Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 U 131/94
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 17 U 410/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 18.09.1996 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Versicherte an einer Berufskrankheit (BK) nach Nr 3101 bzw Nr 1303 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) verstorben ist und deshalb Hinterbliebenenleistungen zu gewähren sind.
Der.1935 geborene und am 22.05.1989 verstorbene Versicherte N. K. war gelernter Dachdecker und arbeitete in diesem Beruf vom 01.01.1950 bis zu seiner Erkrankung am 16.01.1989, zuletzt ab 05.05.1971 bei der Fa. B. (S.). Er war vor allem mit dem Abdichten von Flachdächern (Aufbringung der Wärmeisolierung und Verlegung der Folien), insbesondere Klebearbeiten beschäftigt. Bei der Renovierung des P. in A. war er im November 1988 an sieben Tagen vor allem mit dem Auswechseln von Dachschalungen sowie Reparaturarbeiten, auch Entfernen von vermodertem Holz aus dem Dachstuhl befasst. Auf die vorhandene Dachhaut legte er zusammen mit Arbeitskollegen neue Schweißbahnen auf. Er verstarb an Herz-Kreislaufversagen mit der Diagnose: Aspergillus(Schimmelpilz)-pneumonie mit Sepsis, Leukozytopenie bei Knochenmarkshypoplasie (Befundberichte der Med. Universitätsklinik W. vom 09.08.1989 und des Kreiskrankenhauses E. vom 03.05.1989 sowie Obduktionsbericht des Pathologischen Instituts der Universität W. vom 22.05.1989). Zuvor war er vom 16.01. bis 20.01.1989, vom 01.02. bis 10.02.1989 sowie ab 24.04.1989 arbeitsunfähig erkrankt gewesen.
Die Klägerin, die Ehefrau des Versicherten, stellte am 21.08.1989 Antrag auf Witwenrente. Sie führte den Tod ihres Ehemannes auf eine Schimmelpilzinfektion zurück, die er sich im P. in A. zugezogen habe.
Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte Auskünfte der Fa. B. vom 22.09.1989 und ihres Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 11.01.1990/02.08.1990 bei. Danach war der Versicherte vom 08.11. bis 11.11.1988 und am 22., 25. sowie am 30.11.1988 bei der Restaurierung des mehr als 100 Jahre alten P. in A. zum Abdichten des Dachbelags durch Verlegung neuer Schweißbahnen eingesetzt. Der Gewerbearzt Dr.K. nahm in seiner Stellungnahme vom 22.06.1990/24.10.1990 eine erhöhte Schimmelpilzexposition bei Dachdeckern nicht an und führte die Entstehung der Krankheit auf ein nicht berufsbedingtes Immundefizit zurück.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.01.1991 die Anerkennung einer BK nach Nr 3101 der Anlage zur BKV sowie die Gewährung von Sterbegeld und Hinterbliebenenrente ab. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen beruflicher Tätigkeit und Erkrankung bzw. Tod sei nicht wahrscheinlich, da der Versicherte keiner erhöhten Schimmelpilzexposition ausgesetzt gewesen sei.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, die bei ihrem Ehemann nachgewiesene Leukopenie, die auf die berufliche Tätigkeit (Umgang mit Teerpappen, Benzolgemischen, Bitumenstoffen, Vergießungs- und Dichtungsmittel, Holzschutzmittel) zurückzuführen gewesen sei, habe zu einer Immunschwäche geführt, die die Voraussetzung für die tödliche Schimmelpilzinfektion gebildet habe.
Die Beklagte holte Auskünfte der AOK Aschaffenburg vom 16.10.1991, Fa. B. vom 25.10.1991/21.04.1992, Fa. I. vom 27.02.1992, Fa. P. vom 11.03.1992, Befundberichte des Dr.F. vom 31.01.1992, des prakt.Arztes R. vom 21.07.1992/05.04.1993, sowie des TAD vom 15.03.1993 über die Verwendung von Benzol ein. Der Gewerbearzt Dr.M. verneinte in seiner Stellungnahme vom 20.08.1992 das Vorliegen einer BK nach Nr 1303 der Anlage zur BKV (Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol).
Die Beklagte veranlasste Gutachten des Prof.Dr.M. vom 15.12.1993 sowie des Prof. Dr.L. vom 17.03.1994. Prof. Dr.M. hielt die beim Verstorbenen vorhandene Knochenmarkschädigung für die wesentliche Ursache der Infektion mit Schimmelpilzen. Die Knochenmarkschädigung sei vermutlich auf einen vorausgegangenen Virusinfekt zurückzuführen. Prof. Dr.L. führte aus, die Leukopenie und Knochenmarkshypoplasie könnten als BK nicht anerkannt werden, weil eine Benzolexposition nicht nachgewiesen sei. Auch könne die Leukopenie durch das seit 1988 für den Versicherten verschriebene Medikament Allopurinol verursacht worden sein. Die Beklagte wies daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 25.04.1994 den Widerspruch zurück.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Würzburg (SG) hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verpflichten, eine BK nach Nr 3101 der Anlage zur BKV anzuerkennen und Hinterbliebenenleistungen zu gewähren. Das SG hat einen Befundbericht des Arztes R. vom 21.02.1995 über die Einnahme von Allopurinol beigezogen, die Zeugen A. W. , W. S. , D. B. , M. H. uneidlich einvernommen und eine Ortsbesichtigung des P. vorgenommen. Es hat ein Gutachten des Prof. Dr.med. Diplom-Chemiker T. vom 11.06.1996 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, eine BK Nr 1303 der Anlage zur BKV habe beim Verstorbenen nicht mit Wahrscheinlichkeit vorgelegen. Das Vorliegen einer BK nach Nr 3101 sei bei synoptischer Würdigung der Krankheitsvorgeschichte und Arbeitsanamnese sowie des Krankheitsbildes dann zu bejahen, wenn eine erhöhte berufliche Exposition gegenüber Sporen des Schimmelpilzes insbesondere im Zeitraum März / April 1989 vorgelegen habe. Die Beklagte hat eine weitere Stellungnahme ihres TAD vom 16.09.1996 vorgelegt, worin dieser u.a. darauf hinweist, dass der Verstorbene im Zeitraum März / April 1989 nicht mehr am P. eingesetzt gewesen sei. Er habe in dieser Zeit sowohl auf Flach- als auch auf Steildächern gearbeitet und sei einer Infektion durch Schimmelpilze nicht ausgesetzt gewesen.
Das SG hat mit Urteil vom 18.09.1996 die Beklagte verpflichtet, eine BK Nr 3101 der Anlage zur BKV anzuerkennen und Hinterbliebenenleistungen zu gewähren. Es hat ausgeführt, die Dachkonstruktion des P. sei in erheblichem Maße von Schimmelpilz befallen gewesen und der Versicherte sei bei der Öffnung des Daches zugegen gewesen. Durch die Sanierung des Dachstuhls sei zwar der sichere Nachweis des Schimmelpilzbefalls nicht mehr zu führen, die noch vorhandenen Indizien sprächen jedoch dafür. Bei der Inaugenscheinnahme durch das Gericht am 19.06.1995 hätten sich die Beteiligten davon überzeugen können, dass der erhebliche Schimmelpilzbefall im Obergeschoss des P. von der Decke her gekommen sei und nach unten hin abgenommen habe. Auch der TAD der Beklagten habe in seiner Stellungnahme vom 16.09.1996 bestätigt, dass die Unterkonstruktion des Daches durch Wassereintritt erheblich angefault und nicht mehr tragfähig gewesen sei. Daraus ergebe sich zwingend der Schluss, dass die Dachkonstruktion in erheblichem Maße von Schimmelpilzen befallen gewesen sei. Der ursächliche Zusammenhang zwischen der Tätigkeit und der Erkrankung sei daher gegeben. Das SG hat sich im Übrigen dem Gutachten des Prof. Dr.T. angeschlossen und für entscheidend gehalten, dass der Verstorbene zum Zeitpunkt seiner Tätigkeit am P. bereits an einer Knochenmarkschädigung mit der Folge einer Abwehrschwäche gelitten habe. Diese Abwehrschwäche sei verantwortlich gewesen, dass die Pilzinfektion letztlich tödlich verlaufen sei. Dabei spiele es keine Rolle, ob die Knochenmarkschädigung eine berufliche oder nicht berufliche Ursache gehabt habe.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 19.12.1996 Berufung eingelegt. Sie hat vorgetragen, der Verstorbene gehöre nicht zum geschützten Personenkreis der BK Nr 3101. Auch sei er bei seiner Tätigkeit als Dachdecker nicht in besonders hohem Maße einer Infektion ausgesetzt gewesen. Eine besonders hohe Belastung durch Aspergillussporen im P. sei nicht nachgewiesen. Eine quantitative Bestimmung von Schimmelpilzsporen in der Luft sei nicht erfolgt. Zudem seien diese Sporen ubiquitär anzutreffen. Auch die vom SG einvernommenen Zeugen hätten nicht bestätigen können, dass der Verstorbene nach November 1988 Restaurierungsarbeiten am P. durchgeführt habe. Im maßgeblichen Inkubationszeitraum von März bis April 1989 sei er nicht unmittelbar Schimmelpilzsporen ausgesetzt gewesen.
Am 18.12.1996 hat die Klägerin ebenfalls Berufung eingelegt und das Vorliegen einer BK nach Nr 1303 der Anlage zur BKV - Erkrankung durch Benzol, seine Homologe oder Styrol - geltend gemacht (Schriftsatz vom 17.01.1997).
Der Senat hat Auskünfte der Stadt A. vom 10.12.1997 und des Staatl. Hochbauamtes A. vom 08.01.1998, die medizinischen Unterlagen der Medizinischen Universitätsklinik W. und des Krankenhauses E. sowie die einschlägigen Röntgen- und CT-Aufnahmen beigezogen und ein Gutachten des Prof. Dr.W. vom 21.08.1998/04.01.1999/15.11.2000 eingeholt. Dieser hat die Auffassung vertreten, die Ende April 1989 aufgetretene Aspergilluspneumonie lasse einen Zusammenhang mit einer möglichen Infektion im November 1988 nicht erkennen. Die Inkubationszeit für diese Erkrankung betrage lediglich vier bis fünf Tage. Eine Einwirkung von Benzol habe schon sicherheitstechnisch nicht bestätigt werden können. Die Klägerin hat sich gegen die Verwertung des Gutachtens des Prof. Dr.W. mit der Begründung gewandt, dieser habe das Gutachten durch seinen Oberarzt Dr.S. erstellen lasse. Prof. Dr.W. habe das Gutachten lediglich -ohne den Zusatz, dass er mit dem Gutachten einverstanden sei - unterschrieben. Prof. Dr.W. hat in seiner Stellungnahme vom 04.01.1999 die persönliche Verantwortung für das erstellte Gutachten übernommen.
Der letzte Arbeitgeber, die Fa. B. , hat mit Schreiben vom 15.01.2001 eine Tätigkeit des Versicherten im P. nach dem 30.11.1988 unter Vorlage verschiedener Stundenzettel ausgeschlossen. Die Klägerin hat des Weiteren vorgetragen, der Versicherte sei während seiner gesamten Dachdeckertätigkeit, also über Jahrzehnte hinweg, krebsverursachenden Teerstoffen, insb. Benzol, ausgesetzt gewesen. Dies hätten seine Arbeitskollegen anläßlich ihrer Zeugeneinvernahme bestätigt. Auch hätten die bis Ende der 70-er Jahre eingesetzten Kleber und Kaltanstriche Benzol enthalten. Die vom Arbeitgeber vorgelegten Stundenzettel entsprächen nicht den vom Versicherten geführten.
In einer Stellungnahme vom 16.11.2001 hat Dr.L. , Diplom-Chemiker im Referat Gefahrstoffe (TAD der Beklagten), vorgetragen, der Versicherte sei nicht im Sinne der BK-Nrn 1301 - 1317 gefährdend tätig geworden. Bei den zweimal im Monat stattfindenden Dacharbeiten mit Bitumenkleber sei von gelegentlichen Grenzwertüberschreitungen auszugehen. Beim Verarbeiten der Bitumenvoranstriche in Innenräumen könne eine Exposition (Toluol und Xylol) oberhalb des Luftgrenzwertes nur kurzzeitig vorgelegen haben. Beim Schneiden von Asbestzementplatten auf Dächern mit dem Trennschleifer liege zwar eine gefährdende Tätigkeit iS der Nr 4103 (Asbeststaublungenerkrankung) vor, nach der ärztl. Stellungnahme des Lungenarztes Dr.V. vom 26.11.2001 sei beim Versicherten aber nicht der geringste Hinweis auf eine Asbestose erkennbar. Auch die Benzolbelastung sei gering gewesen.
Der auf Veranlassung des Senats mit Gutachten vom 22.04.2003 gehörte Prof. Dr.M. hat nach Einholung eines fachpathologischen Zusatzgutachtens des Prof. Dr.M. vom 11.09.2002 eine asbestbedingte Erkrankung des Versicherten im Sinne der BK Nr 4103 - trotz berufsbedingter Asbestexposition - ausgeschlossen.
Nach nochmaliger Einvernahme der Zeugen A. W. und D. B. am 15.07.2003 zur Frage der Benzolbelastung des Versicherten hat der TAD der Beklagten eine Stellungnahme des Diplom-Chemikers Dr.L. vom 12.08.2003/09.09.2003 vorgelegt. Dieser hat berechnet, dass der Versicherte 1,01 Benzol-ppm-Jahre in seiner Tätigkeit als Dachdecker ausgesetzt gewesen sei. Abschließend hat der Arbeitsmediziner Dr.S. ein Gutachten vom 14.01.2004 erstellt. Er hat die geringfügige Einwirkung von Benzol bei der Tätigkeit des Versicherten aufgrund der bisherigen epidemiologischen Untersuchungen als nicht geeignet angesehen, mit Wahrscheinlichkeit eine Leukopenie zu verursachen. Die Voraussetzungen für die Annahme einer BK Nr 1303 lägen nicht vor.
Der Senat hat ein von der Klägerin mit Schriftsatz vom 22.07.2003 beantragtes Gutachten gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Prof. Dr.J. zur Frage der Inkubationszeit von Aspergillusviren nicht eingeholt.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des SG Würzburg vom 18.09.1996 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Würzburg vom 18.09.1996 zurückzuweisen, hilfsweise eine BK nach Nr 1303 der Anlage zur BKV anzuerkennen und Hinterbliebenenleistungen zu gewähren.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Akte der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 151 SGG) und begründet.
Die Klägerin hat - entgegen der Auffassung des SG - keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen. Ihr bei der Beklagten versicherter Ehemann ist nicht an den Folgen einer BK gestorben. Es lagen weder die Voraussetzungen für die Annahme einer BK Nr 3101 noch der Nr 1303 nach der Anlage zur BKV vor.
Der Anspruch der Klägerin ist noch nach den Vorschriften der Reichsversicherung (RVO) zu beurteilen, weil die von ihr geltend gemachten BKen vor In-Kraft-Treten des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) am 01.01.1997 eingetreten wären (Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes, § 212 SGB VII).
Nach § 551 Abs 1 Satz 2 RVO sind BKen die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. In der Rechtsverordnung sind die Krankheiten bezeichnet, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 551 Abs 1 Satz 2 RVO). Die Voraussetzungen einer BK sind erfüllt, wenn eine Krankheit in der Anlage zur BKV als BK bezeichnet ist und durch eine versicherte Tätigkeit im Einzelfall verursacht oder verschlimmert worden ist (BSGE 2, 178). Zu den BKen gehören nach Nr 3101 Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitswesen, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war.
Die Feststellung einer BK nach Nr 3101 setzt grundsätzlich voraus (vgl Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung - Kommentar - E § 9 SGB VII Rdnr 14), dass zum einen in der Person des Versicherten die sog. technischen Voraussetzungen erfüllt sind, d.h. dass der Betreffende im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der BK ausgesetzt gewesen ist, die geeignet waren, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken (haftungsbegründende Kausalität). Zum anderen muss ein Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung bestehen (haftungsausfüllende Kausalität). Während die arbeitstechnischen Voraussetzungen und der Gesundheitsschaden voll bewiesen sein müssen, reicht zur Bejahung des Kausalzusammenhangs zwischen der schädigenden Einwirkung und dem Gesundheitsschaden die hinreichende Wahrscheinlichkeit aus (BSG SozR 2200 § 548 Nr 38; Mehrtens/ Perlebach, aaO Rdnr 26). Bezüglich der hier streitigen BK müssen also im Sinne des Vollbeweises eine "Infektionskrankheit" (Gesundheitsschaden) und die arbeitstechnischen Voraussetzungen "Infektionsgefahr" (= haftungsbegründenden Kausalität) nachgewiesen sein, der Gesundheitsschaden und der Tod des Versicherten müssen im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre (vgl BSG SozR 2200 § 551 Nr 1; SozR 3-2200 § 548 Nrn 4, 11, 14; Mehrtens/Perlebach, aaO Nr 17 ff) mit Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen sein (haftungsausfüllende Kausalität).
Der Versicherte war im Zeitpunkt der zum Tode führenden Erkrankung als Dachdecker tätig. Ob diese Tätigkeit überhaupt den Schutzbereich der Nr 3101 erfasst, kann nach Auffassung des Senats dahingestellt bleiben, insbesondere die Frage, ob sich aus dem Umfeld des Versicherten eine besondere berufliche Exposition für eine Infektion ergeben hat, die höher ist als diejenige der Gesamtbevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland (Mehrtens/Perlebach, aaO, M 3101 Anm 6.1). Vorliegend fehlt es nämlich bereits an der haftungsbegründenden Kausalität. Zwar ist der Versicherte am 22.05.1989 an Herz-Kreislaufversagen als Folge einer schweren Infektionserkrankung (Aspergilluspneumonie mit Aspergillussepsis bei Leukopenie und Knochenmarkshypoplasie) verstorben und hat die Obduktion ergeben, dass Ursache des septischen Geschehens eine Infektion mit dem Schimmelpilz Aspergillus fumigatus gewesen ist. Für die Anerkennung einer BK nach Nr 3101 wäre aber zunächst erforderlich gewesen, dass die Infektionsquelle bzw. der dort vorhandene Erreger nachgewiesen ist. Dies ist - entgegen der Auffassung des SG - nicht der Fall. Bei dem Keim Aspergillus fumigatus, der im Lungengewebe des Versicherten gefunden wurde, handelt es sich um einen Schimmelpilz, der ubiquitär vorkommt. Dies bedeutet, dass er überall anzutreffen ist und jederzeit ein Kontakt mit ihm vorkommen kann, insbesondere hält er sich in Müll und Müllkomposten auf (s. Gutachten von Prof. Dr.T. vom 11.06.1996). Ein Pilzbefall des P. , konkret des Dachstuhls, mit Aspergillus fumigatus ist aber nie nachgewiesen worden. Eine quantitative Bestimmung vom Schimmelpilzsporen in der Umgebungsluft des Sanierungsgebäudes ist nicht erfolgt, insbesondere fehlt der mykologische Nachweis am Arbeitsplatz des Versicherten selbst. 15 Jahre nach der Beschäftigung des Versicherten im P. ist nicht mehr festzustellen, ob tatsächlich eine erhöhte Einwirkung von Aspergillus fumigatus vorgelegen hat. Das SG Würzburg hat bei der Inaugenscheinnahme am 29.06.1995 - also 6 1/2 Jahre nach der dortigen Tätigkeit des Versicherten - im noch nicht renovierten Obergeschoss und im hinteren Treppenhaus des P. zwar Schimmelpilzbefall festgestellt. Inwieweit es sich dabei um die Spezies des Aspergillus fumigatus gehandelt hat, konnte aber durch eine Inaugenscheinnahme nicht ausreichend geklärt werden (s. Gutachten des Prof. Dr.W. vom 21.08.1998). Zu berücksichtigen ist auch, dass das Staatl. Hochbauamt A. mit Schreiben vom 16.12.1997 mitgeteilt hat, dass ein Schimmelpilzbefall des Dachstuhles nicht bekannt ist. Auch liegen keine Kenntnisse über irgendwelche Maßnahmen gegen Schimmelpilzbefall oder Untersuchungen über Auswirkungen auf die am P. beschäftigten Personen vor. Insbesondere ist bei den mit dem Versicherten im P. beschäftigten Arbeitskollegen keine entsprechende Schimmelpilzinfektion bekannt geworden. Der Nachweis des P. als Infektionsquelle für den Aspergillus fumigatus des Versicherten kann daher nicht erbracht werden. Es fehlt damit bereits an der haftungsbegründenden Kausalität, so dass die Klägerin keinen Anspruch auf Anerkennung einer BK nach Nr 3101 der Anlage zur BKV hat.
Selbst wenn man davon ausginge, dass das P. eine Infektionsquelle für den Schimmelpilz Aspergillus fumigatus dargestellt hätte, fehlte es an der haftungsausfüllenden Kausalität, da der Tod des Versicherten nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit hierauf zurückzuführen wäre. Denn nach dem überzeugenden Gutachten des Prof. Dr.W. betragen die Inkubationszeiten für Aspergillus fumigatus lediglich vier bis fünf Tage. Anhaltspunkte für eine Pneumonie und somit für den Ausbruch der Schimmelpilzerkrankung fanden sich beim Versicherten aber erst im April 1989. Für die Zeit vorher bestand im Januar 1989 Arbeitsunfähigkeit wegen eines Affektes der Gallenblase, im Februar wegen einer akuten Mandelentzündung, wie sie auch der Arzt R. in seinen ausführlichen Befundberichten vom 21.07.1992, 05.04.1993 und 21.02.1995 bestätigt hat. Die Erkrankung im April 1989 führte innerhalb von drei Wochen zum Tode des Versicherten. Diese Aspergillus-Pneumonie lässt einen ursächlichen Zusammenhang mit einer möglichen Infektion im November 1988 - und somit länger als fünf Monate vor Erkrankungsbeginn - nicht erkennen. Die Inkubationszeit für eine Aspergillus fumigatus-Infektion liegt - wie bei den für Pneumonien beobachteten Inkubationszeiten - deutlich unter zwei Monaten, meist beträgt sie nur einige Tage (so auch Dr.S.). Bereits aus diesem Grunde ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Aspergillus-Pneumonie Ende April 1989 und einer möglichen Infektion während der Dachdeckertätigkeit des Versicherten im November 1988 nicht zu erklären. Nach den Ermittlungen des Senats ist davon auszugehen, dass der Versicherte letztmals im November 1988 im P. beruflich tätig war. Es gibt keine Hinweise dafür, dass er auch in der Zeit danach dort beschäftigt gewesen ist. Die Gesundheitsstörungen an der Gallenblase und an den Mandeln, die im Januar und Februar 1989 zu Arbeitsunfähigkeitszeiten geführt haben, sind - wie Prof. Dr.W. überzeugend ausgeführt hat - für eine später aufgetretene Aspergillose der Lungen untypisch.
Der Senat sah sich nicht veranlasst, ein Gutachten nach § 109 SGG zur Frage der Inkubationszeit einzuholen. Die Klägerin hat den diesbezüglichen Antrag aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht (§ 109 Abs 2 SGG). Ihr war zumindest seit der letzten gutachtlichen Stellungnahme des Prof.W. im November 2000 bekannt, dass von einer Inkubationszeit von vier bis fünf Tagen auszugehen ist. Die Klägerin hat den Antrag nach § 109 SGG aber erst mehr als 2 1/2 Jahre später im Juli 2003 gestellt.
Soweit die Klägerin das Gutachten des Prof. Dr.W. nicht als verwertbar betrachtet (Vorwurf der Erstellung durch Oberarzt Dr.S. , fehlendes Einverständnis des Prof. Dr.W.), weist der Senat darauf hin, dass Prof. Dr.W. die volle Verantwortung für das Gutachten übernommen hat. Die Mitwirkung von Hilfskräften, hier eines langjährigen Mitarbeiters, ist gemäß § 407 a Abs 2 Zivilprozessordnung zulässig. Prof. Dr.W. hat seine Mitarbeit und die Herbeiführung des Gutachtensergebnisses durch Vorlage entsprechender Arbeitsunterlagen unter Beweis gestellt. Etwaige Zweifel, weil z.B. der Vermerk "einverstanden" fehlt und nur die bloße Unterschrift vorliegt, sind durch eine ausreichende Erklärung des Sachverständigen im Gutachten vom 04.01.1999 beseitigt worden (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 118 Anm 11g).
Die Klägerin hat die von ihr eingelegte Berufung nicht weiter verfolgt. Die Klägerin hatte vor dem SG voll obsiegt. Sie war daher durch die angefochtene Entscheidung nicht beschwert. Eine Beschwer ist nicht gegeben, wenn nur eine andere oder weitere Begründung des Urteils angestrebt wird (vgl (Meyer-Ladewig, aaO, vor § 143 Rdnr 9). Vorliegend wollte die Klägerin ihr Begehren lediglich auf eine andere bzw. weitere Anspruchsgrundlage gestellt wissen.
Eine BK nach Nr 1303 (Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder Styrol) hat beim Versicherten ebenfalls nicht vorgelegen. Somit kann auch nicht eine sich sekundär als Folge einer (als BK anzuerkennenden) Leukopenie entwickelnde Aspergillose auf berufliche Einflüsse ursächlich zurückgeführt werden. Die beim Versicherten bestandene Leukopenie ist nicht durch eine berufsbedingte Einwirkung von Benzol verursacht. Dr.S. hat zu Recht ausgeführt, dass für die Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Leukopenie und Benzolexposition eine Dosisabschätzung erfolgen muss. Danach ergibt sich aufgrund der Angaben der Firma V. sowie der gesetzlichen Vorschriften ab 1971 nur eine geringfügige Exposition gegenüber Benzol durch die Tätigkeit als Dachdecker. Die ermittelte kumulative Gesamtdosis von 1,01 Benzol-ppm-Jahren ist unbedeutend und spricht gegen eine wesentliche Verursachung der Knochenmarkserkrankung durch Benzol. Dies erscheint plausibel. So ergeben sich beispielsweise bei einer kumulativen Benzoldosis unter 40-ppm-Jahren keine Anhaltspunkte für ein erhöhtes Erkrankungsrisiko an Leukämie (MedSach 98 [2002], S 93). Dasselbe gilt für die Homologe des Benzols, Xylol und Toluol.
Nach alledem hat die Klägerin keinen Anspruch auf Anerkennung einer BK sowie auf Gewährung von Hinterbliebenenleistungen. Das Urteil des SG Würzburg vom 18.09.1996 war deshalb aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Versicherte an einer Berufskrankheit (BK) nach Nr 3101 bzw Nr 1303 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) verstorben ist und deshalb Hinterbliebenenleistungen zu gewähren sind.
Der.1935 geborene und am 22.05.1989 verstorbene Versicherte N. K. war gelernter Dachdecker und arbeitete in diesem Beruf vom 01.01.1950 bis zu seiner Erkrankung am 16.01.1989, zuletzt ab 05.05.1971 bei der Fa. B. (S.). Er war vor allem mit dem Abdichten von Flachdächern (Aufbringung der Wärmeisolierung und Verlegung der Folien), insbesondere Klebearbeiten beschäftigt. Bei der Renovierung des P. in A. war er im November 1988 an sieben Tagen vor allem mit dem Auswechseln von Dachschalungen sowie Reparaturarbeiten, auch Entfernen von vermodertem Holz aus dem Dachstuhl befasst. Auf die vorhandene Dachhaut legte er zusammen mit Arbeitskollegen neue Schweißbahnen auf. Er verstarb an Herz-Kreislaufversagen mit der Diagnose: Aspergillus(Schimmelpilz)-pneumonie mit Sepsis, Leukozytopenie bei Knochenmarkshypoplasie (Befundberichte der Med. Universitätsklinik W. vom 09.08.1989 und des Kreiskrankenhauses E. vom 03.05.1989 sowie Obduktionsbericht des Pathologischen Instituts der Universität W. vom 22.05.1989). Zuvor war er vom 16.01. bis 20.01.1989, vom 01.02. bis 10.02.1989 sowie ab 24.04.1989 arbeitsunfähig erkrankt gewesen.
Die Klägerin, die Ehefrau des Versicherten, stellte am 21.08.1989 Antrag auf Witwenrente. Sie führte den Tod ihres Ehemannes auf eine Schimmelpilzinfektion zurück, die er sich im P. in A. zugezogen habe.
Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte Auskünfte der Fa. B. vom 22.09.1989 und ihres Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 11.01.1990/02.08.1990 bei. Danach war der Versicherte vom 08.11. bis 11.11.1988 und am 22., 25. sowie am 30.11.1988 bei der Restaurierung des mehr als 100 Jahre alten P. in A. zum Abdichten des Dachbelags durch Verlegung neuer Schweißbahnen eingesetzt. Der Gewerbearzt Dr.K. nahm in seiner Stellungnahme vom 22.06.1990/24.10.1990 eine erhöhte Schimmelpilzexposition bei Dachdeckern nicht an und führte die Entstehung der Krankheit auf ein nicht berufsbedingtes Immundefizit zurück.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.01.1991 die Anerkennung einer BK nach Nr 3101 der Anlage zur BKV sowie die Gewährung von Sterbegeld und Hinterbliebenenrente ab. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen beruflicher Tätigkeit und Erkrankung bzw. Tod sei nicht wahrscheinlich, da der Versicherte keiner erhöhten Schimmelpilzexposition ausgesetzt gewesen sei.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, die bei ihrem Ehemann nachgewiesene Leukopenie, die auf die berufliche Tätigkeit (Umgang mit Teerpappen, Benzolgemischen, Bitumenstoffen, Vergießungs- und Dichtungsmittel, Holzschutzmittel) zurückzuführen gewesen sei, habe zu einer Immunschwäche geführt, die die Voraussetzung für die tödliche Schimmelpilzinfektion gebildet habe.
Die Beklagte holte Auskünfte der AOK Aschaffenburg vom 16.10.1991, Fa. B. vom 25.10.1991/21.04.1992, Fa. I. vom 27.02.1992, Fa. P. vom 11.03.1992, Befundberichte des Dr.F. vom 31.01.1992, des prakt.Arztes R. vom 21.07.1992/05.04.1993, sowie des TAD vom 15.03.1993 über die Verwendung von Benzol ein. Der Gewerbearzt Dr.M. verneinte in seiner Stellungnahme vom 20.08.1992 das Vorliegen einer BK nach Nr 1303 der Anlage zur BKV (Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol).
Die Beklagte veranlasste Gutachten des Prof.Dr.M. vom 15.12.1993 sowie des Prof. Dr.L. vom 17.03.1994. Prof. Dr.M. hielt die beim Verstorbenen vorhandene Knochenmarkschädigung für die wesentliche Ursache der Infektion mit Schimmelpilzen. Die Knochenmarkschädigung sei vermutlich auf einen vorausgegangenen Virusinfekt zurückzuführen. Prof. Dr.L. führte aus, die Leukopenie und Knochenmarkshypoplasie könnten als BK nicht anerkannt werden, weil eine Benzolexposition nicht nachgewiesen sei. Auch könne die Leukopenie durch das seit 1988 für den Versicherten verschriebene Medikament Allopurinol verursacht worden sein. Die Beklagte wies daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 25.04.1994 den Widerspruch zurück.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Würzburg (SG) hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verpflichten, eine BK nach Nr 3101 der Anlage zur BKV anzuerkennen und Hinterbliebenenleistungen zu gewähren. Das SG hat einen Befundbericht des Arztes R. vom 21.02.1995 über die Einnahme von Allopurinol beigezogen, die Zeugen A. W. , W. S. , D. B. , M. H. uneidlich einvernommen und eine Ortsbesichtigung des P. vorgenommen. Es hat ein Gutachten des Prof. Dr.med. Diplom-Chemiker T. vom 11.06.1996 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, eine BK Nr 1303 der Anlage zur BKV habe beim Verstorbenen nicht mit Wahrscheinlichkeit vorgelegen. Das Vorliegen einer BK nach Nr 3101 sei bei synoptischer Würdigung der Krankheitsvorgeschichte und Arbeitsanamnese sowie des Krankheitsbildes dann zu bejahen, wenn eine erhöhte berufliche Exposition gegenüber Sporen des Schimmelpilzes insbesondere im Zeitraum März / April 1989 vorgelegen habe. Die Beklagte hat eine weitere Stellungnahme ihres TAD vom 16.09.1996 vorgelegt, worin dieser u.a. darauf hinweist, dass der Verstorbene im Zeitraum März / April 1989 nicht mehr am P. eingesetzt gewesen sei. Er habe in dieser Zeit sowohl auf Flach- als auch auf Steildächern gearbeitet und sei einer Infektion durch Schimmelpilze nicht ausgesetzt gewesen.
Das SG hat mit Urteil vom 18.09.1996 die Beklagte verpflichtet, eine BK Nr 3101 der Anlage zur BKV anzuerkennen und Hinterbliebenenleistungen zu gewähren. Es hat ausgeführt, die Dachkonstruktion des P. sei in erheblichem Maße von Schimmelpilz befallen gewesen und der Versicherte sei bei der Öffnung des Daches zugegen gewesen. Durch die Sanierung des Dachstuhls sei zwar der sichere Nachweis des Schimmelpilzbefalls nicht mehr zu führen, die noch vorhandenen Indizien sprächen jedoch dafür. Bei der Inaugenscheinnahme durch das Gericht am 19.06.1995 hätten sich die Beteiligten davon überzeugen können, dass der erhebliche Schimmelpilzbefall im Obergeschoss des P. von der Decke her gekommen sei und nach unten hin abgenommen habe. Auch der TAD der Beklagten habe in seiner Stellungnahme vom 16.09.1996 bestätigt, dass die Unterkonstruktion des Daches durch Wassereintritt erheblich angefault und nicht mehr tragfähig gewesen sei. Daraus ergebe sich zwingend der Schluss, dass die Dachkonstruktion in erheblichem Maße von Schimmelpilzen befallen gewesen sei. Der ursächliche Zusammenhang zwischen der Tätigkeit und der Erkrankung sei daher gegeben. Das SG hat sich im Übrigen dem Gutachten des Prof. Dr.T. angeschlossen und für entscheidend gehalten, dass der Verstorbene zum Zeitpunkt seiner Tätigkeit am P. bereits an einer Knochenmarkschädigung mit der Folge einer Abwehrschwäche gelitten habe. Diese Abwehrschwäche sei verantwortlich gewesen, dass die Pilzinfektion letztlich tödlich verlaufen sei. Dabei spiele es keine Rolle, ob die Knochenmarkschädigung eine berufliche oder nicht berufliche Ursache gehabt habe.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 19.12.1996 Berufung eingelegt. Sie hat vorgetragen, der Verstorbene gehöre nicht zum geschützten Personenkreis der BK Nr 3101. Auch sei er bei seiner Tätigkeit als Dachdecker nicht in besonders hohem Maße einer Infektion ausgesetzt gewesen. Eine besonders hohe Belastung durch Aspergillussporen im P. sei nicht nachgewiesen. Eine quantitative Bestimmung von Schimmelpilzsporen in der Luft sei nicht erfolgt. Zudem seien diese Sporen ubiquitär anzutreffen. Auch die vom SG einvernommenen Zeugen hätten nicht bestätigen können, dass der Verstorbene nach November 1988 Restaurierungsarbeiten am P. durchgeführt habe. Im maßgeblichen Inkubationszeitraum von März bis April 1989 sei er nicht unmittelbar Schimmelpilzsporen ausgesetzt gewesen.
Am 18.12.1996 hat die Klägerin ebenfalls Berufung eingelegt und das Vorliegen einer BK nach Nr 1303 der Anlage zur BKV - Erkrankung durch Benzol, seine Homologe oder Styrol - geltend gemacht (Schriftsatz vom 17.01.1997).
Der Senat hat Auskünfte der Stadt A. vom 10.12.1997 und des Staatl. Hochbauamtes A. vom 08.01.1998, die medizinischen Unterlagen der Medizinischen Universitätsklinik W. und des Krankenhauses E. sowie die einschlägigen Röntgen- und CT-Aufnahmen beigezogen und ein Gutachten des Prof. Dr.W. vom 21.08.1998/04.01.1999/15.11.2000 eingeholt. Dieser hat die Auffassung vertreten, die Ende April 1989 aufgetretene Aspergilluspneumonie lasse einen Zusammenhang mit einer möglichen Infektion im November 1988 nicht erkennen. Die Inkubationszeit für diese Erkrankung betrage lediglich vier bis fünf Tage. Eine Einwirkung von Benzol habe schon sicherheitstechnisch nicht bestätigt werden können. Die Klägerin hat sich gegen die Verwertung des Gutachtens des Prof. Dr.W. mit der Begründung gewandt, dieser habe das Gutachten durch seinen Oberarzt Dr.S. erstellen lasse. Prof. Dr.W. habe das Gutachten lediglich -ohne den Zusatz, dass er mit dem Gutachten einverstanden sei - unterschrieben. Prof. Dr.W. hat in seiner Stellungnahme vom 04.01.1999 die persönliche Verantwortung für das erstellte Gutachten übernommen.
Der letzte Arbeitgeber, die Fa. B. , hat mit Schreiben vom 15.01.2001 eine Tätigkeit des Versicherten im P. nach dem 30.11.1988 unter Vorlage verschiedener Stundenzettel ausgeschlossen. Die Klägerin hat des Weiteren vorgetragen, der Versicherte sei während seiner gesamten Dachdeckertätigkeit, also über Jahrzehnte hinweg, krebsverursachenden Teerstoffen, insb. Benzol, ausgesetzt gewesen. Dies hätten seine Arbeitskollegen anläßlich ihrer Zeugeneinvernahme bestätigt. Auch hätten die bis Ende der 70-er Jahre eingesetzten Kleber und Kaltanstriche Benzol enthalten. Die vom Arbeitgeber vorgelegten Stundenzettel entsprächen nicht den vom Versicherten geführten.
In einer Stellungnahme vom 16.11.2001 hat Dr.L. , Diplom-Chemiker im Referat Gefahrstoffe (TAD der Beklagten), vorgetragen, der Versicherte sei nicht im Sinne der BK-Nrn 1301 - 1317 gefährdend tätig geworden. Bei den zweimal im Monat stattfindenden Dacharbeiten mit Bitumenkleber sei von gelegentlichen Grenzwertüberschreitungen auszugehen. Beim Verarbeiten der Bitumenvoranstriche in Innenräumen könne eine Exposition (Toluol und Xylol) oberhalb des Luftgrenzwertes nur kurzzeitig vorgelegen haben. Beim Schneiden von Asbestzementplatten auf Dächern mit dem Trennschleifer liege zwar eine gefährdende Tätigkeit iS der Nr 4103 (Asbeststaublungenerkrankung) vor, nach der ärztl. Stellungnahme des Lungenarztes Dr.V. vom 26.11.2001 sei beim Versicherten aber nicht der geringste Hinweis auf eine Asbestose erkennbar. Auch die Benzolbelastung sei gering gewesen.
Der auf Veranlassung des Senats mit Gutachten vom 22.04.2003 gehörte Prof. Dr.M. hat nach Einholung eines fachpathologischen Zusatzgutachtens des Prof. Dr.M. vom 11.09.2002 eine asbestbedingte Erkrankung des Versicherten im Sinne der BK Nr 4103 - trotz berufsbedingter Asbestexposition - ausgeschlossen.
Nach nochmaliger Einvernahme der Zeugen A. W. und D. B. am 15.07.2003 zur Frage der Benzolbelastung des Versicherten hat der TAD der Beklagten eine Stellungnahme des Diplom-Chemikers Dr.L. vom 12.08.2003/09.09.2003 vorgelegt. Dieser hat berechnet, dass der Versicherte 1,01 Benzol-ppm-Jahre in seiner Tätigkeit als Dachdecker ausgesetzt gewesen sei. Abschließend hat der Arbeitsmediziner Dr.S. ein Gutachten vom 14.01.2004 erstellt. Er hat die geringfügige Einwirkung von Benzol bei der Tätigkeit des Versicherten aufgrund der bisherigen epidemiologischen Untersuchungen als nicht geeignet angesehen, mit Wahrscheinlichkeit eine Leukopenie zu verursachen. Die Voraussetzungen für die Annahme einer BK Nr 1303 lägen nicht vor.
Der Senat hat ein von der Klägerin mit Schriftsatz vom 22.07.2003 beantragtes Gutachten gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Prof. Dr.J. zur Frage der Inkubationszeit von Aspergillusviren nicht eingeholt.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des SG Würzburg vom 18.09.1996 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Würzburg vom 18.09.1996 zurückzuweisen, hilfsweise eine BK nach Nr 1303 der Anlage zur BKV anzuerkennen und Hinterbliebenenleistungen zu gewähren.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Akte der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 151 SGG) und begründet.
Die Klägerin hat - entgegen der Auffassung des SG - keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen. Ihr bei der Beklagten versicherter Ehemann ist nicht an den Folgen einer BK gestorben. Es lagen weder die Voraussetzungen für die Annahme einer BK Nr 3101 noch der Nr 1303 nach der Anlage zur BKV vor.
Der Anspruch der Klägerin ist noch nach den Vorschriften der Reichsversicherung (RVO) zu beurteilen, weil die von ihr geltend gemachten BKen vor In-Kraft-Treten des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) am 01.01.1997 eingetreten wären (Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes, § 212 SGB VII).
Nach § 551 Abs 1 Satz 2 RVO sind BKen die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. In der Rechtsverordnung sind die Krankheiten bezeichnet, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 551 Abs 1 Satz 2 RVO). Die Voraussetzungen einer BK sind erfüllt, wenn eine Krankheit in der Anlage zur BKV als BK bezeichnet ist und durch eine versicherte Tätigkeit im Einzelfall verursacht oder verschlimmert worden ist (BSGE 2, 178). Zu den BKen gehören nach Nr 3101 Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitswesen, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war.
Die Feststellung einer BK nach Nr 3101 setzt grundsätzlich voraus (vgl Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung - Kommentar - E § 9 SGB VII Rdnr 14), dass zum einen in der Person des Versicherten die sog. technischen Voraussetzungen erfüllt sind, d.h. dass der Betreffende im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der BK ausgesetzt gewesen ist, die geeignet waren, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken (haftungsbegründende Kausalität). Zum anderen muss ein Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung bestehen (haftungsausfüllende Kausalität). Während die arbeitstechnischen Voraussetzungen und der Gesundheitsschaden voll bewiesen sein müssen, reicht zur Bejahung des Kausalzusammenhangs zwischen der schädigenden Einwirkung und dem Gesundheitsschaden die hinreichende Wahrscheinlichkeit aus (BSG SozR 2200 § 548 Nr 38; Mehrtens/ Perlebach, aaO Rdnr 26). Bezüglich der hier streitigen BK müssen also im Sinne des Vollbeweises eine "Infektionskrankheit" (Gesundheitsschaden) und die arbeitstechnischen Voraussetzungen "Infektionsgefahr" (= haftungsbegründenden Kausalität) nachgewiesen sein, der Gesundheitsschaden und der Tod des Versicherten müssen im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre (vgl BSG SozR 2200 § 551 Nr 1; SozR 3-2200 § 548 Nrn 4, 11, 14; Mehrtens/Perlebach, aaO Nr 17 ff) mit Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen sein (haftungsausfüllende Kausalität).
Der Versicherte war im Zeitpunkt der zum Tode führenden Erkrankung als Dachdecker tätig. Ob diese Tätigkeit überhaupt den Schutzbereich der Nr 3101 erfasst, kann nach Auffassung des Senats dahingestellt bleiben, insbesondere die Frage, ob sich aus dem Umfeld des Versicherten eine besondere berufliche Exposition für eine Infektion ergeben hat, die höher ist als diejenige der Gesamtbevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland (Mehrtens/Perlebach, aaO, M 3101 Anm 6.1). Vorliegend fehlt es nämlich bereits an der haftungsbegründenden Kausalität. Zwar ist der Versicherte am 22.05.1989 an Herz-Kreislaufversagen als Folge einer schweren Infektionserkrankung (Aspergilluspneumonie mit Aspergillussepsis bei Leukopenie und Knochenmarkshypoplasie) verstorben und hat die Obduktion ergeben, dass Ursache des septischen Geschehens eine Infektion mit dem Schimmelpilz Aspergillus fumigatus gewesen ist. Für die Anerkennung einer BK nach Nr 3101 wäre aber zunächst erforderlich gewesen, dass die Infektionsquelle bzw. der dort vorhandene Erreger nachgewiesen ist. Dies ist - entgegen der Auffassung des SG - nicht der Fall. Bei dem Keim Aspergillus fumigatus, der im Lungengewebe des Versicherten gefunden wurde, handelt es sich um einen Schimmelpilz, der ubiquitär vorkommt. Dies bedeutet, dass er überall anzutreffen ist und jederzeit ein Kontakt mit ihm vorkommen kann, insbesondere hält er sich in Müll und Müllkomposten auf (s. Gutachten von Prof. Dr.T. vom 11.06.1996). Ein Pilzbefall des P. , konkret des Dachstuhls, mit Aspergillus fumigatus ist aber nie nachgewiesen worden. Eine quantitative Bestimmung vom Schimmelpilzsporen in der Umgebungsluft des Sanierungsgebäudes ist nicht erfolgt, insbesondere fehlt der mykologische Nachweis am Arbeitsplatz des Versicherten selbst. 15 Jahre nach der Beschäftigung des Versicherten im P. ist nicht mehr festzustellen, ob tatsächlich eine erhöhte Einwirkung von Aspergillus fumigatus vorgelegen hat. Das SG Würzburg hat bei der Inaugenscheinnahme am 29.06.1995 - also 6 1/2 Jahre nach der dortigen Tätigkeit des Versicherten - im noch nicht renovierten Obergeschoss und im hinteren Treppenhaus des P. zwar Schimmelpilzbefall festgestellt. Inwieweit es sich dabei um die Spezies des Aspergillus fumigatus gehandelt hat, konnte aber durch eine Inaugenscheinnahme nicht ausreichend geklärt werden (s. Gutachten des Prof. Dr.W. vom 21.08.1998). Zu berücksichtigen ist auch, dass das Staatl. Hochbauamt A. mit Schreiben vom 16.12.1997 mitgeteilt hat, dass ein Schimmelpilzbefall des Dachstuhles nicht bekannt ist. Auch liegen keine Kenntnisse über irgendwelche Maßnahmen gegen Schimmelpilzbefall oder Untersuchungen über Auswirkungen auf die am P. beschäftigten Personen vor. Insbesondere ist bei den mit dem Versicherten im P. beschäftigten Arbeitskollegen keine entsprechende Schimmelpilzinfektion bekannt geworden. Der Nachweis des P. als Infektionsquelle für den Aspergillus fumigatus des Versicherten kann daher nicht erbracht werden. Es fehlt damit bereits an der haftungsbegründenden Kausalität, so dass die Klägerin keinen Anspruch auf Anerkennung einer BK nach Nr 3101 der Anlage zur BKV hat.
Selbst wenn man davon ausginge, dass das P. eine Infektionsquelle für den Schimmelpilz Aspergillus fumigatus dargestellt hätte, fehlte es an der haftungsausfüllenden Kausalität, da der Tod des Versicherten nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit hierauf zurückzuführen wäre. Denn nach dem überzeugenden Gutachten des Prof. Dr.W. betragen die Inkubationszeiten für Aspergillus fumigatus lediglich vier bis fünf Tage. Anhaltspunkte für eine Pneumonie und somit für den Ausbruch der Schimmelpilzerkrankung fanden sich beim Versicherten aber erst im April 1989. Für die Zeit vorher bestand im Januar 1989 Arbeitsunfähigkeit wegen eines Affektes der Gallenblase, im Februar wegen einer akuten Mandelentzündung, wie sie auch der Arzt R. in seinen ausführlichen Befundberichten vom 21.07.1992, 05.04.1993 und 21.02.1995 bestätigt hat. Die Erkrankung im April 1989 führte innerhalb von drei Wochen zum Tode des Versicherten. Diese Aspergillus-Pneumonie lässt einen ursächlichen Zusammenhang mit einer möglichen Infektion im November 1988 - und somit länger als fünf Monate vor Erkrankungsbeginn - nicht erkennen. Die Inkubationszeit für eine Aspergillus fumigatus-Infektion liegt - wie bei den für Pneumonien beobachteten Inkubationszeiten - deutlich unter zwei Monaten, meist beträgt sie nur einige Tage (so auch Dr.S.). Bereits aus diesem Grunde ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Aspergillus-Pneumonie Ende April 1989 und einer möglichen Infektion während der Dachdeckertätigkeit des Versicherten im November 1988 nicht zu erklären. Nach den Ermittlungen des Senats ist davon auszugehen, dass der Versicherte letztmals im November 1988 im P. beruflich tätig war. Es gibt keine Hinweise dafür, dass er auch in der Zeit danach dort beschäftigt gewesen ist. Die Gesundheitsstörungen an der Gallenblase und an den Mandeln, die im Januar und Februar 1989 zu Arbeitsunfähigkeitszeiten geführt haben, sind - wie Prof. Dr.W. überzeugend ausgeführt hat - für eine später aufgetretene Aspergillose der Lungen untypisch.
Der Senat sah sich nicht veranlasst, ein Gutachten nach § 109 SGG zur Frage der Inkubationszeit einzuholen. Die Klägerin hat den diesbezüglichen Antrag aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht (§ 109 Abs 2 SGG). Ihr war zumindest seit der letzten gutachtlichen Stellungnahme des Prof.W. im November 2000 bekannt, dass von einer Inkubationszeit von vier bis fünf Tagen auszugehen ist. Die Klägerin hat den Antrag nach § 109 SGG aber erst mehr als 2 1/2 Jahre später im Juli 2003 gestellt.
Soweit die Klägerin das Gutachten des Prof. Dr.W. nicht als verwertbar betrachtet (Vorwurf der Erstellung durch Oberarzt Dr.S. , fehlendes Einverständnis des Prof. Dr.W.), weist der Senat darauf hin, dass Prof. Dr.W. die volle Verantwortung für das Gutachten übernommen hat. Die Mitwirkung von Hilfskräften, hier eines langjährigen Mitarbeiters, ist gemäß § 407 a Abs 2 Zivilprozessordnung zulässig. Prof. Dr.W. hat seine Mitarbeit und die Herbeiführung des Gutachtensergebnisses durch Vorlage entsprechender Arbeitsunterlagen unter Beweis gestellt. Etwaige Zweifel, weil z.B. der Vermerk "einverstanden" fehlt und nur die bloße Unterschrift vorliegt, sind durch eine ausreichende Erklärung des Sachverständigen im Gutachten vom 04.01.1999 beseitigt worden (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 118 Anm 11g).
Die Klägerin hat die von ihr eingelegte Berufung nicht weiter verfolgt. Die Klägerin hatte vor dem SG voll obsiegt. Sie war daher durch die angefochtene Entscheidung nicht beschwert. Eine Beschwer ist nicht gegeben, wenn nur eine andere oder weitere Begründung des Urteils angestrebt wird (vgl (Meyer-Ladewig, aaO, vor § 143 Rdnr 9). Vorliegend wollte die Klägerin ihr Begehren lediglich auf eine andere bzw. weitere Anspruchsgrundlage gestellt wissen.
Eine BK nach Nr 1303 (Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder Styrol) hat beim Versicherten ebenfalls nicht vorgelegen. Somit kann auch nicht eine sich sekundär als Folge einer (als BK anzuerkennenden) Leukopenie entwickelnde Aspergillose auf berufliche Einflüsse ursächlich zurückgeführt werden. Die beim Versicherten bestandene Leukopenie ist nicht durch eine berufsbedingte Einwirkung von Benzol verursacht. Dr.S. hat zu Recht ausgeführt, dass für die Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Leukopenie und Benzolexposition eine Dosisabschätzung erfolgen muss. Danach ergibt sich aufgrund der Angaben der Firma V. sowie der gesetzlichen Vorschriften ab 1971 nur eine geringfügige Exposition gegenüber Benzol durch die Tätigkeit als Dachdecker. Die ermittelte kumulative Gesamtdosis von 1,01 Benzol-ppm-Jahren ist unbedeutend und spricht gegen eine wesentliche Verursachung der Knochenmarkserkrankung durch Benzol. Dies erscheint plausibel. So ergeben sich beispielsweise bei einer kumulativen Benzoldosis unter 40-ppm-Jahren keine Anhaltspunkte für ein erhöhtes Erkrankungsrisiko an Leukämie (MedSach 98 [2002], S 93). Dasselbe gilt für die Homologe des Benzols, Xylol und Toluol.
Nach alledem hat die Klägerin keinen Anspruch auf Anerkennung einer BK sowie auf Gewährung von Hinterbliebenenleistungen. Das Urteil des SG Würzburg vom 18.09.1996 war deshalb aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved