, so dass nicht zu entscheiden ist, ob eine solche wegen der prozessbeendenden Wirkung des Anerkenntnisses ohnehin unzulässig wäre.

Damit ist der Zeitraum vom 01.07.2012 bis 31.10.2014 einer gerichtlichen Überprüfung entzogen. Unabhängig von seinem (vom Kläger angenommenen) Teilanerkenntnis vom 25.01.2016 hat der Beklagte mit dem Teilabhilfebescheid vom 04.04.2018 den Monat Oktober 2014 zu Gunsten des Klägers nochmals korrigiert und fordert nunmehr von ihm statt 661 EUR nur noch 198 EUR. Dies ist aber prozessual unbeachtlich, weil der Zeitraum bis Oktober 2014 der gerichtlichen Überprüfung entzogen ist. Der Beklagte kann aber vom Kläger auch nur noch 198 EUR für Oktober 2014 fordern.

4. Soweit der Kläger für die Zeit vom 01.11.2014 bis 30.06.2015 eine niedrigere Eigenbeteiligung geltend macht, ist seine Berufung erfolgreich, weil der Bescheid des Beklagten vom 29.05.2015 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 04.04.2018 rechtswidrig und daher aufzuheben ist. Wie der Beklagte selbst bereits mit internem Aktenvermerk vom 11.09.2015 festgestellt hat, ist der Bescheid vom 29.05.2015, der erstmals für die Zeit ab September 2014 auch das Erwerbseinkommen der Partnerin des Klägers berücksichtigt und insgesamt den Zeitraum vom April 2014 bis April 2015 und die künftige Kostenbeteiligung ab Juni 2015 in Höhe von 1070 EUR monatlich regelt, rechtswidrig, weil er weder der Lebensgefährtin des Klägers bekanntgegeben wurde, noch hinreichend bestimmt war - § 33 Abs. 1 SGB X. Zutreffend hat die Widerspruchsstelle beim Beklagten bemerkt, dass der Kläger seit September 2014 in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebte, so dass das Einkommen der Partnerin bei der Berechnung des zumutbar einsetzbaren Einkommens zu berücksichtigen war (§§ 19 Abs. 3, 20 SGB XII). Der Partnerin war der Bescheid vom 29.05.2015 aber nicht bekanntgegeben worden, obwohl sie rechtlich von ihm betroffen war (§ 37 Abs. 1 SGB X). Auch wenn man darüber streiten könnte, ob sich der Kläger auf diesen Fehler/Mangel berufen konnte, schlägt hier daneben ein Bestimmtheitsmangel durch: der Kläger und seine Lebenspartnerin wurden zum Einkommenseinsatz herangezogen, ohne dass aus dem Bescheid vom 29.05.2015 oder aus dem Abhilfebescheid vom 04.04.2018 hervorgeht, ob der Kläger und seine Partnerin als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden sollten. Ermittlungen des Beklagten hinsichtlich der Einkommenssituation der ebenfalls behinderten Partnerin des Klägers und deren evt. Bedarfs an ebenfalls einkommensabhängigen eigenen Eingliederungshilfemaßnahmen unterblieben völlig. Damit ist der Bescheid vom 29.05.2015 aufzuheben.

Der Kläger hat damit nur die Eigenbeteiligung zu leisten, die sich zuletzt aus dem rechtmäßigen Bescheid des Beklagten vom 18.02.2013 ergab (monatlich 494 EUR aus seinem eigenen Einkommen). Dies gilt für den noch rechtshängigen Zeitraum 01.11.2014 bis 30.06.2015.

5. Rechtsgrundlage der Eingliederungshilfe und des dortigen Einkommenseinsatzes sind die §§ 19 Abs. 3, 20, 53 ff, 85, 87 Abs. 1 SGB XII. Hilfen zur Gesundheit, Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist (§ 19 Abs. 3 SGB XII). § 20 SGB XII stellt die nichteheliche Lebensgemeinschaft den nicht getrennt - lebenden Ehepartnern gleich. Damit ist schon der Grundanspruch auf Eingliederungshilfe an die Bedürftigkeit des Klägers - und seiner (im streitgegenständlichen Zeitraum noch) nicht - ehelichen Lebenspartnerin gebunden. Die genaue Einkommensanrechnung ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 85 und 87 SGB XII.

5.1. Eingliederungshilfe nach dem SGB XII wird nur geleistet, soweit den Leistungsberechtigten und ihren nichtehelichen Lebenspartnern die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist (§ 19 Abs. 3, § 20 SGB XII). Die grundsätzliche Abhängigkeit des Eingliederungshilfeanspruchs von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist verfassungsrechtlich zulässig und insbesondere mit dem Benachteiligungsverbot nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG ("Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.") vereinbar. Eine Benachteiligung in diesem Sinne kann zwar bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt gegeben sein, wenn dieser Ausschluss nicht durch eine auf die Behinderung bezogene Förderungsmaßnahme hinlänglich kompensiert wird. (grundlegend BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1997 - 1 BvR 9/97 -). Der Gesetzgeber hat allerdings bei der Umsetzung des sich aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG ergebenden Förderauftrages einen erheblichen Spielraum und kann die Förderung unter Berücksichtigung organisatorischer, personeller und finanzieller Gesichtspunkte begrenzen (BVerfG, a.a.O., juris Rn. 75; BVerwG, Urteil vom 5. April 2006 - 9 C 1/05 - juris Rn. 43). Auch das Bundessozialgericht geht - ebenso wie das BVerwG zum BSHG (Urteil vom 26. Januar 1966 - V C 88/64) - davon aus, dass es verfassungsrechtlich nicht geboten ist, Leistungen der Eingliederungshilfe unabhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu gewähren (BSG, Urteil vom 23.08.2013 - B 8 SO 24/11 R - juris Rn. 20). Das SG hat schon zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Einkommenseinsatz vom BSG als rechtlich unbedenklich angesehen wird. Es hat auf die Entscheidungen vom 23.08.2013 (B 8 SO 24/11 R) vom 24. 04 2013 (B 8 SO 8/12 R) und vom 28.02.2013 (B 8 SO 1/12 R), die alle nach dem Inkrafttreten der UN-BRK in Deutschland ergangen sind und in denen die Rechtmäßigkeit eines Einkommenseinsatzes dem Grunde nach nicht bezweifelt wird, hingewiesen. Auch aus jüngeren Entscheidungen des BSG zur Eingliederungshilfe ergibt sich, dass das BSG grundsätzlich keine Bedenken gegen die Einkommensabhängigkeit der Leistungen hat (vgl. zuletzt BSG Beschluss vom 24.07.2017, B 8 SO 87/16 B, BSG Urteil vom 12.12.2013, B 8 SO 18/12 R).

5.2. Die UN-BRK steht der grundsätzlichen Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen ebenfalls nicht entgegen. Denn unabhängig davon, dass konkrete Leistungsansprüche aus der UN-BRK allenfalls in eingeschränktem Umfang abgeleitet werden können (siehe unten), stehen die sich aus der UN-BRK ergebenden Verpflichtungen der Vertragsstaaten grundsätzlich unter dem Vorbehalt der verfügbaren Mittel (Art. 4 Abs. 2 UN-BRK), so dass Leistungseinschränkungen nicht von vornherein unzulässig sind (LSG Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25.02.2016, L 8 SO 52/14, Rn 23).

5.3. Das Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 21. Dezember 2008 (Vertragsgesetz zur UN-BRK, BGBl II S. 1419) ist gemäß dessen Art. 2 Abs. 1 am 1. Januar 2009 in Kraft getreten. Es erteilt innerstaatlich den Befehl zur Anwendung der UN-BRK und setzt diese in nationales Recht um. Völkerrechtliche Verbindlichkeit kommt der UN-BRK für Deutschland gemäß Art. 45 Abs. 2 UN-BRK ab dem 26. März 2009 zu (vgl. auch Art. 2 Abs. 2 Vertragsgesetz zur UN-BRK i.V.m. der Bekanntmachung über das Inkrafttreten der UN-BRK vom 5. Juni 2009, BGBl. II S. 812). Innerhalb der deutschen Rechtsordnung stehen völkerrechtliche Verträge wie die UN-BRK, denen die Bundesrepublik Deutschland beigetreten ist, im Range eines Bundesgesetzes (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. März 2011 - 2 BvR 882/09 - juris Rn. 52; BVerfG, Beschluss vom 26. Juli 2016 - 1 BvL 8/15 - juris Rn. 88; BSG, Urteil vom 6. März 2012 - B 1 KR 10/11 R - juris Rn. 20). Diese Rangzuweisung führt in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG dazu, dass deutsche Gerichte das anwendbare Völkervertragsrecht wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden haben (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04 - juris Rn. 32 zur Europäischen Menschenrechtskonvention; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. März 2011 - 2 BvR 882/09 - juris Rdnr. 52; BVerfG, Beschluss vom 21. März 2016 - 1 BvR 53/14 - juris Rn. 4; BSG, Urteil vom 6. März 2012 - B 1 KR 10/11 R - juris Rn. 20).

5.4. Subjektive Ansprüche für behinderte Menschen vermittelt die UN-BRK indes nur, soweit sie unmittelbar anwendbar ("self-executing") ist. Die unmittelbare Anwendbarkeit völkervertragsrechtlicher Bestimmungen setzt voraus, dass die Bestimmung alle Eigenschaften besitzt, welche ein Gesetz nach innerstaatlichem Recht haben muss, um Einzelne berechtigen oder verpflichten zu können (BVerfG, Beschluss vom 9. Dezember 1970 - 1 BvL 7/66 - juris Rn. 42). Dafür muss ihre Auslegung ergeben, dass sie geeignet und hinreichend bestimmt ist, wie eine innerstaatliche Vorschrift rechtliche Wirkung zu entfalten, ohne dass es einer weiteren normativen Ausfüllung bedarf (BSG, Urteil vom 6. März 2012 - B 1 KR 10/11 R - juris Rn. 24 m.w.N.). Ist eine Regelung - objektiv-rechtlich - unmittelbar anwendbar, muss sie zusätzlich auch ein subjektives Recht des Einzelnen vermitteln (BSG, Urteil vom 6. März 2012 - B 1 KR 10/11 R - juris Rn. 24 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Februar 2014 - L 20 SO 436/13 B ER - juris Rn. 59 m.w.N.). Gemäß Art. 31 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 (BGBl. II 1985 S. 926 und BGBl. II 1987 S. 757) erfolgt die Auslegung eines völkerrechtlichen Vertrages nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Ziels und Zwecks (BSG, Urteil vom 6. März 2012 - B 1 KR 10/11 R - juris Rn. 24).

5.5. Der Kläger kann unmittelbar aus den von ihm -schon erstinstanzlich - zitierten Vorschriften der UN-BRK (Art. 12 Abs. 5 - "gleiches Recht wie andere haben, Eigentum zu besitzen oder zu erben ...-, Art. 27 Abs. 1 f -" Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen"- Art. 30 Abs. 1 - "gleichberechtigt mit anderen am kulturellen Leben teilnehmen" und Art. 5 -Diskriminierungsverbot-) nicht einen unmittelbaren Anspruch auf eine einkommens- und vermögensunabhängige Eingliederungshilfemaßnahme ableiten.

Der Senat weist insoweit die Berufung aus den überzeugenden Ausführungen des SG in seinem Urteil vom 27.05.2015 zurück und sieht von einer Wiederholung und weiteren Darstellung der Urteilsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

5.6. Auch aus dem vom Kläger im Berufungsverfahren herangezogenen Art. 19 a UN-BRK ergibt sich kein unmittelbarer Anspruch auf Eingliederungshilfe ohne Einkommenseinsatz. Dieser lautet unter der Überschrift "Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft": "Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens anerkennen das gleiche Recht aller Menschen mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben, und treffen wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss dieses Rechts und ihre volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe an der Gemeinschaft zu erleichtern, indem sie unter anderem gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, und nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben;"

Nach den oben genannten (5.4.) Maßstäben ist Art. 19 UN-BRK nicht unmittelbar anwendbar (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2018, L 7 SO 3516/14, Rn. 66, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.02.2014 - L 20 SO 436/13 B ER - juris Rn. 60 - auch zum Folgenden). Hierfür spricht zunächst der Wortlaut des Artikels. Denn danach treffen die Vertragsstaaten wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss dieses Rechts und ihre volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe an der Gemeinschaft zu erleichtern. Dies deutet darauf hin, dass das Übereinkommen an dieser Stelle gerade keine subjektiven Rechte schaffen will, sondern die nähere Umsetzung des in Art. 19 UN-BRK eingeräumten Rechts aller Menschen mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben, den Vertragsstaaten vorbehalten bleiben soll. Diese Deutung wird untermauert durch ein systematisches Argument: Die UN-BRK verwendet den Begriff "Anspruch" dann, wenn subjektive Rechte der behinderten Menschen begründet werden sollen (z.B. in Art. 22 Abs. 1 UN-BRK: "Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen", oder in Art. 30 Abs. 4 UN-BRK: "Menschen mit Behinderungen haben gleichberechtigt mit anderen Anspruch auf Anerkennung und Unterstützung ihrer spezifischen kulturellen und sprachlichen Identität"; vgl. BSG, Urteil vom 6. März 2012 - B 1 KR 10/11 R - juris Rn. 25). Die Formulierung eines solchen "Anspruchs" findet sich in Art. 19 UN-BRK jedoch gerade nicht. Abgesehen davon begründet Art. 19 UN-BRK aber ohnehin keinen Anspruch auf bestimmte Leistungen unabhängig von den Kosten (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 3. März 2011 - L 8 SO 24/09 B ER - juris Rn. 53; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Februar 2014 - L 20 SO 436/13 B ER - juris Rdnr. 57). Art. 19 UN-BRK ist keine sozialleistungsrechtliche Regelung, sondern erschöpft sich in einer abwehrrechtlichen Dimension. Indem sich dort die Vertragsstaaten unter anderem verpflichten zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, und nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben, wird lediglich eine Pflicht der Vertragsstaaten begründet, behinderte Menschen nicht durch rechtliche Vorgaben an der freien Wahl des Aufenthaltsortes und der Wohnform zu hindern. Art. 19 UN-BRK zielt auf eine unabhängige Lebensführung in Gestalt einer deinstitutionalisierten Einbeziehung der behinderten Menschen in die Gemeinschaft (BVerfG, Beschluss vom 21.03.2016 - 1 BvR 53/14 - juris Rn. 4). Die Annahme, dass damit auch eine Pflicht der Vertragsstaaten verbunden wäre, jegliches faktische - insbesondere finanzielle - Hindernis für die Ausübung des Wahlrechts zu beseitigen - mit anderen Worten: Sozialleistungen in der nach den Wünschen des Betroffenen notwendigen Höhe zu gewähren -, ist nicht zuletzt mit Blick darauf fernliegend, dass sich die UN-BRK an alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen richtet und auf deren Unterzeichnung des Abkommens gerichtet ist und damit in der ganz überwiegenden Anzahl an Staaten, denen die sozialstaatliche bzw. sozialleistungsfreundliche Ausgestaltung der Rechtsordnung in dem in der Bundesrepublik Deutschland vorhandenen Ausmaß fremd ist. Insofern ähnelt Art. 19 UN-BRK eher dem Freizügigkeitsrecht des Art. 11 GG, das sich auch im Wesentlichen in einer abwehrrechtlichen Dimension erschöpft, aber keinen Anspruch auf bestimmte Sozialleistungen begründet (vgl. dazu zuletzt BSG, Urteil vom 12. April 2017 - B 13 R 12/15 R - juris Rr. 37 ff.).

Nachdem sich der Kläger ohnehin nur unter dem Gesichtspunkt des Wahlrechtes des behinderten Menschen, bestimmen zu können, mit wem er zusammenleben will, auf Art. 19 UN-BRK stützt, ist dieser für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.11.2014 bis 30.06.2015 ohnehin nicht einschlägig, weil sich der Einkommenseinsatz des Klägers für diesen Zeitraum ausschließlich nach seinem Einkommen richtet und das Erwerbseinkommen seiner Partnerin aus den oben genannten Gründen (siehe 4.) hier nicht zu berücksichtigen ist.

5.7. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus Art. 28 Abs. 1 UN-BRK. Dieser lautet unter der Überschrift "Angemessener Lebensstandard und sozialer Schutz": "Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf einen angemessenen Lebensstandard für sich selbst und ihre Familien, einschließlich angemessener Ernährung, Bekleidung und Wohnung, sowie auf eine stetige Verbesserung der Lebensbedingungen und unternehmen geeignete Schritte zum Schutz und zur Förderung der Verwirklichung dieses Rechts ohne Diskriminierung aufgrund von Behinderung." Auch bei dieser Norm handelt es sich nicht um eine unmittelbar anwendbare Norm, aus der sich ein Anspruch ableiten lässt. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Adressaten ("Die Vertragsstaaten ...") sowie aus dem Kontext.

6. Dem Kläger stehen auch nicht aus einer UN-BRK gemäßen Auslegung der anzuwendenden Normen der Einkommensanrechnung der §§ 85, 87 SGB XII Ansprüche auf Eingliederungshilfe ohne einen Einkommenseinsatz zu. Vielmehr beläuft sich die Kostenbeteiligung für den Kläger in der Zeit vom 01.11.2014 bis 30.06.2015 auf monatlich 494 EUR, wie diese der Beklagte zuletzt mit Bescheid vom 18.02.2013 festgesetzt hat. Zugunsten des Klägers wirkt sich hier aus, dass sich durch eine Neu- bzw. Nachberechnung der Kostenbeteiligung keine Verböserung des Klägers über den mit Bescheid vom 18.02.2013 hinausgehenden Betrag von 494 EUR ergeben darf.

6.1. Zunächst ist die nach § 85 Abs. 1 SGB XII zu beachtende Einkommensgrenze zu ermitteln. Bei der Hilfe nach dem Fünften bis Neunten Kapitel ist der nachfragenden Person und ihrem nicht getrennt-lebenden Ehegatten oder Lebenspartner die Aufbringung der Mittel nicht zuzumuten, wenn während der Dauer des Bedarfs ihr monatliches Einkommen zusammen eine Einkommensgrenze nicht übersteigt, die sich ergibt aus

1. einem Grundbetrag in Höhe des Zweifachen der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28,

2.den Aufwendungen für die Unterkunft, soweit diese den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang nicht übersteigen und

3.einem Familienzuschlag in Höhe des auf volle Euro aufgerundeten Betrages von 70 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für den nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und für jede Person, die von der nachfragenden Person, ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner überwiegend unterhalten worden ist oder für die sie nach der Entscheidung über die Erbringung der Sozialhilfe unterhaltspflichtig werden (§ 85 SGB XII in der Fassung vom 21.12.2015).

Das Zweifache der im Jahr 2014 zu beachtenden Regelbedarfsstufe 1 (391EUR) beträgt 782 EUR. Unbeachtlich ist, dass der Beklagte im Bescheid vom 18.02.2013 nur 768 EUR berücksichtigt hat. Die zu beachtenden angemessenen Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft betragen die Hälfte von 1580 EUR = 790 EUR. Dabei berücksichtigt der Senat den hälftigen Kopfanteil für die gemeinsam mit der Lebenspartnerin bewohnte Wohnung des Klägers.

Unberücksichtigt bleibt hier aber ein Familienzuschlag nach § 85 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII für die damals noch nicht-eheliche Lebensgefährtin des Klägers. Es kann dahinstehen, ob man hier der in der Literatur vertretenen Auffassung folgt, wonach § 85 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII wegen des eindeutigen Wortlauts nicht auf eheähnliche Partner anzuwenden ist (so: Conradis in LPK-SGB XII, 10. Auflage, § 85 Rn. 3; a.A. aber Wahrendorf In Grube-Wahrendorf, SGB XII Kommentar, 5. Auflage, § 85 Rn. 6, Hohm in Schellhorn, Hohm, Scheider, SGB XII Kommentar, §19. Auflage, § 85 Rn. 16, jeweils unter Hinweis auf § 20 SGB XII). Die damalige eheähnliche Partnerin des Klägers wurde nicht vom Kläger überwiegend unterhalten, weil sie sich aus ihrem eigenen Erwerbseinkommen in Höhe von monatlich 1.924,22 EUR netto allein unterhalten konnte. Der Kläger wird für die Berechnung des Kostenbeitrags "fiktiv" so behandelt, als wenn er in dem hier zu entscheidenden Zeitraum noch alleinstehend gewesen wäre, nachdem das Erwerbseinkommen der nicht -ehelichen Partnerin auch nicht berücksichtigt werden kann. Eine entsprechende Verwaltungsentscheidung des Beklagten hierzu fehlt (nachdem der Bescheid vom 29.05.2015 aufzuheben ist (siehe oben unter 4.).

Damit ergibt sich eine Einkommensgrenze nach § 85 SGB XII in Höhe von 1572 EUR monatlich.

6.2. Der Kläger hat ein monatliches Netto-Erwerbseinkommen in Höhe von 3.180,31 EUR erzielt, das um die geltend gemachten Kosten der Hausratversicherung (3,49 EUR), der Haftpflichtversicherung (9,23 EUR), der Arbeitsmittelpauschale (5,20 EUR) und dem Riester Bausparvertrag (162,16 EUR) zu bereinigen ist (§ 82 Abs. 2 SGB XII). Der Senat übernimmt an dieser Stelle die Berechnungen des Beklagten aus der Anlage zum Teil-Abhilfebescheid vom 04.04.2018 und legt seiner weiteren Berechnung ein bereinigtes Einkommen des Klägers in Höhe von 3.000,23 EUR monatlich zugrunde.

6.3. Dem Kläger ist als schwerstpflegebedürftigem Menschen nach § 64 Abs. 3 SGB XI i.d.F. bis 31.12.2016 die Berücksichtigung seines Einkommens über der Einkommensgrenze in Höhe von mindestens 60 vom Hundert nicht zuzumuten.

§ 87 Abs. 1 SGB XII i.d.F. bis 31.12.2016 lautet: (1) Soweit das zu berücksichtigende Einkommen die Einkommensgrenze übersteigt, ist die Aufbringung der Mittel in angemessenem Umfang zuzumuten. Bei der Prüfung, welcher Umfang angemessen ist, sind insbesondere die Art des Bedarfs, die Art oder Schwere der Behinderung oder der Pflegebedürftigkeit, die Dauer und Höhe der erforderlichen Aufwendungen sowie besondere Belastungen der nachfragenden Person und ihrer unterhaltsberechtigten Angehörigen zu berücksichtigen. Bei schwerstpflegebedürftigen Menschen nach § 64 Abs. 3 und blinden Menschen nach § 72 ist ein Einsatz des Einkommens über der Einkommensgrenze in Höhe von mindestens 60 vom Hundert nicht zuzumuten.

Aus § 87 Abs. 1 S. 3 SGB XII ergibt sich somit ein zumutbarer Kostenbeitrag in Höhe von 571,29 EUR monatlich, gedeckelt durch den vom Beklagten mit Bescheid vom 18.02.2013 festgestellten Kostenbeitrag in Höhe von 494 EUR. Besondere Belastungen i.S. § 87 Abs. 1 S. 2 SGB XII hat der Kläger nicht geltend gemacht für die Zeit vom 01.11.2014 bis 30.06.2015, so dass sich keine andere Kostenbeteiligung als die von 40 % über der Einkommensgrenze liegenden Einkommens ergibt.

Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG Urteil vom 25.04.2013, B 8 SO 8/12 R) ist die Einkommensgrenze des § 87 Abs. 1 Satz 3 SGB XII für schwerstpflegebedürftige Menschen vorrangig zu berücksichtigen und erst nach der Bestimmung derselben sind nach Absatz 1 Satz 2 bei der Prüfung, welcher Umfang der Einsatz dieses Einkommens nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB XII angemessen ist, insbesondere die Art des Bedarfs, die Art oder Schwere der Behinderung oder der Pflegebedürftigkeit, die Dauer und Höhe der erforderlichen Aufwendungen sowie besondere Belastungen der nachfragenden Person und ihrer unterhaltsberechtigten Angehörigen zu berücksichtigen. Allerdings können dann im Rahmen der Abzugsposten nach Absatz 1 Satz 2 zum einen keine Umstände mehr berücksichtigt werden, die bereits Gegenstand anderer Sozialhilfeleistungen sind, zum anderen sind Belastungen nicht abzusetzen, die nach der gesetzgeberischen Wertung bereits mit dem freizulassenden Einkommen abzudecken sind, weil sie gleichermaßen bei allen nachfragenden Personen vorkommen (dann keine "besondere" Belastung). Schließlich können nicht solche Belastungen Berücksichtigung finden, die bereits mit dem Mindestbedarf nach Absatz 1 Satz 3 abgegolten sind, also Belastungen im Zusammenhang mit der Schwerstpflegebedürftigkeit.

In den Fällen des § 87 Abs. 1 SGB XII ist eine Kostenbeteiligung, soweit eine solche angemessen ist, zwingend vorzunehmen. Für den Träger der Sozialhilfe besteht kein Ermessen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass nach § 19 Abs. 3 SGB XII Leistungen überhaupt nur insoweit gewährt werden, als den dort genannten Personen ein Einsatz ihres Einkommens oder Vermögens nicht zuzumuten ist, was § 87 Abs. 1 SGB XII gerade regelt (Gutzler in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 87 SGB XII, Rn. 50,51).

Entgegen der Ansicht des Klägers ist Ermessen bei der Ermittlung des Eigenanteils nach § 87 Abs. 1 Satz 3 SGB XII von der Behörde nicht auszuüben, da es sich bei der Entscheidung über den angemessenen Eigenanteil nach § 87 Abs. 1 SGB XII nach der Fassung der Norm (insbesondere im Vergleich zu § 87 Abs. 2 und 3 SGB XII) um eine ge-bundene Entscheidung handelt. Die gerichtliche Kontrolle richtet sich hierbei darauf, ob die sich aus dem Charakter der jeweiligen Bedarfssituation ergebenden individuellen Umstände und typischen Bewertungsgesichtspunkte, wie sie in § 87 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ihren gesetzlichen Niederschlag gefunden haben, zutreffend erkannt und angewandt worden sind (vgl. Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 87, Rn. 8, 9).

Nach dem in § 87 Abs. 1 SGB XII zum Ausdruck kommenden Individualisierungsgrund-satz muss der Begriff des "angemessenen" Eigenanteils vielmehr unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Einzelfalls festgelegt werden (vgl. Wahrendorf in: Gru-be/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 87, Rn. 4, so auch Urteil des Senats vom 16.11.2017, L 8 SO 154/15 -, juris). Bei dem Tatbestandsmerkmal "angemessen" in § 87 Abs. 1 S. 1 SGB XII handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff mit Beurteilungs-spielraum, der gerichtlich voll überprüfbar ist (Wahrendorf in Grube/Wahrendorf a.a.O. § 87 Rn. 9, Schoch in LPK SGB XII, a.a.O. § 87 Rn. 3, Hohm in Schellhorn, Hohm, Schieder, a.a.O. § 87 Rn. 8). Abzustellen ist dabei auf die Verhältnisse des Einzelfalles.

Angemessen kann im Einzelfall grundsätzlich sowohl die volle Heranziehung des Einkommens über der Einkommensgrenze als auch - in engen Grenzen - die volle Freilassung sein (Hohm a.a.O. § 87 Rn. 8), wobei bei Schwerstpflegebedürftigen und Blinden § 67 Abs. 1 S. 3 SGB XII zu berücksichtigen ist und damit bei diesem Personenkreis von vornherein eine volle Heranziehung des Einkommens über der Einkommensgrenze ausscheidet.

Zu berücksichtigen ist damit beim schwerstpflegebedürftigen Kläger zunächst eine Kostenbeteiligung in Höhe von 40 % des die Einkommensgrenze übersteigenden Einkommens nach § 87 Abs. 1 S. 3 SGB XII. Dies ist hier ein zumutbarer Kostenbeitrag in angemessenem Umfang in Höhe von 571,29 EUR monatlich. Nachdem der Kläger für die Zeit ab 01.11.2014 bis 30.06.2015 keine besonderen (individuellen und personenzentrierte) Belastungen geltend gemacht hat und weder die Art des Bedarfs (Eingliederungshilfe ISB), die Art oder Schwere der Behinderung (fortschreitende Muskeldystrophie) oder der Pflegebedürftigkeit, die Dauer und Höhe der erforderlichen Aufwendungen (dauerhafte Eingliederungshilfe seit 2007 als ISB) eine abweichende Feststellung bedingen, verbleibt es bei einem Kostenbeitrag in Höhe von 40 %.

Auch besondere Belastungen der ebenfalls körperbehinderten Partnerin des Klägers liegen nicht vor. Das BSG hat in dem Urteil vom 25.04.2013, B 8 SO 8/12 R, unter Rn. 28 in sozialgerichtsbarkeit.de dazu in einem vergleichbaren Fall bereits ausgeführt, dass der Umstand, dass die Familie insgesamt sowohl durch die Schwerstpflegebedürftigkeit der dortigen Klägerin als auch durch die gravierende Behinderung des dortigen Ehemannes in besonderer Weise belastet ist, nicht zu einer generellen Freistellung des über der Einkommensgrenze liegenden Einkommens führe. Vielmehr habe der Gesetzgeber mit der in § 87 Abs. 1 Satz 3 SGB XII vorgesehenen pauschalen Verschonung des die Einkommensgrenze übersteigenden Einkommens in Höhe von 60 v.H. derartigen Gesichtspunkten bereits Rechnung getragen. Mit dieser Vorschrift habe er typisierend einen behinderungsbedingten Mindestbetrag angesetzt, der nicht zumutbar zur Finanzierung der Pflege bzw. Eingliederungshilfe einzusetzen sei.

Etwas anders ergab sich z.B. für den Monat Oktober 2014, in dem der Kläger infolge des Umzugs in eine andere Wohnung und wegen der Anschlusskosten für die Küche besondere Belastungen nach § 87 Abs. 1 S. 2 SGB XII geltend machen konnte. Der dann festgesetzte Kostenbeitrag in Höhe von 198,76 EUR (vgl. Anlage zum Bescheid des Beklagten vom 04.04.2018) entsprach nur noch 9 % des über der Einkommensgrenze des § 85 SGB XII liegenden bereinigten Gesamt-Einkommens über der Einkommensgrenze von 2.283,25 EUR.

Allerdings ist die vom Kläger zu fordernde Eigenbeteiligung in der Zeit vom 01.11.2014 bis 30.06.2015 begrenzt auf die vom Beklagten mit Bescheid vom 18.02.2013 festgesetzte Kostenbeteiligung in Höhe von 494 EUR, weil der Kläger auf seine Anfechtungsklage hin nicht durch das Urteil gegenüber der Verwaltungsentscheidung des Beklagten zu verbösern ist.

6.3.1. Der Kläger kann auch aus der UN-BRK keine abweichende Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs (zumutbarer Kostenbeitrag im angemessenen Umfang) verlangen.

Zum einen reklamiert der Kläger für sich keine besonderen Belastungen (i.S. eines individuellen und personenzentrierten Maßstabes) i.S. § 87 Abs. 1 S. 2 SGB XII, sondern weist generell auf die Problematik der körperbehinderten Akademiker hin, die ein Einkommen über der Einkommensgrenze des § 85 SGB XII erzielen und bei der benötigten Eingliederungshilfe deswegen überhaupt zum Einkommenseinsatz nach § 87 SGB XII herangezogen werden. Die damit verbundene Problematik des Einkommenseinsatzes und der Unmöglichkeit, Vermögen oberhalb der Vermögensfreigrenze des § 90 SGB XII zu bilden, stellt sich bei allen nachfragenden Personen im Lebenszuschnitt des Klägers. Hier ist erneut auf § 19 Abs. 3 SGB XII hinzuweisen, der einen sozialhilfe-rechtlichen Anspruch auf Eingliederungshilfe nur dann vermittelt, wenn dem leistungsberechtigten behinderten Menschen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nicht zuzumuten ist. Im Übrigen ist allen Leistungsberechtigten der Eingliederungshilfe nach § 53 SGB Abs. 1 XII gemein, dass sie die persönlichen Voraussetzungen erfüllen, also wegen einer Behinderung i.S. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt sind.

Der Gesetzgeber hat diese Problematik im Bundesteilhabegesetz aufgegriffen und sich mit dem in vier Stufen in Kraft tretenden Bundesteilhabegesetz auf den - wie die schwierigen Beratungen zeigten, langen - Weg gemacht, die Eingliederungshilfe aus der (einkommens- und vermögensabhängigen) Sozialhilfe herauszulösen. Das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen, kurz Bundesteilhabegesetz (BTHG), ist ein in der ersten von vier Reformstufen in Kraft getretenes Bundesgesetz, mit dem der Gesetzgeber sich das Ziel gesetzt hatte, auch im Hinblick auf die UN-BRK eine zeitgemäßere Gestaltung mit besserer Nutzerorientierung und Zugänglichkeit sowie eine höhere Effizienz der deutschen Eingliederungshilfe zu erreichen. Nach dem 2017 in Kraft getretenen ersten Teil des BTHG ist die Eingliederungshilfe noch Teil des SGB XII, es gibt aber deutlich höhere Freibeträge, sowohl beim Einkommen als auch beim Vermögen.

Der Kläger kann aber nicht für sich reklamieren, dass die gesetzgeberischen Überlegungen zum BTHG und auch zum Zeitpunkt von dessen zeitlich gestuften Inkrafttretens über die Wertungen des § 87 Abs. 1 S. 2 SGB XII in seinem Einzelfall dazu führen, schon vor dem "offiziellen Inkrafttreten" zu einer gänzlichen Freilassung seines Einkommens führen. Dies widerspräche der klaren gesetzgeberischen Entscheidung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des BTHG, für das gerade keine echte Rückwirkung vorgesehen ist.

Im Übrigen sind Belastungen nicht abzusetzen, die nach der gesetzgeberischen Wertung bereits mit dem freizulassenden Einkommen abzudecken sind, weil sie gleichermaßen bei allen nachfragenden Personen vorkommen (dann keine "besondere" Belastung). Schließlich können nicht solche Belastungen Berücksichtigung finden, die bereits mit dem Mindestbedarf nach Absatz 1 Satz 3 abgegolten sind, also Belastungen im Zusammenhang mit der Schwerstpflegebedürftigkeit, für die eine generelle Verschonung in Höhe von mindestens 60 % des über der Einkommensgrenze liegenden bereinigten Einkommens gilt.

Die Berufung ist demnach für den Zeitraum vom 01.11.2014 bis 30.06.2015 teilweise begründet, weil der Kläger für diesen Zeitraum nur eine Kostenbeteiligung in Höhe von 494 EUR schuldet. Soweit sich der Kläger auch gegen den nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils ergangenen Bescheid vom 04.04.2018 wendet, ist die Klage abzuweisen.

7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, S 1 SGG und berücksichtigt das teilweise Obsiegen des Klägers. Streitgegenständlich waren 36 Monate, in 20 Monaten (8/2012, 10/2012, 4/2013, 05/2023, 07/2013, 08/2013, 09/2013, 04/2014, 06/2014, 08/2014, 09/2014, 10/2014 und 11/2014 bis 6/2015) wurde die Berechnung des Eigenanteils zu Gunsten des Klägers geändert.

8. Gründe zur Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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