L 8 U 4266/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 853/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 4266/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 07.09.2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Unfallfolgen und die Gewährung von Leistungen zur Heilbehandlung streitig.

Der 1969 geborene Kläger erlitt am 15.02.2010 einen bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall. Dr. Y. erstattete den Durchgangsarztbericht vom 22.02.2010 (Blatt 1 VA) und beschrieb eine Schwellung mit Druckschmerz am Epicondylus humeri radialis und Radiusköpfchen. Die Beweglichkeit sei schmerzhaft gering eingeschränkt, Schmerzverstärkung habe bei Supination bestanden. Die Röntgenaufnahme habe keine Fraktur gezeigt, zum Unfallhergang wurde ausgeführt, dass der Kläger in einem Regal habe Prospekte aufräumen wollen und sich dabei den rechten Ellenbogen an einer scharfen Kante gestoßen habe. Im Durchgangsarztbericht vom 24.02.2010 (Blatt 7 VA) gab Dr. Y. an, dass noch Belastungsschmerzen am rechten Ellenbogen bestanden hätten, die Beweglichkeit sei frei gewesen. In einem weiteren Durchgangsarztbericht vom 16.03.2010 (Blatt 9 VA) führte Dr. Y. aus, dass immer noch Schmerzen am rechten Ellenbogen mit Ausstrahlung zur Schulter und zum Nacken angegeben worden seien. Es habe ein Druckschmerz am Epikondylus humeri radialis bestanden, die Bandführung sei stabil gewesen und die Beweglichkeit gering eingeschränkt. Ein Kernspin zur Abklärung sei veranlasst worden. Die durchgeführte MRT ergab keinen Nachweis traumatischer Läsionen am rechten Ellenbogen (Netzwerk für Radiologie und Nuklearmedizin F. , MRT-Bericht vom 17.03.2010, Blatt 15 VA). Im Durchgangsarztbericht vom 23.03.2010 (Blatt 16 VA) gab Dr. Y. an, dass das MRT und die Sono des rechten Ellenbogen ohne Befund gewesen seien.

Die D. AG erstattete die Unfallanzeige vom 14.04.2010 (Blatt 25 VA) und gab an, dass der Kläger beim Ausräumen von Prospekten mit dem Ellenbogen gegen den Prospektständer gestoßen sei. Dr. H. erstattete die ärztliche Unfallmeldung vom 18.03.2010 und gab an, dass sich der Kläger beim Herunterholen eines Kartons von einem Regal über Kopf den rechten Ellenbogen an einer Kante eines Prospektständers verletzt habe. Als Diagnose wurde eine Prellung des rechten Ellenbogens angegeben.

Die Kernspintomographie des rechten Ellenbogens vom 02.08.2010 (Radiologie-Zentrum S., Blatt 33 VA) ergab eine Epicondylitis humeri radialis sowie einen ansonsten altersentsprechend regelrechten Befund.

Der Chirurg Dr. G. erstattete den Zwischenbericht vom 06.08.2010 (Blatt 34 VA) und legte dar, dass weiterhin Beschwerden im Bereich des rechten Ellenbogens bestünden, welche nicht eindeutig zuzuordnen seien. Es bestünden auch immer wieder Sensibilitätsstörungen im Bereich des Versorgungsgebietes des Ulnaris rechts, die eindeutig auf den genannten Unfall zurückzuführen seien. Die Kernspintomographie habe außer einer Epikondylitis keinen wesentlichen Befund ergeben, wobei die Beschwerden nicht auf eine Epikondylitis zurückgeführt werden könnten.

Im H-Arztbericht vom 20.08.2010 (Blatt 37 VA) gab Dr. A. an, dass seit dem Sturz vom 15.02.2010 ein Taubheitsgefühl am Kleinfinger und Ringfinger bestehe. Es handele sich um eine posttraumatische Epicondylitissymptomatik, wobei durch eine Zusammenhangsbegutachtung zu klären sei, inwiefern das Trauma vom 15.02.2010 zu einer Aktivierung über die Schädigung des radialen Kollateralbandkomplexes mitgewirkt habe.

In dem Fragebogen vom 03.09.2010 (Blatt 56 VA) gab der Kläger an, dass er beim Herunterräumen eines schweren Kartons sich den rechten Ellenbogen gegen einen Prospektständer geschlagen habe, er habe nach dem Unfall weitergearbeitet und sich am 16.02.2010 beim Werksarzt vorgestellt.

Die Beklagte holte das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse (Blatt 72 VA) und den Befundbericht der S.V. Klinik vom 04.10.2010 (Blatt 75 VA) ein.

PD Dr. B. , B. Klinik T. , führte die ambulante Heilverfahrenskontrolle vom 12.10.2010 durch (Bericht Blatt 78 ff. VA). Diesem gegenüber gab der Kläger an, dass er beim Anstoßen des Ellenbogens sofort elektrisierende bis in den kleinen Finger und den Ringfinger rechts ausstrahlende Schmerzen verspürt habe, wegen des Taubheitsgefühls habe er sich zwei Tage später beim Betriebsarzt vorgestellt. Es habe sich ein Druckschmerz über dem sulcus ulnaris gezeigt, bei Beklopfen des sulcus ulnaris seien keine elektrisierenden Schmerzen angegeben worden. Um zu klären, ob auf neurologischem Fachgebiet eine Unfallfolge bestehe, sei eine neurologische Untersuchung durchzuführen. Bezüglich der als operationswürdig angesehenen Epicondylitis radialis sei davon auszugehen, dass es sich nicht um eine unmittelbare Unfallfolge handele. Dies begründe sich darin, dass ein Anpralltrauma am rechten Ellenbogen durchaus elektrisierende Schmerzen im Bereich des Kleinfingers erkläre, allerdings sei hierfür ein Anprall ulnarseitig erforderlich. Eine Unfallfolge radial lasse sich durch dieses Anpralltrauma, insbesondere aufgrund des ersten MRT, bei dem keine Pathologien diagnostiziert worden seien, nicht erklären. Prof. Dr. S. erstattete den neurologischen Befundbericht vom 18.10.2010 (Blatt 83 VA) und legte dar, dass eine Kraftminderung vom Kraftgrad 4 der vom Nervus ulnaris versorgten Muskulatur bestanden habe, es bestehe eine verzögerte Latenz für das corticale Antwortpotential rechts. Bei rechts positivem Tinel-Zeichen über dem sulcus ulnaris bestehe ein vorwiegend sensibles rechtsseitiges sulcus-ulnaris-Syndrom, welches die leichte Kraftminderung an der rechten Hand und die Missempfindungen an den Fingern 4 und 5 erkläre, eine OP-Indikation bestehe nicht. In dem neurologischen Befundbericht vom 21.01.2011 (Blatt 111 VA) beschrieb Prof. Dr. S. ein weiterhin bestehendes sensomotorisches sulcus ulnaris Syndrom rechtsseitig. Die elektrophysiologischen Zusatzuntersuchungen seien jetzt regelrecht gewesen, insbesondere habe sich eine Normalisierung der Amplituden des nervus ulnaris im Vergleich zum Vorbefund vom 18.10.2010 gezeigt, mit einer weiteren Befundbesserung sei zu rechnen. Im neurologischen Befundbericht vom 20.08.2011 (Blatt 135 VA) führte Prof. Dr. S. aus, dass weiterhin ein sensomotorisches sulcus ulnaris Syndrom bestehe, welches die leichte Kraftminderung erkläre. Die elektrophysiologischen Zusatzuntersuchungen hätten eine verminderte Nervenleitgeschwindigkeit zum rechten 4.Finger ergeben. Eine weitere Besserung sei zu erwarten, eine Befundkontrolle werde in sechs Monaten empfohlen.

Dr. G. (Befundbericht vom 09.01.2012, Blatt 142 VA) und Prof. Dr. S. (B. -Klinik T. , Zwischenbericht vom 26.01.2012, Blatt 144) empfahlen eine operative Revision, die am 08.01.2013 durchgeführt wurde (stationäre Behandlung vom 07.01.2013 bis 13.01.2013, Befund- und Entlassbericht der B. Klinik T. vom 11.01.2013, Blatt 170 VA). Im Zwischenbericht vom 22.02.2013 (Blatt 241 VA) beschrieb die B. -Klinik T. eine reizlose Narbe am rechten Ellenbogengelenk bei freier Beweglichkeit. Die neurologische Untersuchung habe eine leichte Druckdolenz im Bereich des sulcus ulnaris gezeigt, im Zwischenbericht vom 24.06.2013 (Blatt 281 VA) wurde eine Stosswellentherapie empfohlen.

Prof. Dr. S. erstattete den neurologischen Befundbericht vom 21.06.2013 (Blatt 286 VA) und führte aus, dass sich in der körperlichen Untersuchung keine Hinweise mehr für das vorbestehende sulcus-ulnaris-Syndrom rechts gezeigt hätten. Paresen oder dauerhafte Sensibilitätsstörungen würden nicht vorliegen, Atrophien der nervus ulnaris versorgten Muskulatur bestünden nicht. Die elektrophysiologischen neurographischen Untersuchungen hätten Normalbefunde ergeben, in der EMG-Untersuchung hätten frische Denervierungszeichen ausgeschlossen werden können, sodass aus neurologischer Sicht keine durch eine erneute Operation zu verbessernden Befunde gegeben seien.

Mit Bescheid vom 29.08.2013 (Blatt 314 VA) brach die Beklagte die Heilbehandlung zu ihren Lasten ab und stellte die Zahlung des Verletztengeldes mit Zustellung der Entscheidung ein. Zur Begründung führte sie aus, dass bei der neurologischen Kontrolluntersuchung eine regelrechte Nervenleitgeschwindigkeit des nervus ulnaris habe nachgewiesen werden können, es hätten keine Paresen, keine dauerhaften Sensibilitätsstörungen und keine Atrophien der nervus ulnaris versorgten Muskulatur festgestellt werden können. Unter Berücksichtigung der neurologisch erhobenen Befunde hätten sich keine objektiven Hinweise bzw. Befunde, die auf weiterbestehende und behandlungsbedürftige Folgen eines sulcus ulnaris Syndroms rechts schließen lassen könnten, ergeben. Die Kosten für die medizinische Heilbehandlung könnten daher nicht mehr übernommen werden, eine weitere Arbeitsunfähigkeit sei nicht mehr anzunehmen.

Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 26.09.2013 (Blatt 339 VA) Widerspruch und machte geltend, dass eine Weiterbehandlung notwendig sei und legte den Befundbericht der Radiologie S. vom 20.08.2013 (Blatt 340 VA), den Befundbericht der S.-Klinik vom 17.09.2013 (Blatt 341 VA) und den Befundbericht der B. Klinik T. vom 18.09.2013 (Blatt 343 VA) vor.

Die Beklagte holte die Auskunft des werksärztlichen Dienstes des D. AG vom 07.10.2013 (E-Mail Blatt 368 VA) ein, in der ausgeführt wurde, dass der Kläger am 16.02.2010 erstmals in der Ambulanz vorstellig geworden sei. Eine Aufnahme als Arbeitsunfall sei nicht erfolgt und daher keine Unfallmeldung erstattet worden. Nach mehreren Behandlungen in den Folgetagen sei am 22.02.2010 empfohlen worden, den Hausarzt aufzusuchen, erst am 24.02.2010 sei die Empfehlung erfolgt, den D-Arzt zu konsultieren. Es sei aber in keinem Eintrag ein Hinweis auf einen Unfallhergang oder sonstige Hinweise auf eine BU vermerkt. Ergänzend wurden die Konsultationsdokumentationen vorgelegt (Blatt 388 ff. VA). Weiterhin zog die Beklagte den Operationsbericht über die am 08.01.2013 durchgeführte Neurololyse bei (Blatt 369 VA).

Prof. Dr. S. erstattete den neurologisch-psychiatrischen Befundbericht vom 14.10.2013 (Blatt 377 VA) und legte dar, dass der klinische Befund nicht für einen Reizzustand des Nervus ulnaris an der Ellenbogen Rinne rechts mit Minderung der groben Kraft spreche. Elektrophysiologisch habe sich ein diskretes beidseitiges sulcus-ulnaris-Syndrom gefunden. Es bestehe eine relative Operationsindikation, da die Kraftentfaltung an der rechten Hand gemindert sei, sich aber elektrophysiologisch kein wesentlicher krankhafter Befund über dem Ellenbogen Sulcus ergebe.

Am 17.10.2013 wurde eine Neurolyse und Dekompression des nervus ulnaris durchgeführt (Operationsbericht vom 17.10.2013, Blatt 395 VA).

Mit Bescheid vom 25.11.2013 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 15.02.2010 als Arbeitsunfall und die Gewährung von Leistungen ab und führte zur Begründung aus, dass bei der Vorstellung bei Dr. Y. am 22.02.2010 erstmals ein Anprallereignis während der betrieblichen Tätigkeit für die Beschwerdesymptomatik verantwortlich gemacht worden sei. Dr. Y. habe eine Schwellung mit Druckschmerz am Epicondylus humeri radialis sowie am Radiusköpfchen, also Beschwerden an der äußeren Seite des Ellenbogens beschrieben, obwohl keine äußeren Verletzungszeichen bestanden hätten, sei eine Prellung des Ellenbogens diagnostiziert worden. Die Beweglichkeit des rechten Ellenbogens am 24.02.2010 sei frei gewesen. Dr. K. habe zunächst einen Zustand nach Anpralltrauma radial beschrieben, die Schmerzen würden jetzt aber ulnar bestehen, sodass eine Beschwerdeverlagerung von der äußeren (radialen) zur inneren (ulnaren) Seite dokumentiert werde, wobei sich für eine traumatische Schädigung des rechten Ellenbogengelenkes nicht der geringste Hinweis gefunden habe. Ein Gesundheitserstschaden im Bereich des ulnaren Ellenbogens sei nicht erwiesen.

Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 12.12.2013 Widerspruch (Blatt 415 VA), das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 29.08.2013 wurde ruhend gestellt. Vorgelegt wurde die nicht datierte Unfallaufnahme des Arbeitgebers (Blatt 434 VA), eine Aufstellung des werksärztlichen Dienstes (Blatt 436 VA) sowie eine nicht datierte Bescheinigung des Dr. Y. (Blatt 438 VA).

Die Beklagte holte die schriftliche Auskunft des Dr. Y. vom 13.03.2014 (Blatt 444 VA) ein, der mitteilte, dass sich der Kläger erstmals am 22.02.2010 bei ihm vorgestellt habe und nicht am 16.02.2010. Weiter hörte die Beklagte Frau F. , die angab, sich nicht mehr erinnern zu können (Blatt 452 VA) und Frau D. , die angab, den Unfall nicht gesehen zu haben (Blatt 456 VA), schriftlich als Zeugen.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.08.2014 (Blatt 479 VA) zurück, da selbst wenn ein Unfallereignis unterstellt werde, es an einem nachgewiesenen Gesundheitserstschaden fehle. Im Durchgangsarztbericht vom 22.02.2010 sei der Befund einer Schwellung mit Druckschmerz am Epicondylus humeri radialis und Radiusköpfchen erhoben worden mit der Diagnose einer Prellung des rechten Ellenbogens. Ein Trauma sei äußerst selten als Ursache einer Epicondylitis anzusehen, ein Zusammenhang lasse sich nur bei direkter Gewalteinwirkung mit sichtbarer Weichteilschwellung und Blutergussverfärbung, meist in Verbindung mit einer Prellmarke herstellen. Derartige direkte Verletzungsfolgen am äußeren Ellenbogengelenk seien jedoch nicht dokumentiert, eine Schwellung ohne äußere Verletzungszeichen könne daher genauso gut einen Reizzustand dokumentieren. Die MRT Untersuchung am 17.03.2010 habe keine erkennbare Einengung im sulcus ulnaris Bereich ergeben, ebenso habe kein Hinweis für eine traumatische Schädigung des rechten Ellenbogengelenkes bestanden, am 02.08.2010 sei eine Epicondylitis humeri radialis diagnostiziert worden bei ansonsten altersentsprechendem Befund. Sensibilitätsstörungen seien erstmals im Befundbericht vom 06.08.2010 beschrieben worden.

Am 03.09.2014 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Ulm (S 3 U 2817/14), welches die sachverständigen Zeugenauskünfte des Dr. Y. vom 09.02.2015 (Blatt 533 VA) und des werksärztlichen Dienstes der D. AG vom 29.01.2015 (Blatt 514 VA) einholte sowie Frau D. (Blatt 526 VA) und Frau F. (Blatt 530 VA) schriftlich als Zeugen vernahm. Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme des Neurologen Dr. S. vom 19.03.2015 (Blatt 547 VA) vor, der ausführte, dass nach dem D-Arztbefund eine Prellung des Epikondylus radialis humeri vorgelegen habe, die durch die Kernspintomographie am 02.08.2010 bestätigt worden sei, in diesem Zusammenhang seien erstmals sensible Störungen an Klein- und Ringfinger rechts angegeben worden. Bei der Vorgeschichte verwundere es, dass ein sulcus ulnaris Syndrom diagnostiziert und der Unfallzusammenhang nicht in Frage gestellt worden sei. Eine Amplitudenminderung des Summenantwortpotentials könne allein durch Ödeme oder Blutungen zustande kommen und beweise keine Nervenschädigung. Da vorher immer von einer Prellung des Epikondylus radialis die Rede gewesen sei, könne ein sulcus-ulnaris-Syndrom nicht unfallabhängig sein. Die elektrophysiologischen Kontrollen hätte im Wesentlichen Normwerte gezeigt, bis auf eine grenzwertig erniedrigte sensible Nervenleitgeschwindigkeit. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18.12.2015 (Niederschrift Blatt 585) schlossen die Beteiligten folgenden Vergleich: 1. Der Bescheid vom 25.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.08.2014 wird aufgehoben. 2. Die Beklagte erkennt das Ereignis vom 15.02.2010 als Arbeitsunfall an.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2016 (Blatt 591 VA) wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.08.2013 zurück und führte zur Begründung aus, dass sich anlässlich der neurologischen Untersuchung am 21.06.2013 keine Hinweise für ein sulcus-ulnaris-syndrom rechts gefunden, keine Paresen oder dauerhafte Sensibilitätsstörungen und auch keine Atrophien der nervus ulnaris versorgten Muskulatur rechts bestanden hätten, sodass die medizinische Grundlage für eine Weiterbehandlung zu Lasten der Beklagten fehle. Eine weitere unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit könne nicht mehr angenommen werden, weshalb kein weiteres Verletztengeld zu zahlen sei.

Am 11.03.2016 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Ulm (SG). Das SG holte das Sachverständigengutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. W. vom 09.08.2016 ein, der fortbestehende Beschwerden des rechten Ellenbogens im Sinne eines Sulcus-ulnaris Syndroms sowie eine diskrete Epicondylitis radialis nach lokalem Anpralltrauma im Februar 2010 feststellte. Die Symptomatik sei gänzlich Unfallfolge, da vor dem Unfall keine Beschwerdesymptomatik bestanden habe und der Anprall auch am Ellenbogen ulnarseitig erfolgt sei und somit geeignet, die Symptomatik hervorzurufen. Die klinische Symptomatik sei eindeutig und könne nicht durch eine anderweitige Ursache erklärt werden. Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. R. vom 07.09.2016 (Blatt 72 SG Akte) vor, der ausführte, dass zu Beginn in der Bildgebung unmittelbar nach dem Unfallereignis keine traumatische Läsion am rechten Ellenbogen nachweisbar gewesen sei, andererseits habe sich im Verlauf eine Epicondylitis radialis ausgebildet, sodass von einer iatrogen bedingten sekundären Schädigung im Sinne einer mittelbaren Unfallfolge auszugehen sei. Zwar verwundere es, dass eine durch ein Anpralltrauma bedingte periphere Nervenläsion nicht spontan rückläufig sei, andererseits habe Prof. Dr. S. neurologische Ausfälle nicht nur sensibel sondern auch motorisch beschrieben. Weiterhin legte die Beklagte die beratungsärztliche Stellungnahme des Orthopäden Dr. F. vom 13.10.2016 (Blatt 79 SG-Akte) vor, der ausführte, dass der Sachverständige den Beweis der Kontusion im MRT von August sehe, wenngleich hier eine Epicondylitis humeri radialis nachgewiesen worden sei. Im Übrigen habe sich diese Epicondylitis noch nicht einen Monat nach dem Unfall gezeigt, was bei einer posttraumatischen Erkrankung zwingend zu erwarten sei. Im ersten MRT hätten keine Hinweise auf eine Epicondylitis vorgelegen und es seien auch keine neurologischen Ausfälle beklagt worden. Unterstützend sei zu sehen, dass eine schwere Kontusion durch einen scharfen Gegenstand ohne Hautläsion nicht vorstellbar sei. Auch sei das sulcus ulnaris Syndrom, anders als in den Berichten dargestellt, nicht etwa eine typisch posttraumatische Erkrankung, sondern im Gegensatz hierzu eine sehr typische, sich atraumatisch langsam entwickelnde Erkrankung. Das SG holte die ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. W. vom 14.11.2016 (Blatt 82 ff. SG-Akte) ein, der darauf verwies, dass sich der Akte nicht entnehmen lasse, an welcher Stelle der Anprall genau erfolgt sei. Die Angaben in der arbeitsmedizinischen Dokumentation seien vollkommen unspezifisch, erste Zweifel an der Arbeitsdiagnose einer harmlosen Prellung des rechten Ellenbogens seien im D-Arztbericht des Dr. G. aufgekommen, Sensibilitätsstörungen im Versorgungsgebiet des Nervus ulnaris rechts seien erstmals im Zwischenbericht vom 06.08.2010 dokumentiert worden. Daraus, dass bis zu diesem Zeitpunkt keine neurologischen Teilbefunde dokumentiert worden seien, könne nicht automatisch geschlossen werden, dass keine Sensibilitätsstörungen oder anderweitige neurologische Defizite bestanden hätten. Die MRT-Diagnostik sei nicht ausreichend, um eine Nervenläsion auszuschließen. Das sulcus-ulnaris-Syndrom sei keine typische posttraumatische Erkrankung, sondern entwickele sich häufig durch Überlastung in Folge repetitiver Bewegungen im Ellenbogengelenk. In diesem Fall sei eine Besserung durch Ruhigstellung zu erwarten, die vorliegend jedoch nicht eingetreten sei, da die Schädigung nicht aus einer Überlastung resultiere, sondern durch das stattgehabte Trauma. Das SG holte die sachverständigen Zeugenauskünfte des Dr. G. vom 23.12.2016 (Blatt 90 SG-Akte) und des Dr. Y. vom 30.12.2016 (Blatt 91 SG-Akte) ein. Mit Urteil vom 07.09.2017 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 29.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2016 auf, stellte fest, dass ein sulcus-ulnaris-Syndrom rechts Folge des Arbeitsunfalls vom 15.02.2010 ist und verurteilte die Beklagte, wegen der Folgend des Arbeitsunfalls vom 15.02.2010 weitere Heilbehandlung auch ab dem 29.08.2013 dem Grunde nach zu bewilligen.

Gegen das der Beklagten am 12.10.2017 (Blatt 112a SG-Akte) zugestellte Urteil hat diese am 09.11.2017 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Sie macht geltend, dass nach dem Bericht des Dr. Y. eine Prellung des rechten Ellenbogens mit einer Intercostalblockarde bestanden habe. Wenn aber eine Prellung speichenseitig erfolgt sei, könne nicht gleichzeitig die Ellenseite mit dem Nervus ulnaris betroffen sein. Der Sachverständige habe sich nur auf die subjektiven Angaben des Klägers gestützt, die nicht hinreichend objektiviert seien. Dr. Y. habe bestätigt, dass der Kläger keine Angaben zu Gefühlsstörungen am rechten ulnaren Ellenbogen gemacht habe. Sensibilitätsstörungen in den Fingern D IV und V rechts direkt beim Aufprall seien damit nicht im Vollbeweis belegt. Wenn die MRT-Aufnahmen nicht ausreichend sein sollen, um eine Nervenläsion auszuschließen, könnten diese Umstände eben nicht berücksichtigt werden. Im Übrigen habe Prof. Dr. S. ein vorwiegend sensibles rechtsseitiges sulcus-ulnaris Syndrom festgestellt, sodass ein solches also auch, wenn auch geringer, links vorliege.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 07.09.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ergänzend weist er darauf hin, dass die Beklagte im Verfahren S 3 U 2817/16 ein Anerkenntnis dahingehend abgegeben habe, dass sie eine Prellung des Epikondylus radialis rechts als Unfallfolge anerkenne, durch dieses Anerkenntnis sei der unfallbedingte Gesundheitserstschaden ausdrücklich anerkannt und somit rechtskräftig festgestellt worden. Bereits am 06.08.2010 seien durch den Unfallarzt Dr. G. Sensibilitätsstörungen im Bereich des Versorgungsgebietes des Ulnaris rechts als unfallbedingt beschrieben worden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Absatz 1, 124 Absatz 2 SGG einverstanden erklärt (Blatt 22/23 Senatsakte).

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Absatz 1, 124 Absatz 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nach §§ 143, 144 SGG zulässig und begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 29.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Soweit das SG die Beklagte verurteilt hat, wegen der Folgen des Arbeitsunfalls weitere Heilbehandlung auch ab dem 29.08.2013 dem Grunde nach zu bewilligen, ist die Berufung schon deshalb begründet, da die auf weitere Heilbehandlung gerichtete Anfechtungs- und Leistungsklage bereits unzulässig gewesen ist (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, 12. Auflage, § 130 RdNr. 2a). Nach § 130 Absatz 1 Satz 1 SGG kann auch zur Leistung nur dem Grunde nach verurteilt werden, wenn gemäß § 54 Absatz 4 oder 5 eine Leistung in Geld begehrt wird, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Nach dem Wortlaut der Vorschrift sind einem Grundurteil damit nur die in Betracht kommenden Geldleistungen zugänglich, nicht aber das Sachleistungsbegehren nach Heilbehandlung (Senatsurteile vom 23.12.2015 – L 8 U 1345/14 und 23.03.2018 – L 8 U 3286/17, juris unter Verweis auf BSG, Urteil vom 07.09.2004 – B 2 U 35/03, SozR 4-2700 § 8 Nr. 6 und BSG, Urteil vom 30.01.2007 – B 2 U 6/06 R, juris).

Soweit der Kläger mit der Klage die Feststellung von Unfallfolgen begehrt hat, ist die Klage zwar zulässig, aber unbegründet, da der Kläger eine solche nicht beanspruchen kann. Anspruchsgrundlage für das Begehren auf Feststellung von Unfallfolgen ist § 102 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), der zugleich Ermächtigungsgrundlage zum Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes durch den Versicherungsträger ist. Der Versicherte kann die Klärung verlangen, ob ein Versicherungsfall vorliegt, welcher Träger dafür zuständig ist und welche Gesundheitsschäden dem Versicherungsfall zuzurechnen sind (Senatsurteile vom 28.07.2017 – L 8 U 4110/16 und 23.03.2018 – L 8 U 3021/16, juris). Mit dem Bescheid vom 29.08.2013 hat die Beklagte die Gewährung von weiterer Heilbehandlung und die Gewährung von Verletztengeld abgelehnt, hat sich darüber hinaus aber auch mit den (fort) bestehenden Unfallfolgen auseinandergesetzt, sodass die Feststellung von Unfallfolgen (kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage, § 55 Absatz 1 Nr. 3 SGG) als Minus zur (unzulässigen) Leistungsklage auf Heilbehandlung zulässig verfolgt werden kann. Soweit die Beklagte die Gewährung von Verletztengeld abgelehnt hat, ist der Bescheid ausweislich der Sitzungsniederschrift des SG vom Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht mehr angegriffen worden, sodass diese Leistung nicht mehr streitgegenständlich ist. Der Feststellung von Unfallfolgen steht das Verfahren S 3 U 2817/14 nicht entgegen. Der Bescheid vom 25.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.08.2014 hat nur die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall abgelehnt, sodass auch nur diese Feststellung Gegenstand des Klageverfahrens gewesen ist. Dementsprechend kam es nur auf den Gesundheitserstschaden als Tatbestandsmerkmal des Arbeitsunfalls gemäß § 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) an. Der Senat sieht indessen keine Anhaltspunkte dafür, dass in dem Verfahren eine abschließende Feststellung von Unfallfolgen getroffen werden sollte.

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr, 17; -B 2 U 40/05 R - , UV-Recht Aktuell 2006, 419; - B 2 U 26/04 R- , UV-Recht Aktuell 2006, 497; alle auch veröffentlicht in Juris).

Einen solchen (von der Beklagten anerkannten) Arbeitsunfall hat der Kläger am 15.02.2010 erlitten, wobei der Senat zum Geschehensablauf zu Grunde legt, dass sich der Kläger den rechten Ellenbogen angestoßen hat. Dem Durchgangsarztbericht des Dr. Y. vom 22.02.2010 (Blatt 1 VA) entnimmt der Senat, dass der Kläger angegeben hat, sich an einer scharfen Kante angestoßen zu haben, gegenüber Prof. Dr. S. (Befundberichte vom 18.10.2010, Blatt 84 VA, und vom 21.01.2011, Blatt 111 VA) hat der Kläger angegeben, mit dem Ellenbogen heftig an einem Metallcontainer angeschlagen zu sein und im Durchgangsarztbericht des Dr. G. vom 23.03.2010 (Blatt 16 VA) wird beschrieben, dass sich der Kläger beim Tragen eines Kartons an einem Prospektständer den rechten Ellenbogen angeschlagen hat. In der Unfallanzeige vom 14.04.2010 (Blatt 25 VA) heißt es, dass der Kläger beim Aufräumen von Prospekten mit dem Ellenbogen gegen den Prospektständer gestoßen ist, im Fragebogen vom 25.08.2010 (Blatt 56 VA) hat der Kläger angegeben, sich beim Herunterräumen eines schweren Kartons den rechten Ellenbogen gegen einen Prospektständer geschlagen zu haben, entsprechendes lässt sich den Angaben des werksärztlichen Dienstes entnehmen (Blatt 514 ff. VA) und ergibt sich auch aus dem ambulanten Untersuchungsbericht der B. Klinik vom 14.10.2010 (Blatt 78 VA), wobei die Angabe, dass eine Vorstellung beim Betriebsarzt erst zwei Tage später erfolgt sei, nicht nachvollzogen werden kann. Dem, nicht datierten, Unfallaufnahmebogen (Blatt 434 VA) ist zu entnehmen, dass der Kläger mit dem Ellenbogen gegen den "spitzigen" Teil eines Prospektständers gestoßen ist. Dass der Anstoß mit der Innenseite des Ellenbogens an die Spitze eines Prospektständers erfolgt sein soll, wird erstmals im Schriftsatz vom 10.02.2014 (Blatt 425 VA) und im Nachgang zu dem Bescheid der Beklagten über die Ablehnung des Arbeitsunfalls vom 25.11.2013 (Blatt 408 VA) geltend gemacht und sodann gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. W. wiederholt, der jedoch auch darauf verweist, dass die Berichte über die genaue Stelle des Anpralltraumas keine Auskunft geben (Blatt 34 des Gutachtens = Blatt 61 SG-Akte). Unmittelbare Unfallzeugen sind nicht vorhanden, die gehörte Zeugin D. (Blatt 526 VA) konnte keine spezifischen Angaben machen und die Zeugin F. (Blatt 530 VA) sich nicht an die Geschehnisse erinnern. Gegen einen solchen Anstoß mit der Innenseite des Ellenbogens spricht, wie Dr. S. überzeugend dargelegt hat (beratungsärztliche Stellungnahme vom 19.03.2015, Blatt 547 VA), dass der Erstbefund des Dr. Y. (Blatt 1 VA) eine Schwellung mit Druckschmerz am Epicondylus humeri radialis (daumenwärts, zum Radius (Speiche) gehörend, vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Seite 1794) beschreibt und keine Prellung im Epikondylus ulnaris (zur Elle gehörend, vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Seite 2192) beschrieben ist. Auch der werksärztliche Dienst hat am 09.03.2010 (Bericht Blatt 524 VA) nur einen Druckschmerz am Epikondylitis lateralis rechts beschrieben.

Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem ambulanten Untersuchungsbericht der B. Klinik vom 14.10.2010 (Blatt 81 VA) und der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. F. vom 13.10.2016 (Blatt 79 VA), da jeweils dargelegt ist, dass es nur entweder zu einem ulnaren Anprall gekommen sein kann, der grundsätzlich ein sulcus-ulnaris-Syndrom erklären kann, oder zu einem radialen Anprall, auf den eine Epikondylitis radialis zurückführbar ist. Unabhängig davon, dass der Senat nicht entscheiden muss, ob eine Epikondylitis radialis als Unfallfolge besteht, da eine solche Feststellung vom Kläger weder beantragt noch vom SG getroffen worden ist, sind jedenfalls zwei sich wechselseitig ausschließende Geschehensabläufe beschrieben, wobei die Erstdiagnose des Dr. Y. wenigstens radialseitige Befunde beschreibt, während sich keinerlei Anhaltspunkt für eine ulnare Schädigung ergeben. Dass Dr. F. die Epikondylitis deshalb nicht als unfallabhängig einstuft, weil diese im ersten MRT nicht zu sehen war, was nach seinen Darlegungen bei einer traumatischen Schädigung aber zu erwarten ist, erweist sich als nicht entscheidungserheblich. Letztlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich der Kläger zwar am 16.02.2010 und am 19.02.2010 beim werksärztlichen Dienst vorgestellt hat (vgl. die Aufstellung Blatt 436 VA), jedoch erstmals am 22.02.2010 Angaben gemacht wurden, die auf einen Arbeitsunfall hindeuteten und sodann eine entsprechende Erfassung erfolgt ist. Den Vortrag des Klägers, dass er sich bereits am 16.02.2010 dem Durchgangsarzt vorgestellt habe (vgl. den Schriftsatz vom 24.10.2014, Blatt 491 VA), konnte weder Dr. Y. (sachverständige Zeugenauskunft vom 09.02.2015, Blatt 533 VA) noch der werksärztliche Dienst bestätigen. Letzterer hat vielmehr ausgeführt, dass eine Überweisung erst nach der Erfassung als Arbeitsunfall, mithin am 22.02.2010, zu Dr. Y. erfolgte, was dessen Darlegungen entspricht. Die Bescheinigung des Dr. Y. für den Werksarzt über die bestehende Arbeitsfähigkeit (Blatt 521 VA) ist nicht datiert und belegt eine frühere Vorsprache des Klägers nicht, vielmehr deutet die bereits vergebene Unfall-Ident-Nr. nicht darauf hin, dass die wohl vom Werksarzt vorbereitete Erklärung vor der Erfassung als Arbeitsunfall ausgestellt worden ist.

Der Senat kann sich daher nicht davon überzeugen, dass es auf der Innenseite des Ellenbogens zu einem Anprall gekommen ist, sodass ein solcher Anprall als Anknüpfungstatsache der Bewertung nicht zu Grunde gelegt werden kann.

Weiterhin lässt sich die haftungsausfüllende Kausalität zwischen dem angeschuldigten Geschehen und der geltend gemachten Gesundheitsstörung, dem sulcus-ulnaris-Syndrom, nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bejahen.

Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15, jeweils RdNr 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adä-quanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.

Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R und B 2 U 26/04 R - a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).

Selbst wenn ein Anpralltrauma an der Ellenbogeninnenseite unterstellt wird, lässt sich ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Diagnose eines sulcus-ulnaris-Syndroms nicht begründen.

Gestützt auf den radiologischen Befundbericht des Dr. K. vom 17.03.2010 (Blatt 15 VA) konnte der Senat feststellen, dass sich eine regelrechte Artikulationsstellung im abgebildeten Ellenbogengelenk ohne erkennbare Einengung im Sulcus ulnaris gezeigt hat. Die Signalgebung der abgebildeten ossören Strukturen war regelrecht, es fanden sich keine umschriebenen Spongiosaödeme und kein Gelenkerguss. Die dargestellten tendinösen Strukturen erschienen durchweg unauffällig ohne Hinweis auf traumatische Läsionen, die periartikuläre Muskulatur sowie die mit erfassten Weichteile imponierten MR-tomografisch unauffällig. Somit liegen zeitnah zum Unfallereignis keine Befunde vor, die eine traumatische Schädigung des nervus ulnaris belegen. Zwar hat Prof. Dr. W. nachvollziehbar dargelegt, dass die Kernspindiagnostik nur nativ, also ohne Kontrastmittel und nicht mit der erforderlichen Feldstärke von 3-Tesla erfolgt ist, sodass eine lokale Schädigung des Nervens hierdurch nicht ausgeschlossen werden kann (ergänzende Stellungnahme vom 14.11.2016, Blatt 84 VA), jedoch führt dies zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Dass eine Nervenschädigung nicht ausgeschlossen werden kann, ist nicht ausreichend, um eine Gesundheitsstörung als nachgewiesen ansehen zu können.

Davon, dass unmittelbar nach dem angeschuldigten Ereignis Sensibilitätsstörungen der Finger IV und V, und damit in dem vom nervus ulnaris versorgten Bereich (vgl. Pschyrembel, klinisches Wörterbuch, Seite 1474), bestanden haben, konnte sich der Senat nicht überzeugen, sodass solche als Anknüpfungstatsache der Beurteilung ebenfalls nicht zu Grunde gelegt werden können. Weder dem Durchgangsarztbericht des Dr. Y. vom 22.02.2010 (Blatt 1 VA) noch dem Durchgangsarztbericht des Dr. G. vom 23.03.2010 (Blatt 16 VA) können entsprechende Beschwerden entnommen werden. In seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 23.12.2016 konnte Dr. G. zu dem Erstauftreten von Sensibilitätsstörungen nach Aktenlage keine Angaben machen (Blatt 90 SG-Akte), Dr. Y. hat in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 30.12.2016 (Blatt 91 SG-Akte) dargelegt, dass der Kläger keinerlei Gefühlsstörungen am rechten ulnaren Ellenbogen mit Ausstrahlung zu den Fingern 4/5 angegeben hat. Das zeitnahe Auftreten von Sensibilitätsstörungen ist daher nicht objektiviert, vielmehr sind solche erstmals im Befundbericht des Dr. G. vom 06.08.2010 (Blatt 34 VA) beschrieben und erst durch die Befunderhebung des Prof. Dr. S. , ein halbes Jahr nach dem angeschuldigten Ereignis, ist das sulcus-ulnaris-Syndrom gesichert worden. Dem Befundbericht des Prof. Dr. S. vom 18.10.2010 (Blatt 84 VA) entnimmt der Senat, dass Gefühlsstörungen an den Fingern 4 und 5 am Folgetag angegeben wurden, im Bericht vom 21.01.2011 (Blatt 111 VA) werden sofortige elektrisierende Empfindungen in die rechte Hand an den Fingern 4 und 5 und am Folgetag Gefühlsstörungen beschrieben, gegenüber Prof. Dr. W. hat der Kläger indessen geltend gemacht, dass ein Taubheitsgefühl des kleinen Fingers und der Außenseite des Ringfingers sowie der ulnaren Handkante bereits nach dem Unfall da gewesen sei.

Ob zwingend Hautläsionen zu fordern sind, um ein geeignetes Trauma annehmen zu können, wie Dr. F. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme (Blatt 79 VA) ausführt, kann vorliegend dahinstehen. Solche könnten zwar Indizien für die Anprallstelle liefern, sind aber in keinem Befundbericht beschrieben und können daher nicht herangezogen werden. Diesbezüglich hat der werksärztliche Dienst schlüssig beschrieben (sachverständige Zeugenauskunft vom 29.01.2015, Blatt 514 VA), dass Hautverletzungen deshalb nicht vorgelegen haben können, da eine Therapie mit Voltaren erfolgt ist, Voltaren aber nur auf die gesunde Haut aufgetragen werden darf.

Lediglich ergänzend ist festzustellen, dass im Operationsbericht der B. Klinik vom 08.01.2013 (Blatt 395 VA) beschrieben ist, dass eine starke bindegewebige Verdickung des Retinaculums vorgelegen hat, hinsichtlich derer Dr. S. überzeugend darauf hingewiesen hat (beratungsärztliche Stellungnahme vom 19.03.2015, Blatt 549 VA), dass sich eine solche über Jahre und Jahrzehnte entwickelt und damit nicht auf das angeschuldigte Ereignis zurückgeführt werden kann. Auch kann dahinstehen, ob die Ausführungen des Prof. Dr. S. bezüglich eines vorwiegend rechtsseitigen sulcus-ulnaris-Syndrom dahingehend zu verstehen sind, wie die Beklagte zur Berufungsbegründung geltend macht, dass beidseitige Gesundheitsstörungen im Bereich des Ulnarisnerven bestehen, was gegen eine ursächliche Schädigung des rechten Nervens durch das angeschuldigte Ereignis sprechen könnte.

Der Sachverständige Prof. Dr. W. hat daher zu Unrecht sowohl einen Anprall an der Ellenbogeninnenseite und als auch ein sofortiges Auftreten von Sensibilitätsstörungen an den Fingern IV und V rechts seiner Beurteilung zu Grunde gelegt. Die subjektiven Schilderungen des Klägers werden durch keinen objektivierten Befund gestützt. Dass es an einer Dokumentation sowohl hinsichtlich der genauen Stelle des Anpralltraumas sowie einer Dokumentation der neurologischen Symptomatik fehlt, legt Prof. Dr. W. in seiner zusammenfassenden Beurteilung selbst dar (Blatt 34 des Gutachtens = Blatt 61 SG-Akte). Seine rechtliche Wertung dahingehend, dass es für einen Unfallzusammenhang ausreicht, dass eine Nervenschädigung lediglich nicht ausgeschlossen ist, lässt sich mit den Beweismaßstäben der gesetzlichen Unfallversicherung nicht vereinbaren, sodass dieser nicht gefolgt werden kann.

Darauf, dass der Beratungsarzt Dr. R. (beratungsärztliche Stellungnahme vom 07.09.2016, Blatt 72 SG-Akte) empfiehlt, dem Sachverständigengutachten zu folgen, ergibt sich keine andere Beurteilung. Die Stellungnahme überzeugt schon deshalb nicht, da sie sich mit der Frage der Unfallursächlichkeit nicht hinreichend auseinandersetzt und iatrogen (durch den Arzt verursacht, vgl. Pschyrembel, klinisches Wörterbuch, Seite 983) bedingte sekundäre Schädigungen annimmt und diese auf ihre weitere Behandlungsbedürftigkeit untersucht. Wenn aber, wie dargelegt, ein sulcus-ulnaris-Syndrom schon nicht als unfallbedingt angesehen werden kann, steht dessen Behandlung ebenfalls in keinem Unfallzusammenhang und aus der operativen Behandlung folgende bzw. fortbestehende Beeinträchtigungen können keine mittelbaren Unfallfolgen sein. Ebenso kann einerseits dahinstehen, dass in den Befundberichten der B. -Klinik und des Dr. G. jeweils von einem posttraumatischen sulcus-ulnaris-Syndrom ausgegangen wird, da keine tragfähigen Anhaltspunkte mitgeteilt werden, auf denen diese rechtliche Wertung beruht, andererseits die B. Klinik im Befundbericht vom 28.10.2013 (Blatt 385 VA) von einem nicht typischen sulcus-ulnaris-Syndrom ausgeht, welches in den neurophysiologischen Untersuchungen nicht erfasst und nur klinisch eruiert werden könne. Diese Ausführungen beziehen sich auf den (Folge-) Zustand nach der durchgeführten Operation und können daher für die Frage der Unfallursächlichkeit nicht herangezogen werden. Dementsprechend kommt es auch nicht darauf an, dass Prof. Dr. S. im Befundbericht vom 14.10.2013 (Blatt 377 VA) nur ein diskretes sulcus-ulnaris-Syndrom beschrieben hat.

Auf die Berufung der Beklagten war daher das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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