S 11 KR 106/04 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 11 KR 106/04 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Der Antrag, die Antragsgegnerin im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, dem Antragsteller unverzüglich eine Kündigungsbestätigung zum 30.06.2004 auszustellen, ist mangels Anordnungsgrundes abzulehnen.

Die Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs folgt aus § 86 b des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde (sog. Sicherungsanordnung). Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abänderung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung).

Vorliegend handelt es sich um eine Regelungsanordnung, weil der Antragsteller etwas begehrt, was er noch nicht hat, nämlich die Ausstellung einer Kündigungsbestätigung nach § 175 Abs. 4 des Sozialgesetzbuches V (SGB V).

Eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG setzt sowohl einen Anordnungsgrund (Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, wenn ein Abwarten auf eine Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten ist) als auch einen Anordnungsanspruch (materielles Recht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird) voraus, wobei zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch eine Wechselbeziehung besteht.

Nach diesen Grundsätzen ist der Antrag bereits mangels Vorliegen eines Anordnungsgrundes abzulehnen. Es sind keine Gründe dargelegt noch für das erkennende Gericht ersichtlich, die eine Vorwegnahme der Hauptsache und damit eine Vorabentscheidung durch den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung rechtfertigen. Dem Antragsteller ist zuzumuten, den Ausgang des unter dem Aktenzeichen S 11 KR 104/04 vor dem erkennenden Gericht anhängigen Hauptsacheverfahrens abzuwarten.

Entgegen seinem Vorbringen wird das Vorliegen eines Sonderkündigungsrechts nach § 175 Abs. 4 SGB V bei einer Krankenkassenfusion und damit die Verpflichtung zur Ausstellung einer Kündigungsbestätigung in der Rechtsprechung und Literatur noch nicht so eindeutig bejaht, dass von vornherein ein Anordnungsanspruch positiv unterstellt werden kann. Auch wenn eine Vielzahl gleichgelagerter Streitsachen bei den Sozialgerichten anhängig sein dürfte, fehlen derzeit noch an der Annahme einer gesicherten Rechtsprechung weitere höhergerichtliche Urteile. Das vom Antragsteller u.a. zitierte Urteil des LSG Sachsen-Anhalt (L 4 KR 33/00 vom 16.12.2003) reicht hierfür allein nicht aus. Tatsache ist, dass der Gesetzgeber in § 175 Abs. 4 SGB V den Fall eines Sonderkündigungsrechts bei Kassenfusionen nicht ausdrücklich geregelt hat. Mit den Ausführungen des LSG NRW (Beschluss vom 24.05.2004 - L 16 B 15/04 KR ER), auf dessen Inhalt zur Vermeidung von Wiederholungen nach eigener Prüfung verwiesen wird, bedarf es vielmehr zumindest noch einer individuellen Prüfung im Einzelfall, ob der behauptete Anspruch auf Ausstellung einer Kündigungsbescheinigung besteht oder nicht. Diese individuelle Prüfung bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Im Rahmen der damit anzustellenden Interessenabwägung (Anordnungsgrund) ist mit dem LSG NRW (a.a.O.) festzustellen, dass der Antragsteller regelmäßig bei der hier vorliegenden Fallkonstellation schwerlich Gesichtspunkte aufzuzeigen vermag, insbesondere keine bei ihm eintretenden gravierenden finanziellen Nachteile vortragen kann, die hier eine von ihm angestrebte Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen vermögen. So hat der Antragsteller selbst bei einer unterstellten weiteren Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin von 18 Monaten nach der Kassenfusion weder behaupten noch glaubhaft machen können, dass er durch die Tragung vermeintlich höherer Beiträge finanziell nachhaltig geschädigt wird. Im Gegenteil halten sich diese Nachteile, bezogen auf seine monatliche Eigenbelastung, in sehr engen Grenzen und sind im Nachhinein noch reversibel (wie hier: Beschluss SG Dresden vom 08.06.2004 - Az.: S 18 KR 340/04 ER -). Nach seinem eigenen Vorbringen belaufen sich seine behaupteten Mehraufwendungen auf eine monatliche Belastung von 18,20 EURO (273,- EURO bei einer Restwartezeit von 15 Monaten), die es durchaus hinnehmbar erscheinen lassen, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Anhaltspunkte, dass der Antragsteller mit dieser unabhängig von der konkreten Verfahrensdauer zu tragenden ohnehin zeitlich befristeten Beitragslast unzumutbar belastet ist, sind entgegen seinem umfangreichen Vorbringen weder substantiiert behauptet worden noch ersichtlich. Hinzu kommt, dass er unabhängig von dem Ausgang dieses Verfahrens den vollen Krankenversicherungsschutz durch die Antragsgegnerin beanspruchen kann.

Soweit der Antragsteller formelhaft zudem eine "angemessene Entschädigung" begehrt, dürfte es sich ausweislich seines Vorbringens zunächst um die Tragung der Verfahrenskosten handeln. Darüber hinaus steht bereits neben der Frage der sachlichen Zuständigkeit (vgl. dazu §§ 13, 71 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG)) ebenfalls der fehlende Anordnungsanspruch dem Erlass einer einstweiligen Anordnung entgegen.

Der Antrag war daher abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG
Rechtskraft
Aus
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