L 19 RJ 364/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RJ 729/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 RJ 364/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 06.05.2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Rentenleistungen aus den von den Arbeitgebern getragenen Beiträgen zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung.

Der 1942 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in seiner Heimat. In Deutschland hat er vom 28.07.1972 bis 02.03.1977 versicherungspflichtig gearbeitet. Auf den Antrag vom 13.08.1979 erstattete die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 19.03.1980 - zugestellt am 10.04.1980 - die im genannten Zeitraum von ihm zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung geleisteten Beiträge (Arbeitnehmeranteil) in Höhe von insgesamt 7.876,20 DM.

Der Kläger begehrt nunmehr von der Beklagten die Bewilligung einer "Halbrente". Zur Begründung führt er aus, er habe nur die Beiträge zurückerhalten, die er selbst gezahlt habe. Die Beiträge seiner Arbeitgeber habe die Beklagte einbehalten. Die Arbeitgeber hätten diese Beiträge für ihn gezahlt, damit er im Alter eine Rente erhalten sollte. Er habe daher ein Recht auf "Halbrente".

Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 03.06.2002 und Widerspruchsbescheid vom 11.10.2002 mit der Begründung ab, dass nach dem Zeitpunkt der Beitragserstattung weitere Beiträge zur deutschen Rentenversicherung nicht mehr entrichtet worden seien. Damit seien keine auf die Wartezeit anrechnungsfähigen Zeiten mehr vorhanden. Ein Anspruch auf Versichertenrente aus den von den Arbeitsgebern getragenen Beiträgen bestehe aufgrund der eindeutigen Gesetzeslage nicht.

Die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Bayreuth (SG) mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 06.05.2003 abgewiesen. In den Gründen hat es ausgeführt, dass nach den zwingenden Vorschriften nur die Hälfte der zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung geleisteten Beitragsanteile erstattet werden können. Eine Erstattung der anderen Hälfte (des Arbeitgeberanteils) sei nicht vorgesehen. Nach Durchführung der Beitragserstattung bestehe kein Anspruch des Klägers auf Versichertenrente, da weitere Beiträge in der Rentenversicherung nicht mehr entrichtet worden seien.

Gegen dieses am 23.06.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02.07.2003 Berufung beim SG eingelegt.

Der Kläger, für den in der mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist, beantragt sinngemäß, das Urteil des SG Bayreuth vom 06.05.2003 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2002 zu verurteilen, ihm aus den von seinen Arbeitgebern in der Zeit vom 28.07.1972 bis 02.03.1977 entrichteten Beiträgen Rente zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten wird ergänzend auf die Streitakten erster und zweiter Instanz und die Unterlagen der Beklagten hingewiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgeetz -SGG-) und auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG).

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel des Klägers aber als nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 06.05.2003 zu Recht entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte keinerlei Ansprüche aus seinen in Deutschland ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigungen vom 28.07.1972 bis 02.03.1977 hat.

Die Beklagte hat dem Kläger gemäß § 1303 Abs 1 Satz 1 der damals geltenden Reichsversicherungsordnung (RVO) auf seinen Antrag vom 13.08.1979 die Hälfte der zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung für ihn entrichteten Beiträge erstattet. Dies hat zur Folge, dass das Versicherungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten aufgelöst ist. Somit bestehen Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nicht mehr (vgl. § 1303 Abs 7 RVO). Die in dieser Vorschrift normierte Verfallswirkung führt nämlich zur rückwirkenden Aufhebung des Versicherungsverhältnisses und erfasst alle vor der Erstattung liegenden Versicherungszeiten, so dass Ansprüche insoweit nicht mehr bestehen und der Kläger keine auf die Wartezeit des § 50 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) anrechenbaren Pflichtbeiträge mehr nachweisen kann. Rentenansprüche stehen ihm nicht mehr zu, da das Versicherungsverhältnis infolge der Beitragserstattung aufgelöst ist.

Auch hat der Kläger keinerlei Rechte an den von seinen Arbeitgebern in Deutschland getragenen Anteilen zur Rentenversicherung. Insoweit hat der Kläger weder einen Anspruch auf Erstattung dieser Anteile noch auf Bewilligung einer "Halbrente" aus diesen vom Kläger nicht getragenen Beiträgen. Die Begrenzung der Beitragserstattung durch § 1303 Abs 1 Satz 1 RVO auf die Hälfte der gesetzlichen Beiträge ist auch verfassungsgemäß (BVerfG SozR 2200 § 1303 Nr 34). Der Ausschluss weiterer Ansprüche nach § 1303 Abs 7 RVO verstößt auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 Grundgesetz -GG- (BVerfG, Beschluss vom 16.06.1981 - BvG 445/81). Es liegt insoweit auch kein Eingriff in das verfassungsrechtlich garantierte Eigentumsrecht (Art 14 GG) vor, weil die Begrenzung der Beitragserstattung auf die Hälfte der gesetzlichen Beiträge verfassungsgemäß ist und hinsichtlich der anderen Hälfte durch die freiwillige Entscheidung eine Beitragserstattung zu beantragen, das Eigentumsrecht gerade realisiert worden ist.

Bei dieser Sachlage hat das SG zu Recht entschieden, dass im Anschluss an die Beitragserstattung gemäß § 1303 Abs 7 RVO alle Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte aus den vor der Beitragserstattung zurückgelegten Versicherungszeiten ausgeschlossen sind. Damit ist die allgemeine Wartezeit für die Gewährung einer Versichertenrente nicht erfüllt. Die vom Kläger begehrte Leistung ("Halbrente") ist nach den deutschen Vorschriften nicht möglich. Denn infolge der Auflösung des Versicherungsverhältnisses stehen dem Kläger gegen die Beklagte keinerlei Ansprüche mehr zu. Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren unterlegen ist.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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