L 8 R 1461/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 3519/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 1461/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 08.03.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser, Erwerbsminderung.

Die 1966 geborene Klägerin beantragte am 24.08.2009 (Blatt 7 VA berufliche Reha (BR)) bei der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit H., die Gewährung von Leistungen zur beruflichen Rehabilitation. Den Antrag leitete die Bundesagentur für Arbeit mit am 04.09.2009 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben (Blatt 8 VA BR) weiter, da die Prüfung ergeben habe, dass eine Zuständigkeit der Bundesagentur nicht bestehe (§ 14 SGB IX). Ergänzend legte die Bundesagentur die sozialmedizinische Stellungnahme des Facharztes für Allgemeinmedizin V. vom 24.06.2009 vor (Blatt 13 VA BR med.Teil), wonach die Klägerin als vollschichtig leistungsfähig für den allgemeinen Arbeitsmarkt zu beurteilen sei. Tätigkeiten mit Anforderungen an Kraft und Beweglichkeit der rechten Hand könnten nicht verrichtet werden.

Die Beklagte holte den ärztlichen Befundbericht des Orthopäden Dr. B. vom 17.06.2010 (Blatt 18 VA BR med.Teil – OP der rechten Hand, fortdauernde Beschwerden sowie progrediente Beschwerden des Schultergürtels und der Halswirbelsäule) sowie die sozialmedizinische Stellungnahme der Dr. J. vom 07.10.2009 (Blatt 16 VA BR med.Teil) ein.

Mit Bescheid vom 14.10.2009 (Blatt 27 VA BR) stellte die Beklagte Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes in Aussicht und erklärte sich bereit, einen Eingliederungszuschuss an den Arbeitgeber zu zahlen. Sollte ein abschließender Vermittlungsvorschlag nicht bis 31.10.2010 vorliegen, werde die Zusage durch Fristablauf unwirksam.

Gegen den Bescheid erhob die Klägerin am 17.12.2009 (Blatt 32 VA BR) Widerspruch, da die Leistungen völlig unzureichend seien. Nach telefonischer Beratung durch die Beklagte (Gesprächsvermerke vom 02.02.2010 und 27.02.2010, Blatt 35 und 42 VA BR) wurde die Teilnahme an der Maßnahme RehaStep ab dem 30.08.2010 vereinbart und im Hinblick darauf der Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.10.2009 zurückgenommen (Schreiben vom 07.03.2010, Blatt 43 VA BR).

Die S. Berufliche Rehabilitation GmbH H. teilte mit Schreiben vom 15.03.2010 (Blatt 46 VA BR) mit, dass mit der Klägerin ein Abklärungsgespräch durchgeführt worden sei, in dem diese angegeben habe, weder den erlernten Beruf als Keramikfacharbeiterin noch die letzte Tätigkeit als Montagemitarbeiterin ausüben zu können. Aufgrund der hohen Schmerzbelastung und der daraus resultierenden fraglichen Belastbarkeit für die Maßnahme werde eine vorherige gesundheitliche Stabilisierung empfohlen. Nach erfolgreicher Stabilisierung könne die Klägerin in die am 30.08.2010 beginnende RehaStep Maßnahme aufgenommen werden. Die Gesamtdauer sei bis zum Beginn eines Arbeitsverhältnisses, längstens bis 27.05.2011.

Am 16.07.2010 (Blatt 7 VA medizinische Reha (MR)) beantragte die Klägerin Leistungen zur medizinische Rehabilitation, die die Beklagte mit Bescheid vom 29.07.2010 (Blatt 26 VA MR) ablehnte und zur Begründung ausführte, dass die vorliegenden Krankheiten oder Behinderungen nicht so erheblich seien, sodass die beantragte Leistung, unabhängig davon, durch welchen Reha-Träger sie zu erbringen sei, nicht erforderlich sei.

Gegen den Bescheid erhob die Klägerin unter dem 08.08.2010 (Blatt 36 VA MR) Widerspruch und machte geltend, dass sie seit dem 08.02.2010 arbeitsunfähig erkrankt sei, ihre Beschwerden seien anhaltend mit steigender Tendenz. Weiterhin machte die Klägerin mit Schreiben vom 05.08.2010 (Blatt 65 VA BR) geltend, dass sie die Rücknahme des Widerspruchs vom 07.03.2010 als ungültig erkläre.

Am 16.08.2010 (Blatt 153 VA) beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung und machte geltend, dass sie seit 08.02.2010 arbeitsunfähig erkrankt sei. Die Beschwerden seien anhaltend mit steigender Tendenz, eine Besserung sei durch die bisherigen Behandlungen nicht eingetreten, auch die Behinderungen ihrer rechten Hand und die damit verbundenen enormen Dauerschmerzen seien bis heute nicht rehabilitiert. Der Formblattantrag ging am 18.10.2010 (Blatt 158 VA) bei der Beklagten ein.

Mit Schreiben vom 30.08.2010 (Blatt 62 VA BR) forderte die Beklagte die Klägerin hinsichtlich der beruflichen Reha zur Mitwirkung auf und wies darauf hin, dass eine schriftliche Erörterung des Sachverhaltes nicht zielführend sei und es daher einer persönlichen Vorsprache bedürfe.

Mit Bescheid vom 15.09.2010 (Blatt 73 VA BR) lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in einer RehaStep Maßnahme in der S. Berufliche Rehabilitation H. ab und führte zur Begründung aus, dass es sich zum jetzigen Zeitpunkt um keine geeignete Maßnahme handele, um die Klägerin dauerhaft in das Erwerbsleben einzugliedern. Grundsätzlich setze die Teilnahme eine ausreichende Belastbarkeit für die Vollzeitmaßnahme voraus. Nach Aussage der Klägerin sei eine solche nicht gegeben, durch den gestellten Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung komme zum Ausdruck, dass die Klägerin der Ansicht sei, aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen einer Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgehen zu können. Ein laufendes Rentenverfahren schließe eine Teilnahme an einer Wiedereingliederungsmaßnahme aus.

Gegen den Bescheid erhob die Klägerin am 01.10.2010 (Blatt 74 VA BR) Widerspruch, da sie, wenn sich ihr Gesundheitszustand nach einer medizinischen Rehabilitation bessere, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben benötige.

Mit Schreiben vom 16.11.2010 (Blatt 170 VA) teilte die AOK Plus mit, dass die Klägerin seit 08.02.2010 arbeitsunfähig krank sei und seit 21.03.2010 Krankengeld beziehe.

Im Reha-Verfahren holte die Beklagte das ärztliche Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung des Orthopäden Dr. S. vom 29.11.2010 (Blatt 99 VA med.Teil und 34 VA BR med.Teil) ein, der ausführte, dass die Klägerin am 14.07.2007 einen Arbeitsunfall erlitten habe, bei dem sie sich mit einem Bohrer den rechten Mittelfinger durchbohrt habe. Bei persistierenden Beschwerden seien mehrere Arbeitsversuche abgebrochen worden, sodass die Aufgabe der Tätigkeit im Oktober 2008 erfolgt sei. Eine erneute Tätigkeit sei nicht aufgenommen worden, derzeit werde Krankengeld bezogen. Zusammenfassend führte er aus, dass die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Montagearbeiterin mit hohen Anforderungen an die Gebrauchsfertigkeit der rechten Hand nicht mehr leidensgerecht sei, höhergradige funktionelle Einschränkungen hätten weder im Bereich der rechten Hand, des rechten Handgelenkes, der HWS oder der LWS bestanden, sodass für den allgemeinen Arbeitsmarkt ein vollschichtiges Leistungsvermögen bestehe. Mit einer wesentlichen Befundbesserung sei nicht zu rechnen bei möglich abgelaufenem Morbus Sudeck und dem Verdacht auf Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung. Ein stationäres Heilverfahren sei nicht geeignet, eine länger anhaltende Beschwerdelinderung bewirken zu können, ein Zusammenhang mit dem erlittenen Arbeitsunfall sei eher unwahrscheinlich.

Dipl.Med. Z. erstattete die sozialmedizinische Stellungnahme vom 03.12.2010 (Blatt 65 VA med.Teil) und führte, ohne Berücksichtigung des Gutachtens Dr. S. , aus, dass von einer erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit auszugehen sei, es könne nicht erkannt werden, dass bei der Klägerin bereits eine dauerhafte Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliege, sodass zunächst die Durchführung einer stationären medizinischen Reha-Maßnahme in einer orthopädischen Einrichtung dringend zu befürworten sei. Der Rentenantrag sei daher zunächst in einen Reha-Antrag umzudeuten.

Mit Schreiben vom 14.12.2010 (Blatt 184 VA) teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass nach der medizinischen Begutachtung die Durchführung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu prüfen sei. Diese Leistungen hätten Vorrang vor Rentenleistungen, sodass erst nach Abschluss der Prüfung und ggf. Durchführung einer solchen Leistung zur Teilhabe entschieden werden könne, ob eine Rentenanspruch gegeben sei. Der Vorgang sei an die zuständige Rehadienststelle abgegeben worden.

Dr. B. /Dr. K. erstatteten im Widerspruchsverfahren gegen die Reha-Ablehnung das sozialmedizinische Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung vom 20.12.2010 (Blatt 111/116 VA med.Teil und Blatt 58 VA BR med.Teil) und führten aus, dass Leistungen zur medizinischen Rehabilitation auch im Widerspruchsverfahren abzulehnen seien, da diese nicht erfolgversprechend seien, um eine bereits eingetretene Minderung der Erwerbsfähigkeit in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit abzuwenden. Eine Umdeutung gemäß § 116 SGB VI werde empfohlen. In der letzten Tätigkeit als Montagemitarbeiterin sei ein Leistungsvermögen unter drei Stunden gegeben, für Arbeiten in Verweisungstätigkeiten (Kassiererin an SB-Tankstellen) ein vollschichtiges Leistungsvermögen, ebenso für Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in der Tätigkeit als Telefonistin, Vervielfältigerin und Pförtnerin einer Dienstnebenstelle.

Die Reha-Abteilung teilte sodann mit Schreiben vom 29.12.2010 (Blatt 193 VA) mit, dass die am 16.07.2010 beantragten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation mit Bescheid vom 29.07.2010 abgelehnt worden seien, im Widerspruchsverfahren sei der SMD K. eingeschaltet worden, laut dem Gutachten vom 20.12.2010 seien Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht erforderlich, sodass eine entsprechende Leistung nicht bewilligt werden könne. Anhand des Gutachtens vom 20.12.2010 sei über den Rentenantrag zu entscheiden.

Den Rentenantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05.01.2011 (Blatt 219 VA) ab, da die Einschränkungen, die sich aus den Krankheiten oder Behinderungen ergeben würden, nicht zu einem Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung führten. Die Klägerin könne noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.

Gegen den Bescheid erhob die Klägerin am 26.01.2011 (Blatt 217 VA) Widerspruch und machte geltend, dass sie in den letzten 10 Jahren bereits zweimal länger als 78 Wochen erkrankt gewesen sei, die daraus resultierenden Behinderungen seien bis heute nicht rehabilitiert.

Den Widerspruch gegen die Ablehnung der medizinischen Rehabilitation wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2011 (Blatt 54 VA MR) zurück, da zwar eine erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliege, diese jedoch derzeit nicht durch eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben wiederhergestellt werden könne.

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 11.02.2011 (Blatt 81 VA BR) wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Ablehnung der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zurück, da zwar eine erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliege, die Erwerbsfähigkeit derzeit aber nicht durch Maßnahmen zur Rehabilitation wiederhergestellt werden könne.

Am 10.03.2011 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Dresden gegen die Widerspruchsbescheide der Beklagten vom 11.02.2011 betreffend die Ablehnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur beruflichen Rehabilitation.

Den Widerspruch gegen die Rentenablehnung wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.06.2011 (Blatt 225 VA) zurück.

Mit Beschluss vom 16.06.2011 erklärte sich das SG Dresden für unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das SG Heilbronn (Blatt 39 SG-Akte S 2 R 3521/14). Am 28.06.2011 erhob die Klägerin Klage zum SG Heilbronn gegen den Bescheid vom 05.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.2011 (Blatt 41/43 SG-Akte S 2 R 3521/14) betreffend die Rentenablehnung. Das verwiesene Verfahren sowie die am 01.06.2011 eingegangene Klage wurden beim SG Heilbronn unter dem Aktenzeichen S 13 R 2362/11 geführt.

Mit Beschluss vom 23.11.2011 trennte das SG Heilbronn das Verfahren gegen den Bescheid vom 05.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.2011 ab (Blatt 1 SG-Akte) und führte das Verfahren betreffend die Rentenablehnung unter dem Aktenzeichen S 13 R 4031/11 fort.

Das SG Heilbronn holte die sachverständigen Zeugenauskünfte des Facharztes für Neurologie Dr. P. vom 22.12.2011 (Blatt 18 SG-Akte – nur eingeschränkte körperliche Arbeiten möglich), der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H. vom 21.12.2011 (Blatt 19/38 SG-Akte – keine Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wegen schwerer Somatisierungsstörung, die einer vernünftigen Behandlung nur äußerst schwierig zuzuführen ist), des Orthopäden Dr. B. vom 07.12.2011 (Blatt 42/46 SG-Akte – Erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit wegen zunehmender Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand, Durchführung einer medizinischen Rehabilitation wird befürwortet), des Chirurgen Dr. P. vom 02.02.2012 (Blatt 47 SG-Akte – Einschränkungen als Montagearbeiterin aufgrund der Einschränkung der Handfunktion und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch durch die chronische Instabilität des Sprunggelenks) und des Praktischen Arztes Dipl.Med. S. vom 05.04.2012 (Blatt 56/65 SG-Akte – kurzfristige Gesundheitsstörungen klangen in der Regel nach der Behandlung ab oder wurden von Fachärzten weiter behandelt) ein.

Die Beklagte legte die sozialmedizinische Stellungnahme des Arztes für Chirurgie Dr. B. /Dr. K. vom 29.06.2012 vor (Blatt 74/75 SG-Akte, Leistungsfähigkeit durch neurologisch-psychiatrisches Gutachten zu klären).

Das SG Heilbronn holte die sachverständigen Zeugenauskünfte des Facharztes für Innere Medizin F. vom 18.09.2012 (Blatt 84/88 SG-Akte, aus endokrinologischer Sicht keine Leistungseinschränkung, keine Funktionseinschränkung durch das Mikroprolaktinom), des Prof. Dr. H. vom 26.07.2012 (Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, Blatt 90/92 SG-Akte – mittelgradige depressive Episode mit anhaltender Schmerzsymptomatik) und den Befundbericht des Prof. Dr. H. vom 27.11.2012 (Blatt 102 SG-Akte) ein. Die Beklagte legte die sozialmedizinische Stellungnahme der Dr. K. vom 25.01.2013 (Blatt 95/96 SG-Akte – abschließende Beurteilung nur durch neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten möglich) vor.

Das SG Heilbronn holte das neurologisch-psychiatrische Sachverständigengutachten des Dr. B. vom 12.06.2014 (Blatt 116/152 SG-Akte; leichte Tätigkeiten vollschichtig möglich) ein und verwies den Rechtsstreit, wie auch die Parallelverfahren S 13 R 2362/11 und S 13 R 4030/11, mit Beschluss vom 23.07.2014 (Blatt 110 SG-Akte) an das SG Freiburg.

Im Rentenverfahren wies das SG Freiburg die Klage mit Gerichtsbescheid vom 08.03.2017 ab und führte zur Begründung aus, dass die Klägerin an mäßigen Bewegungseinschränkungen des rechten Handgelenks mit mäßiggradiger Kraftminderung, einem chronischen Cervicobrachialgie-Syndrom und rezidivierenden Lumboischialgien ohne neurologisches Defizit leide. Auf nervenärztlichem Fachgebiet liege eine Neigung zur funktionellen Beschwerdebildung/Überlagerung vor, sodass sich nur qualitative Leistungseinschränkungen ergeben würden, sich jedoch keine quantitative Herabsetzung des Leistungsvermögens begründen lasse. Darüber hinaus seien die Versicherungszeiten letztmals im Jahr 2014 erfüllt, insbesondere seien seit 2012 keine Anrechnungszeiten gegeben, da die bisherige Tätigkeit nur für einen Zeitraum von drei Jahren nach Tätigkeitsaufgabe relevant sei. Im Übrigen stehe einer rentenrechtlich relevanten Beeinträchtigung entgegen, dass sich die Klägerin nicht in psychiatrischer Behandlung befinde und daher jedenfalls die Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft seien.

Gegen den am 16.03.2017 (Blatt 210 a SG-Akte) zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 12.04.2017 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Sie macht geltend, dass das Arbeitsverhältnis zum 30.10.2008 vergleichsweise aufgelöst worden sei, nachdem ein von der Berufsgenossenschaft durchgeführter Wiedereingliederungsversuch am 01.03.2008 abgebrochen worden sei. Vor dem Rentenantrag sei ein Antrag auf Leistungen zur Wiedereingliederung gestellt worden, hinsichtlich dessen die Beklagte festgestellt habe, dass es zunächst der Durchführung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bedürfe. Sie sei bis zum heutigen Tage dauerhaft arbeitsunfähig krank, weshalb die Reha-Abteilung der Beklagten ihre Zuständigkeit verneint hätte. Die Beklagte habe dementsprechend eine berichtigte Renteninformation erstellt. Ihr fehle in der rechten Hand jegliche Motorik. Wegen des Prolaktinoms sei sie seit 2012 ununterbrochen arbeitsunfähig geschrieben.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 08.03.2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab Antragstellung Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat die sachverständigen Zeugenauskünfte der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H. vom 06.01.2018 (Blatt 67/97 Senatsakte – vollschichtiges Leistungsvermögen unter Berücksichtigung der Funktionseinschränkung der Hände), der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. vom 20.01.2018 (Blatt 98 Senatsakte – leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr möglich), des Facharztes für Innere Medizin Dipl.Med. R. vom 31.01.2018 (Blatt 99/101 Senatsakte – Beurteilung der Leistungsfähigkeit auf neurologischem Gebiet), des Orthopäden Dr. B. vom 07.02.2018 (Blatt 102/143 Senatsakte – Leistungsfähigkeit für leichte körperliche Arbeiten) und des Arztes für Augenheilkunde Dr. R. vom 28.03.2018 (Blatt 159/169 Senatsakte – keine Einschränkungen für Arbeitstätigkeit in Vollschicht) eingeholt.

Die Akten der Parallelverfahren L 8 R 1462/17 und L 8 R 1463/17 haben dem Senat vorgelegen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Klägerin mit Terminsbestimmung vom 19.07.2018 (zugestellt an den vormaligen Bevollmächtigten am 23.07.2018, Mandatsniederlegung mit Schriftsatz vom 17.08.2018) ordnungsgemäß zum Termin geladen und in der Terminsmitteilung darauf hingewiesen wurde, dass auch im Falle des Ausbleibens von Beteiligten Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden kann (vgl. § 110 Absatz 1 Satz 3 SGG). Dass auch ihr Bevollmächtigter nicht zum Termin erscheinen wird, hatte dieser der Klägerin bereits rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt (vgl. Schreiben vom 17.08.2018).

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 05.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin kann die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht beanspruchen, der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden.

Der Senat konnte feststellen, dass die Klage gegen den Bescheid vom 05.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.2011 am 28.06.2011 unmittelbar zum SG Heilbronn erhoben worden ist und dort lediglich zunächst unter einem Aktenzeichen mit dem vom SG Dresden verwiesenen Verfahren geführt wurde, sodass die mit Beschluss vom 23.07.2014 erfolgte Verweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit (§ 98 Absatz 1 SGG iVm. §§ 17 ff. GVG) aufgrund der im Versicherungskonto der Klägerin enthaltenen knappschaftlichen Zeiten zu Recht erfolgt ist und hinsichtlich dieses Streitgegenstandes keine Weiterverweisung des Rechtsstreits erfolgt ist (anders als im Hinblick auf die Verfahren betreffend die medizinische und berufliche Rehabilitation).

Gemäß § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich – bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche - ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Der Senat konnte weder zum Zeitpunkt der Antragstellung, noch im Jahr 2014 und auch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eine volle bzw. teilweise Erwerbsminderung bei der Klägerin feststellen.

Hinsichtlich des orthopädischen Fachgebietes konnte der Senat, gestützt auf das Gutachten des Dr. S. vom 29.11.2010, feststellen, dass aufgrund des im Jahr 2007 an der rechten Hand erlittenen Arbeitsunfalls eine reizlose Arthroskopienarbe sowie eine 3 cm lange Narbe nach Ringbandspaltung verblieben ist. Es bestand eine diffuse Druckschmerzhaftigkeit im Radiocarpalgelenk rechts dorsalseitig. Die Handgelenksbeweglichkeit war nur bezüglich der Hohlhandwärtsbewegung rechts eingeschränkt bei möglicher Palmarflexion von 30° gegenüber links 70°. Die restlichen Bewegungsausschläge des rechten Handgelenkes waren frei, Schmerzen wurden bei endgradigen Bewegungen angegeben. Die Daumen- und Langfingerfunktionen waren beidseits intakt, Spitzgriff und Haltegriff beidseits möglich bei rechts gegenüber links abgeschwächtem Faustschluss. Hinweise für eine gestörte Durchblutung der Fingerkuppen ergaben sich nicht. Eine motorische Läsion war nicht nachzuweisen, die Röntgenaufnahmen zeigten einen unauffälligen knöchernen Befund. Ein Morbus Sudeck wird bei nicht atropher Haut und fehlender Veränderung von Behaarung und Schweißbildung verneint (so auch der Internist/Rheumatologe Dr. D. , Befundbericht vom 02.02.2011, Blatt 60 SG-Akte S 2 R 3520/14; ein CRPS verneinend Prof. Dr. B. , Universität M. , Klinik für Neurologie, Befundbericht vom 10.05.2013, Blatt 213 SG-Akte S 2 R 3520/14) und darauf hingewiesen, dass sowohl ein Sulcus-Ulnaris-Syndrom wie auch ein Carpaltunnelsyndrom neurologisch ausgeschlossen werden konnten (so auch bei der Untersuchung der Neurologin N. vom 11.04.2011, Befundbericht Blatt 57 SG-Akte S 2 R 3520/14). An der linken Hand zeigten sich Normalbefunde. Aus dem Befundbericht des Chirurgen Dr. P. vom 20.09.2010 (Blatt 31 VA BR med.Teil) folgt eine schmerzhaft eingeschränkte Handgelenksbeweglichkeit von 50-0-60° für Beugung und Streckung sowie Aufstütz- und Belastungsschmerzen bei erheblicher Minderung der groben Kraft der rechten Hand.

Hinsichtlich der Wirbelsäule gibt Dr. S. für die HWS eine Beweglichkeit von 40-0-60° (Vor- und Rückneigen), 60-0-60° für Seitdrehung rechts/links und 40-0-40° für Seitneigung rechts links an. Die Schulterkulissen waren beidseits gleich hochstehend, die schulterdeckende Muskulatur seitengleich unauffällig entwickelt, es zeigte sich keine Druckdolenz und kein Reizzustand der Schultergelenkkapseln bei beidseits uneingeschränkt durchführbarem Nacken- und Kreuzgriff. Die Ober- und Unterarmmuskulatur war seitengleich entwickelt. Die Wirbelsäule war im Lot bei harmonischer Brustkyphose, die Wirbelkörperdornfortsätze im Bereich des lumbosakralen Übergangs druckempfindlich, die Rückenstreckermuskulatur nicht wesentlich verspannt und die Muskelgruppen gut gegeneinander verschieblich. Die Beweglichkeit der Rumpfwirbelsäule war nicht eingeschränkt, der Finger-Boden-Abstand lag bei 15 cm, das Wiederaufrichten gelang ohne Angabe von Schmerzen. Die Rumpfwirbelsäule zeigte eine freie Entfaltbarkeit (Zeichen nach Ott 30/33 cm, Zeichen nach Schober 10/17cm), der Langsitz konnte zügig eingenommen und die Fingerspitzen konnten bis an die Großzehen herangeführt werden. Der Sachverständige verneint daher überzeugend höhergradige funktionelle Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule. Der Orthopäde Dr. B. hat bei seiner Untersuchung am 06.04.2011 (Befundbericht Blatt 58 R SG-Akte S 2 R 3520/14) eine Beweglichkeit von 70-0-70° sowie für In-/Reklination von 45-0-20° beschrieben, sensomotorische Defizite zeigten sich ebenso wenig wie Anhalte für Blockierungen, ein Nervenkompressionssyndrom konnte ausgeschlossen werden (neurologischer Befundbericht des Dr. P. vom 10.02.2011, Blatt 59 SG-Akte S 2 R 3520/14). Eine relevante Befundänderung gegenüber der Untersuchung durch Dr. S. ergibt sich daher nicht, sodass der Senat der Leistungseinschätzung des Dr. B. (sachverständige Zeugenauskunft vom 07.12.2011, Blatt 74 SG-Akte S 2 R 3520/14) dahingehend, dass ein eingeschränktes Leistungsvermögen für den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe, aufgrund der mitgeteilten Befunde nicht zu folgen vermag. Ob für die letzte Tätigkeit als Montagearbeiterin eine Einschränkung des Leistungsvermögens angenommen werden kann, ist nicht entscheidungsrelevant. Im Übrigen befürchtet Dr. B. auch nur eine Minderung der Leistungsfähigkeit, die er durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation für abwendbar erachtet, mithin also keinen Zustand beschreibt, der eine volle bzw. teilweise Erwerbsminderung begründet. Ergänzend weist er auch darauf hin, dass das geklagte Krankheitsbild ätiologisch nicht klar abgegrenzt werden konnte und die durchgeführten Therapiemaßnahmen eher von symptomatischem als von kausalem Charakter gewesen sind.

Bezüglich der unteren Gliedmaßen gibt Dr. S. eine freie Beweglichkeit der Hüftgelenke an, die Kniegelenke zeigten eine regelrechte Umrisszeichnung ohne Reizzustand. Die Sprunggelenke zeigten ebenfalls keine Kapselverdickung oder Ergussbildung bei straffer Bandführung und freier Fußhebung und –senkung bei freier Vorfuß- und Zehenbeweglichkeit. Soweit Dr. P. eine chronische Instabilität des linken Sprunggelenkes beschreibt (sachverständige Zeugenauskunft vom 02.02.2012, Blatt 76 SG-Akte S 2 R 3520/14), ergibt sich hieraus weder eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens, noch wird die Wegefähigkeit der Klägerin hierdurch in Frage gestellt. Dass eine solche relevante Einschränkung nicht besteht, wird zur Überzeugung des Senats auch durch die von der Klägerin gegenüber dem Sachverständigen Dr. B. mitgeteilten Freizeitaktivitäten, insbesondere dem Wandern, bestätigt.

Die Befunde an der rechten Hand führen somit zu qualitativen Einschränkungen dahingehend, dass Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Feinmotorik und die grobe Kraft der rechten Hand nicht mehr ausgeführt werden können, wie Dr. S. überzeugend dargelegt hat. Entsprechendes ergibt sich auch aus dem Gutachten für die Agentur für Arbeit (Facharzt für Allgemeinmedizin V. vom 24.06.2009), der sozialmedizinischen Stellungnahme der Dr. J. vom 07.10.2009 und dem sozialmedizinischen Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung der Dres. B. /K. vom 20.12.2010. Eine Situation, die einer funktionalen Einarmigkeit entsprechen würde, die eine schwere spezifische Leistungseinschränkung begründet und daher die Benennung einer Verweisungstätigkeit erforderlich macht (Bayrisches LSG, Urteil vom 05.07.2017 – L 19 R 396/16, juris RdNr. 86), liegt daher nicht vor, wie sich dadurch bestätigt, dass die Klägerin gegenüber dem Sachverständigen Dr. B. (Blatt 153 R SG-Akte S 2 R 3520/14) angegeben hat, zum Malen und Schreiben die rechte Hand zu benutzen, da sie Rechtshänderin ist. Im Übrigen konnte der Senat, gestützt auf das sozialmedizinische Gutachten der Dres. B. und K. vom 21.12.2010, feststellen, dass die qualitativen Einschränkungen einer Tätigkeit als Telefonistin, Vervielfältigerin und Pförtnerin einer Dienstnebenstelle nicht entgegenstehen, mithin seitens der Beklagten jedenfalls Verweisungstätigkeiten geprüft und solche ermittelt worden sind, die sich als leidensgerecht erweisen. Im Hinblick auf die letzte Tätigkeit der Klägerin als Montagearbeiterin sind die benannten Tätigkeiten auch zumutbar im Sinne des Stufen-Schemas des BSG.

Auf psychiatrischem Fachgebiet konnte der Senat keine Befunde feststellen, die das zeitliche Leistungsvermögen einschränken. Im Gutachten des Dr. S. vom 29.11.2010 wird die Klägerin als freundlich zugewandt, ohne formale oder inhaltliche Denk- oder Wahrnehmungsstörungen beschrieben. Prof. Dr. H. (Befundbericht vom 26.07.2012, Blatt 115 SG-Akte S 2 R 3520/14) hat die Klägerin als bewusstseinsklar und vollorientiert, im Kontakt freundlich zugewandt bei nicht beeinträchtigter Aufmerksamkeit und Konzentration beschrieben. Eine inhaltliche Denkstörung zeigte sich nicht, Hinweise für Ich-Störungen und Zwänge bestanden nicht, eine Einengung auf Schmerzen wird angegeben, die Stimmung wird als deutlich gedrückt bei erhaltener Modulationsfähigkeit beschrieben und eine mittelgradig depressive Episode diagnostiziert sowie die Indikation zu einer Schmerztherapie gesehen. Der Sachverständige Dr. B. hat die Klägerin als in allen Qualitäten orientiert, bewusstseinsklar bei formal geordnetem Denken beschrieben. Auffassung, Konzentration und Merkfähigkeit waren ebenso unbeeinträchtigt wie das Gedächtnis und die Aufmerksamkeit. In der Untersuchung zeigte sich keine richtungsweisende Erschöpfung oder Ermüdung, Hinweise für eine hirnorganische Leistungsstörung, kognitive Störungen und intellektuelle Defizite bestanden keine. Wahrnehmungsstörungen, Ich-Störungen und paranoide Inhalte waren nicht gegeben, ebenso keine Hinweise für das Vorliegen einer Psychose aus dem endogenen Formenkreis oder eine eigenständige Antriebsstörung.

Zum neurologischen Befund hat der Sachverständige Dr. B. den Kopf als frei beweglich beschrieben, radikuläre Beschwerden konnten nicht provoziert werden, es zeigte sich kein Meningismus und kein Schädelklopfschmerz, die mimische Muskulatur war ungestört. Es bestand ein unauffälliger Muskeltonus, die grobe Kraft war allseits gut, Vorhalteversuche der Arme und Beine ungestört und die Feinmotorik der Hände ebenfalls gut, wobei der Sachverständige ergänzend darauf hinweist, dass in der lebendigen Begleitgestik und Spontanmotorik die rechte Hand völlig ungestört und auch kräftig einzusetzen war (Blatt 154R SG-Akte S 2 R 3520/14). Die Muskeleigenreflexe an den oberen und unteren Extremitäten waren normal auslösbar, eine leichte Gefühlsminderung zeigte sich nur im beugeseitigen Endgliedbereich des rechten Mittelfingers, der übrige sensible Status wird als allseits unauffällig beschrieben. In der Koordinationsprüfung zeigte sich kein Tremor, der Finger-Nase-Versuch war zielsicher, es bestand keine Rumpf-, Stand- oder Gangataxie. Der Romberg-Versuch gelang ohne Schwanken, der Unterberger-Versuch ohne Drehtendenz, das Gangbild war unauffällig bei seitengleicher Mitbewegung, der Zehen- und Hackenstand beidseits sicher möglich, ebenso der Seiltänzergang. Die Elektroneurographie ergab Normalbefunde.

Eine medikamentöse Behandlung wurde von der Klägerin gegenüber dem Sachverständigen verneint, ebenso die Einnahme von Schmerzmitteln (Blatt 151 SG-Akte S 2 R 3520/14) und die Durchführung einer neurologisch-psychiatrischen Behandlung oder Psychotherapie.

Gegenüber dem Sachverständigen Dr. B. hat die Klägerin angegeben, über einen Führerschein zu verfügen und das Auto zu nutzen, insbesondere zum Einkaufen, da es in ihrem Ort keine Läden gibt. Lediglich in größeren Städten fahre sie ungern, bei längeren Fahrtstrecken wechselt sie sich mit ihrem Mann ab. Die Klägerin hat einen Hund, mit dem sie dreimal täglich rausgeht, wandert in der Freizeit ganztägig mit dem Ehemann (angegeben wurden Wanderungen auf der Schwäbischen Alb und die Besichtigung von Burgen, Denkmälern und Städten), malt gerne mit Pastell und Kreide, auch bis zu zwei Stunden am Stück, und häkelt. Die Nachrichten im Fernsehen werden regelmäßig angeschaut. Weiterhin versorgt die Klägerin den Haushalt alleine mit Wäsche waschen, bügeln, putzen und aufräumen, auch Einkäufe erledigt sie alleine oder am Wochenende mit ihrem Mann. Weiter hat die Klägerin angegeben, zusammen mit dem Sohn aus erster Ehe im Elternhaus (bei B.) Gartenarbeiten zu verrichten sowie dort Freunde und Bekannte zu besuchen. Auch am damaligen Wohnort in B. wurden Kontakte zu den Nachbarn mit gemeinsamem Kaffeetrinken und Grillen angegeben. Weitere Aktivitäten wie Theater- und Konzertbesuche sowie Sport werden aufgrund der finanziellen Verhältnisse als nicht möglich beschrieben, ebenso Urlaubsreisen. Nach mehrstündiger Untersuchung konnte der Sachverständige keine Erschöpfung oder Ermüdung der Klägerin feststellen.

Der Sachverständige kommt aufgrund der neurologisch-psychiatrischen Untersuchung und der festzustellenden unbeeinträchtigten Alltagsbewältigung der Klägerin für den Senat überzeugend zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin ein vollschichtiges Leistungsvermögen gegeben ist, wobei qualitative Einschränkungen dahingehend bestehen, dass keine Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck, unter ständiger nervöser Anspannung und Tätigkeiten mit weit überdurchschnittlicher fordernden sozialen Interaktionen und Anforderungen an die Konfliktfähigkeit ausgeübt werden können. Weiter verneint der Sachverständige überzeugend Leistungseinschränkungen daraus, dass ein Bedarf für ambulante Psychotherapie besteht. Darauf, dass der Sachverständige die Klägerin unter Berücksichtigung des neurologischen Befundes sogar in der letzten beruflichen Tätigkeit für leistungsfähig hält, kommt es nicht entscheidungserheblich an.

Der Sachverständige hat hinsichtlich der Einschränkungen an der rechten Hand ausdrücklich nachgefragt und darauf die Auskunft erhalten (vgl. Blatt 154 SG-Akte S 2 R 3520/14), dass die Klägerin mit rechts häkle, male und schreibe sowie koche.

Hinsichtlich des endokrinologischen/internistischen Fachgebietes konnte der Senat das Bestehen eines benignen Hypophysentumors feststellen (radiologischer Befundbericht Dr. S. vom 12.09.2011, Blatt 56 SG-Akte S 2 R 3520/14), hinsichtlich dessen sich aus endokrinologischer Sicht keine Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit begründen lassen, wie der Facharzt für Innere Medizin F. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 18.09.2012 (Blatt 109 SG-Akte S 2 R 3520/14; einen unauffälligen körperlichen Befund beschreibend auch PD Dr. B. , C. , Endokrinologie, B. , Blatt 212 SG-Akte S 2 R 3520/14) für den Senat überzeugend ausgeführt hat (vgl. auch die sozialmedizinische Stellungnahme der Dr. K. vom 25.01.2013, Blatt 119 SG-Akte S 2 R 3520/14).

Auf kardiologischem Fachgebiet konnte der Senat, gestützt auf das internistisch/kardiologische Sachverständigengutachten des Dr. A. vom 25.04.2006 (Blatt 43 VA), feststellen, dass bei der Klägerin eine sehr schnell beeinflussbare sympathikone Steigerung der Herzfrequenz besteht, die dieser als Ausdruck einer erhöhten psychischen Reaktionsbereitschaft sieht und die, so Dr. A. , keinen Krankheitswert besitzt. Der geringgradige Mitralklappenprolaps wies prognostisch keine ungünstigen Kriterien auf, sodass Dr. A. überzeugend darlegt, dass eine ausreichende Leistungsfähigkeit für mittelschwere Arbeiten vollschichtig besteht. Gegenüber dem Sachverständigen Dr. B. (Blatt 152 SG-Akte S 2 R 3520/14) hat die Klägerin auch angegeben, dass die Herzrhythmusstörungen keine medikamentöse Behandlung erfordern und dass sie diese seit fünf Jahren soweit im Griff hat.

Letztlich konnte der Senat, gestützt auf die von ihm eingeholten sachverständigen Zeugenauskünfte, auch feststellen, dass die Klägerin weiterhin leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Gefährdung ihrer Gesundheit aber unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (siehe dazu oben) noch an 5 Tagen die Wochen jeweils 6 Stunden und mehr ausüben kann.

Die Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. H. (sachverständige Zeugenauskunft vom 06.01.2018, Blatt 67/97 Senatsakte) hat mitgeteilt, dass ein HWS-Syndrom, Bandscheibenschäden zwischen C 5-6-7, ein Vitamin-B-Mangel, Handgelenksschmerzen und eine Depression mit ausgeprägter somatoformer Schmerzstörung besteht und die Beschwerden an der Halswirbelsäule mit Schmerzen und Parästhesien der Hände an der einer unbehelligten Ausführung von Montagearbeiten hinderten, die Ausführung leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erachtet Dr. H. über sechs Stunden für möglich.

Die Neurologin Dr. E. (sachverständige Zeugenauskunft vom 10.01.2018, Blatt 98 Senatsakte) hat eine generalisierte Kraftminderung für alle Bewegungen der rechten Hand bei reduzierter Feinmotorik beschrieben, jedoch darauf hingewiesen, dass Einschränkungen im Hinblick auf die Feinmotorik bestehen können, aus neurologischer Sicht leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes aber sechs Stunden und mehr verrichtet werden können. Der Internist Dr. R. (sachverständige Zeugenauskunft vom 31.01.2018, Blatt 99 Senatsakte) konnte aufgrund des Prolaktinoms keine Leistungseinschränkung feststellen und hat auf das neurologische Fachgebiet verwiesen, aus dem von ihm vorgelegten Befundbericht vom 04.08.2014 (Blatt 101 Senatsakte) lässt sich lediglich eine leicht erhöhte mittlere Herzfrequenz entnehmen, in der Dopplerechokardiographie zeigte sich ein normal großer linker Ventrikel, eine normale Pumpfunktion und eine Relaxationsstörung.

Der Orthopäde Dr. B. gibt in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 07.02.2018 (Blatt 102 Senatsakte) Beschwerden in der rechten Hand, der Lenden- und Halswirbelsäule an, sieht aber ebenfalls eine Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule wird aufgrund der Untersuchung vom 13.12.2017 mit Rotation 60-0-60°, In-/Reklination 45-0-20° und Lateralflexion rechts/links 10-0-10° angegeben (Blatt 118 Senatsakte). Darüber hinaus ergibt sich aus dem Befundbericht des Orthopäden vom 07.09.2016 (Blatt 207 SG-Akte S 2 R 3520/14), dass die Röntgenuntersuchung des linken Fußes und des Sprunggelenkes in zwei Ebenen einen altersentsprechenden, unauffälligen radiologischen Befund ohne altersvorauseilende degenerative Veränderungen und keinen Frakturnachweis ergeben hat.

Letztlich hat der Arzt für Augenheilkunde Dr. R. (sachverständige Zeugenauskunft vom 28.03.2018, Blatt 153 Senatsakte) mitgeteilt, dass bei der im Januar 2018 durchgeführten Kontrolle keine Visusminderung vorlag, der Allergietest war unauffällig, das geklagte nässende Oberlidekzem war nicht verifizierbar. Zusammenfassend hält Dr. R. zwar das Tragen einer geeigneten Brillenkorrektur für Ferne und Nähe, also einer Gleitsichtbrille, für erforderlich, sieht jedoch mit einer solchen Brillenkorrektur überzeugend keine Einschränkungen des zeitlichen Leistungsvermögens.

Vor diesem Hintergrund hat der Senat festgestellt, dass die Klägerin in der Lage ist, an 5 Tagen pro Woche jeweils mindestens 6 Stunden leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten; zu beachten sind lediglich qualitative Einschränkungen. Dieses vollschichtige Leistungsvermögen besteht bezogen auf den Zeitpunkt des Rentenantrages und auch im Jahr 2014 sowie bis zur mündlichen Verhandlung des Senats. Insoweit führen auch weder körperliche und seelische Erkrankungen und Behinderungen zu einer zeitlichen, also quantitativen Limitierung des Leistungsvermögens noch ergibt sich aus den qualitativen Leistungseinschränkungen einzeln oder in Kombination eine solche zeitliche (quantitative) Einschränkung der Leistungsfähigkeit oder eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes. So liegt weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die trotz zeitlich nicht relevant eingeschränktem Leistungsvermögen eine rentenrechtliche Erwerbsminderung annehmen lassen. So ist die Klägerin auch in der Lage, 4-mal täglich Wegstrecken von jeweils 500 Metern zurückzulegen und zu Hauptverkehrszeiten öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, sie kann auch ihren PKW fahren, wie der Senat auf der Grundlage der Gutachten feststellen konnte. Die Klägerin ist damit nicht erwerbsgemindert, sie hat daher keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 bzw. Abs. 2 SGB VI.

Nachdem sich der Senat somit nicht vom Eintritt eines Leistungsfalles überzeugen konnte, kommt es auf das Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht entscheidungserheblich an. Lediglich ergänzend stellt der Senat diesbezüglich fest, dass am 10.05.2012 der letzte Pflichtbeitrag aus einem Entgelt von 7.127,00 EUR (Bezug von Arbeitslosengeld I) entrichtet worden ist (Versicherungsverlauf, Blatt 169 SG-Akte), sodass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen jedenfalls bis Mai 2014 vorgelegen haben.

Dass die Beklagte eine verbindliche Feststellung weiterer Zeiten getroffen hätte, konnte der Senat hingegen nicht feststellen. Das Schreiben vom 13.04.2012 (Blatt 197 SG-Akte) enthält keine verbindliche Feststellung von Zeiten, sondern nur den Hinweis, dass eine Zeit der Arbeitsunfähigkeit, die sich unmittelbar an den Bezug des Arbeitslosengeldes anschließe, als Anrechnungszeit wegen Krankheit berücksichtigt werden könne. Insoweit handelt es sich um einen abstrakten Hinweis auf die Rechtslage, jedoch nicht um eine Feststellung von Zeiten, insbesondere nicht um das Ergebnis einer Prüfung, ob bei der Klägerin eine zur Anrechnungszeit führende Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hat. Eine Unrichtigkeit der Auskunft sieht der Senat, anders als die Beklagte (vgl. Schriftsatz vom 13.02.2017, Blatt 228/229 SG-Akte S 2 R 3520/14), nicht.

Entsprechendes gilt für den Versicherungsverlauf vom 16.03.2017 (Blatt 189 Senatsakte). Dieser ist bereits mit "Klärung des Versicherungskontos" überschrieben und enthält den weiteren Hinweis, dass mit diesem eine Information über die im Versicherungskonto gespeicherten Daten erfolgt, die auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen sind. Weiter ist ausgeführt, dass nach Klärung des Versicherungskontos die im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, verbindlich durch Bescheid festgestellt werden. Bereits hieraus ergibt sich, dass die Beklagte gerade keine Regelung im Sinne einer verbindlichen Feststellung von Zeiten getroffen hat.

Dass der zur Kontenklärung übersandte Versicherungsverlauf keine verbindlichen Feststellungen enthält, folgt im Übrigen aus § 149 SGB VI. Danach unterrichtet der Träger der Rentenversicherung die Versicherten regelmäßig über die in ihrem Versicherungskonto gespeicherten Sozialdaten, die für die Feststellung der Höhe einer Rentenanwartschaft erheblich sind (Versicherungsverlauf), § 149 Absatz 3 SGB VI. Versicherte sind verpflichtet, bei der Klärung des Versicherungskontos mitzuwirken, insbesondere den Versicherungsverlauf auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen, alle für die Kontenklärung erheblichen Tatsachen anzugeben und die notwendigen Urkunden und sonstige Beweismittel beizubringen, § 149 Absatz 4 SGB VI. Hat der Versicherungsträger das Versicherungskonto geklärt oder hat der Versicherte innerhalb von sechs Kalendermonaten nach Versendung des Versicherungsverlaufs nicht widersprochen, stellt der Versicherungsträger die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalendermonate zurückliegen, durch Bescheid fest. Nach der gesetzlichen Regelung hat der Versicherungsträger somit zunächst einen Versicherungsverlauf zu erteilen und darf erst dann eine bindende Feststellung durch Bescheid treffen, sodass ersichtlich ist, dass dem zur Kontenklärung erteilten Versicherungsverlauf keine Rechtsverbindlichkeit zukommt. Dementsprechend ist, sofern andere als im Versicherungsverlauf aufgeführte Sachverhalte behauptet oder nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht werden oder der Träger der Rentenversicherung fehlerhafte Angaben im Versicherungsverlauf entdeckt, bei noch nicht bindend festgestellten Daten ohne Weiteres eine Korrektur möglich, nur soweit Bindungswirkung eingetreten ist, finden die Vorschriften der §§ 44 ff. SGB X Anwendung (Paulus in: Schlegel/Voelzke, juris-PK SGB VI, 2. Auflage 2013, § 149 RdNr. 75 f.). Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass § 149 Absatz 5 SGB VI die verbindliche Feststellung von Daten nur von Zeiten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, vorsieht, worauf in dem Anschreiben vom 16.03.2017 ebenfalls hingewiesen worden ist. Dementsprechend ist auch festzustellen, dass von dem Kontenklärungsverfahren nur die Zeiten bis maximal einschließlich 2011 betroffen sein konnten, auf die es vorliegend nicht entscheidungserheblich ankommt, insbesondere, nachdem in den Jahren 2005 bis 2011 durchgehend Pflichtbeitragszeiten im Versicherungskonto enthalten sind und daher die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen in diesem Zeitraum keine Schwierigkeiten aufweisen.

Anrechnungszeiten in der Zeit ab dem 11.05.2012, die gemäß § 43 Absatz 4 Nr. 1 SGB VI zu einer Verlängerung des Fünfjahreszeitraumes führen, konnte der Senat nicht feststellen. Gemäß § 58 Absatz 1 Nr. 1 SGB VI sind Anrechnungszeiten Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sind oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten haben. Anrechnungszeiten nach Absatz 1 Nr. 1 liegen nur vor, wenn dadurch eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit unterbrochen ist, § 58 Absatz 2 Satz 1 SGB VI. Der Begriff der Arbeitsunfähigkeit ist ausschließlich im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung zu verstehen (BSG, Urteil vom 25.02.2010 – B 13 R 116/08 R, juris RdNr.14; BSG, Urteil vom 25.02.2004 – B 5 RJ 30/02 R, juris RdNr. 21). Die Frage, nach welcher Tätigkeit sich die Arbeitsunfähigkeit bestimmt, richtet sich nach dem jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis. Hierbei ist bei fortdauernder Erkrankung im Hinblick auf den Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit zu differenzieren. Solange das Arbeitsverhältnis besteht, kommt eine Verweisbarkeit des erkrankten Arbeitnehmers zum Ausschluss von Arbeitsunfähigkeit nur im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses und in den Grenzen der arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten in Betracht, insbesondere kann auf Tätigkeiten bei einem anderen Arbeitgeber nicht verwiesen werden. Verliert der Versicherte nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit seinen Arbeitsplatz bleibt die letzte Tätigkeit zwar grundsätzlich für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit weiterhin maßgeblich, allerdings ist der Kreis der möglichen "Verweisungstätigkeiten" nicht mehr durch das konkrete Arbeitsverhältnis, sondern entsprechend der Funktion des Krankengeldes als Lohnersatz auf gleiche oder ähnlich geartete Tätigkeiten begrenzt, somit auf Tätigkeiten, die nach der Art der Verrichtung, der körperlichen und geistigen Anforderungen, der notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie nach der Höhe der Entlohnung mit der bisher verrichteten Arbeit im Wesentlichen übereinstimmen, sodass der Versicherte sie ohne größere Umstellung und Einarbeitung ausführen kann. Der in dieser Weise begrenzte krankenversicherungsrechtliche Berufsschutz für die bei Beginn der Erkrankung ausgeübte Tätigkeit entfällt dann, wenn ein auf die Beschäftigung bezogenes Versicherungsverhältnis entfallen ist, spätestens mit dem Ende des ersten Dreijahreszeitraums (BSG, Urteil vom 25.02.2004 – B 5 RJ 30/02 R, juris RdNr. 21). Nach Ablauf des Dreijahreszeitraums definiert sich eine fortdauernde Arbeitsunfähigkeit nicht mehr (eng) als Unfähigkeit zur Ausübung der beruflichen Tätigkeit, vielmehr liegt Arbeitsunfähigkeit nur dann vor, wenn der Versicherte auch nicht mehr arbeitsfähig für Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ist, was der vollen Erwerbsminderung entspricht (Bayrisches LSG, Urteil vom 20.12.2017 – L 1 R 1084/14, juris RdNr. 31).

Der Senat konnte, gestützt auf das Schreiben der G. GmbH vom 08.07.2008 (Blatt 40 Senatsakte) sowie des arbeitsgerichtlichen Vergleichs vom 12.01.2009 (Protokoll Blatt 41 Senatsakte), feststellen, dass das letzte Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Ablauf des 30.10.2008 geendet hat, sodass sich die Arbeitsunfähigkeit im Jahr 2012 nach der Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt richtet. Damit entsprechen sich Arbeitsunfähigkeit und volle Erwerbsminderung hinsichtlich des Bezugsberufs vorliegend.

Da Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit daher ist, ob bei der Klägerin volle Erwerbsminderung vorliegt, konnte der Senat eine Arbeitsunfähigkeit ab 2012 nicht feststellen, da er, wie oben ausgeführt, zu der Überzeugung gelangt ist, dass bei der Klägerin weder volle noch teilweise Erwerbsminderung besteht.

Daraus, dass die behandelnden Ärzte eine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt haben mögen (vgl. die Aufstellungen Blatt 175 SG-Akte), folgt nichts anderes. Eine Bindung an den Inhalt einer ärztlichen Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit besteht nicht. Dieser kommt vielmehr nur die Bedeutung einer ärztlich-gutachterlichen Stellungnahme zu, welche die Grundlage für den über den Krankengeldanspruch zu erteilenden Verwaltungsakt der Krankenkasse bildet. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist eine ärztliche Bescheinigung in diesem Sinne ein Beweismittel wie jedes andere, sodass der durch sie bescheinigte Inhalt durch andere Beweismittel widerlegt werden kann, ob eine solche Bescheinigung dort als ausreichender und keiner weiteren Überprüfung bedürfender Nachweis angesehen werden kann, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und unterliegt pflichtgemäßem richterlichen Ermessen (BSG, Urteil vom 08.11.2005 – B 1 KR 18/04 R, juris RdNr. 20 mwN). Die Tatsache, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt wurde, reicht daher nicht aus, um eine Anrechnungszeit zu begründen. Die vom Senat festgestellten medizinischen Befunde rechtfertigen die Annahme einer Arbeitsunfähigkeit nicht, sodass es nicht darauf ankommt, ob die behandelnden Ärzte von dem richtigen Bezugspunkt für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit ausgegangen sind.

Dahinstehen kann weiter, ob eine Unterbrechung im Sinne des § 58 Absatz 2 SGB VI vorliegt, die voraussetzt, dass die Fortsetzung einer versicherten Beschäftigung objektiv möglich bleibt, auch wenn es im Einzelfall wider Erwarten nicht dazu kommt (Fichte in: Hauck/Noftz, SGB VI, § 58 RdNr. 183). Verlängerungstatbestände nach § 241 Absatz 1 SGB VI konnte der Senat ebenfalls nicht feststellen.

Soweit die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Absatz 1 SGB VI geltend macht, scheidet ein solcher Anspruch schon deshalb aus, weil die Klägerin erst 1966 und damit nach dem Stichtag (02.01.1961) geboren ist.

Weiterer Ermittlungsbedarf bestand schon aufgrund der nicht (mehr) vorliegenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht. Abgesehen davon kommt es auch nicht entscheidend darauf an, dass sich die Klägerin seit 2001 bei der Gynäkologin Dr. B. in Behandlung befindet, da deren Befundberichte vom 28.11.2011 und 28.11.2016 aktenkundig sind (vgl. Blatt 126 und 166 Senatsakte), in diesen jedoch nur die Beschwerdeschilderung der Klägerin mitgeteilt wird und auf die Behandlung durch den Endokrinologen verwiesen wird. Diesbezüglich ist die sachverständige Zeugenauskunft des Internisten F. , Universitätsklinikum H. , vom 18.09.2012 (Blatt 84 Senatsakte) eingeholt worden, der mitgeteilt hat, dass sich keine Einschränkung des Leistungsvermögens durch das Prolaktinom ergibt. Auch der Befundbericht der C. vom 26.06.2013 (Blatt 212 SG-Akte S 2 R 3520/14) ist aktenkundig und ergibt ebenfalls keinen neuen Sachverhalt, abgesehen davon, dass der Prolaktin-Spiegel darin als doppelt so hoch beschrieben wird, nicht aber fünfach erhöht, wie die Klägerin geltend macht.

Ohne, dass es hierauf entscheidungserheblich ankommt, weist der Senat darauf hin, dass die Rentenleistungen und die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (medizinisch und beruflich) weder beziehungslos nebeneinanderstehen noch uneingeschränkt zeitgleich nebeneinander bezogen werden können. Zum einen bestimmt § 9 Absatz 1 Satz 2 SGB VI, dass die Leistungen zur Teilhabe Vorrang vor Rentenleistungen haben die bei erfolgreichen Leistungen zur Teilhabe nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen sind. Aus der gesetzlichen Systematik folgt daher, dass wenn Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Erfolgsaussichten haben, keine Rentenleistungen in Betracht kommen, sodass das parallele Verfolgen von Rentenansprüchen und Ansprüchen auf medizinische Rehabilitation nicht nachvollziehbar ist. Dadurch, dass zunächst Rehaleistungen verfolgt werden, ergibt sich deshalb kein Nachteil, da § 116 Absatz 2 SGB VI sowohl für den Fall, dass Rehaleistungen von Beginn an nicht erfolgversprechend sind, als auch für den Fall, dass diese erfolglos durchgeführt wurden, bestimmt, dass der Reha-Antrag als Rentenantrag gilt.

Insofern könnte sich eine ggf. vorzunehmende Umdeutung für die Klägerin auch als günstiger erweisen, da der Reha-Antrag zeitlich vor dem Rentenantrag gestellt worden ist. Dass dem ersten Antrag auf Leistungen zur beruflichen Reha noch Bedeutung zukommt, wird nicht anzunehmen sein, nachdem die Beklagte über diesen mit Bescheid vom 14.10.2009 entschieden hat und der hiergegen gerichtete Widerspruch zurückgenommen worden ist. Dass ein Grund für eine Anfechtung der Rücknahme, wie sie die Klägerin mit Schreiben vom 05.08.2010 erklärt hat, vorliegt, dürfte nicht anzunehmen sein. Darüber hinaus enthielt der Bescheid eine zeitliche Befristung bis 31.10.2010, sodass auch Erledigung im Sinne des § 39 SGB X eingetreten ist.

Hinsichtlich der Leistungen zur beruflichen Rehabilitation wird ein entsprechendes Leistungsvermögen vorausgesetzt, da diese nur erfolgversprechend sein können, wenn medizinisch keine Einschränkung des Leistungsvermögens für die Durchführung der Maßnahme besteht. Die medizinische Rehabilitation hat daher Vorrang vor der beruflichen Rehabilitation und beide Leistungen können nicht parallel zu erbringen sein.

Der Senat verkennt nicht, dass die Vorgehensweise der Beklagten nicht frei von Widersprüchen ist, was vorwiegend darauf zurückzuführen ist, dass die maßgeblichen Anknüpfungspunkte nicht hinreichend beachtet werden: Für die Rente wegen Erwerbsminderung ist allein auf den allgemeinen Arbeitsmarkt abzustellen, da die Klägerin keinen Berufsschutz beanspruchen kann. Für diesen besteht nach den vorliegenden Befunden (vgl. oben) ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Hinsichtlich der medizinischen Rehabilitation ist, ebenso wie bei der Frage der Arbeitsunfähigkeit, zu differenzieren und zu berücksichtigen, dass eine Umdeutung des Reha- in einen Rentenantrag nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift, Nachteile bei der Rente aufgrund der Inanspruchnahme vorrangiger Leistungen zur Rehabilitation zu vermeiden, nur in Betracht kommt, wenn eine rentenrechtliche relevante Minderung der Erwerbsfähigkeit gegeben ist, im Falle der Klägerin also eine solche für den allgemeinen Arbeitsmarkt, die nicht besteht. Für die berufliche Reha kann es hingegen nur auf die letzte Tätigkeit als Montagearbeiterin ankommen, die aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben worden ist. Insoweit haben die Leistungen der Beklagten darauf gerichtet zu sein, die Klägerin wieder auf dem der letzten Tätigkeit entsprechendem Niveau in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Hierzu bedarf es zunächst einer Konkretisierung des beruflichen Leistungsvermögens der Klägerin, da mit der Feststellung, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ein vollschichtiges Leistungsvermögen besteht (was den Rentenanspruch ausschließt) keine Entscheidung darüber vorliegt, welche konkreten Tätigkeiten die Klägerin verrichten kann und welche Hilfen im Wege einer beruflichen Rehabilitation insoweit zu leisten sein können. Dabei muss insbesondere berücksichtigt werden, dass die Wertigkeit der bisherigen Tätigkeit zwar für die Rentengewährung keine Rolle spielt, indessen den Anknüpfungspunkt dafür bildet, in welchem Umfang Leistungen zur beruflichen Rehabilitation zu erbringen sind.

Nicht nachvollziehbar ist es allerdings, die berufliche Reha wegen aus gesundheitlichen Gründen nicht gegebener Reha-Fähigkeit abzulehnen, Leistungen zur medizinischen Reha aber nicht zu erbringen, weil diese keine Erfolgsaussichten haben, gleichzeitig aber eine Rente wegen Erwerbsminderung im Hinblick auf ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt abzulehnen. Eine solche Ablehnung dürfte wohl nur in Betracht kommen, wenn zwar keine Reha-Fähigkeit für die berufliche Reha besteht, aber eine ambulante Krankenbehandlung ausreichend ist und deshalb der Antrag auf (stationäre) Rehabilitation verneint wird.

Wenn die Beklagte indessen, wie auch der Senat, von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für den allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeht, bestehen keine Hinderungsgründe für die Absolvierung von Leistungen zur beruflichen Reha. Der Umstand, dass die Klägerin zu einer anderen Beurteilung ihrer Leistungsfähigkeit kommt, was im Hinblick darauf, dass klageweise auch ein Anspruch auf berufliche Reha verfolgt wird, schon nicht nachvollziehbar ist, dürfte in erster Linie eine Frage der Mitwirkung sein und in zweiter Linie die Frage nach einem Maßnahmeabbruch bei fehlender subjektiver Reha-Motivation aufwerfen, aber nicht von vornherein die Ablehnung von Reha-Maßnahmen rechtfertigen.

Aus vorgenannten Gründen ergibt sich gleichzeitig, weshalb ein Ruhen des Verfahrens nicht sachdienlich gewesen wäre, sodass die Anordnung eines solchen, trotz des mit Schreiben vom 04.03.2018 gestellten Antrags, nicht in Betracht gekommen ist.

Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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