L 5 RJ 485/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 RJ 871/02 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 485/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 12. August 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch auf Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen.

Der 1962 im vormaligen Jugoslawien geborene Kläger besitzt die Staatsangehörigkeit des Staates Bosnien-Herzegowina. Von dort reiste er am 20.09.1992 als Bürgerkriegsflüchtling in die Bundesrepublik Deutschland ein. Hier erhielt er zunächst bis 30.09.1993 eine Aufenthaltsduldung und nach Heirat am 10.09.1993 eine Aufenthaltserlaubnis. Nach Scheitern der Ehe kehrte er nach Ausreiseaufforderung am 12.10.1999 in die Heimat zurück. In Deutschland legte der Kläger insgesamt 74 Monate Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung zurück (Versicherungsverlauf vom 20.06.2002).

Am 20.03.2000 bat der Kläger um Auskunft, welche Rückzahlungsansprüche bei der gesetzlichen Rentenversicherung bestünden. Am 08.01.2002 beantragte er Rückerstattung der Beiträge aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung mit der Begründung, er besitze die kroatische Staatsangehörigkeit, und verwies dazu auf einen Beschluss des Verwaltungsgerichts G. vom 11.10.1999 aus dem Ausreiseverfahren, in welchem er als kroatischer Staatsangehöriger bezeichnet worden war. Während des Verwaltungsverfahrens legte der Kläger der Beklagten eine eigenhändig von ihm am 19.03.2002 unterzeichnete Erklärung vor, dass er die bosnisch-herzegowinische Staatsangehörigkeit besitze, sowie eine inhaltlich gleiche Bescheinigung der amtlichen Stelle in C. entsprechend Reisepass Nr.28906 vom 28.08.2000 - gültig bis 28.08.2010.

Mit Bescheid vom 22.05.2002 - bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 25.06.2002 - lehnte die Beklagte die Erstattung von Versicherungsbeiträgen ab mit der Begründung, die gesetzlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt, weil der Kläger aufgrund zwischenstaatlichen Rechts zur freiwilligen Versicherung in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung berechtigt sei.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Landshut hat der Kläger beantragt, ihm Beitragserstattung nach § 210 Abs.1 Nr.1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - zu gewähren. Er hat vorgetragen, er sei kroatischer Staatsangehöriger, wie aus dem verwaltungsgerichtlichen Ausreiseverfahren hervorgehe. Ebenso ergebe sich aus dem notariellen Ehevertrag vom 15.05.1993, dass er damals einen gültigen Reisepass Nr.BHR 637078 vorgelegt habe und dort protokolliert sei, er besitze die kroatische Staatsangehörigkeit.

Mit Gerichtsbescheid vom 12.08.2003 hat das SG die Klage im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte habe zu Recht die Beitragserstattung verweigert, weil der Kläger zur freiwilligen Versicherung berechtigt sei. Als bosnisch-herzegowinischer Staatsangehöriger könne er nach dem entsprechenden zwischenstaatlichen Versicherungsabkommen freiwillige Beiträge zur deutschen Rentenversicherung leisten.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt, ohne diese zu begründen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 12.08.2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22.05.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die in der Zeit vom 01.11.1991 bis 30.06.1999 für ihn zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 12.08.2003 zurückzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 23.03.2004 waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Auf diese Akten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger erfüllt nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rückerstattung von Rentenversicherungsbeiträgen. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung der Beklagten ist somit ebensowenig zu beanstanden wie der Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 12.08.2003.

§ 210 SGB VI räumt unter dort näher bezeichneten Voraussetzungen Versicherten oder deren Nachkommen einen Rechtsanspruch auf Beitragserstattung ein. Der Kläger, der die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren (§ 50 SGB VI) erfüllt hat, kann Beitragserstattung nicht verlangen, weil ihm ein Recht zur freiwilligen Versicherung zusteht (§ 210 Abs.1 Nr.1 SGB VI). Dieses Recht räumt ihm § 7 SGB VI i.V.m. mit dem deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommen ein. Nach § 7 SGB VI können sich Personen, die nicht versicherungspflichtig sind, für Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahres an freiwillig versichern. Dies gilt auch für Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben. Art.3 Abs.1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen föderativen Republik Jugoslawien über soziale Sicherheit vom 12.10.1968 (BGBl 1969 II, Seite 1438 in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30.09.1974 - BGBl 1975 II, Seite 390) stellt dabei den Kläger als ehemaligen Staatsangehörigen der vormaligen Republik Jugoslawien einem Deutschen im Sinne von § 7 Abs.1 Satz 2 SGB VI gleich. Dieses zwischenstaatliche Sozialversicherungsabkommen findet auf den Kläger Anwendung. Er ist Angehöriger des Staates Bosnien-Herzegowina, wie sich aus der von ihm zuletzt eigenhändig unterzeichneten Erklärung vom 19.03.2002 ergibt. Dort ist die Staatsangehörigkeit "kroatisch" ausdrücklich durchgestrichen. Die Staatsangehörigkeit beweist auch die amtliche Bestätigung des Heimatortes C. vom 19.03.2002, wonach der Kläger bosnisch-herzegowinischer Staatsangehöriger ist und einen entsprechenden gültigen Reisepass besitzt. Diese zeitlich neueren Dokumente haben Vorrang vor den Angaben aus dem Verwaltungs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren des Jahres 1999, zumal die vom Kläger vorgelegten dortigen Dokumentausschnitte eine eigenständige Feststellung der Staatsangehörigkeit nicht enthalten. In gleicher Weise nachrangig ist auch die notarielle Urkunde aus dem Jahr 1993, weil dort nicht festgehalten ist, dass der Kläger einen Reisepass vorgelegt hätte, welcher die kroatische Staatsbürgerschaft ausweise. Es ist vielmehr dort nur dokumentiert, dass der Kläger nach eigenen Angaben die kroatische Staatsangehörigkeit besitze, während zum Reisepass nur eine Registrierungsnummer enthalten ist, aber nichts zum ausstellenden Staat. Im Übrigen wäre es durchaus denkbar, dass im Rahmen der Bürgerkriegswirren der Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien die Staatsangehörigkeit des Klägers zunächst nicht zweifelsfrei festzustellen war oder dass sie in der Vergangenheit gewechselt hätte.

Weil im Verhältnis zu Angehörigen des Staates Bosnien-Herzegowina das deutsch-jugoslawische Sozialversicherungsabkommen weiterhin Anwendung findet (BSG Soz-R 3-2600 § 250 Nr.3), steht fest, dass der Kläger zur freiwilligen Rentenversicherung berechtigt ist und damit keine Beitragserstattung beanspruchen kann. Die Berufung bleibt in vollem Umfang ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.2 und 3 SGG).
Rechtskraft
Aus
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