L 5 KR 38/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 6 KR 89/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 38/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 31.01.2000 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erstattung von Kosten, die ihm durch die Beschaffung von Vitaminpräparaten der Firma M. R. b.v., A., Niederlande, entstanden sind. Darüber hinaus erstrebt er die Verpflichtung der Beklagten ihn künftig mit Vitaminpräparaten des Dr. R. zu versorgen.

Der am 08.09.1948 geborene Kläger, der bei der Beklagten krankenversichert ist, leidet an einer coronaren Herzkrankheit und einem Zustand nach 3-fach Bypass-Operation.

Am 19.05.1999 beantragte er unter Vorlage entsprechender Rechnungen der Firma Matthias R. B.V., ihm Kosten in Höhe von 2.412,00 DM zu erstatten, die ihm für die Beschaffung der Präparate Vitacor Plus, Arteriforte, Metavicor und Vita c forte im Zeitraum von Oktober 1998 bis Mai 1999 entstanden waren. Dies lehnte die Beklagte durch den Bescheid vom 08.06.1999 ab: Bei den von Dr. R. zusammengestellten Vitaminpräparaten (Zellular-Medizin-Formulas) handele es sich nicht um apothekenpflichtige Arzneimittel, die somit nicht gemäß § 31 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) gewährt und deren Kosten nicht erstattet werden könnten.

Den dagegen am 16.06.1999 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch den Widerspruchsbescheid vom 14.09.1999 zurück.

Der Kläger hat am 14.10.1999 Klage vor dem Sozialgericht Aachen erhoben. Während des laufenden Streitverfahrens hat die Beklagte die Anträge des Klägers auf Erstattung weiterer 2.040,00 DM für die Beschaffung der Vitaminformulas Vitacor Plus, Arteriforte, Metavicor, ProLysin C, Vita c forte und Lysin C Drink durch Bescheid vom 25.11.1999 abgelehnt.

Der Kläger hat gemeint, dass eine erfolgreiche Behandlung des bei ihm vorliegenden Herzleidens nur mittels der Präparate des Dr. R. möglich sei; die Beklagte sei deshalb verpflichtet, ihm die dafür aufgewandten Kosten zu erstatten. Der Kläger hat eine Bescheinigung des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. E ..., D ..., vom 19.10.1999 vorgelegt, aus der sich ergibt, dass der Kläger seit einem Jahr mit der Vitamintherapie des Dr. R. behandelt wird und dass auf Wunsch des Klägers die schulmedizinische Medikation abgesetzt worden sei; das subjektive Befinden des Klägers habe sich deutlich gebessert, er fühle sich leistungsfähiger und das zuvor beschriebene Engegefühl in der Brust sei nicht mehr aufgetreten.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.06.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.1999 und des Bescheides vom 25.11.1999 zu verurteilen, ihm für die Zellular-Medizin-Formulas nach Dr. R. 4.452,20 DM zu erstatten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat an der in den angefochtenen Bescheiden geäußerten ablehnenden Auffassung festgehalten und eine Stellungnahme des Dr. H ... und des Dr. G ..., Fachreferat Arzneimittel/Neue und Unkonventionelle Heilmethoden im Medizinischen Dienst der Krankenkassen Westfalen-Lippe, Juni 1999, vorgelegt, in der zusammenfassend die Ansicht vertreten wird, dass die ungezielte Gabe von Spurenelementen und Vitaminen für viele angegebenen Erkrankungen zur Zeit nicht ausreichend evaluiert und Nebenwirkungen keineswegs ausgeschlossen seien.

Das Sozialgericht Aachen hat die Klage durch Urteil vom 31.01.2000 abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen das ihm am 07.02.2000 zugestellte Urteil des Sozialgerichts Aachen hat der Kläger am 29.02.2000 Berufung eingelegt.

Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte durch Bescheid vom 02.06.2000 die Erstattung von Kosten für selbstbeschaffte Vitaminformulas in dem Zeitraum Dezember 1999 bis März 2000 in Höhe von 1.881,50 DM abgelehnt. Durch weiteren Bescheid vom 11.10.2000 hat die Beklagte den Antrag des Klägers abgelehnt, künftig die Kosten für die von ihm benötigten Vitaminpräparate des Dr. R. zu übernehmen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Behandlung der bei ihm vorliegenden Leiden nur mittels der Vitaminpräparate des Dr. R. erfolgreich verlaufen könne.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 31.01.2000 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 08.06.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.1999 sowie der Bescheide vom 25.11.1999, 02.06.2000 und 11.10.2000 zu verurteilen, 1. ihm 6.293,03 DM zu erstatten und 2. ihn künftig nach jeweiliger ärztlicher Verordnung mit den Zellular-Medizin-Formulas des Dr. R., den Präparaten Vitacor Plus, ProLysin C, Vita C forte, Arteriforte, Ero- und Balance-Drink Mix sowie Metavicor zu versorgen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält an ihrer Ansicht fest, dass weder ein Kostenerstattungsanspruch noch ein Anspruch auf Versorgung mit den in Rede stehen den Präparaten des Dr. R. bestehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den übrigen Inhalt der Streitakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Erstattung der ihm in der Vergangenheit durch die Beschaffung von Präparaten aus dem Dr. R. Zellularprogramm entstandenen Kosten in Höhe von 6.293,03 DM noch auf künftige Versorgung mit den Präparaten Vitacor Plus, ProLysin C, Vita C forte, Arteriforte, Ero- und Balance-Drink Mix sowie Metavicor.

Die Bescheide vom 02.06.2000 und 11.10.2000 sind gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens geworden; deshalb ist auch die Änderung des Klagebegehrens durch die Erhöhung des geltend gemachten Erstattungsbetrages (Klageantrag zu 1) sowie die Erweiterung der Klage auf die künftige Versorgung mit den streitgegenständlichen Vitaminpräparaten (Klageantrag zu 2) zulässig.

Als Rechtsgrundlage für den Klageantrag zu 1) kommt nur § 13 Absatz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Betracht. Danach hat die Krankenkasse, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat, dem Versicherten die für die Beschaffung der Leistung aufgewendeten Kosten zu erstatten. Da der Kostenerstattungsanspruch an die Stelle eines an sich gegebenen Sachleistungsanspruchs tritt, kann er nur bestehen, soweit die selbst beschaffte Leistung ihrer Art nach zu den Leistungen gehört, welche die gesetzlichen Krankenkassen als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vergl. Bundessozialgericht Urteil vom 09.12.1997, Az.: 1 RK 23/95, SozR 3-2500 § 27 Nr.9; Bundessozialgericht Urteil vom 28.03.2000, B 1 RK 11/98 R, SozR 3- 2500 § 135 Nr. 14). Dies trifft auf die Vitaminpräparate aus dem Dr.R. Zellularprogramm, die sich der Kläger in der Vergangenheit selbst beschafft hat, nicht zu. Genausowenig besteht der vom Kläger mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachte Sachleistungsanspruch auf künftige Versorgung mit den streitgegenständlichen Präparaten.

Der demnach für beide Klageanträge erforderliche Sachleistungsanspruch auf Versorgung mit den Vitaminpräparaten aus dem Dr.R. Zellularprogramm steht dem Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Ein derartiger Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus den §§ 27, 31 SGB V. Der Anspruch auf Krankenbehandlung gemäß § 27 Absatz 1 Satz 1 SGB V umfasst nach Satz 2 Nr. 3 dieser Vorschrift u.a. die Versorgung mit Arzneimitteln. Dieser wird durch § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V spezifiziert: Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Dabei besteht die Leistungspflicht der Krankenkasse jedoch nicht für jede Art der Versorgung. Einschränkungen ergeben sich aus §§ 12 Absatz 1, 2 Absatz 1 SGB V. Leistungen, die nicht zweckmäßig oder unwirtschaftlich im Sinne dieser Vorschriften sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (vergl. BSG Urteil vom 08.03.1995, Az.: 1 RK 8/84, SozR 3-2500 § 31 Nr. 3).

Der Kläger hat keinen Sachleistungsanspruch gegen die Beklagte, weil die streitigen Präparate als Arzneimittel anzusehen und als solche nicht zugelassen sind.

Nach der Rechtsprechung sind Arzneimittel Substanzen, deren bestimmungsgemäße Wirkung darin liegt, Krankheitszustände zu heilen oder zu verbessern (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 09.12.1997, Az 1 RK 23/95, SozR 3-2500 § 27 Nr.9). Dies trifft auf die Präparate aus dem Dr. R. Zellularprogramm zu. Ihrer Zweckbe stimmung nach sollen sie sich durch die Einnahme bessernd auf die bei dem Kläger vorliegenden Krankheitszustände auswirken; sie werden auch eigens zur Behandlung von Krankheitszuständen hergestellt. Darüber hinaus sind die Präparate auch Arzneimittel im Sinne von § 2 Absatz 1 Nr. 1 Arzneimittelgesetz (AMG), weil sie dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass es sich bei den Präparaten aus dem Dr. R. Zellularprogramm um Arzneimittel sowohl im Sinne des SGB V wie auch des AMG handelt.

Wäre die vom Kläger unter Hinweis auf die Klage der Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen die Bundesrepublik Deutschland (Rechtssache C 387/99) vertretene Ansicht zutreffend, die fraglichen Präparate des Dr. R. würden in der Bundesrepublik Deutschland zu Unrecht als Arzneimittel eingestuft, so wäre ein Anspruch gegen die Beklagte bereits deshalb nicht gegeben, weil § 31 SGB V den Versicherten nur einen Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln einräumt. Dabei ist der Ausgang des Verfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften für das vorliegende Streitverfahren ohne Bedeutung. Es betrifft nämlich nur die Frage der Verkehrsfähigkeit bestimmter Vitaminpräparate, befaßt sich aber nicht mit dem Umfang der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung hinsichtlich solcher Präparate.

Als Arzneimittel sind die Präparate aus dem Dr. R. Zellularprogramm gemäß § 21 Absatz 1 AMG zulassungspflichtig, denn es handelt sich um Fertigarzneimittel im Sinne des § 4 Absatz 1 AMG, d.h. um Arzneimittel, die im voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden. Eine derartige arzneimittelrechtliche Zulassung liegt für die Präparate aus dem Dr. R. Zellularprogramm nicht vor. Die fehlende arzneimittelrechtliche Zulassung bewirkt ebenso wie deren ausdrückliche Versagung, dass die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels in dem gesetzlich vorgeschriebenen Zulassungsverfahren nicht nachgewiesen ist. Der Einsatz dieses Arzneimittel ist deshalb nicht zweckmäßig und wirtschaftlich im Sinne des § 12 Absatz 1 SGB V; dieses ist somit nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig (vergl. BSG Urteil vom 23.07.1998, Az.: B 1 KR 19/96, SozR 3-2500 § 31 Nr. 5).

Ferner besteht ein Sachleistungsanspruch des Klägers auch deshalb nicht, weil die Präparate aus dem Dr. R. Zellularprogramm nach den Arzneimittelrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (AMRL) von den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte nicht verordnet werden dürfen (vgl. Abschnitt F, Nr. 17.1 m bzw. 17.2 h AMRL vom 31.08.1993, Bundesanzeiger 1993 Nr. 446). Nach diesen Vorschriften sind Zellulartherapeutika und Vitaminpräparate von der Verordnungsfähigkeit zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Die dortgenannten Ausnahmefälle sind ersichtlich nicht einschlägig. Die auf der Grundlage des § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V erlassenen AMRL regeln als untergesetzliche Rechtsnormen den Umfang und die Modalitäten der Arzneimittelversorgung mit verbindlicher Wirkung sowohl für die Vertragsärzte und die Krankenkassen als auch für die Versicherten (Bundessozialgericht, Urteil vom 09.12.1997 Az.: 1 RK 23/95, SozR 3-2500 § 27 Nr. 9; allgemein zur Rechtsqualität und Tragweite der Richtlinien der Bundesausschüsse der Zahnärzte und Krankenkassen: Urteil des Bundessozialgerichts vom 16.09.1997 Az.: 1 RK 32/95).

Ein Anspruch auf Versorgung mit den Vitaminpräparaten des Dr. R. wäre auch dann nicht gegeben, wenn man auf den Gesichtspunkt der ärztlichen Behandlung abhebt und die Vitaminpräparate nicht als zulassungspflichtige Arzneimittel, sondern als Nahrungsergänzungsmittel beurteilen würde. Dann würde ein Anspruch des Klägers nämlich an § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V scheitern; danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die An erkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat (Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, BUB-Richtlinien, in der Fassung vom 10.12.1999 (Bundesanzeiger Nr.56), zuletzt geändert am 10.04.2000 (Bundesanzeiger Nr.137); ständige Rechtsprechung, vergl. Bundessozialgericht, Urteil vom 28.03.2000 Az.: B 1 KR 11/98 R, SozR 3-2500 § 135 Nr.14 mit weiteren Nachweisen). Eine derartige Empfehlung des Bundesausschusses liegt hinsichtlich der Behandlung mit Präparaten aus dem Dr. R. Zellularprogramm nicht vor; diese Therapie darf von den Krankenkassen des halb nicht als Sachleistung gewährt werden.

Unter einer Behandlungsmethode ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die auf einem bestimmten theoretisch-wissenschaftlichen Konzept fußende Vorgehensweise bei der Behandlung einer Krankheit zu verstehen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 28.03.2000 aaO). Neuartige Arzneitherapien sind von dem Erlaubnis vorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V nicht grundsätzlich ausgenommen. Auch hier muss das Erfordernis der vorherigen Prüfung und Anerkennung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden die Qualität nicht nur der ärztlichen Leistungen im engeren Sinne, sondern aller für die vertragsärztliche Versorgung relevanten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen gewährleistet sein. Deshalb sind zumindest solche Pharmakotherapien der Kontrolle durch den Bundesausschuss zu unterwerfen, bei denen das eingesetzte Medikament (z.B. als Rezepturarzneimittel) keiner arzneimittelrecht lichen Zulassung bedarf, weil andernfalls die Qualitätsprüfung bei neuen Behandlungsmethoden lückenhaft bliebe und die gesetzliche Regelung teilweise leer liefe (BSG Urteil vom 28.03.2000 aaO). Nichts anderes gilt aber auch in dem Fall, dass eine ärztliche Behandlungsmethode nicht auf Arzneimitteln, sondern auf Nahrungsergänzungsmitteln oder (anderen) Lebensmitteln beruht. Auch hier erfordert die Qualitätssicherung der ärztlichen Behandlung eine derartige Prüfung durch den Bundesausschuss. Diese ist weder allgemein hinsichtlich des Einsatzes von Präparaten aus dem Dr. R. Zellularprogramm erfolgt noch speziell hinsichtlich der Behandlung der bei dem Kläger vorliegenden Herzkrankheit.

Nachdem der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in den BUB-Richtlinien keine positive Empfehlung zugunsten der Vitaminpräparate des Dr. R. abgegeben hat, durfte die Beklagte die Behandlung dem Kläger nicht als Sachleistung gewähren. Bei den BUB- Richtlinien handelt es sich nach der Rechtsprechung des BSG um untergesetzliche Rechtsnormen, die i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V für Ärzte, Krankenkassen und Versicherte verbindlich festlegen, welche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehören (BSG Urteil vom 28.03.2000 aaO).

Ein Kostenerstattungs- oder Freistellungsanspruch des Versicherten kann allerdings ausnahmsweise dann in Betracht kommen, wenn die fehlende Anerkennung der neuen Methode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wird. In einem solchen Fall widerspricht die Nichtberücksichtigung der Methode in den BUB-Richtlinien höherrangigem Recht, nämlich der Garantie eines den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprechenden Krankenbehandlungsanspruchs in § 27 Abs. 1 SGB V. Das präventive Verbot in § 135 Abs. 1 SGB V dient allein der Qualitätssicherung; nur insoweit es dieser Zweck erfordert, ist der Ausschluss ungeprüfter und nicht anerkannter Heilmethoden aus der vertragsärztlichen Versorgung gerechtfertigt. Ein derartiger Mangel des gesetzlichen Leistungssystems liegt indes hier nicht vor. Der Kläger verweist zu Unrecht auf die ihm vorgelegten wissenschaftlichen Untersuchungen zur Wirksamkeit von Vitaminpräparaten bei der Behandlung verschiedener Krankheiten. Denn diese wissenschaftlichen Untersuchungen setzen sich nur mit der Wirksamkeit von Vitaminen im allgemeinen, nicht aber mit den von Dr. R. bzw. seiner Firma vertriebenen Vitaminprodukten aus dem Zellularprogramm auseinander. Bereits deshalb fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, hier vom Vorliegen eines Systemfehlers auszugehen.

Die Berufung des Klägers war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Anlass die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
Rechtskraft
Aus
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