L 9 AL 239/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 35 AL 1953/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 239/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 28. April 2000 wird zurückgewiesen.
II. Auf die Klage hin wird der Leistungsbescheid vom 12./22. Oktober 1998 aufgehoben.
III. Die Beklagte hat der Klagepartei die notwendigen außergerichtlichen Kosten des zweiten Rechtszuges zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Pflicht zur Entrichtung von Winterbauumlage.

Die jetzige Gemeinschuldnerin wurde am 01.01.1990 als "G. -GmbH, EDV-Doppelböden" in R. gewerblich angemeldet mit der Tätigkeit:"Herstellung, Vertrieb und Einbau von Doppelböden für EDV-Anlagen und Schaltwarten usw."

Die Tätigkeit ist zu beschreiben wie folgt: Auf einem bereits fertig gestellten Innenboden wird eine Unterkonstruktion angebracht, die aus Aluminium-Profilen auf Stahlstützen besteht. Darauf wird eine Spanplatte befestigt, welche nach oben hin mit einem gebräuchlichen Bodenbelag belegt und unterseitig mit Feinblech beschichtet ist. Im so entstandenen Hohlraum lassen sich Schaltsysteme, insbesondere EDV-Anlagen, installieren und notwendige Verschaltungen anbringen. Die Gemeinschuldnerin hat im Wesentlichen EDV-Doppelböden angebracht und zwar größtenteils in gewerblichen Räumen und ärztlichen Praxen.

Der Außendienst des Arbeitsamts Rosenheim kam aufgrund einer Betriebsbesichtigung vom 14.03.1997 sowie der ihm vorgelegten Produktbeschreibungen zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Tätigkeit der GmbH um eine Tätigkeit im Sinne von § 1 Abs.2 Nr.36 der Baubetriebe-Verordnung vom 28.10.1980 handele, nämlich: "Trocken- und Montagebauarbeiten (z.B. Wand- und Deckenbau und -Verkleidungen einschließlich des Anbringens von Unterkonstruktionen und Putzträgern)".

Das Landesarbeitsamt Südbayern erließ am 23.05.1997 einen Grundlagenbescheid. Die GmbH erbringe seit Betriebsbeginn baugewerbliche Leistungen im Sinne von § 75 Abs.1 Nr.2 AFG in Verbindung mit § 1 Abs.2 Nr.36 der Baubetriebe Verordnung und beschäftige hierzu gewerbliche Arbeitnehmer. Es bestehe daher nach § 186 a AFG in Verbindung mit § 1 der Wintergeld-Umlageverordnung vom 13.07.1972 Umlagepflicht, die unter Beachtung der Verjährungsvorschriften für die Zeit ab Dezember 1992 geltend gemacht werde.

Die GmbH erhob mit Schreiben vom 23.06.1997 Widerspruch.

Das Landesarbeitsamt verpflichtete die GmbH mit Bescheid vom 08.09.1997 zur Entrichtung von Winterbauumlage für den Zeitraum vom 01.12.1992 bis 31.07.1997 in Höhe von 33.600,- DM zuzüglich Mahngebühr von 100,- DM.

Auch hiergegen erhob die GmbH mit Schreiben vom 16.09.1997 Widerspruch.

Sie machte im Widerspruchsverfahren geltend: Der Betrieb sei unter die "Fußboden- und Parkettlegerei" zu rechnen, wofür in § 2 Nr.4 der Baubetriebe-Verordnung die Winterbauförderung ausgeschlossen sei. Unabhängig davon gehöre der Betrieb der Sache nach zu einer Gruppe von Betrieben, deren Tätigkeit durch Maßnahmen der Winterbauförderung nicht gefördert bzw überhaupt beeinflusst werden könne. Dies ergebe sich daraus, dass die Verlegung von Doppelböden immer in bereits fertig gestellten und abgeschlossenen Innenräumen stattfinde, die bereits beheizt oder jedenfalls zumindest beheizbar seien. Dies müsse so sein. Wegen der durchzuführenden Klebearbeiten setze die DoppelbodenVerlegung Trockenheit und eine gewisse Mindesttemperatur voraus.

Das Landesarbeitsamt hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.1997 als unbegründet zurückgewiesen. Die Ausnahmevorschrift des § 2 Nr.4 der Baubetriebe-Verordnung treffe auf die GmbH nicht zu. Es handele sich bei deren Tätigkeit um keine Fußboden- und Parkettlegerei im Sinne dieser Bestimmung. Während nämlich die Fußboden- und Parkettbodenlegerei lediglich dazu diene, Innenräume auszustatten und bereits vorhandene Teile eines Bauwerks zu nutzen, führe die von der Widerspruchsführerin betriebene Verlegung von Doppelbodenplatten dazu, die jeweiligen Räumlichkeiten ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung zuzuführen, indem die Voraussetzungen für eine Verlegung von Kabeln oder sonstigen Leitungen geschaffen würden. Die geltend gemachte Witterungsunabhängigkeit der Arbeitsplätze sei für die Beurteilung der Zugehörigkeit zur Baubetriebe-Verordnung ohne Bedeutung.

Dagegen hat die GmbH am 22.12.1997 Klage zum Sozialgericht München erhoben.

Während des Klageverfahrens hat die Beklagte mit Leistungsbescheid vom 27.01.1998 Winterbauumlage für den Zeitraum vom 01.08.1997 bis 30.11.1997 in Höhe von 2.800,- DM zuzüglich Mahngebühr von 14,50 DM sowie Säumniszuschlägen von 1.008,- DM insgesamt 3.822,50 DM geltend gemacht, des Weiteren mit Leistungsbescheid vom 12.10.1998/22.10.1998 Winterbauumlage für den Dezember 1997 in Höhe von 700,- DM zuzüglich Mahngebühr von 4,- DM. Mit Bescheid vom 26.06.1998 hatte die Beklagte festgestellt, dass die GmbH ab 01.01.1998 nicht mehr winterbauumlagepflichtig sei, da sie seit diesem Zeitpunkt ausschließlich baufremde Vertriebstätigkeiten ausführe.

Im Klageverfahren hat die GmbH ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Die Beklagte hat auf ein Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 29.03.1993, Az.:16 Sa 1774/92 verwiesen, wonach ein Betrieb, dessen Gegenstand die Anbringung von Doppelböden sei, sozialkassenpflichtig nach dem Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe sei.

Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 28.04.2000 G. H. von der Handwerkskammer Mittelfranken als Sachverständigen gehört und mit Urteil vom gleichen Tag die Bescheide der Beklagten vom 23.05.1997 und 08.09.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.1997 und der Bescheide vom 27.01.1998 und 16.06.1998 aufgehoben. Zwar falle der Betrieb der Klägerin unter die Baubetriebe-Verordnung, wobei offen bleiben könne, ob unter § 1 Abs.2 Ziff.36 ("Trocken- und Montagearbeiten, z.B. Wand- und Deckeneinbau und -Verkleidungen einschließlich des Anbringes von Unterkonstruktionen und Putzrägern") oder unter Nr.37 ("Verlegen von Bodenbelägen in Verbindung mit anderen baulichen Leistungen"). Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei ein Betrieb gleichwohl dann von der Umlagepflicht zur produktiven Winterbauförderung auszunehmen, wenn innerhalb eines der in der Baubetriebeverordnung ausgeführten Gewerbezweige eine nennenswerte und abgrenzbare Gruppe von Betrieben erkennbar sei, die durch Leistungen der Winterbauförderung nicht wesentlich gefördert werden könne und der fragliche Betrieb zu einer solchen Gruppe gehöre. Die maßgeblichen Kriterien hierfür seien dem zuletzt hierzu ergangenen Urteil des BSG vom 30.01.1996 (SozR 3-4100 § 186 a Nr.6) zu entnehmen. Gemessen an diesen Kriterien gehöre der Betrieb der Klägerin als ein Betrieb, dessen Gegenstand das Verlegen von Doppelböden sei, zu einer solchen Gruppe.

Die Beklagte hat Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt.

Während des Berufungsverfahrens wurde über das Vermögen der bisherigen Klägerin das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt M. zum Insolvenzverwalter bestellt.

Die Beklagte und Berufungsklägerin trägt im Wesentlichen vor: Nach den vom BSG vom 30.01.1996 a.a.O. hierzu entwickelten Kriterien könne von einer abgrenzbaren und nennenswerten Gruppe von Betrieben, deren Einbeziehung in die Winterbauförderung die ganzjährige Bautätigkeit nicht beleben könne, nur die Rede sein, wenn sich eine derartige Gruppe in einem Bundesverband gleichartiger Unternehmen organisiert habe.

Sie beantragt, das Urteil des Sozialgericht München vom 28.04.2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er beantragt ferner, auch den Bescheid der Beklagten vom 12.10.1998/22.10.1998 aufzuheben, wogegen die Beklagte keine Einwendungen erhoben hat.

Im Wesentlichen wiederholt er den bisherigen Vortrag der Klageseite.

Der Senat hat die Akten des SG und der Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der gesamten Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere statthafte und form- wie fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist unbegründet. Auf die im Verfahren vor dem Senat erweiterte Klage hin war auch der Leistungsbescheid der Beklagten vom 12.10.1988/22.10.1998 aufzuheben. Die ursprüngliche Klägerin, jetzige Gemeinschuldnerin, war nicht zur Entrichtung von Winterbauumlage verpflichtet.

Maßgebliche gesetzliche Grundlage ist das AFG, maßgebliche Verordnungsgrundlage die Baubetriebe-Verordnung vom 28.10.1980.

Ansprüche auf Leistungen aus der produktiven Winterbauförderung hatten nach § 76 Abs.1 Arbeitgeber des Baugewerbes, in deren Betrieben die ganzjährige Beschäftigung zu fördern war. Umgekehrt traf auch nur Arbeitgeber des Baugewerbes, in deren Betrieben die ganzjährige Beschäftigung zu fördern waren, nach §§ 186 a AFG i.V.m. § 1 der Winterbau-Umlageverordnung vom 13.07.1972 die Pflicht zur Entrichtung der Winterbauumlage. Die Begriffsbestimmung, welches "Arbeitgeber des Baugewerbes" waren, traf § 75 Abs.1 AFG. In welchen Zweigen des Baugewerbes die ganzjährige Beschäftigung zu fördern war, wurde nach § 76 Abs.2 Satz 1 AFG durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung bestimmt. Nach § 76 Abs.2 Satz 2 AFG hatte der Verordnungsgeber zu berücksichtigen, ob durch die Einbeziehung von Betrieben in die Baubetriebe-Verordnung die Bautätigkeit in der Schlechtwetterzeit voraussichtlich in wirtschafts- oder sozialpolitisch erwünschter Weise belebt werden wird. Er sollte nach Möglichkeit den fachlichen Geltungsbereich tariflicher Regelungen berücksichtigen (§ 76 Abs.2 Satz 4 AFG).

Das bedeutet: Es können einerseits nur solche Betriebe überhaupt förderungsfähig und damit umlagepflichtig sein, die in den jeweiligen Baubetriebe-Verordnungen dem Gegenstand nach aufgeführt sind. Soweit die gesetzliche Verordnungsermächtigung dem Verordnungsgeber einen Spielraum belässt, soll dieser bei der Einbeziehung von Betrieben in die Baubetriebe-Verordnung nach Möglichkeit den fachlichen Geltungsbereich tariflicher Regelungen berücksichtigen. Mit Rücksicht hierauf entsprechen die in der Baubetriebe-Verordnung aufgeführten förderungsfähigen Betriebe den unter Abschnitt IV und V des Tarifvertrages für das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe ihrer Art nach aufgeführten Betrieben. Insoweit lässt sich auch die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung zur Konkretisierung heranziehen.

Andererseits ist der Anwendungsbereich der Baubetriebe-Verordnung durch die Vorgaben der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage eingeschränkt. Betriebe, mögen sie auch, ggf. im Gleichklang mit dem Tarifvertragsrecht, ihrem Gegenstand nach unter § 1 Abs.2 bis 4 der Baubetriebe-Verordnung fallen, sind nicht förderungsfähig, wenn sie keine Bauleistungen im Sinne der allgemein in § 75 Abs.1 AFG gegebenen Definition erbringen (BSG vom 09.12.1997 SozR 3-4100 § 186a Nr.8, vom 24.06.1999, Az.: B 11/10 AL 7/98 RS.5, s. auch die Verweisung in § 1 Abs.1 der Baubetriebe-Verordnung in der Fassung vom 28.10.1980); desgleichen nicht Betriebe, die ihrem Gegenstand nach zu einer abgrenzbaren und nennenswerten Gruppe von Betrieben gehören, deren Einbeziehung in die Winterbauförderung die Bautätigkeit in der Schlechtwetterzeit nicht entsprechend der Zielsetzung des § 76 Abs.2 Satz 2 AFG voraussichtlich belebt (BSG seit dem Urteil vom 17.07.1979 SozR 4100 § 186 a Nr.7, s.a. § 1 Abs.5 der Baubetriebe-Verordnung in der Fassung vom 13.12.1996, Bundesgesetzblatt I Seite 1954).

Danach ist der Beklagten zwar zuzugestehen, dass die Gemeinschuldnerin bis zum 31.12.1997 Arbeitgeberin des Baugewerbes im Sinne von § 75 Abs.1 Nr.3 AFG war. Insofern, als erst die von ihr im Rahmen des Ausbaus von Bauwerken betriebene Verlegung von Doppelbodenplatten dazu führte, die jeweiligen Räumlichkeiten ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung zuzuführen, indem damit die Voraussetzungen für eine Verlegung von Kabeln geschaffen wurden, war sie an der "Herstellung" von Bauwerken beteiligt (BAG vom 07.04.1993 AZ.: 10 AZR 618/90). Aus diesem Grund fiel sie auch nicht unter die nach § 2 Nr.4 der Baubetriebe-Verordnung ausgeschlossenen Betriebe der Fußboden- und Parkettlegerei (vgl. GK Rdz.54 zu § 76 AFG).

Des Weiteren ist der Beklagten zuzugestehen, dass die Tätigkeit der Gemeinschuldnerin bis 31.12.1997 ihrem Gegenstand nach unter § 1 Abs.2 der Baubetriebe-Verordnung vom 28.10.1980 fiel. Das Bundesarbeitsgericht ordnet das Verlegen von Doppelböden auf höhenverstellbaren Stützen den Trocken- und Montagebauarbeiten im Sinne des Abschnitts V Nr.37 VTV (§ 1 Abs.2 Nr.36 der Baubetriebe-Verordnung vom 28.10.1980) zu, allenfalls hilfsweise dem Verlegung von Bodenbelägen in Verbindung mit anderen baulichen Leistungen nach Nr.38 VDV (Nr.37 der Baubetriebe-Verordnung). Der vom SG gehörte Sachverständige hat hierzu bekundet, dass die Grenzen insoweit fließend verliefen, wobei er eher dazu neige, die Tätigkeit der Klägerin dem Verlegen von Bodenbelägen in Verbindung mit anderen baulichen Leistungen nach § 1 Abs.2 Nr.37 der Baubetriebe-Verordnung zuzuordnen, da der Raum unmittelbar nach dem Einbau der Doppelböden genutzt werden könne, was für typische Trockenbauarbeiten nicht gelte. Die Zuordnung des BAG stellt sich eher begrifflich dar, während der Sachverständige offenbar vom Sprachgebrauch in der Praxis ausgeht.

Es kann dies aber offen bleiben, da der Betrieb der Gemeinschuldnerin, solange sie - bis Ende 1997 - überhaupt bauliche Leistungen erbrachte, zu einer abgrenzbaren und nennenswerten Gruppe von Betrieben gehörte, durch deren Einbeziehung in die Winterbauförderung die Bautätigkeit in der Schlechtwetterzeit nicht belebt werden konnte.

Dies ergibt sich aus der Aussage des in erster Instanz gehörten berufskundlichen Sachverständigen: Gleich, ob man den Betrieb der Klägerin seinem Gegenstand nach den Trocken- und Montagebauarbeiten im Sinne des § 1 Abs.2 Nr.36 der Baubetriebe-Verordnung oder dem Verlegen von Bodenbelägen in Verbindung mit anderen baulichen Leistungen nach § 1 Abs.2 Nr.37 der Baubetriebeverordnung zuordne, handele es sich bei der Klägerin um einen Betrieb, der sich auf bestimmte Bauleistungen spezialisiert habe und als solcher im streitigen Zeitraum Angehöriger einer eigenständigen Gruppe gewesen sei. Bei den Firmen, die, wie die Klägerin, Doppelböden verlegten, handele es sich um eine spezielle Gruppe des Baugewerbes. Das Verlegen von Doppelböden, von dem hier die Rede sei und wie es die Klägerin betrieben habe, sei eine witterungsunabhängige Tätigkeit. Voraussetzung sei eine trockene und temperierte Baustelle, die nicht durch bauliche Schutzmaßnahmen im Rahmen der Winterbauförderung erreicht werden könne. Die Gebäude müssten bereits fertiggestellt sei. Das Einbauen der Doppelböden erfolge erst, nachdem die Malerarbeiten abgeschlossen seien. Es würden derzeit jährlich im Bundesgebiet etwa 260 Millionen Quadratmeter Böden verlegt, davon zwei bis drei Millionen Doppelböden, mit der Tendenz eher sinkend. Maximal 300 Betriebe verlegten Doppelböden.

Der Senat hat keinen Anlass, an den Sachaussagen des Sachverständigen zu zweifeln. Dieser erscheint in hohem Maße für die hier maßgebliche berufskundliche Fragestellung geeignet. Er ist Sachverständiger für die Handwerkskammer Mittelfranken, unterrichtet nach seinen Angaben für den Bereich Hohlraum- und Doppelböden in der Bayerischen Bau-Akademie in Feuchtwangen, sei vormals auch in der Privatwirtschaft z.B. als Leiter der Anwendungstechnik tätig gewesen und kenne daher die praktischen Probleme der Branche. Die Beklagte und Berufungsklägerin hat auch die Aussagen des Sachverständigen nicht ernsthaft in Zweifel gestellt und auch keinen Gegenbeweis angeboten.

Danach gehörte aber nach den zuletzt hierfür vom BSG im Urteil vom 30.01.1996 (SozR 3-4100 § 186 a Nr.6) aufgestellten Kriterien die Gemeinschuldnerin nicht zu den nach den §§ 75, 76, 186 a AFG förderungsfähigen und damit umlagepflichtigen Betrieben.

Von Bedeutung ist zunächst, dass das BSG in diesem Urteil ausdrücklich vom Abstellen auf einen bestimmten zahlenmäßigen Umfang abgrenzbarer witterungsunabhängiger Betriebe oder auf Zahlenverhältnisse zwischen den verschiedenen Vergleichsgruppen innerhalb eines in der Baubetriebeverordnung ausgeführten Baugewerbezweiges abgerückt ist, da sich solches nicht sinnvoll durchführen lasse (BSG a.a.O. S.23).

Als für den Fall der Gemeinschuldnerin von Bedeutung hat das BSG (a.a.O. S.27) ausgeführt:"Wenn sich im Wirtschaftsleben eine bestimmte, einheitliche, nicht mehr als bloß zufällige Ansammlung zu vernachlässigende, dauerhafte Gruppe etabliert hat, deren Mitgliedsbetriebe sämtlich nicht oder allenfalls in zu vernachlässigendem Ausmaß witterungsabhängig sind; als Indizien für das Vorliegen einer derartigen Gruppe könnte gelten, dass sich ein Bundesverband gleichartiger Unternehmen gebildet hat".

Das bedeutet entgegen der Auffassung der Beklagten und Berufungsklägerin nicht, dass das BSG im Umkehrschluss das Vorliegen einer abgrenzbaren Gruppe von Betrieben, deren Einbeziehung in die Winterbauförderung die Bautätigkeit in der Schlechtwetterzeit nicht in erheblichem Maße belebt, verneint wissen will, wenn sich kein Bundesverband gleichgearteter Unternehmen gebildet hat. Auf ein solches Organisationserfordernis ist auch nicht daraus zu schließen, dass das BSG in der o.g. Passage darauf abstellt, ob sich im Wirtschaftsleben eine bestimmte, einheitliche, nicht mehr als bloß zufällige Ansammlung zu vernachlässigende, dauerhafte Gruppe etabliert hat, deren " Mitgliedsbetriebe" sämtlich nicht oder allenfalls in zu vernachlässigendem Ausmaß witterungsabhängig seien; würde das BSG damit auf ein formales Organisationserfordernis abstellen, so würde es diese Ausführungen nicht dahingehend erläutern, dass als Indizien für das Vorliegen einer derartigen Gruppe gelten könnte, dass sich ein Bundesverband gleichartiger Unternehmen gebildet habe.

Vielmehr sind maßgeblich die inhaltlichen Kriterien. Es kommt also darauf an, ob sich im Wirtschaftsleben eine Gruppe von Betrieben gebildet hat, die in gleicher Weise, d.i. wegen ihres gleichartigen betrieblichen Gegenstandes - und dadurch als Gruppe abgrenzbar - nicht oder praktisch nicht witterungsabhängig sind. Hierüber können die Aussagen eines berufskundlichen Sachverständigen, zumal eines solchen, der sich - gerade wie H. - in der spezifischen Branche auskennt, zuverlässige Auskunft geben, wohingegen entsprechend den Ausführungen des BSG das Vorliegen eines Unternehmensverbandes tatsächlich nur indiziellen Wert haben kann, nachdem sich Verbände des Wirtschaftslebens aus den unterschiedlichsten Gründen heraus bilden.

Dass es eine Gruppe von Betrieben des Baugewerbes gibt, die sich gerade auf das Verlegen von Doppelböden spezialisiert hat, deren Tätigkeit aus ganz bestimmten gleichgelagerten Gründen nicht witterungsabhängig ist, zu der nach den von der Beklagten und Berufungsklägerin selbst angestellten Ermittlungen auch die Gemeinschuldnerin gehört hat, hat aber der Sachverständige unmissverständlich und schlüssig zum Ausdruck gebracht.

Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen und der Klage stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein Anlass, die Revision nach § 160 Abs.2 Nr.1 oder Nr.2 SGG zuzulassen, bestand nicht. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und das Urteil des Senats weicht nicht ab von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht auf dieser Abweichung.
Rechtskraft
Aus
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