Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 4 KR 160/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 172/02
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, für die stationäre Behandlung des Versicherten C vom 05.12.1997 bis 09.12.1997 noch den Betrag von 2.931,32 DM bzw. 1.498,76 Euro sowie 2 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank bezogen auf 2.931,32 DM für die Zeit vom 20.07.1999 bis 30.04.2000 und von 2 % über dem Basissatz ab 01.05.2000 bezogen auf 2.931,32 DM bzw. 1.498,76 Euro zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außer- gerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Streitig ist die Zahlung von 2.931,32 DM plus Zinsen für die stationäre Behandlung des in der HNO-Klinik des Städt. Krankenhauses des Städt. Klinikums L.
Der am 00.00.0000 geborene Versicherte war bereits 1995 in der dortigen Klinik wegen Tinnitus und Hochtonschwerhörigkeit und otitis externa behandelt worden. Eine erneute stationäre Behandlung im Klinikum L fand statt vom 29.11. bis 09.12.1997. Er wurde als Notfallpatient wegen Tinnitus und Otalgien eingewiesen. In der Aufnahmeanzeige des Krankenhauses heißt es: Tinnitus und otitis externa. Die Aufnahmeanzeige wurde am 08. Dezember 1997 an die Beklagte gesandt. Die Kostenübernahmeerklärung bis 05.12.1997 erfolgte dann vor dem 15.12.1997, ohne dass sich eine entsprechende Unterlage in den Akten befindet.
In einem Schriftsatz vom 15.12.1997 hat die Beklagte der Klägerin gegenüber zugestanden, dass für die Zeit vom 29.11. bis 05.12.1997 die Kosten übernommen würden. Eine Berechnung befindet sich nicht in den Akten. Die Beklagte hat am 05.01.1998 der Klägerin mitgeteilt, dass um Übersendung eines ausführlichen Krankenhausberichtes, und zwar direkt an den MDK gebeten würde. Die bisherigen Angaben reichten nicht aus um beurteilen zu können, ob die Dauer der Behandlung notwendig gewesen wäre. Die Beklagte hat dann weiter mit Schreiben vom 27.02.1998 der Klägerin mitgeteilt, dass aufgrund der inzwischen vorgelegten Aufnahmeanzeige und des Entlassungsberichtes die Notwendigkeit einer stationären Behandlung nicht erkennbar wäre. Die Leistungspflicht würde jedoch bis 05.12.1997 anerkannt. Mit weiterem Schreiben vom 01. September 1998 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass aufgrund des Verlängerungsantrages die Beklagte sich bereit erklärte, die stationäre Behandlung bis zum 05.12.1997 zu übernehmen. Der von der Beklagten eingeschaltete MDK hat dann durch den Hals-Nasen-Ohren-Arzt V vom 29.10.1998 in einer Stellungnahme vorgetragen, dass eine stationäre Behandlung nicht zwingend erforderlich gewesen wäre, die hier durchgeführte rheologische Infusionstherapie hätte auch ambulant durchgeführt werden können. Die Beklagte weigerte sich daraufhin, die Kosten der stationären Behandlung für die restlichen Tage vom 05.12. bis 09.12.1997 zu zahlen.
Dagegen richtet sich die am 00.00.0000 erhobene Klage. Zur Begründung wird vorgetragen: Die stationäre Behandlung hätte den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für HNO Heilkunde entsprochen. Insbesondere sei für einen Heilerfolg es wichtig gewesen, den Patienten aus dem häuslichen Umfeld zu isolieren, um die mit dieser Krankheit verbundenen Stresskomponenten abzubauen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 2931,32 DM und 2 % über den Diskontsatz bezogen auf die Summe von 2931,32 DM für den Zeitraum vom 22.07.1999 bis 30.04.2000 und 2 % über den Basissatz bezogen auf 2931,32 DM für die Zeit ab 01.05.2000 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte schließt sich der Auffassung des MDK an: Die Beklagte hat während des Gerichtsverfahrens mehrfach den MDK eingeschaltet. Zusammenfassend kommt der MDK zu der Beurteilung, dass das hier verabreichte Medikament Trental auch enteral resorbierbar wäre, die Infusionstherapie wäre darüber hinaus auch ambulant möglich gewesen, außerdem sei die Wirksamkeit der hier durchgeführten medikamentösen Infusionstherapie nicht nachgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten der Beklagten und die Krankenakte der Klägerin haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die erhobene allgemeine Leistungsklage ist zulässig und begründet.
Unter Zugrundelegung der vom Bundessozialgericht dem Urteil vom 13.12.2001 - B 3 KR 1101 R - dargelegten Rechtsauffassung ergibt sich der Vergütungsanspruch des Vertragskrankenhauses gegenüber der Krankenkasse unmittelbar aus der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten: "Die Krankenkasse ist bei einem zugelassenen Krankenhaus im Sinne des § 108 SGB V als Korrelat zu dessen Behandlungspflicht auch ohne zusätzliche vertragliche Vereinbarung verpflichtet, die normativ festgelegten Entgelte zu zahlen, sofern die Versorgung im Krankenhaus erforderlich ist. Über die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung entscheidet zunächst der Krankenhausarzt. Eine Zahlungspflicht der Krankenkasse für die stationäre Versorgung eines Versicherten entfällt nur dann, wenn sich die Entscheidung des Krankenhausarztes nach seinen jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten als nichtvertretbar herausstellt".
Für die Frage, ob Einwendungen der Beklagten gegen die Notwendigkeit und gegen die Dauer der Krankenhausbehandlung rechtlich beachtlich sind, kommt es zunächst auf die Einhaltung des im Vertrag zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalens einerseits und den Landesverbänden der primär und Ersatzkassen Nordrhein-Westfalen andererseits gemäß § 102 Abs. 2 Nr. 2 SGB V betreffend die Überprüfung die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung vorgesehenen Überprüfungsverfahrens an. Nach diesen am 06.03.1991 geschlossenen Vertrag (im Folgenden KÜV bezeichnet) ergibt sich grundsätzlich ein zweiteiliges Prüfungsverfahren. Danach hat die Krankenkasse zunächst über die "Plausibilität der Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung durch Sachbearbeiter der Kasse zu entscheiden. Im Rahmen der Plausibilitätskontrolle darf die Kasse gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 KÜVNW "vor Beauftragung des MdK unter Angabe des Überprüfungsanlasses" eine Stellungnahme des Krankenhauses anfordern. Bleiben die Zweifel bestehen, so ist die Kasse zur selbständigen weiteren Prüfung nicht mehr berechtigt und muß - falls sie den Vergütungsanspruch nicht anerkennen will - für die weitere Überprüfung den MdK beauftragen, womit der 2. Teil des Überprüfungsverfahrens eingeleitet wird. Bei der Überprüfung durch den Mdk ist zu unterscheiden: Befindet sich der Patient zur Zeit der Beauftragung des MdK noch im Krankenhaus, so "sollte" die Überprüfung im Krankenhaus stattfinden (siehe § 2 Abs. 2 KÜVNW). Ist die stationäre Behandlung bereits beendet, so können die Ärzte des MdK eine Übersendung der Krankenunterlagen in Kopie verlangen (siehe § 2 Abs. 2 KÜVNW). Verstöße gegen dieses Verfahrens oder Verzögerungen oder verspätete Anträge können - nach Auffassung des BSG - zum Verlust von Einwendungen oder zur Umkehr der Beweislast führen. Das BSG geht im Urteil vom 13.12.2001 (aao) von dem Grundsatz aus, daß die Überprüfung im frühest möglichen Zeitpunkt unter Beachtung des im KÜV geregelten Verfahrens durchgeführt werden soll.
Daraus ergeben sich im vorliegenden Fall folgende Konsequenzen. Da die Aufnahmeanzeige einen Tag vor Entlassung bei der Beklagten einging, war eine Überprüfung im Krankenhaus nicht mehr möglich. Die mit Schreiben vom 05.01.1998 von der Beklagten erhobene Bitte, dem MDK einen ausführlichen Bericht zukommen zu lassen, stellt einerseits den Abschluß der oben genannten Plausibilitätsprüfung insofern dar, als der Sachbearbeiter der Beklagten Zweifel an der notwendigen Dauer der Krankenhausbehandlung hatte und leitet andererseits den zweiten Teil des Überprüfungsverfahrens durch eine selbständige Überprüfung durch den MDK ein. Mit Schreiben vom 27.02.1998 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass aufgrund der Aufnahme und Entlassungsanzeige und des Entlassungsberichtes die Notwendigkeit einer stationären Behandlung über den 05.12.1997 hinaus nicht nachgewiesen sei. Die Beklagte hat eventuelle Einwendungen gegen die Notwendigkeit und Dauer der Behandlung durch die Fortführung des Überprüfungsverfahrens durch Einholung weiterer MDK-Stellungnahmen nicht verloren. Das im KÜV vorgesehene Überprüfungsverfahren wurde somit eingehalten.
Die Beklagte hat jedoch für die Beurteilung der Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung einen falschen Maßstab zugrundegelegt. Die Beklagte beurteilt die Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse im Beurteilungszeitpunkt unter Zugrundelegung eines möglichst neutralen objektiven Bewertungsmaßstabes. Wie das BSG im Urteil vom 13.12.2001 (aao) ausführt, kommt es jedoch nur darauf an, ob die Entscheidung des Krankenhausarztes nach seinen jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten sich als nicht vertretbar herausstellt. Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen: 1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung ist ausschließlich der Zeitpunkt der Aufnahme bzw. der Zeitraum der Dauer der stationären Behandlung. Wissenschaftliche Erkenntnisse über die grundsätzliche Wirksamkeit der angewandten Therapien, die erst nach Durchführung der jeweils streitigen Behandlung bekannt geworden sind, dürfen für die Beurteilung nicht zugrundegelegt werden. 2. Für die Beurteilung der Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung sind die Kenntnisse über das Krankheitsbild zugrundezulegen, die der behandelnde Krankenhausarzt im Zeitpunkt der Aufnahme bzw. bei Streit über eine Verlängerung des Aufenthaltes im Zeitpunkt des Verlängerungsantrages hat davon abweichende Erkenntnisse über das Krankheitsbild, die sich im Verlaufe der Behandlung herausstellen und bei Entlassung feststehen, dürfen für die Beurteilung ebenfalls nicht herangezogen werden. 3. Für die Frage, ob die angewandten Therapien auch ambulant hätten durchgeführt werden können oder eine stationäre Behandlung erforderlich war, kommt es nur darauf an, daß die stationäre Behandlung aus Sicht des Krankenhausarztes "vertretbar" war. Herrscht in der medizinischen Wissenschaft im Zeitpunkt der Behandlung ein wissenschaftlicher Streit darüber, ob die Therapien ambulant durchgeführt werden dürfen oder stationär durchgeführt werden müssen, so ist nicht die neutral objektive Sicht eine Gutachters maßgebend, sondern nur die wissenschaftlich vertretbare Auffassung des Krankenhausarztes.
Die in den Stellungnahmen des MDK erwähnten wissenschaftlichen Erkenntnisse aus den Jahren seit 1998 dürfen daher hier für die Beurteilung des Falles nicht herangezogen werden. Die Beklagten bzw. der MDK räumt selber ein, daß nach der aus dem Jahr 1996 stammenden Leitlinie eine stationäre Infusionsbehandlung empfohlen wird. Soweit der MDK rügt, daß die Empfehlungen der deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde sich nicht auf evidenzbasierte Erkenntnisse stütze, reicht dies nicht aus, um eine aus wissenschaftlicher Sicht vertretbare Ansicht der notwendigen stationären Behandlungen zu verneinen. Im stationären Bereich steht die Anwendung von Therapien nicht unter dem Genehmigungsvorbehalt durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkasse wie im ambulanten Bereich. Die grundsätzliche Abrechenbarkeit während der stationären Behandlung angewandter Therapien muss zwar auch gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen; der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse konkretisiert sich jedoch nicht in den vom Bundesausschuss erlassenen Richtlinien, sondern beurteilt sich nach medizinischen Standard und auch nach den Auffassungen der medizinischen Fachgesellschaften. Vertritt eine medizinische Fachgesellschaft eine bestimmte Auffassung über die Wirksamkeit bestimmter Therapien, so muß diese Auffassung als zumindest vertretbar beurteilt werden. Es kann dem gegenüber nicht eingewandt werden, daß sich unter Berücksichtigung von wissenschaftlichen Studien die Wirksamkeit dieser Therapie anders darstellt. Dies ver- deutlicht, daß es für die "Vertretbarkeit" der Ansicht des Krankenhausarztes über die Notwendigkeit der stationären Behandlung ausreicht, wenn dessen Auffassung zumindest von wesentlichen Teilen der medizinischen Wissenschaft als zutreffend dargestellt wird. Die Auffassung der Klägerin wird hier durch die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde zumindest im Zeitpunkt der Behandlung noch als zutreffend bewertet. Damit ist die Auffassung des Krankenhausarztes über die Notwendigkeit der stationären Behandlung bis zum Ende der Behandlung am 09.12.1997 wissenschaftlich vertretbar. Die Notwendigkeit der stationären Behandlung bis zu diesem Zeitpunkt ist somit nachgewiesen.
Der Klage war daher statt zu geben. Die Klägerin erhält außerdem Anspruch auf Zahlung der gesetzlichen Zinsen, wie sie sich aus dem Tenor ergeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 198 in der hier noch maßgeblichen bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung.
2. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außer- gerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Streitig ist die Zahlung von 2.931,32 DM plus Zinsen für die stationäre Behandlung des in der HNO-Klinik des Städt. Krankenhauses des Städt. Klinikums L.
Der am 00.00.0000 geborene Versicherte war bereits 1995 in der dortigen Klinik wegen Tinnitus und Hochtonschwerhörigkeit und otitis externa behandelt worden. Eine erneute stationäre Behandlung im Klinikum L fand statt vom 29.11. bis 09.12.1997. Er wurde als Notfallpatient wegen Tinnitus und Otalgien eingewiesen. In der Aufnahmeanzeige des Krankenhauses heißt es: Tinnitus und otitis externa. Die Aufnahmeanzeige wurde am 08. Dezember 1997 an die Beklagte gesandt. Die Kostenübernahmeerklärung bis 05.12.1997 erfolgte dann vor dem 15.12.1997, ohne dass sich eine entsprechende Unterlage in den Akten befindet.
In einem Schriftsatz vom 15.12.1997 hat die Beklagte der Klägerin gegenüber zugestanden, dass für die Zeit vom 29.11. bis 05.12.1997 die Kosten übernommen würden. Eine Berechnung befindet sich nicht in den Akten. Die Beklagte hat am 05.01.1998 der Klägerin mitgeteilt, dass um Übersendung eines ausführlichen Krankenhausberichtes, und zwar direkt an den MDK gebeten würde. Die bisherigen Angaben reichten nicht aus um beurteilen zu können, ob die Dauer der Behandlung notwendig gewesen wäre. Die Beklagte hat dann weiter mit Schreiben vom 27.02.1998 der Klägerin mitgeteilt, dass aufgrund der inzwischen vorgelegten Aufnahmeanzeige und des Entlassungsberichtes die Notwendigkeit einer stationären Behandlung nicht erkennbar wäre. Die Leistungspflicht würde jedoch bis 05.12.1997 anerkannt. Mit weiterem Schreiben vom 01. September 1998 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass aufgrund des Verlängerungsantrages die Beklagte sich bereit erklärte, die stationäre Behandlung bis zum 05.12.1997 zu übernehmen. Der von der Beklagten eingeschaltete MDK hat dann durch den Hals-Nasen-Ohren-Arzt V vom 29.10.1998 in einer Stellungnahme vorgetragen, dass eine stationäre Behandlung nicht zwingend erforderlich gewesen wäre, die hier durchgeführte rheologische Infusionstherapie hätte auch ambulant durchgeführt werden können. Die Beklagte weigerte sich daraufhin, die Kosten der stationären Behandlung für die restlichen Tage vom 05.12. bis 09.12.1997 zu zahlen.
Dagegen richtet sich die am 00.00.0000 erhobene Klage. Zur Begründung wird vorgetragen: Die stationäre Behandlung hätte den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für HNO Heilkunde entsprochen. Insbesondere sei für einen Heilerfolg es wichtig gewesen, den Patienten aus dem häuslichen Umfeld zu isolieren, um die mit dieser Krankheit verbundenen Stresskomponenten abzubauen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 2931,32 DM und 2 % über den Diskontsatz bezogen auf die Summe von 2931,32 DM für den Zeitraum vom 22.07.1999 bis 30.04.2000 und 2 % über den Basissatz bezogen auf 2931,32 DM für die Zeit ab 01.05.2000 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte schließt sich der Auffassung des MDK an: Die Beklagte hat während des Gerichtsverfahrens mehrfach den MDK eingeschaltet. Zusammenfassend kommt der MDK zu der Beurteilung, dass das hier verabreichte Medikament Trental auch enteral resorbierbar wäre, die Infusionstherapie wäre darüber hinaus auch ambulant möglich gewesen, außerdem sei die Wirksamkeit der hier durchgeführten medikamentösen Infusionstherapie nicht nachgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten der Beklagten und die Krankenakte der Klägerin haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die erhobene allgemeine Leistungsklage ist zulässig und begründet.
Unter Zugrundelegung der vom Bundessozialgericht dem Urteil vom 13.12.2001 - B 3 KR 1101 R - dargelegten Rechtsauffassung ergibt sich der Vergütungsanspruch des Vertragskrankenhauses gegenüber der Krankenkasse unmittelbar aus der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten: "Die Krankenkasse ist bei einem zugelassenen Krankenhaus im Sinne des § 108 SGB V als Korrelat zu dessen Behandlungspflicht auch ohne zusätzliche vertragliche Vereinbarung verpflichtet, die normativ festgelegten Entgelte zu zahlen, sofern die Versorgung im Krankenhaus erforderlich ist. Über die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung entscheidet zunächst der Krankenhausarzt. Eine Zahlungspflicht der Krankenkasse für die stationäre Versorgung eines Versicherten entfällt nur dann, wenn sich die Entscheidung des Krankenhausarztes nach seinen jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten als nichtvertretbar herausstellt".
Für die Frage, ob Einwendungen der Beklagten gegen die Notwendigkeit und gegen die Dauer der Krankenhausbehandlung rechtlich beachtlich sind, kommt es zunächst auf die Einhaltung des im Vertrag zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalens einerseits und den Landesverbänden der primär und Ersatzkassen Nordrhein-Westfalen andererseits gemäß § 102 Abs. 2 Nr. 2 SGB V betreffend die Überprüfung die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung vorgesehenen Überprüfungsverfahrens an. Nach diesen am 06.03.1991 geschlossenen Vertrag (im Folgenden KÜV bezeichnet) ergibt sich grundsätzlich ein zweiteiliges Prüfungsverfahren. Danach hat die Krankenkasse zunächst über die "Plausibilität der Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung durch Sachbearbeiter der Kasse zu entscheiden. Im Rahmen der Plausibilitätskontrolle darf die Kasse gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 KÜVNW "vor Beauftragung des MdK unter Angabe des Überprüfungsanlasses" eine Stellungnahme des Krankenhauses anfordern. Bleiben die Zweifel bestehen, so ist die Kasse zur selbständigen weiteren Prüfung nicht mehr berechtigt und muß - falls sie den Vergütungsanspruch nicht anerkennen will - für die weitere Überprüfung den MdK beauftragen, womit der 2. Teil des Überprüfungsverfahrens eingeleitet wird. Bei der Überprüfung durch den Mdk ist zu unterscheiden: Befindet sich der Patient zur Zeit der Beauftragung des MdK noch im Krankenhaus, so "sollte" die Überprüfung im Krankenhaus stattfinden (siehe § 2 Abs. 2 KÜVNW). Ist die stationäre Behandlung bereits beendet, so können die Ärzte des MdK eine Übersendung der Krankenunterlagen in Kopie verlangen (siehe § 2 Abs. 2 KÜVNW). Verstöße gegen dieses Verfahrens oder Verzögerungen oder verspätete Anträge können - nach Auffassung des BSG - zum Verlust von Einwendungen oder zur Umkehr der Beweislast führen. Das BSG geht im Urteil vom 13.12.2001 (aao) von dem Grundsatz aus, daß die Überprüfung im frühest möglichen Zeitpunkt unter Beachtung des im KÜV geregelten Verfahrens durchgeführt werden soll.
Daraus ergeben sich im vorliegenden Fall folgende Konsequenzen. Da die Aufnahmeanzeige einen Tag vor Entlassung bei der Beklagten einging, war eine Überprüfung im Krankenhaus nicht mehr möglich. Die mit Schreiben vom 05.01.1998 von der Beklagten erhobene Bitte, dem MDK einen ausführlichen Bericht zukommen zu lassen, stellt einerseits den Abschluß der oben genannten Plausibilitätsprüfung insofern dar, als der Sachbearbeiter der Beklagten Zweifel an der notwendigen Dauer der Krankenhausbehandlung hatte und leitet andererseits den zweiten Teil des Überprüfungsverfahrens durch eine selbständige Überprüfung durch den MDK ein. Mit Schreiben vom 27.02.1998 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass aufgrund der Aufnahme und Entlassungsanzeige und des Entlassungsberichtes die Notwendigkeit einer stationären Behandlung über den 05.12.1997 hinaus nicht nachgewiesen sei. Die Beklagte hat eventuelle Einwendungen gegen die Notwendigkeit und Dauer der Behandlung durch die Fortführung des Überprüfungsverfahrens durch Einholung weiterer MDK-Stellungnahmen nicht verloren. Das im KÜV vorgesehene Überprüfungsverfahren wurde somit eingehalten.
Die Beklagte hat jedoch für die Beurteilung der Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung einen falschen Maßstab zugrundegelegt. Die Beklagte beurteilt die Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse im Beurteilungszeitpunkt unter Zugrundelegung eines möglichst neutralen objektiven Bewertungsmaßstabes. Wie das BSG im Urteil vom 13.12.2001 (aao) ausführt, kommt es jedoch nur darauf an, ob die Entscheidung des Krankenhausarztes nach seinen jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten sich als nicht vertretbar herausstellt. Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen: 1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung ist ausschließlich der Zeitpunkt der Aufnahme bzw. der Zeitraum der Dauer der stationären Behandlung. Wissenschaftliche Erkenntnisse über die grundsätzliche Wirksamkeit der angewandten Therapien, die erst nach Durchführung der jeweils streitigen Behandlung bekannt geworden sind, dürfen für die Beurteilung nicht zugrundegelegt werden. 2. Für die Beurteilung der Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung sind die Kenntnisse über das Krankheitsbild zugrundezulegen, die der behandelnde Krankenhausarzt im Zeitpunkt der Aufnahme bzw. bei Streit über eine Verlängerung des Aufenthaltes im Zeitpunkt des Verlängerungsantrages hat davon abweichende Erkenntnisse über das Krankheitsbild, die sich im Verlaufe der Behandlung herausstellen und bei Entlassung feststehen, dürfen für die Beurteilung ebenfalls nicht herangezogen werden. 3. Für die Frage, ob die angewandten Therapien auch ambulant hätten durchgeführt werden können oder eine stationäre Behandlung erforderlich war, kommt es nur darauf an, daß die stationäre Behandlung aus Sicht des Krankenhausarztes "vertretbar" war. Herrscht in der medizinischen Wissenschaft im Zeitpunkt der Behandlung ein wissenschaftlicher Streit darüber, ob die Therapien ambulant durchgeführt werden dürfen oder stationär durchgeführt werden müssen, so ist nicht die neutral objektive Sicht eine Gutachters maßgebend, sondern nur die wissenschaftlich vertretbare Auffassung des Krankenhausarztes.
Die in den Stellungnahmen des MDK erwähnten wissenschaftlichen Erkenntnisse aus den Jahren seit 1998 dürfen daher hier für die Beurteilung des Falles nicht herangezogen werden. Die Beklagten bzw. der MDK räumt selber ein, daß nach der aus dem Jahr 1996 stammenden Leitlinie eine stationäre Infusionsbehandlung empfohlen wird. Soweit der MDK rügt, daß die Empfehlungen der deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde sich nicht auf evidenzbasierte Erkenntnisse stütze, reicht dies nicht aus, um eine aus wissenschaftlicher Sicht vertretbare Ansicht der notwendigen stationären Behandlungen zu verneinen. Im stationären Bereich steht die Anwendung von Therapien nicht unter dem Genehmigungsvorbehalt durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkasse wie im ambulanten Bereich. Die grundsätzliche Abrechenbarkeit während der stationären Behandlung angewandter Therapien muss zwar auch gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen; der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse konkretisiert sich jedoch nicht in den vom Bundesausschuss erlassenen Richtlinien, sondern beurteilt sich nach medizinischen Standard und auch nach den Auffassungen der medizinischen Fachgesellschaften. Vertritt eine medizinische Fachgesellschaft eine bestimmte Auffassung über die Wirksamkeit bestimmter Therapien, so muß diese Auffassung als zumindest vertretbar beurteilt werden. Es kann dem gegenüber nicht eingewandt werden, daß sich unter Berücksichtigung von wissenschaftlichen Studien die Wirksamkeit dieser Therapie anders darstellt. Dies ver- deutlicht, daß es für die "Vertretbarkeit" der Ansicht des Krankenhausarztes über die Notwendigkeit der stationären Behandlung ausreicht, wenn dessen Auffassung zumindest von wesentlichen Teilen der medizinischen Wissenschaft als zutreffend dargestellt wird. Die Auffassung der Klägerin wird hier durch die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde zumindest im Zeitpunkt der Behandlung noch als zutreffend bewertet. Damit ist die Auffassung des Krankenhausarztes über die Notwendigkeit der stationären Behandlung bis zum Ende der Behandlung am 09.12.1997 wissenschaftlich vertretbar. Die Notwendigkeit der stationären Behandlung bis zu diesem Zeitpunkt ist somit nachgewiesen.
Der Klage war daher statt zu geben. Die Klägerin erhält außerdem Anspruch auf Zahlung der gesetzlichen Zinsen, wie sie sich aus dem Tenor ergeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 198 in der hier noch maßgeblichen bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung.
Rechtskraft
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