S 5 KR 413/13

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 5 KR 413/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 264/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 10/19 B
Datum
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Der bei der Beklagten versicherte Kläger begehrt von dieser die Erstattung der Kosten krankengymnastischer Behandlungen des Sport- und physiotherapeutischen Instituts der Sportschule A-Stadt im Zeitraum vom 15.12.2009 bis zum 24.11.2015.

Der Kläger liegt schon seit längerem im Streit mit der Beklagten über die Kostenübernahme für gesundheitsfördernde Maßnahmen im konkreten Fall hier bezüglich privat verordneter Physiotherapie bzw. sporttherapeutischer Einzel-Krankengymnastik. Laut Aktenlage gab es offensichtlich im Rahmen von zwei Einzelfallentscheidungen im Jahr 2008 und 2009 jeweils hierfür eine Erstattung von 155 EUR. In der Vergangenheit beantragte er sodann erneut die Kostenübernahme, wobei laut Widerspruchsbescheid die letzte beantragte Kostenübernahme vom Widerspruchsausschuss mit Bescheid vom 24.9.2010 zurückgewiesen worden war, wobei nicht ersichtlich ist, dass der Kläger hierfür ein Klageverfahren angestrengt hat.

Er wandte sich sodann mit einem Schreiben vom 28.7.2012 unter Vorlage von verschiedenen Attesten erneut an die Beklagte und stellte einen Folgeantrag und beantragte die Übernahme eines Kostenanteils von 195 EUR pro Quartal bzw. 19,95 EUR pro therapeutischer Einzelkrankengymnastik ab dem 17.11.2009 bis zum 30.7.2012. Zum Nachweis legte er unter anderem eine Bestätigung des Sport- und physiotherapeutischen Instituts der Sporthochschule A-Stadt vom 30.7.2012 vor, in der dem Kläger bescheinigt wurde, dass er sich regelmäßig in physiotherapeutischer Behandlung in der oben genannten Praxis befinde. Neben den von den behandelnden Ärzten verordneten physiotherapeutischen Maßnahmen, welche über Kassenrezepte abgerechnet würden, erhielte der Kläger regelmäßig aufgrund der Vorlage von privaten freiverordneten Rezepten zusätzliche Behandlungen. Diese Behandlungen bezögen sich auf die besondere Problematik der Wirbelsäule, speziell der Halswirbelsäule sowie zum anderen auf den kritischen Zustand des Herz-Kreislauf-Systems. Ziel sei, eine Verbesserung des Allgemeinzustandes zu erreichen und die Erhaltung der Teilhabe zu sichern. Die Kombination konservativer Maßnahmen sei für den Kläger sinnvoll, da die Teilnahme an einer Reha-Sport-Gruppe als nicht umsetzbar eingeschätzt würde. Die Beklagte holte ein Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Hessen ein, welches am 15.10.2012 erstattet wurde. Zusammenfassend konnte der Gutachter privat erbrachte Physiotherapie im Wege der Kostenübernahme nicht empfehlen. Training in einem Sportstudio sei keine Therapieleistung im Sinne einer Heilmitteltherapie. Den Unterlagen sei zu entnehmen, dass bei dem Kläger eine posttraumatische Halswirbelsäulen-Dysfunktion seit einem Verkehrsunfall im Dezember 1995 bestehe. Es werde empfohlen, sporttherapeutische Einzel-Krankengymnastik anzuwenden. Des Weiteren lägen ein internistisches Attest und ein neurochirurgischer Kurzarztbericht vor. Die krankengymnastische Behandlung der orthopädischen Wirbelsäulenproblematik sei nach Auffassung des Arztes des medizinischen Dienstes im Rahmen der Heilmitteltherapie in einem ausreichenden Umfang möglich. Zusätzlich sei ein sporttherapeutisches Herz-Kreislauf-Training im Rahmen von Rehasport, hier einer koronaren Herzsportgruppe, möglich. Die Kostenübernahme für selbstfinanzierte zusätzliche Krankengymnastik/Training sei aus sozialmedizinischer Sicht nicht zu empfehlen.

Daraufhin lehnte die Beklagte unter Bezugnahme auf dieses Gutachten mit Bescheid vom 22.10.2012 den Folgeantrag ab. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und ließ durch den damaligen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 25.2.2013 mitteilen, dass weitere Erkrankungen bestehen, welche durch Atteste nachgewiesen wurden. Zur Vorlage gelangten Atteste vom 21.11. 2008 und vom 6.2.1998. Erneut schaltete die Beklagte daraufhin den medizinischen Dienst ein. Der Gutachter kam in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 5.4.2013 zu der Einschätzung, dass für die dort attestierten Empfehlungen und Erkrankungen Heilmitteltherapien gemäß den Richtlinien und Eigenübungen ausreichend seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In der Zusammenfassung führte die Beklagte aus, dass Versicherte unter anderem einen Anspruch auf Versorgung mit Heilmitteln hätten, soweit sie nicht nach § 34 SGB V ausgeschlossen seien und zudem gemäß § 20 SGB V Leistungen zur primären Prävention erhalten könnten. Darüber hinaus könnten gemäß § 43 SGB V ergänzende Leistungen erbracht werden, sofern es sich um Leistungen zur Rehabilitation handele, die unter Berücksichtigung der Art und Schwere der Behinderung erforderlich sein, um ein Rehabilitationsziel zu erreichen oder zu sichern. Nach den Stellungnahmen des medizinischen Dienstes der Krankenkasse handele es sich bei dem durchgeführten Fitnesstraining um eine dem Eigenverantwortungsbereich zuzuordnende Maßnahme. Alternativ stünden Heilmitteltherapien nach den Richtlinien und auch Reha-Sport zur Verfügung. Solche Maßnahmen würden bei dem Kläger zusätzlich regelmäßig auf Kassenrezept verordnet und durchgeführt. Über die in den Jahren 2008 und 2009 getroffenen Einzelfallentscheidungen hinaus sei es der Beklagten nicht möglich weitere Leistungen, die auf Privatrezept verordnet seien, zu übernehmen.

Dagegen hat der Kläger am 13.11.2013 Klage erhoben, welche erstmals von dem damaligen Bevollmächtigten nach Betreibensaufforderung mit Schreiben vom 23.10.2014 begründet wurde. Der Kläger beantragte damals die Kosten für Physiotherapie und therapeutische Einzel-Krankengymnastik zu übernehmen, hilfsweise einen Kostenzuschuss zu gewähren. Das Klageverfahren werde auf ausdrücklichen Wunsch des Klägers geführt. Dieser habe seit Jahren versucht entsprechende Unterstützung bei der Krankenkasse zu erhalten. Abgesehen von zwei Einzelfallentscheidungen im Jahr 2008 und 2009 seien ihm keine weiteren Leistungen gewährt worden. Zur Verhinderung von schweren Blockierungsschäden der gesamten Wirbelsäule und zur weiteren Stärkung seiner zweifellos eingeschränkten Teilhabe sei eine therapeutische Gruppentherapie medizinisch unverantwortlich und folgenschwer verletzungsgefährdend. Deshalb benötige er aufgrund seines gesundheitlichen Zustandes eine Einzeltherapie in Form von Krankengymnastik auf einer Krankengymnastikliege. Im Juni 2012 habe sich der Zustand infolge einer Herzerkrankung und der Unfallfolgen weiter verschlechtert. Zum Nachweis legte er zahlreiche Unterlagen vor.

Die Beklagte wandte im Wesentlichen zunächst ein, dass der Beschaffungsweg nicht eingehalten sein dürfte. Der Antrag des Klägers datiere vom 28.7.2012, dem Gesamtzusammenhang sei jedoch zu entnehmen, dass die Behandlungen bereits durchgeführt sein und die Kosten entstanden seien. Es entziehe sich auch der Kenntnis der Beklagten, ob Rechnungen bezahlt worden seien. Außerdem begehre der Kläger die Kostenübernahme für privat verordnete Physiotherapie bzw. Einzel-Krankengymnastik. Hierfür bestehe keine Rechtsgrundlage. Auch seien die Voraussetzungen von § 20 SGB V nicht erfüllt, denn hier handele es sich um ein zeitlich begrenztes Angebot mit dem Ziel, die gelernten Übungen in den Alltagsablauf zu übertragen. Außerdem handele es sich hierbei im Wesentlichen um Kurse in Gruppenform. Einzel-Krankengymnastik falle nicht darunter. Auch die §§ 43 ff. SGB V seien nicht einschlägig, denn hier handele es sich um ergänzende Leistungen zur Rehabilitation, insbesondere um Rehabilitationssport in Gruppen. Der Antrag des Klägers sei ohne Rechtsgrundlage.

Auf Aufforderung des Gerichts zur Eingrenzung des Streitgegenstandes ließ der Kläger nach mehrfachen Aufforderungen sodann im April 2015 mitteilen, dass er mehrfach in der Vergangenheit Anträge gestellt habe, die abgelehnt worden seien. Er habe sich nunmehr entschlossen, den streitgegenständlichen Bescheid und Widerspruchsbescheid zum Klageverfahren zu führen, um eine Entscheidung des Gerichtes herbeizuführen. Für den Streitzeitraum seien die Rechnungen vom 20.8.2012 12.11.2012 und 10.6.2013 über Behandlungszeiträume vom 2.7.2012 bis einschließlich 10.6.2013 streitgegenständlich, wobei jede Rechnung einen Streitwert von 195 EUR habe.

In einem weiteren Schreiben vom 22.9.2015 bezog sich der damalige Bevollmächtigte auf ein selbst verfasstes Schreiben des Klägers, welches er zum Klageverfahren reichte. Hierin führte der Kläger aus, dass er rückwirkend ab Januar 2010 und zukünftig die in Anspruch genommenen Leistungen begehre. Streitgegenständlich seien Rechnungen von Januar 2010 bis zum 20.8.2014 im Umfang von 3510 EUR aus in der Vergangenheit von der Beklagten abgelehnten Anträgen. Er bezieht sich hierbei auf eine Aufstellung vom 3.8.2015 (Bl. 76 Gerichtsakte). In der Folge stellte nach Hinweis des Gerichts der Bevollmächtigte doch wiederum klar, dass es sich lediglich um die 3 Rechnungen vom 20.8.2012, 12.11.2012 und 10.6.2013 in Höhe von jeweils 195 EUR für die Krankengymnastik handle.

In der Folge kündigte der Kläger das Mandat des VdK und es meldete sich mit Schreiben vom 18.2.2016 der jetzige Bevollmächtigte, der die Klage ergänzend wie folgt begründete: Der Kläger begehre Leistungen für die Erstattung von diversen Rechnungen des Institutes der Sportschule A-Stadt, das für den Kläger seit dem Jahr 2009 ärztlich verordnete Einzel-Krankengymnastik erbringe. Hintergrund sei ein im Jahr 1995 erlittener Auffahrunfall, der zu einem Schleudertrauma geführt hatte. Des Weiteren gebe es einen Unfall, bei dem der Kläger gestürzt sei im Juni 2012. Darüber hinaus leide der Kläger an diversen Herz- und Kreislauferkrankungen. Diese erforderten die Durchführung einer regelmäßigen Herzkreislaufsportart in der Einzelbehandlung. Aus allen Attesten, welche der Kläger nochmals ergänzend vorlegte, ergebe sich, dass Einzel-Krankengymnastik dringend erforderlich sei. Bei der Sportschule in A-Stadt handele es sich nicht um ein Fitnessstudio, sondern um ein zugelassenes physiotherapeutische Institut. Eigenständige Übungen an Geräten oder freies Training seien dem Kläger aufgrund seiner schweren Erkrankung nicht zumutbar, insbesondere aufgrund der erheblichen Herzinsuffizienz und der koronaren Herzerkrankung. In der Anlage zu Bl. 92 Gerichtsakte legte der Kläger Rechnungen seit dem Jahr 2009 vor. Seit dem Jahr 2009 habe der Kläger immer wieder Anträge bei der Beklagten gestellt und jeweils Ablehnungsschreiben erhalten. Der Kläger habe in der Anlage K 12 die verschiedenen Ablehnungsbescheide aufgeführt, der letzte datiere vom 7.3.2012. Die Rechnungen vom 20.8.2012 12.11.2012 vom 10.6.2013 beträfen den streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid und den Klageantrag zu 1.

Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 22.10.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Kosten für Leistungen des Sport- und physiotherapeutischen Instituts der Sportschule A-Stadt für jeweils zehn Krankengymnastikbehandlungen zu 19,50 EUR gemäß Rechnungen vom 20.8.2012, 12.11.2012 sowie 10.06.2013 jeweils in Höhe von 195,00 EUR (Gesamt: 585,00 EUR) zu erstatten;

2. darüber hinaus die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Kosten für Leistungen des Sport- und physiotherapeutischen Instituts der Sportschule A-Stadt für jeweils zehn Krankengymnastikbehandlungen zu 19,50 EUR gemäß Rechnungen vom 15.12.2009, 22.01.2010, 21.07.2010, 12.10.2010, 31.12.2010, 11.04.2011, 11.07.2011, 24.10.2011, 16.01.2012, 02.04.2012, 28.06.2012, 18.03.2013, 20.08.2014, 09.12.2014, 01.04.2015, 15.05.2015, 24.11.2015 (Gesamt: 3.165,00 EUR) zu erstatten.

3. hilfsweise, dem Kläger einen Kostenzuschuss zu den einzelnen Rechnungen zu bewilligen.

Der Kläger beantragt darüber hinaus klageerweiternd hinsichtlich des Antrags zu 2),

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Kosten für Leistungen des Sport- und physiotherapeutischen Instituts der Sportschule A-Stadt für jeweils zehn sporttherapeutische Mobilisations-Einzelbehandlungen auf einer Krankengymnastikliege zu 19,50 EUR gemäß Rechnungen vom 15.12.2009, 12.04.2010, 21.07.2010, 12.10.2010, 31.12.2010, 11.04.2011, 11.07.2011, 24.10. 2011, 16.01.2012, 02.04.2012, 28.06.2012, 18.03.2013, 20.08.2014, 09.12.2014, 11.05.2015, 03.08.2015, 24.11.2015, 02.03.2016 und 11.04.2016 (Gesamt: 3.555,00 EUR).

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie verbleibt bei ihren Ausführungen und trägt ergänzend vor, dass der Klageantrag zu 2) bereits unzulässig sei, da der Kläger das vorgesehene Verwaltungsverfahren nicht durchgeführt habe. Die Klage richte sich ausschließlich gegen den Widerspruchsbescheid vom 18.10.2013, die anderen zahlreichen Rechnungen seien von dem streitgegenständlichen Bescheid überhaupt nicht erfasst. Darüber hinaus habe der Kläger gemäß dem vorgelegten Leistungsverzeichnis auf Kassenrezept immer wieder die notwendigen Heilmittel erhalten. Hätten die Ärzte darüber hinaus weitere Heilmittelverordnungen zulasten der Beklagten für erforderlich erachtet, hätten sie ohne weiteres hierfür Kassenrezepte ausstellen können. Dies sei nicht geschehen, sondern es handele sich um Privatrezepte.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG holte die Kammer ein Gutachten bei Dr. C. ein.

Der Gutachter erstattete sein Hauptgutachten am 20.9.2016 aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 9.9.2016 im Krankenhaus in C-Stadt. Nach ausführlicher Untersuchung und Befragung und Auswertung des Akteninhalts sowie der Beiakten und Anlagen zur Klage kam der Gutachter in der Zusammenfassung zu dem Ergebnis, dass keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass über den Heilmittelkatalog der GKV hinaus eine medizinische Begründung bestehe, dass darüber hinausgehende physikalische Therapien bei dem Kläger erforderlich seien. Außerdem ergäben sich aus medizinischer Sicht keine Gründe dafür, warum der Kläger nicht am Rehabilitationssport teilnehmen könne. Sofern der Kläger angegeben habe, er könne sein Gleichgewicht nicht halten, sei dem entgegenzuhalten, dass der Rehabilitationssport genau das Ziel habe, ein solches Defizit zu therapieren. Außerdem sei es aus ärztlicher Sicht möglich, dass der Kläger entsprechende therapeutische Übungen erlerne und in Eigenregie durchführe. Offenbar erlerne der Kläger seit dem Jahr 2009 solche Übungen, deshalb sei es nicht erkennbar, weshalb es nicht möglich sei, dass er diese Übungen zwischenzeitlich in Eigenregie durchführe. Die berechneten Therapien zeigten, dass bei dem Kläger offensichtlich Krankengymnastik in Einzeltherapie durchgeführt worden sei. Solche Maßnahmen seien vollständig verordnungsfähig gemäß Heilmittelkatalog. Vereinzelt seien auch manualtherapeutische Behandlungen durchgeführt worden. Auch solche seien im Bedarfsfall verordnungsfähig. Neben der regelmäßigen Durchführung der ärztlich verordneten Heilmitteltherapien sei die Durchführung der privat verordneten Einzel-Krankengymnastik nicht erforderlich und zu empfehlen. Rehasport und koronarer Sport, wie vom MDK auch empfohlen, könnte durchaus zum Einsatz gelangen. In der Folge trat der Kläger dem Gutachten entgegen und beantragte gemäß § 109 SGG unter Vorlage verschiedener Unterlagen ein sogenanntes Ergänzungsgutachten. Der Gutachter nahm ergänzend am 16.1.2017 Stellung. Auf das Ergebnis der Beweisaufnahme wird verwiesen. Des Weiteren bemängelte der Kläger, dass er bei der Begutachtung einen Ordner dabei gehabt habe und Röntgenbilder. Dieser Ordner sei von dem Gutachter nicht ausgewertet worden. Er beantrage die ergänzende Auswertung dieses Ordners. Auf weiteren Antrag gemäß § 109 SGG beauftragte das Gericht im März 2017 bei dem Gutachter die ergänzende Auswertung des Ordners. Hierzu nahm der Gutachter ergänzend unter dem 7.4.2017 Stellung. Auf das Ergebnis der Beweisaufnahme bezieht sich das Gericht. Schlussendlich beantragte der Kläger zur Vermeidung eines sogenannten Obergutachtens gemäß § 412 ZPO die Ladung des Gutachters zum Verhandlungstermin zur Erläuterung seines Gutachtens. Nach zunächst erfolgter Anhörung zum Gerichtsbescheid teilte der Kläger im August 2017 mit, dass er weitere aktuelle Unterlagen vorlege. Diese befinden sich ab Bl. 294 ff. Gerichtsakte. Auf Hinweis des Gerichts formulierte der Kläger sodann mit Schreiben vom 22.8.2017 verschiedene Fragen an den Gutachter. Hierzu hörte die Kammer den Gutachter von Amts wegen an. Der Gutachter nahm ergänzend unter dem 20.12.2017 Stellung. Auf das Ergebnis der Antwort wird Bezug genommen. In der Zusammenfassung kam der Gutachter zu der Einschätzung, dass die nachgereichten Befunde aus dem Jahr 2016 und 2017 seine Auffassung nicht änderten. Allerdings ergebe sich gegebenenfalls eine Änderung der Bewertung aufgrund einer sich nun deutlich verschlimmerten Grunderkrankung nämlich Myasthenia gravis. Ab diesem Datum könnte die Durchführung einer krankengymnastischen Therapie in Einzeltherapie auf neurologischer Grundlage zweimal pro Woche von 60 Minuten für die Zukunft zu empfehlen sein.

Mit Schreiben vom 21.12.2017 hat die Kammer mitgeteilt, dass sie es bei der vormaligen Anhörung zum Gerichtsbescheid vom 4.7.2017 belassen möchte und im schriftlichen Verfahren entscheiden möchte. Dem hat der Kläger schlussendlich zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf 2 Band Gerichtsakten sowie die überreichten Unterlagen und den vom Kläger überreichten Ordner hingewiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides erweist sich als rechtmäßig. Der klageerweiternd gestellte Antrag zu 2 ist ebenso wie der ursprünglich gestellte Antrag zu 2 bereits unzulässig. Der hilfsweise gestellte Antrag zu 3 ist unbegründet.

Die Kammer durfte gemäß § 105 Abs. 1 SGG durch Gerichtsbescheid in Beschlussbesetzung entscheiden, nachdem das Gericht die Beteiligten zuvor entsprechend angehört hat und ihnen auch eine angemessene Frist zur Stellungnahme eingeräumt worden ist und die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt darüber hinaus in dem Umfang, in dem er für die Entscheidung des Gerichts allein rechtlich relevant ist, auch hinreichend geklärt ist. Der Gerichtsbescheid wirkt insoweit als Urteil. Ergänzend hat die Kammer noch einmal nach weiteren Ermittlungen dazu angehört, dass es bei der ursprünglichen Anhörung verbleibe. Der Kläger hat dem auch zugestimmt.

Zunächst einmal nimmt die Kammer vollumfänglich Bezug in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht auf die ausführliche Begründung im angefochtenen Widerspruchsbescheid. Die möglichen Rechtsgrundlagen hat die Beklagte zutreffend aufgeführt aber auch zutreffend als nicht einschlägig abgehandelt.

Klarstellend weist die Kammer darauf hin, dass streitgegenständlich in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Beklagten Gegenstand des angefochtenen Widerspruchsbescheides letztlich der Folgeantrag vom 28.7.2012 bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides ist und somit maximal die bereits von dem vormaligen Bevollmächtigten vorgelegten 3 Rechnungen vom 20.8.2012 12.11.2012 vom 10.6.2013 im Umfang von jeweils max. 195 EUR pro Rechnung für jeweils zehnmal Einzel-Krankengymnastik. Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, ist ungeachtet der Frage des Beschaffungsweges diese Einzel-Krankengymnastik, die in der Sporthochschule A Stadt auf Privatrezept verordnet und durchgeführt worden ist, nicht erforderlich gewesen und zwar weder als Heilmittelbehandlung noch als Reha-Behandlung im Sinne der §§ 43 ff. SGB V noch als Präventionsleistung im Sinne von § 20 SGB V. Sämtliche tatbestandlichen Voraussetzungen liegen mit der Beklagten nämlich nicht vor. Dies ergibt sich insbesondere aus den gutachterlichen Stellungnahmen von Dr. C., der zumindest für die Vergangenheit festgestellt hat, dass es der gesundheitliche damalige Zustand zum streitgegenständlichen Datum im Jahr 2012/2013 nicht erforderte, auf Privatrezept zusätzlich zu den Heilmittelverordnungen, die regelhaft auf Kassenrezept durchgeführt worden sind, zusätzliche privatverordnete Einzel-Krankengymnastik durchzuführen. Zum damaligen Zeitpunkt war es nach der gutachterlichen Einschätzung, die das Gericht schlüssig und überzeugend findet und im Einklang mit der Begutachtung des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung stehen, nicht erforderlich, zusätzlich Einzel-Krankengymnastik auf Privatrezept durchzuführen. Darüber hinaus wäre dem Kläger damals Rehasport in Gruppen oder koronarer Sport in Gruppen möglich gewesen, was allerdings nicht Streitgegenstand der begehrten Kostenerstattung ist. Auch ein Zuschuss hierzu unter dem Gesichtspunkt der Präventionsleistungen kommt aus rechtlichen Gründen, da die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift für die privatverordneten Einzel-Krankengymnastik nicht gegeben sind, mit den zutreffenden Ausführungen der Beklagten nicht in Betracht. Ebenfalls handelt es sich offenkundig nicht um Rehabilitationsleistungen. Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass es im Rahmen von Heilmittelverordnungen auf Kassenrezept möglich gewesen wäre, weitere Krankengymnastik zu verordnen, wenn die damaligen behandelnden Ärzte dies für erforderlich gehalten hätten. Es habe allerdings eine Verordnung auf Privatrezept stattgefunden. Die Kosten hierfür sind zur Überzeugung des Gerichtes weder voll noch zuschussweise erstattungsfähig.

Soweit der Kläger darüber hinaus klageerweiternd mit seinen Anträgen zu 2 ca. 3500 EUR Erstattung für Rechnungen vom 15.12.2009 bis weit ins Jahr 2015 reichend geltend macht so weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass diese Anträge bei Gericht bereits unzulässig sind. Zum einen liegen hierzu von dem Kläger selbst vorgelegte Ablehnungsbescheide der Beklagten in der Vergangenheit vor, welche von dem Kläger in dem dafür vorgesehenen Vorverfahren mit Widerspruch und eventuell anschließender Klage nicht angegriffen und somit bestandskräftig sind. Herausholen von Prozessstoffen aus der Vergangenheit und aber auch aus der Zukunft, für die ein Antrag bei der Beklagten möglicherweise noch gar nicht gestellt worden war ist hier nicht statthaft, denn es fehlt an den erforderlichen Anträgen, respektive an dem erforderlichen Vorverfahren, worauf die Kammer auch mehrfach hingewiesen hat. Soweit der Gutachter in seiner letzten gutachterlichen Stellungnahme, die die Kammer von Amts wegen eingeholt hat darauf hinweist, dass zwischenzeitlich eine Myasthenia gravis vom Universitätsklinikum Göttingen im Februar 2017 diagnostiziert worden sei und ab diesem Datum die Durchführung einer krankengymnastischen Therapie in Einzeltherapie auf neuropsychologische Grundlage zweimal die Woche zu empfehlen sei, so ist hierzu seitens der Kammer auszuführen, dass solche Maßnahmen hier bislang weder durchgeführt worden sind noch dass Streitzeiträume im Jahr 2016/17 hier streitgegenständlich sind. Der Kläger hätte hierzu Anträge bei der Beklagten stellen müssen und im Fall der Ablehnung Widerspruch und nach Erlass des Widerspruchsbescheides Klage für weitere streitgegenständliche andere Zeiträume erheben müssen. Hierauf hat das Gericht mehrfach hingewiesen, gleichwohl hält der Kläger daran fest.

Die Kammer hatte auch keinen Anlass auf Wunsch des Klägers den Gutachter zu einer etwaigen mündlichen Verhandlung zu laden. Die von dem Kläger gestellten Fragen hat die Kammer von Amts wegen durch den Gutachter beantworten lassen. Die ergänzend von dem Klägervertreter hereingereichten persönlich formulierten Fragen des Klägers aus dem Schriftsatz vom 7.11.2017 (Bl. 371 ff. Gerichtsakte) sind insgesamt für die streitgegenständlichen Zeiträume, die im Widerspruchsbescheid relevant sind, unerheblich und nicht zielführend. Das Gericht sah sich deshalb nicht gehalten, den Gutachter hierzu persönlich zu befragen in einer mündlichen Verhandlung. Sämtliche Fragen des Klägers, seien sie relevant oder nicht, hat die Kammer gemäß § 109 oder gemäß § 106 SGG dem Gutachter zur Beantwortung vorgelegt. Eine Anhörung des Gutachters, insbesondere persönlich in einer mündlichen Verhandlung zu den Anwürfen und Fragen des Klägers erscheint der Kammer nicht erforderlich angesichts des begrenzten streitgegenständlichen Zeitraums aus dem angefochtenen Widerspruchsbescheid. Die Fragen sind für den streitigen Zeitraum auch im Wesentlichen nicht relevant.

Ergänzend weist die Kammer unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Gutachters in seiner letzten ergänzenden Stellungnahme darauf hin, dass es dem Kläger freigestellt ist, die dort künftig zu empfehlenden Maßnahmen bei der Beklagten zu beantragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Mit Blick auf die drei ausdrücklich zur Prüfung des Gerichts gestellten Anträge hält die Kammer den Streitwert von über 750 EUR für gegeben.
Rechtskraft
Aus
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