S 10 AL 210/02

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 10 AL 210/02
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind für Arbeitgeber
auch dann kostenpflichtig, wenn sie Empfänger von Lohnkostenzuschüssen sind.
I. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
II. Der Streitwert wird auf EUR 13.093,16 festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten stritten in der Hauptsache um die Aufhebung und Erstattung von Lohnkostenzuschüssen, welche die Beklag-te dem Kläger im Rahmen von Strukturanpassungsmaßnahmen Ost für Wirtschaftsunternehmen (SAM OfW) gewährt hat.

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen für Sicherheitsdiens-te. Sie erhielt in den Jahren 1998 und 1999 einen Lohnkos-tenzuschuss für einen Arbeitnehmer im Rahmen von SAM OfW. Gegen die im Jahre 2000 verfügte und mit einem Personal-rückgang begründete Aufhebung der Bewilligung erhob die Klägerin nach Durchführung des Vorverfahrens am 14.02.2002 Klage. Mit Schlussbescheid vom 15.01.2004 stellte die Be-klagte die Klägerin klaglos; am 29.01.2004 erklärte die Klägerin, dass "der Rechtsstreit damit erledigt" sei.

II.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens und die Streitwertfestsetzung waren von Amts wegen vorzunehmen, weil das Verfahren gerichtskostenpflichtig ist. Denn ge-richtskostenfrei sind nur Verfahren für Versicherte, Leis-tungsempfänger und Behinderte, § 183 Satz 1 des Sozialge-richtsgesetzes (SGG). Die Klägerin hat in ihrer Funktion als Arbeitgeberin geklagt; Arbeitgeber sind aber keine Leistungsempfänger im Sinne von § 183 Satz 1 SGG (Beschluss des Landessozialgerichtes Thüringen vom 05.03.2003, Az: L 3 AL 979/02 ER, und vom 16.01.2003, Az: L 6 SF 649/02, beide zu finden in juris; Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, § 197a, Rz. 2; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialge-richtlichen Verfahrens, XII. Kapitel, Rz. 108; Handkommen-tar zum SGG, § 197a, Rz. 1; Hennig et al., Kommentar zum SGG, § 197a, Rz. 3).

Zwar erhalten Arbeitgeber als Leistungen von der Beklagten u.a. Zuschüsse zu Arbeitsentgelten bei Eingliederung leis-tungsgeminderter Arbeitnehmer, § 3 Abs. 2 Ziff. 2 des Drit-ten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III). Dies hat jedoch nicht ohne weiteres zur Folge, dass er hierdurch zum Leis-tungsempfänger im Sinne von § 183 SGG wird (so aber der Be-schluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 19.03.2003, Az: L 8 B 5/03 AL und das Urteil des Sozialge-richts Stuttgart vom 29.01.2004, Az: S 3 AL 6332/02, beide zu finden in juris; Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 40, Rz. 21). Denn der Begriff Leistungsempfänger ist im besonderen Kontext der Kostenregelungen des SGG zu lesen. § 197a SGG soll als Aus-nahmeregelung zu der in § 183 SGG vorgesehenen Gerichtskos-tenfreiheit zur Kostenpflichtigkeit derjenigen Verfahren führen, an denen Personen beteiligt sind, die nicht eines besonderen sozialen Schutzes in Form eines kostenfreien Rechtsschutzes bedürfen; dies gilt nach der amtlichen Be-gründung beispielsweise für Streitigkeiten von Sozialleis-tungsträgern untereinander oder für Streitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern und Arbeitgebern (vgl. BT-Drs. 14/5943, Seiten 28f. zu Nr. 68). Der Arbeitgeber als Emp-fänger von Lohnkostenzuschüssen bedarf aber nicht des glei-chen Schutzes wie ein Rentenbezieher oder Krankenversicher-ter, weil er selbst durch die Leistung nicht unmittelbar begünstigt wird (Meyer-Ladewig, aaO., § 183, Rz. 3). Denn er empfängt den Lohnkostenzuschuss nicht zum Lebensunter-halt oder zum wirtschaftlichen Ausgleich einer Benachteili-gung, sondern zur Beschäftigung und Eingliederung leis-tungsgeminderter Arbeitnehmer (§ 3 Abs. 2 Ziff. 2 SGB III).

Diese mindere Schutzbedürftigkeit wurde im übrigen bereits vor der teilweisen Aufgabe der Gerichtskostenfreiheit un-terstellt. Denn schon damals berechneten sich die Gebühren des anwaltlichen Prozessbevollmächtigten bei Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und juristischen Personen des öffent-lichen Rechts nach dem Gegenstandswert, § 116 Abs. 2 Ziff. 3 der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) in der bis zum 01.01.2002 geltenden Fassung (aF). Dies führte in aller Regel zu deutlich höheren Gebühren als bei der im übrigen vorzunehmenden Abrechnung innerhalb eines Gebührenrahmens nach § 117 Abs. 1 BRAGO aF. Die für den Rechtssuchenden kostengünstige Berechnung nach der Rahmengebühr war aber Ausdruck des Sozialstaatsprinzips und der erhöhten Schutz-bedürftigkeit des Sozialleistungsempfängers (Urteil des Bundesgerichtshofes vom 29.06.1967, Az.: VII ZR 266/64, ab-gedruckt in BGHZ Bd. 48, Seiten 134ff., insbs. Seiten 138f.; Urteil des Bundessozialgerichts vom 07.12.1983, Az.: 9a RVs 5/82, abgedruckt in SozR 1300, § 63, Nr. 2, insbs. Seite 7).

1. Der Beklagten waren danach die –gerichtlichen und außerge-richtlichen- Kosten des Verfahrens gemäß § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit den §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 der Verwal-tungsgerichtsordnung (VwGO) aufzuerlegen, weil sie das Klagbegehren mit Abhilfebescheid vom 15.01.2004 faktisch anerkannt hat und damit unterlegen war.

2. Die Streitwert war auf die Höhe der Förderung festzusetzen. Die Entscheidung beruht insofern auf den §§ 25 Abs. 2 Satz 1, 13 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes und folgte den An-gaben im Schlussbescheid.
Rechtskraft
Aus
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