Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 488/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 4874/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Eine Schätzung in Bezug auf die Höhe einer Forderung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 287 Abs. 1 ZPO ist auch im sozialgerichtlichen Verfahren statthaft. Fehlt es allerdings an einer gesicherten Schätzungsgrundlage hat eine Schätzung zu unterbleiben. In diesem Fall stellt sich die Frage der Beweislast.
2. Im Rahmen des § 45 SGB X geht die Unaufklärbarkeit der für die Hilfebedürftigkeit zu ermittelnden Einkommenssituation ausnahmsweise entgegen den allgemeinen Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Leistungsbeziehers, wenn in dessen persönlicher Sphäre oder in dessen Verantwortungssphäre wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind und die zeitnahe Aufklärung des Sachverhaltes durch unterlassene Angaben oder unzureichende Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung erschwert oder verhindert wird (Umkehr der Beweislast).
2. Im Rahmen des § 45 SGB X geht die Unaufklärbarkeit der für die Hilfebedürftigkeit zu ermittelnden Einkommenssituation ausnahmsweise entgegen den allgemeinen Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Leistungsbeziehers, wenn in dessen persönlicher Sphäre oder in dessen Verantwortungssphäre wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind und die zeitnahe Aufklärung des Sachverhaltes durch unterlassene Angaben oder unzureichende Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung erschwert oder verhindert wird (Umkehr der Beweislast).
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. November 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Im Übrigen verbleibt es bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten zuletzt noch über die Rücknahme von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (Arbeitslosengeld II) für die Zeit vom 01.02.2007 bis einschließlich Oktober 2011 und die Erstattung des in diesem Zeitraum ausgezahlten Arbeitslosengeldes II in Höhe von 44.247,67 EUR.
Die 1969 geborene Klägerin beantragte erstmalig im Juli 2006 Arbeitslosengeld II beim Beklagten. Sie legte bei Antragstellung einen 1992 mit dem Voreigentümer vor dem jetzigen Vermieter geschlossenen Mietvertrag über eine 4-Zimmer-Wohnung in der A.straße 3 in B. vor (2006: Kaltmiete 800,00 EUR, Nebenkosten 300,00 EUR, Stromabschlag 167,00) und gab an, bislang von Prostitution und der Tagesvermietung von Zimmern gelebt zu haben, mittlerweile aber kein Einkommen mehr zu erzielen. Angegeben wurde weiterhin eine abhängige Tätigkeit bei der Firma C ... Ihr PKW sei aus steuerlichen Gründen auf ihren früheren Wohnsitz in Frankreich zugelassen, wobei es sich um eine Briefkastenadresse handle. Im Zuge eines vom Beklagten veranlassten Hausbesuches von Außendienstmitarbeitern am 20.09.2006 wurden in der Wohnung der Klägerin 2 Prostituierte angetroffen, die angaben, im August 4 Tage und im September im Zuge einer Fünftagewoche voll gearbeitet und für die Zimmermiete täglich 25 EUR entrichtet zu haben. Der Beklagte bewilligte daraufhin Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung eines monatlichen Einkommens der Klägerin aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 1.025,00 EUR und forderte sie zur Vorlage eines Kassenbuchs über ihre Einnahmen auf. Die Klägerin legte in der Folgezeit Übersichten über Einnahmen und Ausgaben aus dieser selbständigen Tätigkeit für August 2006 bis einschließlich Januar 2007 vor, welche der Beklagte bei der Leistungsbewilligung für den Zeitraum bis 31.01.2007 berücksichtigte.
Am 18.01.2007 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Weitergewährung von Arbeitslosengeld II. Sie teilte mit, sie erziele aus der Tagesvermietung monatlich durchschnittlich 300,00 EUR, aus der abhängigen Beschäftigung netto 350,00 EUR. Im Rahmen einer Vorsprache beim Beklagten teilte die Klägerin mit, sie nutze die Wohnung zu ca. 50 % privat; der restliche Teil werde untervermietet. Der Beklagte vereinbarte mit der Klägerin, dass ab März 2007 nur noch die angemessene Grundmiete in Höhe von monatlich 252,90 EUR sowie die Hälfte der Nebenkosten anerkannt werden. Ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Gehaltsabrechnungen wurden ihr für Februar bis einschließlich Juli 2007 monatlich netto 360,30 EUR Lohn für die Tätigkeit bei der Firma C. ausbezahlt. In der Zeit vom 12.06.2007 bis einschließlich 31.07.2007 bezog sie weiterhin Krankengeld in Höhe von täglich 8,31 EUR. Der Beklagte bewilligte der Klägerin für den Zeitraum Februar 2007 bis Juli 2007 mit Bescheid vom 23.01.2007 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 02.02.2007, vom 24.05.2007, vom 22.06.2007 und in Gestalt des Aufhebungsbescheides vom 08.01.2008 zuletzt monatlich 592,14 EUR (Februar 2007), 553,54 EUR (März bis Juni 2007) und 489,06 EUR (Juli 2007).
Im Fortzahlungsantrag vom Juni 2007 gab die Klägerin bezüglich ihres Einkommens an, es hätten sich keine Änderungen ergeben. Die Klägerin bezog im August 2007 letztmalig Krankengeld und arbeitete ab September 2007 wieder für die Firma C. (Gehaltszahlungen Oktober 2007: netto 276,22 EUR, von November 2007 bis einschließlich Januar 2008: netto 360,30 EUR). Mit Bescheid vom 25.06.2007 in Gestalt der Aufhebungsbescheide vom 08.01.2008 und 10.03.2008 sowie der Änderungsbescheide vom 08.01.2008 und 10.03.2008 bewilligte der Beklagte zuletzt für den Zeitraum August 2007 bis Januar 2008 monatlich 376,61 EUR (August 2007), 753,84 EUR (September 2007), 762,66 EUR (Oktober 2007), 471,52 EUR (November 2007) und 593,34 EUR (Dezember 2007 sowie Januar 2008).
Im Fortzahlungsantrag vom Januar 2008 gab die Klägerin an, ihr Einkommen bei der Firma C. sei unverändert und sie erziele kein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit. Die Firma C. überwies der Klägerin in den Monaten Februar 2008 bis Mai 2008 jeweils 360,42 EUR monatliches Gehalt und im Juni 2008 540,59 EUR. Die Klägerin kündigte ihr Arbeitsverhältnis bei der Firma C. zum 15.06.2008 aus gesundheitlichen Gründen und bezog ab 16.06.2008 Krankengeld mit einem täglichen Satz von 8,35 EUR für 30 Tage im Kalendermonat. Der Beklagte bewilligte der Klägerin für den Zeitraum Februar 2008 bis Juli 2008 vorläufig mit Bewilligungsbescheid vom 08.01.2008, geändert durch den Bescheid über die endgültige Bewilligung vom 16.07.2008 und den Aufhebungsbescheid vom 17.12.2008 - letztere beide betrafen jeweils die Monate Juni und Juli 2008 - zuletzt Arbeitslosengeld II in Höhe von 593,34 EUR vorläufig monatlich für die Monate Februar 2008 bis Mai 2008 und endgültig 696,39 EUR im Juni 2008 und 287,55 EUR im Juli 2008.
Im Fortzahlungsantrag vom Juni 2008 teilte die Klägerin mit, sie beziehe überhaupt kein Einkommen mehr. Wie nachträglich bekannt wurde, bezog die Klägerin bis einschließlich 07.09.2008 und wieder ab 22.12.2008 Krankengeld in bisheriger Höhe und nahm zum 08.09.2008 eine Beschäftigung bei der Firma D.-Fahrdienste auf, aus der ihr im Oktober und Dezember 2008 sowie im Januar 2009 monatlich 349,78 EUR netto und im November 2008 367,08 EUR zuflossen. Der Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bewilligungsbescheid vom 16.07.2008 in Gestalt der beiden Änderungsbescheide vom 12.12.2008 (vorläufige Bewilligungen für November 2008, Dezember 2008 und Januar 2009), des Aufhebungsbescheides vom 17.12.2008 - teilweise Aufhebung der bewilligten Leistungen für die Monate August 2008 bis Oktober 2008 - und des Änderungsbescheides vom 01.10.2009 (geänderte endgültige Bewilligung für Dezember 2008 und Januar 2009) endgültig Arbeitslosengeld II in Höhe von zuletzt 600,04 EUR im August 2008, 792,09 EUR im September 2008, 634,76 EUR im Oktober 2008, 529,57 EUR im Dezember 2008, 333,57 EUR im Januar 2009 und vorläufig 617,46 EUR im November 2008.
Für den Folgezeitraum beantragte die Klägerin im Dezember 2008 die Weitergewährung von Arbeitslosengeld II mit der Angabe, Einkommen aus der bereits bekannten abhängigen Beschäftigung zu beziehen und im Übrigen keinerlei sonstiges Einkommen, auch nicht aus einer selbständigen Tätigkeit, zu erzielen. Ausweislich der Mitteilung der Firma D.-Fahrdienste vom 17.05.2010 endete das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31.12.2008. Der Klägerin wurde letztmalig im Januar 2009 Gehalt (für Dezember 2008) ausbezahlt. Sie bezog ab 22.12.2008 bis einschließlich 04.10.2009 Krankengeld in Höhe von kalendertäglich 9,80 EUR brutto. Der Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bewilligungsbescheid vom 07.01.2009 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 01.10.2009 endgültig Arbeitslosengeld II für Februar 2009 in Höhe von 581,01 EUR, für März und April 2009 in Höhe von monatlich 556,73 EUR, für Mai und Juni 2009 in Höhe von monatlich 571,13 EUR und für Juli 2009 in Höhe von 578,97 EUR.
Im Juni 2009 beantragte die Klägerin die Fortzahlung von Arbeitslosengeld II und gab an, seit Oktober 2008 Krankengeld zu beziehen und ansonsten keinerlei Einkünfte, auch nicht aus selbständiger Tätigkeit, zu haben. Unter dem 02.11.2009 beantragte die Klägerin die Übernahme der vollen Kosten der Unterkunft, da es ihr zurzeit nicht möglich sei, die Differenz zwischen den bewilligten Leistungen und der vollen Miete aus Untervermietung aufzubringen. Sie hoffe, dass sich dies in Zukunft wieder ändere. Sie reichte ein Schreiben ihres Vermieters, des Zeugen E., wonach seit September 2008 die Miete 1.280,00 EUR (Kaltmiete 880,00 EUR sowie Nebenkostenpauschale 400,00 EUR) betrage und ein Mietrückstand für November und Dezember 2009 in Höhe von über 600,00 EUR bestehe, ferner einen "Antrag auf befristete Übernahme der überteuerten Miete" des Prof. Dr. F, Schmerzzentrum des Universitätsklinikums B. vom 15.12.2009 ein, wonach die Klägerin die Absicht habe, die Wohnung aufzugeben und sich bezahlbaren Wohnraum zu suchen, worum sie sich nach ihrer Entlassung aus der derzeitigen tagesklinischen Behandlung auch bemühen wolle. Aktuell stelle die Wohnungskündigung eine erhebliche Gefährdung des bisher erreichten Behandlungserfolges dar, weshalb man dringend um Übernahme der überteuerten Miete für ein weiteres halbes Jahr ersuche. Der Beklagte bewilligte mit vorläufigem Bewilligungsbescheid vom 19.08.2009 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 01.10.2009 und des weiteren Änderungsbescheides vom 05.10.2009 - letzterer mit wiederum nur vorläufiger Leistungsgewährung für Oktober 2009 bis Januar 2010 - sowie mit weiterem Änderungsbescheid vom 21.12.2009 mit einer endgültigen Leistungsgewährung für die Monate November 2009 bis Januar 2010 und unter Berücksichtigung der vollen Kosten der Unterkunft der Klägerin zuletzt für August 2009 305,09 EUR, für September 2009 578,97 EUR, für Oktober 2009 vorläufig 807,77 EUR, für November 2009 und Dezember 2009 jeweils 1.512,87 EUR und für Januar 2010 1.592,87 EUR.
Im Fortzahlungsantrag vom Dezember 2009 verneinte die Klägerin sowohl Einkommen aus abhängiger wie auch aus selbständiger Tätigkeit. Mit Bescheid vom 19.01.2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld II in Höhe von 1.593,19 EUR monatlich für Februar 2010 bis einschließlich Juli 2010.
Auf den Fortzahlungsantrag der Klägerin vom August 2010, in welchem sie Einkommen wiederum verneinte, bewilligte ihr der Beklagte mit Bescheid vom 04.08.2010 Arbeitslosengeld II in Höhe von 1.593,19 EUR monatlich für August 2010 bis einschließlich Januar 2011.
Am 14.10.2010 versuchten Mitarbeiter des Beklagten vergeblich, die Klägerin in ihrer Wohnung anzutreffen. Ausweislich ihres Berichts vom 18.10.2010 trafen sie stattdessen eine Frau an, die dort augenscheinlich als Prostituierte arbeitete und berichtete, dass sie sich seit ca. drei Monaten in der Wohnung der Klägerin mit kurzen einwöchigen Unterbrechungen aufhalte. Die Klägerin sei ihre "Chefin" und sie habe Räumlichkeiten bei ihr angemietet. Über die Höhe der Miete gab sie keine Auskunft. Der Beklagte stellte mit Bescheid vom 20.10.2010 die Leistungen wegen unterbliebener Angabe von Einkommen vorläufig ein und hörte die Klägerin hierzu an. Die Klägerin teilte hierzu schriftlich mit, die von den Mitarbeitern des Beklagten angetroffene "Mieterin" habe am Folgetag die Wohnung verlassen, ohne die Mietzahlung zu leisten. Sie habe im Moment keine weiteren Interessentinnen für ein Zimmer in ihrer Wohnung, so dass davon auszugehen sei, dass sie auch im November kein Einkommen haben werde. Sie sehe sich darüber hinaus aufgrund einer finanziellen Zwangslage genötigt, der Prostitution wieder zeitweise, soweit es überhaupt gesundheitlich möglich sei, nachzugehen. Sobald sie einen Überblick habe, werde sie über mögliches Einkommen, welches allenfalls geringfügig sein und auch nicht regelmäßig fließen werde, berichten. Am 09.11.2010 gelangte ein Kontrollbericht des Hauptzollamts J. vom 29.10.2010 über eine am 25.10.2010 in der Terminwohnung der Klägerin stattgehabte Außenprüfung zu den Akten des Beklagten. Danach gaben die Nachbarin, die Zeugin G., die ein Stockwerk über der Terminwohnung der Klägerin wohnte, sowie deren Mitbewohnerin an, es sei bekannt, dass es sich um eine Terminwohnung handle und dass die Klägerin nicht im Haus wohne. Beim Eintreffen der Beamten habe, ohne die Wohnungstür zu öffnen, eine Frau in gebrochenem Deutsch den Zutritt zur Wohnung verwehrt. Die nicht anwesende Klägerin habe später telefonisch erklärt, dass niemand ihre Wohnung betreten werde. Auf Nachfrage bei der Steuerfahndungsstelle B., Herrn H. sowie Herrn I., am 26.10.2010 hätten diese mitgeteilt, die Klägerin sei mindestens seit 2006 nicht mehr unter der Anschrift A.straße 3 in B. wohnhaft. Die Wohnung sei regelmäßig mit einer bis 3 Prostituierten belegt.
Mit Bescheid vom 09.11.2010 nahm der Beklagte die Entscheidung vom 04.08.2010 über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II ab 01.11.2010 ganz zurück und bezog sich zur Begründung auf das Ergebnis der hausinternen Ermittlungen sowie derjenigen des Hauptzollamts J., wonach die Klägerin nicht mehr ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Wohnung A.straße 3 habe und darüber hinaus aus der Vermietung ihrer nicht selbst bewohnten Wohnung an Prostituierte Einkommen erziele. Mit Bescheid vom 19.11.2010 hob der Beklagte, "wie im persönlichen Gespräch vom 18.11.2010 vereinbart", über welches indes die Akten keinen Aufschluss geben, den Rücknahmebescheid vom 09.11.2010 auf und wies darauf hin, dass entsprechend dieses Gesprächs die Auszahlung der Leistungen bis zur Vorlage der angeforderten Unterlagen weiterhin vorläufig eingestellt bleibe. Die Klägerin gab daraufhin am 29.11.2010 drei "eidesstattliche" Erklärungen ab, wonach sie zum einen keine Einkommensprognose für die kommenden 6 Monate für ihre Wohnung abgeben könne, da zu befürchten sei, dass sie die Wohnung in der A.straße 3 mangels Einnahmen und angesichts der Androhung der fristlosen Kündigung seitens des Vermieters verlieren werde. Zum anderen versicherte sie, für das Jahr 2010 aus der von ihr angemieteten und auch bewohnten Wohnung in der A.straße 3 keinen Gewinn durch Untervermietung gezogen zu haben. Sie habe dabei sogar noch "draufzahlen" müssen. Letztendlich versicherte sie, dass sie nicht in Frankreich wohnhaft sei und sich dort auch nicht aufhalte, sondern sich nach wie vor täglich unter der Adresse A.straße 3 aufhalte.
Mit Bescheid vom 07.12.2010 bewilligte der Beklagte Arbeitslosengeld II vorläufig und in Höhe von 1.018,29 EUR monatlich für die Monate November 2010 bis April 2011. Die vorläufige Festsetzung sei auf Grundlage der Angaben der Klägerin zum voraussichtlichen Einkommen erfolgt. Bei wesentlichen Änderungen der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben sei die Klägerin verpflichtet, dies unverzüglich mitzuteilen und entsprechende Nachweise vorzulegen. Mit Änderungsbescheid vom 26.03.2011 bewilligte der Beklagte aufgrund der zum 01.01.2011 erhöhten Regelbedarfe für die Zeit ab Januar 2011 bis April 2011 vorläufig 1.023,29 EUR monatlich.
Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin vom März 2011, in welchem diese für den Monat März voraussichtliche Betriebseinnahmen in Höhe von ca. 150,00 EUR angab, zog der Beklagte die Ermittlungsakte des Hauptzollamts J. bei. Diese enthielt unter anderem einen Aktenvermerk der Steuerfahnder H. und K. der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts B.-Land vom 20.12.2010, in welchem dargelegt wurde, es sei bekannt, dass die Klägerin bereits im Jahr 2006 zwar die Mieteinnahmen der Prostituierten einkassierte, die gebotenen Kreuze auf den Formblättern (für die Steuerklärung) dagegen nicht gesetzt habe. In der Wohnung in der A.straße 3 würden von den 4 Räumen 3 für gewerbliche Zwecke genutzt. Im vierten Raum würde sich eine Coach mit Sessel, ein Bett, ein Kleiderschrank sowie ein Fernsehgerät befinden, wobei sich hieran mindestens seit 2006 nichts geändert habe. Bei Besichtigungen im Jahre 2006 habe man im Kleiderschrank keine Kleidungsstücke der Klägerin gefunden. Auch sei seitens der Prostituierten immer wieder betont worden, dass die Klägerin nur zum Duschen komme und sehr selten in der Wohnung übernachte. Angeblich lebe sie in einem Wohnwagen. Die Klägerin habe zumindest bis zum Jahre 2010 keine feste Miete erhalten, sondern das Entgelt der Prostituierten aus deren Dienstleistungen hälftig beansprucht. Die Angaben der Klägerin in den Steuererklärungen seien somit nicht richtig. Nach den dortigen Angaben hätten die Prostituierten die ganzen Jahre nichts verdient, obwohl das Etablissement seit 15 Jahren existiere. Mit Bescheid vom 19.05.2011 bewilligte der Beklagte Arbeitslosengeld II in Höhe von 364,00 EUR monatlich als Vorschuss für die Monate Mai 2011 bis einschließlich Oktober 2011. Kosten der Unterkunft würden vorläufig keine übernommen werden. Über eine endgültige Bewilligung könne man erst nach Eingang der angeforderten Unterlagen entscheiden.
Mit Bescheid vom 13.07.2011 stellte der Beklagte die Zahlung von Arbeitslosengeld II vorläufig ein, weil der Leistungsanspruch weggefallen sei, nachdem die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Bezirk des Beklagten habe. Mit Schreiben gleichen Datums hörte der Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Aufhebung und Erstattung des ab 01.08.2006 bis einschließlich 31.07.2011 gewährten Arbeitslosengeldes II in Höhe von insgesamt 63.335,15 EUR an.
Mit Bescheid vom 05.09.2011 nahm der Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld II unter Benennung der Bewilligungsbescheide ab 01.08.2006 ganz zurück und machte eine Erstattungsforderung in Höhe von 51.116,63 EUR geltend. Die Klägerin habe nach Ermittlungen des Hauptzollamts J. sowie der Steuerfahndungsstelle B. ihren Lebensmittelpunkt nicht im Zuständigkeitsbereich des Beklagten gehabt. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil die Klägerin in ihren Anträgen auf Leistungen zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht habe. Ihr sei auch bekannt gewesen, dass die Bewilligungen fehlerhaft gewesen seien. Ihren hiergegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, sie habe seit über 15 Jahren ihren Wohnsitz ausschließlich in B ... Neben ihrer Wohnung in der A.straße 3 habe sie bis zum Frühjahr des Jahres 2011 einen alten Wohnwagen auf dem Campingplatz in der L.straße genutzt. Im Übrigen sei dem Beklagten ihre Tätigkeit wie auch die übrigen Umstände des Wohnungsmietverhältnisses seit längerem bekannt gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.01.2012 wies der Beklagte den Widerspruch mit im wesentlichen gleicher Begründung als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 31.01.2012 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und die Aufhebung des Bescheides vom 05.09.2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 04.01.2012 begehrt. Sie hat zur Begründung vorgetragen, sie habe sich seit Jahrzehnten ausschließlich in B. aufgehalten und dort auch gewohnt. In Frankreich habe sie lediglich eine Briefkastenadresse unterhalten, um für ihr Fahrzeug eine französische Zulassung zu bekommen. Es sei kein Geheimnis, dass die Wohnung in der A.straße 3 in B. als Terminwohnung genutzt worden sei. Von der Untervermietung an Prostituierte sei aber das von ihr benutzte Zimmer ausgenommen gewesen. Dort hätten sich ihre Kleidungsstücke sowie die üblichen Sanitärartikel befunden. Da es die Mieterinnen der Klägerin mit dem Eigentum Dritter nicht immer ganz genau genommen hätten und es wiederholt zu Diebstählen gekommen sei, habe sie einen Teil ihrer persönlichen Habe im H. aufbewahrt. Sie habe des Weiteren auf einem Campingplatz in B. in der Vergangenheit einen Wohnwagen als Rückzugsmöglichkeit genutzt. Die Einnahmen aus der Untervermietung einzelner Zimmer hätten nicht einmal die Mietkosten der Wohnung gedeckt. Der Beklagte hat angesichts der aus seiner Sicht nach wie vor nicht offengelegten, tatsächlich erzielten Einnahmen der Klägerin und nicht stringenten Argumentation im Hinblick auf ihren Wohnort an seiner Einschätzung festgehalten. Er hat eine Einschätzung des Steuerfahnders K. vom 30.12.2014 zur Einnahme- und Gewinnsituation der Klägerin vorgelegt, wonach bei sehr niedrig angesetzter Schätzung die Klägerin jährliche Einnahmen in Höhe von 72.000 EUR erzielt haben dürfte und in welcher nochmals über die Ausstattung der Wohnung der Klägerin sowie die Nutzung der einzelnen Zimmer berichtet worden ist.
Das SG hat am 10.10.2014 eine nichtöffentliche Sitzung zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt und in diesem Rahmen die Klägerin persönlich befragt sowie die Zeugen Z. (Betreiber eines Campingplatzes in B.), E. (Vermieter der Wohnung in der A.straße 3), G. und R. (beide Nachbarn der Klägerin) vernommen. Bezüglich der Einzelheiten des Ergebnisses der Befragung der Klägerin sowie der Zeugenvernehmung wird auf die Niederschrift der nichtöffentlichen Sitzung vom 10.10.2014 verwiesen.
In der mündlichen Verhandlung vom 23.11.2016 vor dem SG hat die Klägerin bestritten, dass sie hälftig an den Einnahmen der Prostituierten partizipiert habe. Vielmehr sei es so gelaufen, dass, wenn die Prostituierten Einnahmen erzielt hätten, sie dann von ihnen etwas bekommen habe. Wenn diese gesagt hätten, sie hätten nichts verdient, dann habe sie (die Klägerin) natürlich auch nichts bekommen. Sie habe das nicht kontrollieren können, da sie ja tagsüber wegen ihrer Beschäftigungsverhältnisse weg gewesen sei. Sie wisse auch nicht, wann die Prostituierten hauptsächlich ihr Gewerbe ausgeübt hätten. Sie sei tagsüber nicht anwesend gewesen bzw. sei nicht an die Tür gegangen, wenn es geklingelt habe, und nachts habe sie geschlafen und nichts mitbekommen. Sie habe 2 Zimmer privat genutzt, wobei das Zimmer mit dem Balkon ihr Wohnzimmer gewesen sei. Ihre persönlichen Sachen habe sie zum Teil im Campingwagen und zum anderen Teil im H. der Wohnung gelagert, zu welchem nur sie einen Schlüssel gehabt habe. Ihre Kleidung sei im Koffer im H. gelagert gewesen, ebenso ihre Duschsachen. Je nach Bedarf habe sie die Sachen dann in einem Rucksack bzw. einer kleinen Reisetasche mit hochgenommen. Über die Einnahmen aus der Vermietung habe sie keine Listen geführt. Die beiden von ihr genutzten Zimmer habe sie deshalb nicht verschlossen, weil man diese mit einem Dietrich hätte öffnen können. Sie habe den Prostituierten auch nicht untersagt, jene Zimmer zu benutzen, weil man ihr ja ohnedies nicht zugehört habe. Sie könne auch nicht sagen, ob am Wochenende Kunden die Wohnung aufgesucht hätten, da sie sich die meiste Zeit in ihrem Zimmer befunden habe.
Mit Urteil vom 23.11.2016 hat das SG den Bescheid vom 05.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.01.2012 insoweit aufgehoben, als darin die der Klägerin für die Zeit vom 01.08.2006 bis 31.01.2007 bewilligten Leistungen zurückgenommen worden sind. Die Klägerin habe zur Überzeugung des Gerichts in dieser Zeit keine höheren Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit erzielt, als vom Beklagten angerechnet worden sei. Das Gericht habe auch weiterhin die Überzeugung gewonnen, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Wohnung in der A.straße 3 in B. gehabt habe. Für die Zeit ab dem 01.02.2007 sei dagegen die Klage abzuweisen gewesen, weil sich diesbezüglich eine Hilfebedürftigkeit der Klägerin nicht mehr mit der erforderlichen Gewissheit feststellen lasse.
Gegen das der Klägerin am 22.12.2016 zugestellte Urteil hat diese am 31.12.2016 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Sie hat zur Begründung vorgetragen, aufgrund ihres desolaten psychischen Zustandes im streitgegenständlichen Zeitraum könne ihr nicht vorgeworfen werden, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, ihre Einnahmen zu dokumentieren. Eine Beweislastumkehr zu ihren Lasten im Hinblick auf die Einkommenssituation sei nicht gerechtfertigt. Sie hat weiterhin Befundberichte des Nervenarztes Dr. M. und des Neurologen PD Dr. N. aus den Jahren 2006, 2008, 2009 und 2012 mit den Diagnosen einer depressiven Episode nach Partnerkonflikt (2006), einer depressiven Verstimmung (2008 sowie 2009) und der Diagnose einer aktuell deutlich ausgeprägten rezidivierenden Depression (Juli 2012) vorgelegt.
Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. November 2016 abzuändern und den Bescheid vom 5. September 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Januar 2012 insgesamt aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er beruft sich hierzu im Wesentlichen auf die Entscheidungsgründe des SG im angefochtenen Urteil.
Der Senat hat die bei der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts B.-Land geführten Akten über die Klägerin beigezogen, die unter anderem Aufstellungen über die in den Jahren 2006 bis 2011 durchgeführten Kontrollbesuche in der A.straße 3 mit Angaben zur Anzahl der dabei jeweils angetroffenen Prostituierten enthielten und die den Beteiligten zur Kenntnisnahme übermittelt worden sind.
Die Beteiligten sind mit Verfügung vom 21.09.2017 darauf hingewiesen worden, dass der Senat beabsichtige, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückzuweisen. Die Beteiligten haben einer solchen Entscheidung durch Beschluss zugestimmt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligen wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Prozessakten sowie der beigezogenen Akten der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts B.-Land Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 143, 144 SGG statthafte sowie form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet.
Der Senat kann die Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sind von den Beteiligten nicht vorgebracht worden - vielmehr haben die Beteiligten einer Entscheidung durch Beschluss zugestimmt - und sind auch nicht ersichtlich.
Streitgegenstand der hier statthaften Anfechtungsklage ist der Bescheid vom 05.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.01.2012, soweit darin das der Klägerin für die Zeit ab dem 01.02.2007 bis einschließlich Oktober 2011 bewilligte Arbeitslosengeld II zurückgenommen und die Erstattung des in diesem Zeitraum ausgezahlten Arbeitslosengeldes II in Höhe von 44.247,67 EUR verfügt worden ist. Soweit die angefochtenen Bescheide ursprünglich auch den Zeitraum vor dem 01.02.2007 betroffen haben, sind sie nicht mehr streitgegenständlich, nachdem das SG insoweit die Bescheide aufgehoben hat und der hierdurch einzig beschwerte Beklagte keine Berufung eingelegt hat.
Der Bescheid vom 05.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.01.2012 ist im hier streitgegenständlichen Umfang rechtmäßig. Der Beklagte hat zu Recht die Bewilligungen für den streitgegenständlichen Zeitraum zurückgenommen bzw., soweit Leistungen lediglich vorläufig gewährt worden sind, einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II endgültig verneint, und die Erstattung des ausbezahlten Arbeitslosengeldes II verfügt.
Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme ist § 40 Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in der bis 31.07.2016 anzuwendenden Fassung (a.F.) i.V.m. § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 der Regelung ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X). Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nach Absatz 2 der Vorschrift nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte gem. § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht berufen, soweit (1.) er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, (2.) der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder (3.) er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 SGB X gegeben sind (§ 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X). Nach § 45 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB X wird der Verwaltungsakt nur in den Fällen von § 45 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 2 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen, wobei die Behörde dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun muss, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II a.F. i.V.m. § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ist, soweit die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vorliegen, dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Die geltend gemachte Erstattung stützt sich auf die §§ 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 und 6 SGB II, 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.
Soweit für den Zeitraum Februar 2008 bis einschließlich Mai 2008, November 2008, Oktober 2009 und November 2010 bis einschließlich Oktober 2011 bis zuletzt nur vorläufige Bewilligungen bzw. vorschussweise erbrachte Leistungen vorgelegen haben, sind die angefochtenen Bescheide des Beklagten an Stelle der vorläufigen Bewilligungen getreten, so dass letztere ihre Wirksamkeit verloren haben (§ 39 Abs. 2 SGB X). Der Leistungsträger hat nach Wegfall der Voraussetzungen für die vorläufige Bewilligung von Arbeitslosengeld II gemäß §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F., 328 Abs. 3 SGB III eine abschließende Entscheidung über die Leistungen zu treffen und darf sich nicht etwa auf eine bloße Änderung der vorläufigen Bewilligung beschränken (BSG, Urteil vom 29.04.2015, B 14 AS 31/14 R, juris). Als in diesem Sinne abschließende Entscheidung genügt danach die Regelungswirkung eines bloßen Änderungsbescheides nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, mit der die erteilte Bewilligung teilweise aufgehoben worden ist, nicht (BSG, a.a.O., auch zum Nachfolgenden). Vielmehr bedarf es hierzu eines Bescheides, der den ursprünglichen Vorläufigkeitsvorbehalt aufhebt und die begehrte Leistung als die zustehende Leistung endgültig zuerkennt. Maßgeblich ist, ob auch für jeden Außenstehenden keine Zweifel mehr über die nunmehr endgültige Bindungswirkung der abschließenden Entscheidung bestehen kann. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Denn anders als im vom BSG entschiedenen Fall hat der Beklagte vorliegend auch die vorläufigen Leistungen in vollem Umfang zurückgenommen und dies damit begründet, dass der Klägerin insgesamt keine Leistungen zustehen. Zweifel über die endgültige Bindungswirkung der abschließenden Entscheidung können vor diesem Hintergrund nicht mehr bestehen, so dass dem Schutzzweck der endgültigen Entscheidung im Hinblick auf ihre Funktion für den Vertrauensschutz insbesondere nach den §§ 45 und 48 SGB X (vergleiche BSG, a.a.O.) Genüge getan ist. Nachdem den streitgegenständlichen Bescheiden zumindest im Wege der Auslegung eine endgültige Feststellung eines nicht bestehenden Leistungsanspruchs zu entnehmen ist, bedarf die Frage, ob die §§ 44 ff. SGB X im Anwendungsbereich von § 328 SGB III generell verdrängt sind oder ob die Korrektur vorläufiger Bewilligungen auch auf die allgemeinen Vorschriften der §§ 44 ff. SGB X gestützt werden kann (offengelassen vom BSG, a.a.O.) hier keiner Entscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Rücknahme gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X liegen vor. Die Bewilligungen von Arbeitslosengeld II im streitgegenständlichen Zeitraum waren anfänglich rechtswidrig, da die Klägerin mangels Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II) keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hatte. Aus diesem Grunde konnte der Beklagte auch die vorläufigen Bewilligungen durch die abschließende Entscheidung, wonach der Klägerin kein Leistungsanspruch zusteht, ersetzen. Gem. § 7 Abs. 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die (1.) das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, (2.) erwerbsfähig sind, (3.) hilfebedürftig sind und (4.) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Während die Voraussetzungen gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 4 SGB II bei der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum vorlagen und zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit sind, fehlte es im streitgegenständlichen Zeitraum durchgehend an der Hilfebedürftigkeit.
Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält. Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 SGB II umfasst das Arbeitslosengeld II als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung.
Ein Mehrbedarf gemäß § 21 SGB II lag bei der Klägerin nicht vor. Darüber hinaus ist im streitgegenständlichen Zeitraum auch kein Bedarf für Unterkunft und Heizung im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II nachgewiesen. "Unterkunft" im Sinne dieser Vorschrift sind bei tatsächlicher Nutzung alle baulichen Anlagen oder Teile hiervon, die tatsächlich geeignet sind, vor den Unbilden der Witterung zu schützen und ein Mindestmaß an Privatheit sicherzustellen; die Räume müssen indes nicht nur für die Deckung des Unterkunftsbedarfs bestimmt sein, woran vorliegend kein Zweifel besteht, sondern sie müssen auch tatsächlich der Deckung des Unterkunftsbedarfs dienen (Münder, SGB II, 6. Aufl. 2017, § 22 Rn. 21 ff., m.w.N.). Zur Überzeugung des Senats diente die Wohnung in der A.straße 3 nicht der Deckung des Unterkunftsbedarfs der Klägerin. Nachdem nicht geklärt werden konnte, wo die Klägerin tatsächlich ihren Unterkunftsbedarf befriedigte, sind Unterkunftskosten auch anderweitig nicht nachgewiesen.
Entgegen der Einschätzung des SG in der angefochtenen Entscheidung ist der Senat aufgrund der aktenkundigen Ermittlungsberichte des Außendienstes des Beklagten, des Hauptzollamts sowie der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts B. und in Würdigung der Aussagen der Klägerin sowie der im Erörterungstermin vom 10.10.2014 vernommenen Zeugen zur Überzeugung gelangt, dass die Klägerin noch nicht einmal ein Zimmer der Wohnung in der A.straße 3 zu Wohnzwecken genutzt hat, was - insoweit ist dem SG zuzustimmen - zur Begründung eines Unterkunftsbedarfs (wenigstens für dieses Zimmer) gereicht hätte. Dabei hat die Klägerin zuletzt - nachdem in der Klagebegründung noch von einem von ihr genutzten Zimmer gesprochen worden ist - darauf beharrt, 2 Zimmer der Vierzimmerwohnung in der A.straße 3 genutzt zu haben, nämlich ein Zimmer als Schlafzimmer und ein weiteres Zimmer, an welches der Balkon anschloss, als Wohn- und Gästezimmer, in welchem sie auch selbst gelegentlich übernachtet habe, beispielsweise, wenn sie beim Fernsehschauen eingeschlafen sei. Nach einem vertraulichen Aktenvermerk vom 03.08.2006 über ein Gespräch von Mitarbeitern der Steuerfahndungsstelle, nämlich Herrn H. und Herrn O., mit 2 Prostituierten, welche zeitweise die Wohnung der Klägerin als Untermieter genutzt haben, haben die beiden Prostituierten ausgeführt, die Klägerin würde nicht in der Wohnung A.straße 3 wohnen, sondern wohl auf einem Campingplatz leben. Aufgrund regelmäßiger Kontrollgänge bei einer seit 2006 unveränderten Einrichtung der Wohnung hat die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts B.-Land festgehalten (vgl. Aktenvermerk vom 20.12.2010), dass 3 der 4 Räume für gewerbliche Zwecke genutzt würden, während sich im vierten Raum eine Couch, ein Bett, ein Kleiderschrank sowie ein Fernsehgerät befänden. Im Kleiderschrank befanden sich keine Kleidungsstücke der Klägerin. In einer weiteren Stellungnahme vom 30.12.2014 hat der Sachbearbeiter K. der Steuerfahndungsstelle die Erkenntnisse der seit dem zweiten Quartal 2006 durchgeführten Kontrollbesuche dahingehend zusammengefasst, dass bei 10 Kontrollbesuchen im Jahr 2006, 14 Kontrollbesuchen im Jahr 2007, 38 Kontrollbesuchen im Jahr 2008, 27 Kontrollbesuchen im Jahr 2009, 17 Kontrollbesuchen im Jahr 2010 und 18 Kontrollbesuchen im Jahr 2011 man regelmäßig 2 bis 3 Prostituierte angetroffen habe, die 3 der 4 Zimmer zur Ausübung der Prostitution genutzt hätten. Die bereits oben geschilderte Wohnungsausstattung sei unverändert geblieben. Die Klägerin selbst sei bei den Kontrollbesuchen so gut wie nie angetroffen worden, wobei der tatsächliche Wohnsitz oder aber wenigstens ein gewöhnlicher Aufenthalt nie habe ermittelt werden können.
Soweit das SG diesen Indizien keine maßgebliche Bedeutung beimessen wollte, weil die Untermieterinnen/Prostituierten namentlich nicht bekannt seien und auch nicht ersichtlich sei, wie lange sich die jeweiligen Untermieterinnen in der Wohnung aufgehalten haben, ist dem zu entgegnen, dass die Aussagen im Aktenvermerk vom 03.08.2006 von 2 namentlich bekannten Prostituierten getroffen worden sind, die sich wenigstens 3 Monate am Stück in der A.straße 3 aufgehalten haben. Angesichts der Regelmäßigkeit und Häufigkeit der Kontrollbesuche ist dem Umstand, dass die Klägerin über weite Teile des hier streitigen Zeitraums aufgrund von Erkrankungen oder mangels Beschäftigungsverhältnisses keiner Beschäftigung nachgegangen ist und dessen ungeachtet nur sehr selten in der Wohnung angetroffen wurde, nach Auffassung des Senats ebenso Bedeutung zuzumessen, wie dem unveränderten Eindruck einer gewerblichen Nutzung von 3 der 4 Räumen, wobei der vierte, nicht gewerblich genutzte Raum ebenso wenig den Eindruck einer Wohnnutzung durch die Klägerin vermittelt hat.
Diese erheblichen Indizien, die bereits gegen einen Aufenthalt der Klägerin in der A.straße 3 sprechen, verdichten sich aufgrund der Aussagen der vom SG vernommenen Zeugen zur erforderlichen Gewissheit. Der Zeuge E., Eigentümer des Hauses A.straße 3 und Vermieter der Klägerin, hat angegeben, das Haus regelmäßig jede zweite Woche, dabei überwiegend mittags oder nachmittags, für Wartungs- bzw. Reparaturtätigkeiten aufgesucht zu haben. Dabei hat er die Klägerin höchst selten, nach seiner Schätzung ungefähr jedes zehnte Mal, angetroffen. Aufgrund von Arbeiten an den häufig defekten Rollläden in der Wohnung der Klägerin im streitigen Zeitraum sowie um häufiger anfallende Reparaturen im Zusammenhang mit dem Flachdach durchzuführen, hat er die Wohnung der Klägerin wenigstens zwei- bis dreimal jährlich aufgesucht, mitunter, abhängig von der Wetterlage, aber auch bis zu zehnmal hintereinander; dabei hat er im Zuge solcher Reparaturarbeiten mehrmals am Tag die Wohnung der Klägerin durchquert. Dabei befanden sich in der Wohnung regelmäßig bis zu 4 Prostituierte, regelmäßig auch im Zimmer mit dem Balkon. Insbesondere konnte sich der Zeuge - aufgrund der näheren Umstände nachvollziehbar - daran erinnern, dass ihm im Rahmen einer Reparatur eine Prostituierte, die sich im Zimmer mit dem Balkon aufgehalten hat, ihre Dienste angeboten hat. Wie ihm später die Klägerin nämlich mitgeteilt hat, war diese Prostituierte angeblich aidskrank. Der Zeuge hat bei jedem seiner Aufenthalte in der Wohnung Prostituierte, dabei in allen Zimmern der Wohnung, angetroffen, auch in dem Balkonzimmer sowie in dem Zimmer links vom Eingang, welches die Klägerin im Erörterungstermin als ihr Schlafzimmer bezeichnet hat.
Der angesichts dessen nachvollziehbare Eindruck des Zeugen E., dass die Klägerin im hier streitgegenständlichen Zeitraum nicht mehr in der A.straße 3 gewohnt hat, deckt sich mit den Angaben des Zeugen Z., der als Betreiber eines Campingplatzes, auf welchem die Klägerin ab August 2006 einen großen Wohnwagen abgestellt hatte, ausgesagt hat, dass die Klägerin teilweise ganze Monate am Stück in ihrem Wohnwagen verbracht hat. Allerdings konnte der Zeuge nicht ausschließen, dass die Klägerin möglicherweise über einen längeren Zeitraum nicht anwesend gewesen ist, und konnte auch nicht mit Sicherheit bestätigen, dass sie sich, wie zunächst von ihm ausgesagt, bis Juli 2011 als Mieterin auf den Campingplatz aufgehalten hat.
Die Zeugin G., die von März 2010 bis April 2014 die Wohnung direkt über derjenigen der Klägerin bewohnt hat, hat gleichfalls bestätigt, die Klägerin nur sehr selten, beispielsweise bei der Treppenhausreinigung, insgesamt ungefähr fünfmal pro Jahr, gesehen zu haben. Die Klägerin hat auch nie die Wohnungstüre geöffnet, wenn die Zeugin dort geklingelt hat; auch ist der Briefkasten nach Aussage der Zeugin nicht regelmäßig geleert worden, sondern es befand sich die Post oft längere Zeit im Einwurf des Briefkastens der Klägerin. Die Zeugin, die von ihrem Balkon aus denjenigen der Klägerin gut einsehen konnte, hat regelmäßig Personen auf dem Balkon der klägerischen Wohnung gesehen, niemals jedoch die Klägerin selbst. Vielmehr hat sie auf dem Balkon regelmäßig Frauen wahrgenommen, die mit Reizwäsche bekleidet waren und einen leichten Überwurf trugen; so haben sich nach den Aussagen der Zeugin auf dem Balkon mit einer gewissen Regelmäßigkeit 3 bis 4 Personen zur Einnahme einer Mahlzeit dort versammelt. Ansonsten haben sich Einzelpersonen zum Telefonieren dort aufgehalten. Dagegen hat die Zeugin niemals die Klägerin auf dem Balkon ihres angeblichen Wohnzimmers wahrgenommen. Die Zeugin hat weiterhin darüber berichtet, dass an der Wohnungstür der Klägerin jeweils 4 Namen angeschrieben waren, nicht aber der Name der Klägerin. Diese Namen hätten dabei wöchentlich gewechselt; jeweils montags, so die Zeugin, haben sich 4 neue Namen an der Wohnungstür befunden, für die jeweils eine Funkklingel eingerichtet gewesen war.
Der Zeuge R, ein weiterer Wohnungsnachbar, hat zwar angegeben, die Klägerin beim Rauchen regelmäßig angetroffen zu haben, dies indes dahingehend relativiert, er habe sie, obgleich er regelmäßig zum Rauchen in den Hof des Wohngebäudes gegangen ist, höchstens einmal wöchentlich gesehen. Er hat die Angaben der Zeugin G. über die Funkklingeln für die Zeit nach 2009 und den fehlenden Namen der Klägerin an der Wohnungstür bestätigt.
Aufgrund der voranstehenden Zeugenaussagen sowie der Kenntnisse des Außendienstes des Beklagten, des Hauptzollamts sowie der Steuerfahndungsstelle ist der Senat überzeugt, dass die Klägerin in der A.straße 3 nicht gewohnt hat. Vielmehr steht zur Überzeugung des Senats fest, dass diese Wohnung ausschließlich zum Zwecke der Vermietung an Prostituierte genutzt worden ist. Von erheblicher Bedeutung ist dabei die vollständige Abwesenheit persönlicher Gegenstände der Klägerin in der Wohnung, wie insbesondere Kleidung und Hygieneartikel. Dies hat die Klägerin selbst im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vor dem SG eingeräumt. Danach habe sich ihre persönliche Habe teilweise im Campingwagen und teilweise im H. der Wohnung, zu dem nur die Klägerin einen Schlüssel gehabt habe, befunden. In der Klagebegründung hat die Klägerin diesbezüglich noch angegeben, in dem von ihr genutzten Zimmer hätten sich ihre Kleidungsstücke sowie die üblichen Sanitärartikel befunden. Sie hat aber diesen Vortrag, wohl im Hinblick auf die Feststellungen der Steuerfahnder und die Bekundungen der Prostituierten, nicht mehr aufrechterhalten. Die Lagerung eines Teils ihrer persönlichen Habe im H. hat die Klägerin mit der Sorge vor Diebstählen durch ihre Untermieterinnen begründet. Denn anders als ihre "eigenen" Zimmer in der Wohnung habe sie den H. verschließen können. Es erscheint dem Senat, anders als dem SG, indes völlig lebensfremd, täglich über mehr als 10 Jahre die Gegenstände für die persönliche Hygiene sowie die für den nächsten Tag bestimmten Kleidungsstücke im H. zusammenzupacken und anschließend mit nach oben in die Wohnung zu nehmen, um sie dann am nächsten Tag wieder im H. einzulagern; zumal die Klägerin andererseits angegeben hat, man habe die Küche und insbesondere den Kühlschrank gemeinsam für die Lagerung von Lebensmitteln genutzt: "da wusste schon jeder Bescheid, was ihm gehört und was nicht", so die Klägerin im Erörterungstermin vor dem SG. Weshalb die kriminelle Energie der Untervermieterinnen einerseits so weit gegangen sein soll, dass selbst das Abschließen der Zimmer nichts genutzt hätte, weil man damit habe rechnen müssen, dass die Untermieterinnen die Glaselemente in der Tür einschlagen, um das Zimmer zu betreten und Hygieneartikel (!) zu entwenden - so der Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem SG -, aber andererseits die Eigentumsrechte der Klägerin, was die Lebensmittel in der Küche angeht, in einer geradezu vorbildlichen Weise geachtet worden sein sollen, ist nicht nachvollziehbar.
Gegen einen wenigstens teilweisen Wohnaufenthalt der Klägerin in der A.straße 3 spricht weiterhin das einhellige Urteil der Außendienstmitarbeiter, Steuerfahnder, der Prostituierten, soweit sie sich geäußert haben, sowie der im Erörterungstermin vor dem SG vernommenen Zeugen, wonach man die Klägerin so gut wie nie in der Wohnung bzw. im Wohnhaus A.straße 3 angetroffen hat. Insbesondere konnte die Klägerin trotz einer Vielzahl an Kontrollbesuchen durch die Steuerfahndungsstelle so gut wie nie angetroffen werden, weshalb man dort von einem anderweitigen gewöhnlichen Aufenthaltsort ausgegangen ist und deshalb sogar Ermittlungsverfahren mangels bekannten tatsächlichem Aufenthaltsorts der Klägerin eingestellt hat. Die Abwesenheiten der Klägerin können insbesondere nicht, wie aber vom SG angenommen, mit deren abhängigen Beschäftigungsverhältnissen erklärt werden. Denn die Klägerin hat im hier streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend keine abhängige Beschäftigung ausgeübt - ab dem 01.01.2009 ist sie nach ihren Angaben gegenüber dem Beklagten keiner Arbeit mehr nachgegangen - bzw. war an deren Ausübung krankheitsbedingt verhindert und hat Krankengeld bezogen, nämlich vom 12.06.2007 bis 31.08.2007, 24.04.2008 bis 07.09.2008 und 22.12.2008 bis 04.10.2009. Auch die von der Klägerin im Berufungsverfahren angeführte depressive Erkrankung hätte einen regelmäßigeren Aufenthalt in der A.straße 3 nahegelegt, wenn sich dort tatsächlich, wie von der Klägerin behauptet, deren gewöhnlicher Aufenthaltsort befunden hätte.
Die Aussage der Klägerin, 2 der 4 Zimmer genutzt zu haben, ist bereits aufgrund der Erkenntnisse der Steuerfahndungsstelle aus den regelmäßigen Kontrollbesuchen widerlegt. Danach wurden bei den Kontrollbesuchen regelmäßig 2 bis 3 Damen angetroffen, die 3 der 4 Zimmer zum Zwecke der Ausübung der Prostitution genutzt haben. Die Nutzung von 3 der 4 Zimmer zum Zwecke der Ausübung der Prostitution hat sich dabei zwanglos auch aus deren Ausstattung ergeben. Der Zeuge E. hat sogar in allen 4 Zimmern, wenngleich nicht immer gleichzeitig, Prostituierte angetroffen, insbesondere auch im vorgeblichen Schlafzimmer der Klägerin. Nach seiner Wahrnehmung war jedes der 4 Zimmer zum Zwecke der Prostitution eingerichtet. Auch die Zeugin G. hat auf dem Balkon des angeblichen Wohnzimmers der Klägerin regelmäßig 3 bis 4 offensichtlich der Prostitution nachgehende Frauen wahrgenommen. Für eine grundsätzlich vorgesehene Nutzung sämtlicher 4 Zimmer für Prostitutionszwecke sprechen auch die 4 an der Wohnungstür angebrachten Funkklingeln mit austauschbaren Namensschildern, an denen im wöchentlichen Wechsel Namen angebracht worden sind, nicht jedoch der Name der Klägerin, und deren Vorhandensein von der Zeugin G. und dem Zeugen R. bezeugt worden ist. Es ist schwer vorstellbar, dass sich die Klägerin ungeachtet der bis zu 4 Prostituierten, die sich gleichzeitig in der Wohnung aufgehalten haben und ihrer Beschäftigung nachgegangen sind, ebenfalls in der Wohnung zu Wohnzwecken aufgehalten hat; insbesondere stellt sich dabei die Frage, in welchem der Räume, wenn diese bei 4 Prostituierten sämtlich belegt waren?
Zu Recht hat der Zeuge E. darauf hingewiesen, dass auch die häufigen nächtlichen Ruhestörungen im Zusammenhang mit der Nutzung der Wohnung der Klägerin, die zu erheblichen Störungen der übrigen Mieter des Hauses und gelegentlich sogar zu Polizeieinsätzen geführt haben und letztendlich den Zeugen E. zur Kündigung der Wohnung veranlasst haben, gegen eine Anwesenheit der Klägerin in der Wohnung sprechen, weil andernfalls ein Eingreifen der Klägerin doch nahegelegen hätte. In der Zusammenschau mit den weiteren Indizien, wie der unregelmäßigen Leerung des Briefkastens, den monatelangen Aufenthalten der Klägerin auf dem Campingplatz des Zeugen Z., letztlich aber auch den widersprüchlichen Angaben der Klägerin im Hinblick darauf, ob sie 1 oder 2 Zimmer benutzt hat und ob ihre Hygieneartikel und Kleidungsstücke sich im angeblich selbst genutzten Zimmer befunden haben oder doch eher im H. des Wohnhauses und im Wohnwagen, ist zur Überzeugung des Senats eine Nutzung der Wohnung in der A.straße 3 durch die Klägerin zu Wohnzwecken ausgeschlossen. Letztendlich vermag der fehlende Aufenthalt der Klägerin auch die erstaunliche Unkenntnis dieser über die Anzahl der Kundenkontakte der Untervermieterinnen in der Wohnung und die konkreten Abläufe dieser Kontakte zu erklären.
Für andere Unterkünfte hat die Klägerin keine Bedarfe für Unterkunft und Heizung geltend gemacht; bereits die Existenz anderer Unterkünfte im streitgegenständlichen Zeitraum, für welche ein Bedarf in Betracht käme, ist nicht nachgewiesen. Ein Leistungsanspruch der Klägerin nach § 19 SGB II kommt damit allenfalls für den Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 20 SGB II) in Betracht. Dieser betrug im hier streitgegenständlichen Zeitraum für alleinstehende Personen (§ 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II) zunächst 345,00 EUR, ab 01.07.2007 347,00 EUR, ab 01.07.2008 351,00 EUR, ab 01.07.2009 359,00 EUR und ab 01.01.2011 364,00 EUR monatlich. Neben dem Einkommen der Klägerin aus den Beschäftigungsverhältnissen bzw. dem Krankengeldbezug, welches nach Maßgabe der §§ 11 ff. SGB II zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 9 Abs. 1 SGB II) zu berücksichtigen ist, hat die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum durchgehend Einkommen aus der Untervermietung ihrer Wohnung in der A.straße 3 bezogen, welches ebenfalls nach § 11 SGB II bedarfsdeckend zu berücksichtigen ist. Allerdings sieht sich der Senat außer Stande, das aus dieser Untervermietung im hier maßgeblichen Zeitraum erzielte Einkommen zu beziffern. Diese Unaufklärbarkeit der Einkommenssituation der Klägerin führt vorliegend ausnahmsweise dazu, dass bei dieser von fehlender Hilfebedürftigkeit auszugehen ist.
Entgegen der Angaben der Klägerin hat diese zur Überzeugung des Senats durchgehend die Wohnung in der A.straße 3 an Prostituierte untervermietet und hieraus Einkommen bezogen. Obgleich diese im Rahmen der erstmaligen Antragstellung im Juli 2006 angegeben hat, sie erziele aus Untervermietung kein Einkommen mehr, haben die Außendienstmitarbeiter des Beklagten bei dem Hausbesuch am 20.09.2006 in der Wohnung der Klägerin zwar nicht diese, dafür aber 2 Prostituierte angetroffen, die mitgeteilt haben, täglich eine Zimmermiete von 25,00 EUR zu entrichten. Hiervon unabhängig haben sich 2 Prostituierte im August 2006 bei der Steuerfahndungsstelle gemeldet und berichtet, dass die Klägerin in den letzten 3 Monaten jeweils an 3, teilweise gar an 4 Prostituierte untervermietet und dafür täglich 25,00 EUR verlangt habe. Im Rahmen der 12 Vorortkontrollen der Steuerfahndung im Jahr 2006 wurden jeweils mindestens eine, überwiegend aber 2 oder sogar 3 Prostituierte in der Wohnung angetroffen. Auch in den Jahren 2007 bis 2011 wurden bei jeder der bis zu 38 Kontrollen jährlich mindestens eine, sehr viel häufiger aber 2 oder mehr Prostituierte in der Wohnung der Klägerin angetroffen und haben die Außendienstmitarbeiter des Beklagten am 14.10.2010 und die Mitarbeiter des Hauptzollamts J. am 25.10.2010 jeweils Frauen in der Wohnung angetroffen, die dort der Prostitution nachgegangen sind, obwohl die Klägerin spätestens ab Januar 2008 in ihren Fortzahlungsanträgen durchgehend behauptet hat, kein Einkommen aus der Untervermietung mehr zu erzielen.
Eine Feststellung der Höhe des monatlichen Einkommens der Klägerin aus der Untervermietung an Prostituierte ist nicht möglich. Die Angaben der Klägerin selbst sind nachgewiesenermaßen falsch. Sie hat dem Beklagten lediglich einmalig für 2006 Auszüge aus dem Kassenbuch vorgelegt und in der Folgezeit trotz entsprechender Aufforderungen keine Unterlagen mehr eingereicht. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG hat sie bekräftigt, in der Folgezeit keine Listen mehr über die Einnahmen aus Untervermietung geführt zu haben. Gegenüber dem Beklagten hat sie jedenfalls ab Januar 2008 Einnahmen aus Untervermietung von vornherein bestritten, was, wie bereits dargelegt, in krassem Widerspruch zu den Feststellungen der Steuerfahndungsstelle, des Hauptzollamts sowie der Mitarbeiter des Beklagten steht. Ausweislich der zu den Akten gelangten Steuerbescheide für das Jahr 2007 und 2008 hat sie jeweils Einnahmen aus Vermietung in Höhe von 4.400,00 EUR erzielt. Nach konservativer Schätzung der Steuerfahndungsstelle ist indes bei durchschnittlich 2 Prostituierten und 360 Tagen der Vermietung von einem Gesamtumsatz von 144.000,00 EUR und von ca. 72.000,00 EUR jährlichen Einnahmen der Klägerin auszugehen. Wenngleich der Senat sich dieser Schätzung des Steuerfahnders K. im Vermerk vom 30.12.2014 nicht vollständig anzuschließen vermag (hierzu später), so liegen die Angaben der Klägerin indes in solch erheblicher Weise darunter, dass sie nicht mehr glaubhaft sind. So hat die Klägerin beispielsweise in ihrer Steuererklärung für April 2008 Einnahmen in Höhe von 500,00 EUR angegeben. Im Rahmen der 6 in diesem Monat vorgenommenen Kontrollen der Steuerfahndung wurden indes bereits 11 Prostituierte angetroffen, womit bei einer Tagesmiete von 25,00 EUR als denkbar niedrigste Form der Umsatzpartizipation der Klägerin (vergleiche hierzu unten) bereits an diesen 6 Tagen 275,00 EUR, mithin mehr als die Hälfte des angeblichen monatlichen Gesamtumsatzes der Klägerin erzielt worden wäre. Für den November 2007 hat die Klägerin gleichfalls 500,00 EUR Einnahmen angegeben; dies bei dokumentierter Anwesenheit von 10 Prostituierten an den 4 Kontrolltagen. Dementsprechend hätte die Klägerin die Hälfte ihres Umsatzes im November 2007 an diesen 4 Tagen erzielt. Ohnedies hat die Klägerin erstaunlicherweise ausweislich ihrer Unterlagen zu den Steuerklärungen 2007 und 2008 in jedem Monat des Jahres 2008 exakt denselben Betrag aus Untervermietung eingenommen, wie im entsprechenden Monat des Vorjahres 2007. Offenbar hat sie schlicht die Auflistung für 2007 für 2008 nochmals verwendet. Nachvollziehbar ist der Steuerfahnder K. dementsprechend zu der Erkenntnis gelangt, dass sich den Angaben der Klägerin gegenüber dem Finanzamt zu ihrer Einnahme- und Gewinnsituation nichts entnehmen lässt, was den tatsächlichen Verhältnissen auch nur nahekommen würde. In der Zusammenschau mit ihren Behauptungen bezüglich der angeblich von ihr genutzten 2 Zimmer in der Wohnung A.straße 3, den bewusst falschen Angaben gegenüber dem Beklagten im Hinblick auf die aus Untervermietung erzielten Einnahmen - darunter auch eine bewusst falsche eidesstattliche Erklärung zu den Einnahmen 2010 - wie auch den sehr nachlässigen Angaben, was die Aufnahme von Beschäftigungsverhältnissen und daraus erzielten Einkommen angeht, bleibt festzuhalten, dass die Angaben der Klägerin zu aus Untervermietung erzielten Einkommen, soweit solche überhaupt vorliegen, durchgehend nicht glaubwürdig sind und nicht zur Grundlage einer Einkommensberechnung gemacht werden können.
Andere Erkenntnisquellen liegen indes nicht vor. Insbesondere bedarf es keiner weiteren Ausführungen, dass es mangels Kenntnissen über den vollständigen Namen und die Adressen nicht möglich ist, die Prostituierten zu befragen, die sich im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Klägerin "eingemietet" hatten. Lediglich für den hier nicht streitgegenständlichen Zeitraum 2006 sind Untermieterinnen namentlich bekannt. Soweit der Steuerfahnder K., gestützt auf die Ergebnisse der Kontrollgänge, unter dem 30.12.2014 eine aus seiner Sicht sehr niedrig angesetzte Schätzung der jährlichen Einnahmen der Klägerin erstellt hat, kann diese gleichfalls nicht zugrunde gelegt werden. Nach § 287 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen als der Schadensermittlung die Vorschriften des § 287 Abs. 1 Satz 1, 2 ZPO entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen. In diesem Fall entscheidet das Gericht nach § 287 Abs. 2 i.V.m. § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO über die Höhe der Forderung unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Gegen eine Anwendung dieser Norm auch im sozialgerichtlichen Verfahren bestehen keine grundsätzlichen Bedenken (BSG, Urteil vom 03.12.2015, B 4 AS 47/14 R, juris, auch zum Nachfolgenden). Schätzungen müssen aber eine realistische Grundlage haben sowie in sich schlüssig und wirtschaftlich nachvollziehbar sein. Bei einer Schätzung entscheidet das Gericht zwar wie bei einer sonstigen Tatsachenfeststellung nach freier Überzeugung; es hat alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen (§ 287 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 ZPO); seine Schätzung ist aber rechtsfehlerhaft, wenn es die Schätzungsgrundlagen nicht richtig festgestellt oder nicht alle wesentlichen, in Betracht kommenden Umstände hinreichend gewürdigt hat, oder wenn die Schätzung selbst auf falschen oder unsachlichen Erwägungen beruht.
Vorliegend lässt sich bereits nicht feststellen, auf welcher Grundlage die Prostituierten für die Untervermietung bezahlt haben. So haben die vom Außendienst des Beklagten im September 2006 befragten Prostituierten angegeben, täglich 25,00 EUR Zimmermiete zu entrichten. Demgegenüber ist die Steuerfahndungsstelle aufgrund späterer Angaben von Prostituierten davon ausgegangen, dass bis Ende 2009 die von den Prostituierten erzielten Einnahmen zwischen diesen und der Klägerin hälftig aufgeteilt worden seien und im Anschluss daran die Klägerin zu einer Tagesmiete mit täglich 80,00 EUR pauschal, ab 2014 dann 100,00 EUR, übergegangen sei und hat auf dieser Grundlage ihre Schätzung vom 30.12.2014 erstellt. Die Klägerin selbst wiederum hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG eine hälftige Aufteilung der Tageseinnahmen bestritten, war indes nicht im Stande oder willens, die tatsächliche Form der Vergütung zu benennen. Vor diesem Hintergrund fehlt es bereits von vornherein an einer gesicherten Schätzungsgrundlage. Dies gilt weiterhin im Hinblick auf die tatsächlich anwesenden Prostituierten und auf die von der Klägerin beklagten Einnahmeausfälle, weil Prostituierte, ohne das Entgelt zu entrichten, untergetaucht seien. Einer gegebenenfalls gutachterlichen Schätzung der Einnahmen aus der Untervermietung an die Prostituierten ist damit von vornherein der Boden entzogen.
Aufgrund dessen trifft der Senat vorliegend eine Beweislastentscheidung, aufgrund derer die Klägerin so zu behandeln ist, als ob Hilfebedürftigkeit durchgehend nicht vorgelegen hat. Zwar geht die Unerweislichkeit einer Tatsache grundsätzlich zu Lasten desjenigen, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleitet. Deshalb trägt grundsätzlich die Behörde die objektive Beweislast für die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides, wenn sie diesen zurücknimmt. Eine Umkehr der Beweislast ist aber unter den zuvor beschriebenen Umständen gerechtfertigt, wenn eine besondere Beweisnähe zu einem Beteiligten besteht (BSG, Urteil vom 15.06.2016, B 4 AS 41/15 R, juris, auch zum Nachfolgenden). Das ist anzunehmen, wenn in dessen persönlicher Sphäre oder in dessen Verantwortungssphäre wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind und die zeitnahe Aufklärung des Sachverhalts durch unterlassene Angaben oder unzureichende Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung erschwert oder verhindert wird. Zwar enthält weder das SGB II noch die Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) eine dahingehende Vermutung; dies schließt gleichwohl nicht aus, dass die Nichtaufklärbarkeit der Einkommenssituation ausnahmsweise nach den allgemeinen Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Leistungsberechtigten geht. Ist dem Leistungsberechtigten die Beweislast für eine Tatsache aufzuerlegen, ist er bei Unaufklärbarkeit so zu behandeln, als ob das entsprechende Tatbestandsmerkmal durchgehend nicht vorgelegen hat, ohne dass für eine Überprüfung noch Raum bleibt.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Die Unaufklärbarkeit des Einkommens der Klägerin beruht maßgeblich auf grob fahrlässigen bzw. überwiegend sogar vorsätzlichen Verletzungen von Mitwirkungspflichten durch die Klägerin. Der Klägerin war spätestens aufgrund der Ermittlungen des Beklagten einschließlich eines Hausbesuches von Außendienstmitarbeitern im September 2006 klar, dass sich ihr Einkommen aus der Untervermietung leistungsmindernd auswirkt. Der Klägerin war ferner spätestens mit der entsprechenden Anforderung durch den Beklagten im Herbst 2006 ihre Dokumentationspflicht in Form von Übersichten über Einnahmen und Ausgaben aus ihrer Vermietertätigkeit bewusst. Die Klägerin hat dessen ungeachtet in der Folgezeit keine entsprechenden Aufstellungen mehr gefertigt oder aber - was der Senat gleichermaßen für möglich hält - bestreitet schlichtweg deren Existenz und weigert sich, diese vorzulegen. Soweit die Klägerin grobe Aufstellungen über die monatlichen Einnahmen dem Finanzamt vorgelegt hat, sind diese erwiesenermaßen falsch. Darüber hinaus hat die Klägerin in der Folgezeit Einnahmen aus ihrer Vermietertätigkeit gegenüber dem Beklagten verschleiert und damit weitere Ermittlungen des Beklagten insoweit verhindert. Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren eine schuldhafte Verletzung ihrer Mitwirkungspflichten unter Verweis auf ihre psychische Erkrankung bestritten hat, greift dieser Einwand nicht durch. Die Arztberichte im hier maßgeblichen Zeitraum belegen lediglich eine depressive Verstimmung (Arztberichte des PD Dr. N. vom 14.03.2008, vom 06.08.2008, vom 17.01.2009, vom 16.10.2009 und vom 21.12.2009). Im Anschluss an die tagesklinische Behandlung durch Professor Dr. F im Dezember 2009, bezüglich derer kein Befund und keine Diagnose vorliegt, hat sich die Klägerin ausweislich des Arztberichts des PD Dr. N. erstmalig wieder am 31.07.2012 und damit knapp ein Jahr nach dem hier interessierenden Zeitraum, nun mit einer rezidivierenden Depression, "aktuell deutlich ausgeprägt", vorgestellt. Dabei wurde, so Dr. N., die ausgeprägte depressive Verstimmung wesentlich durch die finanziellen und sozialen Faktoren, als welche er insbesondere die Rückforderung des Arbeitslosengeldes II durch den Beklagten genannt hat, bestimmt; m.a.W., er hat den Beginn wie auch die Ursache der nun festgestellten Verschlechterung an der hier streitigen Rückforderung festgemacht. Damit kann aus den vorliegenden Arztberichten für den hier interessierenden Zeitraum keine relevante psychische Erkrankung solchen Gewichts abgeleitet werden, aufgrund derer die Klägerin nicht im Stande gewesen wäre, Nachweise über ihre Einnahmen aus Untervermietung zu führen, wenigstens aber wahrheitsgemäß im Rahmen der jeweiligen Antragstellung auf Leistungsfortzahlung die Einnahmen aus Untervermietung anzugeben. Hiergegen spricht im Übrigen auch, dass die Klägerin zur gleichen Zeit durchaus in der Lage war, die Untervermietung durchgehend und mit regelmäßig wechselnden Prostituierten fortzuführen.
Aufgrund dieser Verletzung von Mitwirkungspflichten durch die Klägerin bestehen auch erhebliche Zweifel an deren Hilfebedürftigkeit. Wie bereits ausgeführt, geht der Steuerfahnder K. bei nach allgemeinen Erfahrungswerten sehr niedriger Schätzung von wenigstens 72.000 EUR jährlichen Einnahmen aus Untervermietung aus, monatlich 6.000,00 EUR, wobei er für die Zeit vor 2010 eine hälftige Aufteilung der aus Prostitution erzielten Einnahmen und für die Zeit danach eine Tagesmiete von 80,00 EUR pauschal zugrunde legt. Unter Berücksichtigung der monatlichen Ausgaben von 1.267,00 EUR bzw. 1.447,00 EUR (ab September 2008) für Miete und Nebenkosten sowie der pauschal im Fortzahlungsantrag vom Januar 2007 angegebenen und nicht belegten weiteren Nebenkosten von 200,00 EUR monatlich für Werbung und Kraftfahrzeug, wäre für die Klägerin von einem monatlichen Gewinn von deutlich über 4.000,00 EUR auszugehen (vergleiche zur Berechnung des monatlichen Einkommens § 3 Abs. 4 Alg II-V), aus welchem die Klägerin ein zu berücksichtigendes Einkommen gemäß §§ 11, 30 SGB II in der bis zum 31.03.2011 anzuwendenden Fassung bzw. gemäß § 11 ff. SGB II in der ab dem 01.04.2011 anzuwendenden Fassung erzielt hätte, welches - ohne dass es hierzu weiterer Ausführungen bedürfte - bei weitem ihren vorstehend bezifferten Bedarf im streitgegenständlichen Zeitraum gedeckt hätte.
Auch die weiteren Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X liegen vor. Die Klägerin kann sich auf schutzwürdiges Vertrauen nicht berufen, weil die Bewilligungen des Beklagten, auch und gerade soweit bei der Klägerin selbständiges Einkommen berücksichtigt worden ist, auf der vorsätzlich falschen Angabe der Klägerin beruhen, sie habe in der A.straße 3 in B. mindestens 2 Zimmer bewohnt und sie habe aus der Untervermietung, so diese überhaupt eingeräumt worden ist, kein bzw. ein unerhebliches Einkommen erzielt. Zwar waren dem Beklagten im Oktober 2010 aufgrund des Berichts der Außendienstmitarbeiter sowie des Hauptzollamts J. erhebliche Verdachtsmomente im Hinblick auf die Nutzung der Wohnung in der A.straße 3 zur Kenntnis gelangt. Die anschließende Weiterbewilligung erfolgte dementsprechend aber auch nur vorläufig und ist daher schon nicht an § 45 SGB X zu messen. Darüber hinaus beruhte die Weiterbewilligung auf den eidesstattlichen Erklärungen der Klägerin, wonach sie weder im Jahr 2010 Gewinn erzielt habe, noch im folgenden Jahr solchen erzielen werde und die Wohnung A.straße 3 auch weiterhin täglich zu Wohnzwecken nutzen würde, womit auch insoweit vorsätzlich unrichtige Angaben der Klägerin für den Erlass der Bewilligung ursächlich waren. Da die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X vorliegen, konnten die Bewilligungen bis zum Ablauf von 10 Jahren nach deren Bekanntgabe zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X); sie waren gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III zwingend mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, ohne dass dem Beklagten hierbei Ermessen zugestanden hätte. Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist gewahrt, wie das SG bereits zutreffend dargelegt hat und worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.
Der Beklagte war damit berechtigt, die Bewilligungen im streitgegenständlichen Zeitraum in vollem Umfang zurückzunehmen bzw. anstelle der vorläufigen bzw. vorschussweisen Leistungen einen Leistungsanspruch abschließend insgesamt zu verneinen. Soweit der Beklagte für den März 2010 1.593,19 EUR bewilligt (und auch ausbezahlt) hat, die Bewilligung für diesen Monat indes nur i.H.v. 843,29 EUR aufgehoben hat, ist die Klägerin nicht beschwert.
Aufgrund der Rücknahme der Bewilligungen ist das erbrachte Arbeitslosengeld II gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu erstatten; § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB II findet keine Anwendung (§ 40 Abs. 4 Satz 2 SGB II). Die aufgrund vorläufiger Entscheidungen erbrachten Leistungen sind gemäß § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III und die Vorschüsse gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) zu erstatten. Der danach vom Beklagten geltend gemachte Erstattungsbetrag in Höhe von 44.247,67 EUR ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Soweit der Beklagte für den März 2010 zwar 1.593,19 EUR bewilligt und auch ausbezahlt, die Bewilligung für diesen Monat indes nur i.H.v. 843,29 EUR aufgehoben hat, hat er hiermit korrespondierend auch nur eine Erstattung i.H.v. 843,29 EUR geltend gemacht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Im Übrigen verbleibt es bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten zuletzt noch über die Rücknahme von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (Arbeitslosengeld II) für die Zeit vom 01.02.2007 bis einschließlich Oktober 2011 und die Erstattung des in diesem Zeitraum ausgezahlten Arbeitslosengeldes II in Höhe von 44.247,67 EUR.
Die 1969 geborene Klägerin beantragte erstmalig im Juli 2006 Arbeitslosengeld II beim Beklagten. Sie legte bei Antragstellung einen 1992 mit dem Voreigentümer vor dem jetzigen Vermieter geschlossenen Mietvertrag über eine 4-Zimmer-Wohnung in der A.straße 3 in B. vor (2006: Kaltmiete 800,00 EUR, Nebenkosten 300,00 EUR, Stromabschlag 167,00) und gab an, bislang von Prostitution und der Tagesvermietung von Zimmern gelebt zu haben, mittlerweile aber kein Einkommen mehr zu erzielen. Angegeben wurde weiterhin eine abhängige Tätigkeit bei der Firma C ... Ihr PKW sei aus steuerlichen Gründen auf ihren früheren Wohnsitz in Frankreich zugelassen, wobei es sich um eine Briefkastenadresse handle. Im Zuge eines vom Beklagten veranlassten Hausbesuches von Außendienstmitarbeitern am 20.09.2006 wurden in der Wohnung der Klägerin 2 Prostituierte angetroffen, die angaben, im August 4 Tage und im September im Zuge einer Fünftagewoche voll gearbeitet und für die Zimmermiete täglich 25 EUR entrichtet zu haben. Der Beklagte bewilligte daraufhin Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung eines monatlichen Einkommens der Klägerin aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 1.025,00 EUR und forderte sie zur Vorlage eines Kassenbuchs über ihre Einnahmen auf. Die Klägerin legte in der Folgezeit Übersichten über Einnahmen und Ausgaben aus dieser selbständigen Tätigkeit für August 2006 bis einschließlich Januar 2007 vor, welche der Beklagte bei der Leistungsbewilligung für den Zeitraum bis 31.01.2007 berücksichtigte.
Am 18.01.2007 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Weitergewährung von Arbeitslosengeld II. Sie teilte mit, sie erziele aus der Tagesvermietung monatlich durchschnittlich 300,00 EUR, aus der abhängigen Beschäftigung netto 350,00 EUR. Im Rahmen einer Vorsprache beim Beklagten teilte die Klägerin mit, sie nutze die Wohnung zu ca. 50 % privat; der restliche Teil werde untervermietet. Der Beklagte vereinbarte mit der Klägerin, dass ab März 2007 nur noch die angemessene Grundmiete in Höhe von monatlich 252,90 EUR sowie die Hälfte der Nebenkosten anerkannt werden. Ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Gehaltsabrechnungen wurden ihr für Februar bis einschließlich Juli 2007 monatlich netto 360,30 EUR Lohn für die Tätigkeit bei der Firma C. ausbezahlt. In der Zeit vom 12.06.2007 bis einschließlich 31.07.2007 bezog sie weiterhin Krankengeld in Höhe von täglich 8,31 EUR. Der Beklagte bewilligte der Klägerin für den Zeitraum Februar 2007 bis Juli 2007 mit Bescheid vom 23.01.2007 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 02.02.2007, vom 24.05.2007, vom 22.06.2007 und in Gestalt des Aufhebungsbescheides vom 08.01.2008 zuletzt monatlich 592,14 EUR (Februar 2007), 553,54 EUR (März bis Juni 2007) und 489,06 EUR (Juli 2007).
Im Fortzahlungsantrag vom Juni 2007 gab die Klägerin bezüglich ihres Einkommens an, es hätten sich keine Änderungen ergeben. Die Klägerin bezog im August 2007 letztmalig Krankengeld und arbeitete ab September 2007 wieder für die Firma C. (Gehaltszahlungen Oktober 2007: netto 276,22 EUR, von November 2007 bis einschließlich Januar 2008: netto 360,30 EUR). Mit Bescheid vom 25.06.2007 in Gestalt der Aufhebungsbescheide vom 08.01.2008 und 10.03.2008 sowie der Änderungsbescheide vom 08.01.2008 und 10.03.2008 bewilligte der Beklagte zuletzt für den Zeitraum August 2007 bis Januar 2008 monatlich 376,61 EUR (August 2007), 753,84 EUR (September 2007), 762,66 EUR (Oktober 2007), 471,52 EUR (November 2007) und 593,34 EUR (Dezember 2007 sowie Januar 2008).
Im Fortzahlungsantrag vom Januar 2008 gab die Klägerin an, ihr Einkommen bei der Firma C. sei unverändert und sie erziele kein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit. Die Firma C. überwies der Klägerin in den Monaten Februar 2008 bis Mai 2008 jeweils 360,42 EUR monatliches Gehalt und im Juni 2008 540,59 EUR. Die Klägerin kündigte ihr Arbeitsverhältnis bei der Firma C. zum 15.06.2008 aus gesundheitlichen Gründen und bezog ab 16.06.2008 Krankengeld mit einem täglichen Satz von 8,35 EUR für 30 Tage im Kalendermonat. Der Beklagte bewilligte der Klägerin für den Zeitraum Februar 2008 bis Juli 2008 vorläufig mit Bewilligungsbescheid vom 08.01.2008, geändert durch den Bescheid über die endgültige Bewilligung vom 16.07.2008 und den Aufhebungsbescheid vom 17.12.2008 - letztere beide betrafen jeweils die Monate Juni und Juli 2008 - zuletzt Arbeitslosengeld II in Höhe von 593,34 EUR vorläufig monatlich für die Monate Februar 2008 bis Mai 2008 und endgültig 696,39 EUR im Juni 2008 und 287,55 EUR im Juli 2008.
Im Fortzahlungsantrag vom Juni 2008 teilte die Klägerin mit, sie beziehe überhaupt kein Einkommen mehr. Wie nachträglich bekannt wurde, bezog die Klägerin bis einschließlich 07.09.2008 und wieder ab 22.12.2008 Krankengeld in bisheriger Höhe und nahm zum 08.09.2008 eine Beschäftigung bei der Firma D.-Fahrdienste auf, aus der ihr im Oktober und Dezember 2008 sowie im Januar 2009 monatlich 349,78 EUR netto und im November 2008 367,08 EUR zuflossen. Der Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bewilligungsbescheid vom 16.07.2008 in Gestalt der beiden Änderungsbescheide vom 12.12.2008 (vorläufige Bewilligungen für November 2008, Dezember 2008 und Januar 2009), des Aufhebungsbescheides vom 17.12.2008 - teilweise Aufhebung der bewilligten Leistungen für die Monate August 2008 bis Oktober 2008 - und des Änderungsbescheides vom 01.10.2009 (geänderte endgültige Bewilligung für Dezember 2008 und Januar 2009) endgültig Arbeitslosengeld II in Höhe von zuletzt 600,04 EUR im August 2008, 792,09 EUR im September 2008, 634,76 EUR im Oktober 2008, 529,57 EUR im Dezember 2008, 333,57 EUR im Januar 2009 und vorläufig 617,46 EUR im November 2008.
Für den Folgezeitraum beantragte die Klägerin im Dezember 2008 die Weitergewährung von Arbeitslosengeld II mit der Angabe, Einkommen aus der bereits bekannten abhängigen Beschäftigung zu beziehen und im Übrigen keinerlei sonstiges Einkommen, auch nicht aus einer selbständigen Tätigkeit, zu erzielen. Ausweislich der Mitteilung der Firma D.-Fahrdienste vom 17.05.2010 endete das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31.12.2008. Der Klägerin wurde letztmalig im Januar 2009 Gehalt (für Dezember 2008) ausbezahlt. Sie bezog ab 22.12.2008 bis einschließlich 04.10.2009 Krankengeld in Höhe von kalendertäglich 9,80 EUR brutto. Der Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bewilligungsbescheid vom 07.01.2009 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 01.10.2009 endgültig Arbeitslosengeld II für Februar 2009 in Höhe von 581,01 EUR, für März und April 2009 in Höhe von monatlich 556,73 EUR, für Mai und Juni 2009 in Höhe von monatlich 571,13 EUR und für Juli 2009 in Höhe von 578,97 EUR.
Im Juni 2009 beantragte die Klägerin die Fortzahlung von Arbeitslosengeld II und gab an, seit Oktober 2008 Krankengeld zu beziehen und ansonsten keinerlei Einkünfte, auch nicht aus selbständiger Tätigkeit, zu haben. Unter dem 02.11.2009 beantragte die Klägerin die Übernahme der vollen Kosten der Unterkunft, da es ihr zurzeit nicht möglich sei, die Differenz zwischen den bewilligten Leistungen und der vollen Miete aus Untervermietung aufzubringen. Sie hoffe, dass sich dies in Zukunft wieder ändere. Sie reichte ein Schreiben ihres Vermieters, des Zeugen E., wonach seit September 2008 die Miete 1.280,00 EUR (Kaltmiete 880,00 EUR sowie Nebenkostenpauschale 400,00 EUR) betrage und ein Mietrückstand für November und Dezember 2009 in Höhe von über 600,00 EUR bestehe, ferner einen "Antrag auf befristete Übernahme der überteuerten Miete" des Prof. Dr. F, Schmerzzentrum des Universitätsklinikums B. vom 15.12.2009 ein, wonach die Klägerin die Absicht habe, die Wohnung aufzugeben und sich bezahlbaren Wohnraum zu suchen, worum sie sich nach ihrer Entlassung aus der derzeitigen tagesklinischen Behandlung auch bemühen wolle. Aktuell stelle die Wohnungskündigung eine erhebliche Gefährdung des bisher erreichten Behandlungserfolges dar, weshalb man dringend um Übernahme der überteuerten Miete für ein weiteres halbes Jahr ersuche. Der Beklagte bewilligte mit vorläufigem Bewilligungsbescheid vom 19.08.2009 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 01.10.2009 und des weiteren Änderungsbescheides vom 05.10.2009 - letzterer mit wiederum nur vorläufiger Leistungsgewährung für Oktober 2009 bis Januar 2010 - sowie mit weiterem Änderungsbescheid vom 21.12.2009 mit einer endgültigen Leistungsgewährung für die Monate November 2009 bis Januar 2010 und unter Berücksichtigung der vollen Kosten der Unterkunft der Klägerin zuletzt für August 2009 305,09 EUR, für September 2009 578,97 EUR, für Oktober 2009 vorläufig 807,77 EUR, für November 2009 und Dezember 2009 jeweils 1.512,87 EUR und für Januar 2010 1.592,87 EUR.
Im Fortzahlungsantrag vom Dezember 2009 verneinte die Klägerin sowohl Einkommen aus abhängiger wie auch aus selbständiger Tätigkeit. Mit Bescheid vom 19.01.2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld II in Höhe von 1.593,19 EUR monatlich für Februar 2010 bis einschließlich Juli 2010.
Auf den Fortzahlungsantrag der Klägerin vom August 2010, in welchem sie Einkommen wiederum verneinte, bewilligte ihr der Beklagte mit Bescheid vom 04.08.2010 Arbeitslosengeld II in Höhe von 1.593,19 EUR monatlich für August 2010 bis einschließlich Januar 2011.
Am 14.10.2010 versuchten Mitarbeiter des Beklagten vergeblich, die Klägerin in ihrer Wohnung anzutreffen. Ausweislich ihres Berichts vom 18.10.2010 trafen sie stattdessen eine Frau an, die dort augenscheinlich als Prostituierte arbeitete und berichtete, dass sie sich seit ca. drei Monaten in der Wohnung der Klägerin mit kurzen einwöchigen Unterbrechungen aufhalte. Die Klägerin sei ihre "Chefin" und sie habe Räumlichkeiten bei ihr angemietet. Über die Höhe der Miete gab sie keine Auskunft. Der Beklagte stellte mit Bescheid vom 20.10.2010 die Leistungen wegen unterbliebener Angabe von Einkommen vorläufig ein und hörte die Klägerin hierzu an. Die Klägerin teilte hierzu schriftlich mit, die von den Mitarbeitern des Beklagten angetroffene "Mieterin" habe am Folgetag die Wohnung verlassen, ohne die Mietzahlung zu leisten. Sie habe im Moment keine weiteren Interessentinnen für ein Zimmer in ihrer Wohnung, so dass davon auszugehen sei, dass sie auch im November kein Einkommen haben werde. Sie sehe sich darüber hinaus aufgrund einer finanziellen Zwangslage genötigt, der Prostitution wieder zeitweise, soweit es überhaupt gesundheitlich möglich sei, nachzugehen. Sobald sie einen Überblick habe, werde sie über mögliches Einkommen, welches allenfalls geringfügig sein und auch nicht regelmäßig fließen werde, berichten. Am 09.11.2010 gelangte ein Kontrollbericht des Hauptzollamts J. vom 29.10.2010 über eine am 25.10.2010 in der Terminwohnung der Klägerin stattgehabte Außenprüfung zu den Akten des Beklagten. Danach gaben die Nachbarin, die Zeugin G., die ein Stockwerk über der Terminwohnung der Klägerin wohnte, sowie deren Mitbewohnerin an, es sei bekannt, dass es sich um eine Terminwohnung handle und dass die Klägerin nicht im Haus wohne. Beim Eintreffen der Beamten habe, ohne die Wohnungstür zu öffnen, eine Frau in gebrochenem Deutsch den Zutritt zur Wohnung verwehrt. Die nicht anwesende Klägerin habe später telefonisch erklärt, dass niemand ihre Wohnung betreten werde. Auf Nachfrage bei der Steuerfahndungsstelle B., Herrn H. sowie Herrn I., am 26.10.2010 hätten diese mitgeteilt, die Klägerin sei mindestens seit 2006 nicht mehr unter der Anschrift A.straße 3 in B. wohnhaft. Die Wohnung sei regelmäßig mit einer bis 3 Prostituierten belegt.
Mit Bescheid vom 09.11.2010 nahm der Beklagte die Entscheidung vom 04.08.2010 über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II ab 01.11.2010 ganz zurück und bezog sich zur Begründung auf das Ergebnis der hausinternen Ermittlungen sowie derjenigen des Hauptzollamts J., wonach die Klägerin nicht mehr ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Wohnung A.straße 3 habe und darüber hinaus aus der Vermietung ihrer nicht selbst bewohnten Wohnung an Prostituierte Einkommen erziele. Mit Bescheid vom 19.11.2010 hob der Beklagte, "wie im persönlichen Gespräch vom 18.11.2010 vereinbart", über welches indes die Akten keinen Aufschluss geben, den Rücknahmebescheid vom 09.11.2010 auf und wies darauf hin, dass entsprechend dieses Gesprächs die Auszahlung der Leistungen bis zur Vorlage der angeforderten Unterlagen weiterhin vorläufig eingestellt bleibe. Die Klägerin gab daraufhin am 29.11.2010 drei "eidesstattliche" Erklärungen ab, wonach sie zum einen keine Einkommensprognose für die kommenden 6 Monate für ihre Wohnung abgeben könne, da zu befürchten sei, dass sie die Wohnung in der A.straße 3 mangels Einnahmen und angesichts der Androhung der fristlosen Kündigung seitens des Vermieters verlieren werde. Zum anderen versicherte sie, für das Jahr 2010 aus der von ihr angemieteten und auch bewohnten Wohnung in der A.straße 3 keinen Gewinn durch Untervermietung gezogen zu haben. Sie habe dabei sogar noch "draufzahlen" müssen. Letztendlich versicherte sie, dass sie nicht in Frankreich wohnhaft sei und sich dort auch nicht aufhalte, sondern sich nach wie vor täglich unter der Adresse A.straße 3 aufhalte.
Mit Bescheid vom 07.12.2010 bewilligte der Beklagte Arbeitslosengeld II vorläufig und in Höhe von 1.018,29 EUR monatlich für die Monate November 2010 bis April 2011. Die vorläufige Festsetzung sei auf Grundlage der Angaben der Klägerin zum voraussichtlichen Einkommen erfolgt. Bei wesentlichen Änderungen der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben sei die Klägerin verpflichtet, dies unverzüglich mitzuteilen und entsprechende Nachweise vorzulegen. Mit Änderungsbescheid vom 26.03.2011 bewilligte der Beklagte aufgrund der zum 01.01.2011 erhöhten Regelbedarfe für die Zeit ab Januar 2011 bis April 2011 vorläufig 1.023,29 EUR monatlich.
Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin vom März 2011, in welchem diese für den Monat März voraussichtliche Betriebseinnahmen in Höhe von ca. 150,00 EUR angab, zog der Beklagte die Ermittlungsakte des Hauptzollamts J. bei. Diese enthielt unter anderem einen Aktenvermerk der Steuerfahnder H. und K. der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts B.-Land vom 20.12.2010, in welchem dargelegt wurde, es sei bekannt, dass die Klägerin bereits im Jahr 2006 zwar die Mieteinnahmen der Prostituierten einkassierte, die gebotenen Kreuze auf den Formblättern (für die Steuerklärung) dagegen nicht gesetzt habe. In der Wohnung in der A.straße 3 würden von den 4 Räumen 3 für gewerbliche Zwecke genutzt. Im vierten Raum würde sich eine Coach mit Sessel, ein Bett, ein Kleiderschrank sowie ein Fernsehgerät befinden, wobei sich hieran mindestens seit 2006 nichts geändert habe. Bei Besichtigungen im Jahre 2006 habe man im Kleiderschrank keine Kleidungsstücke der Klägerin gefunden. Auch sei seitens der Prostituierten immer wieder betont worden, dass die Klägerin nur zum Duschen komme und sehr selten in der Wohnung übernachte. Angeblich lebe sie in einem Wohnwagen. Die Klägerin habe zumindest bis zum Jahre 2010 keine feste Miete erhalten, sondern das Entgelt der Prostituierten aus deren Dienstleistungen hälftig beansprucht. Die Angaben der Klägerin in den Steuererklärungen seien somit nicht richtig. Nach den dortigen Angaben hätten die Prostituierten die ganzen Jahre nichts verdient, obwohl das Etablissement seit 15 Jahren existiere. Mit Bescheid vom 19.05.2011 bewilligte der Beklagte Arbeitslosengeld II in Höhe von 364,00 EUR monatlich als Vorschuss für die Monate Mai 2011 bis einschließlich Oktober 2011. Kosten der Unterkunft würden vorläufig keine übernommen werden. Über eine endgültige Bewilligung könne man erst nach Eingang der angeforderten Unterlagen entscheiden.
Mit Bescheid vom 13.07.2011 stellte der Beklagte die Zahlung von Arbeitslosengeld II vorläufig ein, weil der Leistungsanspruch weggefallen sei, nachdem die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Bezirk des Beklagten habe. Mit Schreiben gleichen Datums hörte der Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Aufhebung und Erstattung des ab 01.08.2006 bis einschließlich 31.07.2011 gewährten Arbeitslosengeldes II in Höhe von insgesamt 63.335,15 EUR an.
Mit Bescheid vom 05.09.2011 nahm der Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld II unter Benennung der Bewilligungsbescheide ab 01.08.2006 ganz zurück und machte eine Erstattungsforderung in Höhe von 51.116,63 EUR geltend. Die Klägerin habe nach Ermittlungen des Hauptzollamts J. sowie der Steuerfahndungsstelle B. ihren Lebensmittelpunkt nicht im Zuständigkeitsbereich des Beklagten gehabt. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil die Klägerin in ihren Anträgen auf Leistungen zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht habe. Ihr sei auch bekannt gewesen, dass die Bewilligungen fehlerhaft gewesen seien. Ihren hiergegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, sie habe seit über 15 Jahren ihren Wohnsitz ausschließlich in B ... Neben ihrer Wohnung in der A.straße 3 habe sie bis zum Frühjahr des Jahres 2011 einen alten Wohnwagen auf dem Campingplatz in der L.straße genutzt. Im Übrigen sei dem Beklagten ihre Tätigkeit wie auch die übrigen Umstände des Wohnungsmietverhältnisses seit längerem bekannt gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.01.2012 wies der Beklagte den Widerspruch mit im wesentlichen gleicher Begründung als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 31.01.2012 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und die Aufhebung des Bescheides vom 05.09.2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 04.01.2012 begehrt. Sie hat zur Begründung vorgetragen, sie habe sich seit Jahrzehnten ausschließlich in B. aufgehalten und dort auch gewohnt. In Frankreich habe sie lediglich eine Briefkastenadresse unterhalten, um für ihr Fahrzeug eine französische Zulassung zu bekommen. Es sei kein Geheimnis, dass die Wohnung in der A.straße 3 in B. als Terminwohnung genutzt worden sei. Von der Untervermietung an Prostituierte sei aber das von ihr benutzte Zimmer ausgenommen gewesen. Dort hätten sich ihre Kleidungsstücke sowie die üblichen Sanitärartikel befunden. Da es die Mieterinnen der Klägerin mit dem Eigentum Dritter nicht immer ganz genau genommen hätten und es wiederholt zu Diebstählen gekommen sei, habe sie einen Teil ihrer persönlichen Habe im H. aufbewahrt. Sie habe des Weiteren auf einem Campingplatz in B. in der Vergangenheit einen Wohnwagen als Rückzugsmöglichkeit genutzt. Die Einnahmen aus der Untervermietung einzelner Zimmer hätten nicht einmal die Mietkosten der Wohnung gedeckt. Der Beklagte hat angesichts der aus seiner Sicht nach wie vor nicht offengelegten, tatsächlich erzielten Einnahmen der Klägerin und nicht stringenten Argumentation im Hinblick auf ihren Wohnort an seiner Einschätzung festgehalten. Er hat eine Einschätzung des Steuerfahnders K. vom 30.12.2014 zur Einnahme- und Gewinnsituation der Klägerin vorgelegt, wonach bei sehr niedrig angesetzter Schätzung die Klägerin jährliche Einnahmen in Höhe von 72.000 EUR erzielt haben dürfte und in welcher nochmals über die Ausstattung der Wohnung der Klägerin sowie die Nutzung der einzelnen Zimmer berichtet worden ist.
Das SG hat am 10.10.2014 eine nichtöffentliche Sitzung zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt und in diesem Rahmen die Klägerin persönlich befragt sowie die Zeugen Z. (Betreiber eines Campingplatzes in B.), E. (Vermieter der Wohnung in der A.straße 3), G. und R. (beide Nachbarn der Klägerin) vernommen. Bezüglich der Einzelheiten des Ergebnisses der Befragung der Klägerin sowie der Zeugenvernehmung wird auf die Niederschrift der nichtöffentlichen Sitzung vom 10.10.2014 verwiesen.
In der mündlichen Verhandlung vom 23.11.2016 vor dem SG hat die Klägerin bestritten, dass sie hälftig an den Einnahmen der Prostituierten partizipiert habe. Vielmehr sei es so gelaufen, dass, wenn die Prostituierten Einnahmen erzielt hätten, sie dann von ihnen etwas bekommen habe. Wenn diese gesagt hätten, sie hätten nichts verdient, dann habe sie (die Klägerin) natürlich auch nichts bekommen. Sie habe das nicht kontrollieren können, da sie ja tagsüber wegen ihrer Beschäftigungsverhältnisse weg gewesen sei. Sie wisse auch nicht, wann die Prostituierten hauptsächlich ihr Gewerbe ausgeübt hätten. Sie sei tagsüber nicht anwesend gewesen bzw. sei nicht an die Tür gegangen, wenn es geklingelt habe, und nachts habe sie geschlafen und nichts mitbekommen. Sie habe 2 Zimmer privat genutzt, wobei das Zimmer mit dem Balkon ihr Wohnzimmer gewesen sei. Ihre persönlichen Sachen habe sie zum Teil im Campingwagen und zum anderen Teil im H. der Wohnung gelagert, zu welchem nur sie einen Schlüssel gehabt habe. Ihre Kleidung sei im Koffer im H. gelagert gewesen, ebenso ihre Duschsachen. Je nach Bedarf habe sie die Sachen dann in einem Rucksack bzw. einer kleinen Reisetasche mit hochgenommen. Über die Einnahmen aus der Vermietung habe sie keine Listen geführt. Die beiden von ihr genutzten Zimmer habe sie deshalb nicht verschlossen, weil man diese mit einem Dietrich hätte öffnen können. Sie habe den Prostituierten auch nicht untersagt, jene Zimmer zu benutzen, weil man ihr ja ohnedies nicht zugehört habe. Sie könne auch nicht sagen, ob am Wochenende Kunden die Wohnung aufgesucht hätten, da sie sich die meiste Zeit in ihrem Zimmer befunden habe.
Mit Urteil vom 23.11.2016 hat das SG den Bescheid vom 05.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.01.2012 insoweit aufgehoben, als darin die der Klägerin für die Zeit vom 01.08.2006 bis 31.01.2007 bewilligten Leistungen zurückgenommen worden sind. Die Klägerin habe zur Überzeugung des Gerichts in dieser Zeit keine höheren Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit erzielt, als vom Beklagten angerechnet worden sei. Das Gericht habe auch weiterhin die Überzeugung gewonnen, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Wohnung in der A.straße 3 in B. gehabt habe. Für die Zeit ab dem 01.02.2007 sei dagegen die Klage abzuweisen gewesen, weil sich diesbezüglich eine Hilfebedürftigkeit der Klägerin nicht mehr mit der erforderlichen Gewissheit feststellen lasse.
Gegen das der Klägerin am 22.12.2016 zugestellte Urteil hat diese am 31.12.2016 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Sie hat zur Begründung vorgetragen, aufgrund ihres desolaten psychischen Zustandes im streitgegenständlichen Zeitraum könne ihr nicht vorgeworfen werden, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, ihre Einnahmen zu dokumentieren. Eine Beweislastumkehr zu ihren Lasten im Hinblick auf die Einkommenssituation sei nicht gerechtfertigt. Sie hat weiterhin Befundberichte des Nervenarztes Dr. M. und des Neurologen PD Dr. N. aus den Jahren 2006, 2008, 2009 und 2012 mit den Diagnosen einer depressiven Episode nach Partnerkonflikt (2006), einer depressiven Verstimmung (2008 sowie 2009) und der Diagnose einer aktuell deutlich ausgeprägten rezidivierenden Depression (Juli 2012) vorgelegt.
Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. November 2016 abzuändern und den Bescheid vom 5. September 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Januar 2012 insgesamt aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er beruft sich hierzu im Wesentlichen auf die Entscheidungsgründe des SG im angefochtenen Urteil.
Der Senat hat die bei der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts B.-Land geführten Akten über die Klägerin beigezogen, die unter anderem Aufstellungen über die in den Jahren 2006 bis 2011 durchgeführten Kontrollbesuche in der A.straße 3 mit Angaben zur Anzahl der dabei jeweils angetroffenen Prostituierten enthielten und die den Beteiligten zur Kenntnisnahme übermittelt worden sind.
Die Beteiligten sind mit Verfügung vom 21.09.2017 darauf hingewiesen worden, dass der Senat beabsichtige, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückzuweisen. Die Beteiligten haben einer solchen Entscheidung durch Beschluss zugestimmt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligen wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Prozessakten sowie der beigezogenen Akten der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts B.-Land Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 143, 144 SGG statthafte sowie form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet.
Der Senat kann die Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sind von den Beteiligten nicht vorgebracht worden - vielmehr haben die Beteiligten einer Entscheidung durch Beschluss zugestimmt - und sind auch nicht ersichtlich.
Streitgegenstand der hier statthaften Anfechtungsklage ist der Bescheid vom 05.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.01.2012, soweit darin das der Klägerin für die Zeit ab dem 01.02.2007 bis einschließlich Oktober 2011 bewilligte Arbeitslosengeld II zurückgenommen und die Erstattung des in diesem Zeitraum ausgezahlten Arbeitslosengeldes II in Höhe von 44.247,67 EUR verfügt worden ist. Soweit die angefochtenen Bescheide ursprünglich auch den Zeitraum vor dem 01.02.2007 betroffen haben, sind sie nicht mehr streitgegenständlich, nachdem das SG insoweit die Bescheide aufgehoben hat und der hierdurch einzig beschwerte Beklagte keine Berufung eingelegt hat.
Der Bescheid vom 05.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.01.2012 ist im hier streitgegenständlichen Umfang rechtmäßig. Der Beklagte hat zu Recht die Bewilligungen für den streitgegenständlichen Zeitraum zurückgenommen bzw., soweit Leistungen lediglich vorläufig gewährt worden sind, einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II endgültig verneint, und die Erstattung des ausbezahlten Arbeitslosengeldes II verfügt.
Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme ist § 40 Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in der bis 31.07.2016 anzuwendenden Fassung (a.F.) i.V.m. § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 der Regelung ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X). Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nach Absatz 2 der Vorschrift nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte gem. § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht berufen, soweit (1.) er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, (2.) der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder (3.) er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 SGB X gegeben sind (§ 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X). Nach § 45 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB X wird der Verwaltungsakt nur in den Fällen von § 45 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 2 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen, wobei die Behörde dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun muss, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II a.F. i.V.m. § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ist, soweit die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vorliegen, dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Die geltend gemachte Erstattung stützt sich auf die §§ 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 und 6 SGB II, 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.
Soweit für den Zeitraum Februar 2008 bis einschließlich Mai 2008, November 2008, Oktober 2009 und November 2010 bis einschließlich Oktober 2011 bis zuletzt nur vorläufige Bewilligungen bzw. vorschussweise erbrachte Leistungen vorgelegen haben, sind die angefochtenen Bescheide des Beklagten an Stelle der vorläufigen Bewilligungen getreten, so dass letztere ihre Wirksamkeit verloren haben (§ 39 Abs. 2 SGB X). Der Leistungsträger hat nach Wegfall der Voraussetzungen für die vorläufige Bewilligung von Arbeitslosengeld II gemäß §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F., 328 Abs. 3 SGB III eine abschließende Entscheidung über die Leistungen zu treffen und darf sich nicht etwa auf eine bloße Änderung der vorläufigen Bewilligung beschränken (BSG, Urteil vom 29.04.2015, B 14 AS 31/14 R, juris). Als in diesem Sinne abschließende Entscheidung genügt danach die Regelungswirkung eines bloßen Änderungsbescheides nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, mit der die erteilte Bewilligung teilweise aufgehoben worden ist, nicht (BSG, a.a.O., auch zum Nachfolgenden). Vielmehr bedarf es hierzu eines Bescheides, der den ursprünglichen Vorläufigkeitsvorbehalt aufhebt und die begehrte Leistung als die zustehende Leistung endgültig zuerkennt. Maßgeblich ist, ob auch für jeden Außenstehenden keine Zweifel mehr über die nunmehr endgültige Bindungswirkung der abschließenden Entscheidung bestehen kann. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Denn anders als im vom BSG entschiedenen Fall hat der Beklagte vorliegend auch die vorläufigen Leistungen in vollem Umfang zurückgenommen und dies damit begründet, dass der Klägerin insgesamt keine Leistungen zustehen. Zweifel über die endgültige Bindungswirkung der abschließenden Entscheidung können vor diesem Hintergrund nicht mehr bestehen, so dass dem Schutzzweck der endgültigen Entscheidung im Hinblick auf ihre Funktion für den Vertrauensschutz insbesondere nach den §§ 45 und 48 SGB X (vergleiche BSG, a.a.O.) Genüge getan ist. Nachdem den streitgegenständlichen Bescheiden zumindest im Wege der Auslegung eine endgültige Feststellung eines nicht bestehenden Leistungsanspruchs zu entnehmen ist, bedarf die Frage, ob die §§ 44 ff. SGB X im Anwendungsbereich von § 328 SGB III generell verdrängt sind oder ob die Korrektur vorläufiger Bewilligungen auch auf die allgemeinen Vorschriften der §§ 44 ff. SGB X gestützt werden kann (offengelassen vom BSG, a.a.O.) hier keiner Entscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Rücknahme gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X liegen vor. Die Bewilligungen von Arbeitslosengeld II im streitgegenständlichen Zeitraum waren anfänglich rechtswidrig, da die Klägerin mangels Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II) keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hatte. Aus diesem Grunde konnte der Beklagte auch die vorläufigen Bewilligungen durch die abschließende Entscheidung, wonach der Klägerin kein Leistungsanspruch zusteht, ersetzen. Gem. § 7 Abs. 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die (1.) das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, (2.) erwerbsfähig sind, (3.) hilfebedürftig sind und (4.) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Während die Voraussetzungen gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 4 SGB II bei der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum vorlagen und zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit sind, fehlte es im streitgegenständlichen Zeitraum durchgehend an der Hilfebedürftigkeit.
Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält. Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 SGB II umfasst das Arbeitslosengeld II als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung.
Ein Mehrbedarf gemäß § 21 SGB II lag bei der Klägerin nicht vor. Darüber hinaus ist im streitgegenständlichen Zeitraum auch kein Bedarf für Unterkunft und Heizung im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II nachgewiesen. "Unterkunft" im Sinne dieser Vorschrift sind bei tatsächlicher Nutzung alle baulichen Anlagen oder Teile hiervon, die tatsächlich geeignet sind, vor den Unbilden der Witterung zu schützen und ein Mindestmaß an Privatheit sicherzustellen; die Räume müssen indes nicht nur für die Deckung des Unterkunftsbedarfs bestimmt sein, woran vorliegend kein Zweifel besteht, sondern sie müssen auch tatsächlich der Deckung des Unterkunftsbedarfs dienen (Münder, SGB II, 6. Aufl. 2017, § 22 Rn. 21 ff., m.w.N.). Zur Überzeugung des Senats diente die Wohnung in der A.straße 3 nicht der Deckung des Unterkunftsbedarfs der Klägerin. Nachdem nicht geklärt werden konnte, wo die Klägerin tatsächlich ihren Unterkunftsbedarf befriedigte, sind Unterkunftskosten auch anderweitig nicht nachgewiesen.
Entgegen der Einschätzung des SG in der angefochtenen Entscheidung ist der Senat aufgrund der aktenkundigen Ermittlungsberichte des Außendienstes des Beklagten, des Hauptzollamts sowie der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts B. und in Würdigung der Aussagen der Klägerin sowie der im Erörterungstermin vom 10.10.2014 vernommenen Zeugen zur Überzeugung gelangt, dass die Klägerin noch nicht einmal ein Zimmer der Wohnung in der A.straße 3 zu Wohnzwecken genutzt hat, was - insoweit ist dem SG zuzustimmen - zur Begründung eines Unterkunftsbedarfs (wenigstens für dieses Zimmer) gereicht hätte. Dabei hat die Klägerin zuletzt - nachdem in der Klagebegründung noch von einem von ihr genutzten Zimmer gesprochen worden ist - darauf beharrt, 2 Zimmer der Vierzimmerwohnung in der A.straße 3 genutzt zu haben, nämlich ein Zimmer als Schlafzimmer und ein weiteres Zimmer, an welches der Balkon anschloss, als Wohn- und Gästezimmer, in welchem sie auch selbst gelegentlich übernachtet habe, beispielsweise, wenn sie beim Fernsehschauen eingeschlafen sei. Nach einem vertraulichen Aktenvermerk vom 03.08.2006 über ein Gespräch von Mitarbeitern der Steuerfahndungsstelle, nämlich Herrn H. und Herrn O., mit 2 Prostituierten, welche zeitweise die Wohnung der Klägerin als Untermieter genutzt haben, haben die beiden Prostituierten ausgeführt, die Klägerin würde nicht in der Wohnung A.straße 3 wohnen, sondern wohl auf einem Campingplatz leben. Aufgrund regelmäßiger Kontrollgänge bei einer seit 2006 unveränderten Einrichtung der Wohnung hat die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts B.-Land festgehalten (vgl. Aktenvermerk vom 20.12.2010), dass 3 der 4 Räume für gewerbliche Zwecke genutzt würden, während sich im vierten Raum eine Couch, ein Bett, ein Kleiderschrank sowie ein Fernsehgerät befänden. Im Kleiderschrank befanden sich keine Kleidungsstücke der Klägerin. In einer weiteren Stellungnahme vom 30.12.2014 hat der Sachbearbeiter K. der Steuerfahndungsstelle die Erkenntnisse der seit dem zweiten Quartal 2006 durchgeführten Kontrollbesuche dahingehend zusammengefasst, dass bei 10 Kontrollbesuchen im Jahr 2006, 14 Kontrollbesuchen im Jahr 2007, 38 Kontrollbesuchen im Jahr 2008, 27 Kontrollbesuchen im Jahr 2009, 17 Kontrollbesuchen im Jahr 2010 und 18 Kontrollbesuchen im Jahr 2011 man regelmäßig 2 bis 3 Prostituierte angetroffen habe, die 3 der 4 Zimmer zur Ausübung der Prostitution genutzt hätten. Die bereits oben geschilderte Wohnungsausstattung sei unverändert geblieben. Die Klägerin selbst sei bei den Kontrollbesuchen so gut wie nie angetroffen worden, wobei der tatsächliche Wohnsitz oder aber wenigstens ein gewöhnlicher Aufenthalt nie habe ermittelt werden können.
Soweit das SG diesen Indizien keine maßgebliche Bedeutung beimessen wollte, weil die Untermieterinnen/Prostituierten namentlich nicht bekannt seien und auch nicht ersichtlich sei, wie lange sich die jeweiligen Untermieterinnen in der Wohnung aufgehalten haben, ist dem zu entgegnen, dass die Aussagen im Aktenvermerk vom 03.08.2006 von 2 namentlich bekannten Prostituierten getroffen worden sind, die sich wenigstens 3 Monate am Stück in der A.straße 3 aufgehalten haben. Angesichts der Regelmäßigkeit und Häufigkeit der Kontrollbesuche ist dem Umstand, dass die Klägerin über weite Teile des hier streitigen Zeitraums aufgrund von Erkrankungen oder mangels Beschäftigungsverhältnisses keiner Beschäftigung nachgegangen ist und dessen ungeachtet nur sehr selten in der Wohnung angetroffen wurde, nach Auffassung des Senats ebenso Bedeutung zuzumessen, wie dem unveränderten Eindruck einer gewerblichen Nutzung von 3 der 4 Räumen, wobei der vierte, nicht gewerblich genutzte Raum ebenso wenig den Eindruck einer Wohnnutzung durch die Klägerin vermittelt hat.
Diese erheblichen Indizien, die bereits gegen einen Aufenthalt der Klägerin in der A.straße 3 sprechen, verdichten sich aufgrund der Aussagen der vom SG vernommenen Zeugen zur erforderlichen Gewissheit. Der Zeuge E., Eigentümer des Hauses A.straße 3 und Vermieter der Klägerin, hat angegeben, das Haus regelmäßig jede zweite Woche, dabei überwiegend mittags oder nachmittags, für Wartungs- bzw. Reparaturtätigkeiten aufgesucht zu haben. Dabei hat er die Klägerin höchst selten, nach seiner Schätzung ungefähr jedes zehnte Mal, angetroffen. Aufgrund von Arbeiten an den häufig defekten Rollläden in der Wohnung der Klägerin im streitigen Zeitraum sowie um häufiger anfallende Reparaturen im Zusammenhang mit dem Flachdach durchzuführen, hat er die Wohnung der Klägerin wenigstens zwei- bis dreimal jährlich aufgesucht, mitunter, abhängig von der Wetterlage, aber auch bis zu zehnmal hintereinander; dabei hat er im Zuge solcher Reparaturarbeiten mehrmals am Tag die Wohnung der Klägerin durchquert. Dabei befanden sich in der Wohnung regelmäßig bis zu 4 Prostituierte, regelmäßig auch im Zimmer mit dem Balkon. Insbesondere konnte sich der Zeuge - aufgrund der näheren Umstände nachvollziehbar - daran erinnern, dass ihm im Rahmen einer Reparatur eine Prostituierte, die sich im Zimmer mit dem Balkon aufgehalten hat, ihre Dienste angeboten hat. Wie ihm später die Klägerin nämlich mitgeteilt hat, war diese Prostituierte angeblich aidskrank. Der Zeuge hat bei jedem seiner Aufenthalte in der Wohnung Prostituierte, dabei in allen Zimmern der Wohnung, angetroffen, auch in dem Balkonzimmer sowie in dem Zimmer links vom Eingang, welches die Klägerin im Erörterungstermin als ihr Schlafzimmer bezeichnet hat.
Der angesichts dessen nachvollziehbare Eindruck des Zeugen E., dass die Klägerin im hier streitgegenständlichen Zeitraum nicht mehr in der A.straße 3 gewohnt hat, deckt sich mit den Angaben des Zeugen Z., der als Betreiber eines Campingplatzes, auf welchem die Klägerin ab August 2006 einen großen Wohnwagen abgestellt hatte, ausgesagt hat, dass die Klägerin teilweise ganze Monate am Stück in ihrem Wohnwagen verbracht hat. Allerdings konnte der Zeuge nicht ausschließen, dass die Klägerin möglicherweise über einen längeren Zeitraum nicht anwesend gewesen ist, und konnte auch nicht mit Sicherheit bestätigen, dass sie sich, wie zunächst von ihm ausgesagt, bis Juli 2011 als Mieterin auf den Campingplatz aufgehalten hat.
Die Zeugin G., die von März 2010 bis April 2014 die Wohnung direkt über derjenigen der Klägerin bewohnt hat, hat gleichfalls bestätigt, die Klägerin nur sehr selten, beispielsweise bei der Treppenhausreinigung, insgesamt ungefähr fünfmal pro Jahr, gesehen zu haben. Die Klägerin hat auch nie die Wohnungstüre geöffnet, wenn die Zeugin dort geklingelt hat; auch ist der Briefkasten nach Aussage der Zeugin nicht regelmäßig geleert worden, sondern es befand sich die Post oft längere Zeit im Einwurf des Briefkastens der Klägerin. Die Zeugin, die von ihrem Balkon aus denjenigen der Klägerin gut einsehen konnte, hat regelmäßig Personen auf dem Balkon der klägerischen Wohnung gesehen, niemals jedoch die Klägerin selbst. Vielmehr hat sie auf dem Balkon regelmäßig Frauen wahrgenommen, die mit Reizwäsche bekleidet waren und einen leichten Überwurf trugen; so haben sich nach den Aussagen der Zeugin auf dem Balkon mit einer gewissen Regelmäßigkeit 3 bis 4 Personen zur Einnahme einer Mahlzeit dort versammelt. Ansonsten haben sich Einzelpersonen zum Telefonieren dort aufgehalten. Dagegen hat die Zeugin niemals die Klägerin auf dem Balkon ihres angeblichen Wohnzimmers wahrgenommen. Die Zeugin hat weiterhin darüber berichtet, dass an der Wohnungstür der Klägerin jeweils 4 Namen angeschrieben waren, nicht aber der Name der Klägerin. Diese Namen hätten dabei wöchentlich gewechselt; jeweils montags, so die Zeugin, haben sich 4 neue Namen an der Wohnungstür befunden, für die jeweils eine Funkklingel eingerichtet gewesen war.
Der Zeuge R, ein weiterer Wohnungsnachbar, hat zwar angegeben, die Klägerin beim Rauchen regelmäßig angetroffen zu haben, dies indes dahingehend relativiert, er habe sie, obgleich er regelmäßig zum Rauchen in den Hof des Wohngebäudes gegangen ist, höchstens einmal wöchentlich gesehen. Er hat die Angaben der Zeugin G. über die Funkklingeln für die Zeit nach 2009 und den fehlenden Namen der Klägerin an der Wohnungstür bestätigt.
Aufgrund der voranstehenden Zeugenaussagen sowie der Kenntnisse des Außendienstes des Beklagten, des Hauptzollamts sowie der Steuerfahndungsstelle ist der Senat überzeugt, dass die Klägerin in der A.straße 3 nicht gewohnt hat. Vielmehr steht zur Überzeugung des Senats fest, dass diese Wohnung ausschließlich zum Zwecke der Vermietung an Prostituierte genutzt worden ist. Von erheblicher Bedeutung ist dabei die vollständige Abwesenheit persönlicher Gegenstände der Klägerin in der Wohnung, wie insbesondere Kleidung und Hygieneartikel. Dies hat die Klägerin selbst im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vor dem SG eingeräumt. Danach habe sich ihre persönliche Habe teilweise im Campingwagen und teilweise im H. der Wohnung, zu dem nur die Klägerin einen Schlüssel gehabt habe, befunden. In der Klagebegründung hat die Klägerin diesbezüglich noch angegeben, in dem von ihr genutzten Zimmer hätten sich ihre Kleidungsstücke sowie die üblichen Sanitärartikel befunden. Sie hat aber diesen Vortrag, wohl im Hinblick auf die Feststellungen der Steuerfahnder und die Bekundungen der Prostituierten, nicht mehr aufrechterhalten. Die Lagerung eines Teils ihrer persönlichen Habe im H. hat die Klägerin mit der Sorge vor Diebstählen durch ihre Untermieterinnen begründet. Denn anders als ihre "eigenen" Zimmer in der Wohnung habe sie den H. verschließen können. Es erscheint dem Senat, anders als dem SG, indes völlig lebensfremd, täglich über mehr als 10 Jahre die Gegenstände für die persönliche Hygiene sowie die für den nächsten Tag bestimmten Kleidungsstücke im H. zusammenzupacken und anschließend mit nach oben in die Wohnung zu nehmen, um sie dann am nächsten Tag wieder im H. einzulagern; zumal die Klägerin andererseits angegeben hat, man habe die Küche und insbesondere den Kühlschrank gemeinsam für die Lagerung von Lebensmitteln genutzt: "da wusste schon jeder Bescheid, was ihm gehört und was nicht", so die Klägerin im Erörterungstermin vor dem SG. Weshalb die kriminelle Energie der Untervermieterinnen einerseits so weit gegangen sein soll, dass selbst das Abschließen der Zimmer nichts genutzt hätte, weil man damit habe rechnen müssen, dass die Untermieterinnen die Glaselemente in der Tür einschlagen, um das Zimmer zu betreten und Hygieneartikel (!) zu entwenden - so der Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem SG -, aber andererseits die Eigentumsrechte der Klägerin, was die Lebensmittel in der Küche angeht, in einer geradezu vorbildlichen Weise geachtet worden sein sollen, ist nicht nachvollziehbar.
Gegen einen wenigstens teilweisen Wohnaufenthalt der Klägerin in der A.straße 3 spricht weiterhin das einhellige Urteil der Außendienstmitarbeiter, Steuerfahnder, der Prostituierten, soweit sie sich geäußert haben, sowie der im Erörterungstermin vor dem SG vernommenen Zeugen, wonach man die Klägerin so gut wie nie in der Wohnung bzw. im Wohnhaus A.straße 3 angetroffen hat. Insbesondere konnte die Klägerin trotz einer Vielzahl an Kontrollbesuchen durch die Steuerfahndungsstelle so gut wie nie angetroffen werden, weshalb man dort von einem anderweitigen gewöhnlichen Aufenthaltsort ausgegangen ist und deshalb sogar Ermittlungsverfahren mangels bekannten tatsächlichem Aufenthaltsorts der Klägerin eingestellt hat. Die Abwesenheiten der Klägerin können insbesondere nicht, wie aber vom SG angenommen, mit deren abhängigen Beschäftigungsverhältnissen erklärt werden. Denn die Klägerin hat im hier streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend keine abhängige Beschäftigung ausgeübt - ab dem 01.01.2009 ist sie nach ihren Angaben gegenüber dem Beklagten keiner Arbeit mehr nachgegangen - bzw. war an deren Ausübung krankheitsbedingt verhindert und hat Krankengeld bezogen, nämlich vom 12.06.2007 bis 31.08.2007, 24.04.2008 bis 07.09.2008 und 22.12.2008 bis 04.10.2009. Auch die von der Klägerin im Berufungsverfahren angeführte depressive Erkrankung hätte einen regelmäßigeren Aufenthalt in der A.straße 3 nahegelegt, wenn sich dort tatsächlich, wie von der Klägerin behauptet, deren gewöhnlicher Aufenthaltsort befunden hätte.
Die Aussage der Klägerin, 2 der 4 Zimmer genutzt zu haben, ist bereits aufgrund der Erkenntnisse der Steuerfahndungsstelle aus den regelmäßigen Kontrollbesuchen widerlegt. Danach wurden bei den Kontrollbesuchen regelmäßig 2 bis 3 Damen angetroffen, die 3 der 4 Zimmer zum Zwecke der Ausübung der Prostitution genutzt haben. Die Nutzung von 3 der 4 Zimmer zum Zwecke der Ausübung der Prostitution hat sich dabei zwanglos auch aus deren Ausstattung ergeben. Der Zeuge E. hat sogar in allen 4 Zimmern, wenngleich nicht immer gleichzeitig, Prostituierte angetroffen, insbesondere auch im vorgeblichen Schlafzimmer der Klägerin. Nach seiner Wahrnehmung war jedes der 4 Zimmer zum Zwecke der Prostitution eingerichtet. Auch die Zeugin G. hat auf dem Balkon des angeblichen Wohnzimmers der Klägerin regelmäßig 3 bis 4 offensichtlich der Prostitution nachgehende Frauen wahrgenommen. Für eine grundsätzlich vorgesehene Nutzung sämtlicher 4 Zimmer für Prostitutionszwecke sprechen auch die 4 an der Wohnungstür angebrachten Funkklingeln mit austauschbaren Namensschildern, an denen im wöchentlichen Wechsel Namen angebracht worden sind, nicht jedoch der Name der Klägerin, und deren Vorhandensein von der Zeugin G. und dem Zeugen R. bezeugt worden ist. Es ist schwer vorstellbar, dass sich die Klägerin ungeachtet der bis zu 4 Prostituierten, die sich gleichzeitig in der Wohnung aufgehalten haben und ihrer Beschäftigung nachgegangen sind, ebenfalls in der Wohnung zu Wohnzwecken aufgehalten hat; insbesondere stellt sich dabei die Frage, in welchem der Räume, wenn diese bei 4 Prostituierten sämtlich belegt waren?
Zu Recht hat der Zeuge E. darauf hingewiesen, dass auch die häufigen nächtlichen Ruhestörungen im Zusammenhang mit der Nutzung der Wohnung der Klägerin, die zu erheblichen Störungen der übrigen Mieter des Hauses und gelegentlich sogar zu Polizeieinsätzen geführt haben und letztendlich den Zeugen E. zur Kündigung der Wohnung veranlasst haben, gegen eine Anwesenheit der Klägerin in der Wohnung sprechen, weil andernfalls ein Eingreifen der Klägerin doch nahegelegen hätte. In der Zusammenschau mit den weiteren Indizien, wie der unregelmäßigen Leerung des Briefkastens, den monatelangen Aufenthalten der Klägerin auf dem Campingplatz des Zeugen Z., letztlich aber auch den widersprüchlichen Angaben der Klägerin im Hinblick darauf, ob sie 1 oder 2 Zimmer benutzt hat und ob ihre Hygieneartikel und Kleidungsstücke sich im angeblich selbst genutzten Zimmer befunden haben oder doch eher im H. des Wohnhauses und im Wohnwagen, ist zur Überzeugung des Senats eine Nutzung der Wohnung in der A.straße 3 durch die Klägerin zu Wohnzwecken ausgeschlossen. Letztendlich vermag der fehlende Aufenthalt der Klägerin auch die erstaunliche Unkenntnis dieser über die Anzahl der Kundenkontakte der Untervermieterinnen in der Wohnung und die konkreten Abläufe dieser Kontakte zu erklären.
Für andere Unterkünfte hat die Klägerin keine Bedarfe für Unterkunft und Heizung geltend gemacht; bereits die Existenz anderer Unterkünfte im streitgegenständlichen Zeitraum, für welche ein Bedarf in Betracht käme, ist nicht nachgewiesen. Ein Leistungsanspruch der Klägerin nach § 19 SGB II kommt damit allenfalls für den Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 20 SGB II) in Betracht. Dieser betrug im hier streitgegenständlichen Zeitraum für alleinstehende Personen (§ 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II) zunächst 345,00 EUR, ab 01.07.2007 347,00 EUR, ab 01.07.2008 351,00 EUR, ab 01.07.2009 359,00 EUR und ab 01.01.2011 364,00 EUR monatlich. Neben dem Einkommen der Klägerin aus den Beschäftigungsverhältnissen bzw. dem Krankengeldbezug, welches nach Maßgabe der §§ 11 ff. SGB II zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 9 Abs. 1 SGB II) zu berücksichtigen ist, hat die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum durchgehend Einkommen aus der Untervermietung ihrer Wohnung in der A.straße 3 bezogen, welches ebenfalls nach § 11 SGB II bedarfsdeckend zu berücksichtigen ist. Allerdings sieht sich der Senat außer Stande, das aus dieser Untervermietung im hier maßgeblichen Zeitraum erzielte Einkommen zu beziffern. Diese Unaufklärbarkeit der Einkommenssituation der Klägerin führt vorliegend ausnahmsweise dazu, dass bei dieser von fehlender Hilfebedürftigkeit auszugehen ist.
Entgegen der Angaben der Klägerin hat diese zur Überzeugung des Senats durchgehend die Wohnung in der A.straße 3 an Prostituierte untervermietet und hieraus Einkommen bezogen. Obgleich diese im Rahmen der erstmaligen Antragstellung im Juli 2006 angegeben hat, sie erziele aus Untervermietung kein Einkommen mehr, haben die Außendienstmitarbeiter des Beklagten bei dem Hausbesuch am 20.09.2006 in der Wohnung der Klägerin zwar nicht diese, dafür aber 2 Prostituierte angetroffen, die mitgeteilt haben, täglich eine Zimmermiete von 25,00 EUR zu entrichten. Hiervon unabhängig haben sich 2 Prostituierte im August 2006 bei der Steuerfahndungsstelle gemeldet und berichtet, dass die Klägerin in den letzten 3 Monaten jeweils an 3, teilweise gar an 4 Prostituierte untervermietet und dafür täglich 25,00 EUR verlangt habe. Im Rahmen der 12 Vorortkontrollen der Steuerfahndung im Jahr 2006 wurden jeweils mindestens eine, überwiegend aber 2 oder sogar 3 Prostituierte in der Wohnung angetroffen. Auch in den Jahren 2007 bis 2011 wurden bei jeder der bis zu 38 Kontrollen jährlich mindestens eine, sehr viel häufiger aber 2 oder mehr Prostituierte in der Wohnung der Klägerin angetroffen und haben die Außendienstmitarbeiter des Beklagten am 14.10.2010 und die Mitarbeiter des Hauptzollamts J. am 25.10.2010 jeweils Frauen in der Wohnung angetroffen, die dort der Prostitution nachgegangen sind, obwohl die Klägerin spätestens ab Januar 2008 in ihren Fortzahlungsanträgen durchgehend behauptet hat, kein Einkommen aus der Untervermietung mehr zu erzielen.
Eine Feststellung der Höhe des monatlichen Einkommens der Klägerin aus der Untervermietung an Prostituierte ist nicht möglich. Die Angaben der Klägerin selbst sind nachgewiesenermaßen falsch. Sie hat dem Beklagten lediglich einmalig für 2006 Auszüge aus dem Kassenbuch vorgelegt und in der Folgezeit trotz entsprechender Aufforderungen keine Unterlagen mehr eingereicht. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG hat sie bekräftigt, in der Folgezeit keine Listen mehr über die Einnahmen aus Untervermietung geführt zu haben. Gegenüber dem Beklagten hat sie jedenfalls ab Januar 2008 Einnahmen aus Untervermietung von vornherein bestritten, was, wie bereits dargelegt, in krassem Widerspruch zu den Feststellungen der Steuerfahndungsstelle, des Hauptzollamts sowie der Mitarbeiter des Beklagten steht. Ausweislich der zu den Akten gelangten Steuerbescheide für das Jahr 2007 und 2008 hat sie jeweils Einnahmen aus Vermietung in Höhe von 4.400,00 EUR erzielt. Nach konservativer Schätzung der Steuerfahndungsstelle ist indes bei durchschnittlich 2 Prostituierten und 360 Tagen der Vermietung von einem Gesamtumsatz von 144.000,00 EUR und von ca. 72.000,00 EUR jährlichen Einnahmen der Klägerin auszugehen. Wenngleich der Senat sich dieser Schätzung des Steuerfahnders K. im Vermerk vom 30.12.2014 nicht vollständig anzuschließen vermag (hierzu später), so liegen die Angaben der Klägerin indes in solch erheblicher Weise darunter, dass sie nicht mehr glaubhaft sind. So hat die Klägerin beispielsweise in ihrer Steuererklärung für April 2008 Einnahmen in Höhe von 500,00 EUR angegeben. Im Rahmen der 6 in diesem Monat vorgenommenen Kontrollen der Steuerfahndung wurden indes bereits 11 Prostituierte angetroffen, womit bei einer Tagesmiete von 25,00 EUR als denkbar niedrigste Form der Umsatzpartizipation der Klägerin (vergleiche hierzu unten) bereits an diesen 6 Tagen 275,00 EUR, mithin mehr als die Hälfte des angeblichen monatlichen Gesamtumsatzes der Klägerin erzielt worden wäre. Für den November 2007 hat die Klägerin gleichfalls 500,00 EUR Einnahmen angegeben; dies bei dokumentierter Anwesenheit von 10 Prostituierten an den 4 Kontrolltagen. Dementsprechend hätte die Klägerin die Hälfte ihres Umsatzes im November 2007 an diesen 4 Tagen erzielt. Ohnedies hat die Klägerin erstaunlicherweise ausweislich ihrer Unterlagen zu den Steuerklärungen 2007 und 2008 in jedem Monat des Jahres 2008 exakt denselben Betrag aus Untervermietung eingenommen, wie im entsprechenden Monat des Vorjahres 2007. Offenbar hat sie schlicht die Auflistung für 2007 für 2008 nochmals verwendet. Nachvollziehbar ist der Steuerfahnder K. dementsprechend zu der Erkenntnis gelangt, dass sich den Angaben der Klägerin gegenüber dem Finanzamt zu ihrer Einnahme- und Gewinnsituation nichts entnehmen lässt, was den tatsächlichen Verhältnissen auch nur nahekommen würde. In der Zusammenschau mit ihren Behauptungen bezüglich der angeblich von ihr genutzten 2 Zimmer in der Wohnung A.straße 3, den bewusst falschen Angaben gegenüber dem Beklagten im Hinblick auf die aus Untervermietung erzielten Einnahmen - darunter auch eine bewusst falsche eidesstattliche Erklärung zu den Einnahmen 2010 - wie auch den sehr nachlässigen Angaben, was die Aufnahme von Beschäftigungsverhältnissen und daraus erzielten Einkommen angeht, bleibt festzuhalten, dass die Angaben der Klägerin zu aus Untervermietung erzielten Einkommen, soweit solche überhaupt vorliegen, durchgehend nicht glaubwürdig sind und nicht zur Grundlage einer Einkommensberechnung gemacht werden können.
Andere Erkenntnisquellen liegen indes nicht vor. Insbesondere bedarf es keiner weiteren Ausführungen, dass es mangels Kenntnissen über den vollständigen Namen und die Adressen nicht möglich ist, die Prostituierten zu befragen, die sich im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Klägerin "eingemietet" hatten. Lediglich für den hier nicht streitgegenständlichen Zeitraum 2006 sind Untermieterinnen namentlich bekannt. Soweit der Steuerfahnder K., gestützt auf die Ergebnisse der Kontrollgänge, unter dem 30.12.2014 eine aus seiner Sicht sehr niedrig angesetzte Schätzung der jährlichen Einnahmen der Klägerin erstellt hat, kann diese gleichfalls nicht zugrunde gelegt werden. Nach § 287 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen als der Schadensermittlung die Vorschriften des § 287 Abs. 1 Satz 1, 2 ZPO entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen. In diesem Fall entscheidet das Gericht nach § 287 Abs. 2 i.V.m. § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO über die Höhe der Forderung unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Gegen eine Anwendung dieser Norm auch im sozialgerichtlichen Verfahren bestehen keine grundsätzlichen Bedenken (BSG, Urteil vom 03.12.2015, B 4 AS 47/14 R, juris, auch zum Nachfolgenden). Schätzungen müssen aber eine realistische Grundlage haben sowie in sich schlüssig und wirtschaftlich nachvollziehbar sein. Bei einer Schätzung entscheidet das Gericht zwar wie bei einer sonstigen Tatsachenfeststellung nach freier Überzeugung; es hat alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen (§ 287 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 ZPO); seine Schätzung ist aber rechtsfehlerhaft, wenn es die Schätzungsgrundlagen nicht richtig festgestellt oder nicht alle wesentlichen, in Betracht kommenden Umstände hinreichend gewürdigt hat, oder wenn die Schätzung selbst auf falschen oder unsachlichen Erwägungen beruht.
Vorliegend lässt sich bereits nicht feststellen, auf welcher Grundlage die Prostituierten für die Untervermietung bezahlt haben. So haben die vom Außendienst des Beklagten im September 2006 befragten Prostituierten angegeben, täglich 25,00 EUR Zimmermiete zu entrichten. Demgegenüber ist die Steuerfahndungsstelle aufgrund späterer Angaben von Prostituierten davon ausgegangen, dass bis Ende 2009 die von den Prostituierten erzielten Einnahmen zwischen diesen und der Klägerin hälftig aufgeteilt worden seien und im Anschluss daran die Klägerin zu einer Tagesmiete mit täglich 80,00 EUR pauschal, ab 2014 dann 100,00 EUR, übergegangen sei und hat auf dieser Grundlage ihre Schätzung vom 30.12.2014 erstellt. Die Klägerin selbst wiederum hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG eine hälftige Aufteilung der Tageseinnahmen bestritten, war indes nicht im Stande oder willens, die tatsächliche Form der Vergütung zu benennen. Vor diesem Hintergrund fehlt es bereits von vornherein an einer gesicherten Schätzungsgrundlage. Dies gilt weiterhin im Hinblick auf die tatsächlich anwesenden Prostituierten und auf die von der Klägerin beklagten Einnahmeausfälle, weil Prostituierte, ohne das Entgelt zu entrichten, untergetaucht seien. Einer gegebenenfalls gutachterlichen Schätzung der Einnahmen aus der Untervermietung an die Prostituierten ist damit von vornherein der Boden entzogen.
Aufgrund dessen trifft der Senat vorliegend eine Beweislastentscheidung, aufgrund derer die Klägerin so zu behandeln ist, als ob Hilfebedürftigkeit durchgehend nicht vorgelegen hat. Zwar geht die Unerweislichkeit einer Tatsache grundsätzlich zu Lasten desjenigen, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleitet. Deshalb trägt grundsätzlich die Behörde die objektive Beweislast für die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides, wenn sie diesen zurücknimmt. Eine Umkehr der Beweislast ist aber unter den zuvor beschriebenen Umständen gerechtfertigt, wenn eine besondere Beweisnähe zu einem Beteiligten besteht (BSG, Urteil vom 15.06.2016, B 4 AS 41/15 R, juris, auch zum Nachfolgenden). Das ist anzunehmen, wenn in dessen persönlicher Sphäre oder in dessen Verantwortungssphäre wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind und die zeitnahe Aufklärung des Sachverhalts durch unterlassene Angaben oder unzureichende Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung erschwert oder verhindert wird. Zwar enthält weder das SGB II noch die Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) eine dahingehende Vermutung; dies schließt gleichwohl nicht aus, dass die Nichtaufklärbarkeit der Einkommenssituation ausnahmsweise nach den allgemeinen Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Leistungsberechtigten geht. Ist dem Leistungsberechtigten die Beweislast für eine Tatsache aufzuerlegen, ist er bei Unaufklärbarkeit so zu behandeln, als ob das entsprechende Tatbestandsmerkmal durchgehend nicht vorgelegen hat, ohne dass für eine Überprüfung noch Raum bleibt.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Die Unaufklärbarkeit des Einkommens der Klägerin beruht maßgeblich auf grob fahrlässigen bzw. überwiegend sogar vorsätzlichen Verletzungen von Mitwirkungspflichten durch die Klägerin. Der Klägerin war spätestens aufgrund der Ermittlungen des Beklagten einschließlich eines Hausbesuches von Außendienstmitarbeitern im September 2006 klar, dass sich ihr Einkommen aus der Untervermietung leistungsmindernd auswirkt. Der Klägerin war ferner spätestens mit der entsprechenden Anforderung durch den Beklagten im Herbst 2006 ihre Dokumentationspflicht in Form von Übersichten über Einnahmen und Ausgaben aus ihrer Vermietertätigkeit bewusst. Die Klägerin hat dessen ungeachtet in der Folgezeit keine entsprechenden Aufstellungen mehr gefertigt oder aber - was der Senat gleichermaßen für möglich hält - bestreitet schlichtweg deren Existenz und weigert sich, diese vorzulegen. Soweit die Klägerin grobe Aufstellungen über die monatlichen Einnahmen dem Finanzamt vorgelegt hat, sind diese erwiesenermaßen falsch. Darüber hinaus hat die Klägerin in der Folgezeit Einnahmen aus ihrer Vermietertätigkeit gegenüber dem Beklagten verschleiert und damit weitere Ermittlungen des Beklagten insoweit verhindert. Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren eine schuldhafte Verletzung ihrer Mitwirkungspflichten unter Verweis auf ihre psychische Erkrankung bestritten hat, greift dieser Einwand nicht durch. Die Arztberichte im hier maßgeblichen Zeitraum belegen lediglich eine depressive Verstimmung (Arztberichte des PD Dr. N. vom 14.03.2008, vom 06.08.2008, vom 17.01.2009, vom 16.10.2009 und vom 21.12.2009). Im Anschluss an die tagesklinische Behandlung durch Professor Dr. F im Dezember 2009, bezüglich derer kein Befund und keine Diagnose vorliegt, hat sich die Klägerin ausweislich des Arztberichts des PD Dr. N. erstmalig wieder am 31.07.2012 und damit knapp ein Jahr nach dem hier interessierenden Zeitraum, nun mit einer rezidivierenden Depression, "aktuell deutlich ausgeprägt", vorgestellt. Dabei wurde, so Dr. N., die ausgeprägte depressive Verstimmung wesentlich durch die finanziellen und sozialen Faktoren, als welche er insbesondere die Rückforderung des Arbeitslosengeldes II durch den Beklagten genannt hat, bestimmt; m.a.W., er hat den Beginn wie auch die Ursache der nun festgestellten Verschlechterung an der hier streitigen Rückforderung festgemacht. Damit kann aus den vorliegenden Arztberichten für den hier interessierenden Zeitraum keine relevante psychische Erkrankung solchen Gewichts abgeleitet werden, aufgrund derer die Klägerin nicht im Stande gewesen wäre, Nachweise über ihre Einnahmen aus Untervermietung zu führen, wenigstens aber wahrheitsgemäß im Rahmen der jeweiligen Antragstellung auf Leistungsfortzahlung die Einnahmen aus Untervermietung anzugeben. Hiergegen spricht im Übrigen auch, dass die Klägerin zur gleichen Zeit durchaus in der Lage war, die Untervermietung durchgehend und mit regelmäßig wechselnden Prostituierten fortzuführen.
Aufgrund dieser Verletzung von Mitwirkungspflichten durch die Klägerin bestehen auch erhebliche Zweifel an deren Hilfebedürftigkeit. Wie bereits ausgeführt, geht der Steuerfahnder K. bei nach allgemeinen Erfahrungswerten sehr niedriger Schätzung von wenigstens 72.000 EUR jährlichen Einnahmen aus Untervermietung aus, monatlich 6.000,00 EUR, wobei er für die Zeit vor 2010 eine hälftige Aufteilung der aus Prostitution erzielten Einnahmen und für die Zeit danach eine Tagesmiete von 80,00 EUR pauschal zugrunde legt. Unter Berücksichtigung der monatlichen Ausgaben von 1.267,00 EUR bzw. 1.447,00 EUR (ab September 2008) für Miete und Nebenkosten sowie der pauschal im Fortzahlungsantrag vom Januar 2007 angegebenen und nicht belegten weiteren Nebenkosten von 200,00 EUR monatlich für Werbung und Kraftfahrzeug, wäre für die Klägerin von einem monatlichen Gewinn von deutlich über 4.000,00 EUR auszugehen (vergleiche zur Berechnung des monatlichen Einkommens § 3 Abs. 4 Alg II-V), aus welchem die Klägerin ein zu berücksichtigendes Einkommen gemäß §§ 11, 30 SGB II in der bis zum 31.03.2011 anzuwendenden Fassung bzw. gemäß § 11 ff. SGB II in der ab dem 01.04.2011 anzuwendenden Fassung erzielt hätte, welches - ohne dass es hierzu weiterer Ausführungen bedürfte - bei weitem ihren vorstehend bezifferten Bedarf im streitgegenständlichen Zeitraum gedeckt hätte.
Auch die weiteren Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X liegen vor. Die Klägerin kann sich auf schutzwürdiges Vertrauen nicht berufen, weil die Bewilligungen des Beklagten, auch und gerade soweit bei der Klägerin selbständiges Einkommen berücksichtigt worden ist, auf der vorsätzlich falschen Angabe der Klägerin beruhen, sie habe in der A.straße 3 in B. mindestens 2 Zimmer bewohnt und sie habe aus der Untervermietung, so diese überhaupt eingeräumt worden ist, kein bzw. ein unerhebliches Einkommen erzielt. Zwar waren dem Beklagten im Oktober 2010 aufgrund des Berichts der Außendienstmitarbeiter sowie des Hauptzollamts J. erhebliche Verdachtsmomente im Hinblick auf die Nutzung der Wohnung in der A.straße 3 zur Kenntnis gelangt. Die anschließende Weiterbewilligung erfolgte dementsprechend aber auch nur vorläufig und ist daher schon nicht an § 45 SGB X zu messen. Darüber hinaus beruhte die Weiterbewilligung auf den eidesstattlichen Erklärungen der Klägerin, wonach sie weder im Jahr 2010 Gewinn erzielt habe, noch im folgenden Jahr solchen erzielen werde und die Wohnung A.straße 3 auch weiterhin täglich zu Wohnzwecken nutzen würde, womit auch insoweit vorsätzlich unrichtige Angaben der Klägerin für den Erlass der Bewilligung ursächlich waren. Da die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X vorliegen, konnten die Bewilligungen bis zum Ablauf von 10 Jahren nach deren Bekanntgabe zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X); sie waren gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III zwingend mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, ohne dass dem Beklagten hierbei Ermessen zugestanden hätte. Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist gewahrt, wie das SG bereits zutreffend dargelegt hat und worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.
Der Beklagte war damit berechtigt, die Bewilligungen im streitgegenständlichen Zeitraum in vollem Umfang zurückzunehmen bzw. anstelle der vorläufigen bzw. vorschussweisen Leistungen einen Leistungsanspruch abschließend insgesamt zu verneinen. Soweit der Beklagte für den März 2010 1.593,19 EUR bewilligt (und auch ausbezahlt) hat, die Bewilligung für diesen Monat indes nur i.H.v. 843,29 EUR aufgehoben hat, ist die Klägerin nicht beschwert.
Aufgrund der Rücknahme der Bewilligungen ist das erbrachte Arbeitslosengeld II gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu erstatten; § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB II findet keine Anwendung (§ 40 Abs. 4 Satz 2 SGB II). Die aufgrund vorläufiger Entscheidungen erbrachten Leistungen sind gemäß § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III und die Vorschüsse gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) zu erstatten. Der danach vom Beklagten geltend gemachte Erstattungsbetrag in Höhe von 44.247,67 EUR ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Soweit der Beklagte für den März 2010 zwar 1.593,19 EUR bewilligt und auch ausbezahlt, die Bewilligung für diesen Monat indes nur i.H.v. 843,29 EUR aufgehoben hat, hat er hiermit korrespondierend auch nur eine Erstattung i.H.v. 843,29 EUR geltend gemacht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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