L 1 KR 333/17

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 7 KR 538/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 333/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 25/18 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 9. Mai 2017 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 7. bis 12. Mai 2016. Streitig ist, ob der Krankengeldanspruch gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 Sozialgesetzbuch 5. Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) ruht.

Der 1972 geborene und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Kläger war seit 28. Juli 2015 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt und bezog Krankengeld durchgehend bis zum Ablauf der Höchstanspruchsdauer am 23. Januar 2017 - mit Ausnahme des hier streitigen Zeitraums. Der behandelnde Hausarzt B. bestätigte mit Folge-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, ausgestellt am 14. April 2016, weitere Arbeitsunfähigkeit bis Freitag, den 6. Mai 2016. Diese Bescheinigung ging am 21. April 2016 bei der Beklagten ein. Der Kläger suchte seinen Hausarzt sodann am Mittwoch, den 4. Mai 2016, einen Tag vor dem gesetzlichen Feiertag Christi Himmelfahrt auf. Der Hausarzt attestierte am 4. Mai 2016 weitere Arbeitsunfähigkeit bis zum 20. Mai 2016. Diese Bescheinigung ging gemäß Eingangsstempel am 13. Mai 2016 bei der Beklagten ein. Mit Bescheid vom 15. August 2016 lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld vom 7. Mai 2016 bis 12. Mai 2016 - unter Bewilligung im Übrigen - ab. Zur Begründung führte sie aus, die Meldung für den Zeitraum der Ablehnung sei nicht innerhalb einer Woche nach ärztlicher Feststellung am 4. Mai 2016 (d.h. bis zum 11. Mai 2016) erfolgt. Der Anspruch auf Krankengeld ruhe deswegen bis zur Nachholung der Meldung am 13. Mai 2016. Den am 14. September 2016 erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass sich aus dem Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes (SMD) vom 31. März 2016 eine fortbestehende erhebliche Gefährdung bzw. Minderung seiner Erwerbsfähigkeit ergebe. Mit Blick hierauf hätte der Beklagten die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit bekannt sein müssen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. November 2016 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 9. Dezember 2016 Klage zum Sozialgericht Gießen erhoben. Er hat geltend gemacht, dass § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V dem Zweck diene, den Krankenkassen eine zeitnahe Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit bzw. Einleitung von Maßnahmen zur Wiederherstellung zu ermöglichen und Leistungsmissbrauch entgegenzutreten. Das Gutachten des SMD habe auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vorgesehen. Wegen der im sozialmedizinischen Gutachten vorgeschlagenen innerbetrieblichen Umsetzung habe die Beklagte den Arbeitgeber des Klägers angeschrieben und erst im Juli 2016 dessen abschließende Antwort erhalten. Deshalb habe die Beklagte durchgehend von Arbeitsunfähigkeit ausgehen müssen. Leistungsmissbrauch liege damit nicht vor. Nach dem vom Gericht beigezogenen Gutachten des SMD vom 31. März 2016 konnte trotz erfolgter stationärer medizinischer Rehabilitation und versuchter stufenweiser Wiedereingliederung keine ausreichende Stabilisierung für die letzte Tätigkeit als Verwaltungsangestellter erreicht werden, so dass sich die Notwendigkeit für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne einer innerbetrieblichen Umsetzung ergab. Die Beklagte hat auf die angefochtenen Bescheide verwiesen.

Das Sozialgericht Gießen hat mit Urteil vom 9. Mai 2017 der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Bescheides verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 7. Mai 2016 bis zum 12. Mai 2016 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen. Der Anspruch des Klägers auf Krankengeld ruhe nicht gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V. Nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruhe der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet werde; dies gelte nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolge. Mit dieser Vorschrift solle - ebenso wie mit der Ausschlussregelung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V - sichergestellt werden, dass die Krankenkassen nicht die Voraussetzungen eines verspätet geltend gemachten Krankengeldanspruchs im Nachhinein aufklären müssten und so die Möglichkeit erhielten, die Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch Einschaltung des MDK (§ 275 SGB V) überprüfen zu lassen, um Leistungsmissbräuchen entgegentreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R –, juris). Entsprechend ihrem Zweck und ihrer Funktion bedürfe es der Meldung nicht nur beim erstmaligen Eintritt von Arbeitsunfähigkeit, sondern auch für ihr Weiterbestehen (Noftz in: Hauck/Noftz, SGB, 08/15, § 49 SGB V, Rn. 59). Die Meldung sei auch nicht überflüssig, wenn die Arbeitsunfähigkeit objektiv zweifelsfrei vorliege (BSGE 85, 271, 276). Die Versicherten könnten sich regelmäßig nicht darauf berufen, dass die Krankenkasse aus anderen Gründen die Arbeitsunfähigkeit habe prüfen müssen (vgl. BSGE 56, 13, 15). Etwas anderes gelte allerdings, wenn der Krankenkasse die konkrete Arbeitsunfähigkeit bereits aufgrund einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bekannt sei und sie wisse, dass der Versicherte weiterhin Krankengeld beanspruche (BSGE 111, 18); in diesem Fall sei das Berufen auf das formelle Fehlen der Meldung rechtsmissbräuchlich. Soweit nach dem Gutachten des SMD vom 31. März 2016 eine erhebliche Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit bestanden habe, sei dies nicht zwingend mit Arbeitsunfähigkeit gleichzusetzen. Ein Versicherter könne z.B. aktuell arbeitsfähig, aber gleichzeitig in seiner Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet sein, weil etwa bestimmte Erkrankungen immer wieder aufträten und zu einer ungünstigen Prognose führten. Die Feststellung der erheblichen Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit ersetze also nicht die Feststellung und Meldung von Arbeitsunfähigkeit. Soweit es in dem Gutachten heiße, dass keine ausreichende Stabilisierung für die letzte Tätigkeit habe erreicht werden können und eine innerbetriebliche Umsetzung notwendig sei, treffe dies jedoch eine Feststellung in Bezug auf Arbeitsunfähigkeit. Es spreche manches dafür, dass die Beklagte dies als Arbeitsunfähigkeit bis auf Weiteres, zumindest aber bis zu einer erfolgreichen innerbetrieblichen Umsetzung habe interpretieren müssen; dass eine solche Umsetzung im streitigen Zeitraum noch nicht erfolgt sei, habe die Beklagte gewusst, zumal sie selbst den Arbeitgeber wegen der Umsetzung angeschrieben habe und dieser noch nicht reagiert habe. Ob im vorliegenden Fall ausnahmsweise eine Meldung obsolet gewesen sei, könne jedoch offen bleiben. Denn die am 13. Mai 2016 zugegangene Meldung sei vorliegend als fristgerecht anzusehen. Zu melden sei nach dem Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V die Arbeitsunfähigkeit und zwar spätestens eine Woche nach ihrem "Beginn". Übertragen auf die hier vorliegende Situation einer abschnittsweisen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bedeute dies, dass die erneute Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der bisher bescheinigten Arbeitsunfähigkeit gemeldet werden müsse, um das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld zu verhindern. Liege der Krankenkasse eine ärztliche Bescheinigung vor, bedürfe es keiner weiteren Meldung der Arbeitsunfähigkeit für den dort bescheinigten Zeitraum (vgl. Brinkhoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 49 SGB V, Rn. 48). Vorliegend habe der Kläger die zunächst am 14. April 2016 bis zum 6. Mai 2016 ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit am 21. April 2016 bei der Beklagten gemeldet. Für diesen Zeitraum habe es also keiner weiteren Meldung bedurft. Zu melden war demnach wieder die weitere Arbeitsunfähigkeit ab dem 7. Mai 2016. Dies sei am 13. Mai 2016 durch Vorlage der weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 4. Mai 2016 bis 20. Mai 2016 erfolgt. Die Wochenfrist des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ab Beginn der (weiteren) Arbeitsunfähigkeit sei damit eingehalten. Dem stehe es nicht entgegen, dass die weitere Arbeitsunfähigkeit ab dem 7. Mai 2016 schon am 4. Mai 2016 festgestellt worden sei. Denn § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V stelle im Gegensatz zu § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V nicht auf den - von der Beklagten zugrunde gelegten - Tag der ärztlichen Feststellung, sondern den Beginn der (weiteren) Arbeitsunfähigkeit ab. Entscheidend sei damit - auch unter Berücksichtigung des Zwecks der Ruhensvorschrift - allein, dass nach Ablauf der gemeldeten befristeten Arbeitsunfähigkeit spätestens binnen einer Woche die weitere (ärztlich festgestellte) Arbeitsunfähigkeit gemeldet werde. Dies sei hier mit der Meldung weiterer Arbeitsunfähigkeit über den 6. Mai 2016 hinaus bis (zunächst) zum 20. Mai 2016 mit Einreichung des Attests am 13. Mai 2016 erfolgt. Würden die beiden ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zeitlich unmittelbar aneinander anschließen - anstatt wie hier überlappen - wäre über die Rechtzeitigkeit der Meldung ein Streit erst gar nicht entstanden. Mit Blick auf Wortlaut und Normzweck des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V könne für den Fall zeitlich überlappender Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nichts anderes gelten. Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 22. Juni 2017 zugestellte Urteil am 5. Juli 2017 Nichtzulassungsbeschwerde zum Hessischen Landessozialgericht erhoben (L 1 KR 269/17 NZB). Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 24. August 2017 die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 9. Mai 2017 zugelassen und das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren weitergeführt. Die Beklagte trägt zur Berufungsbegründung ergänzend vor: Soweit es zu Überschneidungen von Zeiträumen komme, sei die Frist zwar auch gemäß § 26 SGB X i. V. m. §§ 187 ff. BGB zu berechnen, allerdings sei für bereits im Voraus und im Rahmen des § 5 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 der AU-Richtlinie prognostizierte und auch gemeldete Zeiträume kein Ruhen auszusprechen. Der konkrete Ruhenszeitraum schließe demnach an das Ende der zuvor bescheinigten Arbeitsunfähigkeit an. Insoweit sei der Ruhenszeitraum vom 7. Mai 2016 bis 12. Mai 2016 korrekt.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Gießen vom 9. Mai 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Kläger verweist auf die erstinstanzliche Entscheidung und vertritt die Auffassung, dass bei überlappenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zur Berechnung der Wochenfrist nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V auf den Tag nach dem Ende der zuerst bescheinigten Arbeitsunfähigkeit abzustellen sei. So werde es seiner Kenntnis nach auch bei anderen Kassen gehandhabt.

Im Erörterungstermin am 25. Februar 2018 haben sich beide Beteiligte mit einer Entscheidung durch den Senat ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Sitzungsniederschrift vom 25. Januar 2018, Bl. 81 und 82 der Gerichtsakte).

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen sowie wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte, die Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Entscheidung konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sich die Beteiligten mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt haben, §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Berufung ist nach Zulassung durch den Beschluss des Senats vom 24. August 2017 zulässig, insbesondere ist die Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb der einmonatigen Rechtsmittelfrist des § 145 Abs. 1 SGG eingelegt worden. Der Einlegung einer gesonderten Berufung bedurfte es gemäß § 145 Abs. 4 SGG nicht.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Gießen hat der Klage mit Urteil vom 9. Mai 2017 zu Recht stattgegeben. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit er einen Anspruch auf Krankengeld in gesetzlicher Höhe für den Zeitraum vom 7. Mai 2016 bis zum 12. Mai 2016 verneint, denn ein Ruhen des Krankengeldanspruchs gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ist nicht eingetreten.

Rechtsgrundlage des Krankengeldanspruchs ist § 44 Abs. 1 SGB V. Die Voraussetzungen des Anspruchs liegen vor; die Arbeitsunfähigkeit des Klägers ist unstreitig und wurde ausweislich der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Hausarztes B. am 14. April 2016 und am 4. Mai 2016 gemäß § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V ärztlich festgestellt.

Der Anspruch des Klägers auf Krankengeld vom 7. Mai 2016 bis zum 12. Mai 2016 ruht auch nicht gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V.

Nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Die Vorschrift wurde zum 1. Januar 1989 durch das Gesundheits-Reformgesetz (GRG; BGBl. I 1988, 2477, hierzu: BT-Drs. 11/2237) in das Sozialgesetzbuch eingeführt und hat die bis dahin gültige Regelung in § 216 Abs. 3 Reichsversicherungsordnung (RVO), die bereits im Jahre 1930 Gesetz geworden war (4. Abschnitt 2. Titel Art. 1 Nr. 24 der Verordnung des Reichspräsidenten vom 26. Juli 1930, RGBl. I, 311), übernommen.

Mit der Regelung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V soll (ebenso wie mit der Ausschlussregelung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V) sichergestellt werden, dass die Krankenkassen nicht die Voraussetzungen eines verspätet geltend gemachten Krankengeldanspruchs im Nachhinein aufklären müssen und so die Möglichkeit erhalten, die Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK, § 275 SGB V) überprüfen zu lassen, um Leistungsmissbräuchen entgegentreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können (ständige Rechtsprechung: BSG, Urteile vom 16. Dezember 2014 - B 1 KR 37/14 R und B 1 KR 35/14 R; vom 12. März 2013 - B 1 KR 7/12 R; vom 8. November 2005 - B 1 KR 30/04 R und vom 8. Februar 2000 - B 1 KR 11/99 R).

Eine eigentliche Meldefrist sieht die Vorschrift nach ihrer Konstruktion (Grundsatz/Ausnahme) nicht vor; das Ruhen knüpft grundsätzlich an den negativen Tatbestand ("solange nicht gemeldet wird") an. Mittelbar bewirkt der 2. Halbsatz mit der sanktionsfrei gestellten Nachholung der Meldung binnen einer Woche (Heilung) indessen eine Meldefrist. Dabei handelt es sich um eine (materielle) Ausschlussfrist (BSG, Urteil vom 28. Oktober 1982, 3 RK 59/80). Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand ist nach § 27 Abs. 5 SGB X wegen des besonderen Gesetzeszweckes zeitnahe Prüfung der Arbeitsunfähigkeit - unzulässig (BSG, Urteil vom 8 Februar 2000, B 1 KR 11/99 R; Schifferdecker in: KassKomm. § 49 SGB V Rn. 46; Noftz in: Hauck/Noftz § 49 Rn. 63).

Die sich aus § 49 Abs. 1 Nr. 5, 2. Halbsatz SGB V mittelbar ergebende Meldefrist ist nach § 26 Abs. 1 und 3 SGB X i.V.m. den §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB zu berechnen. Sie beginnt mit dem Tage, der auf den des tatsächlichen Eintritts der Arbeitsunfähigkeit folgt und endet eine Woche später mit dem Ablauf des Tages, der dem Tag entspricht, an dem die Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist bzw. am nächsten Werktag bei Fristende auf einem Samstag, Sonn- oder Feiertag (§ 26 Abs. 3 SGB X).

Die Frist knüpft nach dem eindeutigen Wortlaut an den Beginn der Arbeitsunfähigkeit an und beginnt daher mit dem Tag nach dem tatsächlichen Arbeitsunfähigkeitsbeginn, nicht mit dem Tag der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (vgl. Schifferdecker in: KassKomm. § 49 Rn. 44; Noftz in: Hauck/Noftz § 49 Rn. 63). Der Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5, 2. Halbsatz SGB V stellt dabei zwar zunächst auf die erstmalige Bescheinigung einer Arbeitsunfähigkeit ab ("Beginn der Arbeitsunfähigkeit"). In Rechtsprechung und Literatur besteht jedoch Einigkeit dahingehend, dass die Meldeobliegenheit der Arbeitsunfähigkeit in § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V bei befristeter Krankschreibung nicht auf die erstmalige Bewilligung von Krankengeld beschränkt ist. Bei jeweils befristeten (abschnittsweisen) Folgebescheinigungen müssen Versicherte auch bei Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit wie vorliegend - grundsätzlich vor Fristablauf diese ärztlich feststellen lassen (§ 46 SGB V) und ihrer Krankenkasse binnen Wochenfrist melden, wenn sie das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld verhindern wollen (BSG, Urteile vom 10. Mai 2012 - B 1 KR 20/11 R; vom 2. November 2007 - B 1 KR 38/06 R; vom 26. Juni 2007 B 1 KR 37/06 R; vom 26. Juni 2007 - B 1 KR 8/07 R; vom 16. Dezember 2003 B 1 KR 24/02 B; vom 8. Februar 2000 - B 1 KR 11/99 R; Schifferdecker in: KassKomm-SGB, SGB V, § 49 Rn. 33; Knittel in: Krauskopf, SozKV, SGB V, § 49 Rn. 32; Just in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 49 Rn. 279).

Nach Auffassung des Senats ist im Falle befristeter bzw. abschnittsweiser Folgebescheinigungen für den Beginn der Meldefrist des § 49 Abs. 1 Nr. 5, 2. Halbsatz SGB V auf den Tag, bis zu dem zuletzt Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wurde, abzustellen und entgegen der Auffassung der Beklagten nicht auf den Tag der ärztlichen Feststellung der (neuen) Folgebescheinigung. Im vorliegenden Fall hat der Hausarzt B. am 14. April 2016 Arbeitsunfähigkeit bis zum 6. Mai 2016 festgestellt. Diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ging der Beklagten am 21. April 2016 und damit unstreitig binnen Wochenfrist zu. Am Mittwoch, dem 4. Mai 2016 hat der Hausarzt mit einer Folgebescheinigung Arbeitsunfähigkeit bis 20. Mai 2016 attestiert. Da mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 14. April 2016 bereits Arbeitsunfähigkeit bis 6. Mai 2016 (Freitag) attestiert war, beginnt nach Auffassung des Senats die für die Meldefrist gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5, 2. Halbsatz SGB V maßgebliche - neue und noch nicht gemeldete - Arbeitsunfähigkeit erst am 7. Mai 2016 (Samstag), so dass mit Eingang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 4. Mai 2016 bei der Beklagten am 13. Mai 2016 (Freitag) die Wochenfrist gewahrt blieb.

Die Auffassung der Beklagten, maßgeblich sei der Tag der ärztlichen Feststellung der neuen Folgebescheinigung, ist vom Wortlaut der Vorschrift nicht gedeckt und kann auch nicht durch den Zweck der Norm begründet werden. Aufgrund der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 14. April 2016 war die Arbeitsunfähigkeit des Klägers bis 6. Mai 2016 ärztlich bescheinigt; einer weiteren Meldung der Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 6. Mai bedurfte es nicht mehr. Für die Beklagte bestand gerade nicht die Gefahr, die Arbeitsunfähigkeit des Klägers mangels Meldung bis 6. Mai 2016 nachträglich aufzuklären. Die Beklagte erkennt in ihrem Schriftsatz vom 8. August 2017 selbst, dass auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit abzustellen ist. Aus ihrer Beobachtung, dass dieser Tag mehr oder weniger regelmäßig mit dem Tag der ärztlichen Feststellung zusammenfällt, schließt die Beklagte jedoch unzutreffend, dass stets der Tag der ärztlichen Feststellung maßgeblich sei.

Der Senat nimmt gemäß § 153 Abs. 2 SGG ergänzend Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im Urteil vom 9. Mai 2017.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved