L 10 AL 57/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 56 AL 1639/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AL 57/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab dem 27. Oktober 2000.

Der 1963 geborene ledige Kläger ist staatenlos und 1978 allein aus dem Libanon in die Bundesrepublik eingereist, um hier einen Asylantrag zu stellen. Aufgrund verschiedener ungelernter Tätigkeiten als Küchenhilfe, Produktionshelfer und Tellerwäscher bewilligte die Beklagte ihm ab dem 18. August 1982 erstmals Arbeitslosengeld (Alg) für 156 Tage (Bescheid vom 23. November 1982). Einem Antrag auf Wiederbewilligung nach zwischenzeitlicher Arbeitsaufnahme vom 12. November 1982 blieb mangels Vorlage der Arbeitgeberbescheinigung der Erfolg versagt (Bescheid vom 17. März 1983). Da er für das Arbeitsamt nach dem Antrag vom 17. Februar 1983 unter keiner der angegebenen Adressen erreichbar und daher nicht verfügbar war, lehnte die Beklagte den Antrag auf Alg erneut ab (Bescheid vom 29. April 1983). Im Oktober 1984 meldete sich der Kläger aus der Jugendstrafanstalt Plötzensee und beantragte die Nachzahlung der ihm zustehenden Leistungen. Dem Begehren blieb der Erfolg versagt (Widerspruchsbescheid vom 26. März 1985).

Am 10. Januar 1990 beantragte der Kläger erneut Alg. Nach den vorgelegten Arbeitsbescheinigungen war er als Pizzabäcker (11. Mai bis 11. Juli 1987) und als Koch (10. Dezember 1988 bis 22. Oktober 1989) versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Mit Bescheid vom 20. Februar 1990 bewilligte die Beklagte Alg für 156 Tage. Am 23. Januar 1990 meldete der Kläger sich in Arbeit ab. Ab dem 27. März 1990 erfolgte die Wiederbewilligung (Bescheid vom 19. April 1990). Mit dem 11. September 1990 trat Anspruchserschöpfung ein. Im Anschluss erhielt er Alhi bis zum 23. Oktober 1991 (Ablauf des Bewilligungsabschnitts). Wegen Meldeversäumnissen erfolgte eine Weiterbewilligung erst ab dem 16. Dezember 1991. Am 7. April 1992 erschien der Kläger zu einem Meldetermin nicht bei der Beklagten. Diese stellte eine Säumniszeit fest (Bescheid vom 24. April 1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. November 1993) und hob die Leistungsbewilligung auf. In der Folge meldete sich der Kläger nicht mehr bei der Beklagten.

Am 9. März 1999 beantragte der Kläger erneut Alg. Vom 26. November 1994 bis 25. Januar 1999 habe er sich in Strafhaft befunden. Er legte Arbeitsbescheinigungen der Arbeitsverwaltung der Justizvollzugsanstalt Moabit über den Umfang der dort beitrags- bzw. versicherungspflichtig geleisteten Arbeit vor. Die Beklagte prüfte, ob der deutsche Arbeitsmarkt dem Kläger - zu diesem Zeitpunkt im Besitz einer Duldung, die ihm die Arbeitsaufnahme bei Erteilung einer Arbeitsgenehmigung durch das Arbeitsamt erlaubte - verschlossen sei, konnte Anhaltspunkte dafür zunächst nicht erkennen und bewilligte Alg ab dem 9. März 1999 für eine Anspruchsdauer von 364 Tagen (Bescheid vom 22. April 1999). Ab dem 10. März 2000 trat Anspruchserschöpfung ein. Anschließend bewilligte die Beklagte Alhi bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts am 9. März 2001 (Bescheid vom 27./28. Januar 2000).

Eine im Juli 2000 eingeleitete Prüfung ergab, dass der deutsche Arbeitsmarkt dem Kläger verschlossen sei. Arbeitsangebote seien nicht erfolgt, da im Tagespendelbereich 5.844 bevorrechtigte deutsche und ihnen gleichgestellte ausländische Arbeitnehmer zur Verfügung gestanden hätten.

Mit Bescheid vom 24. Oktober 2000 hob die Beklagte die Bewilligung von Alhi ab dem 22. Juli 2000 auf, da die Leistungsvoraussetzungen weggefallen seien. Der Kläger bedürfe zur Ausübung einer Beschäftigung einer Arbeitsgenehmigung. Da er eine solche nicht besitze und auch keinen Anspruch auf eine Arbeitsberechtigung nach § 286 Sozialgesetzbuch/Drittes Buch (SGB III) oder § 2 der Arbeitsgenehmigungsverordnung (ArGV) habe, dürfe er eine Beschäftigung nur ausüben, wenn Lage und Entwicklung des deutschen Arbeitsmarktes dies zuließen, der deutsche Arbeitsmarkt also für ihn offen sei. Der Arbeitsmarkt habe sich aber als dem Kläger verschlossen erwiesen. Trotz einjähriger Vermittlungsbemühungen habe sich keine Beschäftigung finden lassen, für die ihm unter Berücksichtigung des Vorrangs deutscher und ihnen gleichgestellter Arbeitnehmer eine Arbeitsgenehmigung hätte erteilt werden dürfen. Die voraussehbare Entwicklung des Arbeitsmarktes lasse keine Besserung erwarten. Da der deutsche Arbeitsmarkt dem Kläger verschlossen sei, stehe er der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung. Daher bestehe auch kein Anspruch auf Geldleistungen.

Mit dem Widerspruch machte der Kläger geltend, er könne sofort im Ristorante P A eine Beschäftigung aufnehmen, sobald ihm eine Arbeitsgenehmigung erteilt worden sei. Er habe viele Verpflichtungen und wolle nicht als Sozialhilfeempfänger in Deutschland leben. Er legte Bestätigungen des Ristorante P Asowie des Kfz-Ersatzteilbetriebes M. H über die Möglichkeit zur Arbeitsaufnahme vor.

Mit Bescheid vom 7. März 2001 änderte die Beklagte die am 24. Oktober 2000 getroffene Entscheidung dahingehend ab, dass die Aufhebung der Leistungsbewilligung erst für die Zukunft, nämlich ab dem 27. Oktober 2000 - drei Tage nach Absendung des Bescheides vom 24. Oktober 2000 - erfolge.

Den erneuten Antrag auf (Weiter-)Gewährung von Alhi vom 30. Januar 2001 lehnte die Beklagte ebenfalls mit einem Bescheid vom 7. März 2001 ab. Im Übrigen blieb dem Widerspruch der Erfolg versagt (Widerspruchsbescheid vom 8. März 2001).

Das Sozialgericht hat die Ausländerakten des Landeseinwohneramtes beigezogen, aus denen sich ergab, dass dem Kläger weiter eine Duldung (bis 18. Februar 2001) erteilt worden sei. Die Arbeitsaufnahme sei gestattet, wenn das Arbeitsamt eine Arbeitsgenehmigung erteile.

Mit Urteil vom 28. Mai 2002 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 7. März 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2001 aufgehoben und die Beklagte unter Aufhebung des weiteren Bescheides vom 7. März 2001 zur Gewährung von Alhi ab dem 30. Januar 2001 verurteilt. Zu Unrecht sei die Beklagte ab dem 27. Oktober 2000 davon ausgegangen, dass dem Kläger der deutsche Arbeitsmarkt verschlossen sei. Nach den Grundsätzen des Urteils des 4. Senats des Landessozialgerichts Berlin vom 17. August 2001 (Az.: L 4 AL 16/00) habe der Kläger Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis aus Härtegründen, wenn er einen Arbeitgeber finde, der ihn zu marktüblichen Bedingungen beschäftige. Die Nichterteilung einer Arbeitserlaubnis verstoße gegen die Verfassungsgrundsätze der Artikel 1, 2 Grundgesetz (GG). Der Kläger lebe seit 1978 in der Bundesrepublik und habe bereits dreimal einen Anspruch auf Alg erworben. Der Erteilung einer arbeitsmarktunabhängigen Arbeitsberechtigung stehe nur sein fehlender Aufenthaltsstatus entgegen. Da die Beklagte nicht geprüft habe, ob dem Kläger aus Härtegesichtspunkten eine Arbeitserlaubnis erteilt werden könne, habe die Kammer auch nicht die Feststellung treffen können, dass dem Kläger der deutsche Arbeitsmarkt verschlossen sei.

Gegen das ihr am 24. Juni 2002 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung vom 23. Juli 2002. Sie macht geltend, eine Arbeitserlaubnis nach § 285 SGB III hätte dem Kläger nicht erteilt werden dürfen, da im Tagespendelbereich 5.844 bevorrechtigte Arbeitslose gemeldet seien. Die Aufhebung der Alhi sei auch erst nach Ablauf des so genannten Prüfjahres erfolgt und daher nicht zu beanstanden. Zu Unrecht sei das Sozialgericht davon ausgegangen, dass auch die mögliche Erteilung einer Arbeitserlaubnis aus Härtegründen zu prüfen sei. Eine Härtefallprüfung könne nur erfolgen, wenn ein konkreter Arbeitsplatz vorhanden sei. Die Erteilung einer solchen Erlaubnis komme gemäß § 285 Abs. 1 Nr. 3 SGB III nur in Betracht, wenn der Ausländer nicht zu ungünstigeren Bedingungen beschäftigt werde als deutsche Arbeitnehmer. Dies setze eine konkrete Prüfung des Einzelfalles voraus. Im Rahmen der Prüfung der Verfügbarkeit eines Arbeitslosen, um die es auch vorliegend gehe, seien nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aber keine konkreten Einzelfallprüfungen anhand eines bestimmten Arbeitsplatzes vorzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Mai 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Er wolle nicht auf Dauer von der Sozialhilfe leben, sondern seinen Teil zum Unterhalt des gemeinsamen Sohnes und seiner Lebensgefährtin, der polnischen Staatsangehörigen, beitragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Sachdarstellung und der Rechtsausführungen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese haben im Termin vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht entschieden, dass dem Kläger Alhi ab dem 27. Oktober 2000 bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts (9. März 2001) zusteht.

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist der Aufhebungsbescheid vom 7. März 2001, der den vorangegangenen Bescheid vom 24. Oktober 2000 ersetzt hat (§ 86 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2001 sowie der denselben Bewilligungsabschnitt betreffende Bescheid vom 7. März 2001, mit dem die Beklagte die Bewilligung von Alhi aufgrund des Antrages vom 30. Januar 2001 abgelehnt hat (§ 86 SGG). Gestritten wird damit nur um den Anspruch auf Alhi bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts am 9. März 2001. Anders ist auch der zusprechende Tenor des Sozialgerichts nicht zu verstehen. Dies ergibt sich ausreichend deutlich aus dessen Entscheidungsgründen. Denn das Sozialgericht hat deutlich gemacht, dass die Aufhebung der Bewilligung für den Bewilligungsabschnitt vom 10. März 2000 bis 9. März 2001 rechtswidrig war. Aus Klarstellungsgründen hat es auch den den Weitergewährungsantrag vom 30. Januar 2001 ablehnenden Bescheid vom 7. März 2001 aufgehoben und einen Leistungsanspruch ab 30. Januar 2001 tituliert, obwohl letzteres streng genommen nicht erforderlich war. Denn mit der Kassation des die Alhi-Bewilligung vom 10. März 2000 bis 9. März 2001 aufhebenden Bescheides stand dem Kläger wieder ein Alhi-Anspruch aus dem Bescheid vom 27./28. Januar 2000 zu. Es sind aber keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Sozialgericht dem Kläger einen Alhi-Anspruch für den neuen Bewilligungsabschnitt ab dem 10. März 2001, für den der Kläger nicht einmal einen Antrag gestellt hat, zusprechen wollte. Insoweit bedarf es weder einer Klarstellung noch einer Aufhebung des vom Sozialgericht formulierten Tenors.

Rechtsgrundlage des Aufhebungsbescheides vom 7. März 2001 ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - hier die Bewilligung von Alhi mit Bescheid vom 27./28. Januar 2000 für den Zeitraum vom 10. März 2000 bis 9. März 2001 - mit Wirkung für die Zukunft (d.h. ab Zustellung des Aufhebungsbescheides, hier am 27. Oktober 2000 nach der Zustellungsfiktion des § 37 Abs. 2 SGB X) aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist.

Zu Unrecht hat die Beklagte angenommen, dass zum 27. Oktober 2000 eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die bei der Bewilligung von Alhi mit Bescheid vom 27./28. Januar 2000 vorgelegen haben, eingetreten sei. Der deutsche Arbeitsmarkt war dem Kläger nicht verschlossen, da ihm für Tätigkeiten unter marktüblichen Bedingungen auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsfeld als Koch- bzw. Restauranthelfer eine Arbeitserlaubnis aus Härtegründen zu erteilen gewesen wäre.

Nach §§ 190 Abs. 1 Nr. 1, 198 Satz 2, 118, 119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III hat Anspruch auf Alhi, wer u.a. den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Diese Voraussetzung erfüllt nur, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufnehmen und ausüben kann und darf (§ 119 Abs. 3 SGB III). Arbeitnehmer, die nicht Deutsche im Sinne des Artikel 116 GG sind, benötigen für die Arbeitsaufnahme eine Arbeitsgenehmigung, soweit in zwischenstaatlichen Vereinbarungen nichts anderes bestimmt ist. Insoweit besteht für Ausländer ein allgemeines Beschäftigungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt und damit ein Rechtshindernis, das einer Arbeitsaufnahme im Bundesgebiet entgegensteht. Da der Kläger nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, bedarf er für die Arbeitsaufnahme im Bundesgebiet einer Arbeitserlaubnis. Dieser Umstand allein steht seiner Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung aber nicht entgegen. Sie ist jedoch dann zu verneinen, wenn der arbeitslose Ausländer für den Fall einer Beschäftigungsmöglichkeit eine Arbeitsgenehmigung nicht zu erwarten hat (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 26. März 1998 Az.: B 11 AL 75/97 R). Der Ausschluss der Verfügbarkeit nicht bevorrechtigter ausländischer Arbeitnehmer ist davon abhängig, dass Vermittlungsbemühungen der Bundesagentur für Arbeit über den Zeitraum von mindestens einem Jahr seit der Arbeitslosmeldung erfolglos geblieben sind. In der Prüfzeit anzustellende Vermittlungsbemühungen müssen nicht zum Angebot von Arbeitsplätzen geführt haben.

Zutreffend sind die Beklagte und das Sozialgericht zunächst davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Arbeitsberechtigung nach § 286 SGB III nicht vorliegen, weil der Kläger lediglich im Besitz einer Duldung und nicht einer Aufenthaltserlaubnis oder -befugnis ist. Eine Arbeitserlaubnis nach § 285 Abs. 1 Nr. 1 SGB III kann dem Kläger nicht erteilt werden, weil auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt als Kochhelfer über 5.000 bevorrechtigte Arbeitnehmer arbeitslos gemeldet sind und es insoweit an den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 1 der genannten Vorschrift fehlt. Bei ihrer Prüfung hat die Beklagte auch die mindestens einjährige Prüffrist seit der Arbeitslosmeldung am 9. März 1999 eingehalten.

Damit steht entgegen der Auffassung der Beklagten aber noch nicht fest, dass dem Kläger der Arbeitsmarkt verschlossen ist, weil er im Falle einer Beschäftigungsmöglichkeit keine Arbeitsgenehmigung zu erwarten habe. Zu prüfen ist auch, ob dem Kläger eine Arbeitserlaubnis aus Härtegründen nach § 285 Abs. 2 SGB III in Verbindung mit § 1 Abs. 2 ArGV zu erteilen gewesen wäre (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 22. September 1988, Az.: 7 RAr 108/87). Eine solche ist zu erteilen, wenn die Versagung unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des einzelnen Falles eine besondere Härte bedeuten würde. Die Beklagte verkennt, dass im Rahmen der Verfügbarkeit auch derjenige eine Beschäftigung aufnehmen darf, dem eine Arbeitserlaubnis aus Härtegründen zu erteilen ist. In diesem Rahmen ist eine konkrete Prüfung anzustellen, die in der Regel bei der Prüfung der Verfügbarkeit nicht anzustellen ist. Das Dürfen im Sinne des § 119 Abs. 3 SGB III aufgrund einer Arbeitserlaubnis aus Härtegründen stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass die Verfügbarkeit von Arbeitslosen im Normalfall nicht an einem konkreten Arbeitsplatz gemessen wird. So hat das BSG in der zitierten Entscheidung es nicht einmal ansatzweise problematisiert, ob eine prognostisch aus Härtegründen zu erteilende Arbeitserlaubnis zur Aufrechterhaltung der Verfügbarkeit ausreichend ist. Auch die Neufassung durch § 1 Abs. 2 ArGV gebietet keine andere Betrachtungsweise. In dem zitierten Urteil hat das BSG ausgeführt, dass die Verfügbarkeit im Rahmen der Alhi-Gewährung weiter besteht, wenn dem arbeitslosen Ausländer eine Arbeitserlaubnis aus Härtegründen zu erteilen wäre. Damals wie heute war bzw. ist also eine Prognoseentscheidung zu treffen, weil der Alhi beziehende Ausländer naturgemäß keine Beschäftigungsstelle hat. Dass die Prognoseentscheidung sich auf eine Arbeitsstelle unter marktüblichen Bedingungen beziehen muss - worauf die Beklagte zu Recht hinweist - macht eine solche Prüfung aber nicht unmöglich, sondern ist geradezu Voraussetzung der zu treffenden Prognoseentscheidung. Die Beklagte stellt selbst auch nicht in Abrede, dass es auf dem Arbeitsmarkt Tätigkeiten als Restauranthelfer unter marktüblichen Bedingungen gibt. Weiter unterliegt es keinem Zweifel, dass auch derjenige Ausländer eine solche Tätigkeit ausüben darf, der eine Arbeitserlaubnis aus Härtegründen besitzt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts können die für ausländische Arbeitnehmer allgemein gültigen Verhältnisse einen Härtefall nicht begründen und besondere Verhältnisse nur, wenn sie stärkeres Gewicht haben als der Vorrang der deutschen und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmer (BSGE 54, 14, 21 f). Härten, die aufgrund von Umständen bestehen, wie sie bei einer Vielzahl von ausländischen Arbeitnehmern auftreten können, rechtfertigen nicht die Erteilung einer Arbeitserlaubnis (vgl. BSG SozR 4210 § 2 Nr. 9 und 10). Gemessen an diesen Rechtsgrundsätzen liegt ein Härtefall vor. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass allein der rechtswidrige, wenn auch langjährig geduldete Aufenthalt in Deutschland eine individuelle Härte zugunsten des Ausländers nicht zu begründen vermag, solange noch eine Rückkehrmöglichkeit besteht. Daran ist festzuhalten, weil sich weiter eine Vielzahl von Ausländern in Deutschland in dieser Situation befindet. Sie kann daher keine besondere Härte im Sinne des § 1 Abs. 2 ArGV darstellen.

Besondere Verhältnisse im Sinne der genannten Vorschrift liegen hier aber vor. Zunächst steht vorliegend fest, dass der Kläger auf Dauer in der Bundesrepublik Deutschland bleiben wird, da keine Möglichkeit besteht, ihn in den Libanon abzuschieben. Es ist gerichtsbekannt, wenn nicht sogar allgemeinkundig, dass der Libanon staatenlose Palästinenser nicht wieder aufnimmt. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern, da eine grundsätzliche Änderung der politischen Verhältnisse im Nahen Osten nicht abzusehen ist.

Der Kläger hat auch nicht - wie andere staatenlose Palästinenser aus dem Libanon - die Möglichkeit, nach den von der Innenministerkonferenz (hier Beschluss vom 19. November 1999) beschlossenen Bleiberechtsregelungen für Asylbewerber mit langjährigem Aufenthalt eine Aufenthaltsbefugnis und infolge dieser eine Arbeitsberechtigung nach § 286 Abs. 1 Nr. 1 b SGB III zu erhalten. Die Bleiberechtsregelung in der hier anzuwendenden Fassung begünstigt nur Asylbewerberfamilien, nicht aber alleinstehend eingereiste Asylbewerber. Ein günstigerer Aufenthaltsstatus bleibt auch dem Ausländer versagt, der während seines Aufenthalts im Bundesgebiet Straftaten begangen hat, die zu einer oder mehreren Verurteilungen zu einer Geldstrafe von insgesamt mehr als 50 Tagessätzen geführt haben. Damit steht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass der Kläger keinen günstigeren Aufenthaltsstatus als den einer Duldung erhalten wird, so dass ihm auch in Zukunft keine Arbeitsberechtigung erteilt werden wird. Genau so sicher steht aber fest, dass der Kläger in der Bundesrepublik verbleiben wird. Jedenfalls in dieser Situation liegen bei dem mit 16 Jahren eingereisten Kläger, der sich mittlerweile über 25 Jahre in Deutschland aufhält und Unterhaltspflichten gegenüber seinem Kind P zu erfüllen hat, besondere Verhältnisse vor, die die Erteilung einer Arbeitserlaubnis aus Härtegründen gebieten, wenn er zu marktüblichen Bedingungen eine Beschäftigung findet.

Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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