S 1 U 3722/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 3722/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Unzulässigkeit einer Klage auf „Leistungen“ aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Ein isolierter Korbhenkelriss des Innenmeniskus ohne Begleitverletzungen am Kapsel-Band-Apparat ist nach medizinisch-wissenschaftlichem Erkenntnisstand nicht traumatisch bedingt.

Zur Ablehnung eines Beweisantrags nach § 109 SGG mangels rechtzeitiger Einzahlung des angeforderten Kostenvorschusses und Vorlage einer Bereiterklärung des als Sachverständigen benannten Arztes.
Tenor: Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob ein Innenmeniskuskorbhenkelriss am linken Knie als - weitere - Folge eines Arbeitsunfalls anzuerkennen ist und der Kläger Anspruch auf "entsprechende Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung" hat.

Der 1966 geborene, bis zum 30.09.2014 als Lagerarbeiter bei der Z. eG, K., beschäftigt gewesene Kläger verdrehte sich seinen Angaben zufolge am 01.09.2013 während der Ausübung seiner Tätigkeit beim Schieben eines großen Gitters "in geduckter Position" das linke Kniegelenk. Die am 25.09.2013 angefertigte Kernspintomografie ergab eine mukoide Degeneration des Innenmeniskushinterhorns mit komplexem Einriss ohne Knorpelläsion bei unauffälligen Bandstrukturen (vgl. Arztbrief der Radiologin Dr. P. vom 26.09.2013).

Am 16.05.2014 stellte der Kläger sich bei dem Chirurgen Dr. S. vor. Dieser erhob radiologisch keine knöcherne Verletzung oder posttraumatische Veränderung im Bereich des linken Kniegelenks und diagnostizierte als Gesundheitsstörung einen Zustand nach Innenbandruptur des linken Kniegelenks (vgl. Durchgangsarztbericht vom 16.05.2014). Wegen seit zwei Tagen erneut aufgetretener Schmerzen im linken Kniegelenk suchte der Kläger am 18.02.2015 erneut Dr. Scherbel auf, der als Gesundheitsstörung den Verdacht auf einen Kniebinnenschaden links bei fraglich bekanntem vorbestehendem Schaden des linken Innenmeniskus äußerte (vgl. Durchgangsarztbericht vom 18.02.2015). Die von ihm veranlasste erneute kernspintomografische Untersuchung des linken Kniegelenks ergab einen Korbhenkelriss des Innenmeniskus sowie Faserrisse des Musculus popliteus (vgl. Arztbrief der Radiologin Dr. L. vom 23.02.2015). Am 04.03.2015 unterzog sich der Kläger im Städt. Klinikum K. einer diagnostischen Kniegelenksarthroskopie links mit Resektion des Korbhenkels und der Plica mediopatellaris. Intraoperativ zeigte sich ein wenig degenerativer, eher frischer Riss ohne ausgefranste Ränder (vgl. Operations- und Arztbriefe des Chirurgen Prof. Dr. M. vom 04.03.2015). Die pathologische Untersuchung des Resektats bestätigte "relativ frische Einrisse" des linken Innenmeniskus bei ausgeprägter mukoider Degeneration mit Pseudozystenbildung und Knorpelzellregeneraten (vgl. Befundbericht des Pathologen Prof. Dr. R. vom 05.03.2015).

Am 29.06.2016 stellte der Kläger bei der Beklagten den Antrag, seine Gesundheitsstörungen im Bereich des linken Kniegelenks als Folge eines Arbeitsunfalls vom 01.09.2013 anzuerkennen und ihm Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Hierzu legte er eine Bescheinigung des Orthopäden Dr. W. vom Juni 2016 vor. Gestützt auf das Ermittlungsergebnis anerkannte die Beklagte als Folge des Arbeitsunfalls vom 01.09.2013 eine Zerrung des linken Kniegelenks; unabhängig von dem Arbeitsunfall leide der Kläger an einem Innenmeniskuskorbhenkelriss am linken Knie. Zugleich lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Verletztenrente und Verletztengeld aus Mitteln der gesetzlichen Unfallversicherung ab; der Kläger habe nach dem 01.09.2013 auch keinen Anspruch auf Heilbehandlung oder sonstige Leistungen (Bescheid vom 11.08.2016).

Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch beantragte der Kläger die Anerkennung eines Innenmeniskuskorbhenkelrisses als weitere Unfallfolge sowie die Gewährung von "Leistungen" aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Zur Stützung seines Widerspruchsbegehrens legte er weitere Bescheinigungen des Dr. W. vom Dezember 2016 und April 2017 vor. Die Beklagte zog die Behandlungsunterlagen des Dr. S. (u.a. Arztbriefe der Radiologin Dr. P. vom 04.02.2013 und vom 26.09.2013) sowie das Vorerkrankungsverzeichnis der T. Krankenkasse bei. Dr. S. teilte auf Anfrage mit, der Kläger habe bei der Erstbehandlung im Mai 2014 keine weiteren Angaben zum Unfallhergang mit Ausnahme eines Verdrehtraumas gemacht. Es handele sich um einen degenerativ bedingten Kniebinnenschaden. In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme führte der Chirurg Dr. K. zusammenfassend aus, zwischen dem Ereignis vom September 2013 und der Veränderung am Meniskushinterhorn links bestehe kein ursächlicher Zusammenhang. Es handele sich um ein klassisch degenerativ verändertes und aufgefasertes Innenmeniskushinterhorn; die MRT-Aufnahmen vom September 2013 zeigten keinen intraartikulären Erguss und keinen Bandschaden. Damit sei ein traumatischer Gelenkschaden unwahrscheinlich. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 06.10.2017).

Deswegen hat der Kläger am 27.10.2017 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung verweist er auf die Bescheinigungen des Dr. W. vom Juni 2016 und Dezember 2016 und legt eine weitere Bescheinigung dieses Arztes vom Mai 2018 vor.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher Auskünfte der Dres. W. und S. als sachverständige Zeugen: Dr. W. hat bekundet, er habe den Kläger erstmals im März 2016 behandelt. Zu diesem Zeitpunkt hätten beidseits positive Innenmeniskuszeichen, links stärker ausgeprägt als rechts, bestanden. Eine im Mai 2016 erneut durchgeführte Arthroskopie des linken Kniegelenks habe zudem eine zweitgradig ausgeprägte Gonarthrose bestätigt. Der Innenmeniskusriss wie auch die Gonarthrose seien Folge des Arbeitsunfalls vom September 2016. Seiner Auskunft hat Dr. W. weitere Arztunterlagen beigefügt, u.a. Arztbriefe der Radiologen Dres. Ra. vom 07.08.2014, L. vom 19.11.2015 und A. vom 20.01.2017. Dr. S. hat mitgeteilt, er behandele den Kläger seit November 2004. Bereits vor dem Unfallereignis vom September 2013 habe er Veränderungen im Bereich des rechten Schultergelenks mit Teilruptur des Musculus supraspinatus sowie degenerative Veränderungen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule objektiviert. 2015 habe er außerdem einen Innenmeniskusriss des rechten Kniegelenks und eine deutlich abnutzungsbedingte Erkrankung im Sinne einer Gonarthrose diagnostiziert. Die durch die Kernspintomografie vom September 2013 nachgewiesenen Veränderungen am linken Kniegelenk seien abnutzungsbedingt entstanden.

Mit Schreiben vom 23.05.2018 hat das Gericht den Kläger über seine Prozessbevollmächtigten auf die Möglichkeit der Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens auf sein Kostenrisiko bei einem Arzt seines Vertrauens gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hingewiesen und ihm für eine eventuelle Antragstellung Frist bis zum 28.06.2018 eingeräumt. Zugleich hat es dem Kläger aufgegeben, innerhalb der Frist neben der Benennung des Arztes mit Anschrift und Fachgebiet eine Kostenverpflichtungserklärung ausgefüllt und unterschrieben vorzulegen, einen näher bezeichneten Kostenvorschuss einzuzahlen, außerdem durch geeignete Unterlagen die Bereitschaft des als Sachverständigen benannten Arztes nachzuweisen, das Gutachten innerhalb von drei Monaten nach Erteilung des Gutachtensauftrags zu erstellen und vorzulegen. Das Schreiben enthält außerdem den Hinweis, die Kammer könne den Antrag ablehnen, wenn der Kläger die Auflagen nicht, nur teilweise oder nicht fristgerecht erfülle. Bis zum Fristablauf hat der Kläger, trotz Erinnerungsschreibens vom 20.06.2018, allein Prof. Dr. Z., M., als Arzt seines Vertrauens benannt und die von ihm unterzeichnete Kostenverpflichtungserklärung vorgelegt.

Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,

den Bescheid vom 11. August 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Oktober 2017 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, "Innenmeniskus-korbhenkelriss am linken Knie" als weitere Folge des Arbeitsunfalls vom 01. September 2013 anzuerkennen und ihm entsprechende Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren, hilfsweise auf sein Kostenrisiko ein medizinisches Sachverständigengutachten bei Prof. Dr. Z., M., einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.

Mit Schreiben vom 04.07.2018 hat das Gericht den Beteiligten mitgeteilt, es erwäge eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist bereits unzulässig, soweit der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 01.09.2013 "entsprechende Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren". Denn damit hat er weder ein konkretes Leistungsbegehren (wie Krankenbehandlung, Rehabilitation, Verletztengeld, Verletztenrente oder ähnliches) geltend gemacht noch besteht eine gesetzliche Handhabe für den Erlass eines allgemein auf "Leistungen" gerichteten Grundurteils nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG (vgl. BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 3, Rdnr. 11 m. w. N., BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 16, Rdnr. 11 und LSG Baden-Württemberg vom 25.08.2017 - L 8 U 1894/17 -, Rdnrn. 36 und 41 (juris)). Konkrete Leistungen aus Mitteln der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen des streitgegenständlichen Arbeitsunfalls waren auch nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens.

Im Übrigen ist die Klage als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG; zum Wahlrecht des Versicherten zwischen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage oder einer Kombination aus Anfechtungs- und Feststellungsklage: vgl. BSG vom 15.05.2012 - B 2 U 8/11 R -, Rdnr. 13 m. w. N. und BSG vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R -, Rdnr. 11 (jeweils juris)) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung eines Innenmeniskuskorbhenkelrisses am linken Knie als weitere Folge des Arbeitsunfalls vom 01.09.2013.

1. Dass der Kläger am 01.09.2013 in Ausübung seiner versicherten Tätigkeit als Lagerarbeiter (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII)) einen Arbeits¬unfall (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) erlitten hat, hat die Beklagte durch den Bescheid vom 11.08.2016 jedenfalls inzidenter anerkannt.

2. Zur Überzeugung des erkennenden Gerichts steht aufgrund der aktenkundigen medizinischen Unterlagen, insbesondere des Arztbriefes der Radiologin Dr. P. vom 26.09.2013, des Operationsberichtes und des Arztbriefes des Prof. Dr. M. jeweils vom 04.03.2015 wie auch der Bekundungen der sachverständigen Zeugen Dres. W. und S. fest, dass der Kläger an einem Korbhenkelriss des Innenmeniskus links litt, der im März 2015 arthroskopisch reseziert worden ist. Diese Gesundheitsstörung ist indes nicht mit Wahrscheinlichkeit Folge des Unfallereignisses vom 01.09.2013.

Der Ursachenzusammenhang im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung beurteilt sich nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. hierzu BSGE 1, 72, 76 und 1, 150, 156f; seither st. Rspr.). Diese Theorie beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. hierzu Grüneberg in Palandt, BGB, 76. Auflage 2017, Vorb. v. § 249, Rdnrn. 26 und 68 ff m.w.N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung im Sozialversicherungsrecht deshalb in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (vgl. BSGE 1, 72, 76).

Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung Grundsätze herausgearbeitet, die das BSG in zwei Entscheidungen vom 09.05.2006 (B 2 U 1/05 R (= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17) und B 2 U 26/04 R (= UV-Recht Aktuell 2006, 497ff)) zusammenfassend wie folgt dargestellt hat:

Für eine Gesundheitsstörung kann es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist dabei nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Die Wertung zweier Mitursachen und damit des Arbeitsunfalls als rechtlich wesentlich neben z.B. einem anlagebedingten psychischen Vorschaden setzt deshalb nicht notwendig ein Verhältnis 50:50 voraus. Auch wenn der Arbeitsunfall eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache der körperlichen oder psychischen Erkrankung des Versicherten darstellt, kann er dennoch für diesen "Erfolg" rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (vgl. BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a.F. RVO und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; ferner Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Seite 27 sowie Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 Rdnr. 314). Daher ist es auch zulässig, eine - rein naturwissenschaftlich betrachtet - nicht gleichwertige, d.h. prozentual also verhältnismäßig niedrig zu bewertende Ursache, rechtlich als "wesentlich" anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache "der Erfolg" eintreten konnte. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSGE 12, 242, 245 und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die naturwissenschaftliche Ursache, die nicht "wesentlich" und damit keine Ursache i.S.d. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als "Gelegenheitsursache" oder "Auslöser" bezeichnet werden (vgl. u.a. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860 ff).

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Dies wird häufig bei einem klar erkennbaren Ursache-Wirkungszusammenhang, vor allem, wenn es keine feststellbare konkurrierende Ursache gibt, kein Problem sein. Es gibt aber im Bereich des Arbeitsunfallrechts keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies insbesondere bei komplexen Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, Rdnr. 18).

3. Orientiert an diesen Rechtsgrundlagen hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Recht die Anerkennung der Schädigung des linken Innenmeniskus des Klägers als – weitere – Unfallfolge abgelehnt. Denn der von Dr. P. am 26.09.2013 erhobene kernspintomografische Untersuchungsbefund hat neben dem komplexen Einriss des Innenmeniskushinterhorns keine Begleitverletzungen am Kapsel-Band-Apparat des linken Kniegelenks und auch keinen intraartikulären Erguss objektiviert. Bei einem traumatisch bedingten Innenmeniskushinterhornriss müssen sich jedoch derartige Verletzungen in geeigneten bildgebenden Verfahren darstellen lassen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen vom 30.10.2013 – L 3 U 151/10 -, Rdnr. 28 (juris)). Solche Begleitverletzungen hat Dr. P. indes gerade nicht erhoben. Vielmehr hat sie die Kreuz- und Kollateralbänder als "abgrenzbar" und "unauffällig" und ebenso den Außenmeniskus als "unauffällig" beschrieben. Darüber hinaus fanden sich zu diesem Zeitpunkt am linken Kniegelenk bereits degenerative Veränderungen im Sinne einer mukoiden Degeneration des Innenmeniskushinterhorns. Der von Dr. P. außerdem beschriebene Reizerguss ist demgegenüber kein Nachweis für eine unfallbedingte Binnenschädigung des Kniegelenks. Denn es fehlt insbesondere am Nachweis einer traumatischen Gelenkeinblutung. Es entspricht herrschender medizinisch-wissenschaftlicher Lehrmeinung, der die Kammer folgt, dass es den sogenannten "isolierten Meniskusriss" ohne verletzungsspezifische Begleitveränderungen an anderen Strukturen des betroffenen Gelenkes nicht gibt (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 22.07.2015 - L 6 U 2394/15 -, Rdnr. 39 f.; LSG Niedersachsen-Bremen vom 30.10.2013 - L 3 U 151/10 -, Rdnr. 28 ff.; SG Münster vom 16.03.2011 - S 13 U 329/08 -, Rdnr. 36 und OVG Nordrhein-Westfalen vom 04.06.2014 - 1 A 2162/13 -, Rdnr. 13 (jeweils juris), ferner Urteil des erkennenden Gerichts vom 14.10.2016 – S 1 U 2298/16 – m.w.N. (juris); vgl. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, Seite 643). Nach den Erkenntnissen der Kammer aus vergleichbaren Rechtsstreitigkeiten im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung ist bei – wie hier – fehlenden knöchernen Verletzungen des Kniegelenks und insbesondere einem fehlenden Bone bruise und nachgewiesenen stabilen Bandverhältnissen bereits aus anatomischen Gründen eine (unfallbedingte) Verletzung der Menisken nicht denkbar. Diese geraten nämlich erst dann unter Stress, wenn der Kapsel-Band-Apparat, d. h. der primäre Gelenkstabilisator selbst, im Sinne eines Zerreißens verletzt ist (vgl. Urteil vom 14.10.2016 – S 1 U 2298/16 – m. w. N. (juris); so auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Seite 617 m.w.N. aus der medizinischen Literatur). Nach den gegenwärtig vertretenen medizinischen Erkenntnissen ist es zwar bei einem Drehsturz, der nach der Unfallbeschreibung des Klägers vorgelegen hat, biomechanisch begründbar, dass makroskopisch objektivierbare Begleitaffektionen nicht auftreten. Dennoch müssen auch hier Hinweise auf eine Mitbeteiligung des Kapsel-Band-Apparates, z. B. in Form von Einblutungen, vorliegen, auch wenn diese im Einzelfall gering ausgeprägt sind. Derartige Untersuchungsergebnisse liegen indes nach dem Arztbrief der Radiologin Dr. P. wie auch der Stellungnahme des Dr. K. nicht vor.

Gegen die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs des Innenmeniskus-hinterhornrisses mit dem Arbeitsunfallereignis vom 01.09.2013 sprechen überdies die Operations- und Arztbriefe des Prof. Dr. M. vom 04.03.2015. Danach zeigte sich intraoperativ ein wenig degenerativ, vielmehr eher frischer Innenmeniskusriss rechts ohne ausgefranste Ränder. Dies wird auch im histologischen Bericht des Pathologen Prof. Dr. R. vom 05.03.2015 bestätigt. Im März 2015 objektivierte "relativ frische Einrisse" des linken Innenmeniskus lassen sich indes bereits aus zeitlichen Gründen nicht mit einem eineinhalb Jahre zuvor stattgefundenen traumatischen Ereignis in Zusammenhang bringen. Hinzu kommt, dass auch Prof. Dr. R. degenerative Veränderungen i.S.e. eine ausgeprägten mukoiden Degeneration, verbunden zudem mit Pseudozystenbildung und Knorpelzellregeneraten, beschrieben hat, was ebenfalls gegen eine traumatische Ursache dieser Schäden spricht.

Schließlich spricht gegen die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Innenmeniskusschaden links und dem Unfallereignis vom September 2013 auch der Umstand, dass degenerative Veränderungen nach den zahlreichen aktenkundigen Arztbriefen der radiologischen Gemeinschaftspraxis Bruchsal nicht nur im Bereich des linken Kniegelenks, sondern ebenso am rechten Kniegelenk sowie der Hals- und Lendenwirbelsäule des Klägers bestehen. Insbesondere sind aufgrund der Arztbriefe der Radiologen Dr. Ra. vom 07.08.2014, Dr. L. vom 20.11.2015 und Dr. A. vom 20.01.2017 auch im Bereich des rechten, nicht von dem Unfallereignis vom September 2013 betroffenen Kniegelenk degenerative Veränderungen des Innenmeniskushinterhorns, im Verlauf zunehmend mit Einrissen dort wie auch des Innenmeniskusvorderhorns, nachgewiesen.

Eine degenerative Ursache des streitgegenständlichen Innenmeniskuskorbhenkelrisses links haben überdies auch der Beratungsarzt Dr. K. und der sachverständige Zeuge Dr. S. zutreffend bestätigt.

Die hiervon abweichende Beurteilung des sachverständigen Zeugen Dr. W. steht demgegenüber nicht im Einklang mit den Erkenntnissen der unfallmedizinischen Wissenschaft und überzeugt das erkennende Gericht schon deshalb nicht. Insbesondere berücksichtigt Dr. W. nicht den Umstand, dass nach den intraoperativ und histopathologisch im März 2015 erhobenen Befunden der Korbhenkelriss als "frisch" bezeichnet wurde und auch mangels wesentlicher Ausfransungen der Rissenden deshalb nicht mit Wahrscheinlichkeit auf ein bereits im September 2013 eingetretenes traumatisches Ereignis zurückgeführt werden kann. Hierzu hat sich Dr. W. auch weder in seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge verhalten noch in seiner weiteren Bescheinigung vom Mai 2018.

4. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.

5. Seinem Hilfsantrag auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens bei Prof. Dr. Z., M., als Arzt seines Vertrauens gemäß § 109 SGG hat die Kammer nicht stattgegeben, weil der Kläger die ihm mit Verfügung vom 23.05.2018 erteilten Auflagen innerhalb der darin gesetzten Frist bis zum 28.06.2018, trotz der Erinnerung der Kammer vom 20.06.2018, nicht vollständig erfüllt hat. Denn er hat bis zu diesem Zeitpunkt allein die von ihm unterzeichnete Kostenverpflichtungserklärung an das erkennende Gericht zurückgesandt und Prof. Dr. Z. als Arzt seines Vertrauens benannt. Den angeforderten Kostenvorschuss hat er indes erst am 02.07.2018, und damit nach Ablauf der eingeräumten Frist, überwiesen. Schon dies allein rechtfertigt die Ablehnung des Hilfsantrags (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 28.11.2005 – L 1 U 719/05 -, Rdnr. 26 ff (juris)). Außerdem fehlt die Erklärung des Prof. Dr. Z., dass dieser bereit und in der Lage ist, das Gutachten innerhalb von drei Monaten nach Zugang des Gutachtensauftrags zu erstellen und vorzulegen. Hierin insgesamt ist eine grobe Nachlässigkeit des sachkundig vertretenen Klägers zu erblicken. Denn dessen Prozessbevollmächtigten ist die Rechtsprechung der Kammer in Bezug auf die vollständige und fristgerechte Erfüllung der erteilten Auflagen hinreichend bekannt, u.a. aufgrund des Urteils vom 23.03.2017 im Verfahren S 1 SB 2687/16. Auf die prozessrechtlichen Konsequenzen der unvollständigen oder nicht fristgerechten Erfüllung der Auflagen hatte das Gericht den Kläger in der Verfügung vom 23.05.2018 ausdrücklich hingewiesen. Überdies würde sich bei Einholung des Gutachtens die Erledigung des Rechtsstreits deutlich verzögern. Denn nach den Erkenntnissen der Kammer aus zahlreichen vergleichbaren Rechtsstreitigkeiten ist auch bei medizinischen Sachverständigen¬gutachten nach § 109 SGG mit einer Erstellung und Vorlage regelmäßig nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Zugang des Gutachtensauftrags beim Sachverständigen zu rechnen. Die Kammer hätte deshalb bei Zulassung des Hilfsantrags über die Klage nicht am 08.08.2018 durch Gerichtsbescheid entscheiden können, zumal sie auch nach Zugang des Gutachtens beiden Prozessbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme hätte einräumen müssen, was eine Verzögerung der Erledigung um weitere ein bis zwei Monate bewirkt hätte. Die Auflage, einen Kostenvorschuss vorab zu zahlen, ist ebenso zulässig (§ 109 Abs. 1 S. 1 SGG) wie vorab die Bereitschaft des benannten Sachverständigen abzuklären. Denn außerhalb der mündlichen Verhandlung obliegt dem Vorsitzenden die Gestaltung und Leitung des gerichtlichen Verfahrens (§ 106 SGG), für die ihm ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt ist (vgl. BVerfG vom 17.11.2011 - 1 BVR 3155/09 -, Rdnr. 7 und BSG vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 2/13 R -, Rdnr. 36 (jeweils)). Das Gericht ist deshalb auch berechtigt, einem Antragsteller nach § 109 SGG Auflagen zu machen, damit dieser in seiner Sphäre liegende Vorkehrungen trifft, um die Einleitung und den Ablauf der Begutachtung möglichst zügig zu gestalten. Ist mithin, entgegen den ihm erteilten Auflagen, weder fristgerecht ein Kostenvorschuss eingegangen noch die Abklärung der Bereitschaft des Sachverständigen, das Gutachten innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Erteilung des Gutachtensauftrags zu erstellen und vorzulegen, nicht erfüllt, ist das Gericht befugt, dem Kläger dies vorzuhalten und über § 109 Abs. 2 SGG auch zu sanktionieren, indem es den Antrag auf Einholung des Gutachtens ablehnt.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Rechtskraft
Aus
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