Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 U 220/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 17 U 375/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 12/03 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die am 1.8.2003 in Kraft getretene Regelung des § 70 Abs 1 S 4 SGB VII nach der einem Pflegekind Waisenrente abweichend vom bisherigen Rechtszustand nur noch gewährt wird soweit der Rentenhöchstbetrag nicht durch bevorrechtigte Angehörige des Versicherten ausgeschöpft wird erfasst auch Ansprüche die vor ihrem Inkrafttreten bereits entstanden waren.
2. Zum zeitlichen Anwendungsbereich neuen Rechts bei Dauerrechtsverhältnissen.
2. Zum zeitlichen Anwendungsbereich neuen Rechts bei Dauerrechtsverhältnissen.
Auf die Revisionen der Kläger wird die Beklagte unter Abänderung der Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. November 2002 und des Sozialgerichts Würzburg vom 25. Oktober 2001 sowie der Bescheide vom 9. Juni 1999 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30. Juni 1999 verurteilt, den Klägern zu 1) und 2) ungekürzte Waisenrenten und der Klägerin zu 3) ungekürzte Witwenrente ab 1. August 2003 zu gewähren. Im Übrigen werden die Revisionen der Kläger zurückgewiesen. Die Beklagte hat den Klägern drei Viertel der außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Streitig ist, ob und ggf ab wann die Kläger Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung ungekürzter Hinterbliebenenrenten haben.
Der 1988 geborene Kläger zu 1) und die 1989 geborene Klägerin zu 2) sind die leiblichen Kinder, die Klägerin zu 3) ist die Ehefrau des am 19. März 1960 geborenen und am 25. November 1998 bei einem Wegeunfall tödlich verunglückten Versicherten Harald S. (S.). In der Familie leben außerdem seit dem 8. August 1995 die beiden im Revisionsverfahren beigeladenen Pflegekinder Galina (geboren 1986) und Anna (geboren 1988) W. , für die den Eheleuten S. vom Vormund der Kinder, dem Kreisjugendamt (KJ), Aufsicht, Betreuung, Erziehung und auch die Vermögenssorge für die alltäglichen Geldangelegenheiten auf Dauer übertragen worden waren. Für die Kinder, die vom KJ im Rahmen der Jugendhilfe unterhalten werden, wurde Pflege- und Kindergeld gewährt.
Die Beklagte gewährte mit Bescheiden vom 9. Juni 1999 der Klägerin zu 3) Witwenrente und allen vier Kindern Halbwaisenrenten. Da die Hinterbliebenenrenten zusammen den gesetzlich vorgegebenen Höchstbetrag von 80 vH des Jahresarbeitsverdienstes (JAV) des S. überstiegen, wurden sie nach § 70 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) gekürzt, und zwar bei der Witwe von 27.349,68 DM auf 18.233,12 DM und bei jeder Waise von 13.674,84 DM auf 9.116,56 DM jährlich. Die hiergegen erhobenen Widersprüche, mit denen sich die Kläger gegen die von ihnen als ungerecht empfundenen Kürzungen wandten, weil den Pflegekindern keine Waisenrentenansprüche zustünden, wurden zurückgewiesen (Widerspruchsbescheide vom 30. Juni 1999). Das Sozialgericht Würzburg (SG) hat die von den Klägern hiergegen erhobenen Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und abgewiesen (Urteil vom 25. Oktober 2001). Die Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) war erfolglos (Urteil vom 6. November 2002). Mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen bestehe kein Anspruch auf Gewährung ungekürzter Hinterbliebenenrenten. Den beiden Pflegekindern stünden neben den Klägern zu 1) und 2) als leiblichen Kindern Halbwaisenrenten zu; hierdurch sei der gesetzliche Höchstbetrag überschritten worden, so dass alle fünf Hinterbliebenenrenten entsprechend dem Verhältnis der Witwen- und Waisenrenten zueinander zu kürzen seien. Der Begriff der Pflegekinder sei im Sozialrecht einheitlich geprägt. Die Pflegekinder Anna und Galina hätten die hierfür geforderten Voraussetzungen zum für die Gewährung von Halbwaisenrente maßgeblichen Zeitpunkt des Todes des S. in vollem Umfang erfüllt, da von der Aufnahme in den Haushalt durch S. als Haushaltsvorstand an eine ideelle Dauerbeziehung wie zwischen leiblichen Eltern und ihren Kindern gegeben gewesen sei. Den Eheleuten S. habe neben der Personensorge faktisch durch Übertragung der Sorge für die alltäglichen Geldangelegenheiten der Kinder seitens des KJ auch die Vermögenssorge oblegen. Dass Pflegegeld für die Kinder vom Jugendamt gewährt worden sei, spiele keine Rolle. Da unter den Begriff "Waisen" in § 70 Abs 1 Satz 4 SGB VII auch Pflegekinder fielen, sei die Kürzung der Hinterbliebenenrenten zu Recht erfolgt. Letztlich entstehe auch kein finanzieller Nachteil, weil das Gesamteinkommen der fünfköpfigen Familie grundsätzlich gleich bleibe. Unabhängig davon sei das Familieneinkommen derzeit sogar höher, weil das Stadtjugendamt auf die Überleitung der Halbwaisenrenten für die Pflegekinder verzichtet habe, diese Leistungen also entgegen §§ 91, 93 Abs 5 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) nicht auf das Pflegegeld angerechnet würden. Die beabsichtigte Gesetzesänderung, in der ein Vorrang von Witwen und leiblichen Kindern gegenüber Pflegekindern zum Ausdruck kommen solle, habe keinen Einfluss auf die jetzige Rechtslage. Gegen diese bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf Art 6 des Grundgesetzes (GG); es sei allgemein anerkannt, dass zur "Familie" auch die Pflegekinder gehörten und auch die Pflegefamilie geschützt sei.
Mit ihrer - vom LSG zugelassenen - Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Die berufungsgerichtliche Entscheidung leide an einer ungenügenden Differenzierung im Bereich des Schutzes des Art 6 GG. Für die Ursprungsfamilie sei eine differenzierte Schutzintensität gegenüber dem Teil der hinzugekommenen Pflegefamilie gegeben, weil sie im Gegensatz zu diesem auf Dauer angelegt und rechtlich nicht lösbar sei, die Vertretung für die Pflegekinder überdies durch Einwirkungen des Vormundschaftsgerichts und des Leistungsträgers erheblich eingeschränkt sei; im vorliegenden Fall sei auch die rechtliche Vermögenssorge nicht übertragen worden und seien die Pflegekinder auch nicht von den Eheleuten S. , sondern durch das vom KJ gezahlte Pflegegeld unterhalten worden. Zudem sei die Familie seit dem Tode des S. nicht mehr auf Dauer angelegt gewesen, vielmehr nach einer anderweitigen Unterbringung der Pflegekinder gesucht worden. Bei einer Trennung des Pflegekindschafsverhältnisses wäre die Kürzung gleichwohl dauerhaft festgeschrieben, was auf eine mit dem Schutz des Art 6 GG nicht vereinbare Bestrafung der Ursprungsfamilie hinauslaufe. Da sich die Situation hinsichtlich der Anrechnung der Waisenrenten auf die Pflegegelder jeden Tag ändern könne, habe das LSG auch ihre wirtschaftliche Situation falsch beurteilt. Da andererseits das Pflegekind seine finanzielle Absicherung nicht in der Familie finde, sondern durch das Pflegegeld, und sich seine wirtschaftliche Lage durch den Tod eines Pflegeelternteils so nicht ändere, stelle die gesetzliche Regelung in der Auslegung der bisherigen Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen einen massiven Eingriff in den Familienschutz dar. Dementsprechend habe der von ihr auf dieses Problem angesprochene Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages eine nicht nachvollziehbare finanzielle Benachteiligung und Schlechterstellung des überlebenden Pflegeelternteils und seiner leiblichen Kinder festgestellt. Die bestehende Regelungslücke im Gesetz könne nur dahin geschlossen werden, dass eine Einschränkung der Rechtsposition der Ursprungsfamilie unterbleibe.
Die inzwischen aufgrund ihrer Petition erfolgte Änderung des § 70 Abs 1 Satz 4 SGB VII finde auf sie auch ohne entsprechende gesetzliche Überleitungsregelung Anwendung, weil sie als Korrektur des ursprünglichen Gesetzestextes und als Umsetzung der verfassungsschützenden Regelung der Kernfamilie gedacht sei und daher rückwirkenden Charakter habe, jedenfalls soweit es die Geltung ab In-Kraft-Treten für laufende Fälle betreffe.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 9. Juni 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 1999 sowie Aufhebung der Urteile des Sozialgerichts Würzburg vom 25. Oktober 2001 und des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. November 2002 zu verurteilen, den Klägern zu 1) und 2) ungekürzte Waisenrenten und der Klägerin zu 3) ungekürzte Witwenrente ab 1. März 1999 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Gesetzesänderung wirke sich mangels einer entsprechenden Überleitungsvorschrift auf den vorliegenden Fall nicht aus; auch aus § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) als reiner Verfahrensvorschrift sei nichts anderes zu entnehmen. Da sich eine rückwirkende Rechtsänderung für Pflegekinder, denen bereits bestandskräftig eine Rente zuerkannt worden sei, äußerst gravierend auswirken würde, sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber dies durch eine entsprechende Überleitungsvorschrift kenntlich gemacht hätte. Selbst bei gegenteiliger Ansicht wäre eine Rückwirkung auf den 1. August 2003 nicht möglich.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
II
Die Revisionen der Kläger sind insoweit begründet, als ihnen ein Anspruch auf Gewährung ungekürzter Hinterbliebenenrenten vom 1. August 2003 an zusteht. Im Übrigen sind sie unbegründet.
Im Streit ist allein die Höhe der den Klägern von der Beklagten gewährten Witwen- bzw Waisenrenten, soweit es die Kürzung dieser Leistungen nach § 70 Abs 1 SGB VII betrifft. Dass die Kläger Ansprüche auf Hinterbliebenenrenten dem Grunde nach haben, steht aufgrund der insoweit bestandskräftig gewordenen Bescheide bindend fest; dies gilt entsprechend auch für die übrigen Berechnungsgrundlagen, insbesondere die Höhe des JAV.
§ 70 Abs 1 Satz 1 SGB VII begrenzt den Gesamtbetrag der an Hinterbliebene zu erbringenden Rentenleistungen auf 80 vH des JAV. Sind mehrere Hinterbliebene vorhanden, deren Renten zusammen den Höchstbetrag überschreiten würden, werden die Ansprüche der Ehegatten und Kinder des Versicherten vorrangig befriedigt; die übrigen Angehörigen erhalten Leistungen nur, soweit Witwen und Witwer, frühere Ehegatten oder Waisen den Höchstbetrag nicht ausschöpfen (§ 70 Abs 1 Satz 4 SGB VII). Diese Regelung ist durch das Gesetz zur Änderung des SGB VII und des SGG vom 24. Juli 2003 (BGBl I 1526) modifiziert worden. Während bis dahin neben den leiblichen Kindern sowie den Stief- und Adoptivkindern des Versicherten auch Pflegekinder zum Kreis der bevorrechtigten Hinterbliebenen gehörten, bestimmt § 70 Abs 1 Satz 4 SGB VII nF nunmehr, dass Pflegekinder ebenso wie Verwandte der aufsteigenden Linie sowie Stief- oder Pflegeeltern Hinterbliebenenrente nur erhalten, soweit der Betrag von 80 vH des JAV durch Renten an die leiblichen Kinder, die Stief- und Adoptivkinder sowie die Ehegatten des Versicherten nicht erreicht wird.
Die Rechtsänderung ist am 1. August 2003 ohne Übergangsregelung in Kraft getreten (Art 10 Abs 1 des Gesetzes vom 24. Juli 2003). Für die Zeit bis zum 31. Juli 2003 bleibt es danach bei der alten Regelung, nach der leiblichen Kindern und Pflegekindern gleichberechtigt Ansprüche auf Hinterbliebenenrenten zustehen, die gemäß § 70 Abs 1 Satz 1 SGB VII bei Überschreiten des gesetzlichen Höchstbetrags nach dem Verhältnis ihrer Höhe gekürzt werden. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte die Hinterbliebenenrenten der Kläger zutreffend festgesetzt, denn den beiden beigeladenen Pflegekindern haben danach ebenfalls Rentenansprüche zugestanden.
Nach § 67 Abs 1 Nr 1 SGB VII erhalten Kinder von verstorbenen Versicherten eine Halbwaisenrente, wenn sie noch einen Elternteil haben. Dabei werden als Kinder auch berücksichtigt ua Pflegekinder, die in den Haushalt der Versicherten aufgenommen waren (Abs 2 Nr 1 aaO). Pflegekinder sind nach der Legaldefinition in § 56 Abs 2 Nr 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I), auf den § 67 Abs 1 Nr 1 SGB VII Bezug nimmt, Personen, die mit dem Berechtigten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind. Die Aufsichts- und Erziehungsrechte müssen demnach von den Pflegeeltern tatsächlich wahrgenommen werden; andererseits darf ein Obhuts- und Betreuungsverhältnis zu den leiblichen Eltern nicht (mehr) vorliegen (vgl BSGE 67, 211, 213 = SozR 3-1200 § 56 Nr 1 S 3); letzteres ist der Fall, wenn die Beziehung zwischen Eltern und Kind so geringfügig ist, dass nach dem äußeren Erscheinungsbild das eigene wie ein fremdes Kind behandelt wird und auch die materiellen Aufwendungen für das Kind im Wesentlichen nicht von den leiblichen Eltern erbracht werden (vgl BSG SozR 3-1200 § 56 Nr 3). Das Pflegeverhältnis ist iS des § 56 Abs 2 Nr 2 SGB I "auf längere Dauer" angelegt, wenn es für einen Zeitraum begründet wird, der für die körperliche und geistige Entwicklung des Pflegekindes erheblich ist; von der erforderlichen Dauerbindung kann nicht ausgegangen werden, wenn es von vornherein so geplant ist, dass es nur einen kürzeren Zeitraum dauern oder jederzeit aufgrund neuer Umstände beendet werden soll (vgl BSG Urteil vom 8. Oktober 1992 - 13 RJ 47/91).
Das LSG hat nach diesen Grundsätzen auf der Grundlage der von ihm bindend (§ 163 SGG) festgestellten Tatsachen rechtlich zutreffend angenommen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen eines Pflegekindschaftsverhältnisses im Hinblick auf beide Beigeladenen zum Zeitpunkt des Todes des S. erfüllt waren. Soweit die Kläger demgegenüber einwenden, die leiblichen Eltern lebten und es bestehe auch Kontakt zu ihnen, ist dies - abgesehen von der Unbeachtlichkeit eines gegenüber den Feststellungen im Berufungsurteil neuen Tatsachenvortrages im Revisionsverfahren - nicht geeignet, eine andere Beurteilung herbeizuführen, weil solche gelegentlichen Kontakte insoweit unschädlich sind (vgl BSG SozR 3-1200 § 56 Nr 3). Auch der Einwand der Kläger, die Vertretung für die Pflegekinder sei durch Einwirkungen des Vormundschaftsgerichts und des Leistungsträgers deutlich eingeschränkt und es bestehe entgegen der Darlegung des Berufungsgerichts keine "faktische Vermögenssorge", weil lediglich die Sorge für alltägliche Geldangelegenheiten delegiert worden sei, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn dieser Vortrag ist nicht geeignet, das insoweit maßgebliche Gesamtbild eines Obhuts- und Betreuungsverhältnisses wie zwischen Eltern und Kindern bzw das der Aufnahme in den Haushalt zum Wegfall zu bringen, da jedenfalls bei Kindern, die nicht über größere Vermögenswerte verfügen und bei denen auch keine sonstigen schwierigen vermögensrechtlichen Probleme vorliegen, wofür der hier festgestellte Sachverhalt keinen Anhaltspunkt bietet, diese Einschränkung für die maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse keine praktische Bedeutung hat. Schließlich führt auch der Vortrag der Kläger, vom Zeitpunkt des Todes des S. an sei die Restfamilie nicht mehr auf Dauer angelegt gewesen, zu keiner anderen Beurteilung. Abgesehen davon, dass dies als neuer Tatsachenvortrag im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden kann, würde dies angesichts des damals bereits verstrichenen erheblichen Zeitraums des Verhältnisses und des Umstandes, dass die Restfamilie auch zum jetzigen Zeitpunkt noch in derselben Zusammensetzung existiert, am maßgeblichen Gesamtbild nichts ändern.
Entgegen der Ansicht der Kläger sind auch Pflegekinder als "Waisen" iS des § 70 Abs 1 Satz 1 SGB VII anzusehen. Entscheidend ist der Umstand, dass sie gemäß § 67 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 2 Nr 1 SGB VII eine Waisenrente erhalten, da der Bezug einer solchen Leistung im Rahmen dieser Vorschrift den relevanten Anknüpfungspunkt darstellt; § 70 Abs 1 Satz 1 SGB VII bezeichnet den Bezieher einer solchen Leistung - leibliches Kind, Adoptiv-, Stief- oder Pflegekind - umfassend als Waise. Etwas anderes kann nicht daraus gefolgert werden, dass § 70 Abs 1 SGB VII in seiner neuen, durch das Gesetz vom 24. Juli 2003 geänderten Fassung den Begriff "Waise" in einem engeren, die Pflegekinder ausschließenden Sinne zu verwenden scheint. Denn die Beibehaltung des umfassenden Begriffs "Waise" anstelle der als Folge der Neuregelung an sich gebotenen Beschränkung auf Kinder, Stief- und Adoptivkinder beruht offensichtlich auf einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers, was sich daran zeigt, dass Pflegekinder auch unter der Geltung des neuen Rechts Waisen iS des § 67 SGB VII bleiben und dem Grunde nach weiterhin Anspruch auf Waisenrente haben.
Die Gleichbehandlung von leiblichen Kindern und Pflegekindern bei der Gewährung von Hinterbliebenenrenten, wie sie bis zum 31. Juli 2003 bestanden hat, beinhaltet entgegen der Ansicht der Kläger keinen Verstoß gegen den in Art 6 Abs 1 GG garantierten Schutz von Ehe und Familie. Unter "Familie" ist die aus Eltern und Kindern bestehende Gemeinschaft zu verstehen, wobei - worauf das LSG zutreffend hingewiesen hat - zu den Kindern auch Stief-, Adoptiv- und Pflegekinder gehören (vgl BVerfGE 18, 97, 105 f). Diese Gemeinschaft wird durch Art 6 Abs 1 GG geschützt, nicht einzelne Teile daraus. Eine solche Innendifferenzierung wäre nicht gerechtfertigt, weil die Familie bzw die Eltern darin selbst - unter Abwägung der möglichen Folgen - frei bestimmen können, ob über die "Kernfamilie" aus Eltern und leiblichen Kindern, von der die Kläger wohl ausgehen, weitere Mitglieder anderer Herkunft in die Familie aufgenommen werden sollen und dann auch deren Schutz genießen. Weder Adoptiv-, noch Stief- oder Pflegekinder können gegen deren Willen Teile der Gemeinschaft werden. Leibliche Kinder oder bereits in die Familie aufgenommene Mitglieder anderer Herkunft müssen sich insoweit die Entscheidung der Eltern - wie auch sonst im Rahmen der elterlichen Sorge - zurechnen lassen. Die so entstandene Gemeinschaft ist geschützt, ohne dass nunmehr eine verfassungsrechtlich bedingte Rangordnung ihrer Mitglieder bestünde. Die angegriffene rechtliche Regelung, mit der bestimmten Teilen der Familie auch ein Hinterbliebenenrentenanspruch - mit der Folge der Kürzung der Ansprüche der anderen - eingeräumt wird, richtet sich nicht gegen die so verstandene Gemeinschaft. Diese wird jedenfalls auch dann nicht benachteiligt, wenn die Einbeziehung von Pflegekindern zu einer Kürzung führt, solange sie Bestand hat und die Verhältnisse so wie im vorliegenden Fall gestaltet sind. § 70 Abs 1 Satz 1 SGB VII verhindert mit der Festlegung einer Obergrenze von 80 vH des JAV für alle Hinterbliebenenrenten zusammen lediglich eine wirtschaftliche Besserstellung der Familiengemeinschaft gegenüber den Verhältnissen zu Lebzeiten des verstorbenen Versicherten. Ob die Regelung, dass bei Ausscheiden eines Pflegekindes aus der Familiengemeinschaft sein Waisenrentenanspruch erhalten bleibt und so die zurückbleibende Restfamilie durch eine unverändert fortwirkende Kürzung benachteiligt wird, noch mit Art 6 Abs 1 GG vereinbar ist, muss nicht entschieden werden, weil eine solche Veränderung im vorliegenden Fall nicht eingetreten ist.
Den Klägern steht indes ein Anspruch auf Gewährung ungekürzter Hinterbliebenenrenten vom 1. August 2003 an zu. Denn die an diesem Tag in Kraft getretene Neuregelung, nach der Rentenansprüche der Pflegekinder nur noch nachrangig zu befriedigen sind, gilt im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten auch für Ansprüche, die vorher bereits entstanden waren.
Das Gesetz vom 24. Juli 2003 enthält allerdings keine Vorschrift, die dies ausdrücklich anordnet. Die Frage, wie sich eine Rechtsänderung auf bestehende Ansprüche und Rechte aus einem Dauerrechtsverhältnis auswirkt, wenn der Gesetzgeber keine Übergangsregelung getroffen hat, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Das Bundessozialgericht (BSG) ist in der Vergangenheit davon ausgegangen, dass Inhalt und Wirkung sozialrechtlicher Ansprüche in einem solchen Fall durch die Änderung nicht berührt werden, sondern sich weiterhin nach dem Recht beurteilen, das zur Zeit des anspruchsbegründenden Ereignisses oder Umstandes gegolten hat (BSGE 16, 177, 178 = SozR Nr 5 zu § 183 RVO; SozR Nr 1 zu § 9 der 7. BKVO; BSGE 44, 231, 232 = SozR 2200 § 1236 Nr 3; BSGE 45, 212, 214 = SozR 2200 § 182 Nr 29 S 50; SozR 2200 § 182 Nr 85 S 174; BSGE 58, 243, 244 = SozR 2200 § 182 Nr 98 S 205; BSGE 70, 31, 34 f = SozR 3-2500 § 48 Nr 1 S 4 f). Maßgeblich für die Entstehung und den Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche sei grundsätzlich das bei Eintritt des Versicherungsfalls geltende Recht, gegebenenfalls - bei wiederholt oder zeitversetzt entstehenden Ansprüchen - die Rechtslage im Zeitpunkt der Entstehung des jeweiligen Einzelanspruchs (BSGE 70, 31, 34 f = SozR 3-2500 § 48 Nr 1 S 4 f). Diese Betrachtungsweise soll unabhängig davon gelten, ob sich die Änderung der Rechtslage zu Gunsten oder zu Lasten des Betroffenen auswirkt (so schon BSGE 16, 177, 178 = SozR Nr 5 zu § 183 RVO).
Eine neuere, im Vordringen befindliche Auffassung betont demgegenüber den Gesichtspunkt der Sofortwirkung neuen Rechts und leitet daraus ab, dass eine Gesetzesänderung bestehende Rechte und Rechtsverhältnisse zwar in der Regel nicht rückwirkend verändert oder aufhebt, im Zweifel aber ab ihrem In-Kraft-Treten auch die bereits unter dem früheren Gesetz begründeten Rechte und Rechtsverhältnisse den neuen Regeln unterwerfen will (Kopp, Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts, SGb 1993, 593 mwN; BSG SozR 3-4100 § 141e Nr 3). Insbesondere neue Vorschriften, welche die Rechtsstellung des Betroffenen verbessern, sind danach unproblematisch mit ihrem In-Kraft-Treten auf das bestehende Rechtsverhältnis anzuwenden. Bei belastenden Eingriffen steht der Grundsatz der sofortigen Anwendung neuen Rechts allerdings unter dem Vorbehalt des verfassungsrechtlich im Rechtsstaatsprinzip verankerten Vertrauensschutzes. Der Gesetzgeber darf eine unter der Geltung des früheren Rechts erworbene Rechtsposition nur dann beseitigen oder wesentlich entwerten, wenn das hinter der Neuregelung stehende Gesetzesinteresse Vorrang vor dem Schutz bestehender Rechte beansprucht. Darin liegt nicht nur eine verfassungsrechtliche Schranke für den Gesetzgeber, der gegebenenfalls zur Schaffung angemessener Übergangs- und Überleitungsvorschriften gezwungen ist. Das Verbot, Vertrauen in den Fortbestand erworbener Rechtspositionen ohne rechtfertigenden Grund zu enttäuschen, muss auch bei der Auslegung und Anwendung des neuen Rechts, insbesondere bei der Bestimmung seines Anwendungsbereichs, berücksichtigt werden (Kopp, aaO S 597 f). Nach diesem differenzierenden Ansatz, dem der Senat folgt, hängt es letztlich vom Inhalt und Zweck der konkreten neuen Regelung ab, ob diese mit Wirkung für die Zukunft auch die bereits unter dem früheren Recht begründeten Ansprüche erfasst oder nicht.
Was die Änderung des § 70 Abs 1 SGB VII durch das Gesetz vom 24. Juli 2003 anbelangt, ist davon auszugehen, dass mit der Neuregelung jedenfalls für die Zukunft sicher gestellt werden sollte, dass eine Kürzung von Hinterbliebenenrentenansprüchen durch die Gewährung von Waisenrenten an Pflegekinder nicht mehr eintreten sollte. Dies ergibt sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte des Art 5 Nr 3 des Gesetzes vom 24. Juli 2003. Aus der Begründung zu diesem Gesetz (BT-Drucks 15/812) ist zu entnehmen, dass mit dieser Änderung eine Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages umgesetzt werden sollte, welcher der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung am 8. März 2001 zugestimmt hatte (BT-Drucks 14/5340-Sammelübersicht 245 Nr 1). Der Petitionsausschuss hatte sich mit dieser Frage aufgrund einer Petition der Klägerin zu 3) beschäftigt, die unter Darstellung des hier vorliegenden Sachverhalts darauf hingewiesen hatte, dass die Regelung des (nunmehr) alten Rechts in einem Fall wie dem ihren zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Benachteiligung von Familien mit Pflegekindern führe. Der Petitionsausschuss hatte in dem og Beschluss das Anliegen der Petentin nach einer dahingehenden Klarstellung des § 70 Abs 1 Satz 1 SGB VII, dass unter "Waisen" nur leibliche Kinder verstanden werden dürften, besonders deswegen befürwortet, weil die Rechtsfolge des § 70 Abs 1 Satz 1 SGB VII bei Vorhandensein leiblicher Kinder vor allem bei einem Wegzug der Pflegekinder aus dem Haushalt der Pflegefamilie zu einer nicht nachvollziehbaren finanziellen Benachteiligung und Schlechterstellung des überlebenden Elternteils und seiner leiblichen Kinder und damit zu einer finanziellen Bestrafung des zu Lebzeiten des verstorbenen Pflegeelternteils gezeigten sozialen Engagements führe. Daraus, dass der Gesetzgeber diesen Beschluss mit der Gesetzesänderung umsetzen wollte, muss entnommen werden, dass ihm die dafür vorgebrachten Gründe einsichtig erschienen und nunmehr eine Korrektur der bisherigen Regelung erfolgen sollte, um deren angenommenen negativen Folgen für die Zukunft zu beseitigen. Dass davon die bereits betroffenen Familien mit Pflegekindern in der Situation der Kläger ausgenommen werden sollten, kann nicht angenommen werden, zumal allein so dem Zweck der Verhinderung möglicher Benachteiligung durch die Neuregelung und der Verminderung der Bereitschaft zur Aufnahme von Pflegekindern durch Familien wegen solcher "schlechter Vorbilder" entsprochen werden konnte. Zudem käme es, wenn der Anwendungsbereich der Neuregelung auf zukünftig erst entstehende Ansprüche beschränkt bliebe, über einen langen Zeitraum zu einem Nebeneinander von altem und neuen Recht, verbunden mit einer andauernden Ungleichbehandlung der betroffenen Familien, die der Gesetzgeber im Zweifel schon im Interesse des Rechtsfriedens vermeiden wollte.
Verfassungsrechtliche Hindernisse stehen einer Einbeziehung der vor dem 1. August 2003 entstandenen Rentenansprüche in den Anwendungsbereich der Neuregelung nicht entgegen. Zwar wird die bisherige Rechtsposition der Pflegekinder durch die Änderung des § 70 Abs 1 Satz 4 SGB VII verschlechtert, weil sie Waisenrente nur noch erhalten, wenn der Höchstbetrag von 80 vH des JAV durch Renten an die bevorrechtigten Angehörigen nicht ausgeschöpft wird. Dieser Eingriff ist indessen gemessen an dem gesetzgeberischen Ziel der Beseitigung einer als untragbar empfundenen Benachteiligung des überlebenden Ehegatten und der leiblichen Kinder zumutbar. Insoweit ist von Bedeutung, dass der Rentenanspruch der Pflegekinder dem Grunde nach erhalten bleibt und nur der Zahlungsanspruch hinter den vorrangigen Anspruch der Witwe und der leiblichen Kinder zurücktritt.
Auch genießt der Anspruch auf Waisenrente als abgeleiteter, nicht auf eigener Leistung beruhender Anspruch keinen speziellen verfassungsrechtlichen Schutz. Allein das Vertrauen der betroffenen Pflegekinder in den Fortbestand des bisherigen Rechtszustandes hat indes kein solches Gewicht, dass dies die sofortige Inkraftsetzung der neuen Regelung verbieten würde. Wird das Pflegekindschaftsverhältnis nach dem Unfalltod des versicherten Elternteils mit der übrigen Familie fortgesetzt, entsteht dem Pflegekind durch die Minderung oder den Wegfall des Zahlungsanspruchs kein unmittelbarer wirtschaftlicher Nachteil, da sich das Familieneinkommen als Ganzes durch die Umstellung nicht verändert. Verlässt das Kind die Pflegefamilie, bleibt zwar trotz Verlustes des Pflegekindstatus der Anspruch auf Waisenrente erhalten, so dass bei Anwendung des alten Rechts weiterhin Leistungen im bisherigen Umfang gewährt würden (siehe dazu BSG, Urteil vom 14. Dezember 1966 - 12 RJ 358/65 = SozR Nr 1 zu § 1292 RVO). Der Rentenanspruch gleicht in einem solchen Fall aber nicht mehr entsprechend seiner Unterhaltsersatzfunktion einen durch den Tod des Versicherten eingetretenen wirtschaftlichen Verlust in Gestalt des Wegfalls des bisher geleisteten Betreuungsunterhaltes aus, sondern er beruht nunmehr allein darauf, dass der Gesetzgeber bei einmal entstandenen Waisenrentenansprüchen im Interesse der Verwaltungspraktikabilität auf eine Überprüfung der tatsächlichen Bedarfssituation verzichtet hat (BSG aaO). Bei dieser Sachlage kann das wirtschaftliche Interesse des Pflegekindes an der Fortzahlung der Waisenrente keinen besonderen Schutz beanspruchen. Der Gesetzgeber durfte deshalb den für eine sofortige Anwendung der Neuregelung sprechenden Gründen Vorrang vor dem Vertrauen der Pflegekinder in die Weitergeltung des alten Rechts einräumen.
Die Beklagte war danach für die Zeit ab 1. August 2003 zur Gewährung ungekürzter Hinterbliebenenrenten an die Kläger zu verurteilen. Soweit Ansprüche für die Zeit davor erhoben werden, waren die Revisionen der Kläger zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe:
I
Streitig ist, ob und ggf ab wann die Kläger Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung ungekürzter Hinterbliebenenrenten haben.
Der 1988 geborene Kläger zu 1) und die 1989 geborene Klägerin zu 2) sind die leiblichen Kinder, die Klägerin zu 3) ist die Ehefrau des am 19. März 1960 geborenen und am 25. November 1998 bei einem Wegeunfall tödlich verunglückten Versicherten Harald S. (S.). In der Familie leben außerdem seit dem 8. August 1995 die beiden im Revisionsverfahren beigeladenen Pflegekinder Galina (geboren 1986) und Anna (geboren 1988) W. , für die den Eheleuten S. vom Vormund der Kinder, dem Kreisjugendamt (KJ), Aufsicht, Betreuung, Erziehung und auch die Vermögenssorge für die alltäglichen Geldangelegenheiten auf Dauer übertragen worden waren. Für die Kinder, die vom KJ im Rahmen der Jugendhilfe unterhalten werden, wurde Pflege- und Kindergeld gewährt.
Die Beklagte gewährte mit Bescheiden vom 9. Juni 1999 der Klägerin zu 3) Witwenrente und allen vier Kindern Halbwaisenrenten. Da die Hinterbliebenenrenten zusammen den gesetzlich vorgegebenen Höchstbetrag von 80 vH des Jahresarbeitsverdienstes (JAV) des S. überstiegen, wurden sie nach § 70 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) gekürzt, und zwar bei der Witwe von 27.349,68 DM auf 18.233,12 DM und bei jeder Waise von 13.674,84 DM auf 9.116,56 DM jährlich. Die hiergegen erhobenen Widersprüche, mit denen sich die Kläger gegen die von ihnen als ungerecht empfundenen Kürzungen wandten, weil den Pflegekindern keine Waisenrentenansprüche zustünden, wurden zurückgewiesen (Widerspruchsbescheide vom 30. Juni 1999). Das Sozialgericht Würzburg (SG) hat die von den Klägern hiergegen erhobenen Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und abgewiesen (Urteil vom 25. Oktober 2001). Die Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) war erfolglos (Urteil vom 6. November 2002). Mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen bestehe kein Anspruch auf Gewährung ungekürzter Hinterbliebenenrenten. Den beiden Pflegekindern stünden neben den Klägern zu 1) und 2) als leiblichen Kindern Halbwaisenrenten zu; hierdurch sei der gesetzliche Höchstbetrag überschritten worden, so dass alle fünf Hinterbliebenenrenten entsprechend dem Verhältnis der Witwen- und Waisenrenten zueinander zu kürzen seien. Der Begriff der Pflegekinder sei im Sozialrecht einheitlich geprägt. Die Pflegekinder Anna und Galina hätten die hierfür geforderten Voraussetzungen zum für die Gewährung von Halbwaisenrente maßgeblichen Zeitpunkt des Todes des S. in vollem Umfang erfüllt, da von der Aufnahme in den Haushalt durch S. als Haushaltsvorstand an eine ideelle Dauerbeziehung wie zwischen leiblichen Eltern und ihren Kindern gegeben gewesen sei. Den Eheleuten S. habe neben der Personensorge faktisch durch Übertragung der Sorge für die alltäglichen Geldangelegenheiten der Kinder seitens des KJ auch die Vermögenssorge oblegen. Dass Pflegegeld für die Kinder vom Jugendamt gewährt worden sei, spiele keine Rolle. Da unter den Begriff "Waisen" in § 70 Abs 1 Satz 4 SGB VII auch Pflegekinder fielen, sei die Kürzung der Hinterbliebenenrenten zu Recht erfolgt. Letztlich entstehe auch kein finanzieller Nachteil, weil das Gesamteinkommen der fünfköpfigen Familie grundsätzlich gleich bleibe. Unabhängig davon sei das Familieneinkommen derzeit sogar höher, weil das Stadtjugendamt auf die Überleitung der Halbwaisenrenten für die Pflegekinder verzichtet habe, diese Leistungen also entgegen §§ 91, 93 Abs 5 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) nicht auf das Pflegegeld angerechnet würden. Die beabsichtigte Gesetzesänderung, in der ein Vorrang von Witwen und leiblichen Kindern gegenüber Pflegekindern zum Ausdruck kommen solle, habe keinen Einfluss auf die jetzige Rechtslage. Gegen diese bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf Art 6 des Grundgesetzes (GG); es sei allgemein anerkannt, dass zur "Familie" auch die Pflegekinder gehörten und auch die Pflegefamilie geschützt sei.
Mit ihrer - vom LSG zugelassenen - Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Die berufungsgerichtliche Entscheidung leide an einer ungenügenden Differenzierung im Bereich des Schutzes des Art 6 GG. Für die Ursprungsfamilie sei eine differenzierte Schutzintensität gegenüber dem Teil der hinzugekommenen Pflegefamilie gegeben, weil sie im Gegensatz zu diesem auf Dauer angelegt und rechtlich nicht lösbar sei, die Vertretung für die Pflegekinder überdies durch Einwirkungen des Vormundschaftsgerichts und des Leistungsträgers erheblich eingeschränkt sei; im vorliegenden Fall sei auch die rechtliche Vermögenssorge nicht übertragen worden und seien die Pflegekinder auch nicht von den Eheleuten S. , sondern durch das vom KJ gezahlte Pflegegeld unterhalten worden. Zudem sei die Familie seit dem Tode des S. nicht mehr auf Dauer angelegt gewesen, vielmehr nach einer anderweitigen Unterbringung der Pflegekinder gesucht worden. Bei einer Trennung des Pflegekindschafsverhältnisses wäre die Kürzung gleichwohl dauerhaft festgeschrieben, was auf eine mit dem Schutz des Art 6 GG nicht vereinbare Bestrafung der Ursprungsfamilie hinauslaufe. Da sich die Situation hinsichtlich der Anrechnung der Waisenrenten auf die Pflegegelder jeden Tag ändern könne, habe das LSG auch ihre wirtschaftliche Situation falsch beurteilt. Da andererseits das Pflegekind seine finanzielle Absicherung nicht in der Familie finde, sondern durch das Pflegegeld, und sich seine wirtschaftliche Lage durch den Tod eines Pflegeelternteils so nicht ändere, stelle die gesetzliche Regelung in der Auslegung der bisherigen Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen einen massiven Eingriff in den Familienschutz dar. Dementsprechend habe der von ihr auf dieses Problem angesprochene Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages eine nicht nachvollziehbare finanzielle Benachteiligung und Schlechterstellung des überlebenden Pflegeelternteils und seiner leiblichen Kinder festgestellt. Die bestehende Regelungslücke im Gesetz könne nur dahin geschlossen werden, dass eine Einschränkung der Rechtsposition der Ursprungsfamilie unterbleibe.
Die inzwischen aufgrund ihrer Petition erfolgte Änderung des § 70 Abs 1 Satz 4 SGB VII finde auf sie auch ohne entsprechende gesetzliche Überleitungsregelung Anwendung, weil sie als Korrektur des ursprünglichen Gesetzestextes und als Umsetzung der verfassungsschützenden Regelung der Kernfamilie gedacht sei und daher rückwirkenden Charakter habe, jedenfalls soweit es die Geltung ab In-Kraft-Treten für laufende Fälle betreffe.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 9. Juni 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 1999 sowie Aufhebung der Urteile des Sozialgerichts Würzburg vom 25. Oktober 2001 und des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. November 2002 zu verurteilen, den Klägern zu 1) und 2) ungekürzte Waisenrenten und der Klägerin zu 3) ungekürzte Witwenrente ab 1. März 1999 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Gesetzesänderung wirke sich mangels einer entsprechenden Überleitungsvorschrift auf den vorliegenden Fall nicht aus; auch aus § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) als reiner Verfahrensvorschrift sei nichts anderes zu entnehmen. Da sich eine rückwirkende Rechtsänderung für Pflegekinder, denen bereits bestandskräftig eine Rente zuerkannt worden sei, äußerst gravierend auswirken würde, sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber dies durch eine entsprechende Überleitungsvorschrift kenntlich gemacht hätte. Selbst bei gegenteiliger Ansicht wäre eine Rückwirkung auf den 1. August 2003 nicht möglich.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
II
Die Revisionen der Kläger sind insoweit begründet, als ihnen ein Anspruch auf Gewährung ungekürzter Hinterbliebenenrenten vom 1. August 2003 an zusteht. Im Übrigen sind sie unbegründet.
Im Streit ist allein die Höhe der den Klägern von der Beklagten gewährten Witwen- bzw Waisenrenten, soweit es die Kürzung dieser Leistungen nach § 70 Abs 1 SGB VII betrifft. Dass die Kläger Ansprüche auf Hinterbliebenenrenten dem Grunde nach haben, steht aufgrund der insoweit bestandskräftig gewordenen Bescheide bindend fest; dies gilt entsprechend auch für die übrigen Berechnungsgrundlagen, insbesondere die Höhe des JAV.
§ 70 Abs 1 Satz 1 SGB VII begrenzt den Gesamtbetrag der an Hinterbliebene zu erbringenden Rentenleistungen auf 80 vH des JAV. Sind mehrere Hinterbliebene vorhanden, deren Renten zusammen den Höchstbetrag überschreiten würden, werden die Ansprüche der Ehegatten und Kinder des Versicherten vorrangig befriedigt; die übrigen Angehörigen erhalten Leistungen nur, soweit Witwen und Witwer, frühere Ehegatten oder Waisen den Höchstbetrag nicht ausschöpfen (§ 70 Abs 1 Satz 4 SGB VII). Diese Regelung ist durch das Gesetz zur Änderung des SGB VII und des SGG vom 24. Juli 2003 (BGBl I 1526) modifiziert worden. Während bis dahin neben den leiblichen Kindern sowie den Stief- und Adoptivkindern des Versicherten auch Pflegekinder zum Kreis der bevorrechtigten Hinterbliebenen gehörten, bestimmt § 70 Abs 1 Satz 4 SGB VII nF nunmehr, dass Pflegekinder ebenso wie Verwandte der aufsteigenden Linie sowie Stief- oder Pflegeeltern Hinterbliebenenrente nur erhalten, soweit der Betrag von 80 vH des JAV durch Renten an die leiblichen Kinder, die Stief- und Adoptivkinder sowie die Ehegatten des Versicherten nicht erreicht wird.
Die Rechtsänderung ist am 1. August 2003 ohne Übergangsregelung in Kraft getreten (Art 10 Abs 1 des Gesetzes vom 24. Juli 2003). Für die Zeit bis zum 31. Juli 2003 bleibt es danach bei der alten Regelung, nach der leiblichen Kindern und Pflegekindern gleichberechtigt Ansprüche auf Hinterbliebenenrenten zustehen, die gemäß § 70 Abs 1 Satz 1 SGB VII bei Überschreiten des gesetzlichen Höchstbetrags nach dem Verhältnis ihrer Höhe gekürzt werden. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte die Hinterbliebenenrenten der Kläger zutreffend festgesetzt, denn den beiden beigeladenen Pflegekindern haben danach ebenfalls Rentenansprüche zugestanden.
Nach § 67 Abs 1 Nr 1 SGB VII erhalten Kinder von verstorbenen Versicherten eine Halbwaisenrente, wenn sie noch einen Elternteil haben. Dabei werden als Kinder auch berücksichtigt ua Pflegekinder, die in den Haushalt der Versicherten aufgenommen waren (Abs 2 Nr 1 aaO). Pflegekinder sind nach der Legaldefinition in § 56 Abs 2 Nr 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I), auf den § 67 Abs 1 Nr 1 SGB VII Bezug nimmt, Personen, die mit dem Berechtigten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind. Die Aufsichts- und Erziehungsrechte müssen demnach von den Pflegeeltern tatsächlich wahrgenommen werden; andererseits darf ein Obhuts- und Betreuungsverhältnis zu den leiblichen Eltern nicht (mehr) vorliegen (vgl BSGE 67, 211, 213 = SozR 3-1200 § 56 Nr 1 S 3); letzteres ist der Fall, wenn die Beziehung zwischen Eltern und Kind so geringfügig ist, dass nach dem äußeren Erscheinungsbild das eigene wie ein fremdes Kind behandelt wird und auch die materiellen Aufwendungen für das Kind im Wesentlichen nicht von den leiblichen Eltern erbracht werden (vgl BSG SozR 3-1200 § 56 Nr 3). Das Pflegeverhältnis ist iS des § 56 Abs 2 Nr 2 SGB I "auf längere Dauer" angelegt, wenn es für einen Zeitraum begründet wird, der für die körperliche und geistige Entwicklung des Pflegekindes erheblich ist; von der erforderlichen Dauerbindung kann nicht ausgegangen werden, wenn es von vornherein so geplant ist, dass es nur einen kürzeren Zeitraum dauern oder jederzeit aufgrund neuer Umstände beendet werden soll (vgl BSG Urteil vom 8. Oktober 1992 - 13 RJ 47/91).
Das LSG hat nach diesen Grundsätzen auf der Grundlage der von ihm bindend (§ 163 SGG) festgestellten Tatsachen rechtlich zutreffend angenommen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen eines Pflegekindschaftsverhältnisses im Hinblick auf beide Beigeladenen zum Zeitpunkt des Todes des S. erfüllt waren. Soweit die Kläger demgegenüber einwenden, die leiblichen Eltern lebten und es bestehe auch Kontakt zu ihnen, ist dies - abgesehen von der Unbeachtlichkeit eines gegenüber den Feststellungen im Berufungsurteil neuen Tatsachenvortrages im Revisionsverfahren - nicht geeignet, eine andere Beurteilung herbeizuführen, weil solche gelegentlichen Kontakte insoweit unschädlich sind (vgl BSG SozR 3-1200 § 56 Nr 3). Auch der Einwand der Kläger, die Vertretung für die Pflegekinder sei durch Einwirkungen des Vormundschaftsgerichts und des Leistungsträgers deutlich eingeschränkt und es bestehe entgegen der Darlegung des Berufungsgerichts keine "faktische Vermögenssorge", weil lediglich die Sorge für alltägliche Geldangelegenheiten delegiert worden sei, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn dieser Vortrag ist nicht geeignet, das insoweit maßgebliche Gesamtbild eines Obhuts- und Betreuungsverhältnisses wie zwischen Eltern und Kindern bzw das der Aufnahme in den Haushalt zum Wegfall zu bringen, da jedenfalls bei Kindern, die nicht über größere Vermögenswerte verfügen und bei denen auch keine sonstigen schwierigen vermögensrechtlichen Probleme vorliegen, wofür der hier festgestellte Sachverhalt keinen Anhaltspunkt bietet, diese Einschränkung für die maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse keine praktische Bedeutung hat. Schließlich führt auch der Vortrag der Kläger, vom Zeitpunkt des Todes des S. an sei die Restfamilie nicht mehr auf Dauer angelegt gewesen, zu keiner anderen Beurteilung. Abgesehen davon, dass dies als neuer Tatsachenvortrag im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden kann, würde dies angesichts des damals bereits verstrichenen erheblichen Zeitraums des Verhältnisses und des Umstandes, dass die Restfamilie auch zum jetzigen Zeitpunkt noch in derselben Zusammensetzung existiert, am maßgeblichen Gesamtbild nichts ändern.
Entgegen der Ansicht der Kläger sind auch Pflegekinder als "Waisen" iS des § 70 Abs 1 Satz 1 SGB VII anzusehen. Entscheidend ist der Umstand, dass sie gemäß § 67 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 2 Nr 1 SGB VII eine Waisenrente erhalten, da der Bezug einer solchen Leistung im Rahmen dieser Vorschrift den relevanten Anknüpfungspunkt darstellt; § 70 Abs 1 Satz 1 SGB VII bezeichnet den Bezieher einer solchen Leistung - leibliches Kind, Adoptiv-, Stief- oder Pflegekind - umfassend als Waise. Etwas anderes kann nicht daraus gefolgert werden, dass § 70 Abs 1 SGB VII in seiner neuen, durch das Gesetz vom 24. Juli 2003 geänderten Fassung den Begriff "Waise" in einem engeren, die Pflegekinder ausschließenden Sinne zu verwenden scheint. Denn die Beibehaltung des umfassenden Begriffs "Waise" anstelle der als Folge der Neuregelung an sich gebotenen Beschränkung auf Kinder, Stief- und Adoptivkinder beruht offensichtlich auf einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers, was sich daran zeigt, dass Pflegekinder auch unter der Geltung des neuen Rechts Waisen iS des § 67 SGB VII bleiben und dem Grunde nach weiterhin Anspruch auf Waisenrente haben.
Die Gleichbehandlung von leiblichen Kindern und Pflegekindern bei der Gewährung von Hinterbliebenenrenten, wie sie bis zum 31. Juli 2003 bestanden hat, beinhaltet entgegen der Ansicht der Kläger keinen Verstoß gegen den in Art 6 Abs 1 GG garantierten Schutz von Ehe und Familie. Unter "Familie" ist die aus Eltern und Kindern bestehende Gemeinschaft zu verstehen, wobei - worauf das LSG zutreffend hingewiesen hat - zu den Kindern auch Stief-, Adoptiv- und Pflegekinder gehören (vgl BVerfGE 18, 97, 105 f). Diese Gemeinschaft wird durch Art 6 Abs 1 GG geschützt, nicht einzelne Teile daraus. Eine solche Innendifferenzierung wäre nicht gerechtfertigt, weil die Familie bzw die Eltern darin selbst - unter Abwägung der möglichen Folgen - frei bestimmen können, ob über die "Kernfamilie" aus Eltern und leiblichen Kindern, von der die Kläger wohl ausgehen, weitere Mitglieder anderer Herkunft in die Familie aufgenommen werden sollen und dann auch deren Schutz genießen. Weder Adoptiv-, noch Stief- oder Pflegekinder können gegen deren Willen Teile der Gemeinschaft werden. Leibliche Kinder oder bereits in die Familie aufgenommene Mitglieder anderer Herkunft müssen sich insoweit die Entscheidung der Eltern - wie auch sonst im Rahmen der elterlichen Sorge - zurechnen lassen. Die so entstandene Gemeinschaft ist geschützt, ohne dass nunmehr eine verfassungsrechtlich bedingte Rangordnung ihrer Mitglieder bestünde. Die angegriffene rechtliche Regelung, mit der bestimmten Teilen der Familie auch ein Hinterbliebenenrentenanspruch - mit der Folge der Kürzung der Ansprüche der anderen - eingeräumt wird, richtet sich nicht gegen die so verstandene Gemeinschaft. Diese wird jedenfalls auch dann nicht benachteiligt, wenn die Einbeziehung von Pflegekindern zu einer Kürzung führt, solange sie Bestand hat und die Verhältnisse so wie im vorliegenden Fall gestaltet sind. § 70 Abs 1 Satz 1 SGB VII verhindert mit der Festlegung einer Obergrenze von 80 vH des JAV für alle Hinterbliebenenrenten zusammen lediglich eine wirtschaftliche Besserstellung der Familiengemeinschaft gegenüber den Verhältnissen zu Lebzeiten des verstorbenen Versicherten. Ob die Regelung, dass bei Ausscheiden eines Pflegekindes aus der Familiengemeinschaft sein Waisenrentenanspruch erhalten bleibt und so die zurückbleibende Restfamilie durch eine unverändert fortwirkende Kürzung benachteiligt wird, noch mit Art 6 Abs 1 GG vereinbar ist, muss nicht entschieden werden, weil eine solche Veränderung im vorliegenden Fall nicht eingetreten ist.
Den Klägern steht indes ein Anspruch auf Gewährung ungekürzter Hinterbliebenenrenten vom 1. August 2003 an zu. Denn die an diesem Tag in Kraft getretene Neuregelung, nach der Rentenansprüche der Pflegekinder nur noch nachrangig zu befriedigen sind, gilt im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten auch für Ansprüche, die vorher bereits entstanden waren.
Das Gesetz vom 24. Juli 2003 enthält allerdings keine Vorschrift, die dies ausdrücklich anordnet. Die Frage, wie sich eine Rechtsänderung auf bestehende Ansprüche und Rechte aus einem Dauerrechtsverhältnis auswirkt, wenn der Gesetzgeber keine Übergangsregelung getroffen hat, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Das Bundessozialgericht (BSG) ist in der Vergangenheit davon ausgegangen, dass Inhalt und Wirkung sozialrechtlicher Ansprüche in einem solchen Fall durch die Änderung nicht berührt werden, sondern sich weiterhin nach dem Recht beurteilen, das zur Zeit des anspruchsbegründenden Ereignisses oder Umstandes gegolten hat (BSGE 16, 177, 178 = SozR Nr 5 zu § 183 RVO; SozR Nr 1 zu § 9 der 7. BKVO; BSGE 44, 231, 232 = SozR 2200 § 1236 Nr 3; BSGE 45, 212, 214 = SozR 2200 § 182 Nr 29 S 50; SozR 2200 § 182 Nr 85 S 174; BSGE 58, 243, 244 = SozR 2200 § 182 Nr 98 S 205; BSGE 70, 31, 34 f = SozR 3-2500 § 48 Nr 1 S 4 f). Maßgeblich für die Entstehung und den Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche sei grundsätzlich das bei Eintritt des Versicherungsfalls geltende Recht, gegebenenfalls - bei wiederholt oder zeitversetzt entstehenden Ansprüchen - die Rechtslage im Zeitpunkt der Entstehung des jeweiligen Einzelanspruchs (BSGE 70, 31, 34 f = SozR 3-2500 § 48 Nr 1 S 4 f). Diese Betrachtungsweise soll unabhängig davon gelten, ob sich die Änderung der Rechtslage zu Gunsten oder zu Lasten des Betroffenen auswirkt (so schon BSGE 16, 177, 178 = SozR Nr 5 zu § 183 RVO).
Eine neuere, im Vordringen befindliche Auffassung betont demgegenüber den Gesichtspunkt der Sofortwirkung neuen Rechts und leitet daraus ab, dass eine Gesetzesänderung bestehende Rechte und Rechtsverhältnisse zwar in der Regel nicht rückwirkend verändert oder aufhebt, im Zweifel aber ab ihrem In-Kraft-Treten auch die bereits unter dem früheren Gesetz begründeten Rechte und Rechtsverhältnisse den neuen Regeln unterwerfen will (Kopp, Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts, SGb 1993, 593 mwN; BSG SozR 3-4100 § 141e Nr 3). Insbesondere neue Vorschriften, welche die Rechtsstellung des Betroffenen verbessern, sind danach unproblematisch mit ihrem In-Kraft-Treten auf das bestehende Rechtsverhältnis anzuwenden. Bei belastenden Eingriffen steht der Grundsatz der sofortigen Anwendung neuen Rechts allerdings unter dem Vorbehalt des verfassungsrechtlich im Rechtsstaatsprinzip verankerten Vertrauensschutzes. Der Gesetzgeber darf eine unter der Geltung des früheren Rechts erworbene Rechtsposition nur dann beseitigen oder wesentlich entwerten, wenn das hinter der Neuregelung stehende Gesetzesinteresse Vorrang vor dem Schutz bestehender Rechte beansprucht. Darin liegt nicht nur eine verfassungsrechtliche Schranke für den Gesetzgeber, der gegebenenfalls zur Schaffung angemessener Übergangs- und Überleitungsvorschriften gezwungen ist. Das Verbot, Vertrauen in den Fortbestand erworbener Rechtspositionen ohne rechtfertigenden Grund zu enttäuschen, muss auch bei der Auslegung und Anwendung des neuen Rechts, insbesondere bei der Bestimmung seines Anwendungsbereichs, berücksichtigt werden (Kopp, aaO S 597 f). Nach diesem differenzierenden Ansatz, dem der Senat folgt, hängt es letztlich vom Inhalt und Zweck der konkreten neuen Regelung ab, ob diese mit Wirkung für die Zukunft auch die bereits unter dem früheren Recht begründeten Ansprüche erfasst oder nicht.
Was die Änderung des § 70 Abs 1 SGB VII durch das Gesetz vom 24. Juli 2003 anbelangt, ist davon auszugehen, dass mit der Neuregelung jedenfalls für die Zukunft sicher gestellt werden sollte, dass eine Kürzung von Hinterbliebenenrentenansprüchen durch die Gewährung von Waisenrenten an Pflegekinder nicht mehr eintreten sollte. Dies ergibt sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte des Art 5 Nr 3 des Gesetzes vom 24. Juli 2003. Aus der Begründung zu diesem Gesetz (BT-Drucks 15/812) ist zu entnehmen, dass mit dieser Änderung eine Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages umgesetzt werden sollte, welcher der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung am 8. März 2001 zugestimmt hatte (BT-Drucks 14/5340-Sammelübersicht 245 Nr 1). Der Petitionsausschuss hatte sich mit dieser Frage aufgrund einer Petition der Klägerin zu 3) beschäftigt, die unter Darstellung des hier vorliegenden Sachverhalts darauf hingewiesen hatte, dass die Regelung des (nunmehr) alten Rechts in einem Fall wie dem ihren zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Benachteiligung von Familien mit Pflegekindern führe. Der Petitionsausschuss hatte in dem og Beschluss das Anliegen der Petentin nach einer dahingehenden Klarstellung des § 70 Abs 1 Satz 1 SGB VII, dass unter "Waisen" nur leibliche Kinder verstanden werden dürften, besonders deswegen befürwortet, weil die Rechtsfolge des § 70 Abs 1 Satz 1 SGB VII bei Vorhandensein leiblicher Kinder vor allem bei einem Wegzug der Pflegekinder aus dem Haushalt der Pflegefamilie zu einer nicht nachvollziehbaren finanziellen Benachteiligung und Schlechterstellung des überlebenden Elternteils und seiner leiblichen Kinder und damit zu einer finanziellen Bestrafung des zu Lebzeiten des verstorbenen Pflegeelternteils gezeigten sozialen Engagements führe. Daraus, dass der Gesetzgeber diesen Beschluss mit der Gesetzesänderung umsetzen wollte, muss entnommen werden, dass ihm die dafür vorgebrachten Gründe einsichtig erschienen und nunmehr eine Korrektur der bisherigen Regelung erfolgen sollte, um deren angenommenen negativen Folgen für die Zukunft zu beseitigen. Dass davon die bereits betroffenen Familien mit Pflegekindern in der Situation der Kläger ausgenommen werden sollten, kann nicht angenommen werden, zumal allein so dem Zweck der Verhinderung möglicher Benachteiligung durch die Neuregelung und der Verminderung der Bereitschaft zur Aufnahme von Pflegekindern durch Familien wegen solcher "schlechter Vorbilder" entsprochen werden konnte. Zudem käme es, wenn der Anwendungsbereich der Neuregelung auf zukünftig erst entstehende Ansprüche beschränkt bliebe, über einen langen Zeitraum zu einem Nebeneinander von altem und neuen Recht, verbunden mit einer andauernden Ungleichbehandlung der betroffenen Familien, die der Gesetzgeber im Zweifel schon im Interesse des Rechtsfriedens vermeiden wollte.
Verfassungsrechtliche Hindernisse stehen einer Einbeziehung der vor dem 1. August 2003 entstandenen Rentenansprüche in den Anwendungsbereich der Neuregelung nicht entgegen. Zwar wird die bisherige Rechtsposition der Pflegekinder durch die Änderung des § 70 Abs 1 Satz 4 SGB VII verschlechtert, weil sie Waisenrente nur noch erhalten, wenn der Höchstbetrag von 80 vH des JAV durch Renten an die bevorrechtigten Angehörigen nicht ausgeschöpft wird. Dieser Eingriff ist indessen gemessen an dem gesetzgeberischen Ziel der Beseitigung einer als untragbar empfundenen Benachteiligung des überlebenden Ehegatten und der leiblichen Kinder zumutbar. Insoweit ist von Bedeutung, dass der Rentenanspruch der Pflegekinder dem Grunde nach erhalten bleibt und nur der Zahlungsanspruch hinter den vorrangigen Anspruch der Witwe und der leiblichen Kinder zurücktritt.
Auch genießt der Anspruch auf Waisenrente als abgeleiteter, nicht auf eigener Leistung beruhender Anspruch keinen speziellen verfassungsrechtlichen Schutz. Allein das Vertrauen der betroffenen Pflegekinder in den Fortbestand des bisherigen Rechtszustandes hat indes kein solches Gewicht, dass dies die sofortige Inkraftsetzung der neuen Regelung verbieten würde. Wird das Pflegekindschaftsverhältnis nach dem Unfalltod des versicherten Elternteils mit der übrigen Familie fortgesetzt, entsteht dem Pflegekind durch die Minderung oder den Wegfall des Zahlungsanspruchs kein unmittelbarer wirtschaftlicher Nachteil, da sich das Familieneinkommen als Ganzes durch die Umstellung nicht verändert. Verlässt das Kind die Pflegefamilie, bleibt zwar trotz Verlustes des Pflegekindstatus der Anspruch auf Waisenrente erhalten, so dass bei Anwendung des alten Rechts weiterhin Leistungen im bisherigen Umfang gewährt würden (siehe dazu BSG, Urteil vom 14. Dezember 1966 - 12 RJ 358/65 = SozR Nr 1 zu § 1292 RVO). Der Rentenanspruch gleicht in einem solchen Fall aber nicht mehr entsprechend seiner Unterhaltsersatzfunktion einen durch den Tod des Versicherten eingetretenen wirtschaftlichen Verlust in Gestalt des Wegfalls des bisher geleisteten Betreuungsunterhaltes aus, sondern er beruht nunmehr allein darauf, dass der Gesetzgeber bei einmal entstandenen Waisenrentenansprüchen im Interesse der Verwaltungspraktikabilität auf eine Überprüfung der tatsächlichen Bedarfssituation verzichtet hat (BSG aaO). Bei dieser Sachlage kann das wirtschaftliche Interesse des Pflegekindes an der Fortzahlung der Waisenrente keinen besonderen Schutz beanspruchen. Der Gesetzgeber durfte deshalb den für eine sofortige Anwendung der Neuregelung sprechenden Gründen Vorrang vor dem Vertrauen der Pflegekinder in die Weitergeltung des alten Rechts einräumen.
Die Beklagte war danach für die Zeit ab 1. August 2003 zur Gewährung ungekürzter Hinterbliebenenrenten an die Kläger zu verurteilen. Soweit Ansprüche für die Zeit davor erhoben werden, waren die Revisionen der Kläger zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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