Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 5 KN 150/00 U
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 KN 15/02 U
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 13.12.2001 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Zahlung von Sterbegeld und Überführungskosten (§§ 63,64 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]).
Die Kläger sind Kinder und testamentarische Erben des am 00.00.1925 geborenen und am 09.01.1999 verwitwet verstorbenen B I (Versicherter). Der Versicherte war Brauereiarbeiter, leistete seinen Militärdienst, geriet in Kriegsgefangenschaft, war Waldarbeiter und vom 01.07.1947 bis zum 21.04.1961 auf der Zeche B im Steinkohlenbergbau als Schlepper, Anschläger, Transportarbeiter und Hauer bei differenzierter Worst-Case-Annahme nach Prof. Dr. C einer Belastung von 157,3 mg Feinstaubjahren ausgesetzt.
Von Mai 1961 bis Januar 1983 arbeitete er als Registraturangestellter. Auf den Rentenantrag wegen Silikose holte die Beklagte eine Stellungnahme von Dr. X zu Röntgenaufnahmen ein (09.12.1974) und lehnte es ab, Rente zu zahlen (Schreiben vom 27.12.1974). Ab 1975 war der Versicherte als Schwerbehinderter anerkannt (Bescheide des Versorgungsamts B vom 17.02.1975 und 15.07.1977).
Vom 27.09. bis 17.10.1998 war der Versicherte wegen initial Tachyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern sowie interkurrenter posterolateraler Wandischämie bei bislang unbekannter koronarer Herzkrankheit im Knappschaftskrankenhaus C (Bericht Priv. Doz. Dr. C1/Dr. T/ Stationsarzt N vom 10.11.1998). Prof. Dr. I/Dr. I1/ Dr. C2 hielten eine Bypassoperation für dringlich (Brief 02.12.1998), zu der es am 01.12.1998 kam (Prof. Dr. I2, Diktat vom 12.12.1998). Nach anfänglich stabilen postoperativen Verhältnissen und komplikationsloser Extubation noch in der Nacht des OP-Tages erforderte eine zunehmende respiratorische Erschöpfung die Re-Intubation nach 12 Stunden. Es kam zu einer massiven Pneumonie mit zunehmender Sepsis, akutem Nierenversagen und am 09.01.1999 zum Tod.
Unter dem 07.01.1999 mit Fax vom 10. und 14.01.1999 meldete sich der Kläger zu 2) bei der Beklagten wegen evtl. Entschädigungsansprüche. Im Einverständnis der Kläger erfolgte eine Obduktion. Die Bundesknappschaft zahlte Sterbegeld in Höhe von 2100,00 DM als Krankenversicherungsträger und begehrte Erstattung. Die Beklagte zog bei Behandlungsberichte von Dr. N mit Berichten von Priv. Doz. Dr. C1 vom 10.11.1998, Dr. I1 vom 25.11.1998 und Prof. Dr. I und Mitarbeitern vom 02.12.1998, Berichte vom Uniklinikum B (25.11., 02. und 16.12.1998, 09.01. und 18.02.1999) sowie von Priv. Doz. Dr. L (30.07.1999) und Unterlagen der Bundesknappschaft über Arbeitsunfähigkeitszeiten. In einem Gutachten für die Beklagte gelangten Ärzte für Pathologie Prof. Dr. N1 und Priv. Doz. Dr. L zum Ergebnis, mit versicherungsrelevanter Wahrscheinlichkeit sei kein Zusammenhang zwischen dem Ableben und der Silikoanthrakose bzw. der chronischen obstruktiven Lungenerkrankung herzustellen (30.07.1999).Die Beklagte ließ den Technischen Aufsichtsdienst die Feinstaubbelastung abschätzen (06.10.1999), leitete den Vorgang der Landesanstalt für Arbeitsschutz NW zu, holte eine Stellungnahme von Beratungsarzt Dr. T1 ein (29.01.2000) und lehnte es in zwei getrennten Bescheiden ab, Sterbegeld und Überführungskosten an den Kläger zu 2) zu zahlen, da eine Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4111 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) nicht gesichert und der Tod durch die Silikose nicht zumindest mit Wahrscheinlichkeit wesentlich mitverursacht sei (Bescheide vom 28.03.2000).
Dagegen legte der Kläger zu 2) zugleich auch für seine Geschwister, die Kläger zu 1), 3) und 4), jeweils Widerspruch ein. Die Widersprüche wies die Beklagte durch zwei getrennte Bescheide zurück (Bescheide vom 09.08.2000).
Zur Begründung ihrer Klage zum Sozialgericht (SG) Aachen haben die Kläger vorgetragen, präoperativ habe der behandelnde Arzt dem Versicherten mitgeteilt, er sei ein Risikopatient, da ein großer Teil der Lunge, die Spitzen der Lungenflügel, fehlten. Die Röntgenaufnahmen vom 27.09. und 08.10.1998 belegten die Pneumokoniose. Das tödliche Lungenversagen beruhe wesentlich auf der BK Nr. 4111. Sie verwiesen auf das Sachverständigengutachten von Prof. Dr. T2. Die Kläger zu 2) und 3) haben im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärt, die Klage bzgl. der BK Silikose nicht weiter aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte hat sich auf Stellungnahmen ihres Beratungsarztes Dr. T1 (17.05. und 30.11.2001) und von Prof. Dr. L1 berufen (10.08.2001).
Das SG hat Beweis durch den Sachverständigen Prof. Dr. T2 erhoben. Er ist zum Ergebnis gelangt (11.04.2001), der Tod sei nicht Folge der nur wenig ausgeprägten Silikose, wohl aber der chronischen obstruktiven Bronchitis und des Lungenemphysems im Sinne der BK Nr. 4111. Das SG hat antrags- gemäß die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 28.03. und 09.08.2000 verurteilt, den Klägern anlässlich des Todes des Versicherten Hinterbliebenenleistungen in Form von Sterbegeld und Überführungskosten zu gewähren (Urteil vom 13.12.2001).
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, für den Tod seien weder die BK Nr. 4101 noch die BK Nr. 4111 zumindest mit Wahrscheinlichkeit eine hinreichende Teilursache.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Aachen vom 13.12.2001 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger halten nach ihrem schriftlichen Vorbringen sinngemäß die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Das Gericht hat die Behandlungsunterlangen von Dr. N, Röntgenaufnahmen vom SMD, Dr. C3 und des Universitätsklinikums B sowie die Krankenakte dieses Klinikums und die Akten der Bundesknappschaft beigezogen und Beweis durch den Sachverständigen Prof. Dr. L2 erhoben. Er hat ausgeführt (12.09.2003), die Silikose sei als Berufserkrankung anzuerkennen und habe einen Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ab 20.11.1998 von 20 v. H. bedingt. Eine BK Nr. 4111 sei aufgrund der jahrzehntelangen Latenz zwischen Aufgabe der beruflichen Tätigkeit unter Tage und dem Nachweis einer obstruktiven Atemwegserkrankung auch unter Vernachlässigung der Rauchgewohnheiten abzulehnen. Die allenfalls gering einzuschätzende Atemwegserkrankung stelle kein erhöhtes Risiko für den operativen Eingriff dar.
Für die Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten und der Bundesknappschaft verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Aufgrund des entsprechenden Hinweises in den Terminsmitteilungen konnte der Senat in Abwesenheit der Kläger verhandeln und entscheiden.
Die Kläger begehren nach ihrem schriftlichen Vorbringen sinngemäß, die Berufung zurückzuweisen.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs nach §§ 63, 64 SGB VII - Tod infolge eines Versicherungsfalls - sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erfüllt. Das gilt unabhängig von der Frage, ob von einer Silikose ( BK Nr. 4101) oder einer BK Nr. 4111 auszugehen ist. Die leichtgradige Silikose, das Lungenemphysem und die leichtgradige obstruktive Atemwegserkrankung haben nicht zumindest mit Wahrscheinlichkeit den Tod wesentlich mitverursacht. Bei so erheblichen operativen Eingriffen wie einer Bypassoperation ist es kein völlig ungewöhnlicher Krankheitsverlauf, wenn - wie beim Versicherten - nach Extubierung innerhalb von 12 Stunden eine Reintubation erforderlich wird, sich anschließend eine Lungenentzündung mit Sepsis bildet, die letztlich über ein ARDS (Adult-Respiratory-Distress-Syndrom) mit Multiorganversagen zum Tode führt. Entscheidende Risikofaktoren sind beim Versicherten das Lebensalter und die erhebliche Adipositas gewesen. Aufgrund der Adipositas ist gerade im Liegen die Zwerchfellbeweglichkeit deutlich eingeschränkt. Das beeinflusst die Belüftung der Lunge nachhaltig und begünstigt erheblich die Entstehung bronchiopneumonischer Infektionen. Darüber hinaus birgt der Aufenthalt auf einer Intensivstation, die damit verbundene vermehrte Belastung durch Krankheitserreger und die Beatmungstherapie selbst ein deutlich erhöhtes Risiko für die Ausbildung einer postoperativen Pneumonie und letzlich auch einer Sepsis mit Multiorganversagen in sich. Demgegenüber hat die allenfalls gering einzuschätzende Atemwegserkrankung kein erhöhtes Risiko für die Bypassoperation und ihre Folgen mit sich gebracht. Das ergibt sich aus der überzeugenden Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. L2, dem urkundsbeweislich verwertbaren Gutachten der Ärzte für Pathologie Prof. Dr. N1 und Priv. Doz. Dr. L und der als Beteiligtenvorbringen verwertbaren Stellungnahme von Prof. Dr. L1.
Die genannten Ärzte haben überzeugend herausgestellt, dass das geringe Ausmaß der Lungenfunktionsbeeinträchtigung vor der Operation für die Entwicklung der Komplikationen, an denen letzlich auch der Versicherte verstorben ist, nicht bedeutsam ist, und dass die festgestellten Werte bei der Lungenfunktionsprüfung mit einer leichtgradigen Obstruktion, normalen Blutgasanalysewerten und einer Ergometerbelastbarkeit von 100 Watt gegen einen wesentlichen ursächlichen Einfluss für die postoperativen Komplikationen und letzlich den Tod sprechen. Erst bei schwererer Obstruktion und bei deutlich eingeschränkterer Leistungsfähigkeit treten regelhaft postoperative Probleme auf.
Entgegen der Ansicht der Kläger ist das Gutachten von Prof. Dr. L2 verwertbar, auch wenn neben dem Sachverständigen Assistenzarzt Dr. U unterzeichnet hat. Durch seine Unterschrift und den Passus "nach persönlicher Mitwirkung bei der Erstattung stimme ich dem vorstehenden Gutachten zu" hat der Sachverständige klargestellt, dass er in vollem Umfang die zivil- und strafrechtliche Verantwortung für den Inhalt des Gutachtens übernimmt.
Demgegenüber hat der Sachverständige Prof. Dr. T2 die von der Berufskrankheit unabhängigen Faktoren nur unzureichend in den Blick genommen und gewürdigt. Ihm vermag der Senat deshalb nicht zu folgen. Allein auf die im Rahmen der Obduktion festgestellten Befunde konnte sich Prof. Dr. T2 nicht berufen, weil ihnen gegenüber vorrangig die Funktionsbefunde sind (vgl Sachverständiger Prof. Dr. L2; Stellungnahme Prof. Dr. L1). Dem entspricht die klinische Erfahrung von Prof. Dr. L1, dessen Krankenhaus immerhin bundesweit das größte Zentrum zur Betreuung und Entwöhnung langzeitbeatmeter Patienten ist.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Zahlung von Sterbegeld und Überführungskosten (§§ 63,64 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]).
Die Kläger sind Kinder und testamentarische Erben des am 00.00.1925 geborenen und am 09.01.1999 verwitwet verstorbenen B I (Versicherter). Der Versicherte war Brauereiarbeiter, leistete seinen Militärdienst, geriet in Kriegsgefangenschaft, war Waldarbeiter und vom 01.07.1947 bis zum 21.04.1961 auf der Zeche B im Steinkohlenbergbau als Schlepper, Anschläger, Transportarbeiter und Hauer bei differenzierter Worst-Case-Annahme nach Prof. Dr. C einer Belastung von 157,3 mg Feinstaubjahren ausgesetzt.
Von Mai 1961 bis Januar 1983 arbeitete er als Registraturangestellter. Auf den Rentenantrag wegen Silikose holte die Beklagte eine Stellungnahme von Dr. X zu Röntgenaufnahmen ein (09.12.1974) und lehnte es ab, Rente zu zahlen (Schreiben vom 27.12.1974). Ab 1975 war der Versicherte als Schwerbehinderter anerkannt (Bescheide des Versorgungsamts B vom 17.02.1975 und 15.07.1977).
Vom 27.09. bis 17.10.1998 war der Versicherte wegen initial Tachyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern sowie interkurrenter posterolateraler Wandischämie bei bislang unbekannter koronarer Herzkrankheit im Knappschaftskrankenhaus C (Bericht Priv. Doz. Dr. C1/Dr. T/ Stationsarzt N vom 10.11.1998). Prof. Dr. I/Dr. I1/ Dr. C2 hielten eine Bypassoperation für dringlich (Brief 02.12.1998), zu der es am 01.12.1998 kam (Prof. Dr. I2, Diktat vom 12.12.1998). Nach anfänglich stabilen postoperativen Verhältnissen und komplikationsloser Extubation noch in der Nacht des OP-Tages erforderte eine zunehmende respiratorische Erschöpfung die Re-Intubation nach 12 Stunden. Es kam zu einer massiven Pneumonie mit zunehmender Sepsis, akutem Nierenversagen und am 09.01.1999 zum Tod.
Unter dem 07.01.1999 mit Fax vom 10. und 14.01.1999 meldete sich der Kläger zu 2) bei der Beklagten wegen evtl. Entschädigungsansprüche. Im Einverständnis der Kläger erfolgte eine Obduktion. Die Bundesknappschaft zahlte Sterbegeld in Höhe von 2100,00 DM als Krankenversicherungsträger und begehrte Erstattung. Die Beklagte zog bei Behandlungsberichte von Dr. N mit Berichten von Priv. Doz. Dr. C1 vom 10.11.1998, Dr. I1 vom 25.11.1998 und Prof. Dr. I und Mitarbeitern vom 02.12.1998, Berichte vom Uniklinikum B (25.11., 02. und 16.12.1998, 09.01. und 18.02.1999) sowie von Priv. Doz. Dr. L (30.07.1999) und Unterlagen der Bundesknappschaft über Arbeitsunfähigkeitszeiten. In einem Gutachten für die Beklagte gelangten Ärzte für Pathologie Prof. Dr. N1 und Priv. Doz. Dr. L zum Ergebnis, mit versicherungsrelevanter Wahrscheinlichkeit sei kein Zusammenhang zwischen dem Ableben und der Silikoanthrakose bzw. der chronischen obstruktiven Lungenerkrankung herzustellen (30.07.1999).Die Beklagte ließ den Technischen Aufsichtsdienst die Feinstaubbelastung abschätzen (06.10.1999), leitete den Vorgang der Landesanstalt für Arbeitsschutz NW zu, holte eine Stellungnahme von Beratungsarzt Dr. T1 ein (29.01.2000) und lehnte es in zwei getrennten Bescheiden ab, Sterbegeld und Überführungskosten an den Kläger zu 2) zu zahlen, da eine Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4111 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) nicht gesichert und der Tod durch die Silikose nicht zumindest mit Wahrscheinlichkeit wesentlich mitverursacht sei (Bescheide vom 28.03.2000).
Dagegen legte der Kläger zu 2) zugleich auch für seine Geschwister, die Kläger zu 1), 3) und 4), jeweils Widerspruch ein. Die Widersprüche wies die Beklagte durch zwei getrennte Bescheide zurück (Bescheide vom 09.08.2000).
Zur Begründung ihrer Klage zum Sozialgericht (SG) Aachen haben die Kläger vorgetragen, präoperativ habe der behandelnde Arzt dem Versicherten mitgeteilt, er sei ein Risikopatient, da ein großer Teil der Lunge, die Spitzen der Lungenflügel, fehlten. Die Röntgenaufnahmen vom 27.09. und 08.10.1998 belegten die Pneumokoniose. Das tödliche Lungenversagen beruhe wesentlich auf der BK Nr. 4111. Sie verwiesen auf das Sachverständigengutachten von Prof. Dr. T2. Die Kläger zu 2) und 3) haben im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärt, die Klage bzgl. der BK Silikose nicht weiter aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte hat sich auf Stellungnahmen ihres Beratungsarztes Dr. T1 (17.05. und 30.11.2001) und von Prof. Dr. L1 berufen (10.08.2001).
Das SG hat Beweis durch den Sachverständigen Prof. Dr. T2 erhoben. Er ist zum Ergebnis gelangt (11.04.2001), der Tod sei nicht Folge der nur wenig ausgeprägten Silikose, wohl aber der chronischen obstruktiven Bronchitis und des Lungenemphysems im Sinne der BK Nr. 4111. Das SG hat antrags- gemäß die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 28.03. und 09.08.2000 verurteilt, den Klägern anlässlich des Todes des Versicherten Hinterbliebenenleistungen in Form von Sterbegeld und Überführungskosten zu gewähren (Urteil vom 13.12.2001).
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, für den Tod seien weder die BK Nr. 4101 noch die BK Nr. 4111 zumindest mit Wahrscheinlichkeit eine hinreichende Teilursache.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Aachen vom 13.12.2001 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger halten nach ihrem schriftlichen Vorbringen sinngemäß die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Das Gericht hat die Behandlungsunterlangen von Dr. N, Röntgenaufnahmen vom SMD, Dr. C3 und des Universitätsklinikums B sowie die Krankenakte dieses Klinikums und die Akten der Bundesknappschaft beigezogen und Beweis durch den Sachverständigen Prof. Dr. L2 erhoben. Er hat ausgeführt (12.09.2003), die Silikose sei als Berufserkrankung anzuerkennen und habe einen Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ab 20.11.1998 von 20 v. H. bedingt. Eine BK Nr. 4111 sei aufgrund der jahrzehntelangen Latenz zwischen Aufgabe der beruflichen Tätigkeit unter Tage und dem Nachweis einer obstruktiven Atemwegserkrankung auch unter Vernachlässigung der Rauchgewohnheiten abzulehnen. Die allenfalls gering einzuschätzende Atemwegserkrankung stelle kein erhöhtes Risiko für den operativen Eingriff dar.
Für die Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten und der Bundesknappschaft verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Aufgrund des entsprechenden Hinweises in den Terminsmitteilungen konnte der Senat in Abwesenheit der Kläger verhandeln und entscheiden.
Die Kläger begehren nach ihrem schriftlichen Vorbringen sinngemäß, die Berufung zurückzuweisen.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs nach §§ 63, 64 SGB VII - Tod infolge eines Versicherungsfalls - sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erfüllt. Das gilt unabhängig von der Frage, ob von einer Silikose ( BK Nr. 4101) oder einer BK Nr. 4111 auszugehen ist. Die leichtgradige Silikose, das Lungenemphysem und die leichtgradige obstruktive Atemwegserkrankung haben nicht zumindest mit Wahrscheinlichkeit den Tod wesentlich mitverursacht. Bei so erheblichen operativen Eingriffen wie einer Bypassoperation ist es kein völlig ungewöhnlicher Krankheitsverlauf, wenn - wie beim Versicherten - nach Extubierung innerhalb von 12 Stunden eine Reintubation erforderlich wird, sich anschließend eine Lungenentzündung mit Sepsis bildet, die letztlich über ein ARDS (Adult-Respiratory-Distress-Syndrom) mit Multiorganversagen zum Tode führt. Entscheidende Risikofaktoren sind beim Versicherten das Lebensalter und die erhebliche Adipositas gewesen. Aufgrund der Adipositas ist gerade im Liegen die Zwerchfellbeweglichkeit deutlich eingeschränkt. Das beeinflusst die Belüftung der Lunge nachhaltig und begünstigt erheblich die Entstehung bronchiopneumonischer Infektionen. Darüber hinaus birgt der Aufenthalt auf einer Intensivstation, die damit verbundene vermehrte Belastung durch Krankheitserreger und die Beatmungstherapie selbst ein deutlich erhöhtes Risiko für die Ausbildung einer postoperativen Pneumonie und letzlich auch einer Sepsis mit Multiorganversagen in sich. Demgegenüber hat die allenfalls gering einzuschätzende Atemwegserkrankung kein erhöhtes Risiko für die Bypassoperation und ihre Folgen mit sich gebracht. Das ergibt sich aus der überzeugenden Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. L2, dem urkundsbeweislich verwertbaren Gutachten der Ärzte für Pathologie Prof. Dr. N1 und Priv. Doz. Dr. L und der als Beteiligtenvorbringen verwertbaren Stellungnahme von Prof. Dr. L1.
Die genannten Ärzte haben überzeugend herausgestellt, dass das geringe Ausmaß der Lungenfunktionsbeeinträchtigung vor der Operation für die Entwicklung der Komplikationen, an denen letzlich auch der Versicherte verstorben ist, nicht bedeutsam ist, und dass die festgestellten Werte bei der Lungenfunktionsprüfung mit einer leichtgradigen Obstruktion, normalen Blutgasanalysewerten und einer Ergometerbelastbarkeit von 100 Watt gegen einen wesentlichen ursächlichen Einfluss für die postoperativen Komplikationen und letzlich den Tod sprechen. Erst bei schwererer Obstruktion und bei deutlich eingeschränkterer Leistungsfähigkeit treten regelhaft postoperative Probleme auf.
Entgegen der Ansicht der Kläger ist das Gutachten von Prof. Dr. L2 verwertbar, auch wenn neben dem Sachverständigen Assistenzarzt Dr. U unterzeichnet hat. Durch seine Unterschrift und den Passus "nach persönlicher Mitwirkung bei der Erstattung stimme ich dem vorstehenden Gutachten zu" hat der Sachverständige klargestellt, dass er in vollem Umfang die zivil- und strafrechtliche Verantwortung für den Inhalt des Gutachtens übernimmt.
Demgegenüber hat der Sachverständige Prof. Dr. T2 die von der Berufskrankheit unabhängigen Faktoren nur unzureichend in den Blick genommen und gewürdigt. Ihm vermag der Senat deshalb nicht zu folgen. Allein auf die im Rahmen der Obduktion festgestellten Befunde konnte sich Prof. Dr. T2 nicht berufen, weil ihnen gegenüber vorrangig die Funktionsbefunde sind (vgl Sachverständiger Prof. Dr. L2; Stellungnahme Prof. Dr. L1). Dem entspricht die klinische Erfahrung von Prof. Dr. L1, dessen Krankenhaus immerhin bundesweit das größte Zentrum zur Betreuung und Entwöhnung langzeitbeatmeter Patienten ist.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved