Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 23 RJ 973/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 RJ 30/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juni 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, eine neue Versicherungsnummer mit geändertem Geburtsdatum zu erteilen.
Der Kläger ist in Griechenland geboren und besitzt die griechische Staatsangehörigkeit. Erstmals legte er 1964 Beitragszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zurück. Er gab damals den 23. September 1945 als Geburtsdatum an, so wie es in seinem griechischen Reisepass eingetragen war. Am 15. Juli 1971 wurde für ihn die Versicherungsnummer 00 230945 000 vergeben.
Im Juli 1999 teilte die AOK B der Beklagten mit, dass das Geburtsdatum des Klägers - entgegen der Versicherungsnummer - nach ihren Unterlagen der 23. Mai 1942 sei. Dem Schreiben der AOK waren Kopien des Reisepasses des Klägers, ausgestellt am 2. Juni 1999 von der Präfektur G, Griechenland, sowie der beglaubigten Übersetzung einer standesamtlichen Geburtsurkunde, ausgestellt am 5. Mai 1999 vom Standesbeamten der Stadtgemeinde Th. Z, Griechenland, beigefügt. Mit Schreiben vom 5. August 1999 teilte die Beklagte der AOK B mit, dass eine Änderung des Geburtsdatums abzulehnen sei, weil die Voraussetzungen des § 33a Abs. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) nicht vorlägen.
Den Antrag des Klägers vom 22. Dezember 1999, sein Geburtsdatum auf den 23. Mai 1942 zu ändern, lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 4. Januar 2000 aus denselben Gründen ab. Zugleich traf sie in dem Bescheid die Feststellung, dass das für die deutsche Rentenversicherung maßgebliche Geburtsdatum "23. 09. 1945" und die Versicherungsnummer "00 230945 000" laute. Seinen Widerspruch gegen den Bescheid begründete der Kläger damit, dass die Änderung des Geburtsdatum auf dem Beschluss eines griechischen Gerichts beruhe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2000 hob die Beklagte den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Feststellung des Geburtsdatums auf. Soweit dagegen die Feststellung der bisherigen Versicherungsnummer bestätigt werde, sei dies rechtlich unbedenklich. Bei der Versicherungsnummer handele es sich um ein bloßes Ordnungsmerkmal, auf eine bestimmte Versicherungsnummer bestehe kein Anspruch.
Mit der Klage hat der Kläger beantragt, seine Versicherungsnummer auf das Geburtsdatum 23. Mai 1942 zu ändern und seine rentenrechtlichen Ansprüche künftig nach diesem Geburtsdatum zu berechnen. Zur Begründung hat er sich auf das von ihm in Kopie eingereichte Urteil Nr. der Zivilkammer des Landgerichts G (Griechenland) vom 29. Oktober 1998 bezogen. Die ursprüngliche Geburtsurkunde sei im Krieg zerstört worden.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 25. Juni 2001 abgewiesen. Ein Anspruch auf Vergabe einer neuen Versicherungsnummer bestehe mangels Rechtsgrundlage nicht. Ob die Beklagte im Leistungsfall tatsächlich vom bisher verwandten Geburtsdatum abweichen dürfe, werde sich dann nach § 33a SGB I richten. Um bis dahin Schwierigkeiten in der Beweisführung für etwaige Rechtsnachfolger zu vermeiden, sei die hier angestrengte Klage nicht das geeignete Verfahren.
Im Berufungsverfahren macht der Kläger nunmehr nur noch den Anspruch auf Erteilung einer Versicherungsnummer mit dem Geburtsdatum 23. Mai 1942 geltend. In Gestalt des griechischen Gerichtsurteils liege eine Urkunde vor, welche die gesetzlichen Anforderungen an eine Änderung der Versicherungsnummer erfülle. Ferner habe er bereits in den 1960er Jahren einen Antrag auf Änderung des Geburtsdatums gestellt. Damals habe man ihm jedoch von Seiten der Militärbehörde gesagt, dass er den Antrag erst nach Ablauf der Wehrerfassungszeit stellen könne. Hierzu hat der Kläger die Kopie eines an ihn gerichteten Schreibens der Direktion Verwaltung und Bürgerschutz der selbstverwalteten Präfektur G vom 1. Juli 2002 eingereicht.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juni 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2000 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine neue Versicherungsnummer zu erteilen, welche den 23. Mai 1942 als Geburtsdatum enthält.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Die Voraussetzungen des § 33a SGB I seien nicht erfüllt. Die Vorschrift verstoße auch nicht gegen europäisches Recht.
Der Senat hat eine Auskunft der griechischen Botschaft B vom 14. Mai 2003 eingeholt, auf die Bezug genommen wird.
Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte eine neue Versicherungsnummer erteilt, welche das Geburtsdatum enthält, dass sich aus der 1999 auf Grund eines griechischen Gerichtsurteils ausgestellten griechischen Geburtsurkunde ergibt.
Entgegen der vom Sozialgericht der Sache nach vertretenen Rechtsauffassung besteht für das vom Kläger geltend gemachte Anliegen eine sachliche Berechtigung. Denn ein unrichtiges Geburtsdatum in der Versicherungsnummer kann das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung beeinträchtigen (s. BSG SozR 3-1200 § 33a Nr. 4, unter Hinweis auf § 84 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch).
Der Anspruch auf Neuvergabe (Berichtigung für die Zukunft) einer Versicherungsnummer richtet sich nach §§ 147, 152 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) i.V.m. der Versicherungsnummern-, Kontoführungs- und Versicherungsverlaufsverordnung -VKVV- vom 30. März 2001 (BGBl. 475). Entsprechend der gesetzlichen Ermächtigung ergibt sich dabei aus § 3 Abs. 1 VKVV das Nähere für die Vergabe einer neuen Versicherungsnummer wegen Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit des in der bisherigen Versicherungsnummer eingetragenen Geburtsdatums. Danach wird eine Versicherungsnummer nur einmal vergeben und grundsätzlich nicht berichtigt (§ 3 Abs. 1 Satz 1 VKVV). Nur Versicherungsnummern, die auf Grund einer nach § 33a SGB I zu berücksichtigenden Änderung des Geburtsdatums fehlerhaft geworden sind, werden gesperrt (§ 3 Abs. 1 Satz 2 VKVV). Die Versicherten erhalten dann eine neue Versicherungsnummer (§ 3 Abs. 1 Satz 3 VKVV). Die VKVV ist im vorliegenden Fall auch anzuwenden, obwohl sie im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen noch nicht galt. Denn die begehrte Neuvergabe einer Versicherungsnummer ist stets zukunftsgerichtet und der zeitliche Geltungswille des Verordnungsgebers betrifft gerade diese Fälle (s. BSG SozR 3-1200 § 33a Nr. 4; Urteil vom 9. April 2003 -B 5 RJ 32/02 R-).
Gemäß § 33a Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 SGB I ist für Geburtsdaten, die Bestandteil der Versicherungsnummer sind, das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialleistungsträger oder, soweit es sich um eine Angabe im Rahmen des dritten oder sechsten Abschnitts des Vierten Buches (des Sozialgesetzbuches) handelt, gegenüber dem Arbeitgeber ergibt. Danach ist im Fall des Klägers der 23. September 1945, den er zuerst 1964 anlässlich der ersten Arbeitsaufnahme in Deutschland angegeben hat, grundsätzlich das maßgebende Geburtsdatum. Ob er diese Angabe erstmals gegenüber einem Arbeitgeber oder einem Sozialleistungsträger gemacht hat, kann dahinstehen. Denn der Kläger bestreitet jedenfalls nicht, das Geburtsdatum als erstes angegeben zu haben, welches in seinem damaligen Reisepass eingetragen war.
Die Voraussetzungen für eine Abweichung von diesem Geburtsdatum liegen nicht vor. Eine Änderung ist nach § 33a Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 SGB I nur möglich, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass (1.) ein Schreibfehler vorliegt oder (2.) sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt. Dass das Geburtsdatum 23. September 1945 auf einem Schreibfehler, also einem vom Aussteller der Urkunde nicht gewollten Versehen beruht, ist nicht ersichtlich und auch vom Kläger nicht behauptet worden. Der Kläger konnte aber auch keine Urkunde beibringen, welche die Anforderungen nach § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I erfüllt. Seine ursprüngliche Geburtsurkunde ist nach seinen Angaben durch Kriegseinwirkungen vernichtet worden. Das Urteil des Landgerichts G aus dem Jahr 1998 stellt zwar eine Urkunde im Sinne des Gesetzes dar (BSG SozR 3-1200 § 33a Nr. 4) ist aber nicht vor dem in § 33a Abs. 1 SGB I genannten Zeitpunkt ergangen und deshalb ebenso wenig zu berücksichtigen wie die auf Grund des Gerichtsurteils ausgestellte Geburtsurkunde aus dem Jahr 1999. Ob das Gerichtsurteil oder die Geburtsurkunde nach griechischem Recht auch rückwirkende Geltung entfaltet, kann dahingestellt bleiben. Denn nach § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I ist allein der Zeitpunkt der Ausstellung entscheidend.
Gegen die Regelung des § 33a SGB I bestehen weder Bedenken auf Grund des deutschen Verfassungsrechts noch auf Grund des europäischen Rechts.
Das Grundrecht auf Eigentum (Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz -GG-) ist nicht verletzt, weil es sich - soweit es durch die Festlegung der Versicherungsnummer überhaupt betroffen sein kann - bei § 33a Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 SGB I um eine zulässige Inhaltsbestimmung handelt. Die in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen, auf eigenen Beitragsleistungen des Versicherten beruhenden und deshalb dem Eigentumsschutz unterliegenden Anwartschaften des Klägers werden nicht angetastet. Außerdem ist § 33a SGB I neutral ausgestaltet, da er nicht nur etwaige Nachteile, sondern auch Vorteile bewirken kann. Denn mit bindender Wirkung für den Träger der Rentenversicherung wird - vorbehaltlich des § 33a Abs. 2 SGB I - jedes Geburtsdatum festgeschrieben, unabhängig davon, ob es im Vergleich zu dem objektiv richtigen "zu früh" oder "zu spät" liegt.
Der allgemeine Gleichheitssatz (Artikel 3 Abs. 1 GG) ist gleichfalls nicht verletzt. Denn eine etwaige Ungleichbehandlung ist sachlich jedenfalls dadurch gerechtfertigt, dass sie sowohl für die Versicherten wie für die Verwaltungsbehörden und Gerichte einen einheitlichen und einfach zu handhabenden Maßstab aufstellt und etwaige Manipulationsversuche für den Bereich der Sozialversicherung ausschließt. Dass der Kläger, wie die griechische Botschaft in B in ihrer Auskunft vom 14. Mai 2003 bestätigt, nach griechischem Recht daran gehindert war, in der Zeit zwischen dem 18. und dem 50. Lebensjahr die Änderung seines Geburtsdatums zu beantragen, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet lediglich die sachwidrige Gleichbehandlung wesentlich ungleicher, bzw. die Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte. Er erlaubt damit eine Typisierung und gebietet nicht, jeder Besonderheit im Einzelfall Rechnung zu tragen (s. zum Ganzen ausführlich BSG, Urteil vom 19. Oktober 2000 -B 8 KN 3/00 R-; BSG SozR 3-1200 § 33a Nrn. 1 und 2; ferner den Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts, 2. Kammer des 1. Senats, vom 8. Oktober 1998 -1 BvR 1227/98- betreffend eine Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil SozR a.a.O. Nr. 2).
Auch europarechtlich, im Besonderen mit Blick auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer aus Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (Artikel 39 ff des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft), ist § 33a SGB I unbedenklich. Der Europäische Gerichtshof (EuGH), dessen Rechtsprechung der Senat folgt, hat in seinem Urteil vom 2. Dezember 1997 -C-336/94- (SozR 3-7670 § 66 Nr. 1), das einen griechischen Staatsbürger betraf, ausdrücklich ausgeführt, dass die Behörden und Gerichte eines Mitgliedsstaates nach Gemeinschaftsrecht nicht verpflichtet seien, nachträgliche Berichtigungen von Personenstandsurkunden durch die zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedsstaates genau so zu behandeln wie derartige Berichtigungen durch die zuständigen Behörden des eigenen Staats. Als gemeinschaftsrechtswidrig wurde es im konkreten - vor In-Kraft-Treten des § 33a SGB I entschiedenen - Fall lediglich angesehen, wenn eine im nationalen Recht geltende generelle und abstrakte Beweisregel (dort § 66 Personenstandsgesetz in der Auslegung durch die deutschen Gerichte) besteht, welche dazu führt, dass die vom Gericht eines anderen Mitgliedsstaats vorgenommene Berichtigung eines Geburtsdatums generell nicht berücksichtigt wird. Eine Unterscheidung nach dem Herkunftsland der Personenstandsurkunde (beziehungsweise einer das Geburtsdatum betreffenden Gerichtsentscheidung) nimmt § 33a (Abs. 2 Nr. 2) SGB I aber nicht vor. Vielmehr misst er jeder Urkunde - egal ob in Deutschland oder einem anderen Staat erstellt - die gleiche Wirkung bei, sofern sie nur vor einem bestimmten Zeitpunkt erstellt ist. Damit enthält er nicht, auch nicht mittelbar, eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit.
Etwas anderes ergibt sich auch insoweit nicht aus dem Umstand, dass es die griechische Gesetzgebung dem Kläger während einer bestimmten Zeitspanne seines Lebens nicht erlaubt hat, eine Änderung des Geburtsdatums zu beantragen. Selbst wenn zu Gunsten des Klägers unterstellt wird, dass er bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres zu keiner Zeit seines Lebens tatsächlich und rechtlich in der Lage war, die Änderung des Geburtsdatums nach griechischem Recht zu bewirken, so beruhen die besonderen Schwierigkeiten, die sich daraus bei der Anwendung des § 33a SGB I für ihn ergeben, doch allein auf den griechischen Vorschriften über den Personenstand und den besonderen Bedingungen ihrer Anwendung in Griechenland. Die Bundesrepublik Deutschland ist nach Gemeinschaftsrecht aber nicht verpflichtet, die Auswirkungen dieser Besonderheiten des griechischen Binnenrechts für griechische Wanderarbeitnehmer in Deutschland auszugleichen (s. EuGH, Urteil vom 14. März 2000 -C 102/98 und C-211/98-, SozR 3-6940 Artikel 3 Nr. 1).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, eine neue Versicherungsnummer mit geändertem Geburtsdatum zu erteilen.
Der Kläger ist in Griechenland geboren und besitzt die griechische Staatsangehörigkeit. Erstmals legte er 1964 Beitragszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zurück. Er gab damals den 23. September 1945 als Geburtsdatum an, so wie es in seinem griechischen Reisepass eingetragen war. Am 15. Juli 1971 wurde für ihn die Versicherungsnummer 00 230945 000 vergeben.
Im Juli 1999 teilte die AOK B der Beklagten mit, dass das Geburtsdatum des Klägers - entgegen der Versicherungsnummer - nach ihren Unterlagen der 23. Mai 1942 sei. Dem Schreiben der AOK waren Kopien des Reisepasses des Klägers, ausgestellt am 2. Juni 1999 von der Präfektur G, Griechenland, sowie der beglaubigten Übersetzung einer standesamtlichen Geburtsurkunde, ausgestellt am 5. Mai 1999 vom Standesbeamten der Stadtgemeinde Th. Z, Griechenland, beigefügt. Mit Schreiben vom 5. August 1999 teilte die Beklagte der AOK B mit, dass eine Änderung des Geburtsdatums abzulehnen sei, weil die Voraussetzungen des § 33a Abs. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) nicht vorlägen.
Den Antrag des Klägers vom 22. Dezember 1999, sein Geburtsdatum auf den 23. Mai 1942 zu ändern, lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 4. Januar 2000 aus denselben Gründen ab. Zugleich traf sie in dem Bescheid die Feststellung, dass das für die deutsche Rentenversicherung maßgebliche Geburtsdatum "23. 09. 1945" und die Versicherungsnummer "00 230945 000" laute. Seinen Widerspruch gegen den Bescheid begründete der Kläger damit, dass die Änderung des Geburtsdatum auf dem Beschluss eines griechischen Gerichts beruhe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2000 hob die Beklagte den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Feststellung des Geburtsdatums auf. Soweit dagegen die Feststellung der bisherigen Versicherungsnummer bestätigt werde, sei dies rechtlich unbedenklich. Bei der Versicherungsnummer handele es sich um ein bloßes Ordnungsmerkmal, auf eine bestimmte Versicherungsnummer bestehe kein Anspruch.
Mit der Klage hat der Kläger beantragt, seine Versicherungsnummer auf das Geburtsdatum 23. Mai 1942 zu ändern und seine rentenrechtlichen Ansprüche künftig nach diesem Geburtsdatum zu berechnen. Zur Begründung hat er sich auf das von ihm in Kopie eingereichte Urteil Nr. der Zivilkammer des Landgerichts G (Griechenland) vom 29. Oktober 1998 bezogen. Die ursprüngliche Geburtsurkunde sei im Krieg zerstört worden.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 25. Juni 2001 abgewiesen. Ein Anspruch auf Vergabe einer neuen Versicherungsnummer bestehe mangels Rechtsgrundlage nicht. Ob die Beklagte im Leistungsfall tatsächlich vom bisher verwandten Geburtsdatum abweichen dürfe, werde sich dann nach § 33a SGB I richten. Um bis dahin Schwierigkeiten in der Beweisführung für etwaige Rechtsnachfolger zu vermeiden, sei die hier angestrengte Klage nicht das geeignete Verfahren.
Im Berufungsverfahren macht der Kläger nunmehr nur noch den Anspruch auf Erteilung einer Versicherungsnummer mit dem Geburtsdatum 23. Mai 1942 geltend. In Gestalt des griechischen Gerichtsurteils liege eine Urkunde vor, welche die gesetzlichen Anforderungen an eine Änderung der Versicherungsnummer erfülle. Ferner habe er bereits in den 1960er Jahren einen Antrag auf Änderung des Geburtsdatums gestellt. Damals habe man ihm jedoch von Seiten der Militärbehörde gesagt, dass er den Antrag erst nach Ablauf der Wehrerfassungszeit stellen könne. Hierzu hat der Kläger die Kopie eines an ihn gerichteten Schreibens der Direktion Verwaltung und Bürgerschutz der selbstverwalteten Präfektur G vom 1. Juli 2002 eingereicht.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juni 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2000 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine neue Versicherungsnummer zu erteilen, welche den 23. Mai 1942 als Geburtsdatum enthält.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Die Voraussetzungen des § 33a SGB I seien nicht erfüllt. Die Vorschrift verstoße auch nicht gegen europäisches Recht.
Der Senat hat eine Auskunft der griechischen Botschaft B vom 14. Mai 2003 eingeholt, auf die Bezug genommen wird.
Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte eine neue Versicherungsnummer erteilt, welche das Geburtsdatum enthält, dass sich aus der 1999 auf Grund eines griechischen Gerichtsurteils ausgestellten griechischen Geburtsurkunde ergibt.
Entgegen der vom Sozialgericht der Sache nach vertretenen Rechtsauffassung besteht für das vom Kläger geltend gemachte Anliegen eine sachliche Berechtigung. Denn ein unrichtiges Geburtsdatum in der Versicherungsnummer kann das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung beeinträchtigen (s. BSG SozR 3-1200 § 33a Nr. 4, unter Hinweis auf § 84 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch).
Der Anspruch auf Neuvergabe (Berichtigung für die Zukunft) einer Versicherungsnummer richtet sich nach §§ 147, 152 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) i.V.m. der Versicherungsnummern-, Kontoführungs- und Versicherungsverlaufsverordnung -VKVV- vom 30. März 2001 (BGBl. 475). Entsprechend der gesetzlichen Ermächtigung ergibt sich dabei aus § 3 Abs. 1 VKVV das Nähere für die Vergabe einer neuen Versicherungsnummer wegen Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit des in der bisherigen Versicherungsnummer eingetragenen Geburtsdatums. Danach wird eine Versicherungsnummer nur einmal vergeben und grundsätzlich nicht berichtigt (§ 3 Abs. 1 Satz 1 VKVV). Nur Versicherungsnummern, die auf Grund einer nach § 33a SGB I zu berücksichtigenden Änderung des Geburtsdatums fehlerhaft geworden sind, werden gesperrt (§ 3 Abs. 1 Satz 2 VKVV). Die Versicherten erhalten dann eine neue Versicherungsnummer (§ 3 Abs. 1 Satz 3 VKVV). Die VKVV ist im vorliegenden Fall auch anzuwenden, obwohl sie im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen noch nicht galt. Denn die begehrte Neuvergabe einer Versicherungsnummer ist stets zukunftsgerichtet und der zeitliche Geltungswille des Verordnungsgebers betrifft gerade diese Fälle (s. BSG SozR 3-1200 § 33a Nr. 4; Urteil vom 9. April 2003 -B 5 RJ 32/02 R-).
Gemäß § 33a Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 SGB I ist für Geburtsdaten, die Bestandteil der Versicherungsnummer sind, das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialleistungsträger oder, soweit es sich um eine Angabe im Rahmen des dritten oder sechsten Abschnitts des Vierten Buches (des Sozialgesetzbuches) handelt, gegenüber dem Arbeitgeber ergibt. Danach ist im Fall des Klägers der 23. September 1945, den er zuerst 1964 anlässlich der ersten Arbeitsaufnahme in Deutschland angegeben hat, grundsätzlich das maßgebende Geburtsdatum. Ob er diese Angabe erstmals gegenüber einem Arbeitgeber oder einem Sozialleistungsträger gemacht hat, kann dahinstehen. Denn der Kläger bestreitet jedenfalls nicht, das Geburtsdatum als erstes angegeben zu haben, welches in seinem damaligen Reisepass eingetragen war.
Die Voraussetzungen für eine Abweichung von diesem Geburtsdatum liegen nicht vor. Eine Änderung ist nach § 33a Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 SGB I nur möglich, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass (1.) ein Schreibfehler vorliegt oder (2.) sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt. Dass das Geburtsdatum 23. September 1945 auf einem Schreibfehler, also einem vom Aussteller der Urkunde nicht gewollten Versehen beruht, ist nicht ersichtlich und auch vom Kläger nicht behauptet worden. Der Kläger konnte aber auch keine Urkunde beibringen, welche die Anforderungen nach § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I erfüllt. Seine ursprüngliche Geburtsurkunde ist nach seinen Angaben durch Kriegseinwirkungen vernichtet worden. Das Urteil des Landgerichts G aus dem Jahr 1998 stellt zwar eine Urkunde im Sinne des Gesetzes dar (BSG SozR 3-1200 § 33a Nr. 4) ist aber nicht vor dem in § 33a Abs. 1 SGB I genannten Zeitpunkt ergangen und deshalb ebenso wenig zu berücksichtigen wie die auf Grund des Gerichtsurteils ausgestellte Geburtsurkunde aus dem Jahr 1999. Ob das Gerichtsurteil oder die Geburtsurkunde nach griechischem Recht auch rückwirkende Geltung entfaltet, kann dahingestellt bleiben. Denn nach § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I ist allein der Zeitpunkt der Ausstellung entscheidend.
Gegen die Regelung des § 33a SGB I bestehen weder Bedenken auf Grund des deutschen Verfassungsrechts noch auf Grund des europäischen Rechts.
Das Grundrecht auf Eigentum (Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz -GG-) ist nicht verletzt, weil es sich - soweit es durch die Festlegung der Versicherungsnummer überhaupt betroffen sein kann - bei § 33a Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 SGB I um eine zulässige Inhaltsbestimmung handelt. Die in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen, auf eigenen Beitragsleistungen des Versicherten beruhenden und deshalb dem Eigentumsschutz unterliegenden Anwartschaften des Klägers werden nicht angetastet. Außerdem ist § 33a SGB I neutral ausgestaltet, da er nicht nur etwaige Nachteile, sondern auch Vorteile bewirken kann. Denn mit bindender Wirkung für den Träger der Rentenversicherung wird - vorbehaltlich des § 33a Abs. 2 SGB I - jedes Geburtsdatum festgeschrieben, unabhängig davon, ob es im Vergleich zu dem objektiv richtigen "zu früh" oder "zu spät" liegt.
Der allgemeine Gleichheitssatz (Artikel 3 Abs. 1 GG) ist gleichfalls nicht verletzt. Denn eine etwaige Ungleichbehandlung ist sachlich jedenfalls dadurch gerechtfertigt, dass sie sowohl für die Versicherten wie für die Verwaltungsbehörden und Gerichte einen einheitlichen und einfach zu handhabenden Maßstab aufstellt und etwaige Manipulationsversuche für den Bereich der Sozialversicherung ausschließt. Dass der Kläger, wie die griechische Botschaft in B in ihrer Auskunft vom 14. Mai 2003 bestätigt, nach griechischem Recht daran gehindert war, in der Zeit zwischen dem 18. und dem 50. Lebensjahr die Änderung seines Geburtsdatums zu beantragen, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet lediglich die sachwidrige Gleichbehandlung wesentlich ungleicher, bzw. die Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte. Er erlaubt damit eine Typisierung und gebietet nicht, jeder Besonderheit im Einzelfall Rechnung zu tragen (s. zum Ganzen ausführlich BSG, Urteil vom 19. Oktober 2000 -B 8 KN 3/00 R-; BSG SozR 3-1200 § 33a Nrn. 1 und 2; ferner den Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts, 2. Kammer des 1. Senats, vom 8. Oktober 1998 -1 BvR 1227/98- betreffend eine Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil SozR a.a.O. Nr. 2).
Auch europarechtlich, im Besonderen mit Blick auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer aus Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (Artikel 39 ff des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft), ist § 33a SGB I unbedenklich. Der Europäische Gerichtshof (EuGH), dessen Rechtsprechung der Senat folgt, hat in seinem Urteil vom 2. Dezember 1997 -C-336/94- (SozR 3-7670 § 66 Nr. 1), das einen griechischen Staatsbürger betraf, ausdrücklich ausgeführt, dass die Behörden und Gerichte eines Mitgliedsstaates nach Gemeinschaftsrecht nicht verpflichtet seien, nachträgliche Berichtigungen von Personenstandsurkunden durch die zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedsstaates genau so zu behandeln wie derartige Berichtigungen durch die zuständigen Behörden des eigenen Staats. Als gemeinschaftsrechtswidrig wurde es im konkreten - vor In-Kraft-Treten des § 33a SGB I entschiedenen - Fall lediglich angesehen, wenn eine im nationalen Recht geltende generelle und abstrakte Beweisregel (dort § 66 Personenstandsgesetz in der Auslegung durch die deutschen Gerichte) besteht, welche dazu führt, dass die vom Gericht eines anderen Mitgliedsstaats vorgenommene Berichtigung eines Geburtsdatums generell nicht berücksichtigt wird. Eine Unterscheidung nach dem Herkunftsland der Personenstandsurkunde (beziehungsweise einer das Geburtsdatum betreffenden Gerichtsentscheidung) nimmt § 33a (Abs. 2 Nr. 2) SGB I aber nicht vor. Vielmehr misst er jeder Urkunde - egal ob in Deutschland oder einem anderen Staat erstellt - die gleiche Wirkung bei, sofern sie nur vor einem bestimmten Zeitpunkt erstellt ist. Damit enthält er nicht, auch nicht mittelbar, eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit.
Etwas anderes ergibt sich auch insoweit nicht aus dem Umstand, dass es die griechische Gesetzgebung dem Kläger während einer bestimmten Zeitspanne seines Lebens nicht erlaubt hat, eine Änderung des Geburtsdatums zu beantragen. Selbst wenn zu Gunsten des Klägers unterstellt wird, dass er bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres zu keiner Zeit seines Lebens tatsächlich und rechtlich in der Lage war, die Änderung des Geburtsdatums nach griechischem Recht zu bewirken, so beruhen die besonderen Schwierigkeiten, die sich daraus bei der Anwendung des § 33a SGB I für ihn ergeben, doch allein auf den griechischen Vorschriften über den Personenstand und den besonderen Bedingungen ihrer Anwendung in Griechenland. Die Bundesrepublik Deutschland ist nach Gemeinschaftsrecht aber nicht verpflichtet, die Auswirkungen dieser Besonderheiten des griechischen Binnenrechts für griechische Wanderarbeitnehmer in Deutschland auszugleichen (s. EuGH, Urteil vom 14. März 2000 -C 102/98 und C-211/98-, SozR 3-6940 Artikel 3 Nr. 1).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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