L 2 AL 17/18

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 14 AL 139/17
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 17/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Gründungszuschuss nach § 93 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III).

Der 1964 geborene Kläger war seit Mai 2012 als Unternehmensberater/IT-Berater ("Managing Consultant") abhängig beschäftigt. Am 10. Oktober 2016 gründete er als alleiniger Gesellschafter und vorgesehener alleinvertretungsberechtigter und einziger Geschäftsführer die A. GmbH, deren Eintragung ins Handelsregister jedoch erst am 19. Dezember 2016 erfolgte.

Zuvor schloss er trotz einer vertraglich vorgesehenen Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Monatsende mit seinem damaligen Arbeitgeber am 9. November 2016 einen Aufhebungsvertrag mit sofortiger Wirkung bei Zahlung einer Abfindung in Höhe von 51.725 Euro, nachdem er am 1. November 2016 bei der Beklagten um telefonische Beratung wegen einer beabsichtigten fristlosen Eigenkündigung ersucht und am 7. November 2016 Fragen zum Gründungszuschuss gestellt hatte.

Am 14. November 2016 meldete der Kläger sich bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Dabei verwies er hinsichtlich der Hintergründe für den Aufhebungsvertrag auf gesundheitliche Probleme in Form einer Anpassungsstörung wegen eines Burn-out-Syndroms und die von seinem behandelnden Arzt ausgesprochene Empfehlung, die Beschäftigung aufzugeben.

Am 21. November 2016 beantragte der Kläger bei der Beklagten einen Gründungszuschuss für die ab dem 1. Dezember 2016 oder 1. Januar 2017 geplante selbstständige Tätigkeit als geschäftsführender Projektleiter/IT-Berater, die er dann tatsächlich zum 1. Januar 2017 im Umfang von mehr als 15 Stunden wöchentlich aufnahm.

Die Beklagte stellte zunächst mit Bescheiden vom 27. Dezember 2016 und Änderungsbescheid vom 4. Januar 2017 das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Entlassungsentschädigung nach § 158 SGB III im Zeitraum vom 14. November 2016 bis 28 Februar 2017 fest und bewilligte Arbeitslosengeld in Höhe von 84,02 Euro täglich ab 1. März 2017. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2017 zurück. Eine Klage hiergegen wurde nicht erhoben.

Mit Bescheiden vom 26. Januar 2017 und 9. Februar 2017 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung ab 1. Januar 2017 wegen der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit und des damit verbundenen Wegfalls der Arbeitslosigkeit auf. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 9. März 2017 zurück. Auch hiergegen wurde eine Klage nicht erhoben.

Mit Bescheid vom 8. Februar 2017 lehnte die Beklagte die Gewährung eines Gründungszuschusses ab, weil die Einnahmen laut Businessplan zur Unterhaltssicherung ausreichten und das Unternehmen des Klägers bereits vor Eintritt von Arbeitslosigkeit gegründet worden und die Existenzgründung mithin auch ohne Arbeitslosigkeit beabsichtigt gewesen sei.

Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und verwies darauf, dass sein Unternehmen erst mit der Eintragung am 19. Dezember 2016 gegründet worden sei. Im Übrigen reichten die geplanten Einnahmen laut Businessplan nicht aus. Der Gründungszuschuss sei vielmehr unabdingbare Voraussetzung zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Nachdem der Kläger auf Nachfrage der Beklagten mitgeteilt hatte, dass er nach Erhalt des Ablehnungsbescheides vom 8. Februar 2017 seine selbstständige Tätigkeit auf 10 Stunden wöchentlich reduziert habe und er begonnen habe, sich eine neue abhängige Beschäftigung zu suchen, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. März 2017 mit der Begründung zurück, dass keine selbstständige hauptberufliche Tätigkeit im erforderlichen Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausgeübt werde, was jedoch Voraussetzung für den Gründungszuschuss sei.

Hiergegen hat der Kläger am 20. März 2017 Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben und dargelegt, dass er mitnichten seine selbständige Tätigkeit dauerhaft auf einen Umfang von weniger als 15 Stunden wöchentlich reduziert habe. Dies sei nur für eine Woche nach dem Absageschock durch den Bescheid vom 8. Februar 2017 der Fall gewesen. Er habe jedoch innerhalb kürzester Zeit im Rahmen einer Situationsanalyse realisiert, dass seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt schlecht seien.

Das Sozialgericht hat die Klage nach Durchführung eines Erörterungstermins am 6. Dezember 2017 und diesbezüglicher Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 8. Februar 2018 unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Widerspruchsbescheids abgewiesen und ergänzend ausgeführt, dass der Kläger mit der Eintragung seines Unternehmens ins Handelsregister am 19. Dezember 2016 einen sogenannten "Point of no return" erreicht gehabt habe und mangels subjektiver Verfügbarkeit nicht mehr arbeitslos gewesen sei, sodass er durch die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit nicht beendet habe. Im Übrigen weise der Businessplan einen Gewinn von 10.000 Euro monatlich ab dem vierten Monat aus.

Gegen diesen ihm am 10. Februar 2018 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 5. März 2018 eingelegte Berufung des Klägers mit der er rügt, dass das Sozialgericht nicht alle relevanten Aspekte gewürdigt habe. Die angefochtene Entscheidung der Beklagten sei ermessensfehlerhaft, das Nachschieben von Gründen unzulässig. Er sei nach wie vor hauptberuflich selbstständig tätig, habe die Arbeitszeit nur für den Zeitraum von einer Woche vorübergehend reduziert gehabt. Mit den prognostizierten Gewinnen müssten erst Verluste ausgeglichen werden. Nach dem ersten Jahr bestehe noch eine Liquiditätslücke von 14.969 Euro, die den begehrten Gründungszuschuss der Höhe nach nur knapp unterschreite. Die ausgewiesenen Gewinne seien "vor Steuern". Die Entscheidung, sich selbstständig zu machen, habe er nicht schon im Oktober, sondern erst Anfang Dezember 2016 getroffen. Eigentlich habe er so schnell wie möglich in eine neue abhängige Beschäftigung wechseln wollen. Bei Gründung der GmbH sei er sich noch nicht sicher gewesen, ob er tatsächlich diesbezüglich tätig werden wolle, zu welchem Zeitpunkt und ob als Haupt- oder nur als Nebentätigkeit.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 8. Februar 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. März 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Januar 2017 einen Gründungszuschuss zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für richtig. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 93 SGB III für einen Gründungszuschuss lägen aus verschiedenen Gründen nicht vor. Auch Ermessenserwägungen trügen eine Ablehnung. Ergänzend zu den in den angefochtenen Bescheiden genannten und erstinstanzlich vorgetragenen Ablehnungsgründen führt die Beklagte aus, dass es zum Zeitpunkt der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit an dem nach § 93 Abs. 2 SGB III erforderlichen Anspruch auf Arbeitslosengeld mit einer Dauer von noch mindestens 150 Tagen gefehlt habe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und verschiedener Landessozialgerichte sei mit "Anspruch" nicht lediglich ein entstandenes Stammrecht gemeint, sondern es müssten die materiellen Voraussetzungen eines konkreten Anspruchs auf Zahlung von Arbeitslosengeld gegeben sein, woran es fehle, wenn der Anspruch auf die jeweilige Entgeltersatzleistung ruhe, was vorliegend jedoch nach § 158 SGB III der Fall gewesen und bestandskräftig festgestellt worden sei.

Der Senat hat durch Beschluss vom 27. Juni 2018 die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet (§ 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 15. Oktober 2018, die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der ausweislich der Sitzungsniederschrift beigezogenen Akten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 SGG) Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 8. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. März 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in dessen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung eines Gründungszuschusses ab 1. Januar 2017.

Nach § 93 Abs. 1 SGB III können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten. Nach § 93 Abs. 2 Satz 1 SGB III kann ein Gründungszuschuss geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer 1. bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Absatz 3 SGB III beruht, 2. der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und 3. ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt.

Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an der Voraussetzung eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit (§ 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 erster Satzteil SGB III). Das Bundessozialgericht (BSG) hat zur Vorgängervorschrift in § 57 SGB III (in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung) bereits entschieden, dass mit "Anspruch" nicht lediglich ein (nach § 118 Abs. 1 SGB III a.F., jetzt § 136 SGB III) entstandenes und fortbestehendes Stammrecht gemeint ist, sondern das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen eines konkreten Zahlungsanspruchs (zu alledem BSG, Urteil vom 5. Mai 2010 – B 11 AL 11/09 R, SozR 4-4300 § 57 Nr. 6; BSG, Beschluss vom 23. Oktober 2014 – B 11 AL 52/14 B, SozR 4-1500 § 141 Nr. 3). Grund hierfür ist der Zweck des Gründungszuschusses, der den Lebensunterhalt sichern und insoweit das infolge der Existenzgründung wegfallende Arbeitslosengeld kompensieren soll (vgl. BT-Drucks 16/1696 S. 30, zu § 57 Abs. 1). Dem hat sich der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (vgl. nur Landessozialgericht (LSG) Hamburg, Urteile vom 14. Juni 2017 – L 2 AL 64/16 – und 10. Juli 2017 – L 2 AL 9/17 und L 2 AL 13/17, jeweils juris).

Der Kläger hatte im Zeitraum zwischen seiner Arbeitslosmeldung am 14. November 2016 und der damit verbundenen Entstehung des Stammrechts auf Arbeitslosengeld bis zur Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit am 1. Januar 2017 keinen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III. Aus den mangels Klageerhebung bestandskräftig, also für die Beteiligten bindend (§ 77 SGG), gewordenen Bescheiden vom 27. Dezember 2016 und 4. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Februar 2017 ergibt sich, dass der lediglich als Stammrecht entstandene, aber noch nicht zum Zahlungsanspruch erstarkte Arbeitslosengeldanspruch von Beginn an seit dem 14. November 2016 ruhte. Die materiellen Voraussetzungen eines konkreten Zahlungsanspruchs sind jedoch auch in den Fällen nicht gegeben, in denen das Gesetz ein Ruhen des Anspruchs anordnet (BSG, Urteil vom 24. Juni 1993 – 11 RAr 1/92, SozR 3-4100 § 55a Nr. 4; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. September 2014 – L 9 AL 219/13, juris), denn dieses bewirkt – ganz gleich, welcher Ruhenstatbestand verwirklicht ist – eine Zahlungssperre (Valgolio in Hauck/Noftz, SGB, Stand 06/16, § 156 SGB III Rn. 72, speziell zum Fall der Entlassungsentschädigung § 158 Rn. 92, und zum Ruhen bei Sperrzeit § 159 Rn. 490), aufgrund derer Arbeitslose, auch wenn der Anspruch dem Grunde nach unberührt bleibt, in dieser Zeit nicht die Auszahlung der Leistung verlangen können (BSG, Urteil vom 9. August 1990 – 11 RAr 141/88, SozR 3-4100 § 105a Nr. 2; BSG, Urteil vom 9. Dezember 1982 – 7 RAr 116/81, BSGE 54, 212; BSG, Urteil vom 3. Juni 1975 - 7 RAr 10/73, juris).

Diese Zeit des Ruhens ohne konkreten Zahlungsanspruch dauerte vorliegend bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit an und hätte auch darüber hinaus bis 28. Februar 2017 angedauert, wenn nicht ohnehin – ebenfalls bestandskräftig – die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 1. Januar 2017 wegen der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit und des damit verbundenen Wegfalls der Arbeitslosigkeit aufgehoben worden wäre (Aufhebungsbescheide vom 26. Januar 2017 und 9. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. März 2017). Auch aus dem Bewilligungsbescheid vom 27. Dezember 2016 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 4. Januar 2017 ergibt sich nicht das Bestehen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld im Umfang von mindestens 150 Tagen bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit, denn dieser weist – unabhängig von dessen späterer Aufhebung mit Wirkung ab 1. Januar 2017 – für den Zeitraum vom 14. November 2016 bis 28. Februar 2017 gerade keinen tatsächlichen Zahlungsanspruch, sondern nur einen Leistungsbetrag von täglich 0,00 Euro unter Hinweis auf das Ruhen des Anspruchs wegen der Entlassungsentschädigung nach § 158 SGB III aus, lehnt für diesen Zeitraum also eine Leistungsgewährung ab.

Wird über einen Anspruch auf Arbeitslosengeld rechtskräftig ablehnend entschieden, so ist damit zugleich geklärt, dass auch eine andere Leistung, die den Leistungsbezug tatbestandlich voraussetzt, nicht erbracht werden kann (speziell zum Gründungszuschuss: BSG, Beschluss vom 23. Oktober 2014 – B 11 AL 52/14 B, a.a.O.). Hypothetische Überlegungen wie die, dass auch ein erst später einsetzender Arbeitslosengeldanspruch durch einen zuvor geleisteten Gründungszuschuss kompensiert werden kann, haben hier keinen Platz.

Dieser Sichtweise steht im Übrigen auch § 93 Abs. 3 SGB III nicht entgegen. Zwar lässt sich diese Vorschrift, nach der der Gründungszuschuss nicht geleistet wird, solange Ruhenstatbestände nach den §§ 156 bis 159 SGB III vorliegen oder vorgelegen hätten, auch so verstehen, dass das dort angeordnete Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs nur zum – untechnisch gesprochen – Ruhen des Anspruchs auf Gründungszuschuss führen und nicht bereits die Entstehung dieses Anspruchs hindern soll. Gegen eine solche Auslegung von § 93 Abs. 3 SGB III sprechen jedoch historische, systematische und vor allem auch teleologische Gründe: Der Zweck von § 93 Abs. 3 SGB III liegt wie bereits bei seiner Vorgängervorschrift § 57 Abs. 3 SGB III a.F. in der Vermeidung von Doppelleistungen sowie darin, die Umgehung von Sanktionen durch einen Wechsel vom Arbeitslosengeld zum Gründungszuschuss zu verhindern (so bereits BT-Drucks. 14/6944, S. 33, und BT-Drs. 15/25, S. 29; zum Ganzen auch Petzold in Hauck/Noftz, SGB, Stand 05/17, § 93 SGB III, Rn. 27). Der Vorschrift kommt somit der Charakter einer salvatorischen Klausel zu, die verhindern soll, dass die Bezieher von Gründungszuschuss besser gestellt werden als Arbeitslosengeldbezieher in vergleichbaren Situationen. Zu diesem Zweck ordnet die Vorschrift ein (insbesondere von Vertrauensschutzerwägungen unabhängiges) Ruhen des Gründungszuschusses auch in den Fällen an, in denen während des Bezugs von Gründungszuschuss einer der gesetzlichen Ruhenstatbestände eintritt, ohne dass bereits deswegen eine Rücknahme der Bewilligung des Gründungszuschusses möglich wäre (LSG Hamburg, Urteil vom 14. Juni 2017 – L 2 AL 64/16, a.a.O.; ähnlich auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. September 2014 – L 9 AL 219/13, a.a.O.). § 93 Abs. 3 SGB III modifiziert damit nicht etwa die Voraussetzungen aus § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III (mit der Folge, dass auch ein Ruhenszeitraum als Bezugszeitraum zu gelten hätte), sondern stellt sicher, dass die Sanktionswirkung der genannten Ruhensvorschriften auch dann greift, wenn der Bezug von Arbeitslosengeld durch den des Gründungszuschusses ersetzt wird (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. September 2014 – L 9 AL 219/13, a.a.O., unter Hinweis auf BT-Drs. 14/6944, S. 33 zu § 57; zum Gesetzeszweck von § 93 Abs. 3 SGB III auch Hassel in Brand, SGB III, 6. Aufl. 2014, § 93 Rn. 14). Nur durch eine solche Auslegung kann auch vermieden werden, dass ein Gründungszuschuss im Falle erheblicher, bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit laufender Ruhenszeiträume ab einem Zeitpunkt lange nach der Aufnahme zu bewilligen sein könnte, obwohl der Gründungszuschuss gerade zu Beginn den Lebensunterhalt sichern soll und durch dessen Ruhen von vornherein die zu fördernde Tätigkeit in ihrer wirtschaftlichen Auskömmlichkeit bedroht und damit insgesamt gefährdet wäre. Auch wäre der vom Gesetzgeber ausweislich der Regelung des § 90 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III zumindest gewollte Spareffekt im Umfang von 150 Tagen Arbeitslosengeld gefährdet, wenn der diesbezügliche Zahlungsanspruch wegen erheblicher Ruhenszeiträume erst so spät nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit begänne, dass sich sein Ende über das Ende des Gründungszuschussanspruches hinaus verschieben würde.

Da es nach alledem für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Gründungszuschuss an der Tatbestandsvoraussetzung des § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III fehlt, kann dahingestellt bleiben, ob die von der Beklagten und dem Sozialgericht genannten Gründe ebenfalls geeignet sind, die Ablehnung zu tragen. Auf die vom Kläger mit der Berufung geltend gemachten Ermessensfehler und in diesem Zusammenhang eine mögliche Unzulässigkeit des Nachschiebens von Gründen kommt es mangels Vorliegens schon der Tatbestandsvoraussetzungen ebenfalls nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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