Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 3126/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 1738/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 21.03.2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Verletztenrente der Klägerin ab dem 01.01.2013.
Die 1957 geborene Klägerin war über die Zeitarbeitsfirma T. Personallogistik GmbH vom 24.10.2007 bis 21.12.2007 als Arbeiterin in einer Wäscherei beschäftigt. Ausweislich des Vorerkrankungsregisters der S. Betriebskrankenkasse vom 19.05.2010 (Bl. 518 Verwaltungsakte der Beklagten – VA) bestand vom 08.05.2002 bis zum 15.05.2002 Arbeitsunfähigkeit wegen einer Dysthymia und vom 24. - 27.04.2007 wegen einer chronischen Polyarthritis und einer somatoformen Störung.
Am 18.12.2007 befand sich die Klägerin nach dem Aufhängen von Wäsche auf dem Weg in die Pause, als sie auf nassem Boden ausrutschte und auf die rechte Schulter fiel (Unfallanzeige vom 17.01.2008, Bl. 2 VA, sowie Schilderung durch den Bevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 21.01.2008, Bl. 24 VA). Sie zog sich dadurch einen gering verschobenen Oberarmkopfbruch und Schultergelenkpfannenbruch rechts zu (vgl. Durchgangsarztbericht des Prof. Dr. M.-F., Chefarzt der Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am Klinikum H., vom 18.12.2007, Bl.10 VA). Sie wurde am Klinikum H. stationär bis zum 28.12.2007 mittels eines Gilchrist-Verbandes behandelt (vgl. Bl. 57 VA).
Am 12.02.2008 stellte sich die Klägerin zur Weiterbehandlung im Universitätsklinikum U. vor. Gemäß Zwischenberichten vom 20.02.2008 und 19.03.2008 habe sie sich eine subkapitale Oberarmkopffraktur rechts zugezogen, zusätzlich einen Schulterpfannenbruch mit Konturunterbrechung im vorderen unteren Anteil. Anschließend sei die Ruhigstellung in einem Desaultverband erfolgt. Während des stationären Aufenthalts im Klinikum H. sei es dann zu einer allergischen Reaktion der Haut gekommen, sodass von einer operativen Versorgung abgesehen habe werden müssen. Das Universitätsklinikum U. bestimmte den Zeitpunkt des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit mit Bericht vom 27.03.2008 auf den 24.03.2008; zumindest vorübergehend sei mit einer rentenberechtigenden MdE zu rechnen.
Prof. Dr. G., Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfallchirurgie am Universitätsklinikum U. erstattete am 14.05.2008 ein Erstes Rentengutachten über die Klägerin. Gestützt auf sein Gutachten gewährte die Beklagte der Klägerin Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 v.H. ab dem 25.03.2008 (Bescheid vom 26.06.2008). Als Unfallfolgen erkannte sie eine Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Schultergelenkes, eine Herabsetzung der groben Kraft des rechten Armes, eine Armverkürzung rechts nach knöchern fest verheiltem Bruch der Schultergelenkpfanne rechts und des rechten Oberarms an.
Im Frühjahr 2009 leitete die Beklagte von Amts wegen ein Verfahren zur Nachprüfung der Höhe der MdE ein. In seinem Gutachten vom 03.06.2009 beschrieb der Ärztliche Direktor der BG-Klinik Murnau, Prof. Dr. B., aufgrund der Untersuchung der Klägerin als Unfallfolgen eine Bewegungseinschränkung der rechten Schulter, glaubhafte subjektive Beschwerden, eine Verschmächtigung der Schulterkappenmuskulatur und eine knöchern konsolidierte proximale Humerusfraktur rechts. Die MdE schätzte er mit 20 v.H. ein. Die Klägerin beantragte aber die Erhöhung ihrer Verletztenrente auf 40 v.H.
Der Chefarzt der Abteilung Psychosomatik an der Rehabilitationsklinik Schloss B. B., PD Dr. M., stellte in seinem Gutachten aufgrund der Untersuchung der Klägerin vom März 2011 die Diagnosen einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychogenen Faktoren (ICD-10: F 45.41) sowie Angst und depressive Störung gemischt (ICD-10: F 41.2). Die aus der chronifizierten Schmerzstörung resultierende MdE schätzte er auf 40 v.H., die aus der Angst und depressiven Störung gemischt resultierende MdE mit 30 v.H.
Der Facharzt für Innere Medizin/Angiologie und Chefarzt der Abteilung Innere Medizin der Federseeklinik B. B., Prof. Dr. H., beschrieb in seinem Gutachten vom 06.04.2011 als Unfallfolgen ein sympathikoton getriggertes vegetatives Erschöpfungssyndrom auf der Grundlage einer weit unterdurchschnittlichen Belastbarkeit bei körperlichem Bewegungsmangel, Adipositas mit arterieller Hypertonie und prädiabetogener Stoffwechsellage. Er sah diese im Zusammenhang mit nach dem Unfallereignis eingetretenen Lebensstilveränderungen (Adipositas, Bewegungsmangel) und schätzte die MdE auf seinem Fachgebiet mit 10 v.H. ein. Der Internist Dr. T trat dieser Einschätzung mit beratungsärztlicher Stellungnahme vom 16.08.2011 den Schlussfolgerungen des Internisten Prof. Dr. H. entgegen und erachtete auf seinem Fachgebiet keine Unfallfolgen als mit ausreichender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen.
Die Beklagte holte ein weiteres Gutachten bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. ein. Dieser bestätigte in seinem Gutachten vom November 2011 die von PD Dr. M. gestellten Diagnosen (chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie Angst und depressive Störung, gemischt), für die der Unfall trotz vorbestehendem seelischem Störungsbild ursächlich gewesen sei. Die daraus resultierende MdE schätzte er mit 20 v.H. ein.
Der neue Chefarzt der Abteilung Orthopädie und Unfallchirurgie der Federseeklinik B. B., Prof. Dr. K., schätzte im Auftrag der Beklagten die Gesamt-MdE bei sich ergebenden Überschneidungen zwischen Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet mit 25 v.H. ein (Bl. 1002 VA). Der nachfolgend von der Beklagten ebenfalls mit Abgabe einer Einschätzung zur Gesamt-MdE beauftragte Orthopäde/Unfallchirurg Dr. M. schätzte die Gesamt-MdE mit 30 v.H. ein (Bl. 1020 VA).
Mit Bescheid vom 02.11.2012 gewährte die Beklagte der Klägerin ab dem 17.06.2011 Verletztenrente nach einer MdE von 30 v.H., stellte diese Rentenerhöhung jedoch unter den Vorbehalt, dass wenn der Rentenbeginn im Klageverfahren S 9 U 3172/11 wegen Aufhebung des Verwaltungsakts vom 14.06.2011 zu ändern sei, eine Aufrechnung erfolge. Denn seit 2011 stritten die Beteiligten auch über die Dauer des Verletztengeldanspruchs der Klägerin. Diese hatte gegen die Einstellung der Zahlung von Verletztengeld mit Ablauf des 16.06.2011 (Bescheid vom 14.06.2011, Widerspruchsbescheides vom 24.08.2011) seit 23.09.2011 eine gesonderte Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) geführt (S 9 U 3172/11). Ihren Streit über die Dauer des Verletztengeldbezuges haben die Klägerin und die Beklagte mit gerichtlichem Vergleich vom 13.08.2015 (L 9 U 3934/14) beigelegt, indem sie die Zahlung von Verletztengeld bis zum 31.12.2012 unter Anrechnung der Rentenerhöhung vereinbarten.
Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 27.02.2013) hat die Klägerin beim SG Ulm Klage erhoben. In diesem Rechtsstreit hat das SG weitere Gutachten eingeholt. Der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 24.06.2016 eine Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk nach Bruch der Schultergelenkpfanne rechts und des rechten Oberarms knapp unter dem Oberarmkopf mit nachfolgender chronischer Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Angst und depressiver Störung als Unfallfolgen bezeichnet und diese mit einer MdE von 30 v.H. bewertet. Die von der Klägerin geklagten Kniegelenksbeschwerden (Valgus- und Retropatellararthrose beider Kniegelenke, wahrscheinlich mit Beschwerdeüberlagerung im Sinne einer Pfropfarthritis durch die bekannte chronische Polyarthritis, ohne relevante Bewegungseinschränkung, mit nur geringem Reizzustand mit Kapselschwellung ohne Erguss und Überwärmung) und die Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin (anlagebedingte Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule, im Februar 2016 osteoporotische Spontanfraktur von LWK3) hat Dr. B. als unfallunabhängig angesehen und auch keine Hinweise auf einen unfallbedingten Zwerchfellbruch gesehen.
Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. hat in ihrem Gutachten vom 24.10.2016 aufgrund einer Untersuchung der Klägerin eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und rezidivierend depressive Episoden, gegenwärtig leichtgradig, diagnostiziert. Eine Anpassungsstörung hat sie allenfalls für zwei Jahre nach dem Unfall als unfallbedingt angesehen und die MdE hierfür mit 20 v.H. eingeschätzt.
Mit Urteil vom 21.03.2017 hat das SG die auf den Zeitraum ab dem 01.01.2013 beschränkte Klage mit dem Begehren der Klägerin, Verletztenrente nach einer höheren MdE (50 v.H.) zu zahlen, abgewiesen. Die auf orthopädischem Fachgebiet bestehenden Unfallfolgen, Bewegungseinschränkungen und Bewegungsschmerzen im rechten Schultergelenk nach Bruch der Schultergelenkpfanne rechts und des rechten Oberarms hat das SG als mit einer MdE von 20 v.H. zutreffend bewertet angesehen. Die Einschätzung der Höhe der MdE durch Dr. H. mit 20 v.H. hat das SG auch unter Berücksichtigung der von PD Dr. M. und Dr. R. erhobenen Befunde als nachvollziehbar angesehen, ebenso die Bildung einer Gesamt-MdE von 30 v.H. aus den orthopädischen und psychiatrischen Unfallfolgen. Die erstmals im September 2008 dokumentierten Kniegelenksbeschwerden der Klägerin hat das SG schon mangels zeitlichem Zusammenhang nicht als wahrscheinlich durch den Unfall verursacht angesehen. Unfallfolgen auf internistischem Fachgebiet, insbesondere ein Zwerchfellbruch, hat das SG als nicht nachgewiesen angesehen.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 31.03.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 02.05.2017, einem Dienstag, Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, das SG und die Gutachter hätten den Befunden der sie seit Jahren behandelnden Ärzte zu wenig Beachtung geschenkt. Der Sachverständige PD Dr. M., der sie im Berufungsverfahren nochmals begutachtet hat, sei im Vergleich zu den anderen Gutachtern der einzige gewesen, der die gesamte Krankengeschichte und deren Verlauf verfolgt habe. Da er die Klägerin seit Jahren kenne und deren Entwicklung beobachte, könne er wesentlich fundierter begutachten als die Ärzte, die zuvor mit ihr noch nichts zu tun gehabt hätten. Wenn Dr. R. der Auffassung sei, dass nach höchstens zwei Jahren die psychischen Folgen des Unfalls verarbeitet sein müssten, übersehe sie, dass die Klägerin immer wieder mit der Sache konfrontiert worden sei und sich die Schmerzen über einen langen Zeitraum hingezogen hätten. Dazu hätten auch die beiden sozialgerichtlichen Verfahren beigetragen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 21.03.2017 aufzuheben und den Beigeladenen, hilfsweise den Beklagten, unter Abänderung des Bescheides vom 02.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.02.2013 zu verurteilen, der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 18.12.2007 ab dem 01.01.2013 eine Verletztenrente nach einer MdE um 50 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten von PD Dr. M. sei nicht verwertbar.
Die Beigeladene beantragt ebenfalls, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hat mitgeteilt, zum 01.06.2017 die Rentenzahlung an die Klägerin übernommen zu haben.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat PD Dr. M., Chefarzt der Abteilung Psychosomatik der Schlossklinik Ba. B., am 19.04.2018 ein weiteres Gutachten über die Klägerin erstattet. Er hat die Diagnosen einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychogenen Symptomen, einer sonstigen Reaktion auf schwere Belastung im Sinne einer posttraumatischen Verbitterungsstörung und einer Dysthymia gestellt und für die beiden erstgenannten Diagnosen in Kombination eine MdE von 40 v.H. angenommen, für die Dysthymie eine MdE von 20. Unter Miteinbeziehung der auf orthopädischem Fachgebiet bestehenden Unfallfolgen hat er eine Gesamt-MdE von 50 v.H. vorgeschlagen.
Die Beklagte hat hierzu die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. H. vom 27.06.2018 vorgelegt, welcher es als problematisch bezeichnet hat, dass der langjährig behandelnde Psychiater als Sachverständiger beim Landessozialgericht tätig geworden ist. Die Diagnose einer posttraumatischen Verbitterungsstörung sei weder im ICD-10 aufgeführt noch allgemein anerkannt. Akzeptiere man fortbestehende chronische Schmerzen, so könne eine Erhöhung der chirurgischen MdE um 10 v.H. erfolgen. Die Gesamt-MdE sei nicht höher als mit 30 v.H. einzuschätzen.
Im Erörterungstermin vom 01.08.2018 wurde die Klägerin angehört und die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet.
Das SG hat die Klage zutreffend abgewiesen. Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage der Klägerin (§ 54 Abs. 1, 4 SGG), mit der die Klägerin die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 50 v.H. ab dem 01.01.2013 verfolgt, ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.02.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Beklagte war bis zum 31.12.2012 und damit auch bei Erlass des angefochtenen Bescheides vom 02.11.2012 noch für die Bearbeitung aller vor dem Zuständigkeitswechsel eingetretenen Versicherungsfälle und damit auch zum Erlass des hier streitbefangenen Bescheides zuständig (§ 137 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, 1. Halbs. i.V.m. § 136 Abs. 1 Satz 4 SGG). Zwar ist das Unternehmen, bei dem die Klägerin zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalls beschäftigt war, die T. GmbH, gemäß dem vor dem Sozialgericht Hamburg im Verfahren S 41 U 151/10 geschlossenen Vergleich vom 13.07.2012 rückwirkend mit Ablauf des 10.06.2011 von der Beklagten an die Beigeladene überwiesen worden. Da es sich um eine Überweisung gem. § 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII handelte, wurde die Beigeladene für die Bearbeitung des vor dem Zuständigkeitswechsel eingetretenen Arbeitsunfalls erst nach Ablauf des Kalenderjahres zuständig, in dem die Entscheidung über die Überweisung gegenüber dem betroffenen Unternehmen (der Firma T. GmbH) bindend geworden ist. Das ist hier - angesichts des im Juli 2012 geschlossenen Vergleichs - nach Ablauf des Jahres 2012. Zwar wurde der Widerspruchsbescheid erst am 17.02.2013 erlassen. Jedoch hat der abgebende Unfallversicherungsträger Feststellungverfahren, die zur Zeit des Wechsels des Unternehmens zur anderen Berufsgenossenschaft noch nicht abgeschlossen waren und die auch Leistungen für die Zeit vor dem Wechsel betreffen - wie auch hier - abzuschließen (Quabach in: jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 137 SGB VII, Rn. 38, ebenfalls KassKomm/Feddern, 100. EL Juni 2018, § 137 Rn. 4, a.A. nur Krasney in Brackmann § 137 Rn. 13). Dafür spricht neben der Regelung des § 139 Abs. 2 Satz 2 SGB VII auch § 2 Abs. 2 SGB X.
Auch im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat ab dem 01.01.2013 keinen Anspruch auf eine Rente nach einer höheren MdE als 30 v.H.
Die verfahrensrechtliche Grundlage für die begehrte - und zur Gewährung einer höheren Rente auch notwendige - Abänderung der laufenden Rentenbewilligung vom 4. August 2011 ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 der Vorschrift soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Hierbei ist die Sonderregelung in § 73 Abs. 3 SGB VII zu berücksichtigen, wonach bei der Feststellung der MdE eine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X nur wesentlich ist, wenn sie mehr als 5 v.H. beträgt. Bei Rente auf unbestimmte Zeit muss die Veränderung der MdE länger als drei Monate andauern. Die Höhe der MdE beurteilt sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung des Grades der MdE erfolgt als Tatsachenfeststellung des Gerichts, die dieses gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 18.012011 - B 2 U 5/10 R - Rn. 16 mwN).
Vorgelagert vor die Bewertung der MdE ist festzustellen, dass sich nach der ursprünglichen Bewilligung die tatsächlichen Umstände verändert haben, die der MdE-Bemessung zu Grunde gelegen haben. Zu vergleichen sind dabei die jetzt vorliegenden tatsächlichen Umstände mit jenen, die bei Erlass des letzten bindend gewordenen Bescheids tatsächlich vorgelegen haben (vgl. Schütze, in: v. Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 6). Eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist jede Änderung des für die getroffene Regelung relevanten Sachverhalts, im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung insbesondere Änderungen im Gesundheitszustand des Betroffenen (BSG, Urteil vom 13.02.2013 - B 2 U 25/11 R -, NZS 2013, 464).
Maßgeblich für den Vergleich von Gesundheitssituationen ist hier der Verwaltungsakt vom 26.06.2008 über die Gewährung von Verletztenrente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 v.H (Pade in jurisPK-SGB VII § 62 Rn 38). Zwar hat dieser Verwaltungsakt der Klägerin nur eine Rente als vorläufige Entschädigung bewilligt, aber der Änderungsvorbehalt dieser Bewilligung ist gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB VII nach Ablauf des Dreijahreszeitraums (§ 62 Abs. 2 Satz 1 SGB VII) kraft Gesetzes entfallen. Dadurch ist die ursprünglich "vorläufige" Feststellung zu einer solchen über einen Rentenanspruch auf Dauer geworden (BSG, Urteil vom 16.03.2010 - B 2 U 2/09 R -, BSGE 106, 43 bis 48, juris, dort Rn. 12 ff.). Vergleichsmaßstab dafür, ob eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X vorliegt, ist mithin das dem Bescheid zugrundeliegende orthopädisch-unfallchirurgische Gutachten des Prof. Dr. G., der als Unfallfolgen im Wesentlichen eine knöchern konsolidierte subkapitale Oberarmfraktur mit deutlicher Bewegungseinschränkung und Bewegungsschmerzen und eine knöchern konsolidierte Schulterpfannenfraktur festgestellt und die MdE dafür mit 20 v.H. eingeschätzt hat.
Durch Bescheid vom 02.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.02.2013, dessen rentenerhöhender Teil von der Klägerin nicht angegriffen worden und damit bestandskräftig geworden ist, steht zwischen den Beteiligten bindend fest, dass nach Erlass des Bescheides vom 26.06.2008 – wohl im Jahr 2011 - eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung eingetreten ist. Dabei sind zu den bei Erlass des Bescheides vom 26.06.2008 auf orthopädisch-unfallchirurgischem Fachgebiet bestehenden Unfallfolgen weitere Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet hinzugetreten, nämlich eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Angst und eine depressive Störung.
Auf orthopädischem Fachgebiet bestehen Bewegungseinschränkungen und Bewegungsschmerzen im rechten Schultergelenk nach Bruch der Schultergelenkpfanne rechts und des rechten Oberarms. Diese sind mit einer Teil-MdE von 20 v.H. zu bewerten. Die nachfolgend entwickelte chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie die Angst und die depressive Störung sind mit einer Teil-MdE von 20 v.H. ausreichend bemessen, so dass sich unter Mitberücksichtigung der bereits anerkannten Unfallfolgen auf orthopädisch-unfallchirurgischem Fachgebiet bei partieller Überschneidung der Auswirkungen der Schmerzstörung mit den orthopädischen Gesundheitsstörungen eine (Gesamt-)MdE um 30 v.H. ergibt. Insoweit schließt sich der Senat den zutreffenden Ausführungen im Urteil des SG vom 21.03.2017 an, nimmt darauf Bezug und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer erneuten Darstellung ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Darüber hinaus bestehen keine Gesundheitsstörungen, die mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit wesentlich durch den Arbeitsunfall vom 18.12.2007 verursacht wurden oder die geeignet sind, eine Erhöhung der Gesamt-MdE über 30 v.H. hinaus zu begründen. Eine Berücksichtigung von weiteren Gesundheitsschäden als Unfallfolgen würde voraussetzen, dass der Versicherte einen Versicherungsfall erlitten hat und dass Gesundheitsschäden nachgewiesen sind, die im Wesentlichen durch den Gesundheitserstschaden verursacht worden oder einem (u.U. nur behaupteten) Versicherungsfall aufgrund besonderer Zurechnungsnormen zuzurechnen sind (BSG, Urteil vom 05.07.2011 – B 2 U 17/10 R –, BSGE 108, 274-289, SozR 4-2700 § 11 Nr 1, Rn. 14, nach juris). Daran fehlt es hier.
Die Klägerin hat am 18.12.2007 um 08:20 Uhr einen Arbeitsunfall erlitten, als sie nach dem Wäscheaufhängen auf dem Weg in die Frühstückspause auf Seifenlauge ausrutschte und auf die rechte Schulter fiel. Sie zog sich dadurch die bereits bezeichneten Verletzungen an der rechten Schulter zu. Die Valgus- und Retropatellararthrose beider Kniegelenke nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 18.12.2007 als wesentliche Ursache zurückzuführen. Schon Gesundheitserstschäden im Bereich der Kniegelenke sind nicht nachgewiesen. Im Bericht des Durchgangsarztes Prof. Dr. M.-F. findet sich weder bei der Schilderung des Unfallhergangs noch im erhobenen Befund ein Hinweis auf eine Mitbeteiligung der Knie. Auch die Schilderung von Unfallhergang und Unfallfolgen im Schriftsatz des damaligen Klägerbevollmächtigten vom 21.01.2008 enthält keinerlei Hinweise auf eine Mitbeteiligung der Knie. Dasselbe gilt für die Befundberichte des Universitätsklinikums Ulm (Zentrum für Chirurgie) vom 20.02.2008, 19.03.2008 und 27.03.2008. Auch im Rahmen der Begutachtung durch Prof. Dr. G. im Mai 2008 klagte sie zwar über Rücken-, nicht aber über Kniegelenksbeschwerden. Nachdem erstmals im September 2008 durch die Ärzte der BG-Klinik Murnau Gesundheitsstörungen im Bereich der Knie ("deutlicher Kniegelenkserguss rechtsseitig") dokumentiert worden sind, vermag auch der Senat aus den vom SG im angefochtenen Urteil näher dargelegten Gründen, denen er sich anschließt und auf die ebenfalls nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, die Valgus- und Retropatellararthrose beider Kniegelenke nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den hier streitigen Arbeitsunfall als wesentliche Ursache zurückzuführen.
Auch sind die Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin nicht auf den Arbeitsunfall zurückzuführen, sondern haben sich unfallunabhängig entwickelt, wie Dr. B. in seinem Gutachten überzeugend dargelegt hat. Ein Zwerchfellbruch ist bei der Klägerin bereits diagnostisch nicht nachgewiesen, was einer Berücksichtigung bei der MdE-Bemessung von vornherein entgegensteht. Insoweit kann auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils verwiesen werden (§ 153 Abs. 2 SGG).
Für die auf internistischem Fachgebiet nachgewiesenen Gesundheitsstörungen der Klägerin sieht es der Senat - ebenso wie das SG - nicht als wahrscheinlich an, dass sie Folgen des im Streit stehenden Arbeitsunfalls sind. Für ein Struma diffusa, Gallenblasenkonkremente und eine chronisch-entzündliche rheumatische Grunderkrankung ergibt sich dies unmittelbar aus dem Gutachten von Prof. Dr. H. vom 06.04.2011, welches im Urkundsbeweis verwertet wurde (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. ZPO). Soweit dieser den Arbeitsunfall vom 18.12.2007 als wesentliche Ursache für eine stetige Zunahme des Körpergewichts (Adipositas), eine weit überproportionale Abnahme der muskulären Ausdauerbelastbarkeit, ein sich auf der Grundlage entstandenes Erschöpfungssyndrom sowie eine hypertensive Blutdruckregulation und eine prädiabetogene Stoffwechsellage angesehen hat, folgt der Senat dem nicht. So hat Prof. Dr. H. in seinem Gutachten selbst Zweifel an seiner Einschätzung formuliert, indem er eingeräumt hat, nicht sicher abschätzen zu können, ob es auch ohne den Unfall zu den "ungünstigen Lebensstilveränderungen", gekommen wäre, die "zum Ausbruch der festgestellten Gesundheitsbeeinträchtigungen beigetragen" hätten. Außerdem hat Dr. Träger in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 16.08.2011, welche der Senat ebenfalls im Urkundsbeweis verwertet hat (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. ZPO), überzeugend dargelegt, dass allgemeiner Bewegungsmangel und Überernährung als unmittelbare Ursache für die Belastbarkeitsminderung, Adipositas, Störung der Blutdruckregulation und prädiabetogene Stoffwechsellage der Klägerin nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen sind. Seit einer Lungenentzündung, Herzmuskelentzündung und Entzündung von Haut und Muskeln im Jahr 1975 wird bei ihr eine Cortisonlangzeittherapie durchgeführt, was neben hypercalorischer Nahrung für eine Gewichtszunahme ebenso verantwortlich sein kann wie für erhöhten Blutdruck.
Soweit PD Dr. M. in seinem Gutachten über die von der Beklagten anerkannte und bei der Erhöhung der Gesamt-MdE auf 30 v.H. in den angefochtenen Bescheiden zutreffend mit einer Teil-MdE von 20 v.H. berücksichtigte chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie Angst und depressive Störung hinaus eine "posttraumatische Verbitterungsstörung" angenommen und vorgeschlagen hat, diese zusammen mit der chronischen Schmerzstörung mit einer Teil-MdE von 40 v.H. zu bewerten, überzeugt den Senat dies nicht. Der Senat hat bereits Zweifel daran, ob die Diagnose einer posttraumatischen Verbitterungsstörung den Anforderungen des Bundessozialgerichts (BSG) an eine exakte und widerspruchsfreie Diagnose der Krankheit nach einem der international anerkannten Diagnosesysteme (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196, dort Rn. 22, 23, Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, Nr. 5.1.11 (S. 160)) entspricht. Denn es handelt sich, wie Dr. H. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 27.06.2018, die der Senat im Urkundsbeweis verwertet hat, zutreffend dargelegt hat, nicht um eine Diagnose, welche in einem international anerkannten Diagnosesystem (ICD-10, DSM 5) aufgeführt ist. Außerdem sieht der Senat den von Dr. H. erhobenen Einwand gegen die von PD Dr. M. vorgenommene Zuordnung zu der Ziffer F 43.8 im ICD-10 (Sonstige Reaktion auf schwere Belastung) als überzeugend an. Denn selbst wenn man eine posttraumatische Verbitterungsstörung grundsätzlich als eine der ICD-Ziffer F 43.8 zuzuordnende Gesundheitsstörung ansieht, liegt hier eine "Reaktion auf schwere Belastung" bereits deshalb nicht vor, weil der Arbeitsunfall vom 18.12.2007 als versichertes Ereignis als einfaches Sturzereignis, das körperlich mit einem stabilen Ergebnis abgeheilt ist, eine schwere Belastung in diesem Sinne nicht darzustellen vermag.
Letztlich kann dies aber dahinstehen. Denn der Senat sieht das Gutachten von PD Dr. M. insgesamt nicht als überzeugend an. Dieses kann deshalb nicht Grundlage der MdE-Bemessung sein. So hat PD Dr. M. seine Schlussfolgerungen von den Schilderungen der Klägerin ausgehend auf die Annahme gestützt, dass sie vor dem Unfall "psychisch gesund" gewesen sei. Nach Auffassung des Senats steht dem entgegen, dass laut dem aktenkundigen Vorerkrankungsregister der S. Betriebskrankenkasse im Mai 2002 eine Arbeitsunfähigkeitszeit wegen Dysthymia und im April 2007 u.a. wegen einer somatoformen Störung verzeichnet waren. Nicht überzeugend sind auch die Ausführungen zur wesentlichen Verursachung der von ihm angenommenen posttraumatischen Verbitterungsstörung durch das streitige Unfallereignis vom Dezember 2007. So hat PD Dr. M. zwar eingeräumt, dass diese "Symptomatik" "sicherlich auch" durch nachfolgende unfallunabhängige Erkrankungen mit aufrechterhalten wird, indes als wesentlich angesehen, dass sie im Unfall von 2007 mit den nachfolgenden Komplikationen ihren Ausgangspunkt genommen hat. Angesichts der Schilderung diverser konflikthaltiger Ereignisse in der Sozialanamnese mit zeitlicher Nähe zum Unfallereignis (Aufgabe der langjährigen beruflichen Tätigkeit in der Verwaltung einer Fahrschule nach Konflikten mit dem Fahrlehrer verbunden mit finanziellen Verlusten, Scheidung 2006) sieht der Senat einen nur zeitlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und der von ihm als posttraumatische Verbitterungsstörung eingeordneten "Symptomatik" nicht als ausreichend an, um überzeugend eine Kausalität zu begründen (vgl. auch BSG, Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R –, BSGE 96, 196-209, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, Rn. 39). Schließlich widerspricht der Vorschlag, die MdE für eine von PD Dr. M. diagnostisch als Dysthymie nach Ziffer F 34.1 im ICD-10 eingeordnete chronische depressive Verstimmung, die er ausdrücklich als leichte psychoreaktive Störung bezeichnet hat, mit 20 v.H. zu bemessen, dem neuesten anerkannten Stand des unfallmedizinischen Erfahrungswissens (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24.07.2012 – B 2 U 9/11 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, juris, Rn. 61 f. und 67 f.). Denn nach Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit (a.a.O., Nr. 5.1.16 (S. 170)) ist eine leichte affektive Störung mit psychisch-emotionaler Beeinträchtigung in leichter Ausprägung (entsprechend den Kriterien ICD-10 F34) nur mit einer MdE von "bis zu 10 v.H." zu bemessen. Im Übrigen ist die depressive Verstimmung der Klägerin als "Angst und depressive Störung" bereits in der Gesamt-MdE von 30 v.H. berücksichtigt.
Demgegenüber haben sowohl Dr. R. als auch - insbesondere - Dr. H., dessen Gutachten vom 08.11.2011 und beratungsärztliche Stellungnahme vom 27.06.2018 der Senat im Urkundsbeweis verwertet hat, schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, warum eine Bewertung der auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet über den 31.12.2012 hinaus fortbestehenden Unfallfolgen mit einer höheren Teil-MdE als 20 und eine höhere Gesamt-MdE als 30 v.H. nicht begründbar ist.
Die Klägerin hat hiernach keinen Anspruch auf höhere Verletztenrente.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Verletztenrente der Klägerin ab dem 01.01.2013.
Die 1957 geborene Klägerin war über die Zeitarbeitsfirma T. Personallogistik GmbH vom 24.10.2007 bis 21.12.2007 als Arbeiterin in einer Wäscherei beschäftigt. Ausweislich des Vorerkrankungsregisters der S. Betriebskrankenkasse vom 19.05.2010 (Bl. 518 Verwaltungsakte der Beklagten – VA) bestand vom 08.05.2002 bis zum 15.05.2002 Arbeitsunfähigkeit wegen einer Dysthymia und vom 24. - 27.04.2007 wegen einer chronischen Polyarthritis und einer somatoformen Störung.
Am 18.12.2007 befand sich die Klägerin nach dem Aufhängen von Wäsche auf dem Weg in die Pause, als sie auf nassem Boden ausrutschte und auf die rechte Schulter fiel (Unfallanzeige vom 17.01.2008, Bl. 2 VA, sowie Schilderung durch den Bevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 21.01.2008, Bl. 24 VA). Sie zog sich dadurch einen gering verschobenen Oberarmkopfbruch und Schultergelenkpfannenbruch rechts zu (vgl. Durchgangsarztbericht des Prof. Dr. M.-F., Chefarzt der Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am Klinikum H., vom 18.12.2007, Bl.10 VA). Sie wurde am Klinikum H. stationär bis zum 28.12.2007 mittels eines Gilchrist-Verbandes behandelt (vgl. Bl. 57 VA).
Am 12.02.2008 stellte sich die Klägerin zur Weiterbehandlung im Universitätsklinikum U. vor. Gemäß Zwischenberichten vom 20.02.2008 und 19.03.2008 habe sie sich eine subkapitale Oberarmkopffraktur rechts zugezogen, zusätzlich einen Schulterpfannenbruch mit Konturunterbrechung im vorderen unteren Anteil. Anschließend sei die Ruhigstellung in einem Desaultverband erfolgt. Während des stationären Aufenthalts im Klinikum H. sei es dann zu einer allergischen Reaktion der Haut gekommen, sodass von einer operativen Versorgung abgesehen habe werden müssen. Das Universitätsklinikum U. bestimmte den Zeitpunkt des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit mit Bericht vom 27.03.2008 auf den 24.03.2008; zumindest vorübergehend sei mit einer rentenberechtigenden MdE zu rechnen.
Prof. Dr. G., Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfallchirurgie am Universitätsklinikum U. erstattete am 14.05.2008 ein Erstes Rentengutachten über die Klägerin. Gestützt auf sein Gutachten gewährte die Beklagte der Klägerin Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 v.H. ab dem 25.03.2008 (Bescheid vom 26.06.2008). Als Unfallfolgen erkannte sie eine Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Schultergelenkes, eine Herabsetzung der groben Kraft des rechten Armes, eine Armverkürzung rechts nach knöchern fest verheiltem Bruch der Schultergelenkpfanne rechts und des rechten Oberarms an.
Im Frühjahr 2009 leitete die Beklagte von Amts wegen ein Verfahren zur Nachprüfung der Höhe der MdE ein. In seinem Gutachten vom 03.06.2009 beschrieb der Ärztliche Direktor der BG-Klinik Murnau, Prof. Dr. B., aufgrund der Untersuchung der Klägerin als Unfallfolgen eine Bewegungseinschränkung der rechten Schulter, glaubhafte subjektive Beschwerden, eine Verschmächtigung der Schulterkappenmuskulatur und eine knöchern konsolidierte proximale Humerusfraktur rechts. Die MdE schätzte er mit 20 v.H. ein. Die Klägerin beantragte aber die Erhöhung ihrer Verletztenrente auf 40 v.H.
Der Chefarzt der Abteilung Psychosomatik an der Rehabilitationsklinik Schloss B. B., PD Dr. M., stellte in seinem Gutachten aufgrund der Untersuchung der Klägerin vom März 2011 die Diagnosen einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychogenen Faktoren (ICD-10: F 45.41) sowie Angst und depressive Störung gemischt (ICD-10: F 41.2). Die aus der chronifizierten Schmerzstörung resultierende MdE schätzte er auf 40 v.H., die aus der Angst und depressiven Störung gemischt resultierende MdE mit 30 v.H.
Der Facharzt für Innere Medizin/Angiologie und Chefarzt der Abteilung Innere Medizin der Federseeklinik B. B., Prof. Dr. H., beschrieb in seinem Gutachten vom 06.04.2011 als Unfallfolgen ein sympathikoton getriggertes vegetatives Erschöpfungssyndrom auf der Grundlage einer weit unterdurchschnittlichen Belastbarkeit bei körperlichem Bewegungsmangel, Adipositas mit arterieller Hypertonie und prädiabetogener Stoffwechsellage. Er sah diese im Zusammenhang mit nach dem Unfallereignis eingetretenen Lebensstilveränderungen (Adipositas, Bewegungsmangel) und schätzte die MdE auf seinem Fachgebiet mit 10 v.H. ein. Der Internist Dr. T trat dieser Einschätzung mit beratungsärztlicher Stellungnahme vom 16.08.2011 den Schlussfolgerungen des Internisten Prof. Dr. H. entgegen und erachtete auf seinem Fachgebiet keine Unfallfolgen als mit ausreichender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen.
Die Beklagte holte ein weiteres Gutachten bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. ein. Dieser bestätigte in seinem Gutachten vom November 2011 die von PD Dr. M. gestellten Diagnosen (chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie Angst und depressive Störung, gemischt), für die der Unfall trotz vorbestehendem seelischem Störungsbild ursächlich gewesen sei. Die daraus resultierende MdE schätzte er mit 20 v.H. ein.
Der neue Chefarzt der Abteilung Orthopädie und Unfallchirurgie der Federseeklinik B. B., Prof. Dr. K., schätzte im Auftrag der Beklagten die Gesamt-MdE bei sich ergebenden Überschneidungen zwischen Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet mit 25 v.H. ein (Bl. 1002 VA). Der nachfolgend von der Beklagten ebenfalls mit Abgabe einer Einschätzung zur Gesamt-MdE beauftragte Orthopäde/Unfallchirurg Dr. M. schätzte die Gesamt-MdE mit 30 v.H. ein (Bl. 1020 VA).
Mit Bescheid vom 02.11.2012 gewährte die Beklagte der Klägerin ab dem 17.06.2011 Verletztenrente nach einer MdE von 30 v.H., stellte diese Rentenerhöhung jedoch unter den Vorbehalt, dass wenn der Rentenbeginn im Klageverfahren S 9 U 3172/11 wegen Aufhebung des Verwaltungsakts vom 14.06.2011 zu ändern sei, eine Aufrechnung erfolge. Denn seit 2011 stritten die Beteiligten auch über die Dauer des Verletztengeldanspruchs der Klägerin. Diese hatte gegen die Einstellung der Zahlung von Verletztengeld mit Ablauf des 16.06.2011 (Bescheid vom 14.06.2011, Widerspruchsbescheides vom 24.08.2011) seit 23.09.2011 eine gesonderte Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) geführt (S 9 U 3172/11). Ihren Streit über die Dauer des Verletztengeldbezuges haben die Klägerin und die Beklagte mit gerichtlichem Vergleich vom 13.08.2015 (L 9 U 3934/14) beigelegt, indem sie die Zahlung von Verletztengeld bis zum 31.12.2012 unter Anrechnung der Rentenerhöhung vereinbarten.
Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 27.02.2013) hat die Klägerin beim SG Ulm Klage erhoben. In diesem Rechtsstreit hat das SG weitere Gutachten eingeholt. Der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 24.06.2016 eine Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk nach Bruch der Schultergelenkpfanne rechts und des rechten Oberarms knapp unter dem Oberarmkopf mit nachfolgender chronischer Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Angst und depressiver Störung als Unfallfolgen bezeichnet und diese mit einer MdE von 30 v.H. bewertet. Die von der Klägerin geklagten Kniegelenksbeschwerden (Valgus- und Retropatellararthrose beider Kniegelenke, wahrscheinlich mit Beschwerdeüberlagerung im Sinne einer Pfropfarthritis durch die bekannte chronische Polyarthritis, ohne relevante Bewegungseinschränkung, mit nur geringem Reizzustand mit Kapselschwellung ohne Erguss und Überwärmung) und die Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin (anlagebedingte Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule, im Februar 2016 osteoporotische Spontanfraktur von LWK3) hat Dr. B. als unfallunabhängig angesehen und auch keine Hinweise auf einen unfallbedingten Zwerchfellbruch gesehen.
Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. hat in ihrem Gutachten vom 24.10.2016 aufgrund einer Untersuchung der Klägerin eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und rezidivierend depressive Episoden, gegenwärtig leichtgradig, diagnostiziert. Eine Anpassungsstörung hat sie allenfalls für zwei Jahre nach dem Unfall als unfallbedingt angesehen und die MdE hierfür mit 20 v.H. eingeschätzt.
Mit Urteil vom 21.03.2017 hat das SG die auf den Zeitraum ab dem 01.01.2013 beschränkte Klage mit dem Begehren der Klägerin, Verletztenrente nach einer höheren MdE (50 v.H.) zu zahlen, abgewiesen. Die auf orthopädischem Fachgebiet bestehenden Unfallfolgen, Bewegungseinschränkungen und Bewegungsschmerzen im rechten Schultergelenk nach Bruch der Schultergelenkpfanne rechts und des rechten Oberarms hat das SG als mit einer MdE von 20 v.H. zutreffend bewertet angesehen. Die Einschätzung der Höhe der MdE durch Dr. H. mit 20 v.H. hat das SG auch unter Berücksichtigung der von PD Dr. M. und Dr. R. erhobenen Befunde als nachvollziehbar angesehen, ebenso die Bildung einer Gesamt-MdE von 30 v.H. aus den orthopädischen und psychiatrischen Unfallfolgen. Die erstmals im September 2008 dokumentierten Kniegelenksbeschwerden der Klägerin hat das SG schon mangels zeitlichem Zusammenhang nicht als wahrscheinlich durch den Unfall verursacht angesehen. Unfallfolgen auf internistischem Fachgebiet, insbesondere ein Zwerchfellbruch, hat das SG als nicht nachgewiesen angesehen.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 31.03.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 02.05.2017, einem Dienstag, Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, das SG und die Gutachter hätten den Befunden der sie seit Jahren behandelnden Ärzte zu wenig Beachtung geschenkt. Der Sachverständige PD Dr. M., der sie im Berufungsverfahren nochmals begutachtet hat, sei im Vergleich zu den anderen Gutachtern der einzige gewesen, der die gesamte Krankengeschichte und deren Verlauf verfolgt habe. Da er die Klägerin seit Jahren kenne und deren Entwicklung beobachte, könne er wesentlich fundierter begutachten als die Ärzte, die zuvor mit ihr noch nichts zu tun gehabt hätten. Wenn Dr. R. der Auffassung sei, dass nach höchstens zwei Jahren die psychischen Folgen des Unfalls verarbeitet sein müssten, übersehe sie, dass die Klägerin immer wieder mit der Sache konfrontiert worden sei und sich die Schmerzen über einen langen Zeitraum hingezogen hätten. Dazu hätten auch die beiden sozialgerichtlichen Verfahren beigetragen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 21.03.2017 aufzuheben und den Beigeladenen, hilfsweise den Beklagten, unter Abänderung des Bescheides vom 02.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.02.2013 zu verurteilen, der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 18.12.2007 ab dem 01.01.2013 eine Verletztenrente nach einer MdE um 50 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten von PD Dr. M. sei nicht verwertbar.
Die Beigeladene beantragt ebenfalls, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hat mitgeteilt, zum 01.06.2017 die Rentenzahlung an die Klägerin übernommen zu haben.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat PD Dr. M., Chefarzt der Abteilung Psychosomatik der Schlossklinik Ba. B., am 19.04.2018 ein weiteres Gutachten über die Klägerin erstattet. Er hat die Diagnosen einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychogenen Symptomen, einer sonstigen Reaktion auf schwere Belastung im Sinne einer posttraumatischen Verbitterungsstörung und einer Dysthymia gestellt und für die beiden erstgenannten Diagnosen in Kombination eine MdE von 40 v.H. angenommen, für die Dysthymie eine MdE von 20. Unter Miteinbeziehung der auf orthopädischem Fachgebiet bestehenden Unfallfolgen hat er eine Gesamt-MdE von 50 v.H. vorgeschlagen.
Die Beklagte hat hierzu die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. H. vom 27.06.2018 vorgelegt, welcher es als problematisch bezeichnet hat, dass der langjährig behandelnde Psychiater als Sachverständiger beim Landessozialgericht tätig geworden ist. Die Diagnose einer posttraumatischen Verbitterungsstörung sei weder im ICD-10 aufgeführt noch allgemein anerkannt. Akzeptiere man fortbestehende chronische Schmerzen, so könne eine Erhöhung der chirurgischen MdE um 10 v.H. erfolgen. Die Gesamt-MdE sei nicht höher als mit 30 v.H. einzuschätzen.
Im Erörterungstermin vom 01.08.2018 wurde die Klägerin angehört und die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet.
Das SG hat die Klage zutreffend abgewiesen. Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage der Klägerin (§ 54 Abs. 1, 4 SGG), mit der die Klägerin die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 50 v.H. ab dem 01.01.2013 verfolgt, ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.02.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Beklagte war bis zum 31.12.2012 und damit auch bei Erlass des angefochtenen Bescheides vom 02.11.2012 noch für die Bearbeitung aller vor dem Zuständigkeitswechsel eingetretenen Versicherungsfälle und damit auch zum Erlass des hier streitbefangenen Bescheides zuständig (§ 137 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, 1. Halbs. i.V.m. § 136 Abs. 1 Satz 4 SGG). Zwar ist das Unternehmen, bei dem die Klägerin zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalls beschäftigt war, die T. GmbH, gemäß dem vor dem Sozialgericht Hamburg im Verfahren S 41 U 151/10 geschlossenen Vergleich vom 13.07.2012 rückwirkend mit Ablauf des 10.06.2011 von der Beklagten an die Beigeladene überwiesen worden. Da es sich um eine Überweisung gem. § 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII handelte, wurde die Beigeladene für die Bearbeitung des vor dem Zuständigkeitswechsel eingetretenen Arbeitsunfalls erst nach Ablauf des Kalenderjahres zuständig, in dem die Entscheidung über die Überweisung gegenüber dem betroffenen Unternehmen (der Firma T. GmbH) bindend geworden ist. Das ist hier - angesichts des im Juli 2012 geschlossenen Vergleichs - nach Ablauf des Jahres 2012. Zwar wurde der Widerspruchsbescheid erst am 17.02.2013 erlassen. Jedoch hat der abgebende Unfallversicherungsträger Feststellungverfahren, die zur Zeit des Wechsels des Unternehmens zur anderen Berufsgenossenschaft noch nicht abgeschlossen waren und die auch Leistungen für die Zeit vor dem Wechsel betreffen - wie auch hier - abzuschließen (Quabach in: jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 137 SGB VII, Rn. 38, ebenfalls KassKomm/Feddern, 100. EL Juni 2018, § 137 Rn. 4, a.A. nur Krasney in Brackmann § 137 Rn. 13). Dafür spricht neben der Regelung des § 139 Abs. 2 Satz 2 SGB VII auch § 2 Abs. 2 SGB X.
Auch im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat ab dem 01.01.2013 keinen Anspruch auf eine Rente nach einer höheren MdE als 30 v.H.
Die verfahrensrechtliche Grundlage für die begehrte - und zur Gewährung einer höheren Rente auch notwendige - Abänderung der laufenden Rentenbewilligung vom 4. August 2011 ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 der Vorschrift soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Hierbei ist die Sonderregelung in § 73 Abs. 3 SGB VII zu berücksichtigen, wonach bei der Feststellung der MdE eine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X nur wesentlich ist, wenn sie mehr als 5 v.H. beträgt. Bei Rente auf unbestimmte Zeit muss die Veränderung der MdE länger als drei Monate andauern. Die Höhe der MdE beurteilt sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung des Grades der MdE erfolgt als Tatsachenfeststellung des Gerichts, die dieses gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 18.012011 - B 2 U 5/10 R - Rn. 16 mwN).
Vorgelagert vor die Bewertung der MdE ist festzustellen, dass sich nach der ursprünglichen Bewilligung die tatsächlichen Umstände verändert haben, die der MdE-Bemessung zu Grunde gelegen haben. Zu vergleichen sind dabei die jetzt vorliegenden tatsächlichen Umstände mit jenen, die bei Erlass des letzten bindend gewordenen Bescheids tatsächlich vorgelegen haben (vgl. Schütze, in: v. Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 6). Eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist jede Änderung des für die getroffene Regelung relevanten Sachverhalts, im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung insbesondere Änderungen im Gesundheitszustand des Betroffenen (BSG, Urteil vom 13.02.2013 - B 2 U 25/11 R -, NZS 2013, 464).
Maßgeblich für den Vergleich von Gesundheitssituationen ist hier der Verwaltungsakt vom 26.06.2008 über die Gewährung von Verletztenrente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 v.H (Pade in jurisPK-SGB VII § 62 Rn 38). Zwar hat dieser Verwaltungsakt der Klägerin nur eine Rente als vorläufige Entschädigung bewilligt, aber der Änderungsvorbehalt dieser Bewilligung ist gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB VII nach Ablauf des Dreijahreszeitraums (§ 62 Abs. 2 Satz 1 SGB VII) kraft Gesetzes entfallen. Dadurch ist die ursprünglich "vorläufige" Feststellung zu einer solchen über einen Rentenanspruch auf Dauer geworden (BSG, Urteil vom 16.03.2010 - B 2 U 2/09 R -, BSGE 106, 43 bis 48, juris, dort Rn. 12 ff.). Vergleichsmaßstab dafür, ob eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X vorliegt, ist mithin das dem Bescheid zugrundeliegende orthopädisch-unfallchirurgische Gutachten des Prof. Dr. G., der als Unfallfolgen im Wesentlichen eine knöchern konsolidierte subkapitale Oberarmfraktur mit deutlicher Bewegungseinschränkung und Bewegungsschmerzen und eine knöchern konsolidierte Schulterpfannenfraktur festgestellt und die MdE dafür mit 20 v.H. eingeschätzt hat.
Durch Bescheid vom 02.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.02.2013, dessen rentenerhöhender Teil von der Klägerin nicht angegriffen worden und damit bestandskräftig geworden ist, steht zwischen den Beteiligten bindend fest, dass nach Erlass des Bescheides vom 26.06.2008 – wohl im Jahr 2011 - eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung eingetreten ist. Dabei sind zu den bei Erlass des Bescheides vom 26.06.2008 auf orthopädisch-unfallchirurgischem Fachgebiet bestehenden Unfallfolgen weitere Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet hinzugetreten, nämlich eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Angst und eine depressive Störung.
Auf orthopädischem Fachgebiet bestehen Bewegungseinschränkungen und Bewegungsschmerzen im rechten Schultergelenk nach Bruch der Schultergelenkpfanne rechts und des rechten Oberarms. Diese sind mit einer Teil-MdE von 20 v.H. zu bewerten. Die nachfolgend entwickelte chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie die Angst und die depressive Störung sind mit einer Teil-MdE von 20 v.H. ausreichend bemessen, so dass sich unter Mitberücksichtigung der bereits anerkannten Unfallfolgen auf orthopädisch-unfallchirurgischem Fachgebiet bei partieller Überschneidung der Auswirkungen der Schmerzstörung mit den orthopädischen Gesundheitsstörungen eine (Gesamt-)MdE um 30 v.H. ergibt. Insoweit schließt sich der Senat den zutreffenden Ausführungen im Urteil des SG vom 21.03.2017 an, nimmt darauf Bezug und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer erneuten Darstellung ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Darüber hinaus bestehen keine Gesundheitsstörungen, die mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit wesentlich durch den Arbeitsunfall vom 18.12.2007 verursacht wurden oder die geeignet sind, eine Erhöhung der Gesamt-MdE über 30 v.H. hinaus zu begründen. Eine Berücksichtigung von weiteren Gesundheitsschäden als Unfallfolgen würde voraussetzen, dass der Versicherte einen Versicherungsfall erlitten hat und dass Gesundheitsschäden nachgewiesen sind, die im Wesentlichen durch den Gesundheitserstschaden verursacht worden oder einem (u.U. nur behaupteten) Versicherungsfall aufgrund besonderer Zurechnungsnormen zuzurechnen sind (BSG, Urteil vom 05.07.2011 – B 2 U 17/10 R –, BSGE 108, 274-289, SozR 4-2700 § 11 Nr 1, Rn. 14, nach juris). Daran fehlt es hier.
Die Klägerin hat am 18.12.2007 um 08:20 Uhr einen Arbeitsunfall erlitten, als sie nach dem Wäscheaufhängen auf dem Weg in die Frühstückspause auf Seifenlauge ausrutschte und auf die rechte Schulter fiel. Sie zog sich dadurch die bereits bezeichneten Verletzungen an der rechten Schulter zu. Die Valgus- und Retropatellararthrose beider Kniegelenke nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 18.12.2007 als wesentliche Ursache zurückzuführen. Schon Gesundheitserstschäden im Bereich der Kniegelenke sind nicht nachgewiesen. Im Bericht des Durchgangsarztes Prof. Dr. M.-F. findet sich weder bei der Schilderung des Unfallhergangs noch im erhobenen Befund ein Hinweis auf eine Mitbeteiligung der Knie. Auch die Schilderung von Unfallhergang und Unfallfolgen im Schriftsatz des damaligen Klägerbevollmächtigten vom 21.01.2008 enthält keinerlei Hinweise auf eine Mitbeteiligung der Knie. Dasselbe gilt für die Befundberichte des Universitätsklinikums Ulm (Zentrum für Chirurgie) vom 20.02.2008, 19.03.2008 und 27.03.2008. Auch im Rahmen der Begutachtung durch Prof. Dr. G. im Mai 2008 klagte sie zwar über Rücken-, nicht aber über Kniegelenksbeschwerden. Nachdem erstmals im September 2008 durch die Ärzte der BG-Klinik Murnau Gesundheitsstörungen im Bereich der Knie ("deutlicher Kniegelenkserguss rechtsseitig") dokumentiert worden sind, vermag auch der Senat aus den vom SG im angefochtenen Urteil näher dargelegten Gründen, denen er sich anschließt und auf die ebenfalls nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, die Valgus- und Retropatellararthrose beider Kniegelenke nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den hier streitigen Arbeitsunfall als wesentliche Ursache zurückzuführen.
Auch sind die Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin nicht auf den Arbeitsunfall zurückzuführen, sondern haben sich unfallunabhängig entwickelt, wie Dr. B. in seinem Gutachten überzeugend dargelegt hat. Ein Zwerchfellbruch ist bei der Klägerin bereits diagnostisch nicht nachgewiesen, was einer Berücksichtigung bei der MdE-Bemessung von vornherein entgegensteht. Insoweit kann auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils verwiesen werden (§ 153 Abs. 2 SGG).
Für die auf internistischem Fachgebiet nachgewiesenen Gesundheitsstörungen der Klägerin sieht es der Senat - ebenso wie das SG - nicht als wahrscheinlich an, dass sie Folgen des im Streit stehenden Arbeitsunfalls sind. Für ein Struma diffusa, Gallenblasenkonkremente und eine chronisch-entzündliche rheumatische Grunderkrankung ergibt sich dies unmittelbar aus dem Gutachten von Prof. Dr. H. vom 06.04.2011, welches im Urkundsbeweis verwertet wurde (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. ZPO). Soweit dieser den Arbeitsunfall vom 18.12.2007 als wesentliche Ursache für eine stetige Zunahme des Körpergewichts (Adipositas), eine weit überproportionale Abnahme der muskulären Ausdauerbelastbarkeit, ein sich auf der Grundlage entstandenes Erschöpfungssyndrom sowie eine hypertensive Blutdruckregulation und eine prädiabetogene Stoffwechsellage angesehen hat, folgt der Senat dem nicht. So hat Prof. Dr. H. in seinem Gutachten selbst Zweifel an seiner Einschätzung formuliert, indem er eingeräumt hat, nicht sicher abschätzen zu können, ob es auch ohne den Unfall zu den "ungünstigen Lebensstilveränderungen", gekommen wäre, die "zum Ausbruch der festgestellten Gesundheitsbeeinträchtigungen beigetragen" hätten. Außerdem hat Dr. Träger in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 16.08.2011, welche der Senat ebenfalls im Urkundsbeweis verwertet hat (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. ZPO), überzeugend dargelegt, dass allgemeiner Bewegungsmangel und Überernährung als unmittelbare Ursache für die Belastbarkeitsminderung, Adipositas, Störung der Blutdruckregulation und prädiabetogene Stoffwechsellage der Klägerin nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen sind. Seit einer Lungenentzündung, Herzmuskelentzündung und Entzündung von Haut und Muskeln im Jahr 1975 wird bei ihr eine Cortisonlangzeittherapie durchgeführt, was neben hypercalorischer Nahrung für eine Gewichtszunahme ebenso verantwortlich sein kann wie für erhöhten Blutdruck.
Soweit PD Dr. M. in seinem Gutachten über die von der Beklagten anerkannte und bei der Erhöhung der Gesamt-MdE auf 30 v.H. in den angefochtenen Bescheiden zutreffend mit einer Teil-MdE von 20 v.H. berücksichtigte chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie Angst und depressive Störung hinaus eine "posttraumatische Verbitterungsstörung" angenommen und vorgeschlagen hat, diese zusammen mit der chronischen Schmerzstörung mit einer Teil-MdE von 40 v.H. zu bewerten, überzeugt den Senat dies nicht. Der Senat hat bereits Zweifel daran, ob die Diagnose einer posttraumatischen Verbitterungsstörung den Anforderungen des Bundessozialgerichts (BSG) an eine exakte und widerspruchsfreie Diagnose der Krankheit nach einem der international anerkannten Diagnosesysteme (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196, dort Rn. 22, 23, Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, Nr. 5.1.11 (S. 160)) entspricht. Denn es handelt sich, wie Dr. H. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 27.06.2018, die der Senat im Urkundsbeweis verwertet hat, zutreffend dargelegt hat, nicht um eine Diagnose, welche in einem international anerkannten Diagnosesystem (ICD-10, DSM 5) aufgeführt ist. Außerdem sieht der Senat den von Dr. H. erhobenen Einwand gegen die von PD Dr. M. vorgenommene Zuordnung zu der Ziffer F 43.8 im ICD-10 (Sonstige Reaktion auf schwere Belastung) als überzeugend an. Denn selbst wenn man eine posttraumatische Verbitterungsstörung grundsätzlich als eine der ICD-Ziffer F 43.8 zuzuordnende Gesundheitsstörung ansieht, liegt hier eine "Reaktion auf schwere Belastung" bereits deshalb nicht vor, weil der Arbeitsunfall vom 18.12.2007 als versichertes Ereignis als einfaches Sturzereignis, das körperlich mit einem stabilen Ergebnis abgeheilt ist, eine schwere Belastung in diesem Sinne nicht darzustellen vermag.
Letztlich kann dies aber dahinstehen. Denn der Senat sieht das Gutachten von PD Dr. M. insgesamt nicht als überzeugend an. Dieses kann deshalb nicht Grundlage der MdE-Bemessung sein. So hat PD Dr. M. seine Schlussfolgerungen von den Schilderungen der Klägerin ausgehend auf die Annahme gestützt, dass sie vor dem Unfall "psychisch gesund" gewesen sei. Nach Auffassung des Senats steht dem entgegen, dass laut dem aktenkundigen Vorerkrankungsregister der S. Betriebskrankenkasse im Mai 2002 eine Arbeitsunfähigkeitszeit wegen Dysthymia und im April 2007 u.a. wegen einer somatoformen Störung verzeichnet waren. Nicht überzeugend sind auch die Ausführungen zur wesentlichen Verursachung der von ihm angenommenen posttraumatischen Verbitterungsstörung durch das streitige Unfallereignis vom Dezember 2007. So hat PD Dr. M. zwar eingeräumt, dass diese "Symptomatik" "sicherlich auch" durch nachfolgende unfallunabhängige Erkrankungen mit aufrechterhalten wird, indes als wesentlich angesehen, dass sie im Unfall von 2007 mit den nachfolgenden Komplikationen ihren Ausgangspunkt genommen hat. Angesichts der Schilderung diverser konflikthaltiger Ereignisse in der Sozialanamnese mit zeitlicher Nähe zum Unfallereignis (Aufgabe der langjährigen beruflichen Tätigkeit in der Verwaltung einer Fahrschule nach Konflikten mit dem Fahrlehrer verbunden mit finanziellen Verlusten, Scheidung 2006) sieht der Senat einen nur zeitlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und der von ihm als posttraumatische Verbitterungsstörung eingeordneten "Symptomatik" nicht als ausreichend an, um überzeugend eine Kausalität zu begründen (vgl. auch BSG, Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R –, BSGE 96, 196-209, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, Rn. 39). Schließlich widerspricht der Vorschlag, die MdE für eine von PD Dr. M. diagnostisch als Dysthymie nach Ziffer F 34.1 im ICD-10 eingeordnete chronische depressive Verstimmung, die er ausdrücklich als leichte psychoreaktive Störung bezeichnet hat, mit 20 v.H. zu bemessen, dem neuesten anerkannten Stand des unfallmedizinischen Erfahrungswissens (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24.07.2012 – B 2 U 9/11 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, juris, Rn. 61 f. und 67 f.). Denn nach Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit (a.a.O., Nr. 5.1.16 (S. 170)) ist eine leichte affektive Störung mit psychisch-emotionaler Beeinträchtigung in leichter Ausprägung (entsprechend den Kriterien ICD-10 F34) nur mit einer MdE von "bis zu 10 v.H." zu bemessen. Im Übrigen ist die depressive Verstimmung der Klägerin als "Angst und depressive Störung" bereits in der Gesamt-MdE von 30 v.H. berücksichtigt.
Demgegenüber haben sowohl Dr. R. als auch - insbesondere - Dr. H., dessen Gutachten vom 08.11.2011 und beratungsärztliche Stellungnahme vom 27.06.2018 der Senat im Urkundsbeweis verwertet hat, schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, warum eine Bewertung der auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet über den 31.12.2012 hinaus fortbestehenden Unfallfolgen mit einer höheren Teil-MdE als 20 und eine höhere Gesamt-MdE als 30 v.H. nicht begründbar ist.
Die Klägerin hat hiernach keinen Anspruch auf höhere Verletztenrente.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
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