S 18 SB 1183/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
18
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 18 SB 1183/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 70 statt 40.

Die Beklagte bot in einem Verfahren vor dem Sozialgericht Aachen (Aktenzeichen S 16 SB 129/08) die Feststellung eines GdB von 40 an. Dem lag die Bewertung einer Funktionsstörung der Wirbelsäule mit einem Einzel – GdB von 30, der unteren Extremitäten mit einem Einzel – GdB von 20 sowie einer Funktionsstörung der oberen Extremitäten, Hautveränderungen und Ohrgeräuschen/Ohrentzündung jeweils mit einem Einzel – GdB von 10, zugrunde. Nachdem der am 27.01.1967 geborene Kläger das Angebot zur Erledigung des Rechtsstreites annahm, legte die Beklagte mit Ausführungsbescheid vom 30.04.2010 dar, sie habe die Feststellung eines GdB von 50 angeboten. In Ausführung dieses Angebotes stelle sie einen GdB von 40 fest.

Am 17.05.2016 beantragte der Kläger die Feststellung eines höheren GdB sowie der gesundheitlichen Voraussetzungen für diverse Nachteilsausgleiche. Zur Begründung führte er Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule, der unteren Gliedmaßen, Hautveränderungen, Ohrgeräusche, eine Funktionsstörung der oberen Gliedmaßen, einen Tumor am linken Innenohr und eine chronische Pankreatitis an.

Die Beklagte zog radiologische Arztbriefe des Herrn H. (9/2006), des Dr. L. (4/2016) und des Dr. I. (9/2013) bei und holte einen Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. Q. (18) mit Arztbriefen der medizinischen Klinik III des Universitätsklinikums der RWTH Aachen – Schwerpunkt: Gastroenterologie und Stoffwechselkrankheiten (10/2003), des Gastroenterologen Dr. L. (7/2009), des Radiologen T. (8/2013), des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Q. (4/2014), des Medizinischen Zentrums der Städteregion Aachen (11/2014), der Kardiologen Dr. W. (8/2015) und Dr. H. (2/2016), des Orthopäden Dr. I. (3/2016) und der Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Düsseldorf (5/2016) ein.

Versorgungsärztlich wurden, im Vergleich zu den Verhältnissen bei Erlass des vorangegangenen Bescheides, unverändert bewertete Funktionsstörungen erkannt.

Mit Bescheid vom 02.08.2016 lehnte der Beklagte den Antrag deshalb ab.

Der Kläger legte hiergegen am 24.08.2016 Widerspruch ein. Die bereits bestehenden Krankheiten hätten sich verschlechtert, auch seien mehrere neue Diagnosen gestellt worden, die eine Anhebung des Schweregrades als gerechtfertigt erscheinen ließen.

Die Beklagte holte einen Befundbericht des Orthopäden Dr. I. mit radiologischem Arztbrief des Dr. H. (5/2016) ein, ferner ein Befundbericht des Hals – Nasen – Ohrenarztes Dr. C.

Nachdem versorgungsärztliche kein Anlass zu einer abweichenden Bewertung gesehen wurde, wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2016 als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 14.12.2016 anwaltlich vertreten Klage erhoben.

Der Kläger leide unter einem Akustikneurinom. Die Tumorerkrankung gehe mit einer erheblichen Beeinträchtigung des Hörvermögens einher. Jedenfalls im derzeitigen Stadium sei bis zur Heilung ein Einzel – GdB von 50 gerechtfertigt. Im Zusammenhang mit der damit einhergehenden hochgradigen Schwerhörigkeit von ca. 60 % auf dem linken Ohr, zu bewerten mit einem Einzel – GdB von 20, bestehe ein GdB von 60. Unter Berücksichtigung der weiteren gesundheitlichen Einschränkungen bestehe bereits ein GdB von mindestens 60, wobei zu berücksichtigen sei, dass der Kläger ganz erheblich in den oberen und unteren Extremitäten eingeschränkt sei. Diesbezüglich habe die Beklagte die Einzel – GdB deutlich zu niedrig angesetzt. Der Kläger leide unter starken Schulterschmerzen links mit erheblicher Beeinträchtigung des Schultergelenkes. Im rechten Schultergelenk bestehe eine starke Gelenksarthrose. Jeweils sei ein Einzel – GdB von 20 gerechtfertigt. Schließlich bestehe ein Knorpelschaden im rechten Knie mit anhaltenden Schmerzen und Bewegungseinschränkungen, der einen GdB von 30 rechtfertige. Im Übrigen seien die psychischen Beschwerden vollkommen unberücksichtigt geblieben. Es liege eine schwere depressive Verstimmung vor, die mit einem weiteren GdB von 30 zu bewerten sei. In der Gesamtschau ergebe sich ein GdB von mindestens 70.

Das Gericht hat Befundberichte des Dr. L. (Neurochirurgie des Medizinischen Versorgungszentrums am Universitätsklinikum Düsseldorf), des Dr. Facharztes für Allgemeinmedizin Q. mit Arztbriefen der Neurochirurgie des MZ des Uniklinikums Düsseldorf (5/2016, 12/2016, 2,7/2017) mit MRT- Befund des Institutes für diagnostische und Interventionelle Radiologie des Universitätsklinikums Düsseldorf (1/2017) und weiteren vorbekannten bzw. älteren Arztbriefen sowie ein Befundbericht des H-N-O-Arztes Dr. C. eingeholt.

Sodann hat das Gericht Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Facharztes für Orthopädie, Rheumatologie Dr. X. vom 03.05.2018 mit Zusatzgutachten des Facharztes für Hals – Nasen – Ohren – Heilkunde Prof. Dr. B.vom 20.09.2017 und des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. C. vom 28.03.2018.

Prof. Dr. B. hat für das Funktionssystem "Ohren" zwei Einzel – GdB von 10 (hochgradigen Schwerhörigkeit links und Tinnitus) erkannt, aus denen er einen GdB von 20 gebildet hat. Für ein (noch nicht vollständig beseitigtes) Akustikusneurinom nach stereotaktischer Bestrahlung im Juli 2017 in kurativer Intention sei kein weitergehender GdB festzustellen. Dr. Bröcheler hat im Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" einen Einzel – GdB von 20 in Ansatz gebracht. Dieser habe auch schon in den Jahren vor 2016 vorgelegen. Dr. Weeg hat sowohl die versorgungsärztlichen Vorbewertungen auf orthopädischem Fachgebiet als auch den Gesamt – GdB von 40 bestätigt.

Der Kläger erklärt auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung, Kontrolluntersuchungen des Akustikusneurinoms hätten weiterhin einen stabilen Verlauf gezeigt. Mit Verweis auf den objektiven Befund des gerichtlichen Sachverständigen sei jedoch ein Einzel – GdB von 50 zutreffend.

Nach Rücksprache mit dem zuletzt aufgesuchten Facharzt für Psychiatrie (T.) seien die psychischen Beeinträchtigungen nicht ausreichend berücksichtigt. Es liege bei dem Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung und eine Persönlichkeitsstörung mit parasuizidalen Handlungen vor. Der Kläger werde aufgrund dessen seit Dezember 2017 krankgeschrieben.

Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.08.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2016 zu verpflichten, bei dem Kläger ab Antragstellung, dem 17.05.2016, einen GdB von 70 festzustellen.

Die Vertreterin der Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hält das Ergebnis der Sachverständigen für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Akte zum Verfahren S 16 SB 129/08 und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG) ist unbegründet.

Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 02.08.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2016 nicht beschwert; § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung ist rechtmäßig. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als mit Ausführungsbescheid vom 30.04.2010 festgestellt. Es unterliegt keinen Zweifeln, dass mit diesem Bescheid – ab dem 12.12.2007 – ein GdB von 40 festgestellt wurde. Der Verfügungssatz des Bescheides ist insoweit eindeutig und wird auch nicht dadurch zweifelhaft, dass die Beklagte sich auf ein Regelungsangebot bezieht, mit dem sie die Feststellung eines GdB von 50 angeboten habe, zumal das im Verfahren S 16 SB 129/08 dem Kläger bzw. seinem damaligen Bevollmächtigten übersandte Regelungsangebot die Feststellung eines GdB von 40 beinhaltete.

A. Da die Beklagte mit dem angesprochenen Ausgangsbescheid bereits eine Feststellung des GdB vorgenommen hat, richten sich die Voraussetzungen für die begehrte Neufeststellung mit Änderungsantrag vom 17.05.2016 nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Ein Verwaltungsakt, der einen Grad der Behinderung feststellt, ist ein Dauerverwaltungsakt (vgl. etwa BSG, Urteil vom 17. April 2013 – B 9 SB 3/12 R –, Rn. 26, juris; anders die Ablehnung der Feststellung: BSG, Urteil vom 16. März 2016 – B 9 SB 1/15 R –, SozR 4-3250 § 69 Nr 22, Rn. 10 m.w.N.). Eine wesentliche Änderung ist dann anzunehmen, wenn sich durch eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes eine Erhöhung des Gesamtbehinderungsgrades um wenigstens 10 ergibt. Die Änderung der Behinderungsbezeichnung oder das Hinzutreten weiterer Teil-Behinderungen ohne Auswirkung auf den Gesamtbehinderungsgrad allein stellen noch keine wesentliche Änderung dar (BSG, a.a.O.; vgl. BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 – B 9 SB 17/97 R –, BSGE 82, 176-183, SozR 3-3870 § 4 Nr 24, Rn. 16). Für die wesentliche Änderung kommt es weder auf den Inhalt des Vergleichsbescheides noch auf die von der Behörde bei der früheren Feststellung oder später angenommenen Verhältnisse, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse und deren objektive Änderung an (BSG SozR 3870 § 4 Nr 3; BSGE 65, 301 = SozR 1300 § 48 Nr 60; BSG SozR 3 - 3870 § 4 Nr 10 S 42; Steinwedel, in: KassKomm, SGB X, Stand 6/2018, § 48, Rn. 14, 19, Rn. 18 zu rechtlichen Änderungen).

Beweisbelastet für das Vorliegen und das Ausmaß einer wesentlichen Änderung im dargelegten Sinne ist nach den allgemeinen Beweislastregeln, nach denen derjenige rechtserhebliche Tatsachen zu beweisen hat, der sie als für ihn günstig behauptet, im vorliegenden Fall der Kläger. Es gilt der Beweismaßstab des Vollbeweises. Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht erforderlich, dass die maßgeblichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch notwendig ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch noch zweifelt, d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 20. März 2012 – L 15 SB 66/11 –, Rn. 40, juris; unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 05. Mai 1993 - 9/9a RV 1/9 -, juris; so auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.April 2013 - L 13 SB 3/13 -, juris).

B. Maßgebliche Bestimmung für die Feststellung des GdB ist § 152 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) in der ab 01.01.2018 gültigen Fassung vom 23.12.2016 (Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG; BGBl I 2016, 1824) (§ 69 SGB IX a. F.). Nach Abs. 1 Satz 1 der genannten Bestimmung stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Diese Vorschrift knüpft materiell-rechtlich an den in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bestimmten Begriff der Behinderung an.

Danach sind Menschen mit Behinderungen solche, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt nach S. 2 vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Durch diese zum 01.01.2018 in Kraft getretene, sich an Art. 1 der UN – Behindertenkonvention anlehnende neue Formulierung eines erweiterten Behinderungsbegriff nach dem biopsychosozialen Modell der Behinderung, sind inhaltlich im Vergleich zur vorangegangenen Definition der Behinderung in § 2 Abs. 1 SGB IX a. F. keine Änderungen erfolgt (vgl. die Gesetzesbegründung BT-Drs. 18/9522, S. 226: "Rechtsklarheit"; zu § 2 Abs. 1 a. F.: Urteil der Kammer vom 24. Oktober 2017 – S 18 SB 460/16 –, Rn. 41 ff., juris m.w.Nachw.; Schaumberg/Seidel, SGb 2017, S. 572 ff. und 618 ff.).

Nach § 152 Abs. 1 Satz 5 SGB IX sind die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben der Gesellschaft als GdB nach Zehnergraden abgestuft festzustellen. Wenn mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft vorliegen, wird nach § 152 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.

Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX in der bis zum 14.01.2015 gültigen Fassung galten für den GdB die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) - nach dem sich die Beurteilung des Schweregrades, dort des "Grades der Schädigungsfolgen" (GdS), nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen richtet - und der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Auf Grundlage der Vorgängervorschrift des § 30 Abs. 16, dem Abs. 17 des § 30 BVG in der bis zum 30.06.2011 gültigen Fassung, wurde mit Wirkung zum 01.09.2009 die Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und des § 35 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 08.12.2008 erlassen, die die bis zu diesem Zeitpunkt für die Bewertung des Grads der Behinderung maßgeblichen Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und im Schwerbehindertenrecht", Ausgabe 2008 (AHP 2008), ablösten. Den vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebenen AHP kam zwar keine Rechtsnormqualität zu, es handelte sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aber um antizipierte Sachverständigengutachten mit normähnlicher Wirkung (BSG, Urteil vom 30. September 2009 - B 9 SB 4/08 R -, juris; Urteil vom 24. April 2008 - B 9/9a SB 10/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr. 9; BSG, Urteil vom 18. September 2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 91, 205). Da insbesondere die maßgebliche Anlage 2 zu § 2 VersMedV, die die so genannten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VMG) beinhaltet, im Wesentlichen den AHP entspricht (vgl. die Begründung BR-Drucks. 767/08, S. 3 f.), waren mit dem Wechsel keine erheblichen inhaltlichen Änderungen verbunden (BSG, Urteil vom 30. September 2009 - B 9 SB 4/08 R -, juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. Dezember 2009 - L 11 SB 352/08 -, juris). Im Unterschied zu den AHP handelt es sich bei der VersMedV aber um eine Rechtsverordnung, d.h. eine für Verwaltungen und Gerichte verbindliche untergesetzliche Rechtsnorm, die im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 152 SGB IX auszulegen ist (vgl. BSG, Urteil vom 30.September 2009 - B 9 SB 4/08 R, juris; BSG, Urteil vom 23. April 2009 – B 9 SB 3/08 R –, Rn. 29, juris; Urteil der Kammer vom 24. Oktober 2017 – S 18 SB 460/16 -, Rn. 39 ff., juris).

Zum 15.01.2016 hat der Gesetzgeber in § 70 Abs. 2 SGB IX das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des Grades der Behinderung und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Diese Ermächtigung findet sich seit dem 01.01.2018 in § 153 Abs. 2 SGB IX (näher: Goebel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl. 2018, § 153 SGB IX, Rn. 5). Solange noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten indes gemäß § 241 Abs. 5 SGB IX (159 Abs. 7 SGB IX a.F.) weiterhin die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend (vgl. hierzu BT-Drucksache 18/3190, S. 5; vgl. hierzu weiter: Urteil der Kammer vom 24. Oktober 2017 – S 18 SB 460/16 -, Rn. 26, juris).

Der hier streitigen Bemessung des GdB ist damit die GdS-Tabelle der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Teil A) zugrunde zu legen. Nach den allgemeinen Hinweisen zu der Tabelle (Teil A) sind die dort genannten GdS-Sätze Anhaltswerte. In jedem Einzelfall sind alle leistungsmindernden Störungen auf körperlichem, geistigem und seelischem Gebiet zu berücksichtigen und in der Regel innerhalb der in Ziffer 2 e) genannten Funktionssysteme (Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren; Atmung; Herz-Kreislauf; Verdauung; Harnorgane; Geschlechtsapparat; Haut; Blut und Immunsystem; innere Sektion und Stoffwechsel; Arme; Beine; Rumpf) zusammenfassend zu beurteilen. Die Beurteilungsspannen tragen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung. (Teil B, Ziffer 1 a) S. 3). Bei Gesundheitsstörungen, die in der Tabelle nicht aufgeführt sind, ist der GDS in Analogie zu vergleichbaren Gesundheitsstörungen zu beurteilen (Teil B Z. 1 b)).

Die Bemessung des GdB folgt dabei nicht starren Beweisregeln, sondern ist aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigengutachten sowie der Versorgungsmedizinischen Grundsätze in freier richterlicher Beweiswürdigung nach natürlicher, wirklichkeitsorientierter und funktionaler Betrachtungsweise festzustellen (BSG, Urteil vom 24. April 2008 – B 9/9a SB 10/06 R -, Rn. 28, juris; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. Juni 2012 – L 13 SB 127/1 -,Rn. 42, juris unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 11. März 1998 - B 9 SB 9/97 R -, Rn. 10, juris m.w.N.).

C. Diesen Maßgaben folgend rechtfertigen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers im hier maßgeblichen Prüfungszeitraum vom 17.05.2016 (Antragstellung) bis zum 09.10.2018 (Tag der mündlichen Verhandlung) die Feststellung eines höheren GdB als 40 nicht. Insofern ist keine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X seit Erlass des Ausführungsbescheides vom 30.04.2010 objektiviert. Dies ergibt sich für die Kammer aus einer Gesamtschau der vorhandenen ärztlichen Unterlagen, insbesondere den medizinischen Feststellungen und Bewertungen in den eingeholten Sachverständigengutachten. Die sozialmedizinischen Bewertungen des Sachverständigen Dr. Weeg sind unter rechtlichen Gesichtspunkten in Bezug in Bezug auf die Funktionsstörungen der Wirbelsäule und der Beine nach unten zu korrigieren. Der seitens des Sachverständigen Hals – Nasen – Ohrenarztes Prof. Dr. Alberty angesetzte GdB von 20 für das Funktionssysteme Ohren ist auf 10 zu reduzieren. Der bestätigte GdB von 40 ist als Maximalbewertung zu bezeichnen und mangels einer wesentlichen Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen seit der Feststellung vom 30.04.2010 weiterhin von der Beklagten beizubehalten.

I. Der Kläger leidet unter folgenden Gesundheitsstörungen:

• Funktionsstörung des Rumpfes, Wirbelsäule: Einzel – GdB 20 mit Tendenz nach oben • Funktionsstörung Gehirn, einschließlich Psyche: Einzel – GdB 20, mit Tendenz nach oben • Funktionsstörung der Ohren: Einzel-GdB 10 • Funktionsstörung der Beine: Einzel – GdB 10 • Funktionsstörung der Arme: Einzel-GdB 10

II. 1. Im Funktionssystem "Rumpf" bestehen mit der Umschreibung der bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen durch den orthopädischen Sachverständigen Dr. X. (zu Beweisfrage 1) ein chronisches Cervicalsyndrom bei Osteochondrose C4/5, Prolaps C4/5, C5/6, Osteochondrose C6/C7 mit end – bis mittelgradiger schmerzhafter Bewegungseinschränkung; mit leichtgradigem Reizzustand der paravertebralen Muskulatur ohne neurologische Reizerscheinungen und ein chronisches Lumbalsyndrom mit leicht– mit mittelgradigen schmerzhaften Bewegungs– und Belastungseinschränkungen bei Osteochondrose und Spondylosis deformans L 3 bis S 1, ohne neurologische Reizerscheinungen, die mit einem GdB von 30, wie ihn der Sachverständige in Ansatz bringt, etwas zu hoch bewertet sind. Unter rechtlichen Gesichtspunkten ist ein GdB von 20 noch ausreichend.

Nach Teil B Ziffer 18.9 VMG sind Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität mit keinem GdB zu bewerten. Bei geringen funktionellen Auswirkungen beträgt der GdB 10, bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt 20. Bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein GdB von 30 festzustellen. Ein GdB von 30-40 kommt nur bei mittelgradigen bis schweren Funktionsstörungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten in Betracht. Besonders schwere Auswirkungen (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumprothese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z.B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose bedingen einen GdB von 50 und mehr.

Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompressionen mit motorischen Ausfallerscheinungen – oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose – sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (z.B. Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z.B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB von über 30 in Betracht kommen.

Bei dem Kläger liegen leicht bis mittelgradige Funktionsstörungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vor. Insofern liegt der GdB zunächst zwischen 20 und 30. Die sozialmedizinische Beschreibung des Befundes durch den Sachverständigen Dr. Weeg im Rahmen der Beurteilung des GdB (zu Beweisfrage 2a)- Bl. 16, 17 des Gutachtens) entspricht zwar nicht exakt der Einordnung im Rahmen der Beantwortung der Beweisfrage 1). Während der Sachverständige die Auswirkungen der Gesundheitsstörungen zunächst als end- bis mittelgradig schmerzhafte Bewegungseinschränkung im Bereich der Halswirbelsäule und leicht – bis mittelgradige schmerzhafte Bewegungs– und Belastungseinschränkung im Bereich der Lendenwirbelsäule beschreibt (Beantwortung der Beweisfrage 1 auf Seite 13 f. des Gutachtens), geht er im Rahmen der Bewertung des GdB von mittelgradigen schmerzhaften Bewegungseinschränkungen sowohl im Bereich der Halswirbelsäule als auch im Bereich der Lendenwirbelsäule aus. Letztere Umschreibung ist mit Blick auf die weiteren Feststellungen im Gutachten - möglicherweise die Vorbewertung der Beklagten nicht unterschreiten wollend – verkürzt.

So führt der Sachverständige zunächst differenziert und präzisierend aus, im Rahmen seiner klinischen Untersuchung der Halswirbelsäule habe sich eine end – bis mittelgradige schmerzhafte Bewegungseinschränkung mit leichtgradigem Reizzustand der paravertebralen Muskulatur gezeigt. Es bestünden keine neurologischen Ausfälle oder radikulären Reizerscheinungen. Die vorliegenden radiologischen Befunde stünden hierzu in Korrelation. Entsprechend legt der Sachverständige dar, bei der klinischen Untersuchung der Lendenwirbelsäule habe sich eine end – bis mittelgradige Einschränkung der Beweglichkeit mit leicht – bis mittelgradigem paravertebralen Reizzustand ohne neurologische Ausfälle oder radikuläre Reizerscheinungen gezeigt. Auch hier stünden die radiologischen Befunde in Korrelation zum klinischen Befund schmerzhafter Belastungseinschränkungen.

Diesen Ausführungen korrespondiert die Dokumentation der Begutachtung, die erkennen lässt, dass die Vergleichbarkeit zu mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt größer als zu schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt bzw. mindestens mittelgradigen Auswirkungen in zwei Abschnitten ist, so dass ein sog. "starker" Einzel-GdB von 20 der Annahme eines soeben erreichten Einzel – GdB von 30 aus Sicht der Kammer vorzuziehen ist, wobei diese Differenzierung ohnehin keine Bedeutung für den Gesamt-GdB (vgl. II.) hätte.

Der Kläger gab gegenüber dem Sachverständigen Dr. X. an, er leide seit ca. 20 Jahren unter Schmerzen im Bereich des Schulter–Nacken-Gürtels. Es bestünden immer wieder Schmerzen nach längeren einseitigen Haltungen und körperlichen Belastungen. Seit 25 Jahren leide er zudem unter Schmerzen in der caudalen LWS mit wiederkehrenden Schmerzen nach körperlichen Belastungen, längeren einseitigen Haltungen. Heben oder Tragen von Lasten lösten Schmerzen aus.

Im körperlichen Untersuchungsbefund fand sich im Stand eine gerade Wirbelsäule. Das Lot vom 7. Halswirbelkörper fiel in die Gesäßfurche. Die Beckenkämme standen auf gleicher Höhe, die Tailliendreiecke zeigten sich symmetrisch. Auch die Schulterblätter fanden sich auf gleicher Höhe. Bei der seitlichen Betrachtung ließen sich normale lordotische Schwingungen der Lendenwirbelsäule und der Halswirbelsäule erkennen. Es fand sich lediglich eine verstärkte kyphostische Schwingung der Brustwirbelsäule und über den Dornfortsätzen der caudalen Lendenwirbelsäule eine leichte Klopfschmerzhaftigkeit, jedoch kein Wirbelsäulenstauchungsschmerz. Muskelverspannungen im Bereich der Lendenwirbelsäule waren leicht – bis mittelgradig ausgeprägt.

Die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule wird im körperlichen Untersuchungsbefund (der Beantwortung der Beweisfrage 1 entsprechend) als end– bis mittelgradig eingeschränkt beschrieben. Bei der Untersuchung in Bauchlage fand sich ein leichter bis mittelgradiger paravertebraler Druckschmerz im Bereich der Lendenwirbelsäule, ein leichter Durchfederungsschmerz über L 4 bis S 1. Das Kreuzbein und die Kreuzdarmbeinfugen waren nicht druckschmerzhaft, das Menell`sches Zeichen negativ. Das Aufrichten aus der Rückenlage war etwas mühselig aber möglich, ebenso der Langsitz. Bei maximaler Anbeugung des Oberschenkels mit gebeugten Knien wurde bei der endgradigen Rotation ein Schmerz in der caudalen LWS angegeben Bei der Untersuchung im Stehen betrug der der Fingerbodenabstand bei maximaler Vorneigung mit 20 cm und lag insofern noch im Normbereich. Das Wideraufrichten geschah ohne Ausweichbewegungen. Die Schober`sche Messstrecke war mit 10/13 cm i. S. e. leicht- mittelgradig eingeschränkten Entfaltbarkeit verkürzt (Norm: 10/15cm). Die Seitneigungsfähigkeit der LWS war mit 20/0/20° (statt 30/0/30°) mäßig limitiert, die Rotation mit 30/0/30° noch frei. Bei der Untersuchung im Sitzen ließen sich Einschränkungen der Dreh – und Seitneigung der (Brust – und) Lendenwirbelsäule nicht erkennen. Die orientierend neurologische Untersuchung mit dem Befund seitengleich lebhafter Muskelreflexe ohne Störung der Motorik, ohne objektivierbare Sensibilitätsstörungen, ohne Nervenreizerscheinungen an den unteren Extremitäten bei beidseits negativem Lasègue und Pseudo – Lasègue, seitengleich auslösbaren Reflexen und dem Fehlen sensomotorischer Störungen objektiveren keine mindestens mittelgradigen funktionellen Auswirkungen. Es zeigten sich keine radikulären oder pseudoradikulären Schmerzausstrahlungen und keine neurologischen Ausfälle.

Im Bereich des Schulter – Nackengürtels bestand eine Druckschmerzhaftigkeit der paravertebralen Muskulatur. Die Bewegungsmaße der Halswirbelsäule mit einem Vorwärtsneigen bis Kinn-/ Brustbeinabstand 0,5 cm, Rückwärtsneigung 30° (statt 40°), Seitneigen 30/0/30° (Normalwert), Seitwärtsdrehen 60/0/60° - bei maximaler Vorneigung 30/0/30° (Normwert) - ohne radikuläre oder pseudoradikuläre Schmerzausstrahlungen bei der Bewegungsprüfung stellen eine letztlich moderate Funktionseinschränkung dar, die die Grenze der Mittelgradigkeit für sich betrachtet nicht erreicht. Der orientierend neurologische Befund ändert die Einschätzung nicht. Auch im Bereich der Halswirbelsäule verlief die orientierende neurologische Untersuchung ohne Auffälligkeiten. Die Muskeleigenreflexe der oberen Extremitäten waren seitengleich lebhaft, es bestanden keine Störung der Motorik, keine objektivierbare Sensibilitätsstörung und keine Nervenreizerscheinungen.

Die Feststellungen des orthopädischen Sachverständigen werden durch die Befunderhebungen des psychiatrischen Sachverständigen bestätigt. Dr. C. hat eine regelrechte In – und Reklination des Schädels und der Seitwärtsbewegungen festgehalten. Ein umschriebener lokaler Druckschmerz fand sich nicht. Die Muskeleigenreflexe an den oberen und unteren Extremitäten waren beidseits gut auslösbar (Bizeps, Trizeps-, Vorderarmperiostreflexe sowie Patellasehenreflexe und Achillessehnenreflexe), der Muskeltonus insgesamt unauffällig. Insbesondere fanden sich keine spastischen Zeichen, kein Faszikulieren und kein muskulären Atrophien. Im Armvorhalteversuch und Beinhalteversuch bestand keine Absinktendenz, die Zeichen nach Lasègue waren beidseits negativ, der Fingerbodenabstand betrug 20 cm. Im Bereich der Sensibilität war das Berührungs – und Schmerzempfinden in allen Bereichen regelrecht. Spitze und stumpfe Reize wurden ebenfalls in allen untersuchten Bereichen unterschieden. Kalte und warme Reize wurden beidseits erkannt. Lage – und Bewegungsempfindung an Fingern und Zehen waren intakt, das Vibrationsempfinden ungestört.

Der behandelnde Orthopäde Dr.I.hat mit Arztbrief vom 04.03.2016 dargelegt, der Kläger habe über Beschwerden in seinem Bewegungsapparat berichtet. Betroffen sei in erster Linie die linke Schulterregion. Er habe über zusätzliche Beschwerden im Bereich der HWS, welche bei bestimmten Kopfbewegungen bis hin zum Schulterblatt ausstrahlten, berichtet sowie über wiederkehrende lumbale Beschwerden und habe ein gelegentliches Taubheitsgefühl der rechten Großzehe beklagt. Die HWS – Funktion war bei dem dokumentierten Untersuchungsbefund aus dem Februar 2016 schmerzfrei eingeschränkt mit Vor – Rückneigung 30 – 0 – 20° (statt 50 – 0 – 40°), Rotation 50 – 0 – 50° (statt 60 – 0 – 60°) und Seitneigung 10 – 0 – 10° (statt 30 – 0 – 30°). (Erst) hier wird erkennbar, dass immerhin zeitweise mittelgradige Funktionsbehinderungen im Bereich der HWS bestehen.

Auch der Befundbericht des Hausarztes Dr. Q. vom 12.03.2017 kann jedoch keine überwiegenden mittelgradigen Funktionseinschränkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten objektivieren. Am 26.08.2015 hat der Hausarzt vermerkt, der Kläger habe wieder zeitweise erhebliche Muskelverspannungen, die früher erfolgreich mit Tetrazepam behandelt worden seien. Da das Medikament aufgebraucht sei, nehme der Kläger ersatzweise und nur bei Bedarf Oxazepam. Von Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule wird ein nächstes Mal im April 2016 berichtet. Nach einer Schlägerei sei die Muskulatur im Bereich der Halswirbelsäule rechts mehr als links verspannt, Kopfbewegungen seien rechts bis 30° und links bis 45° möglich gewesen - nicht erkennbar wird, ob damit die Seitneigung oder die Drehung gemeint ist. Das Beugen und Strecken des Kopfes war jeweils lediglich endgradig schmerzhaft eingeschränkt. Anfang Juni 2016 beklagte der Kläger immer noch HWS – Beschwerden links nach der Schlägerei am 28.03.2016. Die HWS – Beweglichkeit nach links, nach oben und vorn waren jeweils nur endgradig eingeschränkt. Seitlich bestand eine etwas vermehrte HWS – Verspannung. Im weiteren Verlauf wird von einer psychovegetativen Überlagerung der Beschwerden berichtet, die unter der Einnahme von Amitriptylin hätten halbiert werden können, so dass der Kläger subjektiv "einigermaßen klar komme". Anfang November 2016 wird nochmals eine verspannte Halswirbelsäule vermerkt. Beschwerden und Behandlungen im Bereich der Lendenwirbelsäule werden weder hausärztlicherseits noch durch den Orthopäden dokumentiert (vgl. auch dessen Befundbericht an die Beklagte vom 22.09.2016).

Auch die klägerseitig angegebene Medikation vermag eine höhere Bewertung nicht zu rechtfertigen. Soweit der Kläger dem Sachverständigen Dr. C. die Einnahme von Tetrazepam, Tildin, Ibuprofen, Opipramol und Duloxitin, deren Dosierung er im Übrigen nicht genau bezeichnen konnte, angegeben hat, mag dies eine Auflistung im Laufe der Zeit eingesetzter Medikamente darstellen. Es ist jedoch nicht von einer aktuellen und zeitgleichen Einnahme der Medikamente auszugehen. Dies lässt sich schon aus dem soeben dargelegten Inhalt des Befundberichtes des Dr. Q. schließen, der eine in der Vergangenheit liegende Anwendung von Tetrazepam und Ende 2016 den Einsatz von Amitriptylin festgehalten hat, wobei der Einsatz abseits der Dokumentation einer neuropathischen Schmerzkomponente eher mit Blick auf die beschriebenen psychovegetative Überlagerung der Beschwerden erfolgt sein dürfte. Die Medikationsangebe des Klägers gegenüber dem Sachverständigen Dr. Weeg weicht von den Angaben gegenüber Dr. C. ab, wobei Zeit und Maß des Einsatzes von Ibuprofen und Tildin gegen Schmerzen im Bewegungsapparat offenbleiben. Im Ergebnis ist festzustellen, dass keine Schmerzen zu objektivieren sind, die über das Maß des vorliegenden organischen Befundes (Verschleißerscheinungen) und die damit in Einklang stehenden Bewegungseinschränkungen hinausgehen, so dass eine Anhebung des GdB nach Teil A Ziffer 2. lit. j) VMG nicht erfolgen kann. Hiernach schließen die in der GdS – Tabelle angegebenen Werte üblicherweise vorhandene Schmerzen mit ein und berücksichtigen auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände. Nur wenn nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen werden kann, die eine ärztliche Behandlung erfordert, kann ein höherer GdB angesetzt werden. Beispielhaft werden Kausalgien und stark ausgeprägte Stumpfbeschwerden nach Amputationen genannt. Soweit Dr. C. eine undifferenzierte Umgangsweise mit Schmerzen festgestellt hat, wie sie auch im o.a. Befundbericht des Hausarztes zum Ausdruck kommt, ist dies im Funktionssystem "Gehirn, einschließlich Psyche" zu bewerten. Zutreffend weist der Sachverständige darauf hin, dass dieser undifferenzierte Umgang mit Schmerzen (nicht allein auf den Bewegungsapparat bezogen) nicht soweit reiche, dass eine schmerztherapeutische Behandlung oder eine auffällig vermehrte ärztliche Konsultation erfolgt wäre.

2. Im Funktionssystem Psyche kann der von Dr. C. aufgrund der Auswirkungen einer Anpassungsstörung (ICD 10 F43.2) und akzentuierter Persönlichkeitszüge mit reduzierter Frustrationstoleranz, eingeschränkter Impulskontrolle und Verdacht auf leichtgradiger querulatorische Züge (ICD 10 Z73.1) erkannte GdB von 20 als sog. "starker" Einzel – GdB bezeichnet werden.

Ohne dass Diagnosen für die Beurteilung des Grades der Behinderung von wesentlicher Bedeutung wären, vielmehr u. U. lediglich als Indiz für die Ausprägung einer Funktionsstörung herangezogen werden können, da der GdB unabhängig von seiner Ursache in Bezug auf die final resultierende Teilhabefähigkeit zu beurteilen ist (vgl. Teil A Ziff. 2. a) VMG), ist anzumerken, dass der Sachverständige Dr. C. die von dem im Laufe der Gerichtsverfahrens (ab Dezember 2017) konsultierten Psychiater gestellten Diagnosen, insbesondere die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung, nicht bestätigt hat. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der behandelnde Psychiater nach Kenntnis der Kammer in auffälliger Häufung eine PTBS diagnostiziert, wobei sich seine Einschätzung – wie die Erfahrung der Kammer zeigt – zumeist nicht mit der weiterer Behandler bzw. der gerichtlich bestellten Sachverständigen deckt.

Nach den Kriterien der von der Weltgesundheitsorganisation herausgegebenen Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD – 10 F 43.1) entsteht eine PTBS als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Albträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls des Betäubtseins und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann.

Nach dem anerkannten Klassifizierungssystem der Psychiatrie "Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM)", werden die diagnostischen Kriterien unter sechs (in der 4. Aufl.; A-F) bzw. 8 Kriterien (in der 5. Aufl.; A bis H) weiter differenziert.

Nach der 4. Aufl. (DSM-IV-TR 309.81) gelten folgende Grundsätze: Das Hauptmerkmal der posttraumatischen Belastungsstörung ist die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Das traumatische Ereignis beinhaltet unter anderem das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat (Kriterium A1). Die Reaktion der Person auf das Ereignis muss intensive Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen umfassen (Kriterium A2). Charakteristische Symptome, die aus der Konfrontation mit der extrem traumatischen Situation resultieren, sind das anhaltende Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen an das Ereignis (Kriterium B1), von wiederkehrenden, quälenden Träumen, in denen das Erlebnis nachgespielt wird oder in anderer Form auftritt (Kriterium B2), von Erleben von oft als "Flashbacks " bezeichneten dissoziativen Zuständen, während derer einzelne Bestandteile des Ereignisses wieder erlebt werden (Kriterium B3) oder, wenn die Person mit Ereignissen konfrontiert wird, die sie an Aspekte des traumatischen Ereignisses erinnern oder die diese symbolisieren, in Form von intensiver psychischer Belastung (Kriterium B4) oder physiologischer Reaktionen (Kriterium B5). Charakteristische Symptome sind auch die andauernde Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma assoziiert sind, und eine Abflachung der allgemeinen Reagibilität in der Form, dass die Person im Allgemeinen versucht, Gedanken, Gefühle oder Gespräche über das traumatische Ereignis (Kriterium C1) und Aktivitäten, Situationen oder Personen, die die Erinnerung an das Ereignis wachrufen (Kriterium C2) absichtlich zu vermeiden, wobei die Vermeidung des Erinnerns die Unfähigkeit mit einschließen kann, sich an einen wichtigen Aspekt des traumatischen Ereignisses zu erinnern (Kriterium C3), oder in Form von verminderter Reaktionsbereitschaft auf die Umwelt, welche üblicherweise sehr bald nach dem traumatischen Erlebnis eintritt (Kriterium C4), eines Gefühls der Isolierung und Entfremdung von Anderen (Kriterium C5) oder einer deutlich reduzierten Fähigkeit, Gefühle zu empfinden (Kriterium C6) oder in der Form, dass betroffene Personen das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft haben (Kriterium C7). Charakteristische Symptome sind auch anhaltende Symptome erhöhten Arousals in Form von Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten, die durch wiederholte Albträume, in denen das traumatische Erlebnis wieder erlebt wird, hervorgerufen werden können (Kriterium D1), Hypervigilanz (Kriterium D4) und übertriebener Schreckreaktion (Kriterium D5), wobei manche Personen über Reizbarkeit oder Wutausbrüche (Kriterium D2) oder Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder Aufgaben zu vollenden (Kriterium D3), berichten. Das vollständige Symptombild muss länger als einen Monat anhalten (Kriterium E) und die Störung muss in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursachen (Kriterium F). Traumatische Erfahrungen, die direkt erlebt wurden, umfassen insbesondere kriegerische Auseinandersetzungen, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Folterung, Kriegsgefangenschaft, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, schwere Autounfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit. Hinsichtlich Beginn und Dauer der Symptome wird unterschieden zwischen der akuten posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Dauer der Symptome weniger als drei Monate beträgt), der chronischen posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Symptome drei Monate oder länger andauern) und der posttraumatischen Belastungsstörung mit verzögertem Beginn (wenn mindestens sechs Monate zwischen dem traumatischen Ereignis und dem Beginn der Symptome vergangen sind). Die Symptome, wie beispielsweise verminderte affektive Schwingungsfähigkeit, dissoziative Symptome, somatische Beschwerden, Gefühle der Insuffizienz in Form von Hoffnungslosigkeit, sozialer Rückzug, ständiges Gefühl des Bedrohtseins oder beeinträchtigte Beziehung zu anderen oder Veränderung der Persönlichkeit im Vergleich zu früher beginnen normalerweise innerhalb der ersten drei Monate nach dem Trauma, obwohl sich die Ausbildung der Symptome aber auch um Monate oder sogar Jahre verzögern kann. Die Schwere, Dauer und Nähe der Person bei Konfrontation mit dem traumatischen Ereignis sind die wichtigsten Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit bestimmen, mit der die Störung sich entwickelt. Es gibt Hinweise, dass soziale Unterstützung, Familienanamnese, Kindheitserfahrungen, Persönlichkeitsvariablen und vorbestehende psychische Störungen die Ausbildung einer posttraumatischen Belastungsstörung beeinflussen können. Die Störung kann sich auch bei Personen entwickeln, bei denen zuvor keine besondere Auffälligkeit vorhanden war, besonders dann, wenn es sich um eine besonders extreme Belastung handelt.

Seit Mai 2013 ist als Nachfolger des DSM-IV-TR die 5. Auflage (DSM-5) veröffentlicht (vgl. Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen DSM-5, Deutsche Ausgabe herausgegeben von Peter Falkai und Hans-Ullrich Wittche, 2015 Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG). Anders als in DSM-IV fällt bei DSM-5 nunmehr das A2-Kriterium weg, andererseits lässt das A-Kriterium nach DSM-5 aber eine rein subjektive Bedrohung nicht mehr genügen.

An dem Diagnosesystem der 5. Aufl. wird in der Fachwelt die fehlende Validität bemängelt und das vereinfacht viele Gesunde zu Kranken gemacht werden (vgl. zur grundsätzlichen Kritik insbesondere National Institute of Mental Health [ein Pendant zum Staatlichen Gesundheitsamt], DSM-5 and RDoC: Shared Interests - "The diagnostic categories represented in the DSM-IV and the International Classification of Diseases-10 (ICD-10, containing virtually identical disorder codes remain the contemporary consensus standard for how mental disorders are diagnosed and treated." [Die diagnostischen Kategorien in DSM-IV und ICD-10 bleiben weiter der maßgebliche Code zur Einordnung psychischer Erkrankungen]), M. 13, 2013, und A. F., Normal, Gegen die Inflation psychiatrischer Diagnosen, 2013, siehe hierzu auch A. St., DSM-V: Bedeutung für die Begutachtung, der Medizinische Sachverständige 2015, 162, 165 ff.; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 27. August 2015 – L 6 VS 4569/14 –, Rn. 41, juris).

Daher wird zur Validierung einer PTBS auch in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung weiterhin neben den Kriterien des ICD-10 vornehmlich auf das DSM-IV abgestellt (vgl. u (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Oktober 2014 – L 17 U 709/11 –, Rn. 61, juris; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 25. August 2015 – L 3 U 239/10 –, Rn. 40, juris) (zum Ganzen Urteil der Kammer vom 09.06.2016, S 18 S 18 VG 27/14, nicht veröffentlicht).

Vor diesem Hintergrund wird ohne weiteres nachvollziehbar, dass der psychiatrische Sachverständige erklärt hat, dass das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht festzustellen gewesen sei. Bereits das A1- Kriterium wird nicht nachvollziehbar. Im Rahmen der biografischen Anamnese hat der Kläger angegeben, dass versucht worden sei, ihm im Alter von 2, 5 Jahren, während er im Rahmen eines Krankenhausaufenthaltes in der Badewanne lag, eine Kette vom Hals zu nehmen. Dabei habe er sich gewehrt, so dass man ihn unter Wasser gedrückt habe. Auch habe man ihm dort gewaltsam Kamillentee eingeflößt. Bereits im Alter von 1,5 Jahren habe er – bei bestehendem Besuchsverbot - bei einem Aufenthalt im Aachener Universitätsklinikum Gewalt erfahren. Diesbezüglich hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass Erinnerungen an Ereignisse im zweiten Lebensjahr üblicherweise nicht in detaillierter Form wiederzugeben oder in konkreter Form für den erwachsenen Menschen erinnerbar seien. Weiterhin hat der Kläger angegeben, wegen seiner Narben im Gesicht in der Kindheit gehänselt worden und im Alter von 12 oder 13 Jahren durch einen Mann im Schwimmbad unsittlich berührt worden zu sein. In der späteren Jugend kam es nach den Angaben des Klägers zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, wobei er eine Gelegenheit erinnere, bei der er durch sein Vater im Stich gelassen worden sei. Anknüpfungspunkte für das A2 Kriterium fehlen. Insbesondere aber weist Dr. C. schlüssig darauf hin, dass die Erinnerungen des Klägers die B-Kriterien nicht erfüllt. Beim Bericht über Gewalterfahrung bzw. sexuellen Missbrauch sei keine gesteigerte vegetative Erregbarkeit oder psychomotorische Anspannung festzustellen gewesen. Dies habe sich in der testpsychologischen Untersuchung bestätigt. Die vorliegende Anpassungsstörung sei keine Reaktion auf ein konkretes Ereignis, vielmehr u.a durch Sorge um seinen Gesundheitszustand geprägt. Der Kläger mache zudem allgemein in seinem Alltag Gewalterfahrungen, die er als Ablehnung interpretiere. Hier füge sich ein, dass der Kläger etwa eine Mobbingsituation in seinem ehemaligen Wohnumfeld oder eine ungerechtfertigte Behandlung durch Mitarbeiter des Jobcenters angebe. In der Problemschilderung falle auf, dass eigene Anteile an den Konfliktsituationen nicht reflektiert würden. Der Kläger neige dazu, Verantwortung oder Schuld zu externalisieren. Dies verweise auf die diagnostisch als akzentuiert beschriebenen Persönlichkeitszüge, die jedoch nicht das Ausmaß einer Persönlichkeitsstörung erreichten. Letztlich habe sich auch keine Vermeidung der in Betracht kommenden auslösenden Ereignisse gezeigt (vgl. C Kriterium).

Die Kriterien einer voll ausgeprägten somatoformen Störungen werden nach der Beurteilung des Sachverständigen ebenfalls nicht erreicht. Der Kläger empfinde eine Belastung durch Schmerzen verschiedener Lokalisation. Auch zeige sich eine undifferenzierte Umgangsweise mit den Schmerzen. Es fehle indes das widerholte Darbieten körperlicher Symptome i.V.m. hartnäckiger Forderung nach medizinischen Untersuchungen trotz wiederholter negativer Ergebnisse, die bei somatoformen Störungen typisch sei.

Nach Teil B Nr. 3.7 VMG werden leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 bewertet. Für stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) ist ein Bewertungsrahmen von 30 bis 40 vorgesehen. Schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten werden mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit 80 bis 100 bewertet.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts können zur Auslegung die vom ärztlichen Sachverständigenbeirat am Beispiel des "schizophrenen Residualzustandes" entwickelten Abgrenzungskriterien herangezogen werden (vgl. BSG, Urteil vom 23. April 2009 - B 9 VG 1/08 -, Rn. 43, juris, unter Bezugnahme auf die Beschlüsse des ärztlichen Sachverständigenbeirats vom 18./19. März 1998 und vom 8./9. November 2000; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 06.02.2013 - L 11 SB 245/10 -, Rn. 45 ff., juris; vgl. auch Wendler/Schillings, Versorgungsmedizinische Grundsätze, Teil B Ziffer 3.7; Steffens, in: Nieder/Losch/Thomann, Behinderungen zutreffend einschätzen und begutachten, B 3, S. 86 ff.). Danach werden leichte soziale Anpassungsschwierigkeiten angenommen, wenn z. B. Berufstätigkeit trotz Kontaktschwäche und/oder Vitalitätseinbuße auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch ohne wesentliche Beeinträchtigung möglich ist (wesentliche Beeinträchtigung nur in besonderen Berufen, z. B. Lehrer, Manager) und keine wesentliche Beeinträchtigung der familiären Situation oder bei Freundschaften, z. B. keine krankheitsbedingten wesentlichen Eheprobleme bestehen. Psychische Anpassungsschwierigkeiten, die einen Behinderungsgrad von 30 bis 40 rechtfertigen, sind nach dem Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirates (BMA am 18./19.03.1998 – zitiert nach Rohr/Sträßer, Teil B: GdS-Tabelle-19, 96. Lfg. – Stand Dezember 2011) durch Kontaktschwäche und/oder Vitalitätseinbuße gekennzeichnet. Dieses Kriterium ist zur differenzierenden Einschätzung von Anpassungsschwierigkeiten analog auch dann heranzuziehen, wenn die Symptomatik der psychischen Störungen ganz unterschiedlich ist (Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirats, BMA am 8./9.11.2000, Rohr/Sträßer, a.a.O., GdS-Tabelle-18). Grundzüge der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit finden ihren Niederschlag in den Beschreibungen der weiteren Bereiche der Teilhabe gemäß der ICD (International Classification of Diseases): tägliche Routine durchführen, mit Stress umgehen, Kommunikationsfähigkeit, Mobilität, Selbstversorgung, auf Gesundheit achten, häusliches Leben, Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfes beschaffen, Mahlzeiten vorbereiten, Hausarbeiten erledigen, anderen helfen, mit Fremden umgehen, Erholung und Freizeit, politisches Leben u.a ... Auch die familiäre und soziale Erlebnis- sowie die berufliche Gestaltungsfähigkeit sind einzubeziehen. Dabei ist eine Abgrenzung zu den Kriterien für mittelgradige soziale Anpassungsstörungen zu wahren (Urteil der Kammer vom 09. Januar 2018 – S 18 SB 1001/16 –, Rn. 31, juris m.w.N.).

Unter Zugrundelegung dessen ist die Einschätzung des psychiatrischen Sachverständigen aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, wobei unter Berücksichtigung der undifferenzierten Umgangsweise mit Schmerzen von einem Einzel-GdB mit Tendenz nach oben auszugehen ist.

Dr. C. hat dargelegt, dass das Störungsbild als sozialmedizinisch als leichtere psychische Störung einzustufen sei. Die angeführte Anpassungsstörung sei aus psychiatrischer Sicht nicht die führende Problematik. Der Kläger reagiere auf belastende Umstände mit dem Gefühl von Niedergeschlagenheit und auch Verbitterung. Begünstigt und gefördert werde diese Erlebnisweise durch die beschriebenen Persönlichkeitsanteile. Durch diese gerate der Kläger in der zwischenmenschlichen Interaktion durchaus in konflikthafte Situationen. Nach eigenen Angaben habe dies in der Vergangenheit häufiger zu Gewalt, wenngleich nicht zu unkontrollierten Gewaltsexzessen, geführt. Querulatorische Züge deuteten sich etwa in der Vielzahl angestrengter sozialgerichtlicher Verfahren an. Die reduzierte Frustrationstoleranz und eingeschränkte Impulskontrolle hätten sich naturgemäß entwickelt und seien nicht in jüngster Vergangenheit entstanden. Es gelinge dem Kläger jedoch, Beziehungen zu führen. Die familiären Verbindungen zu seinen Eltern seien stabil und von einem Verantwortungsbewusstsein geprägt. Der Kläger sei zudem in der Lage, seinen Alltag zu strukturieren, kümmere sich um erforderliche Aufgaben im Sinne von Behördengängen oder sonstiger Selbstversorgung (Hygiene, Einkäufe, Ernährung etc.). Darüber hinaus ist dem Kläger eine Versorgung seiner beiden Hunde möglich, wobei ein Hund zudem erkrankt ist und einen erhöhte Fürsorge erfordert. Der Kläger hat dem Sachverständigen Dr. C. berichtet, er sei oft draußen mit dem Hund, je nach Befinden des Hundes 3-7 mal am Tag für jeweils ca. eine halbe Stunde.

Eine relevante Beeinträchtigung des Schlafes ist bei einer Einschlafzeit von 30-45 Minuten und einer Schlafdauer von 6-7 Stunden nächtlich nicht zu eruieren. Rätselhaft bleibt in Bezug auf die Tatsache, dass der Kläger seit 1991 arbeitslos ist, in Bezug auf welche Tätigkeit die Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen durch den seit Dezember 2017 behandelnden Psychiater erfolgt.

Der Einschätzung des Sachverständigen und die Beschreibung des Funktionsniveaus korrespondieren dessen psychopathologischem Befund: Körperlich und in der Kleidung machte der Kläger einen gepflegten Eindruck. Er war wach, bewusstseinsklar sowie zur Ort, Zeit, Situation und Person vollständig orientiert. Im Kontaktverhalten war er selbstsicher. Störungen des Neu – und Altgedächtnisses waren nicht auffallend. Die Intelligenz schien vom Gesamteindruck im Normalbereich zu liegen. Während des 2-stündigen Gesprächs verlor er 2-malig den Faden bei der Beantwortung der Fragen, wobei ihm dies selbst auffiel. Die Grundstimmung war euthym und nicht depressiv gedrückt. Die Antriebslage war energisch und lebhaft. Die affektive Modulationsfähigkeit war erhalten. Der formale Gedankengang war geordnet, inhaltliche Denkstörungen nicht festzustellen. Wahrnehmungsstörungen waren nicht zu erkennen. Die Ich – Integrität war intakt. Der Kläger berichtete von gesteigerter Reizbarkeit bei Provokationen. Nach eigenen Angaben sei es in der Vergangenheit zu verschiedenen Gewaltdelikten gekommen. Bei der Beschreibung dieser zeigte der Kläger einen indifferenten Affekt. Er erlebte die Gewalt jeweils als gerechtfertigt. Es ergaben sich keine Hinweise auf akute Eigen – und Fremdgefährdung. Der Kläger berichtete spontan und umfangreich, war dabei initiativ. Der Antrieb war nicht krankhaft verändert, eine tiefgreifende Depressivität nicht festzustellen. Phasenweise flackerte kurzfristig eine misstrauische Haltung auf. Klinisch imponierte keine ausgeprägte depressive Symptomatik, der Antrieb zeigte sich nicht beeinträchtigt. Der Kläger habe glaubhaft eine Unzufriedenheit mit seiner Lebenssituation vermittelt. In diesem Zusammenhang sei eine unterschwellige Verbitterung spürbar gewesen.

Der Sachverständige weist darauf hin, dass bislang keine derart stark ausgeprägten depressiven Zustände aufgetreten seien, die eine stationäre Behandlung erforderlich gemacht hätten. Auch ist zunächst keine konsequente psychiatrische Behandlung erfolgt und bis dato keine ambulante Psychotherapie durchgeführt worden. Die im Laufe des Klageverfahrens aufgenommene Behandlung beim Psychiater T. findet im Rahmen im Abstand von vier Wochen erfolgenden Vorstellungen statt. Initial sei das Medikament Opipramol verordnet worden, da er weiterhin unter Schmerzen gelitten habe, habe er Duloxetin erhalten, das – wie dem Befundbericht des Bahnen Hausarztes zu entnehmen ist – bereits in weiter zurückliegender Vergangenheit "gut geholfen" hat. Zuvor erfolgte eine fachpsychiatrische Vorstellung lediglich 2-malig sei er bei Herrn Sattlik (im Jahr 2014).

Der Arztbericht des Herrn T. vom 29.04.2014 enthält weder eine Diagnose noch einen psychopathologischen Befund. Aufgrund des Beschwerdevortrages des Klägers wurde seinerzeit eine Behandlung mit 15 mg Mirtazapin empfohlen, so dass auch zum damaligen Zeitpunkt nicht von einer klinisch relevanten Depression auszugehen ist. Vielmehr erscheint die Dosierung als Reaktion auf geklagte Unruhe, Anspannung und Schlafstörungen schlüssig.

3. Im Funktionssystem der Ohren ist der nachvollziehbaren Beurteilung des Sachverständigen Hals – Nasen – Ohrenarztes Prof. Dr. B. in den festgestellten Einzel-GdB zu folgen und für eine hochgradige Schwerhörigkeit des linken Ohres und eines beidseitigen Tinnitus ein Einzel – GdB von jeweils 10 anzusetzen. Eine Summierung auf einen GdB von 20 ist jedoch nicht begründbar. Die sozialmedizinische Bewertung, dass für Reste eines Akustikusneurinoms kein weiterer Einzel-GdB anzunehmen ist, hat der Sachverständige schlüssig und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise begründet.

Gemäß Teil B Z. 5 VMG ist für die Bewertung des GdB bei Hörstörungen die Herabsetzung des Sprachgehörs, deren Umfang durch Prüfung ohne Hörhilfen zu bestimmen ist, maßgebend. Der Beurteilung ist die von der Deutschen Gesellschaft für Hals – Nasen – Ohrenheilkunde, Kopf – und Hals– Chirurgie empfohlene Tabelle nach Z. 5. 2.4 VMG zugrunde zu legen. Nach Durchführung eines Ton – und Sprachaudiogramms ist der Prozentsatz des Hörverlustes aus den entsprechenden Tabellen (Z. 5.2.1 bis Z. 5.2.3 VMG) abzuleiten (Abs. 1). Die in der GdS – Tabelle enthaltenen Werte zur Schwerhörigkeit berücksichtigen die Möglichkeit eines Teilausgleichs durch Hörhilfen mit (Abs. 2). Sind mit der Hörstörungen andere Erscheinungen verbunden, z.B. Ohrgeräusche, Gleichgewichtsstörungen, Artikulationsstörungen oder außergewöhnliche psychoreaktive Störungen, so kann der GdS entsprechend höher bewertet werden (Abs. 3).

Unter Beachtung der Vorgaben der Z. 5 Abs. 1 des Teils B VMG hat der Sachverständige linksseitig einen Hörverlust von 70 % ermittelt. Bei einer Normalhörigkeit auf dem rechten Ohr resultiert nach der Tabelle in Z. 5.2.4 ein GdB von exakt 10.

Auch die Bewertung eines durch den Sachverständigen durch eine audiometrische Plausibilitätsprüfung validierten beidseitigen hochfrequenten Tongeräusches ist nicht zu beanstanden. Nach Teil B Z. 5.3 VMG ist ein Tinnitus ohne nennenswerte psychische Begleiterscheinung mit einem Einzel – GdB von 0-10 zu bewerten, erst bei erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen ist ein GdB von 20 gerechtfertigt. Ausgeprägte depressive Störungen mit wesentlichr Einschränkung der Erlebnis – und Gestaltungsfähigkeit führen zu einem höheren GdB. Der Sachverständige hat zutreffend darauf hingewiesen, dass trotz des Leidensvortrages des Klägers ("es zerreißt mich") eine höhere Bewertung nicht in Betracht komme. Zum einen werde keine spezifische Tinnitustherapie in Anspruch genommen, zum anderen bestünden weder Hinweise auf erhebliche psychovegetative Begleiterscheinungen oder eine auf den Tinnitus kausal zurückzuführende psychische Erkrankung. Das dies zutreffend ist, ist zutreffend, durch die psychiatrische Untersuchung des Sachverständigen Dr. C. letztlich bestätigt worden.

Nicht zugestimmt werden kann der Summierung der beiden Einzel – GdB. Denn nach Teil A Z. 3 d) ee) S. 1 VMG führen zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, grundsätzlich nicht zu einer Zunahme Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Da die Regelung nicht von Funktionsstörungen, sondern von Gesundheitsstörungen spricht besteht keine Zweifel, dass sie auch bei der Bewertung des GdB eines Funktionssystems Geltung beansprucht und nicht erst bei der Feststellung des Gesamt-GdB. Soweit Ausnahmefälle z.B. bei hochgradiger Schwerhörigkeit eines Ohres bei schwerer beidseitiger Einschränkung der Sehfähigkeit denkbar sind, hat der Sachverständige eine entsprechende Ausnahme nicht begründet. Er sieht den Tinnitus als Begleiterscheinung der Schwerhörigkeit. Eine besonders nachteilige Auswirkung des Tinnitus im Sinne einer erheblich erschwerten Kompensation der Schwerhörigkeit wird nicht beschrieben.

Nachvollziehbar ist die sozialmedizinische Bewertung, dass ein bei dem Kläger bestehendes Akustikusneurinom keinen GdB bedingt. Formal gesehen wäre die Gesundheitsstörung dabei dem Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" zuzuordnen. So hat der Sachverständige erläutert, dass ein Akustikusneurinom (Synonym: Vestibularisschwannom) als ein gutartiger Tumor der Nervenscheide des Hör- und Gleichgewichtsnerven, insbesondere des Gleichgewichtsanteiles dieses Nerven, aufzufassen sei. Dieser sei ein Hirnnerv und das Akustikusneurinom insofern den Hirntumoren im weiteren Sinne zuzuordnen (vgl. auch Ganz/Jahnke, Hals- Nasen-Ohrenheilkunde, 2. Auflage 1996, S. 103 f.; Werner/Lippe/Dünne, HNO-Heilkunde, 2003, S. 51).

Vor diesem Hintergrund ist die Betrachtung der Voraussetzungen des Teils B Z. 3.3 VMG durch Prof. Dr. Alberty folgerichtig. Ein anderer in Betracht zu ziehender Tatbestand der VMG drängt sich nicht auf und wird – soweit ersichtlich - weder in Rechtsprechung (vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Februar 2001 – L 6 SB 130/98 –, Rn. 3, juris) noch Literatur diskutiert. Hiernach ist der GdB bei Hirntumoren vor allem von der Art und Dignität und von der Ausdehnung und Lokalisation mit ihren Auswirkungen abhängig (Abs. 1). Nach Entfernung gutartiger Tumore (z. B. Meningeom, Neurinom) richtet sich der GdB allein nach dem verbliebenen Schaden (Abs. 2). Bei Tumoren wie Oligodendrogliom, Ependymom, Astozytom II, ist der GdB, wenn eine vollständige Tumorentfernung nicht gesichert ist, nicht niedriger als 50 anzusetzen (Abs. 3). Bei malignen Tumoren (z.B. Astozytom III, Gioblastom, Medullobastom) ist der GdB mindestens 80 zu bewerten (Abs. 4). Das Abwarten einer Heilungsbewährung (von fünf Jahren) kommt in der Regel nur nach Entfernung eines malignen Kleinhirntumors des Kindesalters (z.B. Medulloblastom) in Betracht. Der GdB beträgt während dieser Zeit (im Frühstadium) bei geringer Leistungsbeeinträchtigung 50 (Abs. 5).

Da das Akustikusneurinom kein maligner ist, scheidet eine Beurteilung nach Abs. 4,5 der Z. 3.3. Teil B VMG aus.

Das Akustikusneurinom wurde bei dem Kläger im Mai 2016 diagnostiziert. Insbesondere aufgrund des Tinnitus erfolgte eine MRT Untersuchung des Hirns, bei der ein intrameatales Akustikusneurinom links 4 x 5,8 mm ohne Faszialparese erkannt wurde (Arztbrief der Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Düsseldorf vom 20.05.2016). Am 25.07.2016 erfolgte die Behandlung durch eine (einmalige) stereotaktische Bestrahlung, die komplikationslos vertragen wurde (Arztbrief der Strahlentherapie des MZ am Universitätsklinikum Düsseldorf vom 25.07.2016). Zur Überwachung der radiogenen Früh – und Spätnebenwirkungen wurde mit dem Kläger eine Wiedervorstellung nach 6-8 Wochen vereinbart. Bei Wiedervorstellung in November 2016 wurde weiterhin von einer subjektiv gut vertragenen Einzelstereotaxie berichtet. Bei einer MRT Kontrolle im Januar 2017 wurde das Vestibularisschwannom als größenkonstant beschrieben. Im Februar 2017 teilte die Neurochirurgie des Universitätsklinikums Düsseldorf einen sowohl klinisch – neurologisch als auch bildmorphologisch stabilen Verlauf mit. Die nächste Kontrolle sei in sechs Monaten vorgesehen (Arztbrief vom 03.02.2017). Nach der Einlassung des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung haben auch die weiteren Kontrolluntersuchungen den stabilen Verlauf bestätigt.

Der Sachverständige Prof. Dr. B. hat in seinem Gutachten von 20.09.2017 entsprechend nachvollziehbar erläutert, dass im vorliegenden Fall von einer Tumorentfernung im engeren Sinne ausweislich der bisher vorliegenden Nachsorgeuntersuchungen (MRT aus dem Januar 2017) zwar nicht gesprochen werden könne. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Gutachtenerstattung sei zudem ungeklärt, ob der verbliebene Tumor eine weitere Wachstumstendenz aufweise. Insofern liegt zwar kein Fall der Z. 3.3 Abs 2 vor. Der Sachverständige hat aber überzeugend dargelegt, dass aus medizinischer Sicht – wie bei der Entfernung eines gutartigen Tumors - sich der GdB allein nach entstandenen Schäden richten könne. Dies hat er schlüssig mit der guten Prognose eines Akustikusneurinoms begründet. Nach Behandlung durch Strahlentherapie (hier: sterotaktische Bestrahlung) würden Tumorkontrollraten um die 90 % bei niedrigen Nebenwirkungsraten (1-7 %) beobachtet. Dies habe die stereotaktische- zu einer sehr komfortablen, effektiven Behandlungsoption gemacht. Entsprechend sei der klinisch gutartige Tumor auch im vorliegenden Fall in kurativer Intention leitliniengerecht behandelt worden. Unter rechtlichen Gesichtspunkten ist die sozialmedizinische Argumentation nicht zu beanstanden. Z. 3.3 VMG legt eine konkrete Bewertung bei gutartigen Tumoren nur bei den in Absatz 3 ausdrücklich aufgeführten oder diesen vergleichbaren Tumoren fest. Soweit ein solcher Fall nicht vorliegt sieht die (Grund)regelung des Abs. 1 Z. 3.3 (letztlich wie Abs. 2 bei Entfernung gutartiger Tumore) VMG gerade eine Bewertung allein der Auswirkungen von Hirntumoren vor. Eine feststehende ("pauschale") Bewertung ist nicht geregelt ... Entsprechend hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Versorgungsmedizin beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales – dessen Empfehlungen bereits Grundlage der Anhaltspunkte (1996) (vgl. Einleitung zur Versorgungsmedizin-Verordnung; vgl. heue § 3, 4 VersMedV) waren und denen anerkanntermaßen eine gewichtige Auslegungsdirektive bei der Anwendung der VMG zukommt (vgl. BSG, Urteil vom 23. April 2009 - B 9 VG 1/08 -, Rn. 43, juris; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Januar 2017 – L 6 VH 2746/15 –, Rn. 56, 59, juris; Urteile der Kammer vom 08. Mai 2018 – S 18 SB 255/17 –, Rn. 41, juris; vom 09. Januar 2018 – S 18 SB 1001/16 –, Rn. 31, juris) – die Auffassung vertreten, dass ein Meningeom ohne Zeichen einer Hirnschädigung, ohne klinische Symptomatik und bei fehlender Operationsindikation keinen GdB bedinge (Beirat vom 17./18.05.2006: "Beurteilung des GdB bei Meningeom ohne Hirnschädigung, zitiert nach Wendler/Schillings, Versorgungsmedizinische Grundsätze, 8. Aufl. 2017, zu Z. 3.3; s. a. https://versorgungsmedizinische-grundsaetze.de/Beirat/Meningeom.html, abgerufen am 15.10.2018). Weder unterfällt das Akustikusneurinom den in Abs. 3 Z. 3.3 VMG ausdrücklich angeführten Tumoren (Oligodendrogliom, Ependymom, Astozytom II). Nach der Expertise des Sachverständigen Prof. Dr. B. ist es auch nicht mit diesen vergleichbar. Der Sachverständige hat dargelegt, dass die genannten Tumore mit einer deutlich schlechteren, bei unvollständiger Entfernung konkret lebensbedrohlichen Prognose einhergehen. Dies sei bei einem Akustikusneurinom nicht der Fall. Selbst bei einem unwahrscheinlichen erneuten Tumorwachstum stünden weitere, kurative Behandlungsmöglichkeiten (z.B. eine chirurgische Entfernung) zur Verfügung. Eine Operationsindikation besteht bei weiterhin stabilen Verlauf vorliegend nicht.

Die hiernach zu beurteilenden Auswirkungen eines Akustikusneurinoms können nach den Darlegungen des Sachverständigen zu einer Funktionsstörung der betroffenen Seite des Gleichgewichtsorgans im Innenohr führen (vgl. auch Ganz/Jahnke, a.a.O.). Die anamnestischen Angaben des Klägers zu einer Schwindelsymptomatik korrelierten hiermit jedoch nicht. Sie entsprächen vielmehr einem so genannten "unsystematischen Schwindel", der mit Wahrscheinlichkeit nicht auf eine Funktionsstörung des vestibulären Systems zurückzuführen wäre. Ohnehin hat sich im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung eine im Sinne des Teils B Z. 5.3 VMG relevante Gleichgewichtsstörung nicht validieren lassen. Im Rahmen der durchgeführten, umfangreichen Gleichgewichtsdiagnostik ergaben sich – bis auf eine Verminderung der langsamen Nystagmusphase (GLP) bei kalorischer Prüfung links – durchweg normgerechte Befunde bei Prüfung der vestibulookulären und vestibulospinalen Reflexantworten. Bezüglich der Normabweichung der GLP hat Prof. Dr. Alberty darauf hingewiesen, dass diese ausweislich der Geh – und Stehprüfungen sowie der Übrigen Nystagmusprüfungen vollständig kompensiert sei. Eine gemäß der Kriterien der Versorgungsmedizinischen Grundsätze relevante Gleichgewichtsstörung mit einem messbaren GdB könne damit ausgeschlossen werden.

Die psychischen Belastungen, die mit der Erkrankung einhergehen sind im Rahmen der Auswirkungen der Anpassungsstörung bereits berücksichtigt worden.

4. Im Funktionssystem Beine kann ein Einzel – GdB von 20 für einen Reizzustand des rechten Fußes bei zweit- drittgradiger Arthrose des Großzehengrundgelenkes und Reizzustand bei kleinem Fersensporn nicht nachvollzogen werden. Vielmehr ist ein höherer GdB als 10 nicht zu objektivieren.

Denn ein GdB von 20 ist nach Teil B Ziff. 18.14 VMG etwa für den Verlust einer Großzehe mit Verlust des Köpfchens des I. Mittelfußknochens bzw. den Verlust aller Zehen an einem Fuß vorgesehen. Der Verlust der Zehen II-V oder I-III begründet demgegenüber einen ebenso GdB von 10 wie der Verlust einer Großzehe.

Bei dem Kläger zeigte sich röntgenologisch eine verstärkte Skelosierung der gelenksbildenden Flächen und Verschmälerung des Gelenkspaltes sowie eine osteophytäre Randausziehung nach lateral. In der seitlichen Aufnahme war eine zarte osteophytäre Randausziehung im Sinne eines Fersensporns am ventralen caudalen Calcaneus mit einer Länge von ca. 2 cm zu erkennen. Das Gangbild zu ebenen Erde im Gang zum Untersuchungszimmer des Sachverständigen Dr. X. erfolgte in normalem Tempo und Schrittfolge unter Verwendung eines Gehstockes, wobei das Abrollen mit dem rechten Fuß in einer Schonhaltung demonstriert wurde. Dr. C. teilt den Gebrauch eines Gehstockes – bei freiem Gangbild – hingegen nicht mit. Eine fachorthopädische Behandlung hat der Kläger im vorgelegten Fragebogen über ärztliche Behandlungen und Untersuchungen nicht angegeben. Weder in dem Arztbrief des Orthopäden Dr. I. vom 04.03.2016 noch in seinem der Beklagten erstatteten Befundbericht vom 22.09.2016 oder in der ausführlichen Befunddokumentation des Hausarztes Dr. Pütz im Befundbericht vom 12.03.2017 finden sich Eintragungen zu Funktionsstörungen der unteren Extremitäten. Selbst die ausführliche Diagnoseauflistung des Hausarztes enthält keine Diagnose mit Bezug auf den rechten Fuß oder die unteren Extremitäten insgesamt. Entsprechend wandte sich die Beklagte zunächst (versorgungsärztliche Stellungnahme vom 18.11.2009) – aus Sicht der Kammer zu Recht - im Verfahren S 16 SB 129/08 gegen die Befürwortung eines GdB von 20 für die unteren Gliedmaßen durch den dort beauftragten orthopädischen Sachverständigen. Soweit die Beklagte im Ergebnis schließlich die Einzel – GdB Bildung mit der Konsequenz eines knapp erreichten Gesamt – GdB von 40 akzeptierte, beruhte dies maßgeblich darauf, dass sie selbst zunächst einen entsprechenden Einzel – GdB angenommen hatte (vergleiche versorgungsärztliche Stellungnahme vom 11.02.2010).

Dabei beruhte die Einschätzung des Sachverständigen im Verfahren S 16 SB 129/08 – wie sich aus einer ergänzenden Stellungnahme vom 04.01.2010 ergibt – ohnedies auf der festgestellten beginnenden Retropatellararthrose bei klinisch festgestellter Ergussbildung und der Annahme, dass ein kernspintomographisch im September 2006 nachgewiesener, in seiner Ausprägung nicht beschriebener Knorpelschaden (vergleiche radiologischen Arztbrief des Herrn H. vom 18.09.2006) möglicherweise eine stärkere Ausprägung haben könne.

Bewegungseinschränkungen geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung 0/0/90°) einseitig begründen nach Teil B Z. 18.14 einen GdB von 0-10, ausgeprägte Knorpelschäden (z.B. Chondromalcia patellae Stadium II-IV) der Kniegelenke mit anhaltenden Reizerscheinungen einseitig ohne Bewegungseinschränkung wären geeignet einen GdB von 10-30 zu rechtfertigen.

Die initiale retropatellare Arthrose des linken Kniegelenkes ohne Bewegungseinschränkung hat der im vorliegenden Verfahren eingesetzte orthopädische Sachverständige Dr. X. unverändert festgestellt. Dabei ist er – im Rahmen der Beantwortung der Beweisfragen (Beurteilung des GdB) – von einem leichtgradigen Reizzustand ausgegangen, der im körperlichen Untersuchungsbefund jedoch keine Entsprechung findet. Dort wird vielmehr auch rechts ein normal konfiguriertes Kniegelenk ohne Gelenkserguss und ohne Schwellung festgehalten. Es bestehe keine Achsabweichung, sämtliche Meniskuszeichen seien negativ, die Bandführung stabil. Auch die Patellafacette sei druckschmerzfrei, es finde sich weder ein Anspann- noch ein Klopfschmerz. Die Tuberositas tibiae und die Kniekehle seien unauffällig. Beugung und Streckung waren seitengleich mit 130/0/0° frei. Ohne Bewegungseinschränkung und ohne anhaltende Reizerscheinungen kommt ein Einzel – GdB für die Knie daher nicht in Betracht.

Dessen ungeachtet fehlte schon der Nachweis eines Knorpelschadens im Sinne einer Chondromalzie II -IV Grades. Eine diesbezüglich nähere Aufklärung hat der Kläger dadurch verhindert, dass er in seinem von ihm im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten angeforderten Fragebogen über ärztliche Behandlungen und Untersuchungen weder behandelnde Orthopäden noch konsultierte Radiologen angegeben hat. Die gerichtliche Anordnung einer teuren CT oder MRT-Untersuchung wäre deshalb selbst bei anhaltenden Reizerscheinungen nicht angezeigt gewesen (vgl. Mushoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 103 SGG, Rn. 38 m.w.N.).

Überdies spricht die fehlende Dokumentation von Beschwerden und die Tatsache, dass sich der Kläger offenbar wegen einer Funktionsstörung des rechten Knies nicht (mehr) in ärztlicher Behandlung befindet (vergleiche den Befundbericht des Orthopäden Dr. I. vom 22.09.2016 und den hausärztlichen Befundbericht vom 12.03.2017) gegen das Vorliegen eines relevanten Einzel – GdB. Korrespondierend hat der Kläger dem orthopädischen Sachverständigen gegenüber angegeben, die Schmerzen im linken Kniegelenk seien immer "leicht" vorhanden. Erst nach längeren einseitigen Haltungen und auch körperlicher Belastung komme es zu einer Schmerzverstärkung. Die Bewertung des orthopädischen Sachverständigen beruht – wie häufig zu beobachten – möglicherweise darauf, dass der Sachverständige – wie bei der Bewertung der Funktionen Störung des Rumpfes – nicht hinter der Beurteilung der Beklagten zurückbleiben wollte.

5. Zuletzt besteht eine durch eine Tendopathie der linken Schulter verursachte Funktionsstörung der Arme, die ebenfalls mit einem Einzel – GdB von 10 zu bewerten ist.

Nach Teil B Z. 18.13 VMG bedingt eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenkes (einschließlich Schultergürtel) bei einer Beschränkung der Armhebung bis zu 120° mit entsprechender Einschränkung der Dreh – und Spreizfähigkeit einen GdB von 10. soweit die Armhebung bis auf 90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit beschränkt ist, beträgt der GdB 20.

Der Kläger hat dem orthopädischen Sachverständigen gegenüber von seit Jahren bestehenden Schmerzen in der linken Schulter, insbesondere nach körperlichen Belastungen berichtet. Eine MRT- Untersuchung vom 17.07.2017 durch Dr. I. (Beurteilung: Acromion Typ Bigliani II mit gebogenen und geringübergreifenden Acromion, hypertrophe Schultergelenksarthrose mit geringem Impingement der Supraspinatussehne. Tendopathie der Supraspinatussehne wie auch der langen Bizepssehne ohne höhergradige transtendinöse Ruptur. Geringe Tendopathie der Subscapularis- und Infraspinatussehne) lässt nach der medizinischen Bewertung des Sachverständigen Dr. X. das altersentsprechende Maß leicht überschreitende degenerative Veränderungen ohne Sehnenrupturen erkennen.

Beide Schultergelenke wiesen in der gutachterlichen Untersuchung keine Entzündungszeichen, keine Schwellung, keine Überwärmung und keine Ergussbildung auf. Die Muskelkonturierungen waren seitengleich unauffällig. Es bestand eine Durckschmerzhaftigkeit über dem linken Schultereckgelenk mit Verdickung. Die Beweglichkeit der linken Schulter war bei der seitlichen Abduktion mittelgradig und bei der Elevation nach vorne endgradig eingeschränkt (Bewegungsmaße des Schultergelenks links: Vorwärts –/Rückwärtsheben: 150/0/30°; Seitwärts – Körperwärtsheben: 130/0°; Außen –/Innenrotation bei seitlich 90° angehobenem 70/0/40°). Es fand sich ein leichter Anspannschmerz bei der Außenrotation sowie Abduktion des Oberarmes, jedoch kein painfil arc-Syndrom. Der Schürzen – und Nackengriffseiten konnte seitengleich frei vorgeführt werden.

Die gutachterlichen Ergebnisse stehen im Einklang mit den Befunden, die im Arztbrief des Orthopäden Dr. I. vom 04.03.2016 dokumentiert sind. Die Funktion beider Schultergelenke war in der Untersuchung durch den behandelnden Orthopäden nicht wesentlich eingeschränkt. Die Rotatorenmanschette sei vom klinischen Aspekt kompensiert (vergleiche auch den Befundbericht des Orthopäden vom 22.09.2016 in der Verwaltungsakte der Beklagten).

II. Danach ist der festgestellte Gesamt – GdB von 40 weiterhin großzügig bemessen.

Gemäß § 152 Abs. 3 Satz 1 SGB IX und Teil A Nr. lit. 3 a) VMG sind bei Vorliegen mehrerer Funktionsbeeinträchtigungen deren Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander zu würdigen. Rechenmethoden sind hierbei nicht heranzuziehen, vielmehr ist von der Funktionsbeeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird (Teil A Nr. 3 c) VMG) (grundlegend: BSG, Urteile vom 15.03.1977 - 9 RVs 6/77, 9 RVs 7/7, 9 RVs 16/78, 9 RVs 17/78; 07.11.1979 - 9 RVs 12/78, juris). Hierbei führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzel-GdB von 10 bedingen, ganz regelmäßig nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die in der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Einzel-GdB von 20 ist der Schluss auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung vielfach nicht gerechtfertigt (Teil A Nr. 3 d) ee) VMG). Für die Bildung des Gesamt-GdB ist angesichts all dessen insbesondere von Bedeutung, ob einzelne Funktionsbeeinträchtigungen voneinander unabhängig sind und damit verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen oder ob sie sich sogar aufeinander nachteilig auswirken (Teil A Nr. 3 d) aa) bzw. bb) VMG).

Die führenden Einzel – GdB für die Funktionsstörungen des Rumpfes und des Gehirns einschließlich Psyche führen hiernach zweifellos zu einem Gesamt – GdB von 30. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bewertung der Funktionsstörungen jeweils eine Tendenz nach oben und die Störungen keine Überschneidungen aufweisen. Da ein Ausnahmefall im Sinne des Teils A Z. 3 d) ee) S. 1 VMG nicht zu erkennen ist, erscheint eine weitere Anhebung des GdB im Grunde nicht möglich. Der festgestellte GdB von 40 beschwert den Kläger insofern nicht. Ein höherer GdB ist auch in Anbetracht eines Vergleiches zu Gesundheitsstörungen, die nach den VMG mit einem GdB von 50 zu bewerten sind - beispielsweise schweren psychischen Störungen im Sinne einer schweren Zwangskrankheit mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten oder Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen im Sinne einer Versteifung großer Teile der Wirbelsäule, anhaltender Ruhigstellung durch Rumpforthese, schwerer Skoliose - keinesfalls angebracht.

D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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