Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 20 R 276/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 1679/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14.03.2017 wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg abgeändert und die Beklagte unter weitergehender Aufhebung des Bescheids vom 17.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2012 verurteilt, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem Leistungsfall am 25.07.2013 ab dem 01.02.2014 bis zum 28.02.2020 zu gewähren. Im Übrigen wird die Anschlussberufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten im Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zusteht.
Der unter Betreuung stehende (Blatt 49 der Beklagtenakte), 1968 geborene Kläger, britischer Staatsangehöriger, der sich seit 12.11.1997 im Bundesgebiet aufhält, beantragte am 28.03.2012 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung (Blatt 5 der Beklagtenakte). Zuletzt bezog der Kläger Leistungen nach dem SGB II, das JobCenter hatte ihn zur Antragstellung aufgefordert (Blatt 27 der Beklagtenakte).
Die Beklagte berücksichtigte das Gutachten von Dr. M. vom 30.04.2008 aus dem Betreuungsverfahren sowie Angaben des Klägers und medizinische Berichte und Unterlagen (Blatt 101/113, 121, 123/125 der Beklagtenakte) und holte das Gutachten der Ärztin für Nervenheilkunde u.a. B. vom 15.08.2012 (Blatt 127/141 der Beklagtenakte) ein. Diese diagnostizierte eine Polytoxikomanie, derzeit Methadonsubstitution mit Canabis- und Benzodiazepinbeigebrauch, eine Agoraphobie mit Panikattacken, eine vorbefundliche Persönlichkeitsstörung, ein rezidivierendes LWS-Syndrom bei Bandscheibenvorfall L5/S1 sowie ein Asthma bronchiale (anamnestisch). Die Suchterkrankung stehe weiterhin im Vordergrund. Es gelte das Prinzip Reha vor Rente. Es könne davon ausgegangen werden, dass der Kläger nach Durchführung einer Langzeittherapie und Erreichen der Suchtmittelabstinenz eine körperlich mittelschwere Tätigkeit 6 Stunden und mehr an 5 Tagen pro Woche ausüben könne.
Mit Bescheid vom 17.08.2012 lehnte die Beklagte die Gewährung der beantragten Rente ab (Blatt 157/160 der Beklagtenakte). Die Einschränkungen, die sich aus den bestehenden Erkrankungen oder Behinderungen ergäben führten nicht zu einem Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Denn der Kläger könne noch mindestens 6 Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.
Hiergegen erhob der Kläger am 19.09.2012 Widerspruch (Blatt 167 der Beklagtenakte). Die nach Eintreten von Methadonabhängigkeit angestrengte stationäre Therapie sei gescheitert, da sie zu einer bedrohlichen Zunahme der Panikattacken sowie einer schweren depressiven Episode geführt habe (Blatt 181/185 der Beklagtenakte). Der Kläger legte den Befundbericht des Dr. S. , Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 18.10.2010 (Blatt 187/189 der Beklagtenakte) und den Bericht der Drogenberatung F. vom 01.07.2010 (Blatt 191/193 der Beklagtenakte) vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2012 (Blatt 207/215 der Beklagtenakte) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Der Kläger hat am 14.01.2013 beim Sozialgericht (SG) Freiburg Klage erhoben. Es bestehe ein schweres komplexes Krankheitsbild. Alle ambulanten und stationären Behandlungsversuche - außer der Methadonsubstitution - seien gescheitert. Die nach Eintreten von Methadonabhängigkeit angestrengte stationäre Therapie sei auch gescheitert, da sie zu einer bedrohlichen Zunahme der Panikattacken sowie einer schweren depressiven Episode geführt habe. Eine Heilung sei im Hinblick auf die bisher durchgeführten und ergebnislosen Heilungsversuche ausgeschlossen. Er sei nicht in der Lage, einer Erwerbstätigkeit von mindestens 3 Stunden täglich nachzugehen.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens beim Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. E ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 05.08.2013 (Blatt 32/40 der SG-Akte; Untersuchung des Klägers am 25.07.2013) ausgeführt, seitens des psychiatrischen Fachgebietes leide der Kläger unter einer Polytoxikomanie, möglicherweise zusätzlich unter einer depressiven Episode bei rezidivierender depressiver Störung, was aber erst bei Abstinenz sicher festgestellt werden könne. Die Polytoxikomanie könne nicht durch eine zumutbare Willensanspannung aus eigener Kraft sofort überwunden werden, sie könne jedoch durch eigene Willensentschlüsse in Verbindung mit dem Willensentschluss, sich einer Entwöhnungstherapie zu unterziehen, überwunden werden. Eine solche Therapie würde ca. ein halbes Jahr in Anspruch nehmen. Aktuell könne der Kläger bei der Substanzeinnahme und dem damit verbundenen depressiven Syndrom keine 6-stündigen Tätigkeiten durchführen. Bei Abstinenz seien 6-stündig einfache Tätigkeiten möglich.
Die Beklagte hat sich unter Vorlage der sozialmedizinischen Stellungnahme der Fachärztin für Psychosomatische Medizin Dr. D. vom 12.09.2013 gegen eine Rentengewährung gewandt. Die bereits im Verwaltungsverfahren empfohlene medizinische Sucht-Rehabilitation habe der Kläger nicht wahrgenommen. Die Beklagte legte auch den Bericht der Drogenhilfe F. vom 27.03.2014 sowie den Sozialbericht vom 20.08.2014 vor (Blatt 55, 68/74 der SG-Akte). Der Kläger sollte in das SURE-Programm der Beklagten bei der Drogenhilfe T. aufgenommen werden (Blatt 59 der SG-Akte), wozu der Kläger sich bereit erklärt hatte. Mit Schreiben vom 09.01.2015 (Blatt 77 der SG-Akte) lehnte die Beklagte die Teilnahme am SURE-Programm dann aber ab wegen fehlender Beikonsumfreiheit. Vielmehr komme eine allgemeine Entwöhnungsbehandlung in Betracht. Auch ein weiterer Versuch der Teilnahme am SURE-Programm scheiterte (vgl. Schreiben der Beklagten vom 11.09.2015, Schreiben des Klägers vom 08.09.2015, Blatt 91, 92 der SG-Akte).
Die Beklagte hat nunmehr die sozialmedizinische Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. N. vom 08.10.2015 (Blatt 95 der SG-Akte) vorgelegt, der ausführt, das bisherige Untersuchungsergebnis habe keinen Umstand erbracht, der gegen eine qualifizierte Entzugstherapie spräche.
Der behandelnde Nervenarzt Dr. S. hat sich mit Schreiben vom 24.11.2015 gegenüber dem SG geäußert (Blatt 96 der SG-Akte) und angegeben, der Kläger befinde sich bei ihm in regelmäßiger Psychotherapie. Motivation scheine zu bestehen.
Der Kläger hat sich weiterhin zu einer Entwöhnungsbehandlung bereit erklärt (Schreiben vom 25.11.2015, Blatt 97 der SG-Akte), woraufhin das SG die Drogenhilfe F. befragt hat. Diese (Dipl.Psych. K. ) hat mit Schreiben vom 08.01.2016 (Blatt 101/103 der SG-Akten) u.a. mitgeteilt, der Kläger reduziere momentan die Suchtmittel. Die psychotherapeutischen Maßnahmen müssten im Vordergrund stehen.
Während die Beklagte (Schreiben vom 11.02.2016, Blatt 105/106 der SG-Akte) unter Vorlage einer sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. N. vom 09.02.2016 an ihrem Standpunkt, der Kläger sei bei Abstinenz in der Lage, sechsstündig einfache Tätigkeiten auszuüben, festgehalten hat, hat der Kläger ausgeführt, selbst bei Durchführung des Suchtentzugs bestünden erhebliche Zweifel, dass anschließend eine Erwerbsfähigkeit von bis zu 3 Stunden erreicht werden könne. Auch die zu erwartenden Panikattacken stünden dem Suchtzentzug entgegen (Schreiben vom 25.04.2016, Blatt 109 der SG-Akte).
Das SG hat den Facharzt für Allgemeinmedizin, Suchtmedizin Dr. S. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat in seiner Antwort vom 12.12.2016 (Blatt 114/118 der SG-Akte) angegeben, beim Kläger bestehe keine Erwerbsfähigkeit. Der Kläger strebe ein Leben ohne Drogen an. Dieses Ziel sei aus seiner Sicht derzeit kaum realisierbar, weil der Kläger die Opiate quasi als Medikamente für seine schweren psychischen Erkrankungen benötige. Alle bisherigen Psychopharmaka hätten nicht annähernd die gleiche oder eine vergleichbare Wirkung gezeigt wie die verordneten Opiate in Kombination mit Lorazepam. Aus diesem Grund sei auch eine stationäre Entwöhnungsbehandlung und eine stationäre Rehabilitation nicht geeignet die Erwerbfähigkeit wieder herzustellen, da dies voraussetzen würde, dass es eine adäquate medikamentöse Alternative gäbe, was es nicht gebe.
Die Beklagte hat die sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. N. vom 04.01.2017 (Blatt 121 der SG-Akte) vorgelegt, der annimmt, der Kläger sei aufgrund der Effektivität der Opiate in der Behandlung seiner psychischen Erkrankung auch durchweg stabil, was gegen eine wesentliche sozialmedizinische Relevanz i. S. einer Minderung des Leistungsvermögens spreche. Mangels Anknüpfungstatsachen in Bezug auf die ärztliche Stellungnahme vom 12.12.2016 könne kein zweifelsfreier Beleg dafür gesehen werden, dass das quantitative Leistungsvermögen des Klägers eingeschränkt sei. Die Angaben des Hausarztes seien in sich widersprüchlich. Es bestehe nach wie vor eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit durch eine bezeichnete Suchterkrankung. Eine Indikation für ein psychosomatisches Heilverfahren könne nicht nachvollzogen werden. Nach den Ausführungen des ärztlichen Attestes vom 12.12.2016 sei nach wie vor die qualifizierte Entgiftung von Seiten der Benzodiazepine und ggf. eine Sucht-Rehabilitation als führend zu betrachten.
Mit Urteil vom 14.03.2017 hat das SG den Bescheid vom 17.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2012 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger "Rente wegen voller Erwerbsminderung bei teilweiser Erwerbsminderung und Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes ausgehend von einem Leistungsfall am 25.07.2013 ab dem 01.02.2014 befristet bis 28.02.2018 zu gewähren." Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Hinsichtlich des krankheitsbedingt reduzierten beruflichen Leistungsvermögens des Klägers stütze das Gericht seine Überzeugung auf das Gutachten von Prof. Dr. E. und den Eindruck, den es vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gewonnen habe. Dem Umfang des vom Gutachter danach geschätzten Leistungsvermögens des Klägers von unter sechs Stunden täglich schließe sich die Kammer ebenfalls an. Aus eigener Kraft sei es dem Kläger bisher nicht möglich gewesen, vollständig auf den Drogenkonsum bzw. auf die Medikamenteneinnahme zu verzichten. Dies bestätige auch der behandelnde Arzt S. , dem eine Umstellung der Medikamente bezüglich der zugrundeliegenden Angsterkrankung nicht gelungen sei. Da bisher keine entsprechende Therapiemaßnahme stattgefunden habe, sei das Leistungsvermögen des Klägers seit der Begutachtung durch Prof. Dr. E. unverändert. Hinsichtlich des Leistungsfalles stelle das Gericht auf den Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens von Prof. Dr E. ab. Erst zu diesem Zeitpunkt seien die eine länger anhaltende Leistungseinschränkung begründenden Befunde erhoben worden. Bezüglich des Leistungsvermögens des Klägers zwischen 3 und unter 6 Stunden gehe das Gericht in Übereinstimmung mit Prof. Dr. E. davon aus, dass mit einer Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers zu rechnen sei. Der Antritt einer Rehabilitationsmaßnahme sei bisher daran gescheitert, dass der Kläger aus eigener Kraft die dafür notwendigen Bedingungen nicht habe erfüllen können. Allerdings erscheine nicht unwahrscheinlich, dass im Rahmen einer stationären Behandlung und damit einhergehend einer Umstellung der angstlösenden Medikamente weg von den Benzodiazepinen die Möglichkeiten für eine Rehabilitation und einer Steigerung des Leistungsvermögens des Klägers geschaffen werden könnten. Die Kammer gehe daher davon aus, dass bei einer suffizienten stationären Therapie eine Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers und damit seiner Leistungsfähigkeit innerhalb eines Jahres möglich sei. Die Befristung der Rente sei auszusprechen, da die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Arbeitsmarktlage abhängig sei. Zudem gehe die Kammer davon aus, dass sich das Leistungsvermögen innerhalb eines Jahres verbessern könne, weshalb die Rente bis zum 28.02.2018 zu befristen sei. Der Rentenbeginn am 01.02.2014 bei einem Leistungsfall am 25.07.2013 folge aus § 101 Abs. l SGB VI.
Gegen das ihr am 29.03.2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte unter Vorlage der sozialmedizinischen Stellungnahme der Dr. D. vom 13.04.2017 (Blatt 6 der Senatsakte) am 27.04.2017 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Eine quantitative Leistungsminderung sei nicht nachgewiesen. Der Kläger sei auch zur Wahrnehmung der duldungspflichtigen Maßnahme einer stationären Entgiftung von Drogen und Benzodiazepinen in einem dafür qualifizierten psychiatrischen Krankenhaus fähig, da hier auch bei begleitenden Ängsten, ein strukturiert-therapeutisch-stützender Rahmen geboten werde. Fachpsychiatrische Gutachten hätten keinen Umstand erbracht, der gegen eine qualifizierte Entzugstherapie sprechen würde.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14.03.2017 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen, sowie die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und das Urteil des SG vom 14.03.2017 abzuändern und die Beklagte unter weitergehender Aufhebung des Bescheids vom 17.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2012 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem Leistungsfall am 25.07.2013 ab dem 01.02.2014 über den 28.02.2018 für weitere 3 Jahre hinaus zu gewähren.
Der Kläger ist der Berufung entgegengetreten. Er hat in der mündlichen Verhandlung bei seiner persönlichen Anhörung durch den Senat weitere Angaben gemacht, auch sein Betreuer hat sich geäußert und dargestellt, wie man sich um Möglichkeiten der Entziehung und Entwöhnung bemüht habe.
Die Sach- und Rechtslage ist mit den Beteiligten in einem nichtöffentlichen Termin am 04.08.2017 erörtert worden. Die dort angestellten Überlegungen, dem Kläger eine qualifizierte Entzugsbehandlung zu ermöglichen, haben die Beklagte dazu veranlasst, den Bericht der Drogenhilfe vom 16.05.2018 (Blatt 35 der Senatsakte) einzuholen.
Der Kläger hat mitgeteilt (Schreiben vom 30.07.2018, Blatt 36 der Senatsakte), er wolle weiterhin gerne die Entwöhnungsbehandlung durchführen. Diese werde er bei der Krankenversicherung beantragen.
Die Beklagte hat hierzu ausgeführt (Schreiben vom 23.05.2018 und 08.08.2018, Blatt 34, 38 der Senatsakte), nach der bisherigen Aktenlage könne nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, dass es sich bei der Bereiterklärung des Klägers, eine Entwöhnungsbehandlung durchzuführen, nicht um eine prozesstaktische Maßnahme handele, insbesondere da der Kläger zuvor bewilligte Entwöhnungsmaßnahmen nicht angetreten habe. Auch unter Bezugnahme auf den Inhalt des Schreibens vom 23.05.2018 sei derzeit fraglich, ob beim Kläger die notwendige Motivation für das erfolgreiche Durchführen der entsprechenden Maßnahmen vorliege. Auch erscheine es fraglich, ob die Durchführung entsprechender Maßnahmen zur Entscheidungsfindung erforderlich sei. Bisher sei vom Kläger jedenfalls kein zweifelsfreier Beleg erbracht, dass sein quantitatives Leistungsvermögen tatsächlich eingeschränkt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrages der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die unselbständige Anschlussberufung (§ 202 SGG i.V.m. § 524 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 ZPO) des Klägers ist zulässig, denn der Zulässigkeitsausschluss für den Ablauf der Frist zur Berufungserwiderung (§ 524 Abs. 2 S. 2 ZPO) ist auf das sozialgerichtliche Verfahren grundsätzlich nicht anwendbar (Leitherer in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. § 143 Rn. 5), zumal vorliegend der Zulässigkeitsausschluss auch nicht gelten würde, da mit der Anschlussberufung die Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen begehrt wird (§ 524 Abs. 2 S. 3 ZPO). Die Anschlussberufung ist auch teilweise begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 17.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.02.2014 bis zum 28.02.2020. Der Senat konnte feststellen, dass der Kläger nicht in der Lage ist, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt an 5 Tagen pro Woche (arbeitstäglich) 6 Stunden und mehr zu verrichten. Diese Erwerbsminderung kann jedoch beseitigt werden, wofür ein Zeitraum bis voraussichtlich 28.02.2020 benötigt wird. Daher ist das Urteil des SG vom 14.03.2017 abzuändern und der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 17.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2012 weitergehend als vom SG ausgesprochen aufzuheben.
Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
1.
Der Senat konnte mit dem SG feststellen, dass der Kläger nicht in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Beachtung qualitativer Leistungsbeschränkungen arbeitstäglich 6 Stunden und mehr auszuüben.
Der Senat konnte auf der Grundlage der vorliegenden Befundberichte und Angaben der behandelnden Ärzte sowie des Gutachtens von Prof. Dr. E. feststellen, dass beim Kläger eine Polytoxikomanie besteht. Diese besteht unstreitig jedenfalls in dem von der Beklagten mit der Berufung angegriffenen Zeitraum bis 28.02.2018, für den mit dem angegriffenen Urteil des SG befristete Rente gewährt worden ist. Diese Polytoxikomanie, mit Methadonsubstitution (bzw. Abhängigkeit) mit Canabis- und Benzodiazepinbeigebrauch, sowie eine Agoraphobie mit Panikattacken, eine vorbefundliche Persönlichkeitsstörung hatte die Gutachterin des Verwaltungsverfahren B. bereits diagnostiziert, ob, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hatte, jetzt keine Abhängigkeit außer von Methadon besteht, hält der Senat für fraglich; diese Angabe des Klägers ändert aber an der bestehenden Methadonabhängigkeit und dem daraus folgenden Leistungsvermögen nichts, denn die von den Gutachtern geforderte vollständige Abstinenz besteht nicht. Hinzu kommt beim Kläger ein rezidivierendes LWS-Syndrom bei Bandscheibenvorfall L5/S1 sowie ein Asthma bronchiale.
Prof. Dr. E. und die Gutachterin B. haben übereinstimmend ausgeführt, dass der Kläger erst nach Durchführung von Therapien und bei Erreichen von Abstinenz ein arbeitstägliches Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr erreichen wird. So hat die Gutachterin B. in der Epikrise ihres Gutachtens ausgeführt, dass davon ausgegangen werden könne, dass der Kläger nach Durchführung einer Langzeittherapie und Erreichen der Suchtmittelabstinenz eine körperlich mittelschwere Tätigkeit 6 Stunden und mehr an 5 Tagen pro Woche ausüben könne. Prof. Dr. E. hat in seinem Gutachten angegeben, die Polytoxikomanie könne nicht durch eine zumutbare Willensanspannung aus eigener Kraft sofort überwunden werden, sie könne jedoch durch eigene Willensentschlüsse in Verbindung mit dem Willensentschluss, sich einer Entwöhnungstherapie zu unterziehen, überwunden werden. Eine solche Therapie würde ca. ein halbes Jahr in Anspruch nehmen. Aktuell könne der Kläger bei der Substanzeinnahme und dem damit verbundenen depressiven Syndrom keine 6-stündigen Tätigkeiten durchführen. Erst bei Abstinenz seien 6-stündige, einfache Tätigkeiten möglich.
Der Senat konnte daher – bis zum erfolgreichen Abschluss der von den Gutachtern dargestellten Therapiemaßnahmen – feststellen, dass der Kläger leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur weniger als 6 Stunden arbeitstäglich verrichten kann.
Dieses auf unter 6 Stunden arbeitstäglich herabgesunkene Leistungsvermögen verkennt die Beklagte – auch deren sozialmedizinischer Stab – durchgehend; sie hat sich bisher auch nicht in der Lage gesehen, Argumente gegen ein auf unter 6 Stunden arbeitstäglich herabgesunkenes Leistungsvermögen zu benennen. Der Hinweis auf das Vorliegen einer stabilen Situation unter Substitution mit Methadon und gleichzeitiger Einnahme von Psychopharmaka verkennt, dass zwar die gesundheitliche Situation insoweit beruhigt ist, eine gesundheitlich stabile, also schwankungsarme bzw. schwankungsfreie gesundheitliche Situation aber nicht gleichzusetzen ist mit einem Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr an 5 Tagen pro Woche. Denn alle Gutachter haben gerade an der stabilen gesundheitlichen Situation angesetzt und ihrer Erwartung eines mindestens 6-stündigen Leistungsvermögens zusätzlich noch die Abstinenz nach Durchführung einer Langzeitbehandlung/Rehabilitation zugrunde gelegt. Selbst von ihrem Standpunkt aus hat die Beklagte nicht darlegen können, welche Tätigkeiten für den mit Methadon ruhig gestellten Kläger konkret in Betracht kommen. Dies wäre aber erforderlich gewesen, denn im vorliegenden Fall dürfte selbst bei der Annahme eines 6-stündigen Leistungsvermögens eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vorliegen, denn der Kläger ist durch die Einwirkungen der eingenommenen Substanzen (Methadon, Psychopharmaka und Cannabis, zuletzt wohl nur noch Methadon) in seiner Leistungsfähigkeit so weit beeinträchtigt, dass ihm ein weites Feld von Einsatzmöglichkeiten versperrt bleibt und berechtigte Zweifel daran bestehen, ob der Kläger – trotz Erwerbsvermögens für körperlich leichte Tätigkeiten im zeitlichen Umfang von mindestens 6 Stunden täglich – in einem Betrieb einsetzbar ist. Aber eine solche Verweisungstätigkeit hat die Beklagte nicht benannt; der Senat ist nicht verpflichtet, eine solche von Amts wegen zu suchen.
Der Senat stellt daher fest, dass das Leistungsvermögen des Klägers auch für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf unter 6 Stunden an 5 Tagen pro Woche herabgesunken ist.
Soweit die Beklagte im Anschluss an das Gutachten von Prof. Dr. E. annimmt, diese Leistungsminderung lasse sich innerhalb eines Zeitraumes von 6 Monaten wieder beseitigen, so knüpft sie offensichtlich an die Rechtsprechung des BSG und der LSG an (z.B. BSG 29.03.2006 – B 13 RJ 31/05 R – BSGE 96, 147-153; BSG 12.09.1990 – 5 RJ 88/89 – juris; LSG Baden-Württemberg 27.04.2016 – L 5 R 458/15 – juris; Bayerisches LSG 21.01.2015 – L 19 R 394/10 – juris; Bayerisches LSG 21.03.2012 – L 19 R 35/08 – juris). Danach kommt eine Rentengewährung erst dann in Betracht, wenn auch bei Rentenablehnung zu erwarten ist, dass die neurotischen Erscheinungen verschwinden bzw. erfolgversprechende therapeutische Maßnahmen nicht ausgeschöpft sind.
Das kann der Senat vorliegend nicht feststellen. Denn zunächst muss der Senat feststellen, dass solche Maßnahmen – in Betracht kommen vorliegend eine Entgiftung, ein Entzug sowie eine Entwöhnungsbehandlung – bislang nicht durchgeführt worden sind. Das liegt aber nicht alleine am Kläger, der sich nach Entgiftung bzw. Entwöhnung im SURE-Programm der Beklagten zur Verfügung gestellt hatte, dort aber wegen des bestehenden Beikonsums von Psychopharmaka neben Methadon nicht aufgenommen worden war; eine anderweitige erfolgversprechende Behandlung konnte der Kläger weder seitens der Krankenkasse erlangen noch konnte die Beklagte ihm diese konkret anbieten. Dies gilt auch für den mit der Anschlussberufung geltend gemachten Zeitraum nach dem 28.02.2018. Der Kläger hat bei seiner Anhörung durch den Senat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft vorgetragen, Antragsformulare zur Vorlage bei der Krankenversicherung ausgefüllt und abgegeben zu haben, eine Entzugsbehandlung sei aber bislang nicht bewilligt worden bzw. die Krankenkasse habe sich nicht mehr gemeldet. Dies hat der in der Senatssitzung ebenfalls anwesende Betreuer des Klägers bestätigt. Abgesehen davon haben die Drogenhilfe und der behandelnde Arzt eine Rehabilitation des Klägers als voraussichtlich erfolglos eingeschätzt. Auch konnte die Beklagte keine erfolgversprechende Maßnahme anbieten; vielmehr wurde mitgeteilt, Maßnahmen, die statt an der Methadonproblematik, an der Abhängigkeit von Psychopharmaka ansetzen, gäbe es in Baden-Württemberg nicht. Damit kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, sich nicht ausreichend um erfolgversprechende Therapieoptionen zu bemühen. Soweit die Beklagte auf prozesstaktisch motiviertes Verhalten bzw. nicht zweifelsfreie Motivation hinweist, sieht der Senat diese Vorwürfe nicht bestätigt. Vielmehr hat der Kläger die Teilnahme an Maßnahmen angeboten, doch genügen eine bloße Entgiftung und ein Entzug nicht, wenn diese von Maßnahmen der Beklagten nicht flankiert und gestützt bzw. fortgeführt werden. Den Kläger aber Maßnahmen beginnen zu lassen, die die Beklagte nicht fortzuführen in der Lage oder Willens ist, ist unzumutbar.
Damit konnte der Senat nicht feststellen, dass dem Kläger bisher zumutbare erfolgversprechende Therapieoptionen offenstanden, sodass es ihm nicht gelungen ist und auch – ohne Angebot einzelfallausgerichteter Rehabilitationsleistungen seitens der Beklagten - nicht gelingen konnte, die bereits eingetretene Minderung der Erwerbsfähigkeit innerhalb des von Prof. Dr. E. angegebenen Zeitrahmens wieder zu beseitigen. Nachdem aber bisher solche Therapiemaßnahmen weder durchgeführt worden sind noch erfolgversprechend waren, war der Kläger bisher nicht in der Lage, die eingetretene Erwerbsminderung zu beseitigen, sodass die genannte Rechtsprechung der vorliegenden Entscheidung nicht entgegensteht.
Der Senat konnte aber auch nicht mit der für den Vollbeweis erforderlichen Überzeugung feststellen, dass das Leistungsvermögen des Klägers auf weniger als 3 Stunden arbeitstäglich herabgesunken ist. Insoweit schließt sich der Senat nach eigener Prüfung der Beweiswürdigung des SG an.
Der Senat kann mit Prof. Dr. E. und der Gutachterin B. feststellen, dass das Erreichen der Suchtmittelabstinenz nach Durchführung einer Langzeittherapie nicht unwahrscheinlich ist. Mit Erreichen der Abstinenz wird mit Prof. Dr. E. und der Gutachterin B. aber die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben sein, sodass vorliegend die Gewährung einer Rente als Dauerrente i.S.d. § 102 Abs. 2 5 SGB VI nicht – auch nicht im Hinblick auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung - in Betracht kommt. Vielmehr beträgt das Leistungsvermögen des Klägers weniger als 6 und mehr als 3 Stunden, sodass dem Kläger bei noch immer vom BSG angenommener Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes an Stelle einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit zu gewähren ist.
Zutreffend hat das SG festgestellt, dass erstmals bei Untersuchung des Klägers durch Prof. Dr. E. am 25.07.2013 die Tatsachen, die die Annahme der Leistungsminderung auf unter 6 Stunden arbeitstäglich rechtfertigen, objektiviert festgestellt werden konnten. Insoweit hat das SG zutreffend angenommen, dass die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.02.2014 zu gewähren und im Hinblick auf die damals zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch bestehende Erwartung einer Rehabilitation – auch unter Mitwirkung der Beklagten – zu befristen war. Rechtsfehler hierbei konnte der Senat nicht erkennen.
Damit konnte der Senat feststellen, dass der Kläger erwerbsgemindert ist und ihm auf seinen Antrag vom 28.03.2012 (zur Aufforderung durch das JobCenter vgl. Senatsurteil vom 24.08.2018 – L 8 R 1814/18 – juris RdNr. 43) für die Zeit vom 01.02.2014 bis zum 28.02.2018 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren ist. Die Berufung der Beklagten ist daher in vollem Umfang unbegründet.
2.
Hinsichtlich der Anschlussberufung des Klägers ist der Senat davon ausgegangen, dass eine leistungsmindernde Suchtmittelabhängigkeit nach wie vor besteht. Zwar hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, er habe den Drogenbeikonsum (Cannabis- und Benzodiazepingebrauch) aus eigener Kraft aufgegeben, er pflege nur noch die Methadonsubstitution. Durch ein ärztliches Attest oder einen medizinischen Untersuchungsbefund ist diese Behauptung jedoch nicht belegt, was für den Senat jedoch dahinstehen kann. Denn die Methadonabhängigkeit besteht fort und die maßgebende Leistungsbeeinträchtigung kann nach der Beurteilung aller begutachtenden Ärzte nur durch eine völlige Suchtmittelabstinenz nach Durchführung einer Langzeittherapie überwunden werden. Die quantitative Leistungseinschränkung beruht vornehmlich auf der Ruhigstellung des Klägers durch Methadon, so dass auch dann, wenn die Angaben des Klägers zur Teilabstinenz zutreffen sollten, von einer fortbestehenden relevanten Leistungseinschränkung im oben dargelegten Sinne – eine Leistungsminderung auf unter 6 Stunden täglich oder auch eine schwere spezifische Leistungseinschränkung – auszugehen ist
Mit Erreichen der (Voll-)Abstinenz wird mit Prof. Dr. E. und der Gutachterin B. aber die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben sein, sodass vorliegend die Gewährung einer Rente als Dauerrente i.S.d. § 102 Abs. 2 5 SGB VI nicht in Betracht kommt; weder hinsichtlich einer vollen noch einer teilweisen Rente wegen Erwerbsminderung ist mithin eine Behebung der Minderung der Erwerbsfähigkeit unwahrscheinlich. Vielmehr beträgt das Leistungsvermögen des Klägers weniger als 6 und mehr als 3 Stunden, sodass dem Kläger bei noch immer vom BSG angenommener Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes ausgehend von dem Leistungsfall am 25.07.2013 an Stelle einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit ab dem 01.02.2014 zu gewähren ist.
Da der Senat bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zwar die Beseitigung der Erwerbsminderung nicht für unwahrscheinlich erkennt und mit Prof. Dr. E. die Maßnahme ca. ein halbes Jahr dauert, zusätzlich noch die Vorbereitungszeiten der Beklagten bzw. des Klägers (z.B. durch Entgiftung bzw. Entzugsmaßnahmen) hinzuzurechnen sind, ist die Rente über die vom SG vorgenommene Befristung hinaus bis zum 28.02.2020, mithin dem doppelten Regelbefristungszeitraum, zu befristen (Befristung insgesamt dann ca. 6 Jahre). Eine längere Befristung bis Februar 2021, wie vom Kläger beantragt, hat der Senat als nicht gerechtfertigt beurteilt. Gesichtspunkte, die eine mehrmonatige Abweichung von der vom Gesetzgeber vorgegebenen Regelbefristung begründen könnten, hat der Kläger weder vorgetragen noch sind solche für den Senat ersichtlich.
Damit konnte der Senat feststellen, dass der Kläger erwerbsgemindert ist und ihm auf seinen Antrag vom 28.03.2012 (zur Aufforderung durch das JobCenter vgl. Senatsurteil vom 24.08.2018 – L 8 R 1814/18 – juris RdNr. 43) für die Zeit vom 01.02.2014 bis zum 28.02.2020 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren ist.
3.
Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen; auf die Anschlussberufung des Klägers war das Urteil des SG sowie der angefochtene Bescheid und Widerspruchsbescheid abzuändern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Kläger ist mit seiner Anschlussberufung zwar nur zum Teil erfolgreich gewesen, jedoch hat er sich gegen die Berufung der Beklagten ohne Einschränkung erfolgreich verteidigen können, so dass der Senat im Rahmen seines Ermessens (vgl. Schmidt in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 193, Rn. 12.ff) angesichts des auch nur geringen Unterliegens des Klägers von einer Kostenquotelung der ihm zu erstattenden außergerichtlichen Kosten abgesehen hat.
Der Senat hat im Rahmen seines Ermessens von der Androhung und Auferlegung von Kosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG gegenüber der Beklagten abgesehen. Denn deren schriftliches Prozessieren im Berufungsverfahren dürfte missbräuchlich sein. Die Beklagte hat ihrer Berufung nur den Zustand nach Erreichung der Abstinenz zugrundegelegt, der aber auch nach den eigenen Gutachten nicht vorliegt und bis zu dem auch nach den eigenen Gutachten Erwerbsminderung vorliegt.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg abgeändert und die Beklagte unter weitergehender Aufhebung des Bescheids vom 17.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2012 verurteilt, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem Leistungsfall am 25.07.2013 ab dem 01.02.2014 bis zum 28.02.2020 zu gewähren. Im Übrigen wird die Anschlussberufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten im Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zusteht.
Der unter Betreuung stehende (Blatt 49 der Beklagtenakte), 1968 geborene Kläger, britischer Staatsangehöriger, der sich seit 12.11.1997 im Bundesgebiet aufhält, beantragte am 28.03.2012 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung (Blatt 5 der Beklagtenakte). Zuletzt bezog der Kläger Leistungen nach dem SGB II, das JobCenter hatte ihn zur Antragstellung aufgefordert (Blatt 27 der Beklagtenakte).
Die Beklagte berücksichtigte das Gutachten von Dr. M. vom 30.04.2008 aus dem Betreuungsverfahren sowie Angaben des Klägers und medizinische Berichte und Unterlagen (Blatt 101/113, 121, 123/125 der Beklagtenakte) und holte das Gutachten der Ärztin für Nervenheilkunde u.a. B. vom 15.08.2012 (Blatt 127/141 der Beklagtenakte) ein. Diese diagnostizierte eine Polytoxikomanie, derzeit Methadonsubstitution mit Canabis- und Benzodiazepinbeigebrauch, eine Agoraphobie mit Panikattacken, eine vorbefundliche Persönlichkeitsstörung, ein rezidivierendes LWS-Syndrom bei Bandscheibenvorfall L5/S1 sowie ein Asthma bronchiale (anamnestisch). Die Suchterkrankung stehe weiterhin im Vordergrund. Es gelte das Prinzip Reha vor Rente. Es könne davon ausgegangen werden, dass der Kläger nach Durchführung einer Langzeittherapie und Erreichen der Suchtmittelabstinenz eine körperlich mittelschwere Tätigkeit 6 Stunden und mehr an 5 Tagen pro Woche ausüben könne.
Mit Bescheid vom 17.08.2012 lehnte die Beklagte die Gewährung der beantragten Rente ab (Blatt 157/160 der Beklagtenakte). Die Einschränkungen, die sich aus den bestehenden Erkrankungen oder Behinderungen ergäben führten nicht zu einem Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Denn der Kläger könne noch mindestens 6 Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.
Hiergegen erhob der Kläger am 19.09.2012 Widerspruch (Blatt 167 der Beklagtenakte). Die nach Eintreten von Methadonabhängigkeit angestrengte stationäre Therapie sei gescheitert, da sie zu einer bedrohlichen Zunahme der Panikattacken sowie einer schweren depressiven Episode geführt habe (Blatt 181/185 der Beklagtenakte). Der Kläger legte den Befundbericht des Dr. S. , Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 18.10.2010 (Blatt 187/189 der Beklagtenakte) und den Bericht der Drogenberatung F. vom 01.07.2010 (Blatt 191/193 der Beklagtenakte) vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2012 (Blatt 207/215 der Beklagtenakte) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Der Kläger hat am 14.01.2013 beim Sozialgericht (SG) Freiburg Klage erhoben. Es bestehe ein schweres komplexes Krankheitsbild. Alle ambulanten und stationären Behandlungsversuche - außer der Methadonsubstitution - seien gescheitert. Die nach Eintreten von Methadonabhängigkeit angestrengte stationäre Therapie sei auch gescheitert, da sie zu einer bedrohlichen Zunahme der Panikattacken sowie einer schweren depressiven Episode geführt habe. Eine Heilung sei im Hinblick auf die bisher durchgeführten und ergebnislosen Heilungsversuche ausgeschlossen. Er sei nicht in der Lage, einer Erwerbstätigkeit von mindestens 3 Stunden täglich nachzugehen.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens beim Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. E ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 05.08.2013 (Blatt 32/40 der SG-Akte; Untersuchung des Klägers am 25.07.2013) ausgeführt, seitens des psychiatrischen Fachgebietes leide der Kläger unter einer Polytoxikomanie, möglicherweise zusätzlich unter einer depressiven Episode bei rezidivierender depressiver Störung, was aber erst bei Abstinenz sicher festgestellt werden könne. Die Polytoxikomanie könne nicht durch eine zumutbare Willensanspannung aus eigener Kraft sofort überwunden werden, sie könne jedoch durch eigene Willensentschlüsse in Verbindung mit dem Willensentschluss, sich einer Entwöhnungstherapie zu unterziehen, überwunden werden. Eine solche Therapie würde ca. ein halbes Jahr in Anspruch nehmen. Aktuell könne der Kläger bei der Substanzeinnahme und dem damit verbundenen depressiven Syndrom keine 6-stündigen Tätigkeiten durchführen. Bei Abstinenz seien 6-stündig einfache Tätigkeiten möglich.
Die Beklagte hat sich unter Vorlage der sozialmedizinischen Stellungnahme der Fachärztin für Psychosomatische Medizin Dr. D. vom 12.09.2013 gegen eine Rentengewährung gewandt. Die bereits im Verwaltungsverfahren empfohlene medizinische Sucht-Rehabilitation habe der Kläger nicht wahrgenommen. Die Beklagte legte auch den Bericht der Drogenhilfe F. vom 27.03.2014 sowie den Sozialbericht vom 20.08.2014 vor (Blatt 55, 68/74 der SG-Akte). Der Kläger sollte in das SURE-Programm der Beklagten bei der Drogenhilfe T. aufgenommen werden (Blatt 59 der SG-Akte), wozu der Kläger sich bereit erklärt hatte. Mit Schreiben vom 09.01.2015 (Blatt 77 der SG-Akte) lehnte die Beklagte die Teilnahme am SURE-Programm dann aber ab wegen fehlender Beikonsumfreiheit. Vielmehr komme eine allgemeine Entwöhnungsbehandlung in Betracht. Auch ein weiterer Versuch der Teilnahme am SURE-Programm scheiterte (vgl. Schreiben der Beklagten vom 11.09.2015, Schreiben des Klägers vom 08.09.2015, Blatt 91, 92 der SG-Akte).
Die Beklagte hat nunmehr die sozialmedizinische Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. N. vom 08.10.2015 (Blatt 95 der SG-Akte) vorgelegt, der ausführt, das bisherige Untersuchungsergebnis habe keinen Umstand erbracht, der gegen eine qualifizierte Entzugstherapie spräche.
Der behandelnde Nervenarzt Dr. S. hat sich mit Schreiben vom 24.11.2015 gegenüber dem SG geäußert (Blatt 96 der SG-Akte) und angegeben, der Kläger befinde sich bei ihm in regelmäßiger Psychotherapie. Motivation scheine zu bestehen.
Der Kläger hat sich weiterhin zu einer Entwöhnungsbehandlung bereit erklärt (Schreiben vom 25.11.2015, Blatt 97 der SG-Akte), woraufhin das SG die Drogenhilfe F. befragt hat. Diese (Dipl.Psych. K. ) hat mit Schreiben vom 08.01.2016 (Blatt 101/103 der SG-Akten) u.a. mitgeteilt, der Kläger reduziere momentan die Suchtmittel. Die psychotherapeutischen Maßnahmen müssten im Vordergrund stehen.
Während die Beklagte (Schreiben vom 11.02.2016, Blatt 105/106 der SG-Akte) unter Vorlage einer sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. N. vom 09.02.2016 an ihrem Standpunkt, der Kläger sei bei Abstinenz in der Lage, sechsstündig einfache Tätigkeiten auszuüben, festgehalten hat, hat der Kläger ausgeführt, selbst bei Durchführung des Suchtentzugs bestünden erhebliche Zweifel, dass anschließend eine Erwerbsfähigkeit von bis zu 3 Stunden erreicht werden könne. Auch die zu erwartenden Panikattacken stünden dem Suchtzentzug entgegen (Schreiben vom 25.04.2016, Blatt 109 der SG-Akte).
Das SG hat den Facharzt für Allgemeinmedizin, Suchtmedizin Dr. S. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat in seiner Antwort vom 12.12.2016 (Blatt 114/118 der SG-Akte) angegeben, beim Kläger bestehe keine Erwerbsfähigkeit. Der Kläger strebe ein Leben ohne Drogen an. Dieses Ziel sei aus seiner Sicht derzeit kaum realisierbar, weil der Kläger die Opiate quasi als Medikamente für seine schweren psychischen Erkrankungen benötige. Alle bisherigen Psychopharmaka hätten nicht annähernd die gleiche oder eine vergleichbare Wirkung gezeigt wie die verordneten Opiate in Kombination mit Lorazepam. Aus diesem Grund sei auch eine stationäre Entwöhnungsbehandlung und eine stationäre Rehabilitation nicht geeignet die Erwerbfähigkeit wieder herzustellen, da dies voraussetzen würde, dass es eine adäquate medikamentöse Alternative gäbe, was es nicht gebe.
Die Beklagte hat die sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. N. vom 04.01.2017 (Blatt 121 der SG-Akte) vorgelegt, der annimmt, der Kläger sei aufgrund der Effektivität der Opiate in der Behandlung seiner psychischen Erkrankung auch durchweg stabil, was gegen eine wesentliche sozialmedizinische Relevanz i. S. einer Minderung des Leistungsvermögens spreche. Mangels Anknüpfungstatsachen in Bezug auf die ärztliche Stellungnahme vom 12.12.2016 könne kein zweifelsfreier Beleg dafür gesehen werden, dass das quantitative Leistungsvermögen des Klägers eingeschränkt sei. Die Angaben des Hausarztes seien in sich widersprüchlich. Es bestehe nach wie vor eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit durch eine bezeichnete Suchterkrankung. Eine Indikation für ein psychosomatisches Heilverfahren könne nicht nachvollzogen werden. Nach den Ausführungen des ärztlichen Attestes vom 12.12.2016 sei nach wie vor die qualifizierte Entgiftung von Seiten der Benzodiazepine und ggf. eine Sucht-Rehabilitation als führend zu betrachten.
Mit Urteil vom 14.03.2017 hat das SG den Bescheid vom 17.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2012 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger "Rente wegen voller Erwerbsminderung bei teilweiser Erwerbsminderung und Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes ausgehend von einem Leistungsfall am 25.07.2013 ab dem 01.02.2014 befristet bis 28.02.2018 zu gewähren." Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Hinsichtlich des krankheitsbedingt reduzierten beruflichen Leistungsvermögens des Klägers stütze das Gericht seine Überzeugung auf das Gutachten von Prof. Dr. E. und den Eindruck, den es vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gewonnen habe. Dem Umfang des vom Gutachter danach geschätzten Leistungsvermögens des Klägers von unter sechs Stunden täglich schließe sich die Kammer ebenfalls an. Aus eigener Kraft sei es dem Kläger bisher nicht möglich gewesen, vollständig auf den Drogenkonsum bzw. auf die Medikamenteneinnahme zu verzichten. Dies bestätige auch der behandelnde Arzt S. , dem eine Umstellung der Medikamente bezüglich der zugrundeliegenden Angsterkrankung nicht gelungen sei. Da bisher keine entsprechende Therapiemaßnahme stattgefunden habe, sei das Leistungsvermögen des Klägers seit der Begutachtung durch Prof. Dr. E. unverändert. Hinsichtlich des Leistungsfalles stelle das Gericht auf den Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens von Prof. Dr E. ab. Erst zu diesem Zeitpunkt seien die eine länger anhaltende Leistungseinschränkung begründenden Befunde erhoben worden. Bezüglich des Leistungsvermögens des Klägers zwischen 3 und unter 6 Stunden gehe das Gericht in Übereinstimmung mit Prof. Dr. E. davon aus, dass mit einer Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers zu rechnen sei. Der Antritt einer Rehabilitationsmaßnahme sei bisher daran gescheitert, dass der Kläger aus eigener Kraft die dafür notwendigen Bedingungen nicht habe erfüllen können. Allerdings erscheine nicht unwahrscheinlich, dass im Rahmen einer stationären Behandlung und damit einhergehend einer Umstellung der angstlösenden Medikamente weg von den Benzodiazepinen die Möglichkeiten für eine Rehabilitation und einer Steigerung des Leistungsvermögens des Klägers geschaffen werden könnten. Die Kammer gehe daher davon aus, dass bei einer suffizienten stationären Therapie eine Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers und damit seiner Leistungsfähigkeit innerhalb eines Jahres möglich sei. Die Befristung der Rente sei auszusprechen, da die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Arbeitsmarktlage abhängig sei. Zudem gehe die Kammer davon aus, dass sich das Leistungsvermögen innerhalb eines Jahres verbessern könne, weshalb die Rente bis zum 28.02.2018 zu befristen sei. Der Rentenbeginn am 01.02.2014 bei einem Leistungsfall am 25.07.2013 folge aus § 101 Abs. l SGB VI.
Gegen das ihr am 29.03.2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte unter Vorlage der sozialmedizinischen Stellungnahme der Dr. D. vom 13.04.2017 (Blatt 6 der Senatsakte) am 27.04.2017 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Eine quantitative Leistungsminderung sei nicht nachgewiesen. Der Kläger sei auch zur Wahrnehmung der duldungspflichtigen Maßnahme einer stationären Entgiftung von Drogen und Benzodiazepinen in einem dafür qualifizierten psychiatrischen Krankenhaus fähig, da hier auch bei begleitenden Ängsten, ein strukturiert-therapeutisch-stützender Rahmen geboten werde. Fachpsychiatrische Gutachten hätten keinen Umstand erbracht, der gegen eine qualifizierte Entzugstherapie sprechen würde.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14.03.2017 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen, sowie die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und das Urteil des SG vom 14.03.2017 abzuändern und die Beklagte unter weitergehender Aufhebung des Bescheids vom 17.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2012 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem Leistungsfall am 25.07.2013 ab dem 01.02.2014 über den 28.02.2018 für weitere 3 Jahre hinaus zu gewähren.
Der Kläger ist der Berufung entgegengetreten. Er hat in der mündlichen Verhandlung bei seiner persönlichen Anhörung durch den Senat weitere Angaben gemacht, auch sein Betreuer hat sich geäußert und dargestellt, wie man sich um Möglichkeiten der Entziehung und Entwöhnung bemüht habe.
Die Sach- und Rechtslage ist mit den Beteiligten in einem nichtöffentlichen Termin am 04.08.2017 erörtert worden. Die dort angestellten Überlegungen, dem Kläger eine qualifizierte Entzugsbehandlung zu ermöglichen, haben die Beklagte dazu veranlasst, den Bericht der Drogenhilfe vom 16.05.2018 (Blatt 35 der Senatsakte) einzuholen.
Der Kläger hat mitgeteilt (Schreiben vom 30.07.2018, Blatt 36 der Senatsakte), er wolle weiterhin gerne die Entwöhnungsbehandlung durchführen. Diese werde er bei der Krankenversicherung beantragen.
Die Beklagte hat hierzu ausgeführt (Schreiben vom 23.05.2018 und 08.08.2018, Blatt 34, 38 der Senatsakte), nach der bisherigen Aktenlage könne nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, dass es sich bei der Bereiterklärung des Klägers, eine Entwöhnungsbehandlung durchzuführen, nicht um eine prozesstaktische Maßnahme handele, insbesondere da der Kläger zuvor bewilligte Entwöhnungsmaßnahmen nicht angetreten habe. Auch unter Bezugnahme auf den Inhalt des Schreibens vom 23.05.2018 sei derzeit fraglich, ob beim Kläger die notwendige Motivation für das erfolgreiche Durchführen der entsprechenden Maßnahmen vorliege. Auch erscheine es fraglich, ob die Durchführung entsprechender Maßnahmen zur Entscheidungsfindung erforderlich sei. Bisher sei vom Kläger jedenfalls kein zweifelsfreier Beleg erbracht, dass sein quantitatives Leistungsvermögen tatsächlich eingeschränkt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrages der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die unselbständige Anschlussberufung (§ 202 SGG i.V.m. § 524 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 ZPO) des Klägers ist zulässig, denn der Zulässigkeitsausschluss für den Ablauf der Frist zur Berufungserwiderung (§ 524 Abs. 2 S. 2 ZPO) ist auf das sozialgerichtliche Verfahren grundsätzlich nicht anwendbar (Leitherer in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. § 143 Rn. 5), zumal vorliegend der Zulässigkeitsausschluss auch nicht gelten würde, da mit der Anschlussberufung die Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen begehrt wird (§ 524 Abs. 2 S. 3 ZPO). Die Anschlussberufung ist auch teilweise begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 17.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.02.2014 bis zum 28.02.2020. Der Senat konnte feststellen, dass der Kläger nicht in der Lage ist, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt an 5 Tagen pro Woche (arbeitstäglich) 6 Stunden und mehr zu verrichten. Diese Erwerbsminderung kann jedoch beseitigt werden, wofür ein Zeitraum bis voraussichtlich 28.02.2020 benötigt wird. Daher ist das Urteil des SG vom 14.03.2017 abzuändern und der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 17.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2012 weitergehend als vom SG ausgesprochen aufzuheben.
Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
1.
Der Senat konnte mit dem SG feststellen, dass der Kläger nicht in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Beachtung qualitativer Leistungsbeschränkungen arbeitstäglich 6 Stunden und mehr auszuüben.
Der Senat konnte auf der Grundlage der vorliegenden Befundberichte und Angaben der behandelnden Ärzte sowie des Gutachtens von Prof. Dr. E. feststellen, dass beim Kläger eine Polytoxikomanie besteht. Diese besteht unstreitig jedenfalls in dem von der Beklagten mit der Berufung angegriffenen Zeitraum bis 28.02.2018, für den mit dem angegriffenen Urteil des SG befristete Rente gewährt worden ist. Diese Polytoxikomanie, mit Methadonsubstitution (bzw. Abhängigkeit) mit Canabis- und Benzodiazepinbeigebrauch, sowie eine Agoraphobie mit Panikattacken, eine vorbefundliche Persönlichkeitsstörung hatte die Gutachterin des Verwaltungsverfahren B. bereits diagnostiziert, ob, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hatte, jetzt keine Abhängigkeit außer von Methadon besteht, hält der Senat für fraglich; diese Angabe des Klägers ändert aber an der bestehenden Methadonabhängigkeit und dem daraus folgenden Leistungsvermögen nichts, denn die von den Gutachtern geforderte vollständige Abstinenz besteht nicht. Hinzu kommt beim Kläger ein rezidivierendes LWS-Syndrom bei Bandscheibenvorfall L5/S1 sowie ein Asthma bronchiale.
Prof. Dr. E. und die Gutachterin B. haben übereinstimmend ausgeführt, dass der Kläger erst nach Durchführung von Therapien und bei Erreichen von Abstinenz ein arbeitstägliches Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr erreichen wird. So hat die Gutachterin B. in der Epikrise ihres Gutachtens ausgeführt, dass davon ausgegangen werden könne, dass der Kläger nach Durchführung einer Langzeittherapie und Erreichen der Suchtmittelabstinenz eine körperlich mittelschwere Tätigkeit 6 Stunden und mehr an 5 Tagen pro Woche ausüben könne. Prof. Dr. E. hat in seinem Gutachten angegeben, die Polytoxikomanie könne nicht durch eine zumutbare Willensanspannung aus eigener Kraft sofort überwunden werden, sie könne jedoch durch eigene Willensentschlüsse in Verbindung mit dem Willensentschluss, sich einer Entwöhnungstherapie zu unterziehen, überwunden werden. Eine solche Therapie würde ca. ein halbes Jahr in Anspruch nehmen. Aktuell könne der Kläger bei der Substanzeinnahme und dem damit verbundenen depressiven Syndrom keine 6-stündigen Tätigkeiten durchführen. Erst bei Abstinenz seien 6-stündige, einfache Tätigkeiten möglich.
Der Senat konnte daher – bis zum erfolgreichen Abschluss der von den Gutachtern dargestellten Therapiemaßnahmen – feststellen, dass der Kläger leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur weniger als 6 Stunden arbeitstäglich verrichten kann.
Dieses auf unter 6 Stunden arbeitstäglich herabgesunkene Leistungsvermögen verkennt die Beklagte – auch deren sozialmedizinischer Stab – durchgehend; sie hat sich bisher auch nicht in der Lage gesehen, Argumente gegen ein auf unter 6 Stunden arbeitstäglich herabgesunkenes Leistungsvermögen zu benennen. Der Hinweis auf das Vorliegen einer stabilen Situation unter Substitution mit Methadon und gleichzeitiger Einnahme von Psychopharmaka verkennt, dass zwar die gesundheitliche Situation insoweit beruhigt ist, eine gesundheitlich stabile, also schwankungsarme bzw. schwankungsfreie gesundheitliche Situation aber nicht gleichzusetzen ist mit einem Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr an 5 Tagen pro Woche. Denn alle Gutachter haben gerade an der stabilen gesundheitlichen Situation angesetzt und ihrer Erwartung eines mindestens 6-stündigen Leistungsvermögens zusätzlich noch die Abstinenz nach Durchführung einer Langzeitbehandlung/Rehabilitation zugrunde gelegt. Selbst von ihrem Standpunkt aus hat die Beklagte nicht darlegen können, welche Tätigkeiten für den mit Methadon ruhig gestellten Kläger konkret in Betracht kommen. Dies wäre aber erforderlich gewesen, denn im vorliegenden Fall dürfte selbst bei der Annahme eines 6-stündigen Leistungsvermögens eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vorliegen, denn der Kläger ist durch die Einwirkungen der eingenommenen Substanzen (Methadon, Psychopharmaka und Cannabis, zuletzt wohl nur noch Methadon) in seiner Leistungsfähigkeit so weit beeinträchtigt, dass ihm ein weites Feld von Einsatzmöglichkeiten versperrt bleibt und berechtigte Zweifel daran bestehen, ob der Kläger – trotz Erwerbsvermögens für körperlich leichte Tätigkeiten im zeitlichen Umfang von mindestens 6 Stunden täglich – in einem Betrieb einsetzbar ist. Aber eine solche Verweisungstätigkeit hat die Beklagte nicht benannt; der Senat ist nicht verpflichtet, eine solche von Amts wegen zu suchen.
Der Senat stellt daher fest, dass das Leistungsvermögen des Klägers auch für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf unter 6 Stunden an 5 Tagen pro Woche herabgesunken ist.
Soweit die Beklagte im Anschluss an das Gutachten von Prof. Dr. E. annimmt, diese Leistungsminderung lasse sich innerhalb eines Zeitraumes von 6 Monaten wieder beseitigen, so knüpft sie offensichtlich an die Rechtsprechung des BSG und der LSG an (z.B. BSG 29.03.2006 – B 13 RJ 31/05 R – BSGE 96, 147-153; BSG 12.09.1990 – 5 RJ 88/89 – juris; LSG Baden-Württemberg 27.04.2016 – L 5 R 458/15 – juris; Bayerisches LSG 21.01.2015 – L 19 R 394/10 – juris; Bayerisches LSG 21.03.2012 – L 19 R 35/08 – juris). Danach kommt eine Rentengewährung erst dann in Betracht, wenn auch bei Rentenablehnung zu erwarten ist, dass die neurotischen Erscheinungen verschwinden bzw. erfolgversprechende therapeutische Maßnahmen nicht ausgeschöpft sind.
Das kann der Senat vorliegend nicht feststellen. Denn zunächst muss der Senat feststellen, dass solche Maßnahmen – in Betracht kommen vorliegend eine Entgiftung, ein Entzug sowie eine Entwöhnungsbehandlung – bislang nicht durchgeführt worden sind. Das liegt aber nicht alleine am Kläger, der sich nach Entgiftung bzw. Entwöhnung im SURE-Programm der Beklagten zur Verfügung gestellt hatte, dort aber wegen des bestehenden Beikonsums von Psychopharmaka neben Methadon nicht aufgenommen worden war; eine anderweitige erfolgversprechende Behandlung konnte der Kläger weder seitens der Krankenkasse erlangen noch konnte die Beklagte ihm diese konkret anbieten. Dies gilt auch für den mit der Anschlussberufung geltend gemachten Zeitraum nach dem 28.02.2018. Der Kläger hat bei seiner Anhörung durch den Senat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft vorgetragen, Antragsformulare zur Vorlage bei der Krankenversicherung ausgefüllt und abgegeben zu haben, eine Entzugsbehandlung sei aber bislang nicht bewilligt worden bzw. die Krankenkasse habe sich nicht mehr gemeldet. Dies hat der in der Senatssitzung ebenfalls anwesende Betreuer des Klägers bestätigt. Abgesehen davon haben die Drogenhilfe und der behandelnde Arzt eine Rehabilitation des Klägers als voraussichtlich erfolglos eingeschätzt. Auch konnte die Beklagte keine erfolgversprechende Maßnahme anbieten; vielmehr wurde mitgeteilt, Maßnahmen, die statt an der Methadonproblematik, an der Abhängigkeit von Psychopharmaka ansetzen, gäbe es in Baden-Württemberg nicht. Damit kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, sich nicht ausreichend um erfolgversprechende Therapieoptionen zu bemühen. Soweit die Beklagte auf prozesstaktisch motiviertes Verhalten bzw. nicht zweifelsfreie Motivation hinweist, sieht der Senat diese Vorwürfe nicht bestätigt. Vielmehr hat der Kläger die Teilnahme an Maßnahmen angeboten, doch genügen eine bloße Entgiftung und ein Entzug nicht, wenn diese von Maßnahmen der Beklagten nicht flankiert und gestützt bzw. fortgeführt werden. Den Kläger aber Maßnahmen beginnen zu lassen, die die Beklagte nicht fortzuführen in der Lage oder Willens ist, ist unzumutbar.
Damit konnte der Senat nicht feststellen, dass dem Kläger bisher zumutbare erfolgversprechende Therapieoptionen offenstanden, sodass es ihm nicht gelungen ist und auch – ohne Angebot einzelfallausgerichteter Rehabilitationsleistungen seitens der Beklagten - nicht gelingen konnte, die bereits eingetretene Minderung der Erwerbsfähigkeit innerhalb des von Prof. Dr. E. angegebenen Zeitrahmens wieder zu beseitigen. Nachdem aber bisher solche Therapiemaßnahmen weder durchgeführt worden sind noch erfolgversprechend waren, war der Kläger bisher nicht in der Lage, die eingetretene Erwerbsminderung zu beseitigen, sodass die genannte Rechtsprechung der vorliegenden Entscheidung nicht entgegensteht.
Der Senat konnte aber auch nicht mit der für den Vollbeweis erforderlichen Überzeugung feststellen, dass das Leistungsvermögen des Klägers auf weniger als 3 Stunden arbeitstäglich herabgesunken ist. Insoweit schließt sich der Senat nach eigener Prüfung der Beweiswürdigung des SG an.
Der Senat kann mit Prof. Dr. E. und der Gutachterin B. feststellen, dass das Erreichen der Suchtmittelabstinenz nach Durchführung einer Langzeittherapie nicht unwahrscheinlich ist. Mit Erreichen der Abstinenz wird mit Prof. Dr. E. und der Gutachterin B. aber die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben sein, sodass vorliegend die Gewährung einer Rente als Dauerrente i.S.d. § 102 Abs. 2 5 SGB VI nicht – auch nicht im Hinblick auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung - in Betracht kommt. Vielmehr beträgt das Leistungsvermögen des Klägers weniger als 6 und mehr als 3 Stunden, sodass dem Kläger bei noch immer vom BSG angenommener Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes an Stelle einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit zu gewähren ist.
Zutreffend hat das SG festgestellt, dass erstmals bei Untersuchung des Klägers durch Prof. Dr. E. am 25.07.2013 die Tatsachen, die die Annahme der Leistungsminderung auf unter 6 Stunden arbeitstäglich rechtfertigen, objektiviert festgestellt werden konnten. Insoweit hat das SG zutreffend angenommen, dass die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.02.2014 zu gewähren und im Hinblick auf die damals zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch bestehende Erwartung einer Rehabilitation – auch unter Mitwirkung der Beklagten – zu befristen war. Rechtsfehler hierbei konnte der Senat nicht erkennen.
Damit konnte der Senat feststellen, dass der Kläger erwerbsgemindert ist und ihm auf seinen Antrag vom 28.03.2012 (zur Aufforderung durch das JobCenter vgl. Senatsurteil vom 24.08.2018 – L 8 R 1814/18 – juris RdNr. 43) für die Zeit vom 01.02.2014 bis zum 28.02.2018 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren ist. Die Berufung der Beklagten ist daher in vollem Umfang unbegründet.
2.
Hinsichtlich der Anschlussberufung des Klägers ist der Senat davon ausgegangen, dass eine leistungsmindernde Suchtmittelabhängigkeit nach wie vor besteht. Zwar hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, er habe den Drogenbeikonsum (Cannabis- und Benzodiazepingebrauch) aus eigener Kraft aufgegeben, er pflege nur noch die Methadonsubstitution. Durch ein ärztliches Attest oder einen medizinischen Untersuchungsbefund ist diese Behauptung jedoch nicht belegt, was für den Senat jedoch dahinstehen kann. Denn die Methadonabhängigkeit besteht fort und die maßgebende Leistungsbeeinträchtigung kann nach der Beurteilung aller begutachtenden Ärzte nur durch eine völlige Suchtmittelabstinenz nach Durchführung einer Langzeittherapie überwunden werden. Die quantitative Leistungseinschränkung beruht vornehmlich auf der Ruhigstellung des Klägers durch Methadon, so dass auch dann, wenn die Angaben des Klägers zur Teilabstinenz zutreffen sollten, von einer fortbestehenden relevanten Leistungseinschränkung im oben dargelegten Sinne – eine Leistungsminderung auf unter 6 Stunden täglich oder auch eine schwere spezifische Leistungseinschränkung – auszugehen ist
Mit Erreichen der (Voll-)Abstinenz wird mit Prof. Dr. E. und der Gutachterin B. aber die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben sein, sodass vorliegend die Gewährung einer Rente als Dauerrente i.S.d. § 102 Abs. 2 5 SGB VI nicht in Betracht kommt; weder hinsichtlich einer vollen noch einer teilweisen Rente wegen Erwerbsminderung ist mithin eine Behebung der Minderung der Erwerbsfähigkeit unwahrscheinlich. Vielmehr beträgt das Leistungsvermögen des Klägers weniger als 6 und mehr als 3 Stunden, sodass dem Kläger bei noch immer vom BSG angenommener Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes ausgehend von dem Leistungsfall am 25.07.2013 an Stelle einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit ab dem 01.02.2014 zu gewähren ist.
Da der Senat bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zwar die Beseitigung der Erwerbsminderung nicht für unwahrscheinlich erkennt und mit Prof. Dr. E. die Maßnahme ca. ein halbes Jahr dauert, zusätzlich noch die Vorbereitungszeiten der Beklagten bzw. des Klägers (z.B. durch Entgiftung bzw. Entzugsmaßnahmen) hinzuzurechnen sind, ist die Rente über die vom SG vorgenommene Befristung hinaus bis zum 28.02.2020, mithin dem doppelten Regelbefristungszeitraum, zu befristen (Befristung insgesamt dann ca. 6 Jahre). Eine längere Befristung bis Februar 2021, wie vom Kläger beantragt, hat der Senat als nicht gerechtfertigt beurteilt. Gesichtspunkte, die eine mehrmonatige Abweichung von der vom Gesetzgeber vorgegebenen Regelbefristung begründen könnten, hat der Kläger weder vorgetragen noch sind solche für den Senat ersichtlich.
Damit konnte der Senat feststellen, dass der Kläger erwerbsgemindert ist und ihm auf seinen Antrag vom 28.03.2012 (zur Aufforderung durch das JobCenter vgl. Senatsurteil vom 24.08.2018 – L 8 R 1814/18 – juris RdNr. 43) für die Zeit vom 01.02.2014 bis zum 28.02.2020 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren ist.
3.
Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen; auf die Anschlussberufung des Klägers war das Urteil des SG sowie der angefochtene Bescheid und Widerspruchsbescheid abzuändern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Kläger ist mit seiner Anschlussberufung zwar nur zum Teil erfolgreich gewesen, jedoch hat er sich gegen die Berufung der Beklagten ohne Einschränkung erfolgreich verteidigen können, so dass der Senat im Rahmen seines Ermessens (vgl. Schmidt in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 193, Rn. 12.ff) angesichts des auch nur geringen Unterliegens des Klägers von einer Kostenquotelung der ihm zu erstattenden außergerichtlichen Kosten abgesehen hat.
Der Senat hat im Rahmen seines Ermessens von der Androhung und Auferlegung von Kosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG gegenüber der Beklagten abgesehen. Denn deren schriftliches Prozessieren im Berufungsverfahren dürfte missbräuchlich sein. Die Beklagte hat ihrer Berufung nur den Zustand nach Erreichung der Abstinenz zugrundegelegt, der aber auch nach den eigenen Gutachten nicht vorliegt und bis zu dem auch nach den eigenen Gutachten Erwerbsminderung vorliegt.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved