Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 1016/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3780/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts U. vom 26. August 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der 1976 geborene Kläger hat eine Ausbildung zum Rettungssanitäter absolviert, diesen Beruf zunächst ausgeübt und sich berufsbE.itend zum Rettungsassistenten qualifiziert. Ab 2003 bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 07.12.2007 war er als Rettungsassistent beschäftigt. Vom 18.01.2008 bis zum 08.06.2008 bezog der Kläger Krankengeld; im Anschluss hat er keinen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt. Vom 01.09.2009 bis zum 31.12.2011 war der Kläger im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses bei der M. gGmbH als Fahrer beschäftigt; als Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung wurde nur der Arbeitgeberanteil gezahlt; wegen unbezahlten Urlaubs des Klägers vom 01.01. bis zum 31.05.2011 war die Beitragszahlung unterbrochen. Mit Schreiben vom 31.01.2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass für diesen Zeitraum die Möglichkeit bestehe, freiwillige Beiträge nachzuzahlen.
Im Versicherungsverlauf des Klägers, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl.154 f. der Senatsakte Bezug genommen wird, sind nach Zeiten einer Fachschulausbildung vom 25.09.1993 bis 06.07.1994 und einer Übergangszeit vom 07.07.1994 bis 07.08.1994 ab dem 08.08.1994 bis zum 08.06.2009 durchgehend Pflichtbeitragszeiten vermerkt. Die Zeit vom 09.06.2009 bis 31.08.2009 enthält den Vermerk "krank/Gesundheitsmaßnahme ohne Beitragszahlung". Vom 01.09.2009 bis 31.12.2010 und vom 01.06.2011 bis 31.12.2011 ist eine geringfügige nicht versicherungspflichtige Beschäftigung vermerkt; danach sind keine Versicherungszeiten mehr vermerkt.
Vom 06.08.2008 bis 03.09.2008 gewährte die Beklagte dem Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme im Reha-Zentrum Bad S. Ausweislich des ärztlichen Entlassungsberichts vom 17.09.2008 wurde er mit den Diagnosen chronische Lumboischialgie links bei Spondylolisthesis L5/S1, Gonalgie links stärker als rechts bei Zustand nach Arthroskopie am linken Knie im März 2008 und initiale Coxarthrose links arbeitsunfähig entlassen. Er sei als Rettungsassistent nur noch unter drei Stunden täglich belastbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen seien dem Kläger vollschichtig zumutbar. Vom 26.01.2009 bis 06.02.2009 nahm der Kläger an einer Berufsfindung und Arbeitserprobung bei der S. gGmbH in H. teil. In der ärztlichen Stellungnahme vom 11.03.2009 führte die Betriebsmedizinerin Z. aus, das Leistungsvermögen für eine Tätigkeit als Rettungsassistent sei aufgehoben. Leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten seien dem Kläger unter Berücksichtigung weiterer, näher dargelegter qualitativer Einschränkungen vollschichtig zumutbar.
Im Rahmen eines Verfahrens (S 3 R 3677/09) vor dem Sozialgericht Ulm (SG), in dem die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben streitig war, wurde zunächst ein Gutachten des Orthopäden Dr. B. vom 13.07.2009 beigezogen, dann das Gutachten des Orthopäden Dr. P. vom 04.08.2010 eingeholt. Dr. P. diagnostizierte wiederkehrende Funktionsstörungen der Brustwirbelsäule mit Blockaden, ein chronisches Schmerzsyndrom bei Lumbalgie und pseudoradikulärer Ausstrahlung links infolge Spondylolyse und Spondylolisthesis L5/S1 Grad I nach Meyerding, Wirbelgelenksarthrosen in den unteren Segmenten und Bandscheibenvorwölbungen L4/5-L5/S1, einen chronischen Belastungs-/Bewegungsschmerz des linken Kniegelenks nach Feststellung einer Chondromalazie an der Kniescheibenrückenfläche und am inneren wie äußeren Gelenkspalt nach Innenmeniskusteilresektion, Entfernung des Hoffaschen Fettkörpers und einen Sehnenansatzschmerz am Ober- und Unterrand der Patella mit resultierender Inaktivitätsatrophie des linken Oberschenkels. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers in seiner bisherigen Tätigkeit sei erheblich gefährdet. Eine Umschulung in Tätigkeiten im Labor oder eine Ausbildung im sozialen oder logopädischen Bereich sei erfolgversprechend.
Einen ersten Rentenantrag des Klägers vom 12.12.2008 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.10.2010 nach Einholung von Gutachten des Chirurgen Dr. G. und des Neurologen und Psychiaters Dr. K. ab. Dr. G. gab in seinem Gutachten vom 01.09.2010 an, bei dem Kläger bestehe eine ausgeprägte Lumbalgie nicht eindeutig geklärter Genese und ein Reizzustand am linken Kniegelenk mit Muskelverschmächtigung am linken Ober- und Unterschenkel unklarer Genese. Leichte körperliche Tätigkeiten seien vollschichtig möglich. Es bestehe der Eindruck einer erheblichen Somatisierung. Bei der Untersuchung vom 08.10.2010 stellte Dr. K. eine linksseitige Lumboischialgie ohne neurologische Ausfälle und den Verdacht auf eine Somatisierungsstörung fest. Der Kläger sei aus neurologisch-psychiatrischer Sicht sowohl als Rettungsassistent als auch unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig leistungsfähig.
Am 14.12.2011 stellte der Kläger bei der Beklagten erneut einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und gab an, er halte sich seit dem 07.12.2007 für erwerbsgemindert. Die Beklagte zog Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers, darunter Berichte der Neurologischen Universitätsklinik U. vom 24.06.2011 und 05.12.2011, in denen als Diagnose eine Motoneuronenerkrankung mit Beteiligung des 2. Motoneurons angegeben wurde, und des Neurologen Prof. Dr. S. vom 15.03.2012. Ferner wurden Begutachtungen des Klägers durch die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. und den Facharzt für Orthopädie Dr. E. veranlasst. Dr. M. gab nach der Untersuchung des Klägers am 30.03.2012 die Diagnosen Motoneuronenerkrankung mit Atrophie der linken unteren Extremität, Lumboischialgie links und Anpassungsstörung mit depressiver Entwicklung an. Die mittelgradig ausgeprägte Atrophie der Ober- und Unterschenkelmuskulatur sei funktionell irrelevant und nicht mit einer Gangstörung oder einer Parese verbunden. Aus nervenärztlicher Sicht könnten dem Kläger leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin zugemutet werden. In seinem Gutachten vom 09.05.2012 diagnostizierte Dr. E. auf seinem Fachgebiet eine chronische Lumbalgie bei Spondylolisthesis, ein chronisches Cervical-und Dorsalsyndrom bei osteodegenerativen Veränderungen C5/6 mit flacher Bandscheibenprotrusion C5/6 und eine persistierende Gonalgie links mit Streckdefizit nach zweimaliger Kniegelenksarthroskopie links. Aus rein orthopädischer Sicht sei der Kläger in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten unter Berücksichtigung näher genannter qualitativer Einschränkungen auszuüben.
Mit Bescheid vom 25.05.2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab, da der Kläger die medizinischen Voraussetzungen nicht erfülle.
Zur Begründung seines hiergegen am 13.06.2012 erhobenen Widerspruchs trug der Kläger vor, sein Zustand habe sich verschlechtert. Darüber hinaus seien die behandelnden Ärzte der Auffassung, dass ihm auch leichte Tätigkeiten nicht mehr zumutbar wären. Der Kläger legte einen Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. vom 16.10.2012 vor, wonach wegen einer zunehmenden depressiven Symptomatik seit dem 06.06.2012 eine ambulante Behandlung stattfinde. Die Krankheit sei mittelschwer ausgeprägt und führe dazu, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens drei Stunden täglich auszuüben. Außerdem wurde ein nervenärztlicher Befundbericht von Prof. Dr. S. vom 27.06.2012 vorgelegt. Der klinische Verlauf sei von Seiten des motorischen Systems erfreulich stabil. Inzwischen habe sich aber eine psychische Belastungsproblematik mit Depressivität eingestellt. Ferner wurde ein Bericht der Poliklinik für Neurologie – Universitätsklinikum U. – vom 17.10.2012 übersandt, in dem als Diagnose amyotrophe Lateralsklerose angegeben wird.
Der beratungsärztliche Dienst nahm zu den vorgelegten Unterlagen unter dem 14.12.2012 durch Dr. Z. Stellung und gelangte zu der Einschätzung, dass seit dem 06.06.2012 aufgrund einer dokumentierten Verschlechterung von einem unter dreistündigen Leistungsvermögen pro Tag auszugehen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zwar sei bei dem Kläger am 06.06.2012 volle Erwerbsminderung eingetreten; zu diesem Zeitpunkt lägen allerdings die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr vor. Innerhalb des hier maßgeblichen Zeitraums vom 06.04.2007 bis zum 05.06.2012 seien nicht die notwendigen 36 Monate, sondern lediglich 27 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt.
Hiergegen hat der Kläger am 05.04.2013 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und unter Vorlage von Befundberichten seiner behandelnden Ärzte, u.a. des C. für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie vom 29.05.2013, vorgetragen, bereits seit dem 07.12.2007, dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit, aufgrund seiner Erkrankungen nicht mehr berufstätig zu sein. Er beziehe eine private Berufsunfähigkeitsrente. Außerdem hat der Kläger Auszahlscheine für Krankengeld für die Zeit vom 21.01.2008 bis 18.06.2009 und ein Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. G. vom 23.07.2009, wonach der Kläger weiterhin arbeitsunfähig sei, vorgelegt.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das SG zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Orthopäde Dr. I. hat am 11.07.2013 ausgeführt, zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit Dezember 2007 keine Angaben machen zu können. Nach Aktenlage habe damals keine quantitative Leistungseinschränkung vorgelegen. Der Orthopäde Prof. Dr. H., Orthopädische Universitätsklinik U., hat in seiner Stellungnahme vom 04.07.2013 angegeben, seines Erachtens sei der Kläger im Zeitraum 2006 bis 2008 noch in der Lage gewesen, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. G. hat unter dem 27.09.2013 ausgeführt, der Kläger habe am 15.04.2013 seine kompletten Krankenunterlagen mitgenommen, um sich anderweitig in Behandlung zu begeben. Er könne daher die Fragen des Gerichts nicht beantworten.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG bei dem Neurologen Prof. Dr. L. ein Gutachten eingeholt, der in dem gemeinsam mit der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. erstatteten Gutachten vom 28.05.2014 als Diagnose eine atypische Motoneuronenerkrankung mit isolierter Atrophie und diskreter Schwäche der linken unteren Extremität seit 2008 ohne darüber hinausgehende Paresen oder Atrophien mitgeteilt hat. Darüber hinaus bestünden rezidivierende depressive Episoden, aktuell mittelgradig. Für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bestehe ein Leistungsvermögen von über sechs Stunden täglich. Der neurologische Befund liege unverändert seit Anfang 2008 vor, möglicherweise auch schon seit dem 07.12.2007, obwohl insoweit keine ausreichenden Unterlagen vorlägen. Gegenüber dem Befund aus dem Jahr 2011 sei eine Besserung eingetreten.
Nach vorheriger Anhörung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26.08.2014 abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung seien nicht erfüllt. Obwohl die Beklagte dem Kläger zugestehe, erwerbsgemindert zu sein, sei dies aus Sicht des Gerichts fraglich. Das Vorliegen einer quantitativen Leistungseinschränkung lasse sich allein auf die Aussage von Dr. K. im Widerspruchsverfahren stützen. Dabei widerspreche dessen Einschätzung allen Gutachten. Dennoch lege das Gericht (trotz der dargestellten Bedenken) zu Gunsten des Klägers einen Leistungsfall am 06.06.2012 zu Grunde. Daraus ergebe sich wegen des Nichtvorliegens der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen jedoch kein Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente. Der Kläger habe im relevanten Bezugszeitraum keine 36 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Es gebe keinen medizinischen Befund, der auf einen früheren Zeitpunkt hindeute oder diesen gar belege. Die zeitlich davor liegenden Begutachtungen kämen vielmehr nachvollziehbar zum Ergebnis einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit. Soweit die orthopädische Begutachtung von Dr. P. im Jahr 2010 eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit als Rettungsassistent ergeben habe, liege darin kein Hinweis auf das Vorliegen einer Erwerbsminderung. Im Gegenteil sei der Kläger für umschulungsfähig erachtet worden. Zudem belege das Begehren des Klägers hinsichtlich Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Jahr 2010, dass es sich nicht seit 2007 für erwerbsgemindert halte, sondern selbst an die Möglichkeit einer weiteren Berufstätigkeit geglaubt habe. Auch die befragten Ärzte hätten keine Anhaltspunkte dafür geliefert, dass die vom Kläger behauptete Leistungseinschränkung seit Dezember 2007 vorliege. Die eingeholten Auskünfte sprächen vielmehr für ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Der Versicherungsverlauf enthalte zudem noch bis ins Jahr 2009 Pflichtbeiträge, was ebenfalls gegen eine Erwerbsminderung im Jahr 2007 spreche. Weitere Ermittlungen seien nicht angezeigt gewesen. Bei einem Leistungsfall am 06.06.2012 belaufe sich der Fünf-Jahres-Zeitraum davor auf die Zeit vom 06.06.2007 bis zum 05.06.2012. In diesem Zeitraum habe der Kläger 25 Monate mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Weitere Pflichtbeiträge seien in diesem Zeitraum nicht entrichtet worden. Aufgrund einer Zeit der Arbeitsunfähigkeit ohne Leistungsbezug verlängere sich der Zeitraum um weitere zwei Monate in die Vergangenheit (für Juli und August 2009; der Juni 2009 sei bereits im ersten Schritt als Pflichtbeitragszeit veranlagt worden). Damit sei auch die Zeit vom 06.04.2007 bis 05.06.2007 einzubeziehen, woraus sich zwei weitere mit Pflichtbeiträgen belegte Monate ergeben. Die versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung von 2009 bis 2011 begründe keine Anrechnungszeiten oder sonstige rentenrechtliche Zeiten. Es liegen damit insgesamt nur 27 Monate mit Pflichtbeiträgen vor. Ausnahmen von dem Erfordernis des Vorliegens der Pflichtbeiträge seien nicht gegeben und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen daher nicht erfüllt.
Gegen den ihm am 01.09.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03.09.2014 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Berufungsbegründung hat er vorgetragen, er leide seit vielen Jahren an einer Montoneuronenerkrankung (ALS) sowie einer damit einhergehenden Erkrankung im orthopädischen Bereich und infolge dessen auch unter erheblichen psychischen Problemen. Er sei seit dem 07.12.2007 außer Stande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Seither sei er ohne Unterbrechung arbeitsunfähig. Dem Gutachten von Prof. Dr. L. könne nicht gefolgt werden. Es sei nicht nachvollziehbar, dass dieser das Vorliegen einer ALS-Erkrankung verneine, andererseits aber Medikamente verordne, die nur bei dieser Erkrankung verabreicht werden dürften. Soweit Dr. P. vertreten habe, es bestehe Umschulungsfähigkeit, handle es sich um eine Einzelmeinung. Nicht zu seinen Lasten könne der Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgelegt werden, da ihm nichts anderes übriggeblieben sei. Er glaube keinesfalls an die Möglichkeit einer weiteren Berufstätigkeit. Der Leistungsfall sei keinesfalls erst am 06.06.2012 eingetreten; es gebe medizinische Befunde, die einen früheren Leistungsfall belegten. Ausgehend von einem Leistungsfall im Dezember 2007 seien auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Dass der Versicherungsverlauf im Jahr 2009 noch Pflichtbeiträge enthalte, liege daran, dass er Sozialleistungen bezogen habe und weise gerade nicht auf eine Erwerbsfähigkeit hin. Befundberichte u.a. des C. für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie vom 26.05.2014 und vom 03.02.2015, des Universitätsklinikums U. vom 16.07.2014 und des Prof. Dr. S. vom 23.07.2014 sind vorgelegt worden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts U. vom 26. August 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. März 2013 zu verurteilen, dem Kläger bezogen auf eine Antragstellung am 14. Dezember 2011 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Eine Erwerbsminderung auf Zeit sei nach ihrer Auffassung am 06.06.2012 eingetreten. Da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zu diesem Zeitpunkt nicht erfüllt gewesen seien, könne die Rente nicht bewilligt werden. Für den gewünschten Leistungsfall im Jahr 2007 ließen sich keine rentenrelevanten Funktionsstörungen belegen. Inzwischen sei die Verdachtsdiagnose ALS zwar bestätigt worden, es werde aber ein langsamer Verlauf beschrieben. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien zuletzt bei einem Leistungsfall am 30.09.2011 erfüllt. In der Zeit ab 01.09.2009 bis 31.12.2011 habe der Kläger in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. In der ausgeübten Tätigkeit habe er regelmäßig Fahrdienste von deutlich mehr als 14 Stunden geleistet, was nach den Stellungnahmen der Beratungsärztinnen Dr. H. vom 08.07.2014 und Dr. T. vom 03.09.2015 gegen die Annahme einer Arbeitsunfähigkeit spreche.
Auf gerichtliche Nachfrage hat die M. gGmbH unter dem 08.12.2017 mitgeteilt, der Kläger sei im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung vom 01.09.2009 bis 31.12.2011 als Mitarbeiter im Rückholdienst und Lotse beschäftigt gewesen; es seien fünf Wochenstunden vereinbart gewesen, der tatsächliche Beschäftigungsumfang habe aber etwas mehr als sechs Wochenstunden betragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig; Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 26.08.2014 sowie der Bescheid der Beklagten vom 25.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2013 sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich gemäß § 43 Abs. 4 SGB VI um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind: 1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr. 1 oder 2 liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung. Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren ist für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gemäß § 43 Abs. 5 SGB VI nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.
Anrechnungszeiten sind u. a. Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) oder arbeitslos (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) gewesen sind, wenn dadurch u. a. eine versicherte Tätigkeit unterbrochen ist (§ 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI).
Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung sind gemäß § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01. 01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit 1. Beitragszeiten 2. beitragsfreien Zeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine Zeit nach Nr. 4, 5 oder 6 liegt, 4. Berücksichtigungszeiten, 5. Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder 6. Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 01. Januar 1992 (Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung vor dem 01.01.1984 eingetreten ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich (§ 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Der Nachweis für die den Anspruch begründenden Tatsachen muss hierbei im Wege des sog. Vollbeweises erfolgen. Dies erfordert, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann. Dies bedeutet, das Gericht muss von der zu beweisenden Tatsache mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit ausgehen können; es darf kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen. Von dem Vorliegen der entscheidungserheblichen Tatsachen muss insoweit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden können (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.2006 - B 4 R 29/06 R -, Bayerisches LSG, Urteil vom 26.07.2006 - L 16 R 100/02 -, jeweils Juris; BSGE 45, 285; BSGE 58, 80). Können die genannten Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht im erforderlichen Vollbeweis nachgewiesen werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten möchte. Für das Vorliegen der Voraussetzungen der Erwerbsminderung trägt insoweit der Versicherte die Darlegungs- und objektive Beweislast (vgl. BSG, Urteil vom 23.10.1996 - 4 RA 1/96 -, Juris).
Ausgehend von dem aktenkundigen Versicherungsverlauf vom 10.09.2018 (Bl. 154 f der Senatsakte), gegen den Einwände seitens des Klägers nicht vorgebracht worden sind, waren die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der sog. Drei-Fünftel-Belegung (§ 43 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) letztmals am 31.12.2012 erfüllt. Pflichtbeitragszeiten finden sich im Versicherungskonto des Klägers bis einschließlich 08.06.2009, wobei Teilmonate nach dem Monatsprinzip (§ 122 Abs. 1 SGB VI) als volle Monate zählen. Da für die Zeit danach keine Pflichtbeitragszeiten mehr im Versicherungskonto aufgeführt sind, reichte der Fünfjahreszeitraum, der der Drei-Fünftel-Belegung noch genügen würde, von Juli 2006 bis Juni 2011. In diesem Zeitraum wären 36 Monate mit Pflichtbeitragszeiten vorhanden, nämlich die Monate Juli 2006 bis einschließlich Juni 2009, die – letztmals – mit Pflichtbeitragszeiten belegt sind. Zu keiner Verlängerung dieses Zeitraums führt die durch den Kläger vom 01.09.2009 bis 31.12.2010 und vom 01.06.2011 bis 31.12.2011 ausgeübte geringfügige Beschäftigung. Aus dieser Tätigkeit wurden keine Pflichtbeiträge entrichtet. Die bei der Beklagten am 31.01.2012 beantragte (auf die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.05.2011 beschränkte) Nachentrichtung freiwilliger Beiträge ändert hieran nichts, weil für die Vorversicherungszeit i.S.d. § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung erforderlich sind. Abgesehen davon bedarf es für die Erfüllung der rentenbegründenden Vorversicherungszeit i.S.d. § 43 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI grundsätzlich der tatsächlichen (Nach-)Entrichtung von (Pflicht-)Beiträgen für diesen Zeitraum (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2006 - B 13 RJ 25/03 R -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.07.2014 - L 9 R 2952/11 -; LSG Bayern, Beschluss vom 10.05.2000 - L 13 R 253/10 B PKH - Juris), an welcher es jedenfalls derzeit fehlt.
Der Zeitraum ist aber gemäß § 43 Abs. 4 Ziff. 1 SGB VI um 18 Monate Anrechnungszeiten zu verlängern. Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sind Anrechnungszeiten u.a. Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sind. § 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI bestimmt außerdem, dass Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nur vorliegen, wenn dadurch eine versicherte oder selbstständige Tätigkeit oder ein versicherter Wehrdienst oder Zivildienst unterbrochen ist. Eine Ausnahme sieht insoweit wiederum § 43 Abs. 4 Ziff. 3 SGB VI vor. Eine derartige Unterbrechung war beim Kläger zwar mit dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit ab dem 07.12.2007 gegeben. Denn er war hierdurch noch nicht endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden; sein bisheriges Beschäftigungsverhältnis als Rettungsassistent war zu diesem Zeitpunkt noch nicht beendet. Ein Aufschubtatbestand aufgrund der Arbeitsunfähigkeit ergibt sich für die Zeit ab dem 09.06.2009 (Ende des Krankengeldbezugs am 08.06.2009) bis 06.12.2011 (drei Jahre nach Beginn der krankheitsbedingten Unterbrechung der Beschäftigung). Die vor dem 09.06.2009 liegende Zeit der Arbeitsunfähigkeit, in der der Kläger Krankengeld bezogen hat, verlängert den Zeitraum von fünf Jahren für die Drei-Fünftel-Belegung nicht (BSG, Urteil vom 13.12.2000 – B 5 RJ 18/99 R -, Juris), wird aber bereits als Pflichtbeitragszeit berücksichtigt. Die Zeit ab dem 07.12.2010 ist kein Aufschubtatbestand mehr, da der Kläger in dieser Zeit, wie noch im Einzelnen darzulegen sein wird, nicht erwerbsgemindert, sondern für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, wie sie auch eine vergleichbaren arbeitslosen Versicherten zuzumuten waren, leistungsfähig war. Dass der Kläger – wie alle Gutachter übereinstimmend annehmen und auch zur Überzeugung des Senats feststeht – die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Rettungsassistent seit dem 07.12.2007 und auch über den 06.12.2010 hinaus nicht mehr ausüben konnte, steht dem nicht entgegen. Denn in Übereinstimmung mit den Anforderungen dieses Begriffs in der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmt sich die Arbeitsunfähigkeit im Rentenrecht nach dem Wegfall des Beschäftigungsverhältnisses (hier spätestens zum 01.09.2009 mit der Aufnahme der geringfügigen Beschäftigung) nicht unbegrenzt nach der letzten Beschäftigung. Vielmehr entfällt bei fortdauernder Erkrankung spätestens nach einem Zeitraum von drei Jahren – gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit (§ 48 Abs. 1 und 2 SGB V) ein "nachgehender Berufsschutz" für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit (BSG, Urteile vom 25.02.2004 - B 5 RJ 30/02 R - und vom 25.02.2010 - B 13 RJ 116/08 R -, Bayerisches LSG, Urteil vom 20.12.2017 - L 1 R 1084 -, Juris). Der nachgehende Berufsschutz kommt dem Kläger allerdings drei Jahre nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit zu. Der Kläger war, wie sich aus allen medizinischen Unterlagen, den vorliegenden Gutachten, dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Bad S. vom 17.09.2008 und der ärztlichen Stellungnahme der Betriebsmedizinerin Z. der S. gGmbH vom 11.03.2009 ergibt, für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Rettungsassistent nicht mehr leistungsfähig. Hiervon ist auch der Senat überzeugt. Entgegen der Auffassung der Beklagten spricht die durch den Kläger ausgeübte Tätigkeit als Fahrer bei dem Malteser Hilfsdienst gGmbH nicht gegen die Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Die dort ausgeübte Tätigkeit als Mitarbeiter im Rückholdienst und Lotse, wie sie der Arbeitgeber in seiner Auskunft gegenüber dem Senat vom 08.12.2017 beschrieben hat, ist mit derjenigen eines Rettungsassistenten nicht vergleichbar. Arbeitsunfähigkeit als Rettungsassistent war damit durchgehend anzunehmen. Zwar wurde diese durch den behandelnden Allgemeinarzt Gies lediglich bis Juli 2009 bescheinigt, die Vorlage entsprechender Bescheinigungen ist aber keine Voraussetzung für die Anerkennung der Arbeitsunfähigkeitszeit als Anrechnungszeit (vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 100. EL, Juni 2018, § 58 SGB VI, Rdnr. 8). Zur Überzeugung des Senats ist daher die Zeit vom 08.06.2009 bis 06.12.2010 als Aufschubtatbestand im Sinne des § 43 Abs. 4 Ziff. 1 SGB VI zu berücksichtigen. Da für den Monat Juni 2009 bereits eine Pflichtbeitragszeit wegen Krankengeldbezugs berücksichtigt wurde, der Monat damit als Pflichtbeitragsmonat gilt und eine Verlängerung aufgrund der Anrechnungszeit nicht stattfindet (vgl. Freudenberg in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl., 2013, § 43 SGB VI Rdnr. 281), sind 18 Monate an Anrechnungszeiten zu berücksichtigen.
Sonstige Verlängerungstatbestände im Sinne des § 43 Abs. 4 SGB VI liegen nicht vor. Insbesondere hat sich der Kläger nach dem Bezug von Krankengeld nicht arbeitslos gemeldet, so dass eine Anrechnungszeit gemäß § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI ausscheidet. Eine ggf. in Bezug auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Fahrer ab dem 01.01.2011 bestehende Arbeitsunfähigkeit kann nicht mehr als Aufschubtatbestand im Sinne des § 43 Abs. 4 SGB VI herangezogen werden. Eine Anrechnungszeit im Sinne des § 43 Abs. 4 Ziff. 1 SGB VI i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 SGB VI liegt nicht vor, da wegen der lediglich geringfügig und nicht versicherungspflichtig ausgeübten Tätigkeit die Voraussetzung des § 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wonach eine versicherungspflichtige oder selbständige Tätigkeit durch die Arbeitsunfähigkeitszeit unterbrochen sein muss, nicht erfüllt ist. Zwar sind gemäß § 43 Abs. 4 Ziff. 3 SGB VI Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, als Aufschubtatbestand zu berücksichtigen; dies gilt allerdings nur dann, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten (hier der 01.01.2012 nach Aufgabe der Fahrertätigkeit) wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Anrechnungs- oder Berücksichtigungszeit liegt. Dies ist hier nicht der Fall. Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nach § 43 Abs. 4 und 5 SGB VI liegen ebenfalls nicht vor. Der Kläger war auch nicht schon vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren voll erwerbsgemindert bzw. erwerbsunfähig (§ 43 Abs. 6 SGB VI) und kann weitere Ansprüche schließlich auch nicht aus der Übergangsvorschrift des § 241 Abs. 2 SGB VI herleiten. Hierzu müsste die Wartezeit von fünf Jahren schon vor 1984 erfüllt gewesen sein, und danach müssten durchgehend Pflichtbeiträge entrichtet worden sein (z.B. wegen selbstständiger Tätigkeit bei nur freiwilliger Beitragszahlung, oder wegen Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit oder wegen Einstellung der Erwerbstätigkeit bei freiwilliger Beitragszahlung) oder die Zeiten müssten durchgängig mit sonstigen Anwartschaftserhaltungszeiten belegt sein. Dies ist aber nicht der Fall, da Versicherungszeiten bei dem im Jahr 1976 geborenen Kläger erstmals im Jahr 1993 im Versicherungsverlauf vermerkt sind.
Nach alledem sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmalig bei einem Leistungsfall am 31.12.2012 erfüllt. In dem – um 18 Monate zu berücksichtigender Anrechnungszeiten verlängerten – Fünf-Jahreszeitraum vom 01.07.2006 bis 31.12.2012 sind letztmals 36 Monate, die Monate Juli 2006 bis Juni 2009 mit Pflichtbeitragszeiten belegt.
Der Senat konnte sich aber nicht davon überzeugen, dass der Kläger im Dezember 2012 in rentenberechtigendem Ausmaß erwerbsgemindert war. Eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. L. im Mai 2014 nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere der im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachten von Dr. P., Dr. G., Dr. K., Dr. M. und Dr. E. sowie dem Gutachten von Prof. Dr. L.
Insbesondere aus den Gutachten von Dr. M. vom 30.03.2012, Dr. E. vom 09.05.2012 und Prof. Dr. L. vom 28.05.2014 folgt für den Senat, dass eine rentenrelevante Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers jedenfalls im Dezember 2012 noch nicht nachgewiesen werden kann.
Dr. M. hat in ihrem Gutachten im März 2012 die Diagnosen Motoneuronenerkrankung mit Atrophie der linken unteren Extremität, Lumboischialgie links und Anpassungsstörung mit depressiver Entwicklung angegeben. Dr. E. hat im Mai 2012 auf seinem Fachgebiet eine chronische Lumbalgie bei Spondylolisthesis, ein chronisches Cervical- und Dorsalsyndrom bei osteodegenerativen Veränderungen C5/6 mit flacher Bandscheibenprotrusion C5/6 und eine persistierende Gonalgie links mit Streckdefizit nach zweimaliger Kniegelenksarthroskopie links diagnostiziert. Diese Befunde und Diagnosen stehen in Übereinstimmung mit den zuvor eingeholten Gutachten und den vorliegenden medizinischen Unterlagen der behandelnden Ärzte. Insbesondere hat sich Dr. M. auch mit der erstmals im Juni 2011 (Befundbericht der Neurologischen Klinik Universitätskrankenhaus U. vom 24.06.2011) diagnostizierten Montoneuronenerkrankung auseinandergesetzt. Die Gutachter sind auf Grundlage der von ihnen erhobenen Befunde überzeugend zu der Einschätzung gelangt, dass bei einer Berufstätigkeit des Klägers zwar qualitative Einschränkungen zu berücksichtigen sind, aber keine zeitliche Einschränkung auf unter sechs Stunden. Dies deckt sich auch mit dem Gutachten von Prof. Dr. L. und der von ihm vertretenen Einschätzung. Unter Berücksichtigung der von ihm festgestellten Diagnosen (atypische Motoneuronenerkrankung mit isloiertere Atrophie und diskreter Schwäche der linken unteren Extremität, rezidivierende depressive Episode, aktuell mittelgradig) ist er nachvollziehbar zu einem noch mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen gelangt.
Der Senat konnte sich auch nicht davon überzeugen, dass mit Hinzukommen der Behandlung auf psychiatrischem Fachgebiet durch Dr. K. im Juni 2012 eine Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden eingetreten ist. Zwar schildert Dr. K. in seinem Befundbericht vom 16.10.2012 eine zunehmende depressive Symptomatik von aktuell mittelschwerer Ausprägung und nimmt eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens auf unter drei Stunden arbeitstäglich an. Eine psychische Belastungsproblematik mit Depressivität wird auch durch Prof. Dr. S. in seinem Befundbericht vom 27.06.2012 bescheinigt. Dr. M. hatte im Rahmen ihrer ausführlichen Begutachtung im März 2013 zwar eine Anpassungsstörung diagnostiziert, eine weitergehende, sich auch auf das zeitliche Leistungsvermögen auswirkende psychiatrische Erkrankung aber noch nicht feststellen können. Prof. Dr. L. und Dr. R. berichten zwar ebenfalls über rezidivierende depressive Episoden, aktuell mittelgradiger Ausprägung, gelangten aber auch in der Gesamtschau der bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen für den Senat überzeugend nicht zu einer Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht. Der Senat ist daher im Ergebnis zu der Überzeugung gelangt, dass dem Kläger trotz der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen jedenfalls bis Ende 2012 leichte Tätigkeiten zugemutet werden konnten und der Eintritt einer rentenrelevanten Leistungsminderung jedenfalls im Dezember 2012 nicht nachgewiesen wurde.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass bei dem Kläger zwischenzeitlich eine amyotorophe Lateralsklerose besteht, weist aber zugleich darauf hin, dass für die Gewährung einer Rente nicht die Diagnose als solche, sondern die sich aus der Erkrankung ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen maßgeblich sind. Im Falle des Klägers ist – wie Prof. Dr. L. und Dr. R. ausgeführt haben und durch den Bericht des C. für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie vom 26.05.2014 bestätigt wurde - der Verlauf der Erkrankung eher langsam. Bei dem Kläger lagen bis Ende 2012 daher bereits nicht unerhebliche Auswirkungen der Erkrankung vor, die aber noch nicht derart ausgeprägt waren, dass ihm auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zumutbar gewesen wären.
Da der Kläger daher noch mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig war, musste ihm – anders als bei Teilzeitkräften – weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden, noch die Frage geprüft werden, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang leistungsfähige Ungelernte und Angelernte des unteren Bereiches geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996, u. a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder Versicherte nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nur unter betriebsunüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze auf Grund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie § 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14). Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R -, in Juris). Als Beispiel hierfür ist etwa die Einarmigkeit eines Versicherten zu nennen. Das Merkmal "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. In diesen Fällen besteht die Verpflichtung, ausnahmsweise eine konkrete Tätigkeit zu benennen, weil der Arbeitsmarkt möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R -, Juris).
Ausgehend von den Gutachten von Dr. M. und Dr. E. waren dem Kläger nur noch Tätigkeiten in Wechselhaltung, ohne Stress, Druck und Nachtarbeit, ohne Heben und Tragen von Gegenständen von mehr als 10 kg, ohne Zwangshaltung oder ständiges Bücken, ohne Beugebelastung der Kniegelenke und ohne Kälte- und Nässeexposition zumutbar. Durch diese Einschränkungen ist zwar das Spektrum der dem Kläger zumutbaren Tätigkeiten eingeschränkt gewesen, aber ausgehend von den genannten Grundsätzen liegt weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. So waren dem Kläger jedenfalls bis Ende 2012 die durch das BSG (vgl. u.a. Urteil vom 09.05.2012 - B 5 R 68/11 R -, Juris) beispielhaft genannten Tätigkeiten, wie z.B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten, grundsätzlich noch zumutbar und mit den bereits genannten und durch die Gutachter aufgezeigten qualitativen Leistungseinschränkungen in Einklang zu bringen.
Auch lag im Fall des Klägers kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führen würde. Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einem Versicherten die so genannte Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich viermal Wegstrecken von mehr als 500 Metern mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann (vgl. BSG, Urteile vom 28.08.2002 - B 5 RJ 12/02 R - und vom 21.03.2006 - B 5 RJ 51/04 – unter Hinweis auf Großer Senat in BSGE 80, 24, 35) Eine solche Beschränkung der Wegstrecke lag jedenfalls bis zur Begutachtung durch Prof. Dr. L. nicht vor. Der Gutachter hat eine entsprechende Einschränkung der Gehfähigkeit nicht feststellen können. Bei den im Rahmen der Begutachtung demonstrierten Laufübungen auch beim Gang zum Parkplatz hatte der Kläger eine normale Gehgeschwindigkeit von 3-4 km/h demonstriert. Auch Dr. M. konnte eine Gangstörung des Klägers nicht feststellen. Die von ihr diagnostizierte mittelgradige Atrophie des linken Ober- und Unterschenkels hat sie vielmehr als funktionell irrelevant angesehen. Eine rentenrelevante Einschränkung aufgrund der orthopädischen Erkrankungen wurde auch durch Dr. E. nicht angenommen.
Der der Eintritt von Erwerbsminderung spätestens bis Ende 2012 damit nicht bewiesen ist, kam die Gewährung einer Rente mangels Vorliegens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht in Betracht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der 1976 geborene Kläger hat eine Ausbildung zum Rettungssanitäter absolviert, diesen Beruf zunächst ausgeübt und sich berufsbE.itend zum Rettungsassistenten qualifiziert. Ab 2003 bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 07.12.2007 war er als Rettungsassistent beschäftigt. Vom 18.01.2008 bis zum 08.06.2008 bezog der Kläger Krankengeld; im Anschluss hat er keinen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt. Vom 01.09.2009 bis zum 31.12.2011 war der Kläger im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses bei der M. gGmbH als Fahrer beschäftigt; als Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung wurde nur der Arbeitgeberanteil gezahlt; wegen unbezahlten Urlaubs des Klägers vom 01.01. bis zum 31.05.2011 war die Beitragszahlung unterbrochen. Mit Schreiben vom 31.01.2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass für diesen Zeitraum die Möglichkeit bestehe, freiwillige Beiträge nachzuzahlen.
Im Versicherungsverlauf des Klägers, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl.154 f. der Senatsakte Bezug genommen wird, sind nach Zeiten einer Fachschulausbildung vom 25.09.1993 bis 06.07.1994 und einer Übergangszeit vom 07.07.1994 bis 07.08.1994 ab dem 08.08.1994 bis zum 08.06.2009 durchgehend Pflichtbeitragszeiten vermerkt. Die Zeit vom 09.06.2009 bis 31.08.2009 enthält den Vermerk "krank/Gesundheitsmaßnahme ohne Beitragszahlung". Vom 01.09.2009 bis 31.12.2010 und vom 01.06.2011 bis 31.12.2011 ist eine geringfügige nicht versicherungspflichtige Beschäftigung vermerkt; danach sind keine Versicherungszeiten mehr vermerkt.
Vom 06.08.2008 bis 03.09.2008 gewährte die Beklagte dem Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme im Reha-Zentrum Bad S. Ausweislich des ärztlichen Entlassungsberichts vom 17.09.2008 wurde er mit den Diagnosen chronische Lumboischialgie links bei Spondylolisthesis L5/S1, Gonalgie links stärker als rechts bei Zustand nach Arthroskopie am linken Knie im März 2008 und initiale Coxarthrose links arbeitsunfähig entlassen. Er sei als Rettungsassistent nur noch unter drei Stunden täglich belastbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen seien dem Kläger vollschichtig zumutbar. Vom 26.01.2009 bis 06.02.2009 nahm der Kläger an einer Berufsfindung und Arbeitserprobung bei der S. gGmbH in H. teil. In der ärztlichen Stellungnahme vom 11.03.2009 führte die Betriebsmedizinerin Z. aus, das Leistungsvermögen für eine Tätigkeit als Rettungsassistent sei aufgehoben. Leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten seien dem Kläger unter Berücksichtigung weiterer, näher dargelegter qualitativer Einschränkungen vollschichtig zumutbar.
Im Rahmen eines Verfahrens (S 3 R 3677/09) vor dem Sozialgericht Ulm (SG), in dem die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben streitig war, wurde zunächst ein Gutachten des Orthopäden Dr. B. vom 13.07.2009 beigezogen, dann das Gutachten des Orthopäden Dr. P. vom 04.08.2010 eingeholt. Dr. P. diagnostizierte wiederkehrende Funktionsstörungen der Brustwirbelsäule mit Blockaden, ein chronisches Schmerzsyndrom bei Lumbalgie und pseudoradikulärer Ausstrahlung links infolge Spondylolyse und Spondylolisthesis L5/S1 Grad I nach Meyerding, Wirbelgelenksarthrosen in den unteren Segmenten und Bandscheibenvorwölbungen L4/5-L5/S1, einen chronischen Belastungs-/Bewegungsschmerz des linken Kniegelenks nach Feststellung einer Chondromalazie an der Kniescheibenrückenfläche und am inneren wie äußeren Gelenkspalt nach Innenmeniskusteilresektion, Entfernung des Hoffaschen Fettkörpers und einen Sehnenansatzschmerz am Ober- und Unterrand der Patella mit resultierender Inaktivitätsatrophie des linken Oberschenkels. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers in seiner bisherigen Tätigkeit sei erheblich gefährdet. Eine Umschulung in Tätigkeiten im Labor oder eine Ausbildung im sozialen oder logopädischen Bereich sei erfolgversprechend.
Einen ersten Rentenantrag des Klägers vom 12.12.2008 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.10.2010 nach Einholung von Gutachten des Chirurgen Dr. G. und des Neurologen und Psychiaters Dr. K. ab. Dr. G. gab in seinem Gutachten vom 01.09.2010 an, bei dem Kläger bestehe eine ausgeprägte Lumbalgie nicht eindeutig geklärter Genese und ein Reizzustand am linken Kniegelenk mit Muskelverschmächtigung am linken Ober- und Unterschenkel unklarer Genese. Leichte körperliche Tätigkeiten seien vollschichtig möglich. Es bestehe der Eindruck einer erheblichen Somatisierung. Bei der Untersuchung vom 08.10.2010 stellte Dr. K. eine linksseitige Lumboischialgie ohne neurologische Ausfälle und den Verdacht auf eine Somatisierungsstörung fest. Der Kläger sei aus neurologisch-psychiatrischer Sicht sowohl als Rettungsassistent als auch unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig leistungsfähig.
Am 14.12.2011 stellte der Kläger bei der Beklagten erneut einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und gab an, er halte sich seit dem 07.12.2007 für erwerbsgemindert. Die Beklagte zog Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers, darunter Berichte der Neurologischen Universitätsklinik U. vom 24.06.2011 und 05.12.2011, in denen als Diagnose eine Motoneuronenerkrankung mit Beteiligung des 2. Motoneurons angegeben wurde, und des Neurologen Prof. Dr. S. vom 15.03.2012. Ferner wurden Begutachtungen des Klägers durch die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. und den Facharzt für Orthopädie Dr. E. veranlasst. Dr. M. gab nach der Untersuchung des Klägers am 30.03.2012 die Diagnosen Motoneuronenerkrankung mit Atrophie der linken unteren Extremität, Lumboischialgie links und Anpassungsstörung mit depressiver Entwicklung an. Die mittelgradig ausgeprägte Atrophie der Ober- und Unterschenkelmuskulatur sei funktionell irrelevant und nicht mit einer Gangstörung oder einer Parese verbunden. Aus nervenärztlicher Sicht könnten dem Kläger leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin zugemutet werden. In seinem Gutachten vom 09.05.2012 diagnostizierte Dr. E. auf seinem Fachgebiet eine chronische Lumbalgie bei Spondylolisthesis, ein chronisches Cervical-und Dorsalsyndrom bei osteodegenerativen Veränderungen C5/6 mit flacher Bandscheibenprotrusion C5/6 und eine persistierende Gonalgie links mit Streckdefizit nach zweimaliger Kniegelenksarthroskopie links. Aus rein orthopädischer Sicht sei der Kläger in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten unter Berücksichtigung näher genannter qualitativer Einschränkungen auszuüben.
Mit Bescheid vom 25.05.2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab, da der Kläger die medizinischen Voraussetzungen nicht erfülle.
Zur Begründung seines hiergegen am 13.06.2012 erhobenen Widerspruchs trug der Kläger vor, sein Zustand habe sich verschlechtert. Darüber hinaus seien die behandelnden Ärzte der Auffassung, dass ihm auch leichte Tätigkeiten nicht mehr zumutbar wären. Der Kläger legte einen Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. vom 16.10.2012 vor, wonach wegen einer zunehmenden depressiven Symptomatik seit dem 06.06.2012 eine ambulante Behandlung stattfinde. Die Krankheit sei mittelschwer ausgeprägt und führe dazu, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens drei Stunden täglich auszuüben. Außerdem wurde ein nervenärztlicher Befundbericht von Prof. Dr. S. vom 27.06.2012 vorgelegt. Der klinische Verlauf sei von Seiten des motorischen Systems erfreulich stabil. Inzwischen habe sich aber eine psychische Belastungsproblematik mit Depressivität eingestellt. Ferner wurde ein Bericht der Poliklinik für Neurologie – Universitätsklinikum U. – vom 17.10.2012 übersandt, in dem als Diagnose amyotrophe Lateralsklerose angegeben wird.
Der beratungsärztliche Dienst nahm zu den vorgelegten Unterlagen unter dem 14.12.2012 durch Dr. Z. Stellung und gelangte zu der Einschätzung, dass seit dem 06.06.2012 aufgrund einer dokumentierten Verschlechterung von einem unter dreistündigen Leistungsvermögen pro Tag auszugehen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zwar sei bei dem Kläger am 06.06.2012 volle Erwerbsminderung eingetreten; zu diesem Zeitpunkt lägen allerdings die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr vor. Innerhalb des hier maßgeblichen Zeitraums vom 06.04.2007 bis zum 05.06.2012 seien nicht die notwendigen 36 Monate, sondern lediglich 27 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt.
Hiergegen hat der Kläger am 05.04.2013 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und unter Vorlage von Befundberichten seiner behandelnden Ärzte, u.a. des C. für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie vom 29.05.2013, vorgetragen, bereits seit dem 07.12.2007, dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit, aufgrund seiner Erkrankungen nicht mehr berufstätig zu sein. Er beziehe eine private Berufsunfähigkeitsrente. Außerdem hat der Kläger Auszahlscheine für Krankengeld für die Zeit vom 21.01.2008 bis 18.06.2009 und ein Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. G. vom 23.07.2009, wonach der Kläger weiterhin arbeitsunfähig sei, vorgelegt.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das SG zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Orthopäde Dr. I. hat am 11.07.2013 ausgeführt, zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit Dezember 2007 keine Angaben machen zu können. Nach Aktenlage habe damals keine quantitative Leistungseinschränkung vorgelegen. Der Orthopäde Prof. Dr. H., Orthopädische Universitätsklinik U., hat in seiner Stellungnahme vom 04.07.2013 angegeben, seines Erachtens sei der Kläger im Zeitraum 2006 bis 2008 noch in der Lage gewesen, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. G. hat unter dem 27.09.2013 ausgeführt, der Kläger habe am 15.04.2013 seine kompletten Krankenunterlagen mitgenommen, um sich anderweitig in Behandlung zu begeben. Er könne daher die Fragen des Gerichts nicht beantworten.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG bei dem Neurologen Prof. Dr. L. ein Gutachten eingeholt, der in dem gemeinsam mit der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. erstatteten Gutachten vom 28.05.2014 als Diagnose eine atypische Motoneuronenerkrankung mit isolierter Atrophie und diskreter Schwäche der linken unteren Extremität seit 2008 ohne darüber hinausgehende Paresen oder Atrophien mitgeteilt hat. Darüber hinaus bestünden rezidivierende depressive Episoden, aktuell mittelgradig. Für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bestehe ein Leistungsvermögen von über sechs Stunden täglich. Der neurologische Befund liege unverändert seit Anfang 2008 vor, möglicherweise auch schon seit dem 07.12.2007, obwohl insoweit keine ausreichenden Unterlagen vorlägen. Gegenüber dem Befund aus dem Jahr 2011 sei eine Besserung eingetreten.
Nach vorheriger Anhörung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26.08.2014 abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung seien nicht erfüllt. Obwohl die Beklagte dem Kläger zugestehe, erwerbsgemindert zu sein, sei dies aus Sicht des Gerichts fraglich. Das Vorliegen einer quantitativen Leistungseinschränkung lasse sich allein auf die Aussage von Dr. K. im Widerspruchsverfahren stützen. Dabei widerspreche dessen Einschätzung allen Gutachten. Dennoch lege das Gericht (trotz der dargestellten Bedenken) zu Gunsten des Klägers einen Leistungsfall am 06.06.2012 zu Grunde. Daraus ergebe sich wegen des Nichtvorliegens der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen jedoch kein Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente. Der Kläger habe im relevanten Bezugszeitraum keine 36 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Es gebe keinen medizinischen Befund, der auf einen früheren Zeitpunkt hindeute oder diesen gar belege. Die zeitlich davor liegenden Begutachtungen kämen vielmehr nachvollziehbar zum Ergebnis einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit. Soweit die orthopädische Begutachtung von Dr. P. im Jahr 2010 eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit als Rettungsassistent ergeben habe, liege darin kein Hinweis auf das Vorliegen einer Erwerbsminderung. Im Gegenteil sei der Kläger für umschulungsfähig erachtet worden. Zudem belege das Begehren des Klägers hinsichtlich Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Jahr 2010, dass es sich nicht seit 2007 für erwerbsgemindert halte, sondern selbst an die Möglichkeit einer weiteren Berufstätigkeit geglaubt habe. Auch die befragten Ärzte hätten keine Anhaltspunkte dafür geliefert, dass die vom Kläger behauptete Leistungseinschränkung seit Dezember 2007 vorliege. Die eingeholten Auskünfte sprächen vielmehr für ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Der Versicherungsverlauf enthalte zudem noch bis ins Jahr 2009 Pflichtbeiträge, was ebenfalls gegen eine Erwerbsminderung im Jahr 2007 spreche. Weitere Ermittlungen seien nicht angezeigt gewesen. Bei einem Leistungsfall am 06.06.2012 belaufe sich der Fünf-Jahres-Zeitraum davor auf die Zeit vom 06.06.2007 bis zum 05.06.2012. In diesem Zeitraum habe der Kläger 25 Monate mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Weitere Pflichtbeiträge seien in diesem Zeitraum nicht entrichtet worden. Aufgrund einer Zeit der Arbeitsunfähigkeit ohne Leistungsbezug verlängere sich der Zeitraum um weitere zwei Monate in die Vergangenheit (für Juli und August 2009; der Juni 2009 sei bereits im ersten Schritt als Pflichtbeitragszeit veranlagt worden). Damit sei auch die Zeit vom 06.04.2007 bis 05.06.2007 einzubeziehen, woraus sich zwei weitere mit Pflichtbeiträgen belegte Monate ergeben. Die versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung von 2009 bis 2011 begründe keine Anrechnungszeiten oder sonstige rentenrechtliche Zeiten. Es liegen damit insgesamt nur 27 Monate mit Pflichtbeiträgen vor. Ausnahmen von dem Erfordernis des Vorliegens der Pflichtbeiträge seien nicht gegeben und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen daher nicht erfüllt.
Gegen den ihm am 01.09.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03.09.2014 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Berufungsbegründung hat er vorgetragen, er leide seit vielen Jahren an einer Montoneuronenerkrankung (ALS) sowie einer damit einhergehenden Erkrankung im orthopädischen Bereich und infolge dessen auch unter erheblichen psychischen Problemen. Er sei seit dem 07.12.2007 außer Stande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Seither sei er ohne Unterbrechung arbeitsunfähig. Dem Gutachten von Prof. Dr. L. könne nicht gefolgt werden. Es sei nicht nachvollziehbar, dass dieser das Vorliegen einer ALS-Erkrankung verneine, andererseits aber Medikamente verordne, die nur bei dieser Erkrankung verabreicht werden dürften. Soweit Dr. P. vertreten habe, es bestehe Umschulungsfähigkeit, handle es sich um eine Einzelmeinung. Nicht zu seinen Lasten könne der Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgelegt werden, da ihm nichts anderes übriggeblieben sei. Er glaube keinesfalls an die Möglichkeit einer weiteren Berufstätigkeit. Der Leistungsfall sei keinesfalls erst am 06.06.2012 eingetreten; es gebe medizinische Befunde, die einen früheren Leistungsfall belegten. Ausgehend von einem Leistungsfall im Dezember 2007 seien auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Dass der Versicherungsverlauf im Jahr 2009 noch Pflichtbeiträge enthalte, liege daran, dass er Sozialleistungen bezogen habe und weise gerade nicht auf eine Erwerbsfähigkeit hin. Befundberichte u.a. des C. für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie vom 26.05.2014 und vom 03.02.2015, des Universitätsklinikums U. vom 16.07.2014 und des Prof. Dr. S. vom 23.07.2014 sind vorgelegt worden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts U. vom 26. August 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. März 2013 zu verurteilen, dem Kläger bezogen auf eine Antragstellung am 14. Dezember 2011 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Eine Erwerbsminderung auf Zeit sei nach ihrer Auffassung am 06.06.2012 eingetreten. Da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zu diesem Zeitpunkt nicht erfüllt gewesen seien, könne die Rente nicht bewilligt werden. Für den gewünschten Leistungsfall im Jahr 2007 ließen sich keine rentenrelevanten Funktionsstörungen belegen. Inzwischen sei die Verdachtsdiagnose ALS zwar bestätigt worden, es werde aber ein langsamer Verlauf beschrieben. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien zuletzt bei einem Leistungsfall am 30.09.2011 erfüllt. In der Zeit ab 01.09.2009 bis 31.12.2011 habe der Kläger in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. In der ausgeübten Tätigkeit habe er regelmäßig Fahrdienste von deutlich mehr als 14 Stunden geleistet, was nach den Stellungnahmen der Beratungsärztinnen Dr. H. vom 08.07.2014 und Dr. T. vom 03.09.2015 gegen die Annahme einer Arbeitsunfähigkeit spreche.
Auf gerichtliche Nachfrage hat die M. gGmbH unter dem 08.12.2017 mitgeteilt, der Kläger sei im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung vom 01.09.2009 bis 31.12.2011 als Mitarbeiter im Rückholdienst und Lotse beschäftigt gewesen; es seien fünf Wochenstunden vereinbart gewesen, der tatsächliche Beschäftigungsumfang habe aber etwas mehr als sechs Wochenstunden betragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig; Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 26.08.2014 sowie der Bescheid der Beklagten vom 25.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2013 sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich gemäß § 43 Abs. 4 SGB VI um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind: 1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr. 1 oder 2 liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung. Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren ist für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gemäß § 43 Abs. 5 SGB VI nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.
Anrechnungszeiten sind u. a. Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) oder arbeitslos (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) gewesen sind, wenn dadurch u. a. eine versicherte Tätigkeit unterbrochen ist (§ 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI).
Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung sind gemäß § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01. 01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit 1. Beitragszeiten 2. beitragsfreien Zeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine Zeit nach Nr. 4, 5 oder 6 liegt, 4. Berücksichtigungszeiten, 5. Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder 6. Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 01. Januar 1992 (Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung vor dem 01.01.1984 eingetreten ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich (§ 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Der Nachweis für die den Anspruch begründenden Tatsachen muss hierbei im Wege des sog. Vollbeweises erfolgen. Dies erfordert, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann. Dies bedeutet, das Gericht muss von der zu beweisenden Tatsache mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit ausgehen können; es darf kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen. Von dem Vorliegen der entscheidungserheblichen Tatsachen muss insoweit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden können (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.2006 - B 4 R 29/06 R -, Bayerisches LSG, Urteil vom 26.07.2006 - L 16 R 100/02 -, jeweils Juris; BSGE 45, 285; BSGE 58, 80). Können die genannten Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht im erforderlichen Vollbeweis nachgewiesen werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten möchte. Für das Vorliegen der Voraussetzungen der Erwerbsminderung trägt insoweit der Versicherte die Darlegungs- und objektive Beweislast (vgl. BSG, Urteil vom 23.10.1996 - 4 RA 1/96 -, Juris).
Ausgehend von dem aktenkundigen Versicherungsverlauf vom 10.09.2018 (Bl. 154 f der Senatsakte), gegen den Einwände seitens des Klägers nicht vorgebracht worden sind, waren die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der sog. Drei-Fünftel-Belegung (§ 43 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) letztmals am 31.12.2012 erfüllt. Pflichtbeitragszeiten finden sich im Versicherungskonto des Klägers bis einschließlich 08.06.2009, wobei Teilmonate nach dem Monatsprinzip (§ 122 Abs. 1 SGB VI) als volle Monate zählen. Da für die Zeit danach keine Pflichtbeitragszeiten mehr im Versicherungskonto aufgeführt sind, reichte der Fünfjahreszeitraum, der der Drei-Fünftel-Belegung noch genügen würde, von Juli 2006 bis Juni 2011. In diesem Zeitraum wären 36 Monate mit Pflichtbeitragszeiten vorhanden, nämlich die Monate Juli 2006 bis einschließlich Juni 2009, die – letztmals – mit Pflichtbeitragszeiten belegt sind. Zu keiner Verlängerung dieses Zeitraums führt die durch den Kläger vom 01.09.2009 bis 31.12.2010 und vom 01.06.2011 bis 31.12.2011 ausgeübte geringfügige Beschäftigung. Aus dieser Tätigkeit wurden keine Pflichtbeiträge entrichtet. Die bei der Beklagten am 31.01.2012 beantragte (auf die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.05.2011 beschränkte) Nachentrichtung freiwilliger Beiträge ändert hieran nichts, weil für die Vorversicherungszeit i.S.d. § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung erforderlich sind. Abgesehen davon bedarf es für die Erfüllung der rentenbegründenden Vorversicherungszeit i.S.d. § 43 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI grundsätzlich der tatsächlichen (Nach-)Entrichtung von (Pflicht-)Beiträgen für diesen Zeitraum (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2006 - B 13 RJ 25/03 R -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.07.2014 - L 9 R 2952/11 -; LSG Bayern, Beschluss vom 10.05.2000 - L 13 R 253/10 B PKH - Juris), an welcher es jedenfalls derzeit fehlt.
Der Zeitraum ist aber gemäß § 43 Abs. 4 Ziff. 1 SGB VI um 18 Monate Anrechnungszeiten zu verlängern. Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sind Anrechnungszeiten u.a. Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sind. § 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI bestimmt außerdem, dass Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nur vorliegen, wenn dadurch eine versicherte oder selbstständige Tätigkeit oder ein versicherter Wehrdienst oder Zivildienst unterbrochen ist. Eine Ausnahme sieht insoweit wiederum § 43 Abs. 4 Ziff. 3 SGB VI vor. Eine derartige Unterbrechung war beim Kläger zwar mit dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit ab dem 07.12.2007 gegeben. Denn er war hierdurch noch nicht endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden; sein bisheriges Beschäftigungsverhältnis als Rettungsassistent war zu diesem Zeitpunkt noch nicht beendet. Ein Aufschubtatbestand aufgrund der Arbeitsunfähigkeit ergibt sich für die Zeit ab dem 09.06.2009 (Ende des Krankengeldbezugs am 08.06.2009) bis 06.12.2011 (drei Jahre nach Beginn der krankheitsbedingten Unterbrechung der Beschäftigung). Die vor dem 09.06.2009 liegende Zeit der Arbeitsunfähigkeit, in der der Kläger Krankengeld bezogen hat, verlängert den Zeitraum von fünf Jahren für die Drei-Fünftel-Belegung nicht (BSG, Urteil vom 13.12.2000 – B 5 RJ 18/99 R -, Juris), wird aber bereits als Pflichtbeitragszeit berücksichtigt. Die Zeit ab dem 07.12.2010 ist kein Aufschubtatbestand mehr, da der Kläger in dieser Zeit, wie noch im Einzelnen darzulegen sein wird, nicht erwerbsgemindert, sondern für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, wie sie auch eine vergleichbaren arbeitslosen Versicherten zuzumuten waren, leistungsfähig war. Dass der Kläger – wie alle Gutachter übereinstimmend annehmen und auch zur Überzeugung des Senats feststeht – die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Rettungsassistent seit dem 07.12.2007 und auch über den 06.12.2010 hinaus nicht mehr ausüben konnte, steht dem nicht entgegen. Denn in Übereinstimmung mit den Anforderungen dieses Begriffs in der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmt sich die Arbeitsunfähigkeit im Rentenrecht nach dem Wegfall des Beschäftigungsverhältnisses (hier spätestens zum 01.09.2009 mit der Aufnahme der geringfügigen Beschäftigung) nicht unbegrenzt nach der letzten Beschäftigung. Vielmehr entfällt bei fortdauernder Erkrankung spätestens nach einem Zeitraum von drei Jahren – gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit (§ 48 Abs. 1 und 2 SGB V) ein "nachgehender Berufsschutz" für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit (BSG, Urteile vom 25.02.2004 - B 5 RJ 30/02 R - und vom 25.02.2010 - B 13 RJ 116/08 R -, Bayerisches LSG, Urteil vom 20.12.2017 - L 1 R 1084 -, Juris). Der nachgehende Berufsschutz kommt dem Kläger allerdings drei Jahre nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit zu. Der Kläger war, wie sich aus allen medizinischen Unterlagen, den vorliegenden Gutachten, dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Bad S. vom 17.09.2008 und der ärztlichen Stellungnahme der Betriebsmedizinerin Z. der S. gGmbH vom 11.03.2009 ergibt, für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Rettungsassistent nicht mehr leistungsfähig. Hiervon ist auch der Senat überzeugt. Entgegen der Auffassung der Beklagten spricht die durch den Kläger ausgeübte Tätigkeit als Fahrer bei dem Malteser Hilfsdienst gGmbH nicht gegen die Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Die dort ausgeübte Tätigkeit als Mitarbeiter im Rückholdienst und Lotse, wie sie der Arbeitgeber in seiner Auskunft gegenüber dem Senat vom 08.12.2017 beschrieben hat, ist mit derjenigen eines Rettungsassistenten nicht vergleichbar. Arbeitsunfähigkeit als Rettungsassistent war damit durchgehend anzunehmen. Zwar wurde diese durch den behandelnden Allgemeinarzt Gies lediglich bis Juli 2009 bescheinigt, die Vorlage entsprechender Bescheinigungen ist aber keine Voraussetzung für die Anerkennung der Arbeitsunfähigkeitszeit als Anrechnungszeit (vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 100. EL, Juni 2018, § 58 SGB VI, Rdnr. 8). Zur Überzeugung des Senats ist daher die Zeit vom 08.06.2009 bis 06.12.2010 als Aufschubtatbestand im Sinne des § 43 Abs. 4 Ziff. 1 SGB VI zu berücksichtigen. Da für den Monat Juni 2009 bereits eine Pflichtbeitragszeit wegen Krankengeldbezugs berücksichtigt wurde, der Monat damit als Pflichtbeitragsmonat gilt und eine Verlängerung aufgrund der Anrechnungszeit nicht stattfindet (vgl. Freudenberg in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl., 2013, § 43 SGB VI Rdnr. 281), sind 18 Monate an Anrechnungszeiten zu berücksichtigen.
Sonstige Verlängerungstatbestände im Sinne des § 43 Abs. 4 SGB VI liegen nicht vor. Insbesondere hat sich der Kläger nach dem Bezug von Krankengeld nicht arbeitslos gemeldet, so dass eine Anrechnungszeit gemäß § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI ausscheidet. Eine ggf. in Bezug auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Fahrer ab dem 01.01.2011 bestehende Arbeitsunfähigkeit kann nicht mehr als Aufschubtatbestand im Sinne des § 43 Abs. 4 SGB VI herangezogen werden. Eine Anrechnungszeit im Sinne des § 43 Abs. 4 Ziff. 1 SGB VI i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 SGB VI liegt nicht vor, da wegen der lediglich geringfügig und nicht versicherungspflichtig ausgeübten Tätigkeit die Voraussetzung des § 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wonach eine versicherungspflichtige oder selbständige Tätigkeit durch die Arbeitsunfähigkeitszeit unterbrochen sein muss, nicht erfüllt ist. Zwar sind gemäß § 43 Abs. 4 Ziff. 3 SGB VI Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, als Aufschubtatbestand zu berücksichtigen; dies gilt allerdings nur dann, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten (hier der 01.01.2012 nach Aufgabe der Fahrertätigkeit) wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Anrechnungs- oder Berücksichtigungszeit liegt. Dies ist hier nicht der Fall. Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nach § 43 Abs. 4 und 5 SGB VI liegen ebenfalls nicht vor. Der Kläger war auch nicht schon vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren voll erwerbsgemindert bzw. erwerbsunfähig (§ 43 Abs. 6 SGB VI) und kann weitere Ansprüche schließlich auch nicht aus der Übergangsvorschrift des § 241 Abs. 2 SGB VI herleiten. Hierzu müsste die Wartezeit von fünf Jahren schon vor 1984 erfüllt gewesen sein, und danach müssten durchgehend Pflichtbeiträge entrichtet worden sein (z.B. wegen selbstständiger Tätigkeit bei nur freiwilliger Beitragszahlung, oder wegen Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit oder wegen Einstellung der Erwerbstätigkeit bei freiwilliger Beitragszahlung) oder die Zeiten müssten durchgängig mit sonstigen Anwartschaftserhaltungszeiten belegt sein. Dies ist aber nicht der Fall, da Versicherungszeiten bei dem im Jahr 1976 geborenen Kläger erstmals im Jahr 1993 im Versicherungsverlauf vermerkt sind.
Nach alledem sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmalig bei einem Leistungsfall am 31.12.2012 erfüllt. In dem – um 18 Monate zu berücksichtigender Anrechnungszeiten verlängerten – Fünf-Jahreszeitraum vom 01.07.2006 bis 31.12.2012 sind letztmals 36 Monate, die Monate Juli 2006 bis Juni 2009 mit Pflichtbeitragszeiten belegt.
Der Senat konnte sich aber nicht davon überzeugen, dass der Kläger im Dezember 2012 in rentenberechtigendem Ausmaß erwerbsgemindert war. Eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. L. im Mai 2014 nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere der im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachten von Dr. P., Dr. G., Dr. K., Dr. M. und Dr. E. sowie dem Gutachten von Prof. Dr. L.
Insbesondere aus den Gutachten von Dr. M. vom 30.03.2012, Dr. E. vom 09.05.2012 und Prof. Dr. L. vom 28.05.2014 folgt für den Senat, dass eine rentenrelevante Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers jedenfalls im Dezember 2012 noch nicht nachgewiesen werden kann.
Dr. M. hat in ihrem Gutachten im März 2012 die Diagnosen Motoneuronenerkrankung mit Atrophie der linken unteren Extremität, Lumboischialgie links und Anpassungsstörung mit depressiver Entwicklung angegeben. Dr. E. hat im Mai 2012 auf seinem Fachgebiet eine chronische Lumbalgie bei Spondylolisthesis, ein chronisches Cervical- und Dorsalsyndrom bei osteodegenerativen Veränderungen C5/6 mit flacher Bandscheibenprotrusion C5/6 und eine persistierende Gonalgie links mit Streckdefizit nach zweimaliger Kniegelenksarthroskopie links diagnostiziert. Diese Befunde und Diagnosen stehen in Übereinstimmung mit den zuvor eingeholten Gutachten und den vorliegenden medizinischen Unterlagen der behandelnden Ärzte. Insbesondere hat sich Dr. M. auch mit der erstmals im Juni 2011 (Befundbericht der Neurologischen Klinik Universitätskrankenhaus U. vom 24.06.2011) diagnostizierten Montoneuronenerkrankung auseinandergesetzt. Die Gutachter sind auf Grundlage der von ihnen erhobenen Befunde überzeugend zu der Einschätzung gelangt, dass bei einer Berufstätigkeit des Klägers zwar qualitative Einschränkungen zu berücksichtigen sind, aber keine zeitliche Einschränkung auf unter sechs Stunden. Dies deckt sich auch mit dem Gutachten von Prof. Dr. L. und der von ihm vertretenen Einschätzung. Unter Berücksichtigung der von ihm festgestellten Diagnosen (atypische Motoneuronenerkrankung mit isloiertere Atrophie und diskreter Schwäche der linken unteren Extremität, rezidivierende depressive Episode, aktuell mittelgradig) ist er nachvollziehbar zu einem noch mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen gelangt.
Der Senat konnte sich auch nicht davon überzeugen, dass mit Hinzukommen der Behandlung auf psychiatrischem Fachgebiet durch Dr. K. im Juni 2012 eine Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden eingetreten ist. Zwar schildert Dr. K. in seinem Befundbericht vom 16.10.2012 eine zunehmende depressive Symptomatik von aktuell mittelschwerer Ausprägung und nimmt eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens auf unter drei Stunden arbeitstäglich an. Eine psychische Belastungsproblematik mit Depressivität wird auch durch Prof. Dr. S. in seinem Befundbericht vom 27.06.2012 bescheinigt. Dr. M. hatte im Rahmen ihrer ausführlichen Begutachtung im März 2013 zwar eine Anpassungsstörung diagnostiziert, eine weitergehende, sich auch auf das zeitliche Leistungsvermögen auswirkende psychiatrische Erkrankung aber noch nicht feststellen können. Prof. Dr. L. und Dr. R. berichten zwar ebenfalls über rezidivierende depressive Episoden, aktuell mittelgradiger Ausprägung, gelangten aber auch in der Gesamtschau der bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen für den Senat überzeugend nicht zu einer Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht. Der Senat ist daher im Ergebnis zu der Überzeugung gelangt, dass dem Kläger trotz der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen jedenfalls bis Ende 2012 leichte Tätigkeiten zugemutet werden konnten und der Eintritt einer rentenrelevanten Leistungsminderung jedenfalls im Dezember 2012 nicht nachgewiesen wurde.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass bei dem Kläger zwischenzeitlich eine amyotorophe Lateralsklerose besteht, weist aber zugleich darauf hin, dass für die Gewährung einer Rente nicht die Diagnose als solche, sondern die sich aus der Erkrankung ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen maßgeblich sind. Im Falle des Klägers ist – wie Prof. Dr. L. und Dr. R. ausgeführt haben und durch den Bericht des C. für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie vom 26.05.2014 bestätigt wurde - der Verlauf der Erkrankung eher langsam. Bei dem Kläger lagen bis Ende 2012 daher bereits nicht unerhebliche Auswirkungen der Erkrankung vor, die aber noch nicht derart ausgeprägt waren, dass ihm auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zumutbar gewesen wären.
Da der Kläger daher noch mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig war, musste ihm – anders als bei Teilzeitkräften – weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden, noch die Frage geprüft werden, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang leistungsfähige Ungelernte und Angelernte des unteren Bereiches geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996, u. a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder Versicherte nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nur unter betriebsunüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze auf Grund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie § 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14). Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R -, in Juris). Als Beispiel hierfür ist etwa die Einarmigkeit eines Versicherten zu nennen. Das Merkmal "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. In diesen Fällen besteht die Verpflichtung, ausnahmsweise eine konkrete Tätigkeit zu benennen, weil der Arbeitsmarkt möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R -, Juris).
Ausgehend von den Gutachten von Dr. M. und Dr. E. waren dem Kläger nur noch Tätigkeiten in Wechselhaltung, ohne Stress, Druck und Nachtarbeit, ohne Heben und Tragen von Gegenständen von mehr als 10 kg, ohne Zwangshaltung oder ständiges Bücken, ohne Beugebelastung der Kniegelenke und ohne Kälte- und Nässeexposition zumutbar. Durch diese Einschränkungen ist zwar das Spektrum der dem Kläger zumutbaren Tätigkeiten eingeschränkt gewesen, aber ausgehend von den genannten Grundsätzen liegt weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. So waren dem Kläger jedenfalls bis Ende 2012 die durch das BSG (vgl. u.a. Urteil vom 09.05.2012 - B 5 R 68/11 R -, Juris) beispielhaft genannten Tätigkeiten, wie z.B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten, grundsätzlich noch zumutbar und mit den bereits genannten und durch die Gutachter aufgezeigten qualitativen Leistungseinschränkungen in Einklang zu bringen.
Auch lag im Fall des Klägers kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führen würde. Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einem Versicherten die so genannte Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich viermal Wegstrecken von mehr als 500 Metern mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann (vgl. BSG, Urteile vom 28.08.2002 - B 5 RJ 12/02 R - und vom 21.03.2006 - B 5 RJ 51/04 – unter Hinweis auf Großer Senat in BSGE 80, 24, 35) Eine solche Beschränkung der Wegstrecke lag jedenfalls bis zur Begutachtung durch Prof. Dr. L. nicht vor. Der Gutachter hat eine entsprechende Einschränkung der Gehfähigkeit nicht feststellen können. Bei den im Rahmen der Begutachtung demonstrierten Laufübungen auch beim Gang zum Parkplatz hatte der Kläger eine normale Gehgeschwindigkeit von 3-4 km/h demonstriert. Auch Dr. M. konnte eine Gangstörung des Klägers nicht feststellen. Die von ihr diagnostizierte mittelgradige Atrophie des linken Ober- und Unterschenkels hat sie vielmehr als funktionell irrelevant angesehen. Eine rentenrelevante Einschränkung aufgrund der orthopädischen Erkrankungen wurde auch durch Dr. E. nicht angenommen.
Der der Eintritt von Erwerbsminderung spätestens bis Ende 2012 damit nicht bewiesen ist, kam die Gewährung einer Rente mangels Vorliegens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht in Betracht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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