Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
15 RJ 1465/95
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 RJ 130/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 8. Juni 1999 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Dem Kläger werden gerichtliche Verschuldenskosten in Höhe von 450,- EUR auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren (noch) um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Der am X.XXXXXXX 1947 geborene Kläger hat den Beruf des Maurers erlernt und war in diesem bis 1977 tätig. Er arbeitete anschließend als Hafenarbeiter und zuletzt bis Juni 1984 als Disponent im Hafen. Im Oktober 1984 beantragte er Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit. Hierüber entstand Streit zwischen den Beteiligten. In Ausführung eines vor dem Sozialgericht Hamburg (18 J 368/87) geschlossenen Vergleichs gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Februar 1990 Erwerbsunfähigkeitsrente rückwirkend ab Juli 1989. Diesen Bescheid hob die Beklagte mit Bescheid vom 22. Dezember 1994 mit Wirkung ab 1. Januar 1995 teilweise auf und wandelte die Erwerbsunfähigkeitsrente in eine Berufsunfähigkeitsrente um, nachdem ihr bekannt geworden war, dass der Kläger eine selbständige Tätigkeit ausübte. Hiergegen erhob dieser ohne nähere Begründung Widerspruch und nach dessen Zurückweisung mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 1995 Klage. Während des Klageverfahrens gab der Kläger die selbständige Tätigkeit durch Abmeldung des Gewerbes zum 26. Februar 1996 auf. Daraufhin ließ ihn die Beklagte durch den Chirurgen Dr. S. untersuchen, welcher eine Kniegelenkserkrankung links ohne Funktionsbehinderung und degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit geringer Bewegungseinschränkung sowie geringe Verschleißerscheinungen der übrigen Wirbelsäulenabschnitte diagnostizierte. Dr. S. hielt den Kläger für in der Lage, noch leichte und zeitweise mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Mit Bescheid vom 23. April 1997 lehnte daraufhin die Beklagte die Umwandlung der Berufsunfähigkeits- in eine Erwerbsunfähigkeitsrente ab.
Das Sozialgericht hat den Kläger nach Einholung von Befundberichten der diesen behandelnden Ärzte zunächst durch den Chirurgen Dr. K. untersuchen lassen, welcher eine Fehlstatik der Brustwirbelsäule, grob degenerative Veränderungen der mittleren und unteren Lendenwirbelsäule mit deutlicher Minderung der Belastbarkeit der Lendenwirbelsäule und einen vermehrten Verschleiß des linken Kniebinnenraums mit glaubhaften, insbesondere belastungsabhängigen Beschwerden, sowie eine Fußfehlstatik beiderseits feststellte. Der Kläger sei aufgrund dieser Erkrankungen nur noch in der Lage, körperlich leichte Arbeiten mit Gewichtsbelastungen bis 8 kg und weiteren qualitativen Einschränkungen vollschichtig zu verrichten. Der Neurologe und Psychiater Dr. N. ist nach Untersuchung des Klägers in seinem Gutachten vom 13. Mai 1999 zu dem Ergebnis gelangt, dass bei dem Kläger ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit Spinalkanalstenose und operiertem Bandscheibenschaden, eine vordiagnostizierte Varikosis spinalis, ein sensibles L5/S1-Syndrom rechts, eine neurogene Blasenentleerungsstörung sowie eine anhaltend somatoforme Störung im Sinne einer psychosomatischen Überlagerung der vorgenannten Beschwerden vorliege. Der Kläger könne nur noch leichte körperliche Arbeiten überwiegend in wechselnder Körperhaltung, nicht jedoch in gebückter Haltung oder in körperlichen Zwangshaltungen vollschichtig ausüben. Arbeiten unter Zeitdruck, Akkord-, Schicht- und Nacharbeitsbedingungen seien nicht zumutbar. Die Arbeiten sollten in geschlossenen Räumen und zu ebener Erde ausgeübt werden. Wegen einer vermehrten Miktionsfrequenz bedürfe er zusätzlicher Pausen.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 8. Juni 1999 abgewiesen. Die Beklagte habe die dem Kläger gewährte Erwerbsunfähigkeitsrente zu Recht in eine Rente wegen Berufsunfähigkeit umgewandelt, weil der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides eine selbständige Tätigkeit im Sinne des § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) ausgeübt habe. Die Beklagte habe ferner mit dem Bescheid vom 23. April 1997, der nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden sei, die Wiedergewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente zu Recht abgelehnt. Zwar hätten der Kläger und seine Ehefrau das Gewerbe am 26. Februar 1996 abgemeldet, jedoch sei bei Aufgabe der selbständigen Tätigkeit bei dem Kläger nicht erneut Erwerbsunfähigkeit eingetreten. Die der Gewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente durch den Bescheid vom 23. Februar 1990 zugrunde liegenden Feststellungen lebten nach Aufgabe der selbständigen Tätigkeit nicht gleichsam "automatisch" wieder auf. Vielmehr enthalte die Regelung des § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VI einen umfassenden Leistungsausschluss. Nach dessen Wegfall müssten alle - auch die medizinischen - Voraussetzungen für den geltend gemachten Rentenanspruch erneut vorliegen. Hieran fehle es, weil es dem Kläger noch möglich sei, leichte körperliche Arbeiten vollschichtig zu verrichten.
Das Urteil ist dem seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 9. November 1999 zugestellt worden. Der Kläger hat am 8. Dezember 1999 Berufung eingelegt und die erstinstanzliche Entscheidung zunächst vollen Umfanges angegriffen. Im Erörterungstermin am 3. Juni 2003 hat er seine Berufung beschränkt und macht seitdem nur noch geltend, dass der Bescheid der Beklagten vom 23. April 1997 rechtswidrig sei, weil ihm nach Abmeldung des Gewerbes wieder eine Erwerbsunfähigkeitsrente zustehe. Zur Begründung trägt er vor, er sei nicht in der Lage, leichte körperliche Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Bei ihm liege eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, welche zudem fortschreitend seien. Sein Zustand habe sich seit 1987 nicht nur nicht verbessert, sondern erheblich verschlechtert.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 8. Juni 1999 abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 23. April 1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung ab März 1996 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 8. Juni 1999 zurückzuweisen.
Im Berufungsverfahren ist der Kläger erneut medizinisch begutachtet worden. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. hält den Kläger für in der Lage, vollschichtig leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung und ohne Zeitdruck in geschlossenen Räumen zu verrichten. Die Wegefähigkeit sei gegeben. Etwaige Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung könnten überwunden werden. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. gelangt in seinem nach Aktenlage erstatteten Gutachten vom 27. Mai 2003 ebenfalls zu der Einschätzung, dass der Kläger mit bestimmten qualitativen Einschränkungen vollschichtig leistungsfähig sei. Schließlich hält der Orthopäde Dr. N. nach Auswertung der Akten und Untersuchung des Klägers denselben auf seinem Fachgebiet ebenfalls für vollschichtig leistungsfähig mit bestimmten qualitativen Einschränkungen. Dieses Leistungsvermögen habe bereits seit dem Jahre 1996, dem Zeitpunkt der Aufgabe der selbständigen Tätigkeit, bestanden. Weitere Begutachtungen, namentlich auf internistischem Fachgebiet, seien nicht erforderlich. Die auf diesem Fachgebiet bekannten Gesundheitsstörungen wie Hyperlipidämie, essentieller Hypertonus und chronische Bronchitis bei Nikotinabusus ließen aus sozialmedizinischer Sicht zweifelsfrei eine vollschichtige Erwerbstätigkeit zu. Lediglich die Exposition gegenüber Stäuben und Dämpfen sollte ausgeschlossen werden. Die Wegefähigkeit bleibe auch insoweit erhalten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der ausweislich der Sitzungsniederschrift zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte und zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ) ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage gegen den zwischen den Beteiligten allein noch im Streit befindlichen Bescheid vom 23. April 1997 abgewiesen. Dem Kläger steht weder eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung, noch eine Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zu.
Der Kläger ist bei Aufgabe der selbständigen Tätigkeit nicht erwerbsunfähig im Sinne der nach § 300 Abs. 2 SGB VI für diesen Zeitpunkt hier noch anzuwendenden Vorschrift des § 44 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung des Gesetzes gewesen. Zwar war sein Leistungsvermögen auch seinerzeit bereits eingeschränkt, er konnte jedoch noch vollschichtig leichte körperliche Arbeiten mit bestimmten qualitativen Einschränkungen verrichten. Dieses Leistungsvermögen besteht seit dem Zeitpunkt der Aufgabe der selbständigen Tätigkeit bis zum heutigen Tage. Er ist seitdem auch durchgehend wegefähig. Dies haben die im Berufungsverfahren durchgeführten ärztlichen Begutachtungen übereinstimmend ergeben. Ihr Ergebnis steht wiederum in Übereinstimmung mit den in erster Instanz durchgeführten Begutachtungen. Bei dem Kläger liegt schließlich keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit führen müsste. Hierunter fallen nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. etwa Urteil vom 10. Dezember 2003 – B 5 RJ 64/02 R – ) gerade nicht die "üblichen" Leistungseinschränkungen wie z.B. der Ausschluss von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen oder Sitzen erfordern, die im Akkord- oder Schichtdienst verrichtet werden oder besondere Anforderungen an das Seh-, Hör- und Konzentrationsvermögen erfordern, von denen der Kläger ausweislich der durchgeführten Begutachtungen betroffen ist. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente liegen sonach zur Überzeugung des Senats in Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Entscheidung, auf die zur weiteren Begründung nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, nicht vor.
Da bei dem Kläger noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für zumindest leichte körperliche Arbeiten besteht, sind auch die Voraussetzungen für einen Leistungsfall voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI (in Kraft ab dem 1. Januar 2001) nicht erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Regelung des § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Das Gericht hat dem Kläger gerichtliche Verschuldenskosten in Höhe von 450,- EUR auferlegt, weil er den Rechtsstreit fortgeführt hat, obwohl ihm vom Vorsitzenden im Senatstermin unter Hinweis auf die eindeutige Gutachtenlage die Missbräuchlichkeit dieser Rechtsverfolgung erläutert und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Hinsichtlich der Höhe der Kosten hat sich das Gericht an der Pauschgebühr des § 184 Abs. 2 SGG orientiert und diese im Hinblick auf den voraussichtlichen Aufwand für die Abfassung des Urteils verdoppelt.
Der Senat hat die Revision gegen dieses Urteil nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren (noch) um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Der am X.XXXXXXX 1947 geborene Kläger hat den Beruf des Maurers erlernt und war in diesem bis 1977 tätig. Er arbeitete anschließend als Hafenarbeiter und zuletzt bis Juni 1984 als Disponent im Hafen. Im Oktober 1984 beantragte er Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit. Hierüber entstand Streit zwischen den Beteiligten. In Ausführung eines vor dem Sozialgericht Hamburg (18 J 368/87) geschlossenen Vergleichs gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Februar 1990 Erwerbsunfähigkeitsrente rückwirkend ab Juli 1989. Diesen Bescheid hob die Beklagte mit Bescheid vom 22. Dezember 1994 mit Wirkung ab 1. Januar 1995 teilweise auf und wandelte die Erwerbsunfähigkeitsrente in eine Berufsunfähigkeitsrente um, nachdem ihr bekannt geworden war, dass der Kläger eine selbständige Tätigkeit ausübte. Hiergegen erhob dieser ohne nähere Begründung Widerspruch und nach dessen Zurückweisung mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 1995 Klage. Während des Klageverfahrens gab der Kläger die selbständige Tätigkeit durch Abmeldung des Gewerbes zum 26. Februar 1996 auf. Daraufhin ließ ihn die Beklagte durch den Chirurgen Dr. S. untersuchen, welcher eine Kniegelenkserkrankung links ohne Funktionsbehinderung und degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit geringer Bewegungseinschränkung sowie geringe Verschleißerscheinungen der übrigen Wirbelsäulenabschnitte diagnostizierte. Dr. S. hielt den Kläger für in der Lage, noch leichte und zeitweise mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Mit Bescheid vom 23. April 1997 lehnte daraufhin die Beklagte die Umwandlung der Berufsunfähigkeits- in eine Erwerbsunfähigkeitsrente ab.
Das Sozialgericht hat den Kläger nach Einholung von Befundberichten der diesen behandelnden Ärzte zunächst durch den Chirurgen Dr. K. untersuchen lassen, welcher eine Fehlstatik der Brustwirbelsäule, grob degenerative Veränderungen der mittleren und unteren Lendenwirbelsäule mit deutlicher Minderung der Belastbarkeit der Lendenwirbelsäule und einen vermehrten Verschleiß des linken Kniebinnenraums mit glaubhaften, insbesondere belastungsabhängigen Beschwerden, sowie eine Fußfehlstatik beiderseits feststellte. Der Kläger sei aufgrund dieser Erkrankungen nur noch in der Lage, körperlich leichte Arbeiten mit Gewichtsbelastungen bis 8 kg und weiteren qualitativen Einschränkungen vollschichtig zu verrichten. Der Neurologe und Psychiater Dr. N. ist nach Untersuchung des Klägers in seinem Gutachten vom 13. Mai 1999 zu dem Ergebnis gelangt, dass bei dem Kläger ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit Spinalkanalstenose und operiertem Bandscheibenschaden, eine vordiagnostizierte Varikosis spinalis, ein sensibles L5/S1-Syndrom rechts, eine neurogene Blasenentleerungsstörung sowie eine anhaltend somatoforme Störung im Sinne einer psychosomatischen Überlagerung der vorgenannten Beschwerden vorliege. Der Kläger könne nur noch leichte körperliche Arbeiten überwiegend in wechselnder Körperhaltung, nicht jedoch in gebückter Haltung oder in körperlichen Zwangshaltungen vollschichtig ausüben. Arbeiten unter Zeitdruck, Akkord-, Schicht- und Nacharbeitsbedingungen seien nicht zumutbar. Die Arbeiten sollten in geschlossenen Räumen und zu ebener Erde ausgeübt werden. Wegen einer vermehrten Miktionsfrequenz bedürfe er zusätzlicher Pausen.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 8. Juni 1999 abgewiesen. Die Beklagte habe die dem Kläger gewährte Erwerbsunfähigkeitsrente zu Recht in eine Rente wegen Berufsunfähigkeit umgewandelt, weil der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides eine selbständige Tätigkeit im Sinne des § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) ausgeübt habe. Die Beklagte habe ferner mit dem Bescheid vom 23. April 1997, der nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden sei, die Wiedergewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente zu Recht abgelehnt. Zwar hätten der Kläger und seine Ehefrau das Gewerbe am 26. Februar 1996 abgemeldet, jedoch sei bei Aufgabe der selbständigen Tätigkeit bei dem Kläger nicht erneut Erwerbsunfähigkeit eingetreten. Die der Gewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente durch den Bescheid vom 23. Februar 1990 zugrunde liegenden Feststellungen lebten nach Aufgabe der selbständigen Tätigkeit nicht gleichsam "automatisch" wieder auf. Vielmehr enthalte die Regelung des § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VI einen umfassenden Leistungsausschluss. Nach dessen Wegfall müssten alle - auch die medizinischen - Voraussetzungen für den geltend gemachten Rentenanspruch erneut vorliegen. Hieran fehle es, weil es dem Kläger noch möglich sei, leichte körperliche Arbeiten vollschichtig zu verrichten.
Das Urteil ist dem seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 9. November 1999 zugestellt worden. Der Kläger hat am 8. Dezember 1999 Berufung eingelegt und die erstinstanzliche Entscheidung zunächst vollen Umfanges angegriffen. Im Erörterungstermin am 3. Juni 2003 hat er seine Berufung beschränkt und macht seitdem nur noch geltend, dass der Bescheid der Beklagten vom 23. April 1997 rechtswidrig sei, weil ihm nach Abmeldung des Gewerbes wieder eine Erwerbsunfähigkeitsrente zustehe. Zur Begründung trägt er vor, er sei nicht in der Lage, leichte körperliche Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Bei ihm liege eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, welche zudem fortschreitend seien. Sein Zustand habe sich seit 1987 nicht nur nicht verbessert, sondern erheblich verschlechtert.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 8. Juni 1999 abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 23. April 1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung ab März 1996 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 8. Juni 1999 zurückzuweisen.
Im Berufungsverfahren ist der Kläger erneut medizinisch begutachtet worden. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. hält den Kläger für in der Lage, vollschichtig leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung und ohne Zeitdruck in geschlossenen Räumen zu verrichten. Die Wegefähigkeit sei gegeben. Etwaige Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung könnten überwunden werden. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. gelangt in seinem nach Aktenlage erstatteten Gutachten vom 27. Mai 2003 ebenfalls zu der Einschätzung, dass der Kläger mit bestimmten qualitativen Einschränkungen vollschichtig leistungsfähig sei. Schließlich hält der Orthopäde Dr. N. nach Auswertung der Akten und Untersuchung des Klägers denselben auf seinem Fachgebiet ebenfalls für vollschichtig leistungsfähig mit bestimmten qualitativen Einschränkungen. Dieses Leistungsvermögen habe bereits seit dem Jahre 1996, dem Zeitpunkt der Aufgabe der selbständigen Tätigkeit, bestanden. Weitere Begutachtungen, namentlich auf internistischem Fachgebiet, seien nicht erforderlich. Die auf diesem Fachgebiet bekannten Gesundheitsstörungen wie Hyperlipidämie, essentieller Hypertonus und chronische Bronchitis bei Nikotinabusus ließen aus sozialmedizinischer Sicht zweifelsfrei eine vollschichtige Erwerbstätigkeit zu. Lediglich die Exposition gegenüber Stäuben und Dämpfen sollte ausgeschlossen werden. Die Wegefähigkeit bleibe auch insoweit erhalten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der ausweislich der Sitzungsniederschrift zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte und zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ) ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage gegen den zwischen den Beteiligten allein noch im Streit befindlichen Bescheid vom 23. April 1997 abgewiesen. Dem Kläger steht weder eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung, noch eine Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zu.
Der Kläger ist bei Aufgabe der selbständigen Tätigkeit nicht erwerbsunfähig im Sinne der nach § 300 Abs. 2 SGB VI für diesen Zeitpunkt hier noch anzuwendenden Vorschrift des § 44 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung des Gesetzes gewesen. Zwar war sein Leistungsvermögen auch seinerzeit bereits eingeschränkt, er konnte jedoch noch vollschichtig leichte körperliche Arbeiten mit bestimmten qualitativen Einschränkungen verrichten. Dieses Leistungsvermögen besteht seit dem Zeitpunkt der Aufgabe der selbständigen Tätigkeit bis zum heutigen Tage. Er ist seitdem auch durchgehend wegefähig. Dies haben die im Berufungsverfahren durchgeführten ärztlichen Begutachtungen übereinstimmend ergeben. Ihr Ergebnis steht wiederum in Übereinstimmung mit den in erster Instanz durchgeführten Begutachtungen. Bei dem Kläger liegt schließlich keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit führen müsste. Hierunter fallen nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. etwa Urteil vom 10. Dezember 2003 – B 5 RJ 64/02 R – ) gerade nicht die "üblichen" Leistungseinschränkungen wie z.B. der Ausschluss von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen oder Sitzen erfordern, die im Akkord- oder Schichtdienst verrichtet werden oder besondere Anforderungen an das Seh-, Hör- und Konzentrationsvermögen erfordern, von denen der Kläger ausweislich der durchgeführten Begutachtungen betroffen ist. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente liegen sonach zur Überzeugung des Senats in Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Entscheidung, auf die zur weiteren Begründung nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, nicht vor.
Da bei dem Kläger noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für zumindest leichte körperliche Arbeiten besteht, sind auch die Voraussetzungen für einen Leistungsfall voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI (in Kraft ab dem 1. Januar 2001) nicht erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Regelung des § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Das Gericht hat dem Kläger gerichtliche Verschuldenskosten in Höhe von 450,- EUR auferlegt, weil er den Rechtsstreit fortgeführt hat, obwohl ihm vom Vorsitzenden im Senatstermin unter Hinweis auf die eindeutige Gutachtenlage die Missbräuchlichkeit dieser Rechtsverfolgung erläutert und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Hinsichtlich der Höhe der Kosten hat sich das Gericht an der Pauschgebühr des § 184 Abs. 2 SGG orientiert und diese im Hinblick auf den voraussichtlichen Aufwand für die Abfassung des Urteils verdoppelt.
Der Senat hat die Revision gegen dieses Urteil nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
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