Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 V 15/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 V 3/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 V 25/04 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 08.08.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin Witwenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) zusteht.
Die Klägerin ist die Witwe des 1924 geborenen und am 07.05.1995 verstorbenen A. G ... Dieser hatte am 14.11.1944 in Lettland einen Schussbruch des rechten Unterschenkels erlitten und sei am 20.11.1944 wegen Gasbrands am Unterschenkel amputiert worden bis auf eine Stumpflänge von 8 cm. Mit Bescheid vom 01.09.1950 nach dem KB-Leistungsgesetz wurde als Schädigungsfolge im Sinne der Entstehung anerkannt: "Verlust des rechten Unterschenkels im oberen Drittel, geringe Behinderung der Streckfähigkeit im rechten Kniegelenk." Die MdE betrug 60 v.H. ab 01.02.1947. Der Versorgungsberechtigte (nachfolgend VB) befand sich vom 08.04. bis 30.05.1952 im Versorgungskrankenhaus Bayreuth; dort wurde u.a. ein Gewicht von 58 kg (Größe 171,5 cm), ein Blutdruck von 120 zu 75 und ein normal großes Herz, mit regelmäßiger Aktion und reinen Tönen festgestellt.
Eine versorgungsärztliche Untersuchung anläßlich eines Antrags auf Gewährung einer heilgymnastischen Kur am 20.09.1963 ergab ein Gewicht von 81 kg halbbekleidet, einen Blutdruck von 160 zu 100 und ein nach links verbreitertes Herz. Die Aufnahmeuntersuchung im Versorgungskrankenhaus Bad P. am 29.10.1963 enthält ebenfalls einen Blutdruckwert von 160 zu 105, spätere Blutdruckkontrollen lagen niedriger. Ein krankhafter Herzbefund wurde nicht festgestellt.
Am 05.06.1974 beantragte der VB die Anerkennung eines Folgeschadens, nämlich von Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule, der jedoch mit Bescheid vom 18.09.1975 abgelehnt wurde.
Im ärztlichen Abschlussbericht vom 01.11.1978 nach einer Badekur wurde ein zur Zeit noch diätetisch beherrschbarer Diabetes mellitus als Diagnose genannt, ferner ein Gewicht von 84,5 kg und ein Blutdruck von 190 zu 120.
Ein Verschlimmerungsantrag vom 03.06.1982 wurde unter anderem mit häufigeren Herzrhythmusstörungen, Kreislaufstörungen sowie ständigen Schmerzen beim Gehen mit der Prothese begründet. Er wurde mit Bescheid vom 03.05.1984 abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, die vorliegende Herzleistungsminderung mit rezidivierend auftretenden Herzrhythmusstörungen sei mit hoher Wahrscheinlichkeit Ausdruck einer koronaren Mangeldurchblutung, die als Folge von arteriosklerotischen Veränderungen der Innenwände der Herzkranzgefäße ausgelöst worden sei. Hierfür seien unter anderem arterieller Bluthochdruck, Störungen des Kohlehydrat-, Fett- und Purinstoffwechsels sowie Übergewicht verantwortlich. Ein weiterer Neufeststellungsantrag vom 16.06.1987 wegen wesentlicher Verschlimmerung der Stumpfbeschwerden wurde mit Bescheid vom 07.10.1987 abgelehnt, weil eine versorgungsärztliche Begutachtung keine wesentliche Änderung ergeben habe. (Widerspruchsbescheid vom 13.04.1988). Auch ein erneuter Leidensverschlimmerungsantrag vom Dezember 1988 wegen ständiger Stumpfeiterungen wurde zunächst abgelehnt (Bescheid vom 14.06.1989); dem Widerspruch wurde jedoch mit Abhilfebescheid vom 27.11.1989 insoweit abgeholfen, als ab 01.12.1988 die MdE mit 70 v.H. eingeschätzt wurde und bei Schädigungsfolge Nr.1 angefügt wurde:"mit rezidivierender Fisteleiterung". Bei Schädigungsfolge Nr.2 wurde angefügt: "mit Kreuzbandlockerung".
Mit Verschlimmerungsantrag vom 05.11.1991 teilte der VB mit, dass er am 19.04.1991 im Bundeswehrkrankenhaus A. am rechten Bein nachamputiert worden sei. Der Beklagte zog einen Befundbericht des Allgemeinarztes Dr. B. bei sowie die Krankenunterlagen des Bundeswehrkrankenhauses A. , des Pathologen Prof.Dr.M. und der Reha-Klinik B. in S. , wo sich der VB vom 21.06. bis 09.07.1991 zu einer Anschlussheilbehandlung befand, aus der er wegen einer Verschlechterung seines Allgemeinzustandes und der physischen Belastbarkeit am 09.07.1991 in das Bundeswehrkrankenhaus zurückverlegt werden musste. Es wurden auch die Krankenhausunterlagen über diesen Aufenthalt, der bis 23.08.1991 dauerte, beigezogen sowie Unterlagen des Städtischen Marienkrankenhauses A. über ein Thorax-CT. Mit Bescheid vom 25.03.1992 wurde die Schädigungsfolge ab 01.04.1991 neu formuliert: "Verlust des rechten Beines im Oberschenkel." Die MdE blieb gleich.
Ein erneuter Leidensverschlimmerungsantrag vom 16.08.1993 wurde mit Bescheid von 07.11.1994 abgelehnt, weil die bestehenden Schmerzen am Stumpf nicht über das übliche Maß hinausgingen. Es bestehe seit langem ein schweres Herzleiden, dessen Schweregrad immer mehr zunehme. Es seien mehrfach Dekompensationen eingetreten, die zu Wasseransammlungen auch im Stumpf geführt hätten. Ursache dafür, dass der VB nicht mehr fähig sei, ein Kunstbein zu tragen, sondern einen Rollstuhl benützen müsse, sei ein schädigungsfremdes schweres Herzleiden.
Die Bescheinigung über den Tod des VB am 07.05.1995 enthielt als Todesursache: a) dekompensierte globale Myokardinsuffizienz, b) ischämische dilatative Kardiomyopathie, coronare Herzkrankheit.
Andere wesentliche Krankheiten zum Zeitpunkt des Todes seien eine Niereninsuffizienz und ein Diabetes mellitus gewesen.
Auf den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Witwenrente wurden Krankenunterlagen vom Klinikum St.M. beigezogen, in das der VB wenige Stunden vor seinem Tod eingeliefert worden war. Nach versorgungsärztlicher Stellungnahme durch die Internistin Dr.R. C. erging am 26.09.1995 ein Bescheid, mit dem der Antrag auf Witwenrente abgelehnt wurde, weil die anerkannten Schädigungsfolgen mit dem zum Tode führenden Leiden nicht im ursächlichen Zusammenhang gestanden hätten. Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Bescheid vom 20.02.1996 zurückgewiesen. Mit Bescheid vom 10.09.1997 wurde nur ein Anspruch auf Witwenbeihilfe in Höhe von zwei Dritteln der Witwenrente bejaht.
Wegen des Anspruchs auf Witwenrente hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 06.03.1996 Klage zum Sozialgericht Regensburg erhoben. Zur Begründung hat sie insbesondere eine Bescheinigung des Anästhesisten Dr.K. vom Bundeswehrkrankenhaus A. vorgelegt, der die Auffassung vertreten hat, dass bei Patienten mit chronischen Eiterungen nach Kriegsverletzungen mit schwerem Gewebedefekt häufiger Herz-Kreislauferkrankungen wie Arteriosklerose, Coronarsklerose und daraus folgend Herzinsuffizienz beobachtet würden. Er sei der Auffassung, das die Kriegsverletzung und ihre situationsbedingt unzureichende Behandlung nicht unerheblich für die Entstehung der Herzkrankheit des VB verantwortlich seien.
Auf Antrag der Klägerin ist nach § 109 SGG der Internist Dr.K. vom Bundeswehrkrankenhaus A. als Sachverständiger gehört worden. Laut seinem Gutachten vom 22.05.1997 sei der VB mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an dekompensierter Kardiomyopathie verstorben. Bei der Erkrankung Kardiomyopathie würde zwischen primären (z.B. dilatativen) und sekundären Formen unterschieden. Die Ätiologie der primären Kardiomyopathie sei letztlich noch unbekannt. Es handele sich dabei um eine ungleichmäßige Verdickung der Herzmuskelfasern mit stärker ausgeprägter Fibrose und Fehlanordnungen von Muskelfasern. Sekundäre Kardiomyopathien könnten sich als Folgen von Infektionskrankheiten, endokrinen Erkrankungen oder auch toxischen Einflüssen entwickeln. Die Herzerkrankung des VB sei wahrscheinlich auf dem Boden einer koronaren Herzkrankheit entstanden, ausgebildet durch ein besonderes Risikoprofil (Hypercholesterinämie, Diabetes mellitus, Harnsäurestoffwechselstörung und Nikotingebrauch). Die erlittenen Schädigungen und anerkannten Schädigungsfolgen seien nicht Ursache dieser Herzerkrankung. Sie seien auch keine überwiegende Mitursache, auch nicht in dem Sinne, dass der Verstorbene ohne die Schädigungsfolgen mindestens ein Jahr länger gelebt hätte. Ein ursächlicher Zusammenhang könne auch nicht deshalb bejaht werden, weil über die Ursache des zum Tode führenden Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit bestehe.
Die Klägerin hat darauf mit Schriftsatz vom 06.07.1997 erwidert, Dr.K. habe ihren Mann weniger gut gekannt als Dr.K ... Der Sachverständige habe fälschlich unterstellt, dass ihr Mann geraucht habe. Ihrer Auffassung nach habe nicht Dr.K. , sondern Dr.K. Recht mit seiner Auffassung.
Das Sozialgericht hat den vollständigen Histologiebefund von Prof.Dr.M. beigezogen, aus dem sich zuletzt neben Zeichen einer Arterio- und Phlebosklerose auch Residuen einer Osteomyelitis im Amputationsmaterial gefunden haben.
Nach Beiziehung von Unterlagen des Instituts für mehr Wehrmedizinalstatistik und Berichtswesen und eines Befundberichts von Dr. B. hat das Sozialgericht von Prof.Dr.K. von der Universität R. ein internistisches Gutachten vom 27.03.2000 eingeholt. Danach sei der VB an einer dekompensierten Herzinsuffizienz verstorben, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf eine über Jahrzehnte bestehende schwerste Bluthochdruckerkrankung zurückzuführen sei. Es sei zwar auch möglich, dass eine coronare Herzerkrankung mit stattgehabten Herzinfarkten aufgrund des ausgeprägten Risikoprofils (Bluthochdruck, Blutzuckererkrankung, Fettstoffwechselstörung) vorgelegen habe. Dies lasse sich jedoch nicht sicher nachweisen. In jedem Fall sei es nicht wahrscheinlich, dass der Tod durch die anerkannten Schädigungsfolgen verursacht worden sei. Die seit 1988 bestehende schwerste Pumpschwäche des Herzens, die wiederholt zu massiven Einlagerungen in den Beinen geführt habe, habe die Problematik im Bereich des teilamputierten Unterschenkels sicherlich negativ beeinflusst. Eine Verschlechterung der Herzpumpschwäche auch nach der Oberschenkelamputation durch die anerkannten Schädigungsfolgen sei nicht nachweisbar. Auch sei nicht wahrscheinlich, dass der VB ohne die anerkannten Schädigungsfolgen mindestens ein Jahr länger gelebt hätte. Im Übrigen hat Prof.Dr.K. darauf hingewiesen, dass erstmals durch den Internisten Dr.M. am 11.08.1988 eine weit fortgeschrittene dilatative Kardiomyopathie bei schwerster globaler Herzdekompensation diagnostiziert worden sei. Dieses Krankheitsbild sei auch Ursache einer stationären Behandlung im Krankenhaus St.M. im August 1990, im Bundeswehrkrankenhaus A. im April/ Mai 1991 sowie im Krankenhaus St. M. im Oktober/November 1991 gewesen. Die primäre - wissenschaftlich ungeklärte - Form der dilatativen Kardiomyopathie lasse sich klinisch nicht von der sekundären Form dieser Erkrankung unterscheiden. Bei der sekundären Form seien jedoch eindeutige Auslöser feststellbar (z.B. Alkoholabusus oder endokrinologische Erkrankungen). Eine der häufigsten Ursachen der Herzinsuffizienz sei die koronare Herzerkrankung (Verschluss der Herzkranzgefäße und Herzinfarkt mit konsekutiver Minderung der Pumpleistung). Eine sichere Unterscheidung zwischen Herzinsuffizienz durch dilatative Kardiomyopathie oder durch koronare Herzerkrankung sei nur nach Herzkatheteruntersuchung möglich, durch die Verengungen oder Verschlüsse der Herzkranzgefäße festgestellt werden könnten. Eine solche Untersuchung sei beim VB nie durchgeführt worden. Auch sei ein Herzinfarkt aufgrund verschiedener Ultraschalluntersuchungen (Echokardiographien) nicht dokumentiert. Beim VB sei jedoch eine Bluthochdruckerkrankung erstmals bei einem Kuraufenthalt 1975 nachgewiesen sowie im Rahmen von Badekuren 1978 und 1981, ferner durch ein Gutachten von 1982. Auch sei eine schwere Atherosklerose als Folge der Bluthochdruckerkrankung durch den Pathologen Prof.Dr.M. am 19.04.1991 bestätigt worden. Es sei davon auszugehen, dass es sich um eine essentielle Hypertonie gehandelt habe. Die nachgewiesene Nierenschädigung sei eher Folge als Ursache des Bluthochdrucks. Eine chronische Entzündung des Amputationsstumpfs, mit Fistelung (Osteomyelitits) habe nur zwischen 1988 und 1991 vorgelegen; sie sei 1991 im Bundeswehrkrankenhaus operativ saniert worden. Eine ursächliche Beteiligung dieser Entzündung an der Entstehung des Bluthochdrucks komme daher schon rein zeitlich nicht in Betracht.
Mit Fax-Schreiben, eingegangen am 08.08.2000, hat der Sohn der Klägerin mitgeteilt, ein Kardiologe, Dr.P. , sei der Auffassung, dass die Ursache für die Herzkrankheit seines Vaters höchstwahrscheinlich in der Kriegsverletzung mit folgendem Gasbrand und Amputation des Beines zu sehen sei.
Das Sozialgericht hat am selben Tag aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es sich auf das seines Erachtens überzeugende Gutachten von Prof.Dr.K. gestützt. Dr.K. habe lediglich ein Verdachtattest ausgestellt; die subjektiv geäußerte Meinung von Dr.P. habe keinen ausreichenden Beweiswert.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 17.01. 2001 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und die Einholung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Dr.P. beantragt. Dieser hat in einem Schreiben an die Klägerin vom 21.05.2001 die Auffassung vertreten, dass die beiden Gerichtsgutachten die Gasbrandinfektion als Ursache einer toxischen Mayocardschädigung übersehen hätten. Diese habe den arteriellen Hypertonus zur Folge gehabt.
Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz besondere Gründe für die Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG verneint, insbesondere auch, weil eine Infektion durch Clostridien (Gasbranderreger) nicht nachgewiesen sei, Brückensymptome zwischen dieser Infektion und der zum Tode führenden Herzerkrankung fehlten und andere Gründe für die koronare Herzkrankheit wahrscheinlicher seien (Stellungnahme durch die Internistin Dr.W.).
Der Senat hat auch von Prof.Dr.K. eine Stellungnahme zu der Auffassung von Dr.P. eingeholt. Dieser hat am 06.08.2001 darauf hingewiesen, dass eine Blutvergiftung mit Erregern des Gasbrandes in der Regel zum Tode führe, so dass anzunehmen sei, dass eine derartige Komplikation im Jahre 1944 nicht vorgelegen habe.
Mit Schriftsatz vom 17.10.2001 hat die Klägerin ein Schreiben von Dr.P. vorgelegt, in dem dieser seine Auffassung verteidigt hat.
Der Beklagte hat nochmals durch versorgungsärztliche Stellungnahme des Internisten Dr.S. vom 27.11.2001 ausführlich zur Problematik Stellung genommen.
Der Senat hat anschließend ein internistisch/kardiologisches Gutachten von Prof.Dr.T. vom Klinikum der Universität M. vom 31.05.2002 eingeholt. Hiernach sei mit hoher Wahrscheinlichkeit Ursache der zum Tode führenden Herzinsuffizienz eine koronare Herzerkrankung auf dem Boden eines langjährigen ausgeprägten Risikoprofils. Ein ursächlicher Zusammenhang mit den anerkannten Schädigungsfolgen bestehe nicht. Zwar habe die bereits 1988 diagnostizierte schwere Einschränkung der linksventrikulären Pumpfunktion des Herzenz eine erhebliche Beeinträchtigung der Operationsfähigkeit des VB dargestellt. Dieser habe die Operation jedoch relativ gut überstanden und sei erst etwa vier Jahre nach dem Ereignis verstorben, so dass weder ein zeitlicher noch ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Operation und dem Tod des VB zu bejahen sei. Ohne Nachamputation hätte er nicht wahrscheinlich ein Jahr länger gelebt. Zwischen einer vermuteten Infektion mit Gasbranderregern und dem Tod des VB bestehe ebenfalls kein Zusammenhang. Auch werde in der Literatur berichtet, dass eine Infektion des Herzens mit diesen Erregern in aller Regel nicht überlebt werde. Eine isolierte Schädigung des Herzmuskels sei sehr unwahrscheinlich. Dagegen spreche auch, dass eine schwere Schädigung von anderen Organen nicht erfolgt sei und dass es bis in die 80iger Jahre zu keiner Beeinträchtigung der Herzfunktion gekommen sei. Als wahrscheinlichste Ursache für die Entstehung der Kardiomyopathie komme eine ischämische Genese in Betracht. Anhaltspunkte hierfür seien ein seit 1978 bekannter Diabetes mellitus, der schwer einstellbar gewesen sei, ein Bluthochdruck seit 1963, eine mäßige Erhöhung der Blutfettwerte sowie typische Symptome einer koronaren Herzerkrankung, nämlich stenokardiale Beschwerden (Bl.352 Rentenakte II), die Dr.G. am 14.06.1974 mitgeteilt habe. Bei Vorliegen eines Diabetes mellitus seien erfahrungsgemäß Angina-pectoris Beschwerden entweder geringer oder fehlend. Gegen eine ischämische Herzerkrankung spreche auch nicht zwingend, dass in den EKG-Befunden keine klassischen Zeichen eines Herzinfarkts vorhanden seien. Eine weitere mögliche Ursache sei der Bluthochdruck oder eine Herzmuskelentzündung. Ursache dieser Entzündung könnte eine 1975 durchgemachte achtwöchige "Grippe" mit schwerer Bronchitis gewesen sein, hinter der sich eine Entzündung des Herzmuskels versteckt haben könnte. Zwischen einer hypothetischen Schädigung im Jahre 1944 und dem Erkrankungsbeginn 1988 bestehe kein zeitlicher Zusammenhang, da dazwischen eine entsprechende Belastungsfähigkeit gegeben gewesen sei und sogenannte Brückensymptome fehlten. Eine Anerkennung des Todes des VB als Schädigungsfolge im Rahmen der Kannversorgung nach § 1 Abs.3 Satz 2 BVG unter Berücksichtigung der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (Anhaltspunkte) 1996 Nr.39, 46, 100 komme nicht in Betracht.
Die Klägerseite hat dennoch die Berufung aufrecht erhalten und mit Schriftsatz vom 22.07.2002 gebeten, eine Antwort von Prof. Dr.Z. vom Zentralinstitut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr abzuwarten, an den sich Dr.P. schriftlich gewandt hatte. Mit Schriftsatz vom 12.11.2002 ist eine für die Klägerseite negative Antwort von Prof.Dr.Z. vom 19.07.2002 übersandt worden, außerdem ein Schreiben von Dr.P. an die Klägerin, wonach er zwar die Clostridienhypothese für obsolet ansehe, nunmehr jedoch aufgrund von Feldpostbriefen des VB vom 07.02. und 14.04.1943 eine Streptokokkenangina als Ursache für die Herzmuskelinsuffizienz für wahrscheinlich halte. In obengenannten Briefen berichtete der VB seiner Mutter über eine schmerzhafte beidseitige Mittelohrentzündung sowie eine Mandelentzündung und Mandeloperation.
Der Beklagte hat in einer ausführlichen versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr.S. vom 20.12.2002 darauf hingewiesen, es sei unter anderem bereits von Prof.Dr.T. dargelegt worden, dass eine infektiös bedingte Herzmuskelschädigung am Ende des 2. Weltkriegs als Ursache der Herzinsuffizienz unwahrscheinlich sei. Die Annahme einer Streptokokkenangina sei ebenso spekulativ wie die einer daraus abgeleiteten Herzerkrankung. Typisch für ein rheumatisches Fieber mit Herzbeteiligung sei die Entwicklung einer Endokarditis mit Schädigung der Herzklappen, die zu einem auskultierbaren Herzgeräusch führe, das aber beim VB bei den verschiedenen Untersuchungen nicht festgestellt worden sei.
Dem erneuten Antrag der Klägerin, von Dr.P. nach § 109 SGG ein Gutachten einzuholen, ist stattgegeben worden. In seinem Gutachten vom 03.11.2003 hat der Sachverständige zunächst einen Aktenauszug zum Krankheitsverlauf der inneren Organe des VB erstellt, anschließend eine Verlaufsanalyse des Blutdruckverhaltens und des Diabetes sowie der Herzerkrankung erstellt. Im letztgenannten Bereich hat er vorausgeschickt, dass die Herzerkrankung Folge einer Streptokokkenpharyngitis 1943 sei und zwar eine isolierte "rheumatische Myocarditis". Während eines viermonatigen Lazarettaufenthaltes 1943 sei es zu einer subklinisch verlaufenden Myocarditis gekommen, die in diesem Zeitraum im Wesentlichen abgeheilt sei. Bis 1976 habe ein beschwerdefreies Intervall vorgelegen, danach sei es zu Rezidiven gekommen, die zu einer progredienten globalen Herzinsuffizienz mit Todesfolge geführt hätten. Der Nachweis der rheumatischen Myocarditis sei auf den ersten Blick schwierig, es sprächen jedoch dafür: Lange Lazarettaufenthalte, die Mandeloperation, die zu einer bakteriellen Streuung mit Fieber über 40¬ ohne die gefürchtete Komplikation einer bakteriellen Endocarditis geführt habe und vor allem der durch Rezidive induzierte charakteristische Ablauf der Herzerkrankung. Gegen die Vorgutachter Dr.K. , Prof.Dr.K. und Prof.Dr.T. hat Dr.P. eingewandt, es habe kein essentieller Hypertonus sondern nur ein situativ erhöhter Blutdruck im Sinne eines Weißkittelsyndroms vorgelegen. Auch der Diabetes mellitus sei in jeder Phase gut bis befriedigend eingestellt gewesen. Von einem ausgeprägten Risikoprofil könne keine Rede sein. In Anlagen I bis III hat Dr.P. medizinhistorische Ausführungen gemacht. Er hat die Beweisfragen folgendermaßen beantwortet:
1. Es habe eine kardiale Folgeerkrankung - isolierte rheumatische Myokarditis - einer Streptokokkenpharyngitis zum Tode des VB geführt.
2. Die Unterschenkelamputation habe wegen erheblicher Phantomschmerzen die Lebensqualität des VB wesentlich beeinträchtigt. Ein sicherer Zusammenhang zwischen dem Versorgungsleiden und der Todesursache sei nicht nachweisbar.
3. Die massive Nachblutung als Komplikationsfolge der Oberschenkelnachamputation am 19.04.1991 habe den Tod des VB mindestens um ein Jahr beschleunigt.
Der Beklagte hat durch versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr.S. vom 18.11.2003 erklärt, dass im vorliegenden Fall der Vollbeweis einer rheumatischen Myocarditis als Folge der in den Feldpostbriefen des VB beschriebenen mehrtägigen schweren Unterkühlung und einer dadurch verursachten Streptokokkenpharyngitis fehle. Die von Dr.P. angeführten Symptome könnten eine infektiös bedingte Herzmuskelschädigung im Sinne der geforderten Zweifelsfreiheit nicht nachweisen. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass das zum Tode führende Herzleiden unabhängig von den Kriegsereignissen entstanden sei. Dies hätten auch die drei Vorgutachter so gesehen. Der VB sei im Alter von 70 Jahren an einer koronare Herzerkrankung verstorben, die zu den häufigsten Todesursachen in diesem Lebensalter gehöre.
Die laut einem EKG von 1987 gefundenen Anzeichen für eine Linksherzhyperthrophie widerlegten die These von Dr.P. , dass nur eine sogenannte Weißkittelhypertonie vorgelegen habe. Der VB selbst habe 1975 und 1982 schwere Grippeepisoden beschrieben. Rezidivierende Infektionen der oberen Atemwege mit unterschiedlichsten Krankheitserregern seien im Verlauf mehrerer Jahrzehnte in unseren Breitengraden durchaus üblich. Jede Neuinfektion der oberen Atemwege sei, wenn man eine Myocarditis annehme, ein möglicher Grund für deren Entstehung. Auch sei die Auffassung von Dr.P. , dass die massive Nachblutung am 19.04.1991 die Lebenszeit des VB verkürzt und eine Verschlechterung der zuvor fast vollständig erreichten kardialen Rekompensation verursacht habe, nicht zutreffend. Vielmehr habe bereits im Oktober 1990 eine stationäre Aufnahme im Bundeswehrkrankenhaus wegen globaler Myocardinsuffizienz erfolgen müssen.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 08.08.2000 sowie des Bescheids vom 26.09.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.02.1996 zu verurteilen, ihr Witwenrente nach dem BVG zu gewähren.
Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 08.08.2000 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten des vorangegangenen Klageverfahrens und des Berufungsverfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zwar zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.
Das Sozialgericht und der Beklagte sind zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin kein Anspruch auf Witwenrente nach § 38 BVG zusteht.
Nach § 38 Abs.1 besteht ein Witwenrentenanspruch dann, wenn ein Beschädigter an den Folgen einer Schädigung gestorben ist. Der Tod gilt stets dann als Folge einer Schädigung, wenn ein Beschädigter an einem Leiden stirbt, das als Folge einer Schädigung rechtsverbindlich anerkannt und für das ihm im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt war.
Beim Ehemann der Klägerin war als Folge seiner Kriegsbeschädigungen bis April 1991 der Verlust des rechten Unterschenkels im oberen Drittel, seit Dezember 1988 mit rezidivierender Fisteleiterung anerkannt, danach bis zum Tod der Verlust des rechten Beines im Oberschenkel. Die MdE betrug bis November 1988 60 v.H., danach 70 v.H. Die mit Leidensverschlimmerungsantrag vom 03.06.1982 geltend gemachten Herzrhythmus- und Kreislaufstörungen sowie der zu hohe Blutdruck wurden bereits mit Bescheid vom 03.05.1984 als nicht schädigungsbedingt abgelehnt. Die Herzleistungsminderung wurde damals als Folge von arteriosklerotischen Veränderungen angesehen.
Das im Mai 1995 zum Tode führende Leiden war nach Auffassung der gerichtlichen Sachverständigen Prof.Dr.K. (Gutachten vom 27.03.2000) und Prof.Dr.T. (Gutachten vom 31.05.2002) eine dekompensierte Herzinsuffizienz. Es besteht keine vollständige Einigkeit darüber, ob Ursache dieser Herzinsuffizienz eine koronare Herzerkrankung (so Prof.Dr.T. und Dr.K.) oder eine schwerste Bluthochdruckerkrankung (Prof.Dr.K.) war. Prof.Dr.K. hat in seinem Gutachten nachvollziehbar darlegt, dass sich das klinische Bild einer Herzinsuffizienz nicht wesentlich dadurch unterscheidet, ob eine koronare Herzerkrankung oder eine dilatative Kardiomyopathie vorlag. Eine Unterscheidung wäre durch eine Herzkatheteruntersuchung möglich gewesen, da ein Vorhandensein von Verengungen oder Verschlüssen der Herzkranzgefäße auf eine koronare Herzerkrankung hingedeutet hätte. Der fehlende Nachweis von durchgemachten Herzinfarkten sei aber kein Beweis gegen eine koronare Herzerkrankung. Da seit 1963 ein Bluthochdruck und nicht nur - wie Dr.P. meint - ein Weißkittelsyndrom dokumentiert ist, seit 1978 ein Diabetes mellitus und schon vorher eine Adipositas bekannt war, bestand nachvollziehbar ein ausgeprägtes Risikoprofil für die Entstehung entweder einer sekundären dilatativen Kardiomyopathie oder einer koronaren Herzerkrankung. Welcher der genannten Risikofaktoren für die zum Tode führende Herzerkrankung des Klägers ausschlaggebend war, kann dahingestellt bleiben, weil weder Bluthochdruck noch Diabetes noch Adipositas als Schädigungsfolgen anerkannt waren.
Die von Klägerseite bzw. Dr.P. vorübergehend behauptete ursächliche Bedeutung einer angeblichen Gasbrandinfektion des Ehemanns der Klägerin im November 1944 hätte zwar grundsätzlich nach den "Anhaltspunkten" 1996 Nr.100 als toxische Einwirkung zu einer sekundären Kardiomyopathie führen können. Nachdem Prof.Dr.T. unter Berufung auf wissenschaftliche Untersuchungen überzeugend darauf hingewiesen hatte, dass eine isolierte Schädigung des Herzmuskels durch Clostridien äußerst unwahrscheinlich erscheine, da der verstorbene Ehemann der Klägerin eine solche schwere Schädigung des Herzmuskels nicht überlebt hätte und sich der von Dr.P. befragte Prof.Dr.Z. dieser Meinung angeschlossen hatte, erklärte die Klägerseite diesen Gedanken inzwischen zutreffend für obsolet.
Die zuletzt geltend gemachte und im Gutachten nach § 109 SGG von Dr.P. vertretene Auffassung, dass die zum Tode führende Herzerkrankung des Ehemanns der Klägerin durch eine Streptokokkeninfektion der Rachenmandeln mit nachfolgendem rheumatischem Fieber im Sinne einer Herzbeteiligung (Myokarditis) im Jahre 1943 verursacht worden sei, überzeugt den Senat nicht. Prof.Dr.T. sah in seinem Gutachten eine infektiöse Herzmuskelentzündung (z.B. durch Streptokokken) als nicht bewiesen und auch als unwahrscheinlich an (Bl.8 und 11 seines Gutachtens). Als mögliche, aber nicht wahrscheinliche Ursache hob er die 1975 durchgemachte ca. achtwöchige "Grippe" mit schwerer Bronchitis hervor. Gegen eine frühe Infektion (im Jahr 1943) durch Streptokokken spricht neben dem fehlenden Nachweis der Infektion vor allem auch, dass der VB über weite Strecken seines Lebens normal belastbar, dabei auch nach der unterstellten Myokarditis bis zu der Unterschenkelverwundung im November 1944 wieder als Soldat im Einsatz war und Hinweise auf eine Einschränkung seines Herzens bis Anfang der 80er Jahre nicht bestanden (Gutachten Prof. Dr.T. Bl.15 und 16).
Der Beklagte hat in den Stellungnahmen von Dr.S. vom 20.12. 2002 und vom 18.11.2003 zu Recht darauf hingewiesen, dass, selbst wenn eine Streptokokkenerkrankung im Jahre 1943 unterstellt werde, nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden könne, dass auch eine Myokarditis eingetreten sei. Typisch ist vielmehr nach Nr.99 der Anhaltspunkte in solchen Fällen die Entwicklung einer Endokarditis mit Schädigung der Herzklappen. Eine Herzklappenschädigung lag jedoch nicht vor, weil bei den zahlreichen Herzuntersuchungen des VB die Herzgeräusche stets als unauffällig beschrieben wurden. Daher ist die Annahme einer Myokarditis, die nach Jahrzehnten wieder aufgelebt sein soll und sich verschlimmert haben soll, spekulativ und nicht objektiv nachgewiesen.
Eine Verursachung der zum Tode führenden Herzerkrankung durch die von 1988 bis 1991 bestehende Osteomyelitis des Amputationsstumpfs scheidet ebenfalls aus, weil bereits im August 1988 von Dr.M. eine schwerste globale Herzdekompensation festgestellt worden war. Somit konnte die Osteomyelitis nicht Ursache einer schon vorher eingetretenen Erkrankung gewesen sein.
Dr.P. behauptete in seinem Gutachten, die massive Nachblutung als Komplikation der Oberschenkelnachamputation im April 1991 habe den Tod des VB mindestens um ein Jahr beschleunigt. Dieselbe Frage haben die drei Vorgutachter mit schlüssiger Begründung verneint. Der Ehemann der Klägerin befand sich vor der Nachamputation im Jahr 1990 zweimal wegen kardialer Dekompensation in stationärer Behandlung. Auch wenn es in der an die Nachamputation anschließenden Rehabilitationsbehandlung erneut zu einer kardialen Dekompensation kam, wurde diese anschließend nach Rückverlegung ins Bundeswehrkrankenhaus gut rekompensiert. Der Tod des Ehemanns der Klägerin ist erst etwa vier Jahre nach der Operation eingetreten. Aufgrund dieser relativ langen zeitlichen Distanz zwischen Operation und Tod und im Hinblick auf die Tatsache, dass - wie der Beklagte vortrug - der VB mit über 70 Jahren an seinem seit 1988 bestehenden schweren Herzleiden und damit an einer der häufigsten Todesursachen in diesem Lebensalter verstarb, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der VB ohne die anerkannten Schädigungsfolgen ein Jahr länger gelebt hätte.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 166 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin Witwenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) zusteht.
Die Klägerin ist die Witwe des 1924 geborenen und am 07.05.1995 verstorbenen A. G ... Dieser hatte am 14.11.1944 in Lettland einen Schussbruch des rechten Unterschenkels erlitten und sei am 20.11.1944 wegen Gasbrands am Unterschenkel amputiert worden bis auf eine Stumpflänge von 8 cm. Mit Bescheid vom 01.09.1950 nach dem KB-Leistungsgesetz wurde als Schädigungsfolge im Sinne der Entstehung anerkannt: "Verlust des rechten Unterschenkels im oberen Drittel, geringe Behinderung der Streckfähigkeit im rechten Kniegelenk." Die MdE betrug 60 v.H. ab 01.02.1947. Der Versorgungsberechtigte (nachfolgend VB) befand sich vom 08.04. bis 30.05.1952 im Versorgungskrankenhaus Bayreuth; dort wurde u.a. ein Gewicht von 58 kg (Größe 171,5 cm), ein Blutdruck von 120 zu 75 und ein normal großes Herz, mit regelmäßiger Aktion und reinen Tönen festgestellt.
Eine versorgungsärztliche Untersuchung anläßlich eines Antrags auf Gewährung einer heilgymnastischen Kur am 20.09.1963 ergab ein Gewicht von 81 kg halbbekleidet, einen Blutdruck von 160 zu 100 und ein nach links verbreitertes Herz. Die Aufnahmeuntersuchung im Versorgungskrankenhaus Bad P. am 29.10.1963 enthält ebenfalls einen Blutdruckwert von 160 zu 105, spätere Blutdruckkontrollen lagen niedriger. Ein krankhafter Herzbefund wurde nicht festgestellt.
Am 05.06.1974 beantragte der VB die Anerkennung eines Folgeschadens, nämlich von Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule, der jedoch mit Bescheid vom 18.09.1975 abgelehnt wurde.
Im ärztlichen Abschlussbericht vom 01.11.1978 nach einer Badekur wurde ein zur Zeit noch diätetisch beherrschbarer Diabetes mellitus als Diagnose genannt, ferner ein Gewicht von 84,5 kg und ein Blutdruck von 190 zu 120.
Ein Verschlimmerungsantrag vom 03.06.1982 wurde unter anderem mit häufigeren Herzrhythmusstörungen, Kreislaufstörungen sowie ständigen Schmerzen beim Gehen mit der Prothese begründet. Er wurde mit Bescheid vom 03.05.1984 abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, die vorliegende Herzleistungsminderung mit rezidivierend auftretenden Herzrhythmusstörungen sei mit hoher Wahrscheinlichkeit Ausdruck einer koronaren Mangeldurchblutung, die als Folge von arteriosklerotischen Veränderungen der Innenwände der Herzkranzgefäße ausgelöst worden sei. Hierfür seien unter anderem arterieller Bluthochdruck, Störungen des Kohlehydrat-, Fett- und Purinstoffwechsels sowie Übergewicht verantwortlich. Ein weiterer Neufeststellungsantrag vom 16.06.1987 wegen wesentlicher Verschlimmerung der Stumpfbeschwerden wurde mit Bescheid vom 07.10.1987 abgelehnt, weil eine versorgungsärztliche Begutachtung keine wesentliche Änderung ergeben habe. (Widerspruchsbescheid vom 13.04.1988). Auch ein erneuter Leidensverschlimmerungsantrag vom Dezember 1988 wegen ständiger Stumpfeiterungen wurde zunächst abgelehnt (Bescheid vom 14.06.1989); dem Widerspruch wurde jedoch mit Abhilfebescheid vom 27.11.1989 insoweit abgeholfen, als ab 01.12.1988 die MdE mit 70 v.H. eingeschätzt wurde und bei Schädigungsfolge Nr.1 angefügt wurde:"mit rezidivierender Fisteleiterung". Bei Schädigungsfolge Nr.2 wurde angefügt: "mit Kreuzbandlockerung".
Mit Verschlimmerungsantrag vom 05.11.1991 teilte der VB mit, dass er am 19.04.1991 im Bundeswehrkrankenhaus A. am rechten Bein nachamputiert worden sei. Der Beklagte zog einen Befundbericht des Allgemeinarztes Dr. B. bei sowie die Krankenunterlagen des Bundeswehrkrankenhauses A. , des Pathologen Prof.Dr.M. und der Reha-Klinik B. in S. , wo sich der VB vom 21.06. bis 09.07.1991 zu einer Anschlussheilbehandlung befand, aus der er wegen einer Verschlechterung seines Allgemeinzustandes und der physischen Belastbarkeit am 09.07.1991 in das Bundeswehrkrankenhaus zurückverlegt werden musste. Es wurden auch die Krankenhausunterlagen über diesen Aufenthalt, der bis 23.08.1991 dauerte, beigezogen sowie Unterlagen des Städtischen Marienkrankenhauses A. über ein Thorax-CT. Mit Bescheid vom 25.03.1992 wurde die Schädigungsfolge ab 01.04.1991 neu formuliert: "Verlust des rechten Beines im Oberschenkel." Die MdE blieb gleich.
Ein erneuter Leidensverschlimmerungsantrag vom 16.08.1993 wurde mit Bescheid von 07.11.1994 abgelehnt, weil die bestehenden Schmerzen am Stumpf nicht über das übliche Maß hinausgingen. Es bestehe seit langem ein schweres Herzleiden, dessen Schweregrad immer mehr zunehme. Es seien mehrfach Dekompensationen eingetreten, die zu Wasseransammlungen auch im Stumpf geführt hätten. Ursache dafür, dass der VB nicht mehr fähig sei, ein Kunstbein zu tragen, sondern einen Rollstuhl benützen müsse, sei ein schädigungsfremdes schweres Herzleiden.
Die Bescheinigung über den Tod des VB am 07.05.1995 enthielt als Todesursache: a) dekompensierte globale Myokardinsuffizienz, b) ischämische dilatative Kardiomyopathie, coronare Herzkrankheit.
Andere wesentliche Krankheiten zum Zeitpunkt des Todes seien eine Niereninsuffizienz und ein Diabetes mellitus gewesen.
Auf den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Witwenrente wurden Krankenunterlagen vom Klinikum St.M. beigezogen, in das der VB wenige Stunden vor seinem Tod eingeliefert worden war. Nach versorgungsärztlicher Stellungnahme durch die Internistin Dr.R. C. erging am 26.09.1995 ein Bescheid, mit dem der Antrag auf Witwenrente abgelehnt wurde, weil die anerkannten Schädigungsfolgen mit dem zum Tode führenden Leiden nicht im ursächlichen Zusammenhang gestanden hätten. Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Bescheid vom 20.02.1996 zurückgewiesen. Mit Bescheid vom 10.09.1997 wurde nur ein Anspruch auf Witwenbeihilfe in Höhe von zwei Dritteln der Witwenrente bejaht.
Wegen des Anspruchs auf Witwenrente hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 06.03.1996 Klage zum Sozialgericht Regensburg erhoben. Zur Begründung hat sie insbesondere eine Bescheinigung des Anästhesisten Dr.K. vom Bundeswehrkrankenhaus A. vorgelegt, der die Auffassung vertreten hat, dass bei Patienten mit chronischen Eiterungen nach Kriegsverletzungen mit schwerem Gewebedefekt häufiger Herz-Kreislauferkrankungen wie Arteriosklerose, Coronarsklerose und daraus folgend Herzinsuffizienz beobachtet würden. Er sei der Auffassung, das die Kriegsverletzung und ihre situationsbedingt unzureichende Behandlung nicht unerheblich für die Entstehung der Herzkrankheit des VB verantwortlich seien.
Auf Antrag der Klägerin ist nach § 109 SGG der Internist Dr.K. vom Bundeswehrkrankenhaus A. als Sachverständiger gehört worden. Laut seinem Gutachten vom 22.05.1997 sei der VB mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an dekompensierter Kardiomyopathie verstorben. Bei der Erkrankung Kardiomyopathie würde zwischen primären (z.B. dilatativen) und sekundären Formen unterschieden. Die Ätiologie der primären Kardiomyopathie sei letztlich noch unbekannt. Es handele sich dabei um eine ungleichmäßige Verdickung der Herzmuskelfasern mit stärker ausgeprägter Fibrose und Fehlanordnungen von Muskelfasern. Sekundäre Kardiomyopathien könnten sich als Folgen von Infektionskrankheiten, endokrinen Erkrankungen oder auch toxischen Einflüssen entwickeln. Die Herzerkrankung des VB sei wahrscheinlich auf dem Boden einer koronaren Herzkrankheit entstanden, ausgebildet durch ein besonderes Risikoprofil (Hypercholesterinämie, Diabetes mellitus, Harnsäurestoffwechselstörung und Nikotingebrauch). Die erlittenen Schädigungen und anerkannten Schädigungsfolgen seien nicht Ursache dieser Herzerkrankung. Sie seien auch keine überwiegende Mitursache, auch nicht in dem Sinne, dass der Verstorbene ohne die Schädigungsfolgen mindestens ein Jahr länger gelebt hätte. Ein ursächlicher Zusammenhang könne auch nicht deshalb bejaht werden, weil über die Ursache des zum Tode führenden Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit bestehe.
Die Klägerin hat darauf mit Schriftsatz vom 06.07.1997 erwidert, Dr.K. habe ihren Mann weniger gut gekannt als Dr.K ... Der Sachverständige habe fälschlich unterstellt, dass ihr Mann geraucht habe. Ihrer Auffassung nach habe nicht Dr.K. , sondern Dr.K. Recht mit seiner Auffassung.
Das Sozialgericht hat den vollständigen Histologiebefund von Prof.Dr.M. beigezogen, aus dem sich zuletzt neben Zeichen einer Arterio- und Phlebosklerose auch Residuen einer Osteomyelitis im Amputationsmaterial gefunden haben.
Nach Beiziehung von Unterlagen des Instituts für mehr Wehrmedizinalstatistik und Berichtswesen und eines Befundberichts von Dr. B. hat das Sozialgericht von Prof.Dr.K. von der Universität R. ein internistisches Gutachten vom 27.03.2000 eingeholt. Danach sei der VB an einer dekompensierten Herzinsuffizienz verstorben, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf eine über Jahrzehnte bestehende schwerste Bluthochdruckerkrankung zurückzuführen sei. Es sei zwar auch möglich, dass eine coronare Herzerkrankung mit stattgehabten Herzinfarkten aufgrund des ausgeprägten Risikoprofils (Bluthochdruck, Blutzuckererkrankung, Fettstoffwechselstörung) vorgelegen habe. Dies lasse sich jedoch nicht sicher nachweisen. In jedem Fall sei es nicht wahrscheinlich, dass der Tod durch die anerkannten Schädigungsfolgen verursacht worden sei. Die seit 1988 bestehende schwerste Pumpschwäche des Herzens, die wiederholt zu massiven Einlagerungen in den Beinen geführt habe, habe die Problematik im Bereich des teilamputierten Unterschenkels sicherlich negativ beeinflusst. Eine Verschlechterung der Herzpumpschwäche auch nach der Oberschenkelamputation durch die anerkannten Schädigungsfolgen sei nicht nachweisbar. Auch sei nicht wahrscheinlich, dass der VB ohne die anerkannten Schädigungsfolgen mindestens ein Jahr länger gelebt hätte. Im Übrigen hat Prof.Dr.K. darauf hingewiesen, dass erstmals durch den Internisten Dr.M. am 11.08.1988 eine weit fortgeschrittene dilatative Kardiomyopathie bei schwerster globaler Herzdekompensation diagnostiziert worden sei. Dieses Krankheitsbild sei auch Ursache einer stationären Behandlung im Krankenhaus St.M. im August 1990, im Bundeswehrkrankenhaus A. im April/ Mai 1991 sowie im Krankenhaus St. M. im Oktober/November 1991 gewesen. Die primäre - wissenschaftlich ungeklärte - Form der dilatativen Kardiomyopathie lasse sich klinisch nicht von der sekundären Form dieser Erkrankung unterscheiden. Bei der sekundären Form seien jedoch eindeutige Auslöser feststellbar (z.B. Alkoholabusus oder endokrinologische Erkrankungen). Eine der häufigsten Ursachen der Herzinsuffizienz sei die koronare Herzerkrankung (Verschluss der Herzkranzgefäße und Herzinfarkt mit konsekutiver Minderung der Pumpleistung). Eine sichere Unterscheidung zwischen Herzinsuffizienz durch dilatative Kardiomyopathie oder durch koronare Herzerkrankung sei nur nach Herzkatheteruntersuchung möglich, durch die Verengungen oder Verschlüsse der Herzkranzgefäße festgestellt werden könnten. Eine solche Untersuchung sei beim VB nie durchgeführt worden. Auch sei ein Herzinfarkt aufgrund verschiedener Ultraschalluntersuchungen (Echokardiographien) nicht dokumentiert. Beim VB sei jedoch eine Bluthochdruckerkrankung erstmals bei einem Kuraufenthalt 1975 nachgewiesen sowie im Rahmen von Badekuren 1978 und 1981, ferner durch ein Gutachten von 1982. Auch sei eine schwere Atherosklerose als Folge der Bluthochdruckerkrankung durch den Pathologen Prof.Dr.M. am 19.04.1991 bestätigt worden. Es sei davon auszugehen, dass es sich um eine essentielle Hypertonie gehandelt habe. Die nachgewiesene Nierenschädigung sei eher Folge als Ursache des Bluthochdrucks. Eine chronische Entzündung des Amputationsstumpfs, mit Fistelung (Osteomyelitits) habe nur zwischen 1988 und 1991 vorgelegen; sie sei 1991 im Bundeswehrkrankenhaus operativ saniert worden. Eine ursächliche Beteiligung dieser Entzündung an der Entstehung des Bluthochdrucks komme daher schon rein zeitlich nicht in Betracht.
Mit Fax-Schreiben, eingegangen am 08.08.2000, hat der Sohn der Klägerin mitgeteilt, ein Kardiologe, Dr.P. , sei der Auffassung, dass die Ursache für die Herzkrankheit seines Vaters höchstwahrscheinlich in der Kriegsverletzung mit folgendem Gasbrand und Amputation des Beines zu sehen sei.
Das Sozialgericht hat am selben Tag aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es sich auf das seines Erachtens überzeugende Gutachten von Prof.Dr.K. gestützt. Dr.K. habe lediglich ein Verdachtattest ausgestellt; die subjektiv geäußerte Meinung von Dr.P. habe keinen ausreichenden Beweiswert.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 17.01. 2001 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und die Einholung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Dr.P. beantragt. Dieser hat in einem Schreiben an die Klägerin vom 21.05.2001 die Auffassung vertreten, dass die beiden Gerichtsgutachten die Gasbrandinfektion als Ursache einer toxischen Mayocardschädigung übersehen hätten. Diese habe den arteriellen Hypertonus zur Folge gehabt.
Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz besondere Gründe für die Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG verneint, insbesondere auch, weil eine Infektion durch Clostridien (Gasbranderreger) nicht nachgewiesen sei, Brückensymptome zwischen dieser Infektion und der zum Tode führenden Herzerkrankung fehlten und andere Gründe für die koronare Herzkrankheit wahrscheinlicher seien (Stellungnahme durch die Internistin Dr.W.).
Der Senat hat auch von Prof.Dr.K. eine Stellungnahme zu der Auffassung von Dr.P. eingeholt. Dieser hat am 06.08.2001 darauf hingewiesen, dass eine Blutvergiftung mit Erregern des Gasbrandes in der Regel zum Tode führe, so dass anzunehmen sei, dass eine derartige Komplikation im Jahre 1944 nicht vorgelegen habe.
Mit Schriftsatz vom 17.10.2001 hat die Klägerin ein Schreiben von Dr.P. vorgelegt, in dem dieser seine Auffassung verteidigt hat.
Der Beklagte hat nochmals durch versorgungsärztliche Stellungnahme des Internisten Dr.S. vom 27.11.2001 ausführlich zur Problematik Stellung genommen.
Der Senat hat anschließend ein internistisch/kardiologisches Gutachten von Prof.Dr.T. vom Klinikum der Universität M. vom 31.05.2002 eingeholt. Hiernach sei mit hoher Wahrscheinlichkeit Ursache der zum Tode führenden Herzinsuffizienz eine koronare Herzerkrankung auf dem Boden eines langjährigen ausgeprägten Risikoprofils. Ein ursächlicher Zusammenhang mit den anerkannten Schädigungsfolgen bestehe nicht. Zwar habe die bereits 1988 diagnostizierte schwere Einschränkung der linksventrikulären Pumpfunktion des Herzenz eine erhebliche Beeinträchtigung der Operationsfähigkeit des VB dargestellt. Dieser habe die Operation jedoch relativ gut überstanden und sei erst etwa vier Jahre nach dem Ereignis verstorben, so dass weder ein zeitlicher noch ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Operation und dem Tod des VB zu bejahen sei. Ohne Nachamputation hätte er nicht wahrscheinlich ein Jahr länger gelebt. Zwischen einer vermuteten Infektion mit Gasbranderregern und dem Tod des VB bestehe ebenfalls kein Zusammenhang. Auch werde in der Literatur berichtet, dass eine Infektion des Herzens mit diesen Erregern in aller Regel nicht überlebt werde. Eine isolierte Schädigung des Herzmuskels sei sehr unwahrscheinlich. Dagegen spreche auch, dass eine schwere Schädigung von anderen Organen nicht erfolgt sei und dass es bis in die 80iger Jahre zu keiner Beeinträchtigung der Herzfunktion gekommen sei. Als wahrscheinlichste Ursache für die Entstehung der Kardiomyopathie komme eine ischämische Genese in Betracht. Anhaltspunkte hierfür seien ein seit 1978 bekannter Diabetes mellitus, der schwer einstellbar gewesen sei, ein Bluthochdruck seit 1963, eine mäßige Erhöhung der Blutfettwerte sowie typische Symptome einer koronaren Herzerkrankung, nämlich stenokardiale Beschwerden (Bl.352 Rentenakte II), die Dr.G. am 14.06.1974 mitgeteilt habe. Bei Vorliegen eines Diabetes mellitus seien erfahrungsgemäß Angina-pectoris Beschwerden entweder geringer oder fehlend. Gegen eine ischämische Herzerkrankung spreche auch nicht zwingend, dass in den EKG-Befunden keine klassischen Zeichen eines Herzinfarkts vorhanden seien. Eine weitere mögliche Ursache sei der Bluthochdruck oder eine Herzmuskelentzündung. Ursache dieser Entzündung könnte eine 1975 durchgemachte achtwöchige "Grippe" mit schwerer Bronchitis gewesen sein, hinter der sich eine Entzündung des Herzmuskels versteckt haben könnte. Zwischen einer hypothetischen Schädigung im Jahre 1944 und dem Erkrankungsbeginn 1988 bestehe kein zeitlicher Zusammenhang, da dazwischen eine entsprechende Belastungsfähigkeit gegeben gewesen sei und sogenannte Brückensymptome fehlten. Eine Anerkennung des Todes des VB als Schädigungsfolge im Rahmen der Kannversorgung nach § 1 Abs.3 Satz 2 BVG unter Berücksichtigung der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (Anhaltspunkte) 1996 Nr.39, 46, 100 komme nicht in Betracht.
Die Klägerseite hat dennoch die Berufung aufrecht erhalten und mit Schriftsatz vom 22.07.2002 gebeten, eine Antwort von Prof. Dr.Z. vom Zentralinstitut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr abzuwarten, an den sich Dr.P. schriftlich gewandt hatte. Mit Schriftsatz vom 12.11.2002 ist eine für die Klägerseite negative Antwort von Prof.Dr.Z. vom 19.07.2002 übersandt worden, außerdem ein Schreiben von Dr.P. an die Klägerin, wonach er zwar die Clostridienhypothese für obsolet ansehe, nunmehr jedoch aufgrund von Feldpostbriefen des VB vom 07.02. und 14.04.1943 eine Streptokokkenangina als Ursache für die Herzmuskelinsuffizienz für wahrscheinlich halte. In obengenannten Briefen berichtete der VB seiner Mutter über eine schmerzhafte beidseitige Mittelohrentzündung sowie eine Mandelentzündung und Mandeloperation.
Der Beklagte hat in einer ausführlichen versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr.S. vom 20.12.2002 darauf hingewiesen, es sei unter anderem bereits von Prof.Dr.T. dargelegt worden, dass eine infektiös bedingte Herzmuskelschädigung am Ende des 2. Weltkriegs als Ursache der Herzinsuffizienz unwahrscheinlich sei. Die Annahme einer Streptokokkenangina sei ebenso spekulativ wie die einer daraus abgeleiteten Herzerkrankung. Typisch für ein rheumatisches Fieber mit Herzbeteiligung sei die Entwicklung einer Endokarditis mit Schädigung der Herzklappen, die zu einem auskultierbaren Herzgeräusch führe, das aber beim VB bei den verschiedenen Untersuchungen nicht festgestellt worden sei.
Dem erneuten Antrag der Klägerin, von Dr.P. nach § 109 SGG ein Gutachten einzuholen, ist stattgegeben worden. In seinem Gutachten vom 03.11.2003 hat der Sachverständige zunächst einen Aktenauszug zum Krankheitsverlauf der inneren Organe des VB erstellt, anschließend eine Verlaufsanalyse des Blutdruckverhaltens und des Diabetes sowie der Herzerkrankung erstellt. Im letztgenannten Bereich hat er vorausgeschickt, dass die Herzerkrankung Folge einer Streptokokkenpharyngitis 1943 sei und zwar eine isolierte "rheumatische Myocarditis". Während eines viermonatigen Lazarettaufenthaltes 1943 sei es zu einer subklinisch verlaufenden Myocarditis gekommen, die in diesem Zeitraum im Wesentlichen abgeheilt sei. Bis 1976 habe ein beschwerdefreies Intervall vorgelegen, danach sei es zu Rezidiven gekommen, die zu einer progredienten globalen Herzinsuffizienz mit Todesfolge geführt hätten. Der Nachweis der rheumatischen Myocarditis sei auf den ersten Blick schwierig, es sprächen jedoch dafür: Lange Lazarettaufenthalte, die Mandeloperation, die zu einer bakteriellen Streuung mit Fieber über 40¬ ohne die gefürchtete Komplikation einer bakteriellen Endocarditis geführt habe und vor allem der durch Rezidive induzierte charakteristische Ablauf der Herzerkrankung. Gegen die Vorgutachter Dr.K. , Prof.Dr.K. und Prof.Dr.T. hat Dr.P. eingewandt, es habe kein essentieller Hypertonus sondern nur ein situativ erhöhter Blutdruck im Sinne eines Weißkittelsyndroms vorgelegen. Auch der Diabetes mellitus sei in jeder Phase gut bis befriedigend eingestellt gewesen. Von einem ausgeprägten Risikoprofil könne keine Rede sein. In Anlagen I bis III hat Dr.P. medizinhistorische Ausführungen gemacht. Er hat die Beweisfragen folgendermaßen beantwortet:
1. Es habe eine kardiale Folgeerkrankung - isolierte rheumatische Myokarditis - einer Streptokokkenpharyngitis zum Tode des VB geführt.
2. Die Unterschenkelamputation habe wegen erheblicher Phantomschmerzen die Lebensqualität des VB wesentlich beeinträchtigt. Ein sicherer Zusammenhang zwischen dem Versorgungsleiden und der Todesursache sei nicht nachweisbar.
3. Die massive Nachblutung als Komplikationsfolge der Oberschenkelnachamputation am 19.04.1991 habe den Tod des VB mindestens um ein Jahr beschleunigt.
Der Beklagte hat durch versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr.S. vom 18.11.2003 erklärt, dass im vorliegenden Fall der Vollbeweis einer rheumatischen Myocarditis als Folge der in den Feldpostbriefen des VB beschriebenen mehrtägigen schweren Unterkühlung und einer dadurch verursachten Streptokokkenpharyngitis fehle. Die von Dr.P. angeführten Symptome könnten eine infektiös bedingte Herzmuskelschädigung im Sinne der geforderten Zweifelsfreiheit nicht nachweisen. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass das zum Tode führende Herzleiden unabhängig von den Kriegsereignissen entstanden sei. Dies hätten auch die drei Vorgutachter so gesehen. Der VB sei im Alter von 70 Jahren an einer koronare Herzerkrankung verstorben, die zu den häufigsten Todesursachen in diesem Lebensalter gehöre.
Die laut einem EKG von 1987 gefundenen Anzeichen für eine Linksherzhyperthrophie widerlegten die These von Dr.P. , dass nur eine sogenannte Weißkittelhypertonie vorgelegen habe. Der VB selbst habe 1975 und 1982 schwere Grippeepisoden beschrieben. Rezidivierende Infektionen der oberen Atemwege mit unterschiedlichsten Krankheitserregern seien im Verlauf mehrerer Jahrzehnte in unseren Breitengraden durchaus üblich. Jede Neuinfektion der oberen Atemwege sei, wenn man eine Myocarditis annehme, ein möglicher Grund für deren Entstehung. Auch sei die Auffassung von Dr.P. , dass die massive Nachblutung am 19.04.1991 die Lebenszeit des VB verkürzt und eine Verschlechterung der zuvor fast vollständig erreichten kardialen Rekompensation verursacht habe, nicht zutreffend. Vielmehr habe bereits im Oktober 1990 eine stationäre Aufnahme im Bundeswehrkrankenhaus wegen globaler Myocardinsuffizienz erfolgen müssen.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 08.08.2000 sowie des Bescheids vom 26.09.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.02.1996 zu verurteilen, ihr Witwenrente nach dem BVG zu gewähren.
Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 08.08.2000 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten des vorangegangenen Klageverfahrens und des Berufungsverfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zwar zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.
Das Sozialgericht und der Beklagte sind zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin kein Anspruch auf Witwenrente nach § 38 BVG zusteht.
Nach § 38 Abs.1 besteht ein Witwenrentenanspruch dann, wenn ein Beschädigter an den Folgen einer Schädigung gestorben ist. Der Tod gilt stets dann als Folge einer Schädigung, wenn ein Beschädigter an einem Leiden stirbt, das als Folge einer Schädigung rechtsverbindlich anerkannt und für das ihm im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt war.
Beim Ehemann der Klägerin war als Folge seiner Kriegsbeschädigungen bis April 1991 der Verlust des rechten Unterschenkels im oberen Drittel, seit Dezember 1988 mit rezidivierender Fisteleiterung anerkannt, danach bis zum Tod der Verlust des rechten Beines im Oberschenkel. Die MdE betrug bis November 1988 60 v.H., danach 70 v.H. Die mit Leidensverschlimmerungsantrag vom 03.06.1982 geltend gemachten Herzrhythmus- und Kreislaufstörungen sowie der zu hohe Blutdruck wurden bereits mit Bescheid vom 03.05.1984 als nicht schädigungsbedingt abgelehnt. Die Herzleistungsminderung wurde damals als Folge von arteriosklerotischen Veränderungen angesehen.
Das im Mai 1995 zum Tode führende Leiden war nach Auffassung der gerichtlichen Sachverständigen Prof.Dr.K. (Gutachten vom 27.03.2000) und Prof.Dr.T. (Gutachten vom 31.05.2002) eine dekompensierte Herzinsuffizienz. Es besteht keine vollständige Einigkeit darüber, ob Ursache dieser Herzinsuffizienz eine koronare Herzerkrankung (so Prof.Dr.T. und Dr.K.) oder eine schwerste Bluthochdruckerkrankung (Prof.Dr.K.) war. Prof.Dr.K. hat in seinem Gutachten nachvollziehbar darlegt, dass sich das klinische Bild einer Herzinsuffizienz nicht wesentlich dadurch unterscheidet, ob eine koronare Herzerkrankung oder eine dilatative Kardiomyopathie vorlag. Eine Unterscheidung wäre durch eine Herzkatheteruntersuchung möglich gewesen, da ein Vorhandensein von Verengungen oder Verschlüssen der Herzkranzgefäße auf eine koronare Herzerkrankung hingedeutet hätte. Der fehlende Nachweis von durchgemachten Herzinfarkten sei aber kein Beweis gegen eine koronare Herzerkrankung. Da seit 1963 ein Bluthochdruck und nicht nur - wie Dr.P. meint - ein Weißkittelsyndrom dokumentiert ist, seit 1978 ein Diabetes mellitus und schon vorher eine Adipositas bekannt war, bestand nachvollziehbar ein ausgeprägtes Risikoprofil für die Entstehung entweder einer sekundären dilatativen Kardiomyopathie oder einer koronaren Herzerkrankung. Welcher der genannten Risikofaktoren für die zum Tode führende Herzerkrankung des Klägers ausschlaggebend war, kann dahingestellt bleiben, weil weder Bluthochdruck noch Diabetes noch Adipositas als Schädigungsfolgen anerkannt waren.
Die von Klägerseite bzw. Dr.P. vorübergehend behauptete ursächliche Bedeutung einer angeblichen Gasbrandinfektion des Ehemanns der Klägerin im November 1944 hätte zwar grundsätzlich nach den "Anhaltspunkten" 1996 Nr.100 als toxische Einwirkung zu einer sekundären Kardiomyopathie führen können. Nachdem Prof.Dr.T. unter Berufung auf wissenschaftliche Untersuchungen überzeugend darauf hingewiesen hatte, dass eine isolierte Schädigung des Herzmuskels durch Clostridien äußerst unwahrscheinlich erscheine, da der verstorbene Ehemann der Klägerin eine solche schwere Schädigung des Herzmuskels nicht überlebt hätte und sich der von Dr.P. befragte Prof.Dr.Z. dieser Meinung angeschlossen hatte, erklärte die Klägerseite diesen Gedanken inzwischen zutreffend für obsolet.
Die zuletzt geltend gemachte und im Gutachten nach § 109 SGG von Dr.P. vertretene Auffassung, dass die zum Tode führende Herzerkrankung des Ehemanns der Klägerin durch eine Streptokokkeninfektion der Rachenmandeln mit nachfolgendem rheumatischem Fieber im Sinne einer Herzbeteiligung (Myokarditis) im Jahre 1943 verursacht worden sei, überzeugt den Senat nicht. Prof.Dr.T. sah in seinem Gutachten eine infektiöse Herzmuskelentzündung (z.B. durch Streptokokken) als nicht bewiesen und auch als unwahrscheinlich an (Bl.8 und 11 seines Gutachtens). Als mögliche, aber nicht wahrscheinliche Ursache hob er die 1975 durchgemachte ca. achtwöchige "Grippe" mit schwerer Bronchitis hervor. Gegen eine frühe Infektion (im Jahr 1943) durch Streptokokken spricht neben dem fehlenden Nachweis der Infektion vor allem auch, dass der VB über weite Strecken seines Lebens normal belastbar, dabei auch nach der unterstellten Myokarditis bis zu der Unterschenkelverwundung im November 1944 wieder als Soldat im Einsatz war und Hinweise auf eine Einschränkung seines Herzens bis Anfang der 80er Jahre nicht bestanden (Gutachten Prof. Dr.T. Bl.15 und 16).
Der Beklagte hat in den Stellungnahmen von Dr.S. vom 20.12. 2002 und vom 18.11.2003 zu Recht darauf hingewiesen, dass, selbst wenn eine Streptokokkenerkrankung im Jahre 1943 unterstellt werde, nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden könne, dass auch eine Myokarditis eingetreten sei. Typisch ist vielmehr nach Nr.99 der Anhaltspunkte in solchen Fällen die Entwicklung einer Endokarditis mit Schädigung der Herzklappen. Eine Herzklappenschädigung lag jedoch nicht vor, weil bei den zahlreichen Herzuntersuchungen des VB die Herzgeräusche stets als unauffällig beschrieben wurden. Daher ist die Annahme einer Myokarditis, die nach Jahrzehnten wieder aufgelebt sein soll und sich verschlimmert haben soll, spekulativ und nicht objektiv nachgewiesen.
Eine Verursachung der zum Tode führenden Herzerkrankung durch die von 1988 bis 1991 bestehende Osteomyelitis des Amputationsstumpfs scheidet ebenfalls aus, weil bereits im August 1988 von Dr.M. eine schwerste globale Herzdekompensation festgestellt worden war. Somit konnte die Osteomyelitis nicht Ursache einer schon vorher eingetretenen Erkrankung gewesen sein.
Dr.P. behauptete in seinem Gutachten, die massive Nachblutung als Komplikation der Oberschenkelnachamputation im April 1991 habe den Tod des VB mindestens um ein Jahr beschleunigt. Dieselbe Frage haben die drei Vorgutachter mit schlüssiger Begründung verneint. Der Ehemann der Klägerin befand sich vor der Nachamputation im Jahr 1990 zweimal wegen kardialer Dekompensation in stationärer Behandlung. Auch wenn es in der an die Nachamputation anschließenden Rehabilitationsbehandlung erneut zu einer kardialen Dekompensation kam, wurde diese anschließend nach Rückverlegung ins Bundeswehrkrankenhaus gut rekompensiert. Der Tod des Ehemanns der Klägerin ist erst etwa vier Jahre nach der Operation eingetreten. Aufgrund dieser relativ langen zeitlichen Distanz zwischen Operation und Tod und im Hinblick auf die Tatsache, dass - wie der Beklagte vortrug - der VB mit über 70 Jahren an seinem seit 1988 bestehenden schweren Herzleiden und damit an einer der häufigsten Todesursachen in diesem Lebensalter verstarb, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der VB ohne die anerkannten Schädigungsfolgen ein Jahr länger gelebt hätte.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 166 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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