L 7 AS 330/17

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 2 AS 1433/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 330/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 26/19 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Regelungen der §§ 406, 412 BGB gelten auch im Falle eines gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 9 BerhG uneingeschränkt.
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26. Juni 2017 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt als Bevollmächtigte von Frau B,. B. in einem Widerspruchsverfahren gegenüber dem Beklagten die Erstattung ihrer Kosten; zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte diesen Kostenerstattungsanspruch mit Forderungen gegenüber der Widerspruchsführerin aufrechnen durfte.

Die Klägerin ist Rechtsanwältin und vertrat Frau B. bei einem Widerspruch gegen einen Bescheid des Beklagten vom 18. September 2012. In diesem Widerspruchsverfahren erließ der Beklagte mit Datum vom 12. Juni 2013 (Bl. 1233 der Verwaltungsakte) einen Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheid, der eine Erstattung der zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu 17% vorsah. Der Widerspruchsführerin war für dieses Verfahren Beratungshilfe bewilligt worden (Beschluss des Amtsgerichtes Bad Homburg vom 4. Januar 2013, Bl. 1268 der Verwaltungsakte).

Die Klägerin stellte dem Beklagten (in eigenem Namen) die streitigen Kosten in Höhe von 52,60 Euro in Rechnung (Schreiben vom 19. Juni 2013, Bl. 1248, 1254 der Verwaltungsakte). Dazu erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 24. Juli 2013 (Bl. 1259 der Verwaltungsakte) an die Widerspruchsführerin, die Kosten seien dem Grunde nach erstattungsfähig. Er erkläre jedoch die Aufrechnung des Kostenerstattungsanspruchs mit einer ihr gegenüber noch bestehenden Rückzahlungsforderung aus einem Darlehen an sie. Dieses Schreiben übermittelte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 24. Juli 2013 (Bl. 1258 der Verwaltungsakte).

Dem lag ein bestandskräftiger Darlehensbescheid des Beklagten vom 12. März 2009 (Bl. 366 der Verwaltungsakte) gegenüber der Widerspruchsführerin über die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 3.700 Euro zugrunde. Zur Tilgung dieses Darlehens heißt es in diesem Bescheid, dass ab dem 1. April 2009 Raten in Höhe von 50 Euro monatlich von den zustehenden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende einbehalten werde. Falls die Widerspruchsführerin aus dem Leistungsbezug ausscheide, bevor das Darlehen vollständig getilgt sei, würde der Restbetrag mit gesondertem Bescheid zurückgefordert. Außerdem heißt es, dass sich der Vermieter verpflichtet habe, die Geschäftsanteile nach Beendigung des Mietverhältnisses ausschließlich an den Hochtaunuskreis zu erstatten, wenn und soweit ihm keine Ansprüche aus dem Mietvertrag mehr zustünden. Diese Verpflichtung entfalle, sobald die Widerspruchsführerin das Darlehen in voller Höhe getilgt habe; der Anspruch auf Rückzahlung der Geschäftsanteile stehe dann der Widerspruchsführerin zu. Sei das Darlehen bei Beendigung des Mietverhältnisses teilweise getilgt, bleibe der Vermieter zwar zur Zahlung des Darlehens an den Hochtaunuskreis verpflichtet. Die Widerspruchsführerin habe aber einen Anspruch darauf, dass der Hochtaunuskreis die Geschäftsanteile - vorbehaltlich etwaiger Forderungen des Vermieters - bis zur Höhe des getilgten Betrages an sie weiterleite. Bis zur Erklärung der Aufrechnung mit Schreiben vom 24. Juli 2013 wurden auf diese Weise insgesamt 2.000 Euro getilgt (siehe Schriftsatz des Beklagten vom 1. November 2018, Bl. 127 ff. der Gerichtsakte).

Nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 1. und 12. August 2013 (Bl. 1269, 1272 der Verwaltungsakte) die Auszahlung der Kosten an die Klägerin endgültig abgelehnt hatte, erhob die Klägerin mit einem beim Sozialgericht Frankfurt am Main am 8. Oktober 2013 eingegangenem Schriftsatz Klage.

Die Klägerin trug im Wesentlichen vor, die Aufrechnung des Erstattungsanspruchs sei ausgeschlossen, da der Anspruch durch die Gewährung einer Beratungshilfe vom 4. Januar 2013 gemäß § 9 Beratungshilfegesetz (BerHG) auf sie übergegangen sei. Der Beklagte trat dem entgegen. Die Aufrechnung sei wirksam erklärt worden. In Fällen des gesetzlichen Forderungsüberganges bleibe zugunsten des schutzwürdigen Schuldners dessen Aufrechnungsmöglichkeit auch gegenüber dem Neugläubiger (hier der Klägerin) bestehen.

Mit Urteil vom 26. Juni 2017 verurteilte das Sozialgericht Frankfurt Main den Beklagten, an die Klägerin 52,60 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 19. Juli 2013 zu zahlen. Das Sozialgericht Frankfurt am Main ließ die Berufung zu.

Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, die allgemeine Leistungsklage sei zulässig und begründet, § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Klägerin habe einen Anspruch auf (anteilige) Zahlung ihrer Vergütung. Das Gericht folge aus eigener Überzeugung den rechtlichen Ausführungen des Sozialgerichtes Berlin, Urteil vom 29. März 2016, Az.: S 190 AS 3757/15, in einem vergleichbaren Verfahren:

Grundsätzlich stehe der Anspruch auf Übernahme der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung einschließlich der Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes für ein isoliertes Widerspruchsverfahren nach § 63 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zwar nur der Widerspruchsführerin gegenüber dem Beklagten, nicht dagegen der Rechtsanwältin im eigenen Namen zu (vgl. BSG, Urteil vom 25. Februar 2010, B 11 AL 24/08 R; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 2. April 2012, L 19 AS 312/12 B). Vorliegend seien jedoch die Voraussetzungen des Forderungsüberganges gemäß § 9 Satz 2 BerHG erfüllt, der auch Kostenerstattungsansprüche nach § 63 SGB X für die Vertretung in einem sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren erfasse (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13. Mai 2014, L 11 AS 1360/12 NZB). Nach dieser Vorschrift gehe ein Anspruch des Rechtsuchenden gegen seinen Gegner auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten in Höhe der gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren auf den Rechtsanwalt über. Hierbei handele es sich um einen gesetzlichen Anspruchsübergang, bei dem der Rechtsuchende sein Recht verliere und der Rechtsanwalt dieses Recht erwerbe. Der Rechtsanwalt trete damit an die Stelle des Rechtsuchenden als Gläubiger des Ersatzanspruchs (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. Mai 2015, L 6 AS 34/15).

Die geltend gemachte Erstattungsforderung hinsichtlich der Aufwendungen im Vorverfahren sei nicht durch Aufrechnung entsprechend § 389 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erloschen. Die vom Beklagten mit Schreiben vom 24. Juli 2013 erklärte Aufrechnung führe nicht zur Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs, weil es zur Überzeugung der Kammer an der erforderlichen Aufrechnungslage mangele. Neben einer wirksamen Aufrechnungserklärung erfordere die Aufrechnung eine Aufrechnungslage, die gemäß § 387 BGB vorliege, wenn der Schuldner die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende gleichartige Leistung bewirken könne.

Mit der auf Zahlung gerichteten Forderung des Beklagten gegen Frau B. (Rückzahlung eines Darlehens) habe nicht gegen den geltend gemachten Anspruch hinsichtlich der Aufwendungen im Vorverfahren aufgerechnet werden können, weil es sich zwar um gegenseitige Forderungen handele, es jedoch an der von § 387 BGB vorausgesetzten Gleichartigkeit der Forderungen mangele. Dabei müsse der Gegenstand der einander gegenüberstehenden Forderungen gleichartig sein, nicht der Rechtsgrund. Was gleichartig sei, richtet sich nach der Verkehrsanschauung (Schlüter in: MüKo, 7. Aufl. 2016, § 387 BGB, Rdnr. 29).

Bei dem Anspruch der Widerspruchsführerin aus § 63 SGB X handele es sich, soweit noch keine Zahlung an den Bevollmächtigten geleistet wurde, um einen Freistellungsanspruch (vgl. neben anderen LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6.5.2015, L 6 AS 288/13; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. März 2017, L 18 AS 232/17 NZB; BSG, Urteil vom 2. Dezember 2014, B 14 AS 60/13 R; aA Hessisches LSG, Urteil vom 29. Oktober 2012, L 9 AS 601/10; SG Karlsruhe, Urteil vom 24. Oktober 2013, S 15 AS 3800/12). Ein Freistellungsanspruch und ein Zahlungsanspruch könnten mangels Gleichartigkeit nicht gegeneinander aufgerechnet werden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1954, I ZR 34/53).

Etwas anderes folge zur Überzeugung der Kammer auch nicht daraus, dass der Freistellungsanspruch durch den gesetzlichen Forderungsübergang gemäß § 9 Satz 2 BerHG zu einem Zahlungsanspruch der Klägerin geworden sei und sich nach dem Forderungsübergang demnach zwei gleichartige Forderungen gegenüberstanden. Nach Auffassung der Kammer müsse das Erfordernis der Gleichartigkeit im Falle eines gesetzlichen Forderungsübergangs bereits zur Zeit der Abtretung gegeben sein. Zwar habe der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 22. Januar 1954, a.a.O.) entschieden, dass es nach der Grundregel des § 387 BGB erforderlich und genügend sei, wenn die Gleichartigkeit im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung vorliege. Ein zwingender rechtlicher Grund, von dieser Regel für den Fall abzuweichen, dass die Gleichartigkeit erst durch eine Abtretung herbeigeführt werde, sei nicht ersichtlich. Der Grundgedanke des § 406 BGB, eine Schlechterstellung des Schuldners durch die Abtretung zu verhindern, nötige mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift nicht dazu, ihn eines Vorteils zu berauben, den er unter bestimmten Voraussetzungen durch die Abtretung erlangen könne.

Auch die Rücksichtnahme auf den Gläubiger rechtfertige keine abweichende Beurteilung. Denn dem Gläubiger stehe es frei, von der Abtretung Abstand zu nehmen, wenn ihm die Umwandlung in einen Zahlungsanspruch und die damit geschaffene Aufrechnungsmöglichkeit nicht erwünscht sei. Billigkeitsgründe, die es im Interesse des Gläubigers erfordern könnten, die Aufrechnung auszuschließen, seien daher nicht gegeben.

Im hiesigen Fall eines gesetzlichen Forderungsübergangs stünden der Aufrechnung nach Meinung der Kammer jedoch Billigkeitsgründe entgegen. Denn bei einem gesetzlichen Forderungsübergang stehe es dem Gläubiger nicht frei, von der Abtretung Abstand zu nehmen, wenn ihm die Umwandlung in einen Zahlungsanspruch und die damit geschaffene Aufrechnungsmöglichkeit nicht erwünscht sei. Die Klägerin habe hier keine Möglichkeit gehabt, den Übergang des Freistellungsanspruchs und damit die Entstehung einer Aufrechnungslage zu verhindern. Hinzu komme, dass die Klägerin nach § 49a Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAO) verpflichtet sei, Beratungshilfemandate zu übernehmen. § 49a Abs. 1 BRAO bestimme, dass der Rechtsanwalt verpflichtet sei, die in dem Beratungshilfegesetz vorgesehene Beratungshilfe zu übernehmen. Er könne die Beratungshilfe nur im Einzelfall aus wichtigem Grund ablehnen.

Etwas anderes folge nach Auffassung der Kammer auch nicht daraus, dass seit dem 1. Januar 2014 das zuvor im BerHG geregelte Vergütungsverbot (§ 8 BerHG a.F.) in dieser Form nicht mehr existiere. Denn ein Vergütungsanspruch könne nicht durchgesetzt werden, wenn und solange Beratungshilfe bewilligt sei (BT Drucks. 17/11472, 26). Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BerHG bewirke die Bewilligung von Beratungshilfe, dass die Beratungsperson gegen den Rechtsuchenden keinen Anspruch auf Vergütung mit Ausnahme der Beratungshilfegebühr nach § 44 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geltend machen könne. Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 BerHG gelte dies auch in den Fällen nachträglicher Antragstellung bis zur Entscheidung durch das Gericht. § 8 Abs. 2 BerHG bewirke, dass der aus einer Vergütungsvereinbarung resultierende Anspruch der Beratungsperson gegen den Rechtsuchenden nicht geltend gemacht werden könne, wenn und solange Beratungshilfe bewilligt sei bzw. im Falle nachträglicher Antragstellung das Gericht noch keine Entscheidung über den Antrag getroffen habe (BT-Drucks. 17/11472, 43). Die Aufhebung von Beratungshilfe komme jedoch nur in den engen Grenzen des § 6a BerHG in Betracht. Nach § 6a Abs. 2 Satz 3 BerHG sei Voraussetzung, dass der Rechtssuchende auf Grund des Erlangten die Voraussetzungen hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für die Bewilligung von Beratungshilfe nicht mehr erfülle. Insofern bleibe es im Grundsatz dabei, dass ein Vergütungsanspruch grundsätzlich nicht geltend gemacht werden könne. Billigkeitsgesichtspunkte sprächen demnach zur Überzeugung der Kammer dafür, im Falle des Forderungsübergangs nach § 9 Satz 2 BerHG eine Aufrechnung auszuschließen. Der Leistungsklage sei deshalb stattzugeben gewesen.

Der Zinsanspruch ergebe sich aus §§ 286, 288 Absatz 1 BGB (aA und ablehnend Becker in: Hauck/Noftz, SGB, 05/17, § 63 SGB X, Rdnr. 113).

Die Kostenentscheidung beruhe auf § 193 SGG. Diese Bestimmung finde vorliegend Anwendung, obwohl Klägerin und der Beklagte nicht zu dem privilegierten Personenkreis des § 183 SGG zählten. Die Klägerin mache vorliegend aber den Anspruch einer privilegierten Person im Sinne des § 183 SGG aus Abtretung kraft Gesetzes geltend. Bei dieser Konstellation sei die Anwendung des § 193 SGG ebenfalls gerechtfertigt (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 11. Aufl., SGG-Komm, § 183 Rdnr. 6a).

Die Berufung sei nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen gewesen.

Dieses Urteil wurde dem Beklagten am 25. Juli 2017 (Bl. 58 der Gerichtsakte) zugestellt. Dagegen hat der Beklagte am 27. Juli 2017 (Bl. 63 der Verwaltungsakte) Berufung zum Hessischen Landessozialgericht erhoben.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass nach §§ 406, 412 BGB eine Aufrechnung möglich war.

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26. Juni 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Sie ist der Auffassung, der Schutz ihres Vergütungsanspruchs laufe verfassungsrechtlich leer, wenn man die Aufrechnung zuließe und verweist auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2009 (1 BvR 2251/08). Im Übrigen sei die Rückzahlung des Darlehens, mit der der Anspruch der Klägerin aufgerechnet wurde, rechtswidrig und daher nicht fällig. Der Rückzahlungsanspruch in Höhe von 3.700 Euro richte sich allein gegen die C. Gemeinnützige Baugenossenschaft CX. e.G., mit der eine Abtretungsvereinbarung getroffen worden sei. Ein doppelter Einbehalt sowohl gegenüber der Klägerin als auch gegenüber der Leistungsbezieherin sei jedoch ausgeschlossen.

Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Insbesondere ist der Senat an die vom Sozialgericht Frankfurt am Main in seinem Urteil vom 26. Juni 2017 ausgesprochene Zulassung der Berufung gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG).

Die Berufung des Beklagten ist auch begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Zahlung von 52,60 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 19. Juli 2013 zu zahlen.

Die geltend gemachte Erstattungsforderung hinsichtlich der Aufwendungen im Vorverfahren ist durch Aufrechnung des Beklagten nach § 389 BGB erloschen. Die vom Beklagten mit Schreiben vom 24. Juli 2013 erklärte Aufrechnung führte zur Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs.

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil nach § 387 BGB seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann. Die Aufrechnung erfolgt nach § 388 Satz 1 BGB durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. Die Aufrechnung bewirkt nach § 389 BGB, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

Wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, liegt eine Aufrechnungserklärung des Beklagten vor. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts bestand jedoch auch eine Aufrechnungslage im Sinne von § 387 BGB.

Zutreffend weist das Sozialgericht darauf hin, dass ein Anspruch auf Übernahme der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung einschließlich der Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes für ein isoliertes Widerspruchsverfahren nach § 63 Absatz 1 Satz 1 i.V.m. Absatz 2 SGB X zwar grundsätzlich nur dem Widerspruchsführer gegenüber dem Beklagten, nicht dagegen dem Rechtsanwalt im eigenen Namen zusteht (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 2. April 2012, L 19 AS 312/12 B, Juris Rdnr. 5), dass aber im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des Forderungsüberganges gemäß § 9 Satz 2 BerHG erfüllt sind, der auch Kostenerstattungsansprüche nach § 63 SGB X für die Vertretung in einem sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren erfasst (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13. Mai 2014, L 11 AS 1360/12 NZB, Juris, Rdnr. 12). Nach § 9 Satz 2 BerHG geht ein Anspruch des Rechtsuchenden gegen seinen Gegner auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten in Höhe der gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren auf den Rechtsanwalt über. Hierbei handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruchsübergang, bei dem der Rechtsuchende sein Recht verliert und der Rechtsanwalt dieses Recht erwirbt. Der Rechtsanwalt tritt damit an die Stelle des Rechtsuchenden als Gläubiger des Ersatzanspruchs (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. Mai 2015, L 6 AS 34/15, Juris, Rdnr. 21). Zutreffend verweist das Sozialgericht auch darauf; dass es sich bei der auf Zahlung gerichteten Forderung des Beklagten gegen Frau B. (Rückzahlung eines Darlehens) und dem geltend gemachten Anspruch hinsichtlich der Aufwendungen im Vorverfahren um gegenseitige Forderungen handelt.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts fehlt es jedoch nicht an der nach § 387 BGB erforderlichen Gleichartigkeit der Forderungen. Zutreffend verweist das Sozialgericht darauf, dass ein sich aus § 63 SGB X ergebende Freistellungsanspruch jedenfalls durch den gesetzlichen Forderungsübergang gemäß § 9 Satz 2 BerHG zu einem Zahlungsanspruch der Klägerin geworden ist und sich deshalb jedenfalls nach dem Forderungsübergang zwei gleichartige Forderungen gegenübergestanden haben. Nicht gefolgt werden kann dem Sozialgericht jedoch, soweit es in Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 22. Januar 1954, I ZR 34/53, Juris, Rdnr. 19) davon ausgeht, dass das Erfordernis der Gleichartigkeit im Falle eines gesetzlichen Forderungsübergangs nicht erst zum Zeitpunkt der Aufrechnung, sondern bereits zum Zeitpunkt des gesetzlichen Forderungsübergangs gegeben sein muss.

Nach § 412 BGB finden auf die Übertragung einer Forderung kraft Gesetzes die Vorschriften der §§ 399 bis 404, 406 bis 410 BGB entsprechende Anwendung. Nach § 406 BGB kann der Schuldner eine ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehende Forderung auch dem neuen Gläubiger gegenüber aufrechnen, es sei denn, dass er bei dem Erwerb der Forderung von der Abtretung Kenntnis hatte oder dass die Forderung erst nach der Erlangung der Kenntnis und später als die abgetretene Forderung fällig geworden ist. Hier konnte der Beklagte (Schuldner) seinen noch nicht vollständig erfüllten Tilgungsanspruch gegen Frau B. (alter Gläubigerin) gegenüber der Klägerin (neuer Gläubigerin) aufrechnen. Durch seine an Frau B. und an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 24. Juli 2013 bringt der Beklagte zum Ausdruck, dass er seinen Anspruch auf Tilgung eines Darlehens gegenüber Frau B. gegen den auf die Klägerin übergangenen Anspruch auf Kostenerstattung aufrechnet. Beim Erwerb dieser Tilgungsforderung durch Bescheid vom 12. März 2009 hatte der Beklagte keine Kenntnis von dem durch die im Jahr 2013 erfolgte Beratungshilfe bewirkten Forderungsübergang. Die Forderung Tilgung des Darlehens war auch nicht erst nach Erlangung der Kenntnis von dem Forderungsübergang und später als der übergegangene Erstattungsanspruch fällig. Sie war vielmehr sofort nach Erlass des bestandskräftigen Bescheides vom 12. März 2009 fällig. Die vom Sozialgericht angeführten "Billigkeitsgründe" rechtfertigen keine Abweichung von den hier anwendbaren zivilrechtlichen Regelungen. Vielmehr gelten die Regelungen der §§ 406, 412 BGB auch im Falle eines gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 9 BerhG (Dürbeck, in: Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenbeihilfe, Beratungshilfe, 8. Auflage, 2016, Rdnr. 1251; Pukal, in: Mayer/Kroiß, RVG, 7. Auflage, 2018, § 44 RVG Rdnr. 53; so auch SG Karlsruhe, Urteil vom 24. Oktober 2013, S 15 AS 3800/12, Beck-Online, m.w.N.; a.A. Groß, Beratungshilfe, Prozesskostenhilfe, Verfahrenskostenhilfe, 14. Auflage, 2017, § 9 BerhG Rdnr. 3 lediglich mit Verweis auf SG Berlin, Urteil vom 9. März 2016, S 190 AS 3757/15, Beck-Online). Der Gesetzgeber hat im Bereich der Beratungshilfe gerade keine mit § 126 Abs. 2 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) vergleichbare Regelung, nach der eine Einrede aus der Person der Partei nicht zulässig ist, geschaffen (Dürbeck, in: Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenbeihilfe, Beratungshilfe, 8. Auflage, 2016, Rdnr. 1251). Stattdessen hat die Klägerin einen Anspruch aus §§ 8, 44, 58 Abs. 1 RVG gegen die Staatskasse, denn auf diesen Anspruch werden nur tatsächliche Zahlungen angerechnet (Dürbeck, in: Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenbeihilfe, Beratungshilfe, 8. Auflage, 2016, Rdnr. 1252 m.w.N.). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Fehlen einer § 126 Abs. 2 Satz 1 ZPO vergleichbaren Norm für die Beratungshilfe bestehen schon deshalb nicht.

Mangels Hauptforderung besteht auch kein Zinsanspruch.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 der Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Revision war mangels Zulassungsgründen im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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