Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Chemnitz (FSS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 13 KR 516/04.ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Setzt eine Krankenversicherung nach einer Vereinigung erstmals ihren Beitragssatz fest, stellt dies für die Versicherten keine zur vorzeitigen Ausübung des Wahlrechts (Sonderkündigungsrecht) berechtigende Beitragssatzerhöhung dar.
2. Zur Sicherung des von einem Versicherten zu einem früheren Zeitpunkt geltend gemachten Kassenwechsel bedarf es keiner einstweiligen Anordngung.
2. Zur Sicherung des von einem Versicherten zu einem früheren Zeitpunkt geltend gemachten Kassenwechsel bedarf es keiner einstweiligen Anordngung.
S 13 KR 516/04.ER
Beschluss:
I. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihm abweichend von der Mindestbindungszeit aus § 175 Abs.4 Satz 1 SGB V unverzüglich eine Kündigungsbestätigung zum nächstmöglichen Monatswechsel auszustellen.
Der Antragsteller hatte die T BKK als eine der Rechtsvorgängerinnen der Antragsgegnerin ab dem 01.10.2003 gewählt. Der für ihn geltende allgemeine Beitragssatz betrug dort 12,8 %. Zum 01.04.2004 erfolgte die freiwillige Vereinigung der T BKK und der BKK B zur Antragsgegnerin. Der allgemeineBeitragssatz der BKK B betrug vor derVereinigung nach Angaben der Antragsgegnerin 15,2 %. Die Antragsgegnerin legte in ihrer Satzung einen allgemeinen Beitragssatz von 13,8 % fest.
Mit Schreiben vom 13.04.2004 erklärte der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin unter Berufung auf ein Sonderkündigungsrecht wegen Beitragssatzerhöhung die Kündigung seiner Mitgliedschaft zum nächstmöglichen Zeitpunkt und beantragte zugleich die Ausstellung einer Kündigungsbestätigung. Mit Bescheid vom 05.06.2004 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller unter Bezugnahme auf ein Rundschreiben des Bundesversicherungsamtes mit, dass ihrer Ansicht nach ein Sonderkündigungsrecht nicht bestehe und deshalb eine Kündigungsbestätigung nicht ausgestellt werden könne. Sie sei verpflichtet gewesen, in der für die neu entstandene Krankenkasse nach § 34 SGB IV zu erlassenden Satzung eigene, originäre Beitragssätze festzusetzen. Dieser Sachverhalt unterfalle nicht dem Tatbestandsmerkmal einer Beitragssatzerhöhung i.S.v. § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 12.07.2004 als unbegründet zurück.
Der Antragsteller hat am 22.07.2004 Klage zum Sozialgericht erhoben und zugleich die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Er ist der Ansicht, der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei erforderlich, da davon auszugehen sei, dass eine Entscheidung in der Hauptsache erst nach Ablauf der Mindestbindungsfrist von 18 Monaten getroffen werde. Er beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm unverzüglich eine Kündigungsbestätigung zum nächstmöglichen Monatswechsel auszustellen.
Nach der in anhängigen Parallelverfahren eingegangenen Stellungnahme der Antragsgegnerin ist diese der Ansicht, dass eine besondere Eilbedürftigkeit nicht gegeben sei. Die Auswirkungen eines vorzeitigen Krankenkassenwechsels seien für den Antragsteller rein finanzieller Natur. Für den Fall, dass der Antragsteller in der Hauptsache Erfolg habe, entstünde kein irreversibler Schaden, da die Antragsgegnerin dann zur Erstattung der möglicherweise zuviel gezahlten Beitragsteile verpflichtet wäre.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verfahrensakte des Gerichts Bezug genommen.
II.
Nach § 86b Abs.2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Beim Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung müssen ein Anordnungsanspruch, mithin der auch im Hauptsacheverfahren geltend zu machende materielle Anspruch, und ein Anordnungsgrund, mithin die Eilbedürftigkeit, vorliegen. Die hierfür erforderlichen Tatsachen sind glaubhaft zu machen. Hat eine Klage in der Hauptsache keinen Erfolg, ist ein durch eine einstweilige Anordnung zu schützendes Recht nicht vorhanden. Wenn umgekehrt der Erfolg der Klage wahrscheinlich ist, können die Anforderungen an den Anordnungsgrund geringer sein. Sind die Erfolgaussichten in der Hauptsache offen, so kommt es vor allem auf die Abwägung der betroffenen Interessen unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung und ihrer Dringlichkeit sowie der Folgen, die bei Erlass bzw. Nichterlass einer einstweiligen Anordnung eintreten würden – einschließlich der Möglichkeit bzw. Schwierigkeit, bei späterer abweichender Hauptsacheentscheidung die Folgen wieder rückgängig zu machen -, an. Dabei darf die einstweilige Anordnung grundsätzlich die endgültige Entscheidung nicht vorwegnehmen. Deswegen ist es in der Regel nicht zulässig, die Behörde zum Erlass eines im Hauptsacheverfahren beantragten bzw. zu beantragenden Verwaltungsakt zu verpflichten, es sei denn, dass ausnahmsweise existenzielle Beeinträchtigungen für den Antragsteller drohen und ihm deshalb ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar wäre. Nach diesen Grundsätzen war der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zurückzuweisen. Es mangelt vorliegend bereits an einem Anordnungsanspruch, das heißt materiell-rechtlich an dem geltend gemachten Sonderkündigungsrecht aus § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V. Die Klage in der Hauptsache hat keine überwiegende Aussicht auf Erfolg.
Die Modalitäten der Ausübung des Krankenkassenwahlrechts, insbesondere die Fragen, nach welchem Zeitablauf bzw. unter welchen weiteren Voraussetzungen das Wahlrecht erneut ausgeübt werden kann, sind in § 175 Abs.4 SGB V geregelt. Danach sind Versicherungspflichtige und Versicherungsberechtigte an die Wahl der Krankenkasse mindestens 18 Monate gebunden, wenn sie das Wahlrecht ab dem 01. Januar 2002 ausüben (Satz 1). Eine Kündigung der Mitgliedschaft ist zum Ablauf des übernächsten Kalendermonatsmöglich, gerechnet von dem Monat, in dem das Mitglied die Kündigung erklärt (Satz 2). Erhöht eine Krankenkasse ihren Beitragssatz, kann die Mitgliedschaft abweichend von Satz 1 zum Ablauf des auf das Inkrafttreten der Beitragserhöhung folgenden Kalendermonats gekündigt werden (Satz 5 in der zum 01.01.2004 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (GKV-GMG), BGBl. I S.2190).
Das Recht zur vorzeitigen Ausübung des Wahlrechts (sog. Sonderkündigungsrecht) nach § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V setzt danach voraus, dass "eine" (in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung: "die" (gewählte)) Krankenkasse "ihren" Beitragssatz erhöht. Die ursprünglich vom Antragsteller "gewählte" Krankenkasse, die T BKK als Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin, und die BKK B haben sich mit Wirkung zum 01.04.2004 freiwillig vereinigt. Nach §§ 150 Abs.2 Satz 1, 144 Abs.4 SGB V sind mit diesem Zeitpunkt die bisherigen Krankenkassen geschlossen, d. h. die rechtliche Existenz als öffentlich-rechtliche Körperschaft wurde beendet. Die neu entstandene Antragsgegnerin ist nach § 144 Abs.4 Satz 2 SGB V in die Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkassen eingetreten. Der Beitragssatz von 13,8 %, welcher den Antragsteller zur Kündigung veranlasst hat, ist erst zum 01.04.2004 in Kraft getreten. Es handelt sich daher nicht mehr um einen Beitragssatz der ursprünglich vom Antragsteller gewählten Krankenkasse, da diese bereits zum 31.03.2004 rechtlich aufgehört hat zu existieren. Eine Beitragssatzerhöhung durch die ursprünglich vom Antragsteller gewählte Krankenkasse ist damit nicht gegeben. In Bezug auf die Antragsgegnerin handelt es sich um die erstmalige Bestimmung des Beitragssatzes und daher ebenfalls nicht um eine Beitragssatzerhöhung im Rechtssinne.
Nach dem Gesetzeswortlaut sind Fälle der Änderung des Beitragssatzes aus Anlass einer Vereinigung von Krankenkassen nicht vom Sonderkündigungs- bzw. Sonderwahlrecht des § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V erfasst. Der in dieser Vorschrift verwandte Begriff "eine Krankenkasse" ist auch nicht mehrdeutig. Auf Grund der Eindeutigkeit des Wortlauts verbietet sich daher eine Anwendung dieser Vorschrift auf Fälle wie den vorliegenden im Wege der Auslegung. Der mögliche Wortsinn bildet schließlich die Grenze der Auslegung (BVerfGE 92,1,12). Dieser ist nicht nur der Ausgangspunkt für die richterliche Sinnermittlung, sondern steckt auch die nicht zu überschreitende Grenze der Auslegungstätigkeit ab. Soll diese Grenze überschritten werden, so kann das nicht durch Interpretation, sondern nur durch gesetzesergänzende oder gesetzesberichtigende Rechtsfortbildung, insbesondere durch "Lückenfüllung" geschehen (vgl. Zippelius, Juristische Methodenlehre, 6. Aufl., S.43). Für eine "Lückenfüllung" in diesem Sinne ist, worauf noch einzugehen sein wird, kein Raum.
Hielte man, entgegen der vom erkennenden Gericht vertretenen Auffassung, den Wortsinn der Begriffe "eine Krankenkasse" und "ihren Beitragssatz" nicht für eindeutig, ergäbe sich weder aus einer systematischen noch aus einer am Sinn und Zweck der Vorschrift des § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V orientierten Auslegung ein anderes Normverständnis.
Der Antragsteller nimmt für sich ein Sonderkündigungsrecht im Zusammenhang mit einer Vereinigung von Krankenkassen in Anspruch. Nach § 144 Abs.4 Satz 2 SGB V, welcher unmittelbar nur für die freiwillige Vereinigung von Ortskrankenkassen, jedoch entsprechend über §§ 150 Abs.2 Satz 1, 160 Abs.1 Satz 3, 168a Abs.1 Satz 3 SGB V auch für die freiwillige Vereinigung von Betriebs-, Innungs- und Ersatzkassen gilt, tritt die neue Krankenkasse in die Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkasse ein. Dies besagt jedoch im wesentlichen nur, dass der Versicherungspflichtige bzw. Versicherungsberechtigte nahtlos weiterhin einen seinem Versichertenstatus entsprechenden Versicherungsschutz als Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung nach Maßgabe des SGB V genießt. Leistungsansprüche für die Zeit vor der Vereinigung bestimmen sich nach dem Recht, insbesondere der Satzung, der Krankenkasse, die in der fraglichen Zeit zuständig war. Ab dem Zeitpunkt der Vereinigung ist für laufende Leistungsfälle die Satzung der neuen Krankenkasse maßgebend (Krauskopf-Baier, SozKV, § 144 SGB V Rdnr.24). Eine Pflicht der bisherigen Krankenkasse, der T BKK als Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin, dem Antragsteller auf Grund des zum 01.04.2004 in Kraft getretenen Beitragssatzes von 13,8 % ein Sonderkündigungsrecht einzuräumen, bestand aus den bereits dargelegten Gründen nicht. Folglich konnte die Antragsgegnerin auch nicht nach § 144 Abs.4 Satz 2 SGB V in eine entsprechende Pflicht ihrer Rechtsvorgängerin eintreten. Eine sich aus § 144 Abs.4 Satz 2 SGB V ergebende Pflicht, ein Sonderkündigungsrecht gegen sich gelten zu lassen, hätte für die Antragsgegnerin nur bestanden, wenn sich ein solches Recht für den Antragsteller bereits während seiner Mitgliedschaft bei der bisherigen Krankenkasse konkretisiert, d.h. aktuell ergeben hätte. Es kann in diesem Zusammenhang nichts anderes gelten als für andere, sich aus dem Mitgliedschaftsverhältnis ergebende Leistungsansprüche. So setzen etwa ein Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 SGB V oder ein Anspruch auf Zahlung von Krankengeld nach § 44 SGB V das aktuelle Vorliegen einer behandlungsbedürftigen Krankheit voraus. Es liegt auf der Hand, dass ein Versicherter nicht mit dem Vortrag gehört werden könnte, seine bisherige Mitgliedschaft habe einen Anspruch auf Krankengeld umfasst und deshalb müsse die neue Krankenkasse auf Grund der Regelung in § 144 Abs.4 Satz 2 SGB V ihm - unabhängig vom aktuellen Vorliegen einer Krankheit - Krankengeld zahlen. Folglich lässt sich aus dem systematischen Zusammenhang mit § 144 Abs.4 Satz 2 SGB V ein Sonderkündigungsrecht für den Antragsteller ebenfalls nicht herleiten.
Die Antragsgegnerin muss sich nach § 144 Abs.2 Satz 4 SGB V auch nicht die Beitragssätze ihrer Rechtsvorgängerinnen als Rechte der bisherigen Mitglieder anrechnen lassen. Ab dem Zeitpunkt der Vereinigung ist, wie bereits dargelegt, für laufende Leistungs- und Beitragsfälle die Satzung der neuen Krankenkasse maßgebend. Dies gilt insbesondere für den maßgeblichen Beitragssatz. Die neue Krankenkasse tritt nach § 144 Abs.2 Satz 4 SGB V nicht in die Pflicht ein, das Mitgliedschaftsverhältnis zu dem bisherigen Beitragssatz fortzusetzen. Einer Fortgeltung der unterschiedlichen Beitragssätze der bisherigen Krankenkassen dürfte zudem entgegenstehen, dass es den Krankenkassen grundsätzlich nicht gestattet ist, in ihren Satzungen über die in den §§ 241 ff. SGB V vorgeschriebenen hinaus weitere Beitragssätze vorzusehen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 10.05.1995, 1 RR 2/94 = SozR 3-2500 § 242 Nr.2). Unterschiedliche Beitragssätze bei derselben Einkommensart sowie die Fortgeltung von Beitragssätzen der bisherigen Krankenkassen setzen vielmehr das Vorliegen einer entsprechenden gesetzlichen Regelung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 18.12.2001, B 12 RA 2/01 R = SozR 3-2500 § 247 Nr.2 zu § 247 Abs.1 Satz 2 SGB V in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung). Eine derartige Regelung liegt für den vorliegenden Zusammenhang nicht vor. Muss bzw. kann sich die Antragsgegnerin mithin den Beitragssatz ihrer Rechtsvorgängerinnen nicht als eigenen anrechnen bzw. diesen gegen sich gelten lassen, scheidet auch das Vorliegen einer auf die Antragsgegnerin bezogenen Beitragssatzerhöhung im Sinne von § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V durch in Kraft treten des neuen Beitragssatzes zum 01.04.2004 aus.
Auch bei einer am Sinn und Zweck der Regelung des § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V orientierten Auslegung ergibt sich für den Antragsteller vorliegend kein Sonderkündigungsrecht. Die durch das 1. GKV-Neuordnungsgesetz (1. NOG) vom 23.06.1997 (BGBl. I S.1518) zum 01.07.1997 eingeführte Möglichkeit des vorzeitigen Kassenwechsels nach § 175 Abs.4 Satz 3 SGB V sollte nach dem Willen des Gesetzgebers das Erhöhen von Beitragssätzen erschweren und das Interesse der Versicherten an der Höhe des aktuellen Beitragssatzes ihrer Krankenkasse und das Interesse der Krankenkasse an einer Ausschöpfung aller Wirtschaftlichkeitsspielräume stärken und miteinander verbinden (BT-Drucks. 13/5724). Auch die durch das Gesetz zur Neuregelung der Krankenkassenwahlrechte vom 27.07.2001 (BGBl. I S.1946) zum 01.01.2002 in Kraft getretene Neufassung des § 175 Abs.4 SGB V sollte die Anreize für die Krankenkassen, sich um eine möglichst wirtschaftliche Leistungserbringung und Verwaltung zu bemühen und Beitragssatzerhöhungen erst dann vorzunehmen, wenn keine andere Möglichkeit zur Deckung eines Finanzbedarf besteht, weiter verstärken (BT-Drucks. 14/6568). Auf der anderen Seite dient die Vereinigung von Krankenkassen der Verbesserung der Leistungsfähigkeit der betroffenen Krankenkassen. Dies soll dadurch bewirkt werden, dass die Aufgaben der beteiligten Krankenkassen durch die Vereinigung wirtschaftlicher wahrgenommen werden können und sich zugleich ihre Wettbewerbsfähigkeit zu konkurrierenden Kassen verbessert (vgl. u.a. BT-Drucks. 12/3608). Sowohl die vorzeitige Wahlrechtsmöglichkeit bei Beitragssatzerhöhungen als auch die Vereinigung von Krankenkassen dienen mithin der Wirtschaftlichkeit und der Wettbewerbsfähigkeit. Im Rahmen der Vereinigung mehrerer Krankenkassen wird sich eine am Beitragssatz messbare Verbesserung der Leistungsfähigkeit zwangsläufig nur bei einem Teil der betroffenen Krankenkassen und damit einem Teil der betroffenen Mitglieder ergeben können. Räumte man aus Anlass einer Vereinigung von Krankenkassen mit – im Vergleich zu sämtlichen bisherigen Beitragssätzen - notwendiger Veränderung des Beitragssatzes denjenigen Versicherten, für die sich der geänderte Beitragssatz nachteilig auswirkt, ein Sonderkündigungs- bzw. vorzeitiges Wahlrecht ein und machten diese hiervon – wie im vorliegenden Falle der Vereinigung der T BKK mit der BKK B – in großem Umfang Gebrauch, liefe dies den mit den gesetzlichen Regelungen zur Krankenkassenvereinigung verfolgten Zielen der Verbesserung von Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit zuwider. Eine weitgehende Erhaltung des Mitgliederbestandes wäre dann nur durch eine Reduzierung des Beitragssatzes auf den "kleinsten gemeinsamen Nenner" zu gewährleisten, ohne dass dieser flächendeckend niedrigere Beitragssatz auf Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten basierte.
Schließlich steht es den Krankenkassen nicht in jedem Fall frei, zu wählen, ob und gegebenenfalls mit welchen Wettbewerbern sie sich zusammenschließen. Die freiwillige Vereinigung stellt nur eine Möglichkeit der Vereinigung von Krankenkassen dar. Daneben sieht das Gesetz Vereinigungen ohne bzw. gegen den Willen der betroffenen Krankenkassen vor (u.a. in §§ 145 SGB V, 150 Abs.2 Satz 2, 160 Abs.2 und 3, 168a Abs.2 Satz 2 SGB V). Hier liegen die mit der Vereinigung einhergehenden Risiken einer veränderten Mitgliederstruktur und einer anderen Kalkulationsbasis nicht in der Sphäre und Entscheidungsgewalt der einzelnen fusionierenden Krankenkasse. Hier greift der Gedanke, dass das Sonderkündigungsrecht Anreize für die Krankenkassen verstärken soll, sich um eine möglichst wirtschaftliche Leistungserbringung und Verwaltung zu bemühen und Beitragssatzerhöhungen erst dann vorzunehmen, wenn keine andere Möglichkeit zur Deckung eines Finanzbedarf besteht, nicht. Es ist zudem bekannt, dass sich in der Vergangenheit betroffene Krankenkassen, die im Vergleich zu den übrigen von der Vereinigung betroffenen Krankenkassen leistungsfähiger waren und einen günstigeren Beitragssatz aufwiesen, gegen derartige "zwangsweise" Vereinigungen - auch unter Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes – zur Wehr gesetzt haben. In diesen Fällen läge es fern, diesen Krankenkassen nach einer Vereinigung den Vorwurf zu machen, sie hätten die Höhe des Beitragssatzes in der Hand gehabt bzw. die Vereinigung "treuwidrig" zur Beitragssatzerhöhung ausgenutzt.
Ein weiterer Fall, in welchem es nicht vom Verhalten der Krankenkassen abhängt, ob sich der bestehende Beitragssatz verändert, ist der der Rechtskreisangleichung. Mit dem Gesetz der Rechtsangleichung vom 22.12.1999 (BGBl. I S.2657) wurde die getrennte Haushaltsplanung sowie die getrennte Rechnungslegung und damit auch die getrennte Festlegung von Beitragssätzen in den Bereichen Ost und West für bundesweit zuständige Krankenkassen beendet. Es handelte sich um einen wesentlichen Beitrag zur Vollendung des Angleichungsprozesses im Gesundheitswesen. Die Rechtsangleichung wurde als wichtiger Beitrag zur Vereinfachung der gesetzlichen Bestimmungen der sozialen Krankenversicherung und zum Abbau nicht mehr erforderlicher bürokratischer Hemmnisse zweier unterschiedlicher Rechtskreise gewertet (BT-Drucks. 14/1977 und 14/1245). Auf Grund der Unterschiedlichkeit der Beitragssätze in den ehemaligen Rechtskreisen musste der Beitragssatz zwangsläufig für einen Teil der Mitglieder ansteigen und für einen anderen Teil sinken. Auch hier greift der das Sonderkündigungsrecht aus § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V tragende Gedanke nicht (vgl. hierzu SG Chemnitz, Urteil vom 20.06.2002, Az: S 13 KR 54/01).
Aus dem Vorgenannten ist ersichtlich, dass es für das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Sonderkündigungsrecht nicht allein und entscheidend auf die Perspektive des Mitgliedes ankommen kann. So war es nach dem Willen des Gesetzgebers bei der zum 01.07.1997 eingeführten Möglichkeit des vorzeitigen Kassenwechsels nach § 175 Abs.4 Satz 3 SGB V auch unmaßgeblich, ob das Mitglied von der Erhöhung der Beiträge unmittelbar betroffen ist (BT-Drucks. a.a.O.). Eine Differenzierung danach, ob eine freiwillige oder eine "zwangsweise" Vereinigung vorliegt, ob der neue Beitragssatz auf das eigenverantwortliche Verhalten einzelner oder aller bisherigen Krankenkassen zurückzuführen ist und ob die Festsetzung eines höheren Beitragssatzes in der Satzung der neuen Krankenkasse eine "treuwidrige Umgehung" des Sonderkündigungsrechts darstellt, ist im Gesetz nicht angelegt und zudem praktisch nicht handhabbar. Es kann daher dahinstehen, ob die T BKK als Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin – wofür die vorliegenden Unterlagen durchaus sprechen – auch ohne Fusionierung ihren eigenen Beitragssatz erhöht hätte. Die inneren Beweggründe für das Verhalten eines Leistungsträgers sind im öffentlich-rechtlichen Sozialversicherungsrecht regelmäßig kein tauglicher Anknüpfungspunkt für die Frage der Anwendbarkeit einer Rechtsnorm des Leistungs- oder Beitragsrechts. Entscheidend für die Anwendbarkeit des § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V bleibt daher allein, ob "eine Krankenkasse ihren Beitragssatz" im Wege der Änderung ihrer Satzung erhöht hat. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Nachdem sich ein Sonderkündigungsrecht für den Antragsteller weder im Wege einer grammatikalischen oder systematischen noch einer teleologischen Auslegung des § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V herleiten lässt, scheitert auch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf den vorliegenden Fall. Unter Analogie versteht man allgemein die Übertragung der für einen oder mehrere bestimmte Tatbestände im Gesetz vorgesehenen Regelung auf einen anderen, nicht geregelten aber rechtsähnlichen und vergleichbaren Tatbestand. Dies setzt voraus, dass das Gesetz für eine bestimmte Fallgestaltung keine Regelung enthält, also lückenhaft ist, und dass diese Lücke planwidrig ist, also der Gesetzgeber vor dem Hintergrund des dem Gesetz zugrunde liegenden Regelungsplanes ein regelungsbedürftiges Problem übersehen hat. Die genannten Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, da der vorliegende und der in § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V geregelte Fall nicht rechtsähnlich sind und das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke nicht anzunehmen ist. Die Antragsgegnerin als aus der Vereinigung der bisherigen Krankenkassen hervorgegangene neue Krankenkasse musste sich nach § 34 Abs.1 SGB IV eine neue, eigene Satzung geben. Diese Satzung musste nach § 194 Abs.1 Nr.4 SGB V u.a. eine Bestimmung über die Höhe der Beiträge enthalten. Auf Grund der Unterschiedlichkeit der Beitragssätze in den aufgelösten Krankenkassen (12,8 % bei der vormaligen T BKK, 15,2 % bei der BKK B) musste ein neuer, geänderter Beitragssatz festgelegt werden. Dieser Fall ist nicht rechtsähnlich oder vergleichbar mit dem in § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V geregelten Fall, da sich bei ein und derselben Krankenkasse der Beitragssatz nicht zwangsläufig zu einem bestimmten Zeitpunkt ändern muss. Neben der fehlenden Rechtsähnlichkeit des vorliegenden Falles ist auch eine auf diesen bezogene planwidrige Regelungslücke nicht anzunehmen. Abgesehen davon, dass es dem Plan des Gesetzgebers gerade entsprechen dürfte, bei einer der Verbesserung von Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit dienenden Vereinigung von Krankenkassen diese nicht durch das Risiko einer massiven Mitgliederabwanderung bzw. einer flächendeckenden Beitragssatzabsenkung zu gefährden, ist nicht anzunehmen, dass dem Gesetzgeber das seit längerer Zeit nicht nur in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung behandelte Problem des Sonderkündigungsrechts bei Krankenkassenvereinigungen unbekannt war. Hätte der Gesetzgeber diese umstrittenen Fallgestaltung dem Sonderkündigungsrecht zuordnen wollen, hätte es nahegelegen, anlässlich der mit dem GKV-GMG zum 01.01.2004 vorgenommenen Änderung des § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V eine Regelung zu dieser Fallgestaltung zu treffen. Für eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf den vorliegenden Fall ist daher kein Raum.
Abgesehen von einem fehlenden Anordnungsanspruch liegt auch ein Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit zur Abwendung wesentlicher Nachteile nicht vor. Es sind keine wesentlichen, existenziellen Nachteile für den Antragsteller ersichtlich, die nur durch eine vorläufig wirkende Anordnung abgewendet werden könnten. In der Sache wird darum gestritten, ob der Antragsteller bis zum Ablauf der Mindestbindungsfrist von 18 Monaten, d.h. für lediglich maximal weitere neun Monate, bei der Antragsgegnerin zu einem Beitragssatz von 13,8 % (statt zuvor 12,8 %) versichert ist oder ob seine Mitgliedschaft auch für diesen Zeitraum bei einer anderen gesetzlichen Krankenkasse zu einem günstigeren Beitragssatz fortgeführt werden kann. Unter Berücksichtigung dieses Sachverhalts sowie des Umstandes, dass versicherungspflichtig Beschäftigte nach § 249 Abs.1 SGB V den Beitrag nur zur Hälfte zu tragen hat und sich von daher eine Beitragssatzdifferenz bei unterschiedlichen Krankenkassen für diesen Personenkreis nur in Höhe der Hälfte finanziell auswirkt, liegt es nach Auffassung des Gerichts auf der Hand, dass existenzielle Belange des Antragstellers nicht betroffen sind.
Zudem ist der potentielle, geringe finanzielle Schaden des Antragstellers – die Rechtswidrigkeit der Entscheidung der Antragsgegnerin unterstellt – nicht irreversibel. Hat eine Krankenkasse – wie hier – die Ausstellung einer Kündigungsbestätigung unter Hinweis auf die fehlende Zulässigkeit der Kündigung abgelehnt und stellt sich im Hauptsacheverfahren heraus, dass diese Ablehnung zu Unrecht erfolgt ist, ist dem Versicherten wegen des Nachweises der Mitgliedsbescheinigung innerhalb der Kündigungsfrist (§ 175 Abs.4 Satz 4 SGB V) regelmäßig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 23.02.2004, Az: L 1 B 1/04 KR-ER). Der Nachweis über die Wahlrechtsausübung gegenüber der neuen Krankenkasse ist dann ausreichend. Auch die Antragsgegnerin ist erkennbar der Auffassung, dass sie im Falle ihres Unterliegens in der Hauptsache verpflichtet wäre, möglicherweise zuviel gezahlte Beitragsteile an den Antragsteller zu erstatten. Eine besondere Eilbedürftigkeit besteht mithin nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Beschluss:
I. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihm abweichend von der Mindestbindungszeit aus § 175 Abs.4 Satz 1 SGB V unverzüglich eine Kündigungsbestätigung zum nächstmöglichen Monatswechsel auszustellen.
Der Antragsteller hatte die T BKK als eine der Rechtsvorgängerinnen der Antragsgegnerin ab dem 01.10.2003 gewählt. Der für ihn geltende allgemeine Beitragssatz betrug dort 12,8 %. Zum 01.04.2004 erfolgte die freiwillige Vereinigung der T BKK und der BKK B zur Antragsgegnerin. Der allgemeineBeitragssatz der BKK B betrug vor derVereinigung nach Angaben der Antragsgegnerin 15,2 %. Die Antragsgegnerin legte in ihrer Satzung einen allgemeinen Beitragssatz von 13,8 % fest.
Mit Schreiben vom 13.04.2004 erklärte der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin unter Berufung auf ein Sonderkündigungsrecht wegen Beitragssatzerhöhung die Kündigung seiner Mitgliedschaft zum nächstmöglichen Zeitpunkt und beantragte zugleich die Ausstellung einer Kündigungsbestätigung. Mit Bescheid vom 05.06.2004 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller unter Bezugnahme auf ein Rundschreiben des Bundesversicherungsamtes mit, dass ihrer Ansicht nach ein Sonderkündigungsrecht nicht bestehe und deshalb eine Kündigungsbestätigung nicht ausgestellt werden könne. Sie sei verpflichtet gewesen, in der für die neu entstandene Krankenkasse nach § 34 SGB IV zu erlassenden Satzung eigene, originäre Beitragssätze festzusetzen. Dieser Sachverhalt unterfalle nicht dem Tatbestandsmerkmal einer Beitragssatzerhöhung i.S.v. § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 12.07.2004 als unbegründet zurück.
Der Antragsteller hat am 22.07.2004 Klage zum Sozialgericht erhoben und zugleich die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Er ist der Ansicht, der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei erforderlich, da davon auszugehen sei, dass eine Entscheidung in der Hauptsache erst nach Ablauf der Mindestbindungsfrist von 18 Monaten getroffen werde. Er beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm unverzüglich eine Kündigungsbestätigung zum nächstmöglichen Monatswechsel auszustellen.
Nach der in anhängigen Parallelverfahren eingegangenen Stellungnahme der Antragsgegnerin ist diese der Ansicht, dass eine besondere Eilbedürftigkeit nicht gegeben sei. Die Auswirkungen eines vorzeitigen Krankenkassenwechsels seien für den Antragsteller rein finanzieller Natur. Für den Fall, dass der Antragsteller in der Hauptsache Erfolg habe, entstünde kein irreversibler Schaden, da die Antragsgegnerin dann zur Erstattung der möglicherweise zuviel gezahlten Beitragsteile verpflichtet wäre.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verfahrensakte des Gerichts Bezug genommen.
II.
Nach § 86b Abs.2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Beim Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung müssen ein Anordnungsanspruch, mithin der auch im Hauptsacheverfahren geltend zu machende materielle Anspruch, und ein Anordnungsgrund, mithin die Eilbedürftigkeit, vorliegen. Die hierfür erforderlichen Tatsachen sind glaubhaft zu machen. Hat eine Klage in der Hauptsache keinen Erfolg, ist ein durch eine einstweilige Anordnung zu schützendes Recht nicht vorhanden. Wenn umgekehrt der Erfolg der Klage wahrscheinlich ist, können die Anforderungen an den Anordnungsgrund geringer sein. Sind die Erfolgaussichten in der Hauptsache offen, so kommt es vor allem auf die Abwägung der betroffenen Interessen unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung und ihrer Dringlichkeit sowie der Folgen, die bei Erlass bzw. Nichterlass einer einstweiligen Anordnung eintreten würden – einschließlich der Möglichkeit bzw. Schwierigkeit, bei späterer abweichender Hauptsacheentscheidung die Folgen wieder rückgängig zu machen -, an. Dabei darf die einstweilige Anordnung grundsätzlich die endgültige Entscheidung nicht vorwegnehmen. Deswegen ist es in der Regel nicht zulässig, die Behörde zum Erlass eines im Hauptsacheverfahren beantragten bzw. zu beantragenden Verwaltungsakt zu verpflichten, es sei denn, dass ausnahmsweise existenzielle Beeinträchtigungen für den Antragsteller drohen und ihm deshalb ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar wäre. Nach diesen Grundsätzen war der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zurückzuweisen. Es mangelt vorliegend bereits an einem Anordnungsanspruch, das heißt materiell-rechtlich an dem geltend gemachten Sonderkündigungsrecht aus § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V. Die Klage in der Hauptsache hat keine überwiegende Aussicht auf Erfolg.
Die Modalitäten der Ausübung des Krankenkassenwahlrechts, insbesondere die Fragen, nach welchem Zeitablauf bzw. unter welchen weiteren Voraussetzungen das Wahlrecht erneut ausgeübt werden kann, sind in § 175 Abs.4 SGB V geregelt. Danach sind Versicherungspflichtige und Versicherungsberechtigte an die Wahl der Krankenkasse mindestens 18 Monate gebunden, wenn sie das Wahlrecht ab dem 01. Januar 2002 ausüben (Satz 1). Eine Kündigung der Mitgliedschaft ist zum Ablauf des übernächsten Kalendermonatsmöglich, gerechnet von dem Monat, in dem das Mitglied die Kündigung erklärt (Satz 2). Erhöht eine Krankenkasse ihren Beitragssatz, kann die Mitgliedschaft abweichend von Satz 1 zum Ablauf des auf das Inkrafttreten der Beitragserhöhung folgenden Kalendermonats gekündigt werden (Satz 5 in der zum 01.01.2004 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (GKV-GMG), BGBl. I S.2190).
Das Recht zur vorzeitigen Ausübung des Wahlrechts (sog. Sonderkündigungsrecht) nach § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V setzt danach voraus, dass "eine" (in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung: "die" (gewählte)) Krankenkasse "ihren" Beitragssatz erhöht. Die ursprünglich vom Antragsteller "gewählte" Krankenkasse, die T BKK als Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin, und die BKK B haben sich mit Wirkung zum 01.04.2004 freiwillig vereinigt. Nach §§ 150 Abs.2 Satz 1, 144 Abs.4 SGB V sind mit diesem Zeitpunkt die bisherigen Krankenkassen geschlossen, d. h. die rechtliche Existenz als öffentlich-rechtliche Körperschaft wurde beendet. Die neu entstandene Antragsgegnerin ist nach § 144 Abs.4 Satz 2 SGB V in die Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkassen eingetreten. Der Beitragssatz von 13,8 %, welcher den Antragsteller zur Kündigung veranlasst hat, ist erst zum 01.04.2004 in Kraft getreten. Es handelt sich daher nicht mehr um einen Beitragssatz der ursprünglich vom Antragsteller gewählten Krankenkasse, da diese bereits zum 31.03.2004 rechtlich aufgehört hat zu existieren. Eine Beitragssatzerhöhung durch die ursprünglich vom Antragsteller gewählte Krankenkasse ist damit nicht gegeben. In Bezug auf die Antragsgegnerin handelt es sich um die erstmalige Bestimmung des Beitragssatzes und daher ebenfalls nicht um eine Beitragssatzerhöhung im Rechtssinne.
Nach dem Gesetzeswortlaut sind Fälle der Änderung des Beitragssatzes aus Anlass einer Vereinigung von Krankenkassen nicht vom Sonderkündigungs- bzw. Sonderwahlrecht des § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V erfasst. Der in dieser Vorschrift verwandte Begriff "eine Krankenkasse" ist auch nicht mehrdeutig. Auf Grund der Eindeutigkeit des Wortlauts verbietet sich daher eine Anwendung dieser Vorschrift auf Fälle wie den vorliegenden im Wege der Auslegung. Der mögliche Wortsinn bildet schließlich die Grenze der Auslegung (BVerfGE 92,1,12). Dieser ist nicht nur der Ausgangspunkt für die richterliche Sinnermittlung, sondern steckt auch die nicht zu überschreitende Grenze der Auslegungstätigkeit ab. Soll diese Grenze überschritten werden, so kann das nicht durch Interpretation, sondern nur durch gesetzesergänzende oder gesetzesberichtigende Rechtsfortbildung, insbesondere durch "Lückenfüllung" geschehen (vgl. Zippelius, Juristische Methodenlehre, 6. Aufl., S.43). Für eine "Lückenfüllung" in diesem Sinne ist, worauf noch einzugehen sein wird, kein Raum.
Hielte man, entgegen der vom erkennenden Gericht vertretenen Auffassung, den Wortsinn der Begriffe "eine Krankenkasse" und "ihren Beitragssatz" nicht für eindeutig, ergäbe sich weder aus einer systematischen noch aus einer am Sinn und Zweck der Vorschrift des § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V orientierten Auslegung ein anderes Normverständnis.
Der Antragsteller nimmt für sich ein Sonderkündigungsrecht im Zusammenhang mit einer Vereinigung von Krankenkassen in Anspruch. Nach § 144 Abs.4 Satz 2 SGB V, welcher unmittelbar nur für die freiwillige Vereinigung von Ortskrankenkassen, jedoch entsprechend über §§ 150 Abs.2 Satz 1, 160 Abs.1 Satz 3, 168a Abs.1 Satz 3 SGB V auch für die freiwillige Vereinigung von Betriebs-, Innungs- und Ersatzkassen gilt, tritt die neue Krankenkasse in die Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkasse ein. Dies besagt jedoch im wesentlichen nur, dass der Versicherungspflichtige bzw. Versicherungsberechtigte nahtlos weiterhin einen seinem Versichertenstatus entsprechenden Versicherungsschutz als Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung nach Maßgabe des SGB V genießt. Leistungsansprüche für die Zeit vor der Vereinigung bestimmen sich nach dem Recht, insbesondere der Satzung, der Krankenkasse, die in der fraglichen Zeit zuständig war. Ab dem Zeitpunkt der Vereinigung ist für laufende Leistungsfälle die Satzung der neuen Krankenkasse maßgebend (Krauskopf-Baier, SozKV, § 144 SGB V Rdnr.24). Eine Pflicht der bisherigen Krankenkasse, der T BKK als Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin, dem Antragsteller auf Grund des zum 01.04.2004 in Kraft getretenen Beitragssatzes von 13,8 % ein Sonderkündigungsrecht einzuräumen, bestand aus den bereits dargelegten Gründen nicht. Folglich konnte die Antragsgegnerin auch nicht nach § 144 Abs.4 Satz 2 SGB V in eine entsprechende Pflicht ihrer Rechtsvorgängerin eintreten. Eine sich aus § 144 Abs.4 Satz 2 SGB V ergebende Pflicht, ein Sonderkündigungsrecht gegen sich gelten zu lassen, hätte für die Antragsgegnerin nur bestanden, wenn sich ein solches Recht für den Antragsteller bereits während seiner Mitgliedschaft bei der bisherigen Krankenkasse konkretisiert, d.h. aktuell ergeben hätte. Es kann in diesem Zusammenhang nichts anderes gelten als für andere, sich aus dem Mitgliedschaftsverhältnis ergebende Leistungsansprüche. So setzen etwa ein Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 SGB V oder ein Anspruch auf Zahlung von Krankengeld nach § 44 SGB V das aktuelle Vorliegen einer behandlungsbedürftigen Krankheit voraus. Es liegt auf der Hand, dass ein Versicherter nicht mit dem Vortrag gehört werden könnte, seine bisherige Mitgliedschaft habe einen Anspruch auf Krankengeld umfasst und deshalb müsse die neue Krankenkasse auf Grund der Regelung in § 144 Abs.4 Satz 2 SGB V ihm - unabhängig vom aktuellen Vorliegen einer Krankheit - Krankengeld zahlen. Folglich lässt sich aus dem systematischen Zusammenhang mit § 144 Abs.4 Satz 2 SGB V ein Sonderkündigungsrecht für den Antragsteller ebenfalls nicht herleiten.
Die Antragsgegnerin muss sich nach § 144 Abs.2 Satz 4 SGB V auch nicht die Beitragssätze ihrer Rechtsvorgängerinnen als Rechte der bisherigen Mitglieder anrechnen lassen. Ab dem Zeitpunkt der Vereinigung ist, wie bereits dargelegt, für laufende Leistungs- und Beitragsfälle die Satzung der neuen Krankenkasse maßgebend. Dies gilt insbesondere für den maßgeblichen Beitragssatz. Die neue Krankenkasse tritt nach § 144 Abs.2 Satz 4 SGB V nicht in die Pflicht ein, das Mitgliedschaftsverhältnis zu dem bisherigen Beitragssatz fortzusetzen. Einer Fortgeltung der unterschiedlichen Beitragssätze der bisherigen Krankenkassen dürfte zudem entgegenstehen, dass es den Krankenkassen grundsätzlich nicht gestattet ist, in ihren Satzungen über die in den §§ 241 ff. SGB V vorgeschriebenen hinaus weitere Beitragssätze vorzusehen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 10.05.1995, 1 RR 2/94 = SozR 3-2500 § 242 Nr.2). Unterschiedliche Beitragssätze bei derselben Einkommensart sowie die Fortgeltung von Beitragssätzen der bisherigen Krankenkassen setzen vielmehr das Vorliegen einer entsprechenden gesetzlichen Regelung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 18.12.2001, B 12 RA 2/01 R = SozR 3-2500 § 247 Nr.2 zu § 247 Abs.1 Satz 2 SGB V in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung). Eine derartige Regelung liegt für den vorliegenden Zusammenhang nicht vor. Muss bzw. kann sich die Antragsgegnerin mithin den Beitragssatz ihrer Rechtsvorgängerinnen nicht als eigenen anrechnen bzw. diesen gegen sich gelten lassen, scheidet auch das Vorliegen einer auf die Antragsgegnerin bezogenen Beitragssatzerhöhung im Sinne von § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V durch in Kraft treten des neuen Beitragssatzes zum 01.04.2004 aus.
Auch bei einer am Sinn und Zweck der Regelung des § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V orientierten Auslegung ergibt sich für den Antragsteller vorliegend kein Sonderkündigungsrecht. Die durch das 1. GKV-Neuordnungsgesetz (1. NOG) vom 23.06.1997 (BGBl. I S.1518) zum 01.07.1997 eingeführte Möglichkeit des vorzeitigen Kassenwechsels nach § 175 Abs.4 Satz 3 SGB V sollte nach dem Willen des Gesetzgebers das Erhöhen von Beitragssätzen erschweren und das Interesse der Versicherten an der Höhe des aktuellen Beitragssatzes ihrer Krankenkasse und das Interesse der Krankenkasse an einer Ausschöpfung aller Wirtschaftlichkeitsspielräume stärken und miteinander verbinden (BT-Drucks. 13/5724). Auch die durch das Gesetz zur Neuregelung der Krankenkassenwahlrechte vom 27.07.2001 (BGBl. I S.1946) zum 01.01.2002 in Kraft getretene Neufassung des § 175 Abs.4 SGB V sollte die Anreize für die Krankenkassen, sich um eine möglichst wirtschaftliche Leistungserbringung und Verwaltung zu bemühen und Beitragssatzerhöhungen erst dann vorzunehmen, wenn keine andere Möglichkeit zur Deckung eines Finanzbedarf besteht, weiter verstärken (BT-Drucks. 14/6568). Auf der anderen Seite dient die Vereinigung von Krankenkassen der Verbesserung der Leistungsfähigkeit der betroffenen Krankenkassen. Dies soll dadurch bewirkt werden, dass die Aufgaben der beteiligten Krankenkassen durch die Vereinigung wirtschaftlicher wahrgenommen werden können und sich zugleich ihre Wettbewerbsfähigkeit zu konkurrierenden Kassen verbessert (vgl. u.a. BT-Drucks. 12/3608). Sowohl die vorzeitige Wahlrechtsmöglichkeit bei Beitragssatzerhöhungen als auch die Vereinigung von Krankenkassen dienen mithin der Wirtschaftlichkeit und der Wettbewerbsfähigkeit. Im Rahmen der Vereinigung mehrerer Krankenkassen wird sich eine am Beitragssatz messbare Verbesserung der Leistungsfähigkeit zwangsläufig nur bei einem Teil der betroffenen Krankenkassen und damit einem Teil der betroffenen Mitglieder ergeben können. Räumte man aus Anlass einer Vereinigung von Krankenkassen mit – im Vergleich zu sämtlichen bisherigen Beitragssätzen - notwendiger Veränderung des Beitragssatzes denjenigen Versicherten, für die sich der geänderte Beitragssatz nachteilig auswirkt, ein Sonderkündigungs- bzw. vorzeitiges Wahlrecht ein und machten diese hiervon – wie im vorliegenden Falle der Vereinigung der T BKK mit der BKK B – in großem Umfang Gebrauch, liefe dies den mit den gesetzlichen Regelungen zur Krankenkassenvereinigung verfolgten Zielen der Verbesserung von Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit zuwider. Eine weitgehende Erhaltung des Mitgliederbestandes wäre dann nur durch eine Reduzierung des Beitragssatzes auf den "kleinsten gemeinsamen Nenner" zu gewährleisten, ohne dass dieser flächendeckend niedrigere Beitragssatz auf Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten basierte.
Schließlich steht es den Krankenkassen nicht in jedem Fall frei, zu wählen, ob und gegebenenfalls mit welchen Wettbewerbern sie sich zusammenschließen. Die freiwillige Vereinigung stellt nur eine Möglichkeit der Vereinigung von Krankenkassen dar. Daneben sieht das Gesetz Vereinigungen ohne bzw. gegen den Willen der betroffenen Krankenkassen vor (u.a. in §§ 145 SGB V, 150 Abs.2 Satz 2, 160 Abs.2 und 3, 168a Abs.2 Satz 2 SGB V). Hier liegen die mit der Vereinigung einhergehenden Risiken einer veränderten Mitgliederstruktur und einer anderen Kalkulationsbasis nicht in der Sphäre und Entscheidungsgewalt der einzelnen fusionierenden Krankenkasse. Hier greift der Gedanke, dass das Sonderkündigungsrecht Anreize für die Krankenkassen verstärken soll, sich um eine möglichst wirtschaftliche Leistungserbringung und Verwaltung zu bemühen und Beitragssatzerhöhungen erst dann vorzunehmen, wenn keine andere Möglichkeit zur Deckung eines Finanzbedarf besteht, nicht. Es ist zudem bekannt, dass sich in der Vergangenheit betroffene Krankenkassen, die im Vergleich zu den übrigen von der Vereinigung betroffenen Krankenkassen leistungsfähiger waren und einen günstigeren Beitragssatz aufwiesen, gegen derartige "zwangsweise" Vereinigungen - auch unter Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes – zur Wehr gesetzt haben. In diesen Fällen läge es fern, diesen Krankenkassen nach einer Vereinigung den Vorwurf zu machen, sie hätten die Höhe des Beitragssatzes in der Hand gehabt bzw. die Vereinigung "treuwidrig" zur Beitragssatzerhöhung ausgenutzt.
Ein weiterer Fall, in welchem es nicht vom Verhalten der Krankenkassen abhängt, ob sich der bestehende Beitragssatz verändert, ist der der Rechtskreisangleichung. Mit dem Gesetz der Rechtsangleichung vom 22.12.1999 (BGBl. I S.2657) wurde die getrennte Haushaltsplanung sowie die getrennte Rechnungslegung und damit auch die getrennte Festlegung von Beitragssätzen in den Bereichen Ost und West für bundesweit zuständige Krankenkassen beendet. Es handelte sich um einen wesentlichen Beitrag zur Vollendung des Angleichungsprozesses im Gesundheitswesen. Die Rechtsangleichung wurde als wichtiger Beitrag zur Vereinfachung der gesetzlichen Bestimmungen der sozialen Krankenversicherung und zum Abbau nicht mehr erforderlicher bürokratischer Hemmnisse zweier unterschiedlicher Rechtskreise gewertet (BT-Drucks. 14/1977 und 14/1245). Auf Grund der Unterschiedlichkeit der Beitragssätze in den ehemaligen Rechtskreisen musste der Beitragssatz zwangsläufig für einen Teil der Mitglieder ansteigen und für einen anderen Teil sinken. Auch hier greift der das Sonderkündigungsrecht aus § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V tragende Gedanke nicht (vgl. hierzu SG Chemnitz, Urteil vom 20.06.2002, Az: S 13 KR 54/01).
Aus dem Vorgenannten ist ersichtlich, dass es für das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Sonderkündigungsrecht nicht allein und entscheidend auf die Perspektive des Mitgliedes ankommen kann. So war es nach dem Willen des Gesetzgebers bei der zum 01.07.1997 eingeführten Möglichkeit des vorzeitigen Kassenwechsels nach § 175 Abs.4 Satz 3 SGB V auch unmaßgeblich, ob das Mitglied von der Erhöhung der Beiträge unmittelbar betroffen ist (BT-Drucks. a.a.O.). Eine Differenzierung danach, ob eine freiwillige oder eine "zwangsweise" Vereinigung vorliegt, ob der neue Beitragssatz auf das eigenverantwortliche Verhalten einzelner oder aller bisherigen Krankenkassen zurückzuführen ist und ob die Festsetzung eines höheren Beitragssatzes in der Satzung der neuen Krankenkasse eine "treuwidrige Umgehung" des Sonderkündigungsrechts darstellt, ist im Gesetz nicht angelegt und zudem praktisch nicht handhabbar. Es kann daher dahinstehen, ob die T BKK als Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin – wofür die vorliegenden Unterlagen durchaus sprechen – auch ohne Fusionierung ihren eigenen Beitragssatz erhöht hätte. Die inneren Beweggründe für das Verhalten eines Leistungsträgers sind im öffentlich-rechtlichen Sozialversicherungsrecht regelmäßig kein tauglicher Anknüpfungspunkt für die Frage der Anwendbarkeit einer Rechtsnorm des Leistungs- oder Beitragsrechts. Entscheidend für die Anwendbarkeit des § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V bleibt daher allein, ob "eine Krankenkasse ihren Beitragssatz" im Wege der Änderung ihrer Satzung erhöht hat. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Nachdem sich ein Sonderkündigungsrecht für den Antragsteller weder im Wege einer grammatikalischen oder systematischen noch einer teleologischen Auslegung des § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V herleiten lässt, scheitert auch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf den vorliegenden Fall. Unter Analogie versteht man allgemein die Übertragung der für einen oder mehrere bestimmte Tatbestände im Gesetz vorgesehenen Regelung auf einen anderen, nicht geregelten aber rechtsähnlichen und vergleichbaren Tatbestand. Dies setzt voraus, dass das Gesetz für eine bestimmte Fallgestaltung keine Regelung enthält, also lückenhaft ist, und dass diese Lücke planwidrig ist, also der Gesetzgeber vor dem Hintergrund des dem Gesetz zugrunde liegenden Regelungsplanes ein regelungsbedürftiges Problem übersehen hat. Die genannten Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, da der vorliegende und der in § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V geregelte Fall nicht rechtsähnlich sind und das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke nicht anzunehmen ist. Die Antragsgegnerin als aus der Vereinigung der bisherigen Krankenkassen hervorgegangene neue Krankenkasse musste sich nach § 34 Abs.1 SGB IV eine neue, eigene Satzung geben. Diese Satzung musste nach § 194 Abs.1 Nr.4 SGB V u.a. eine Bestimmung über die Höhe der Beiträge enthalten. Auf Grund der Unterschiedlichkeit der Beitragssätze in den aufgelösten Krankenkassen (12,8 % bei der vormaligen T BKK, 15,2 % bei der BKK B) musste ein neuer, geänderter Beitragssatz festgelegt werden. Dieser Fall ist nicht rechtsähnlich oder vergleichbar mit dem in § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V geregelten Fall, da sich bei ein und derselben Krankenkasse der Beitragssatz nicht zwangsläufig zu einem bestimmten Zeitpunkt ändern muss. Neben der fehlenden Rechtsähnlichkeit des vorliegenden Falles ist auch eine auf diesen bezogene planwidrige Regelungslücke nicht anzunehmen. Abgesehen davon, dass es dem Plan des Gesetzgebers gerade entsprechen dürfte, bei einer der Verbesserung von Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit dienenden Vereinigung von Krankenkassen diese nicht durch das Risiko einer massiven Mitgliederabwanderung bzw. einer flächendeckenden Beitragssatzabsenkung zu gefährden, ist nicht anzunehmen, dass dem Gesetzgeber das seit längerer Zeit nicht nur in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung behandelte Problem des Sonderkündigungsrechts bei Krankenkassenvereinigungen unbekannt war. Hätte der Gesetzgeber diese umstrittenen Fallgestaltung dem Sonderkündigungsrecht zuordnen wollen, hätte es nahegelegen, anlässlich der mit dem GKV-GMG zum 01.01.2004 vorgenommenen Änderung des § 175 Abs.4 Satz 5 SGB V eine Regelung zu dieser Fallgestaltung zu treffen. Für eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf den vorliegenden Fall ist daher kein Raum.
Abgesehen von einem fehlenden Anordnungsanspruch liegt auch ein Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit zur Abwendung wesentlicher Nachteile nicht vor. Es sind keine wesentlichen, existenziellen Nachteile für den Antragsteller ersichtlich, die nur durch eine vorläufig wirkende Anordnung abgewendet werden könnten. In der Sache wird darum gestritten, ob der Antragsteller bis zum Ablauf der Mindestbindungsfrist von 18 Monaten, d.h. für lediglich maximal weitere neun Monate, bei der Antragsgegnerin zu einem Beitragssatz von 13,8 % (statt zuvor 12,8 %) versichert ist oder ob seine Mitgliedschaft auch für diesen Zeitraum bei einer anderen gesetzlichen Krankenkasse zu einem günstigeren Beitragssatz fortgeführt werden kann. Unter Berücksichtigung dieses Sachverhalts sowie des Umstandes, dass versicherungspflichtig Beschäftigte nach § 249 Abs.1 SGB V den Beitrag nur zur Hälfte zu tragen hat und sich von daher eine Beitragssatzdifferenz bei unterschiedlichen Krankenkassen für diesen Personenkreis nur in Höhe der Hälfte finanziell auswirkt, liegt es nach Auffassung des Gerichts auf der Hand, dass existenzielle Belange des Antragstellers nicht betroffen sind.
Zudem ist der potentielle, geringe finanzielle Schaden des Antragstellers – die Rechtswidrigkeit der Entscheidung der Antragsgegnerin unterstellt – nicht irreversibel. Hat eine Krankenkasse – wie hier – die Ausstellung einer Kündigungsbestätigung unter Hinweis auf die fehlende Zulässigkeit der Kündigung abgelehnt und stellt sich im Hauptsacheverfahren heraus, dass diese Ablehnung zu Unrecht erfolgt ist, ist dem Versicherten wegen des Nachweises der Mitgliedsbescheinigung innerhalb der Kündigungsfrist (§ 175 Abs.4 Satz 4 SGB V) regelmäßig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 23.02.2004, Az: L 1 B 1/04 KR-ER). Der Nachweis über die Wahlrechtsausübung gegenüber der neuen Krankenkasse ist dann ausreichend. Auch die Antragsgegnerin ist erkennbar der Auffassung, dass sie im Falle ihres Unterliegens in der Hauptsache verpflichtet wäre, möglicherweise zuviel gezahlte Beitragsteile an den Antragsteller zu erstatten. Eine besondere Eilbedürftigkeit besteht mithin nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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