L 19 RJ 376/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RJ 728/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 RJ 376/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 06.05.2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Erstattung der von den Arbeitgebern des Klägers getragenen Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung.

Der 1942 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in seiner Heimat. In Deutschland hat er vom 18.04.1969 bis 26.02.1975 versicherungspflichtig gearbeitet. Auf den Antrag vom 09.05.1977 erstattete die damals zuständige LVA Rheinland-Pfalz dem Kläger mit Bescheid vom 12.08.1977 die im genannten Zeitraum von ihm zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung geleisteten Beiträge (Arbeitnehmeranteil) in Höhe von insgesamt 9.022,80 DM.

Mit Schreiben vom 01.02.2002 teilte der Kläger der Beklagten mit, er habe in Deutschland 8 Jahre gearbeitet und lebe jetzt in der Türkei. Er beantrage "hiermit die Anteile seiner Arbeitgeber". Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.07.2002 und Widerspruchsbescheid vom 16.10.2002 ab, da ein Anspruch auf Erstattung aus den vom Arbeitgeber getragenen Beiträgen aufgrund der eindeutigen Gesetzeslage nicht bestehe.

Die dagegen am 08.11.2002 erhobene Klage hat das Sozialgericht Bayreuth (SG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 06.05.2003 abgewiesen. In den Gründen hat es ausgeführt, nach der zwingenden Vorschrift des § 210 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - sei nur die Hälfte der zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung geleisteten Beitragsanteile zu erstatten. Eine Erstattung der anderen Hälfte (des Arbeitgeberanteils) sehe diese Vorschrift nicht vor.

Gegen dieses Urteil richtet sich die am 07.07.2003 beim SG eingegangene Berufung des Klägers, die er nicht begründet hat.

Der Kläger, für den in der mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist, beantragt sinngemäß, das Urteil des SG Bayreuth vom 06.05.2003 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.10.2002 zu verurteilen, ihm die von seinen Arbeitgebern in der Zeit vom 18.04.1969 bis 26.02.1975 entrichteten Beiträge zu erstatten.

Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Ausführungen in der erstgerichtlichen Entscheidung die Zurückweisung der Berufung.

Wegen der Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Streitakten erster und zweiter Instanz und die Unterlagen der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG).

Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als unbegründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 06.05.2003 zu Recht entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf eine (nochmalige) Beitragserstattung hat.

Wie das SG im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, sind nach den aktenkundigen Unterlagen der Beklagten und der ehemals zuständigen LVA Rheinland-Pfalz die Arbeitnehmeranteile für die Zeit vom 18.04.1969 bis 26.02.1975 durch Bescheid vom 12.08.1977 in Höhe von 9.022,80 DM erstattet und der Erstattungsbetrag an den Kläger in die Türkei überwiesen worden. Aufgrund der Beitragserstattung ist das Versicherungsverhältnis erloschen (§ 1303 Abs 7 der damals geltenden Reichsversicherungsordnung - RVO -) mit der Folge, dass weitere Ansprüche aus den vom Kläger in Deutschland zurückgelegten Versicherungszeiten ausgeschlossen sind.

Nach § 1303 Abs 1 RVO in der bis 31.12.1991 geltenden Fassung hatte ein Versicherter lediglich Anspruch auf Erstattung der Beiträge in Höhe des Anteils, den er selbst getragen hatte, nicht jedoch auf Erstattung des Arbeitgeberanteils.

Die Begrenzung der Beitragserstattung aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Hälfte der entrichteten Beiträge (Arbeitnehmeranteil) ist auch verfassungsgemäß. Es stellt keine Verletzung der Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 GG und keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG dar, dass von der Beitragserstattung allgemein die vom Arbeitgeber getragenen Rentenversicherungsbeiträge (der sog. Arbeitgeberanteil) - vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 24.11.1986, 1 BvR 772/85 (vgl SozR 2200 § 1303 Nr 34) als vom Arbeitgeber "bezahlte" Beiträge bezeichnet - ausgenommen werden.

An dieser Rechtslage hat sich durch die Ersetzung des § 1303 RVO durch die am 01.01.1992 in Kraft getretene Bestimmung des § 210 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 2, Abs 3 Satz 5 (und Abs 3 Satz 1) SGB VI nichts geändert, so dass der Antrag des Klägers vom 08.02.2002 im Gesetz keine Stütze findet. Nach § 210 Abs 3 Satz 1 SGB VI werden Beiträge nur in der Höhe erstattet, in welcher der Versicherte sie getragen hat (nicht: in der er sie zu tragen hatte). Dabei ist unter dem "Tragen" von Beiträgen die Aufbringung von Geldbeträgen aus eigenen Mitteln zu verstehen (BSG SozR 2200 § 1303 Nr 35). Von der Beitragserstattung sind dagegen alle Arten von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung ausgenommen, die im wirtschaftlichen Ergebnis ausschließlich ein zahlungspflichtiger Dritter (hier der Arbeitgeber) aus seinem Vermögen für den jeweiligen Versicherten entrichtet hat, ohne dass dieser hierfür Eigenmittel aufwenden musste. Der Kläger hat somit den sog. Arbeitgeberanteil nicht "getragen". Auch diese Neuregelung des § 210 SGB VI ist verfassungsgemäß (vgl insbesondere BSG vom 29.06.2000 - B 4 RA 57/98 R). Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren unterlegen ist.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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