Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 26/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Entfernung ihrer vermehrten Körperbehaarung mittels einer hochenergetischen Blitzlampenbehandlung (intense pulsed light source = IPLS).
Bei der am 22.09.1985 geborenen Klägerin besteht ein ausgeprägter Hirsutismus, das ist eine vermehrte Behaarung von männlichen Typ bei Frauen. Der Gesamtkörper der Klägerin ist betroffen, insbesondere die Beine, das Gesäß, der Bauch, der Mamillenbereich und die Oberlippe; etwa seit dem 10. Lebensjahr besteht eine nachgewiesene Testosteronerhöhung. Die Klägerin leidet seelisch darunter, treibt nur bedingt Sport, meidet das Schwimmen, trägt keine kurzen Röcke, fühlt sich isoliert und wird mit Psychopharmaka behandelt. Jahrelang enthaarte sich die Klägerin durch Einreiben der Beine mit einer Zucker-Zitronen-Lösung; eine Enthaarungscreme benutzte sie nicht; auch fand keine Haarentfernung mittels Nadelepilation statt.
Am 09.01.2003 beantragte die Klägerin durch ihre Frauenärztin T1 die Übernahme der Kosten der Haarentfernung mittels Blitzlampenbehandlung ("Ellipse-System"). Sie legte eine entsprechende Patienteninformation vor und eine Preisliste, nach der die Haarentfernung mittels Blitzlampe pro Sitzung zwischen 45,- EUR (Oberlippe) und 500,- EUR (Rücken komplett) kostete.
Mit Schreiben vom 28.01.2003 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass eine Enthaarung im Gesicht (mit der Nadel) Kassenleistung und als solche abrechenbar sei.
Durch Bescheid vom 14.03.2003 lehnte die Beklagte eine Behandlung mittels Laser oder Blitzlampe zur Haarentfernung ab, da hierzu keine positive Empfehlung des Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen vorliege. Auch der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) habe in einer Grundsatzstellungnahme darauf hingewiesen, dass eine Laser- oder Blitzlampenbehandlung wegen fehlender Standardisierung, fehlendem Nachweis der permanenten Wirkung und völlig ungeklärter Langzeitwirkung nicht empfohlen werden könne.
Den hiergegen am 19.03.2003 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 07.05.2003 zurück. Dagegen hat die Klägerin am 04.06.2003 Klage erhoben. Sie meint, dass in Bezug auf den bei ihr bestehenden Hirsutimus die Laser- bzw. Blitzlampenbehandlung die bestgeeignete Methode sei, einen möglichst dauerhaften Behandlungserfolg zu erzielen. Bei der Nadelepilation bestehe gerade bei dunklen Hauttypen, zu denen sie gehöre, das Risiko unschöner Vernarbungen an den Einstichstellen. Die Klägerin verweist für ihre Auffassung auf verschiedene wissenschaftliche Beiträge und das auf ihren Antrag hin eingeholte Gutachten der Dermatologin T2 vom 17.05.2004. Die Klägerin ist hiernach der Auffassung, dass die Verbreitung der Haarentfernung mittels Laser oder Blitzlampe unstreitig und durch zahlreiche Angebote im Internet belegt sei. Für die Wirksamkeit der Methode lägen zahlreiche Nachweise vor; die Behandlung habe sich in der medizinischen Praxis durchgesetzt. Wenn sich der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen bisher nicht mit dieser Behandlungsmethode befasst habe, lägen ein Systemfehler und eine Versorgungslücke vor. Es könne nicht richtig sein, dass die Krankenkasse die Kosten psychotherapeutischer Behandlung trage anstatt die Ursachen wirksam in Angriff zu nehmen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.03.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2003 zu verurteilen, ihr eine Haarentfernungsbehandlung mittels Hochenergie-Blitzlampe(IPLS) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung. Sie verweist auf die Grundsatzstellungnahme "Epilationsbehandlung mit Laser und artverwandten Verfahren" des MDK Rheinland-Pfalz. In dieser sind diverse Studien bewertet und die Blitzlampenbehandlung als ein Verfahren im Erprobungsstadium beurteilt worden.
Das Gericht hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts eine Stellungnahme des Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen vom 27.08.2003 eingeholt, die Leitlinien der Deutschen Dermatologischen Lasergesellschaft zur Durchführung von Laserbehandlung der Haut beigezogen und auf Antrag der Klägerin ein Gutachten der Dermatologin, Flebologin und Lasertherapeutin T2 eingeholt. Wegen des Ergebnisses wird auf die genannten Unterlagen und das Gutachten vom 17.05.2004 verwiesen.
Wegen der weiteren des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Behandlung ihres Hirsutismus durch Haarentfernung mittels Hochenergie-Blitzlampe (IPLS) zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung.
Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Dem geltend gemachten Anspruch auf Blitzlampenbehandlung steht bereits entgegen, dass es sich beim Hirsutismus um keine Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne handelt. Krankheit ist ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der die Notwendigkeit einer ärztlichen Heilbehandlung zur Folge hat (Krauskopf-Wagner, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 27 Rn. 4 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG -). Regelwidrigkeit liegt erst vor, wenn eine wesentliche körperliche Funktion nicht in befriedigendem Umfang erfüllt werden kann (BSGE 35,10). Durch den Hirsutismus, also die vermehrte Körperbehaarung, wird keine körperliche Funktion beeinträchtigt. Er stellt daher für sich genommen keine Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne dar (ebenso für eine großflächige Hautveränderung mit starker Behaarung, sog. "Tierfell-Naevus": LSG NRW, Urteil vom 28.11.2001 - L 5 KR 5/01). Soweit der Hirsutismus bei der Klägerin zu psychischen Störungen mit Krankheitswert geführt hat und führt, kann die Klägerin die streitige Blitzlampenbehandlung zu deren Therapie nicht beanspruchen, weil nur solche Maßnahmen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen sind, die unmittelbar an der eigentlichen Krankheit ansetzen. Bei psychischen Störungen, z.B. einer reaktiven Depression als Folge eines von der Norm abweichenden Körperzustandes (hier: der vermehrten Körperbehaarung) beschränkt sich der Heilbehandlungsanspruch deshalb im Allgemeinen auf eine Behandlung mit Mitteln der Psychiatrie und Psychotherapie (BSG, Urteil vom 09.06.1998 - B 1 KR 18/96 R = BSGE 82, 158 = SozR 3-2500 § 39 Nr. 5).
Abweichend von diesem Grundsatz wird die körperliche Behandlung einer seelischen Krankheit dann bejaht, wenn sich die Normabweichung des Körperzustandes als schwere sichtbare Entstellung darstellt. Dementsprechend sieht der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) unter der Ziffer 906 die "Epilation von Haaren durch Elektrokoagulation im Gesicht oder an den Händen bei krankhaftem und entstellendem Haarwuchs" zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung vor, allerdings auch nur bei einem außergewöhnlichen Haarwuchs im Gesicht oder an den Händen, z.B. bei einem starken "Damenbart". Diese Behandlung hat die Beklagte der Klägerin auch bereits durch Schreiben vom 28.01.2003 zugesichert; sie ist nicht streitbefangen. Selbst wenn man dem Hirsutismus an sich einen Krankheitswert im Sinne des Krankenversicherungsrechts beimessen würde, bestünde kein Anspruch auf die begehrte Blitzlampenbehandlung, da diese nicht zu den geschuldeten Krankenkassenleistungen gehört. Dies ergibt sich aus § 135 SGB V i.V.m. den hierzu ergangenen Richtlinien. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V schreibt vor, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden dürfen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. Die Funktion des Gemeinsamen Bundesausschusses hat bis 31.12.2003 der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkasse ausgeübt (vgl. Artikel 1 Nr. 71 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GMG - vom 14.11.2003, BGBl. I S. 2190). Dieser hat "Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V" (BUB-Richtlinien) erlassen. Anlage A der BUB-Richtlinien enthält anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden, Anlage B enthält Methoden, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürfen. Die BUB-Richtlinien des bisherigen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen gelten über den 31.12.2003 hinaus weiter (§ 6 Abs. 4 des gemäß Artikel 35 GMG eingeführten "Gesetz zu Übergangsregelungen zur Neuorganisation der vertragsärztlichen Selbstverwaltung und Organisation der Krankenkassen").
Die Behandlung mittels hochenergetischer Blitzlampe (IPLS) zur Haarentfernung ist - ebenso wie die Laserbehandlung - eine neue Behandlungsmethode im Sinne von § 135 SGB V, da sie bisher nicht Bestandteil des im EBM beschriebenen vertragsärztlichen Leistungsspektrums ist. Nach der vom Gericht eingeholten Auskunft des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkasse vom 27.08.2003 hat sich der Bundesausschuss mit dieser Behandlung bisher nicht befasst; es liegt auch kein Antrag zur Überprüfung dieser Methode auf Nutzen, medizinische Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit für die vertragsärztliche Versorgung vor. Dem Bundesausschuss liegen keine Unterlagen vor, die erkennen lassen, ob diese Methode den für die vertragsärztliche Versorgung gesetzlich vorgegebenen Kriterien diagnostischer oder therapeutischer Nutzen, medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit genügt. Für eine Blitzlampen- oder Laserbehandlung zur Haarentfernung bei Hirsutismus liegen also bisher weder positive noch negative Empfehlungen in den einschlägigen Richtlinien vor. Das Fehlen einer Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses bzw. des früheren Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über den therapeutischen Nutzen sowie die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der von der Klägerin gewünschten Behandlungsmethode schließt ihren Leistungsanspruch gegen die Beklagte aus. Die BUB-Richtlinien haben die Qualität von Rechtsnormen; sie regeln im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung den Umfang und die Modalitäten der Krankenbehandlung mit bindender Wirkung sowohl für die behandelnden Vertragsärzte als auch für die Versicherten (BSG, Urteil vom 16.09.1997 - 1 RK 28/95 = BSGE 81, 54 = SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 = NZS 1998, 331 = NJW 1999, 1805 mit ausführlicher systematischer und verfassungsrechtlicher Begründung). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz greift nicht ein, weil die Untätigkeit des Gemeinsamen Bundesausschusses keinen so genannten Systemmangel begründet. Ein solcher liegt dann vor, wenn das Verfahren zur Anerkennung der neuen Behandlungsmethode trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wird. Denn es ist dem Gemeinsamen Bundesausschuss nicht freigestellt, ob und wann er sich mit einem Antrag auf Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode befassen und hierzu eine Empfehlung abgeben will. Ebenso wenig kann es im Belieben der antragsberechtigten Körperschaften und Verbände stehen, ob überhaupt ein Verfahren vor dem Gemeinsamen Bundesausschuss in Gang gesetzt wird. Es muss gewährleistet sein, dass bei Vorlage der für die Beurteilung der Wirksamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit benötigten Unterlagen in vertretbarer Zeit eine Entscheidung über die Anerkennung der neuen Methode erreicht werden kann. Würde die Einleitung oder die Durchführung des Verfahrens willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen blockiert oder verzögert und kann deshalb eine für die Behandlung benötigte neue Therapie nicht eingesetzt werden, widerspricht das dem Auftrag des Gesetzes. Eine sich daraus ergebende Versorgungslücke muss zu Gunsten des Versicherten geschlossen werden (BSG a.a.O.). Maßgeblich ist insoweit, ob ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend gestützter Konsens in den einschlägigen medizinischen Fachkreisen über die Qualität und Wirksamkeit der Behandlungsmethode besteht. Daran fehlt es vorliegend.
Die Klägerin beruft sich auf das Gutachten der von ihr benannten Frau T2 vom 17.05.2004. Diese hat sich mit der Blitzlampentherapie auseinandergesetzt und auf zahlreiche Veröffentlichungen und diverse Studien verwiesen. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass sich die Methode in den einschlägigen medizinischen Fachkreisen durchgesetzt hat. T2 zitiert im Gutachten 27 Publikationen; an 25 davon ist sie als Mitautorin beteiligt. Die Kammer verkennt nicht, dass die erwähnten Studien durchaus auch vielversprechende Ergebnisse aufgezeigt haben. Andererseits kann nicht schon, wie die Klägerin meint, von einem dauerhaften Erfolg dieser Methode gesprochen werden. Nach den von der Deutschen Dermatologischen Lasergesellschaft herausgegebenen Leitlinien zur Durchführung von Laserbehandlung der Haut hat die Epilation mittels Laser- bzw. Lichtbehandlung derzeit allenfalls eine Verlangsamung des Haarwuchses zur Folge. Die Optimierung der Behandlungsparameter mit dem Ziel möglichst lange anhaltender Epilation ist Gegenstand klinischer Untersuchungen (vgl. Ziffer 2.3.10. der Leitlinien). Die Fachärztin für Dermatologie und Venerologie, H hat in einer Aktualisierung der Grundsatzstellungnahme "Epilationsbehandlung mit Laser und artverwandten Verfahren" (Stand: März 2004) für den MDK Rheinland-Pfalz die aktuellen Studien zu diesen Behandlungsmethoden bewertet. Sie kommt zum Ergebnis, dass die Epilation mittels Laser und hochenergetischen Blitzlampen ein neues Behandlungsverfahren ist, das bisher nicht standardisiert ist; die Bestrahlungsparameter würden individuell nach Gerätetyp und nach den Erfahrungen der jeweiligen Anwender gewählt; eine permanente Haarentfernung könne hiermit nicht erzielt werden. Es lägen bisher nur wenige Veröffentlichungen vor, die eine Nachbeobachtungszeit von einem Jahr nach der letzten Laseranwendung zur Grundlage hätten. Auch sei die Methode überwiegend nur an einem Testareal von der Größe weniger Quadratzentimeter an einer bestimmten Körperregion getestet worden. Zur Beurteilung des Stellenwertes der Methode seien prospektive, kontrollierte, verblindete Studien mit einheitlichen Parameter notwendig; solche lägen bisher nicht vor. Eine Überlegenheit der Methode zu den bisher etablierten Verfahren zur permanenten Haarentfernung wie der Nadelepilation/Epilation mittels Elektrokoagulation sei nicht belegt. Auch der Umstand, dass sich im Internet zahlreiche Ärzte und private Kliniken finden, welche eine Haarentfernung mittels Laser anbieten, ist kein Beleg dafür, dass die Methode wirksam ist und sich in der dermatologischen Praxis als solche durchgesetzt hat.
Steht nach alledem fest, dass kein Systemmangel vorliegt, der es gerechtfertigt hätte, die streitige Behandlungsmethode trotz Fehlens einer entsprechenden Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren, so kann die Behandung auch nicht mit dem Hinweis beansprucht werden, die Methode sei gleichwohl - wie zwischenzeitlich durchgeführte Test ergeben hätten - bei der Klägerin zweckmäßig und in ihrem konkreten Fall wirksam. Denn eine eigene medizinische Beurteilung von Behandlungsmethoden durch die Gerichte ist fragwürdig. Abgesehen von dem Eingriff in die Kompetenz des Gemeinsamen Bundesausschusses können wissenschaftstheoretische Grundlagen im Streit sein oder es müssen neueste wissenschaftliche Forschungsergebnisse interpretiert und bewertet werden. Es kann aber - auch mit sachverständiger Unterstützung - nicht im Sinne eines Gerichtsverfahrens sein, die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft voranzutreiben oder in wissenschaftlichen Auseinandersetzungen Positionen zu beziehen (so ausdrücklich: BSG, Urteil vom 16.09.1997 - 1 RK 28/95 a.a.O.). Ebenso wenig ist es Aufgabe der gesetzlichen Krankenkassen, die medizinische Forschung zu finanzieren. Dies gilt auch dann, wenn neue Methoden im Einzelfall zu einer Heilung der Krankheit oder Linderung der Krankheitsbeschwerden führen (so die Begründung im Regierungsentwurf zu § 2 Abs. 1 SGB V, BT-Drucksache 11/2237 S. 157).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Entfernung ihrer vermehrten Körperbehaarung mittels einer hochenergetischen Blitzlampenbehandlung (intense pulsed light source = IPLS).
Bei der am 22.09.1985 geborenen Klägerin besteht ein ausgeprägter Hirsutismus, das ist eine vermehrte Behaarung von männlichen Typ bei Frauen. Der Gesamtkörper der Klägerin ist betroffen, insbesondere die Beine, das Gesäß, der Bauch, der Mamillenbereich und die Oberlippe; etwa seit dem 10. Lebensjahr besteht eine nachgewiesene Testosteronerhöhung. Die Klägerin leidet seelisch darunter, treibt nur bedingt Sport, meidet das Schwimmen, trägt keine kurzen Röcke, fühlt sich isoliert und wird mit Psychopharmaka behandelt. Jahrelang enthaarte sich die Klägerin durch Einreiben der Beine mit einer Zucker-Zitronen-Lösung; eine Enthaarungscreme benutzte sie nicht; auch fand keine Haarentfernung mittels Nadelepilation statt.
Am 09.01.2003 beantragte die Klägerin durch ihre Frauenärztin T1 die Übernahme der Kosten der Haarentfernung mittels Blitzlampenbehandlung ("Ellipse-System"). Sie legte eine entsprechende Patienteninformation vor und eine Preisliste, nach der die Haarentfernung mittels Blitzlampe pro Sitzung zwischen 45,- EUR (Oberlippe) und 500,- EUR (Rücken komplett) kostete.
Mit Schreiben vom 28.01.2003 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass eine Enthaarung im Gesicht (mit der Nadel) Kassenleistung und als solche abrechenbar sei.
Durch Bescheid vom 14.03.2003 lehnte die Beklagte eine Behandlung mittels Laser oder Blitzlampe zur Haarentfernung ab, da hierzu keine positive Empfehlung des Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen vorliege. Auch der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) habe in einer Grundsatzstellungnahme darauf hingewiesen, dass eine Laser- oder Blitzlampenbehandlung wegen fehlender Standardisierung, fehlendem Nachweis der permanenten Wirkung und völlig ungeklärter Langzeitwirkung nicht empfohlen werden könne.
Den hiergegen am 19.03.2003 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 07.05.2003 zurück. Dagegen hat die Klägerin am 04.06.2003 Klage erhoben. Sie meint, dass in Bezug auf den bei ihr bestehenden Hirsutimus die Laser- bzw. Blitzlampenbehandlung die bestgeeignete Methode sei, einen möglichst dauerhaften Behandlungserfolg zu erzielen. Bei der Nadelepilation bestehe gerade bei dunklen Hauttypen, zu denen sie gehöre, das Risiko unschöner Vernarbungen an den Einstichstellen. Die Klägerin verweist für ihre Auffassung auf verschiedene wissenschaftliche Beiträge und das auf ihren Antrag hin eingeholte Gutachten der Dermatologin T2 vom 17.05.2004. Die Klägerin ist hiernach der Auffassung, dass die Verbreitung der Haarentfernung mittels Laser oder Blitzlampe unstreitig und durch zahlreiche Angebote im Internet belegt sei. Für die Wirksamkeit der Methode lägen zahlreiche Nachweise vor; die Behandlung habe sich in der medizinischen Praxis durchgesetzt. Wenn sich der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen bisher nicht mit dieser Behandlungsmethode befasst habe, lägen ein Systemfehler und eine Versorgungslücke vor. Es könne nicht richtig sein, dass die Krankenkasse die Kosten psychotherapeutischer Behandlung trage anstatt die Ursachen wirksam in Angriff zu nehmen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.03.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2003 zu verurteilen, ihr eine Haarentfernungsbehandlung mittels Hochenergie-Blitzlampe(IPLS) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung. Sie verweist auf die Grundsatzstellungnahme "Epilationsbehandlung mit Laser und artverwandten Verfahren" des MDK Rheinland-Pfalz. In dieser sind diverse Studien bewertet und die Blitzlampenbehandlung als ein Verfahren im Erprobungsstadium beurteilt worden.
Das Gericht hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts eine Stellungnahme des Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen vom 27.08.2003 eingeholt, die Leitlinien der Deutschen Dermatologischen Lasergesellschaft zur Durchführung von Laserbehandlung der Haut beigezogen und auf Antrag der Klägerin ein Gutachten der Dermatologin, Flebologin und Lasertherapeutin T2 eingeholt. Wegen des Ergebnisses wird auf die genannten Unterlagen und das Gutachten vom 17.05.2004 verwiesen.
Wegen der weiteren des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Behandlung ihres Hirsutismus durch Haarentfernung mittels Hochenergie-Blitzlampe (IPLS) zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung.
Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Dem geltend gemachten Anspruch auf Blitzlampenbehandlung steht bereits entgegen, dass es sich beim Hirsutismus um keine Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne handelt. Krankheit ist ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der die Notwendigkeit einer ärztlichen Heilbehandlung zur Folge hat (Krauskopf-Wagner, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 27 Rn. 4 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG -). Regelwidrigkeit liegt erst vor, wenn eine wesentliche körperliche Funktion nicht in befriedigendem Umfang erfüllt werden kann (BSGE 35,10). Durch den Hirsutismus, also die vermehrte Körperbehaarung, wird keine körperliche Funktion beeinträchtigt. Er stellt daher für sich genommen keine Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne dar (ebenso für eine großflächige Hautveränderung mit starker Behaarung, sog. "Tierfell-Naevus": LSG NRW, Urteil vom 28.11.2001 - L 5 KR 5/01). Soweit der Hirsutismus bei der Klägerin zu psychischen Störungen mit Krankheitswert geführt hat und führt, kann die Klägerin die streitige Blitzlampenbehandlung zu deren Therapie nicht beanspruchen, weil nur solche Maßnahmen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen sind, die unmittelbar an der eigentlichen Krankheit ansetzen. Bei psychischen Störungen, z.B. einer reaktiven Depression als Folge eines von der Norm abweichenden Körperzustandes (hier: der vermehrten Körperbehaarung) beschränkt sich der Heilbehandlungsanspruch deshalb im Allgemeinen auf eine Behandlung mit Mitteln der Psychiatrie und Psychotherapie (BSG, Urteil vom 09.06.1998 - B 1 KR 18/96 R = BSGE 82, 158 = SozR 3-2500 § 39 Nr. 5).
Abweichend von diesem Grundsatz wird die körperliche Behandlung einer seelischen Krankheit dann bejaht, wenn sich die Normabweichung des Körperzustandes als schwere sichtbare Entstellung darstellt. Dementsprechend sieht der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) unter der Ziffer 906 die "Epilation von Haaren durch Elektrokoagulation im Gesicht oder an den Händen bei krankhaftem und entstellendem Haarwuchs" zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung vor, allerdings auch nur bei einem außergewöhnlichen Haarwuchs im Gesicht oder an den Händen, z.B. bei einem starken "Damenbart". Diese Behandlung hat die Beklagte der Klägerin auch bereits durch Schreiben vom 28.01.2003 zugesichert; sie ist nicht streitbefangen. Selbst wenn man dem Hirsutismus an sich einen Krankheitswert im Sinne des Krankenversicherungsrechts beimessen würde, bestünde kein Anspruch auf die begehrte Blitzlampenbehandlung, da diese nicht zu den geschuldeten Krankenkassenleistungen gehört. Dies ergibt sich aus § 135 SGB V i.V.m. den hierzu ergangenen Richtlinien. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V schreibt vor, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden dürfen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. Die Funktion des Gemeinsamen Bundesausschusses hat bis 31.12.2003 der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkasse ausgeübt (vgl. Artikel 1 Nr. 71 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GMG - vom 14.11.2003, BGBl. I S. 2190). Dieser hat "Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V" (BUB-Richtlinien) erlassen. Anlage A der BUB-Richtlinien enthält anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden, Anlage B enthält Methoden, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürfen. Die BUB-Richtlinien des bisherigen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen gelten über den 31.12.2003 hinaus weiter (§ 6 Abs. 4 des gemäß Artikel 35 GMG eingeführten "Gesetz zu Übergangsregelungen zur Neuorganisation der vertragsärztlichen Selbstverwaltung und Organisation der Krankenkassen").
Die Behandlung mittels hochenergetischer Blitzlampe (IPLS) zur Haarentfernung ist - ebenso wie die Laserbehandlung - eine neue Behandlungsmethode im Sinne von § 135 SGB V, da sie bisher nicht Bestandteil des im EBM beschriebenen vertragsärztlichen Leistungsspektrums ist. Nach der vom Gericht eingeholten Auskunft des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkasse vom 27.08.2003 hat sich der Bundesausschuss mit dieser Behandlung bisher nicht befasst; es liegt auch kein Antrag zur Überprüfung dieser Methode auf Nutzen, medizinische Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit für die vertragsärztliche Versorgung vor. Dem Bundesausschuss liegen keine Unterlagen vor, die erkennen lassen, ob diese Methode den für die vertragsärztliche Versorgung gesetzlich vorgegebenen Kriterien diagnostischer oder therapeutischer Nutzen, medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit genügt. Für eine Blitzlampen- oder Laserbehandlung zur Haarentfernung bei Hirsutismus liegen also bisher weder positive noch negative Empfehlungen in den einschlägigen Richtlinien vor. Das Fehlen einer Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses bzw. des früheren Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über den therapeutischen Nutzen sowie die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der von der Klägerin gewünschten Behandlungsmethode schließt ihren Leistungsanspruch gegen die Beklagte aus. Die BUB-Richtlinien haben die Qualität von Rechtsnormen; sie regeln im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung den Umfang und die Modalitäten der Krankenbehandlung mit bindender Wirkung sowohl für die behandelnden Vertragsärzte als auch für die Versicherten (BSG, Urteil vom 16.09.1997 - 1 RK 28/95 = BSGE 81, 54 = SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 = NZS 1998, 331 = NJW 1999, 1805 mit ausführlicher systematischer und verfassungsrechtlicher Begründung). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz greift nicht ein, weil die Untätigkeit des Gemeinsamen Bundesausschusses keinen so genannten Systemmangel begründet. Ein solcher liegt dann vor, wenn das Verfahren zur Anerkennung der neuen Behandlungsmethode trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wird. Denn es ist dem Gemeinsamen Bundesausschuss nicht freigestellt, ob und wann er sich mit einem Antrag auf Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode befassen und hierzu eine Empfehlung abgeben will. Ebenso wenig kann es im Belieben der antragsberechtigten Körperschaften und Verbände stehen, ob überhaupt ein Verfahren vor dem Gemeinsamen Bundesausschuss in Gang gesetzt wird. Es muss gewährleistet sein, dass bei Vorlage der für die Beurteilung der Wirksamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit benötigten Unterlagen in vertretbarer Zeit eine Entscheidung über die Anerkennung der neuen Methode erreicht werden kann. Würde die Einleitung oder die Durchführung des Verfahrens willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen blockiert oder verzögert und kann deshalb eine für die Behandlung benötigte neue Therapie nicht eingesetzt werden, widerspricht das dem Auftrag des Gesetzes. Eine sich daraus ergebende Versorgungslücke muss zu Gunsten des Versicherten geschlossen werden (BSG a.a.O.). Maßgeblich ist insoweit, ob ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend gestützter Konsens in den einschlägigen medizinischen Fachkreisen über die Qualität und Wirksamkeit der Behandlungsmethode besteht. Daran fehlt es vorliegend.
Die Klägerin beruft sich auf das Gutachten der von ihr benannten Frau T2 vom 17.05.2004. Diese hat sich mit der Blitzlampentherapie auseinandergesetzt und auf zahlreiche Veröffentlichungen und diverse Studien verwiesen. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass sich die Methode in den einschlägigen medizinischen Fachkreisen durchgesetzt hat. T2 zitiert im Gutachten 27 Publikationen; an 25 davon ist sie als Mitautorin beteiligt. Die Kammer verkennt nicht, dass die erwähnten Studien durchaus auch vielversprechende Ergebnisse aufgezeigt haben. Andererseits kann nicht schon, wie die Klägerin meint, von einem dauerhaften Erfolg dieser Methode gesprochen werden. Nach den von der Deutschen Dermatologischen Lasergesellschaft herausgegebenen Leitlinien zur Durchführung von Laserbehandlung der Haut hat die Epilation mittels Laser- bzw. Lichtbehandlung derzeit allenfalls eine Verlangsamung des Haarwuchses zur Folge. Die Optimierung der Behandlungsparameter mit dem Ziel möglichst lange anhaltender Epilation ist Gegenstand klinischer Untersuchungen (vgl. Ziffer 2.3.10. der Leitlinien). Die Fachärztin für Dermatologie und Venerologie, H hat in einer Aktualisierung der Grundsatzstellungnahme "Epilationsbehandlung mit Laser und artverwandten Verfahren" (Stand: März 2004) für den MDK Rheinland-Pfalz die aktuellen Studien zu diesen Behandlungsmethoden bewertet. Sie kommt zum Ergebnis, dass die Epilation mittels Laser und hochenergetischen Blitzlampen ein neues Behandlungsverfahren ist, das bisher nicht standardisiert ist; die Bestrahlungsparameter würden individuell nach Gerätetyp und nach den Erfahrungen der jeweiligen Anwender gewählt; eine permanente Haarentfernung könne hiermit nicht erzielt werden. Es lägen bisher nur wenige Veröffentlichungen vor, die eine Nachbeobachtungszeit von einem Jahr nach der letzten Laseranwendung zur Grundlage hätten. Auch sei die Methode überwiegend nur an einem Testareal von der Größe weniger Quadratzentimeter an einer bestimmten Körperregion getestet worden. Zur Beurteilung des Stellenwertes der Methode seien prospektive, kontrollierte, verblindete Studien mit einheitlichen Parameter notwendig; solche lägen bisher nicht vor. Eine Überlegenheit der Methode zu den bisher etablierten Verfahren zur permanenten Haarentfernung wie der Nadelepilation/Epilation mittels Elektrokoagulation sei nicht belegt. Auch der Umstand, dass sich im Internet zahlreiche Ärzte und private Kliniken finden, welche eine Haarentfernung mittels Laser anbieten, ist kein Beleg dafür, dass die Methode wirksam ist und sich in der dermatologischen Praxis als solche durchgesetzt hat.
Steht nach alledem fest, dass kein Systemmangel vorliegt, der es gerechtfertigt hätte, die streitige Behandlungsmethode trotz Fehlens einer entsprechenden Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren, so kann die Behandung auch nicht mit dem Hinweis beansprucht werden, die Methode sei gleichwohl - wie zwischenzeitlich durchgeführte Test ergeben hätten - bei der Klägerin zweckmäßig und in ihrem konkreten Fall wirksam. Denn eine eigene medizinische Beurteilung von Behandlungsmethoden durch die Gerichte ist fragwürdig. Abgesehen von dem Eingriff in die Kompetenz des Gemeinsamen Bundesausschusses können wissenschaftstheoretische Grundlagen im Streit sein oder es müssen neueste wissenschaftliche Forschungsergebnisse interpretiert und bewertet werden. Es kann aber - auch mit sachverständiger Unterstützung - nicht im Sinne eines Gerichtsverfahrens sein, die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft voranzutreiben oder in wissenschaftlichen Auseinandersetzungen Positionen zu beziehen (so ausdrücklich: BSG, Urteil vom 16.09.1997 - 1 RK 28/95 a.a.O.). Ebenso wenig ist es Aufgabe der gesetzlichen Krankenkassen, die medizinische Forschung zu finanzieren. Dies gilt auch dann, wenn neue Methoden im Einzelfall zu einer Heilung der Krankheit oder Linderung der Krankheitsbeschwerden führen (so die Begründung im Regierungsentwurf zu § 2 Abs. 1 SGB V, BT-Drucksache 11/2237 S. 157).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
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