Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 14 KA 35/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 4/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen der Klägerin zu 1) und der Beigeladenen zu 8) gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.11.2003 werden zurückgewiesen. Die Klägerin zu 1), die Beigeladene zu 5) und die Beigeladene zu 8) tragen die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über Arzneiregresse in den Quartalen I/1999 bis IV/1999 im Rahmen der sogenannten Richtgrößenprüfung.
Die Beigeladenen zu 1 und 2) sind Ärztinnen für Allgemeinmedizin und in L zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Kläger und die Beigeladenen zu 3-8) schlossen im Jahr 1998 eine Vereinbarung über das Arznei-, Verband- und Heilmittelbudget sowie über Richtgrößen für Arznei- und Verbandmittel. Diese wurde im Rheinischen Ärzteblatt 8/1998, S. 57 - 61 einschließlich der Anlage A, jedoch ohne die Anlagen B und C veröffentlicht. Die Anlage A enthält die Berechnung des (Brutto-) Ausgabenvolumens. Die Anlage B betrifft die Aufteilung des (Brutto-) Ausgabenvolumen auf die einzelnen Arztgruppen und deren Berechnung (arztgruppenspezifische Richtgrößen). Die Anlage C bestimmt die Inhalte und Strukturierung der Übersicht der Arzneiverordnungen eines im Prüfverfahren befindlichen Arztes. In einigen Veröffentlichungen der Anlage A sind 4 Zahlen durchgestrichen; aus allen Veröffentlichung ist das Datum der entsprechenden Vereinbarung der Beigeladenen nicht ersichtlich.
Für das Jahr 1999 haben die Kläger und die Beigeladenen zu 3-8) eine unter dem Datum des 29.09.1999 unterschriebene Folgevereinbarung getroffen, mit welcher die Budgetobergrenze erhöht wurde, die Anlagen A und B der Vereinbarung 1998 jedoch unverändert weiter gelten sollten. Diese Vereinbarung ist nicht veröffentlicht worden.
Mit Schreiben vom 26.06. und 09.10.2000 sowie 18.01. und 18.04.2001 wurden die Beigeladenen zu 1-2) darüber informiert, dass Anträge auf Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Arzneiverordnungsweise nach Maßgabe des Prüfverfahrens bei Überschreiten der Arzneimittelrichtgrößen für die 4 Quartale des Jahres 1999 gestellt worden seien.
Mit Bescheid vom 20.12.2001 (Sitzung vom 15.11.2001) lehnte der Prüfungsausschuss es ab, Arzneimittelregresse gegen die Beigeladenen zu 1 und 2) für die Quartale I/1999 bis IV/1999 zu verhängen.
Dagegen haben sowohl die Kläger als auch die Beigeladenen zu 3-7) Widerspruch erhoben.
Sie führten aus, es sei nicht plausibel, weshalb die Kosten für den "keine - Angaben" - Bereich abgezogen worden seien. Bei diesen Verordnungen handelt es sich vorwiegend um solche Arzneimittel, die zum therapeutischen Erscheinungsbild einer allgemein medizinisch ausgerichteten Praxis gehörten.
Mit Bescheid vom 08.01.2003 (Sitzung vom 28.11.2002) wies Widerspruche der Kläger und der Beigeladenen zu 3-7) zurück.
Mit ihrer Klage haben die Kläger vorgetragen, nach der Richtgrößenvereinbarung sei die Anerkennung als Praxisbesonderheit auf die unter Berücksichtigung der Aspekte des Preises und der Verordnungsmenge wirtschaftliche Versorgung begrenzt. Dies habe der Beklagte verkannt. Die Zuordnung der Kosten für Schmerztherapie/Analgetika und der Blutzuckermessstreifen als Praxisbesonderheiten sei fehlerhaft. Zwar hätten die Kosten für die Hilfsmittel in Abzug gebracht werden können; die zusätzliche Reduzierung der Richtgrößenüberschreitung um die in den "keine-Angaben-Fällen" enthaltenen Arzneimittelkosten sei aber unzulässig gewesen. Richtgrößenregresse dürften auch quartalsweise verhängt werden. Die Anerkennung von zwei Fällen als Praxisbesonderheit sei nicht nachvollziehbar gewesen. Ferner habe der Beklagte Teile der Kosten gleich mehrfach in Abzug gebracht.
Die Kläger haben beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 08.01.2003 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen.
Der Beklagte und die Beigeladende zu 1) und 2) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie halten den Bescheid des Beklagten für rechtmäßig.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht (SG) haben die Kläger und die Beigl. zu 3)-5) und 8) die jeweiligen Exemplare der für das Jahr 1998 getroffenen Vereinbarung vorgelegt. Diese waren jeweils von Vertretern aller Vertragspartner unterschrieben, allerdings ohne Datumsangabe. Die Anlage A enthielt keine durchgestrichenen Zahlen. Die Beigl. zu 8) hat die Vereinbarung für das Jahr 1999 vorgelegt. Diese weist das Datum 29.09.1999 und Unterschriften von Vertretern aller Vertragspartner aus.
Mit Urteil vom 26.11.2003 hat das SG Düsseldorf die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1999 sei aus mehreren Gründen unwirksam. Zum einen verstoße sie gegen Art. 17 GKV-SolG, denn den Richtgrößen komme eine präventive Steuerungsfunktion zu, die nur dann Wirkung entfallten könne, wenn die Richtgrößen bis spätestens zum 1. Halbjahr 1999 durch das Schiedsamt festgelegt worden seien. Die Vereinbarung für das Jahr 1999 sei aber erst Ende September 1999 geschlossen worden. Die Rechtswidrigkeit der Richtgrößenvereinbarung ergebe sich auch daraus, dass sie nicht veröffentlicht worden sei. Richtgrößenvereinbarungen seien - ebenso wie Prüfvereinbarungen - öffentlich-rechtliche Verträge mit Rechtsnormcharakter im Range untergesetzlichen Landesrechts, weil sie gegenüber den am Vertragsschluss nicht beteiligten Vertragsärzten unmittelbar rechtliche Außenwirkung entfalteten und Sanktionen rechtfertigten. Richtgrößenvereinbarungen würden deshalb erst dann wirksam, wenn die betroffenen Ärzte durch die in der Satzung vorgesehene Form, insbesondere durch Veröffentlichung in den jeweiligen Ärzteblättern, hiervon Kenntnis erhielten. Es sei von den Beigl. nicht dargelegt worden, warum die Vereinbarung für das Jahr 1998 - teilweise - veröffentlicht worden sei, jedoch nicht die Vereinbarung für das Jahr 1999. Selbst wenn man von einer Weitergeltung der Richtgrößenvereinbarung des Jahres 1998 für das Jahr 1999 ausgehen würde, so scheitert die Fortgeltung bereits daran, dass auch die Richtgrößen für das Jahr 1998 (Anlage B) nicht vollständig veröffentlicht worden seien. Die förmliche Veröffentlichung von untergesetzlichen Normen könne im Übrigen nicht durch das Übersenden von Informationen durch die Beigl. zu 8) ersetzt werden. Mangels Wirksamkeit der Richtgrößenvereinbarungen für die Jahre 1998 und 1999 entbehre der Beschluss der Beklagten einer rechtlichen Grundlage und sei deshalb aufzuheben.
Dagegen haben die Klägerin zu 1) und die Beigeladenen zu 5) und 8) Berufung eingelegt. Die Beigeladene zu 5) hat die Berufung zurückgenommen.
Zur Begründung haben die Berufungsführer auf ihre Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren Bezug genommen.
Die Klägerin zu 1) und die Beigeladene zu 8) beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.11.2003 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung seines Beschlusses vom 28.11.2002/08.01.2003 zu verurteilen, erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates zu entscheiden.
Der Beklagte und die Beigeladene zu 1) stellen keinen Antrag.
Sie halten das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Akten des SG Düsseldorf S 14 KA 117/03 ER und S 14 KA 118/03 haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Auf den Inhalt dieser Akten und der Streitakten wird - insbesondere hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten - ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen der Klägerin zu 1) und Beigeladenen zu 8) sind zulässig. Der Zulässigkeit der Berufung der Beigeladenen zu 8) steht nicht entgegen, dass sie gegen die Entscheidung des Beklagten keine Klage erhoben hat. Denn die für ihr Rechtsmittel erforderliche materielle Beschwer ergibt sich daraus, dass im Rahmen des anhängigen Streitverfahrens über die Gültigkeit von Bestimmungen der von der Beigeladenen zu 8) und den anderen Vertragspartnern vereinbarten Richtgrößenvereinbarung zu entscheiden ist (BSG, Urteil vom 17.09.1997 - 6 RKa 36/97).
Die Berufungen sind aber unbegründet. Das Sozialgericht (SG) hat den angefochtenen Bescheid des Beklagten zutreffend aufgehoben, da dieser Bescheid rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten gemäß § 54 Abs. 2 SGG verletzt. Denn der angefochtene Bescheid entbehrt einer Rechtsgrundlage. Die Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1999 ist unwirksam.
Der nunmehr beklagte gemeinsame Beschwerdeausschuss in seiner Zusammensetzung gemäß § 106 Abs. 4 ff. SGB V in der Fassung des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes vom 27.12.2003 (BGBl. I S. 3013) ist auch der richtige Beklagte. Zwar hat er den angefochtenen Bescheid nicht erlassen, aber er führt die Aufgaben und Geschäfte des Beschwerdeausschusses in der bis zum 31.12.2003 gemäß § 106 SGB V vorgeschriebenen Besetzung fort.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein der Bescheid des Beklagten vom 08.01.2003 (Sitzung vom 28.11.2002). Die unter dem Datum vom 17.12.2003 gestellten Anträge auf Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungstätigkeit nach Durchschnittswerten sind in keiner Weise Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Dies ergibt sich einerseits aus § 96 SGG, wonach nur ergänzende oder abändernde Bescheide Gegenstand des Verfahrens werden können, solche Bescheide sind aber - wie die Bevollmächtigte des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat mitgeteilt hat - noch nicht ergangen. Andererseits ergibt sich auch aus der Systematik der dem Prüfungsverfahren zugrundeliegenden Prüfvereinbarung, dass es sich bei den in §§ 12 ff. geregelten Prüfverfahren um jeweils selbständig zu behandelnde Prüfverfahren handelt. Denn diese Prüfverfahren sind hinsichtlich der Eröffnung des Prüfverfahrens (von Amts wegen oder auf Antrag), der Antragsfristen, der Verpflichtung zur Kürzung bzw. einer Kürzung unter Ausübung eines pflichtgemäßen Ermessens völlig unterschiedlich ausgestaltet. Der Senat braucht deshalb auch nicht zu entscheiden, ob die Anträge aus Dezember 2003 noch fristgerecht gestellt worden sind.
Der Bescheid des Beklagten ist rechtswidrig. Es fehlt an einer wirksamen Rechtsgrundlage für einen Regress verordneter Arzneimittel wegen Überschreitens der Richtgrößensumme, die sich aus dem Produkt der Fallzahl und der arztgruppenspezifischen Richtgröße errechnet.
Rechtsgrundlage für die sogenannte Richtgrößenprüfung ist § 106 Abs. 1, 2 Nr. 2, 3 und 5 a SGB V i.V.m. § 84 Abs. 3 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 19.12.1998 (BGBl. I S. 3853). Aus diesen Vorschriften ergibt sich, dass das Richtgrößenprüfungsverfahren Teil der Wirtschaftlichkeitsprüfung ist. Ferner ergibt sich aus § 84 SGB V, dass die Vertragspartner eine entsprechende Vereinbarung zu treffen haben. Dazu bestimmt Art. 17 GKV-SolG, dass die entsprechenden Vereinbarungen bis zum 31.03.1999 vollständig zustande kommen müssen. Soweit dies nicht der Fall ist, hat das Schiedsamt den Vertragsinhalt bis zum 30.06.1999 festzustellen.
Die Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1999 vom 29.09.1999 ist aus mehreren Gründen unwirksam. Einerseits ergibt sich die Unwirksamkeit der Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1999 - wie das SG bereits ausgeführt hat - daraus, dass die Vertragspartner gegen Art. 17 GKV-SolG verstoßen haben. Denn nach dieser Bestimmung muss eine entsprechende Richtgrößenvereinbarung bis zum 31.03.1999 von den Vertragspartnern vereinbart bzw. bis zum 30.06.1999 vom Schiedsamt bestimmt worden sein. Sinn und Zweck einer entsprechenden Richtgrößenvereinbarung ist es primär, dass die betroffenen Vertragsärzte möglichst vor Beginn des Kalenderjahres ihr entsprechendes Verordnungsvolumen kennen. Denn die Richtgrößen und die daran anknüpfenden Konsequenzen sollen das Verordnungsverhalten des Vertragsarztes regelnd beeinflussen. Eine derartige Steuerungsqualität können Richtgrößenvereinbarungen aber nur dann entfalten, wenn sie vor Beginn des Kalenderjahres oder für das Jahr 1999 aufgrund der Sonderregelung in Art. 17 GKV-SolG spätestens bis zur Mitte des Kalenderjahres vereinbart und bekannt gemacht worden sind. Ansonsten entfalten sie hinsichtlich der als Jahresbudget zu vereinbarenden Richtgrößen eine unzulässige Rückwirkung und sind bereits deshalb unwirksam (vgl. dazu LSG Berlin, Urteil vom 25.02.2004 - L 7 KA 3/03).
Die Unwirksamkeit der Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1999 ergibt sich ferner aus einem Verstoß gegen § 13 der Satzung der Beigeladenen zu 8). Danach erfolgen Bekanntmachungen, durch welche Pflichten der Mitglieder begründet werden, durch Veröffentlichung im Rheinischen Ärzteblatt. Richtgrößenvereinbarungen sind - ebenso wie Prüfvereinbarungen - öffentlich-rechtliche Verträge mit Rechtsnormcharakter im Range untergesetzlichen Landesrechts (BSG, Urteil vom 27.06.2001 - B 6 KA 66/00 R), denn sie entfalten gegenüber den am Vertragsschluss nicht beteiligten Vertragsärzte unmittelbare rechtliche Außenwirkung. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus § 106 Abs. 5 a SGB V. Bei einem Überschreiten der Richtgrößen um mehr als 15 v.H. sind von Amts wegen Prüfungen durchzuführen; bei einer Überschreitung von mehr als 25 v.H. hat der Vertragsarzt den sich daraus ergebenden Mehraufwand zu erstatten, also unterliegt unmittelbar einem Regress. Insoweit wird deutlich, dass die Bestimmung der arztgruppenspezifischen Richtgrößen in der Richtgrößenvereinbarung für ein bestimmtes Kalenderjahr - hier für das Jahr 1999 - unmittelbar in die Rechte und Pflichten der Vertragsärzte eingreift, da die entsprechende arztgruppenspezifische Richtgröße als wesentlicher Faktor für die Berechnung der Überschreibung der Richtgrößensumme hinsichtlich der Einleitung eines Prüfverfahrens bzw. der Verhängung eines Regresses gegen den Vertragsarzt von elementarer Bedeutung ist.
Die Pflicht zur Veröffentlichung ergibt sich weiterhin auch daraus, dass nach der Vereinbarung der Vertragspartner die Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1999 Teil der Prüfvereinbarung ist, bezüglich derer eine Veröffentlichungspflicht durch die Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) festgestellt worden ist.
Die Veröffentlichung kann - entgegen der Ansicht der Beigeladenen zu 8) - auch nicht dadurch ersetzt werden, dass den Vertragsärzten zuvor Informationen (sogenannte Trends) übermittelt worden sind. Zwar geht der Senat davon aus, dass den Vertragsärzten im Jahr 1999 die Höhe der Richtgrößen bereits vor dem 29.09.1999 im Wesentlichen bekannt war, jedoch ersetzt eine derartige Kenntnis aufgrund von Informationen keine Veröffentlichung im Sinne von § 13 der Satzung der Beklagten. Insoweit fehlt es an einer entsprechenden Rechtsgrundlage, aus der sich ergeben könnte, dass für die Geltung eines Normsetzungsvertrages eine Information durch sogenannte Trends ausreichend ist.
Der Unwirksamkeit der Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1999 steht auch nicht § 84 Abs. 4 in der Fassung des Gesetzes vom 19.12.1998 (BGBl. I S. 3853) entgegen. Danach gelten das Budget nach Abs. 1 und die Richtgrößen nach Abs. 3 bis zum Inkrafttreten von Folgevereinbarungen weiter. Diese Regelung, die zuvor Abs. 5 von § 84 SGB V war, entfaltet für das Jahr 1999 keine dahingehende Wirkung, dass die Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1998 weiterhin wirksam ist.
Dies ergibt sich einerseits aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber durch Art. 17 GKV-SolG eine Sonderregelung geschaffen hat, die von ihrem Grundsatz her, die Vertragspartner zwingen sollte, bis spätestens zum Ende des I. Quartals des Jahres 1999 eine entsprechende Richtgrößenvereinbarung zu beschließen. Darüberhinaus ist auch durch Art. 16 GKV-SolG eine Neubestimmung des Arzneimittelbudgets angeordnet worden, die es ihrerseits wiederrum für erforderlich macht, dass die entsprechenden Richtgrößen angepasst werden.
Selbst wenn man jedoch eine Weitergeltung der Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1998 aufgrund der Bestimmung in § 84 Abs. 4 SGB V annehmen sollte, so führt dies nicht zur Wirksamkeit der Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1999, da auch die Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1998 nicht ordnungsgemäß veröffentlicht worden ist. Einerseits enthält die in Rheinischen Ärzteblatt 8/1998, S. 57 bis 61 vorgenommene Teilveröffentlichung der Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1998 weder ein Datum des Vertragsschlusses noch die Namen der Personen, die für die Vertragspartner unterzeichnet haben. Darüberhinaus ist von einer Veröffentlichung der Anlage B völlig abgesehen worden. Gerade in der Anlage B sind jedoch die arztgruppenspezifischen Richtgrößen bestimmt worden, die in erster Linie für die betroffenen Vertragsärzte sowie für die steuernde Funktion der Richtgrößen von Bedeutung sind. Damit ist gerade die einzig relevante Zahl nicht bekannt gegeben worden.
Eine Weitergeltung der Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1997 bis in das Kalenderjahr 1999 hinein ist von keinem am Verfahren Beteiligten ernsthaft vorgetragen worden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist vielmehr von den Bevollmächtigten der Beigeladenen spontan erklärt worden, dass es für das Jahr 1997 gar keine Richtgrößenvereinbarung gab.
Die Kostenentscheidung erfolgt gemäß § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 VwGO.
Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über Arzneiregresse in den Quartalen I/1999 bis IV/1999 im Rahmen der sogenannten Richtgrößenprüfung.
Die Beigeladenen zu 1 und 2) sind Ärztinnen für Allgemeinmedizin und in L zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Kläger und die Beigeladenen zu 3-8) schlossen im Jahr 1998 eine Vereinbarung über das Arznei-, Verband- und Heilmittelbudget sowie über Richtgrößen für Arznei- und Verbandmittel. Diese wurde im Rheinischen Ärzteblatt 8/1998, S. 57 - 61 einschließlich der Anlage A, jedoch ohne die Anlagen B und C veröffentlicht. Die Anlage A enthält die Berechnung des (Brutto-) Ausgabenvolumens. Die Anlage B betrifft die Aufteilung des (Brutto-) Ausgabenvolumen auf die einzelnen Arztgruppen und deren Berechnung (arztgruppenspezifische Richtgrößen). Die Anlage C bestimmt die Inhalte und Strukturierung der Übersicht der Arzneiverordnungen eines im Prüfverfahren befindlichen Arztes. In einigen Veröffentlichungen der Anlage A sind 4 Zahlen durchgestrichen; aus allen Veröffentlichung ist das Datum der entsprechenden Vereinbarung der Beigeladenen nicht ersichtlich.
Für das Jahr 1999 haben die Kläger und die Beigeladenen zu 3-8) eine unter dem Datum des 29.09.1999 unterschriebene Folgevereinbarung getroffen, mit welcher die Budgetobergrenze erhöht wurde, die Anlagen A und B der Vereinbarung 1998 jedoch unverändert weiter gelten sollten. Diese Vereinbarung ist nicht veröffentlicht worden.
Mit Schreiben vom 26.06. und 09.10.2000 sowie 18.01. und 18.04.2001 wurden die Beigeladenen zu 1-2) darüber informiert, dass Anträge auf Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Arzneiverordnungsweise nach Maßgabe des Prüfverfahrens bei Überschreiten der Arzneimittelrichtgrößen für die 4 Quartale des Jahres 1999 gestellt worden seien.
Mit Bescheid vom 20.12.2001 (Sitzung vom 15.11.2001) lehnte der Prüfungsausschuss es ab, Arzneimittelregresse gegen die Beigeladenen zu 1 und 2) für die Quartale I/1999 bis IV/1999 zu verhängen.
Dagegen haben sowohl die Kläger als auch die Beigeladenen zu 3-7) Widerspruch erhoben.
Sie führten aus, es sei nicht plausibel, weshalb die Kosten für den "keine - Angaben" - Bereich abgezogen worden seien. Bei diesen Verordnungen handelt es sich vorwiegend um solche Arzneimittel, die zum therapeutischen Erscheinungsbild einer allgemein medizinisch ausgerichteten Praxis gehörten.
Mit Bescheid vom 08.01.2003 (Sitzung vom 28.11.2002) wies Widerspruche der Kläger und der Beigeladenen zu 3-7) zurück.
Mit ihrer Klage haben die Kläger vorgetragen, nach der Richtgrößenvereinbarung sei die Anerkennung als Praxisbesonderheit auf die unter Berücksichtigung der Aspekte des Preises und der Verordnungsmenge wirtschaftliche Versorgung begrenzt. Dies habe der Beklagte verkannt. Die Zuordnung der Kosten für Schmerztherapie/Analgetika und der Blutzuckermessstreifen als Praxisbesonderheiten sei fehlerhaft. Zwar hätten die Kosten für die Hilfsmittel in Abzug gebracht werden können; die zusätzliche Reduzierung der Richtgrößenüberschreitung um die in den "keine-Angaben-Fällen" enthaltenen Arzneimittelkosten sei aber unzulässig gewesen. Richtgrößenregresse dürften auch quartalsweise verhängt werden. Die Anerkennung von zwei Fällen als Praxisbesonderheit sei nicht nachvollziehbar gewesen. Ferner habe der Beklagte Teile der Kosten gleich mehrfach in Abzug gebracht.
Die Kläger haben beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 08.01.2003 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen.
Der Beklagte und die Beigeladende zu 1) und 2) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie halten den Bescheid des Beklagten für rechtmäßig.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht (SG) haben die Kläger und die Beigl. zu 3)-5) und 8) die jeweiligen Exemplare der für das Jahr 1998 getroffenen Vereinbarung vorgelegt. Diese waren jeweils von Vertretern aller Vertragspartner unterschrieben, allerdings ohne Datumsangabe. Die Anlage A enthielt keine durchgestrichenen Zahlen. Die Beigl. zu 8) hat die Vereinbarung für das Jahr 1999 vorgelegt. Diese weist das Datum 29.09.1999 und Unterschriften von Vertretern aller Vertragspartner aus.
Mit Urteil vom 26.11.2003 hat das SG Düsseldorf die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1999 sei aus mehreren Gründen unwirksam. Zum einen verstoße sie gegen Art. 17 GKV-SolG, denn den Richtgrößen komme eine präventive Steuerungsfunktion zu, die nur dann Wirkung entfallten könne, wenn die Richtgrößen bis spätestens zum 1. Halbjahr 1999 durch das Schiedsamt festgelegt worden seien. Die Vereinbarung für das Jahr 1999 sei aber erst Ende September 1999 geschlossen worden. Die Rechtswidrigkeit der Richtgrößenvereinbarung ergebe sich auch daraus, dass sie nicht veröffentlicht worden sei. Richtgrößenvereinbarungen seien - ebenso wie Prüfvereinbarungen - öffentlich-rechtliche Verträge mit Rechtsnormcharakter im Range untergesetzlichen Landesrechts, weil sie gegenüber den am Vertragsschluss nicht beteiligten Vertragsärzten unmittelbar rechtliche Außenwirkung entfalteten und Sanktionen rechtfertigten. Richtgrößenvereinbarungen würden deshalb erst dann wirksam, wenn die betroffenen Ärzte durch die in der Satzung vorgesehene Form, insbesondere durch Veröffentlichung in den jeweiligen Ärzteblättern, hiervon Kenntnis erhielten. Es sei von den Beigl. nicht dargelegt worden, warum die Vereinbarung für das Jahr 1998 - teilweise - veröffentlicht worden sei, jedoch nicht die Vereinbarung für das Jahr 1999. Selbst wenn man von einer Weitergeltung der Richtgrößenvereinbarung des Jahres 1998 für das Jahr 1999 ausgehen würde, so scheitert die Fortgeltung bereits daran, dass auch die Richtgrößen für das Jahr 1998 (Anlage B) nicht vollständig veröffentlicht worden seien. Die förmliche Veröffentlichung von untergesetzlichen Normen könne im Übrigen nicht durch das Übersenden von Informationen durch die Beigl. zu 8) ersetzt werden. Mangels Wirksamkeit der Richtgrößenvereinbarungen für die Jahre 1998 und 1999 entbehre der Beschluss der Beklagten einer rechtlichen Grundlage und sei deshalb aufzuheben.
Dagegen haben die Klägerin zu 1) und die Beigeladenen zu 5) und 8) Berufung eingelegt. Die Beigeladene zu 5) hat die Berufung zurückgenommen.
Zur Begründung haben die Berufungsführer auf ihre Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren Bezug genommen.
Die Klägerin zu 1) und die Beigeladene zu 8) beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.11.2003 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung seines Beschlusses vom 28.11.2002/08.01.2003 zu verurteilen, erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates zu entscheiden.
Der Beklagte und die Beigeladene zu 1) stellen keinen Antrag.
Sie halten das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Akten des SG Düsseldorf S 14 KA 117/03 ER und S 14 KA 118/03 haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Auf den Inhalt dieser Akten und der Streitakten wird - insbesondere hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten - ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen der Klägerin zu 1) und Beigeladenen zu 8) sind zulässig. Der Zulässigkeit der Berufung der Beigeladenen zu 8) steht nicht entgegen, dass sie gegen die Entscheidung des Beklagten keine Klage erhoben hat. Denn die für ihr Rechtsmittel erforderliche materielle Beschwer ergibt sich daraus, dass im Rahmen des anhängigen Streitverfahrens über die Gültigkeit von Bestimmungen der von der Beigeladenen zu 8) und den anderen Vertragspartnern vereinbarten Richtgrößenvereinbarung zu entscheiden ist (BSG, Urteil vom 17.09.1997 - 6 RKa 36/97).
Die Berufungen sind aber unbegründet. Das Sozialgericht (SG) hat den angefochtenen Bescheid des Beklagten zutreffend aufgehoben, da dieser Bescheid rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten gemäß § 54 Abs. 2 SGG verletzt. Denn der angefochtene Bescheid entbehrt einer Rechtsgrundlage. Die Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1999 ist unwirksam.
Der nunmehr beklagte gemeinsame Beschwerdeausschuss in seiner Zusammensetzung gemäß § 106 Abs. 4 ff. SGB V in der Fassung des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes vom 27.12.2003 (BGBl. I S. 3013) ist auch der richtige Beklagte. Zwar hat er den angefochtenen Bescheid nicht erlassen, aber er führt die Aufgaben und Geschäfte des Beschwerdeausschusses in der bis zum 31.12.2003 gemäß § 106 SGB V vorgeschriebenen Besetzung fort.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein der Bescheid des Beklagten vom 08.01.2003 (Sitzung vom 28.11.2002). Die unter dem Datum vom 17.12.2003 gestellten Anträge auf Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungstätigkeit nach Durchschnittswerten sind in keiner Weise Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Dies ergibt sich einerseits aus § 96 SGG, wonach nur ergänzende oder abändernde Bescheide Gegenstand des Verfahrens werden können, solche Bescheide sind aber - wie die Bevollmächtigte des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat mitgeteilt hat - noch nicht ergangen. Andererseits ergibt sich auch aus der Systematik der dem Prüfungsverfahren zugrundeliegenden Prüfvereinbarung, dass es sich bei den in §§ 12 ff. geregelten Prüfverfahren um jeweils selbständig zu behandelnde Prüfverfahren handelt. Denn diese Prüfverfahren sind hinsichtlich der Eröffnung des Prüfverfahrens (von Amts wegen oder auf Antrag), der Antragsfristen, der Verpflichtung zur Kürzung bzw. einer Kürzung unter Ausübung eines pflichtgemäßen Ermessens völlig unterschiedlich ausgestaltet. Der Senat braucht deshalb auch nicht zu entscheiden, ob die Anträge aus Dezember 2003 noch fristgerecht gestellt worden sind.
Der Bescheid des Beklagten ist rechtswidrig. Es fehlt an einer wirksamen Rechtsgrundlage für einen Regress verordneter Arzneimittel wegen Überschreitens der Richtgrößensumme, die sich aus dem Produkt der Fallzahl und der arztgruppenspezifischen Richtgröße errechnet.
Rechtsgrundlage für die sogenannte Richtgrößenprüfung ist § 106 Abs. 1, 2 Nr. 2, 3 und 5 a SGB V i.V.m. § 84 Abs. 3 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 19.12.1998 (BGBl. I S. 3853). Aus diesen Vorschriften ergibt sich, dass das Richtgrößenprüfungsverfahren Teil der Wirtschaftlichkeitsprüfung ist. Ferner ergibt sich aus § 84 SGB V, dass die Vertragspartner eine entsprechende Vereinbarung zu treffen haben. Dazu bestimmt Art. 17 GKV-SolG, dass die entsprechenden Vereinbarungen bis zum 31.03.1999 vollständig zustande kommen müssen. Soweit dies nicht der Fall ist, hat das Schiedsamt den Vertragsinhalt bis zum 30.06.1999 festzustellen.
Die Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1999 vom 29.09.1999 ist aus mehreren Gründen unwirksam. Einerseits ergibt sich die Unwirksamkeit der Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1999 - wie das SG bereits ausgeführt hat - daraus, dass die Vertragspartner gegen Art. 17 GKV-SolG verstoßen haben. Denn nach dieser Bestimmung muss eine entsprechende Richtgrößenvereinbarung bis zum 31.03.1999 von den Vertragspartnern vereinbart bzw. bis zum 30.06.1999 vom Schiedsamt bestimmt worden sein. Sinn und Zweck einer entsprechenden Richtgrößenvereinbarung ist es primär, dass die betroffenen Vertragsärzte möglichst vor Beginn des Kalenderjahres ihr entsprechendes Verordnungsvolumen kennen. Denn die Richtgrößen und die daran anknüpfenden Konsequenzen sollen das Verordnungsverhalten des Vertragsarztes regelnd beeinflussen. Eine derartige Steuerungsqualität können Richtgrößenvereinbarungen aber nur dann entfalten, wenn sie vor Beginn des Kalenderjahres oder für das Jahr 1999 aufgrund der Sonderregelung in Art. 17 GKV-SolG spätestens bis zur Mitte des Kalenderjahres vereinbart und bekannt gemacht worden sind. Ansonsten entfalten sie hinsichtlich der als Jahresbudget zu vereinbarenden Richtgrößen eine unzulässige Rückwirkung und sind bereits deshalb unwirksam (vgl. dazu LSG Berlin, Urteil vom 25.02.2004 - L 7 KA 3/03).
Die Unwirksamkeit der Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1999 ergibt sich ferner aus einem Verstoß gegen § 13 der Satzung der Beigeladenen zu 8). Danach erfolgen Bekanntmachungen, durch welche Pflichten der Mitglieder begründet werden, durch Veröffentlichung im Rheinischen Ärzteblatt. Richtgrößenvereinbarungen sind - ebenso wie Prüfvereinbarungen - öffentlich-rechtliche Verträge mit Rechtsnormcharakter im Range untergesetzlichen Landesrechts (BSG, Urteil vom 27.06.2001 - B 6 KA 66/00 R), denn sie entfalten gegenüber den am Vertragsschluss nicht beteiligten Vertragsärzte unmittelbare rechtliche Außenwirkung. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus § 106 Abs. 5 a SGB V. Bei einem Überschreiten der Richtgrößen um mehr als 15 v.H. sind von Amts wegen Prüfungen durchzuführen; bei einer Überschreitung von mehr als 25 v.H. hat der Vertragsarzt den sich daraus ergebenden Mehraufwand zu erstatten, also unterliegt unmittelbar einem Regress. Insoweit wird deutlich, dass die Bestimmung der arztgruppenspezifischen Richtgrößen in der Richtgrößenvereinbarung für ein bestimmtes Kalenderjahr - hier für das Jahr 1999 - unmittelbar in die Rechte und Pflichten der Vertragsärzte eingreift, da die entsprechende arztgruppenspezifische Richtgröße als wesentlicher Faktor für die Berechnung der Überschreibung der Richtgrößensumme hinsichtlich der Einleitung eines Prüfverfahrens bzw. der Verhängung eines Regresses gegen den Vertragsarzt von elementarer Bedeutung ist.
Die Pflicht zur Veröffentlichung ergibt sich weiterhin auch daraus, dass nach der Vereinbarung der Vertragspartner die Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1999 Teil der Prüfvereinbarung ist, bezüglich derer eine Veröffentlichungspflicht durch die Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) festgestellt worden ist.
Die Veröffentlichung kann - entgegen der Ansicht der Beigeladenen zu 8) - auch nicht dadurch ersetzt werden, dass den Vertragsärzten zuvor Informationen (sogenannte Trends) übermittelt worden sind. Zwar geht der Senat davon aus, dass den Vertragsärzten im Jahr 1999 die Höhe der Richtgrößen bereits vor dem 29.09.1999 im Wesentlichen bekannt war, jedoch ersetzt eine derartige Kenntnis aufgrund von Informationen keine Veröffentlichung im Sinne von § 13 der Satzung der Beklagten. Insoweit fehlt es an einer entsprechenden Rechtsgrundlage, aus der sich ergeben könnte, dass für die Geltung eines Normsetzungsvertrages eine Information durch sogenannte Trends ausreichend ist.
Der Unwirksamkeit der Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1999 steht auch nicht § 84 Abs. 4 in der Fassung des Gesetzes vom 19.12.1998 (BGBl. I S. 3853) entgegen. Danach gelten das Budget nach Abs. 1 und die Richtgrößen nach Abs. 3 bis zum Inkrafttreten von Folgevereinbarungen weiter. Diese Regelung, die zuvor Abs. 5 von § 84 SGB V war, entfaltet für das Jahr 1999 keine dahingehende Wirkung, dass die Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1998 weiterhin wirksam ist.
Dies ergibt sich einerseits aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber durch Art. 17 GKV-SolG eine Sonderregelung geschaffen hat, die von ihrem Grundsatz her, die Vertragspartner zwingen sollte, bis spätestens zum Ende des I. Quartals des Jahres 1999 eine entsprechende Richtgrößenvereinbarung zu beschließen. Darüberhinaus ist auch durch Art. 16 GKV-SolG eine Neubestimmung des Arzneimittelbudgets angeordnet worden, die es ihrerseits wiederrum für erforderlich macht, dass die entsprechenden Richtgrößen angepasst werden.
Selbst wenn man jedoch eine Weitergeltung der Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1998 aufgrund der Bestimmung in § 84 Abs. 4 SGB V annehmen sollte, so führt dies nicht zur Wirksamkeit der Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1999, da auch die Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1998 nicht ordnungsgemäß veröffentlicht worden ist. Einerseits enthält die in Rheinischen Ärzteblatt 8/1998, S. 57 bis 61 vorgenommene Teilveröffentlichung der Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1998 weder ein Datum des Vertragsschlusses noch die Namen der Personen, die für die Vertragspartner unterzeichnet haben. Darüberhinaus ist von einer Veröffentlichung der Anlage B völlig abgesehen worden. Gerade in der Anlage B sind jedoch die arztgruppenspezifischen Richtgrößen bestimmt worden, die in erster Linie für die betroffenen Vertragsärzte sowie für die steuernde Funktion der Richtgrößen von Bedeutung sind. Damit ist gerade die einzig relevante Zahl nicht bekannt gegeben worden.
Eine Weitergeltung der Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1997 bis in das Kalenderjahr 1999 hinein ist von keinem am Verfahren Beteiligten ernsthaft vorgetragen worden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist vielmehr von den Bevollmächtigten der Beigeladenen spontan erklärt worden, dass es für das Jahr 1997 gar keine Richtgrößenvereinbarung gab.
Die Kostenentscheidung erfolgt gemäß § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 VwGO.
Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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