Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 P 107/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 P 4/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 06. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Pflegegeld nach Pflegestufe I ab Februar 2002 streitig.
Die 1985 geborene Klägerin, die an einem cerebralen Anfallsleiden mit psychischer Entwicklungsstörung leidet, beantragte am 13.07.1995 Leistungen der Pflegestufe I.
Der Medizinische Dienst der Krankenkassen in Bayern (MDK) kam in seinem Gutachten vom 15.09.1995 zu dem Ergebnis, Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe I läge nicht vor, woraufhin eine Leistungsbewilligung abgelehnt wurde.
Nach einer erneuten Antragstellung vom 04.02.1997 wurde nach Einholung eines weiteren MDK-Gutachtens vom 26.03.1997 ebenfalls eine Leistungsbewilligung abgelehnt.
Ebenso wurde ein erneuter Leistungsantrag vom 16.07.1997 nach Einholung eines MDK-Gutachtens vom 26.10.1998 abgelehnt.
Am 19.02.2002 stellte die Klägerin erneut einen Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung.
Der MDK kam in seinem Gutachten vom 05.06.2002 erneut zu dem Ergebnis, Pflegestufe I läge nicht vor, nachdem im Bereich der Grundpflege ein Zeitbedarf von 19 Minuten täglich und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung ein solcher von 60 Minuten täglich festgestellt worden war.
Mit Bescheid vom 14.06.2002 wurde daraufhin erneut eine Leistungsgewährung abgelehnt.
Mit dagegen erhobenem Widerspruch wurde geltend gemacht, die Klägerin sei 80 v.H. geistig behindert und brauche Anleitungen für alle Lebensbereiche. Sie könne sich allein nicht orientieren und brauche immer Begleitung. Haare waschen könne sie alleine, allerdings müsse ihr immer gesagt werden, was danach folge. Zähneputzen würde sie ebenfalls alleine verrichten können, aber auch hier müsse ihr gesagt werden, was getan werden müsse. Dasselbe gelte für das Essen. Sie könne kein Brot schneiden, weshalb dieses mundgerecht vorbereitet werden müsse. Nach einem Anfall sei ständige Betreuung notwendig, da sie körperlich sehr schwach sei.
Nach Einholung eines MDK-Gutachtens nach Aktenlage vom 24.07.2002 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.08.2002 den Widerspruch als unbegründet zurück und stützte sich dabei auf die Ergebnisse der eingeholten Gutachten.
Zur Begründung der Klage hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt, ihre Mutter erbringe erhebliche Mehrleistungen, die bislang nicht berücksichtigt worden seien.
Nach Beiziehung der Schwerbehindertenakte der Klägerin und Befundberichten von Dr.R. und Unterlagen der privaten Förderschule Lebenshilfe e.V. hat das Gericht Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Frau Dr.F ... In ihrem Gutachten vom 12.08.2003 kam die Sachverständige zusammengefasst zu dem Ergebnis, im Bereich der Grundpflege läge ein Gesamthilfebedarf von 48 Minuten täglich vor und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung ein solcher von 60 Minuten, insgesamt also ein Pflegebedarf von 108 Minuten. Die Voraussetzungen der Pflegestufe I lägen somit vor.
Dem Gutachtensergebnis hat sich die Beklagte nicht anzuschließen vermocht. Die Sachverständige habe bei der monatlichen Regelblutung einen Hilfebedarf berücksichtigt. Dieser Hilfebedarf fände nach höchstrichterlicher Rechtsprechung keine Wertung (BSG-Urteile vom 29.04.1999, Az.: B 3 P 7/98 R, Az.: B 3 P 13/98 R). Verrichtungen, die nicht wenigstens einmal wöchentlich vorkommen würden, könnten nicht zum würdigen Hilfebedarf zugezählt werden. Des Weiteren finde die Ermahnung an die Klägerin beim Essen, nicht die Finger, sondern das Besteck zu nutzen, keine Berücksichtigung. Laut BSG-Urteil vom 26.11.1998 Az.: B 3 P 12/97 R würden die allgemeine Verfügbarkeit und die Einsatzbereitschaft der Pflegeperson und deren Aufforderung an den Behinderten zur Durchführung bestimmter Verrichtungen (mögen sie auch im Laufe des Tages immer wieder notwendig werden und in ihrer Summierung durchaus auch eine nervliche Belastung für die Pflegeperson darstellen) keine nach § 14 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) zu berücksichtigende Hilfeleistung darstellen, weil sie mit keiner derartigen Bindung der Pflegeperson einhergehen würden. Auch die Verhinderung von übermäßigem Essen finde keine Berücksichtigung. Das BSG habe hierzu in seinem Urteil vom 28.06.2001, Az.: B 3 P 7/00 R, festgestellt, dass es sich hierbei um eine allgemeine Aufsicht zur Vermeidung einer Selbstgefährdung durch übermäßiges Essen, vergleichbar einer Aufsicht zur Vermeidung von aktiv-aggressiven Verhaltensweisen, handele. Es würden also die Hilfen bei der Monatsblutung (2 Minuten täglich) und der Nahrungsaufnahme (15 Minuten täglich) entfallen. Somit verbleibe ein grundpdflegerischer Hilfebedarf von 31 Minuten pro Tag.
Mit Urteil vom 06.10.2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Kammer habe im Ergebnis keinerlei Zweifel, dass der von der ärztlichen Sachverständigen beschriebene Hilfebedarf von der Pflegeperson der Klägerin, ihrer Mutter, geleistet werde und dass auch der zeitliche Umfang der von der Sachverständigen berücksichtigten Zeiten zutreffend sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin im häuslichen Bereich relativ selbständig und in ihrer Beweglichkeit völlig uneingeschränkt sei und damit grundsätzlich alle Verrichtungen der Grundpflege selbst vornehmen könne. Aufgrund ihrer geistigen Fähigkeiten bedürfe die Klägerin jedoch sicher der Anleitung und der Hilfe in dem von der Gutachterin beschriebenen Ausmaß. Die rechtlichen Schlüsse jedoch, die aus dem Gutachten zu ziehen seien, also welche Zeiten rechtlich im Rahmen der Grundpflege zu berücksichtigen seien, habe aber allein die Kammer zu treffen. Im Ergebnis folge die Kammer den Einwendungen der Beklagten. Ein Hilfebedarf bei der Klägerin während der Tage ihrer Menstruation sei nicht berücksichtigungsfähig. Gleiches gelte für Maßnahmen, die die Klägerin an einer übermäßigen Nahrungsaufnahme hindern sollen. Die Hinderung der Klägerin, sich durch übermäßiges Essen selbst zu gefährden, sei kein Hilfebedarf bei der Nahrungsaufnahme. Hinzu komme, dass in den pädagogischen Bereich hineinführende Maßnahmen während der Nahrungsaufnahme ebenfalls im Rahmen der Grundpflege keine Berücksichtigung finden könnten. Hier werde der Klägerin nicht unmittelbar Hilfe geleistet. Im Übrigen handele es sich dabei um verbale Interventionen, die nur wenige Augenblicke dauern würden und die Pflegeperson der Klägerin nicht von einer eigenen Tätigkeit - der eigenen Nahrungsaufnahme - abhalten würden. Somit seien die von Seiten der Sachverständigen berücksichtigten 15 Minuten für die Nahrungsafnahme im Rahmen der Ernährung nicht in vollem Umfang berücksichtigungsfähig. Für die mundgerechte Zubereitung sei jedoch nachvollziehbar ein Hilfebedarf von kalendertäglich durchschnittlich 3 Minuten berücksichtigungsfähig. Damit reduziere sich der berücksichtigungsfähige Hilfebedarf der Klägerin um 2 Minuten in der Körperpflege (betreffend die Hilfe während der Menstruationstage) und um 13 Minuten im Bereich der Ernährung, so dass die Kammer von einem Hilfebedarf in der Grundpflege von insgesamt 34 Minuten ausgehe. Damit seien die Voraussetzungen für Leistungen der Pflegestufe I nicht erfüllt. Auch hinsichtlich der Zeiten der hauswirtschaftlichen Versorgung seien die von der Gutachterin berücksichtigten Zeiten deutlich zu reduzieren. Die Klägerin lebe mit ihren Eltern und einem jüngeren Bruder im Familienverbund, so dass das ein- bis zweimal wöchentliche Einkaufen nicht allein für die Klägerin erfolge. Dies gelte auch für das einmal tägliche Kochen der warmen Hauptmahlzeit und die Grundreinigung der Wohnung. Ein auf die Klägerin entfallender Hilfebedarf bestehe daher in der zweimal wöchentlichen Reinigung ihres Zimmers und (anteilig) der übrigen Räume, ferner in der viermal wöchentlich notwendigen Reinigung der Kleidung der Klägerin. Insgesamt dürfte damit der Hilfebedarf der Klägerin in der hauswirtschaftlichen Versorgung deutlich unter 45 Minuten liegen.
Zur Begründung der Berufung führt die Klägerin im Wesentlichen aus, sie habe zwischenzeitlich erneut einen epileptischen Anfall erlitten, weshalb sie sich auch in ambulanter Behandlung befunden habe. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts sei auch ihre erforderliche Körperpflege während der Menstruation zu berücksichtigen. Insoweit müsse der Auffassung der ärztlichen Sachverständigen gefolgt werden. Man sei der Auffassung, dass die zitierten Urteile des BSG insoweit hier nicht anwendbar seien. Der Kammer könne auch dahingehend nicht gefolgt werden, dass bei der Nahrungsaufnahme kalendertäglich durchschnittlich nur 3 Minuten berücksichtigungsfähig seien. Selbst wenn man dieser Auffassung folge, dass Maßnahmen im pädagogischen Bereich nicht zu berücksichtigen seien, so sei der für sie erforderliche Aufwand jedenfalls mit wesentlich mehr als 3 Minuten zu berücksichtigen. Soweit im Rahmen der Mobilität bisher das Aufstehen nicht berücksichtigt worden sei, sei hierzu ergänzend auszuführen, dass sie jeden Tag geweckt werden müsse. Sie sei nicht in der Lage, selbständig aufzustehen. Ebensowenig sei sie in der Lage, selbständig die Wohnung zu einer bestimmten Zeit zu verlassen. Es handele sich hierbei um keine pädagogischen Maßnahmen, sondern um eine Maßnahme der Mobilität, da sie kein Zeitgefühl habe und auch keine Zeit kenne. Hierzu sei sie intellektuell nicht in der Lage. Ergänzend sei weiter darauf hinzuweisen, dass bei ihr ein vermehrtes Duschen erforderlich sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 06.10.2003 sowie den Bescheid vom 14.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab Februar 2002 Leistungen nach der Pflegestufe I zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Begründung des Urteils des Sozialgerichts für zutreffend. Insbesondere habe dieses zutreffenderweise die Leistungen der Körperpflege während der Menstruation nicht berücksichtigt, da diese nur einmal monatlich anfallen würden. Bei der Nahrungsaufnahme seien beim beschriebenen Hilfebedarf lediglich die Zeiten für die mundgerechte Zubereitung der Nahrung, nicht jedoch die Ermahnungen während der selbständigen Nahrungsaufnahme berücksichtigungsfähig. Daher seien 3 Minuten zutreffend in Ansatz gebracht worden. Der ergänzende Bedarf bei der Körperpflege durch vermehrtes Duschen seien von der gerichtlichen Gutachterin bereits berücksichtigt worden, da sie von dreimal wöchentlich baden und viermal wöchentlich duschen ausgegangen sei, so dass jeden Abend eine Ganzkörperwäsche vorgenommen werde.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet.
Zu Recht hat das SG Nürnberg mit Urteil vom 06.10.2003 die Klage abgewiesen, da die zugrundeliegenden Bescheide der Beklagten vom 14.06.2002 und 15.08.2002 nicht zu beanstanden sind.
Denn der Klägerin stehen Leistungen der Pflegestufe I nicht zu. Dies folgert der Senat aus den vorliegenden Gutachten. Zwar hat die gerichtliche Sachverständige Dr.F. in ihrem Gutachten vom 12.08.2003 das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung der Pflegestufe I bejaht. Zutreffend ist aber das SG aus rechtlichen Gründen diesem Ergebnis nicht gefolgt. Denn nach den zitierten BSG-Urteilen ist ein Hilfebedarf während der Tage der Menstruation entgegen der Auffassung der Klägerin nicht berücksichtigungsfähig. Nach den genannten Urteilen sind Verrichtungen, die nicht wenigstens einmal wöchentlich einen Hilfebedarf auslösen, im Rahmen der Grundpflege zeitlich nicht zu berücksichtigen. Gleiches gilt auch für Maßnahmen, die die Klägerin an einer übermäßigen Nahrungsaufnahme hindern sollen. Zutreffend hat das SG auch darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Grundpflege Maßnahmen der Anleitung nicht berücksichtigungsfähig sind.
Nachdem aus rechtlichen Gründen dem Ergebnis des Gutachtens von Frau Dr.F. nicht zu folgen war, entfällt auch die Notwendigkeit der Einholung eines weiteren Gutachtens. Denn insoweit hat das SG ebenfalls zutreffend darauf hingewiesen, dass der im Gutachten beschriebene Hilfebedarf tatsächlich von der Mutter der Klägerin erbracht wird.
Der Senat folgt im Übrigen den Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und sieht gem. § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Somit war die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 06.10.2003 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Pflegegeld nach Pflegestufe I ab Februar 2002 streitig.
Die 1985 geborene Klägerin, die an einem cerebralen Anfallsleiden mit psychischer Entwicklungsstörung leidet, beantragte am 13.07.1995 Leistungen der Pflegestufe I.
Der Medizinische Dienst der Krankenkassen in Bayern (MDK) kam in seinem Gutachten vom 15.09.1995 zu dem Ergebnis, Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe I läge nicht vor, woraufhin eine Leistungsbewilligung abgelehnt wurde.
Nach einer erneuten Antragstellung vom 04.02.1997 wurde nach Einholung eines weiteren MDK-Gutachtens vom 26.03.1997 ebenfalls eine Leistungsbewilligung abgelehnt.
Ebenso wurde ein erneuter Leistungsantrag vom 16.07.1997 nach Einholung eines MDK-Gutachtens vom 26.10.1998 abgelehnt.
Am 19.02.2002 stellte die Klägerin erneut einen Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung.
Der MDK kam in seinem Gutachten vom 05.06.2002 erneut zu dem Ergebnis, Pflegestufe I läge nicht vor, nachdem im Bereich der Grundpflege ein Zeitbedarf von 19 Minuten täglich und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung ein solcher von 60 Minuten täglich festgestellt worden war.
Mit Bescheid vom 14.06.2002 wurde daraufhin erneut eine Leistungsgewährung abgelehnt.
Mit dagegen erhobenem Widerspruch wurde geltend gemacht, die Klägerin sei 80 v.H. geistig behindert und brauche Anleitungen für alle Lebensbereiche. Sie könne sich allein nicht orientieren und brauche immer Begleitung. Haare waschen könne sie alleine, allerdings müsse ihr immer gesagt werden, was danach folge. Zähneputzen würde sie ebenfalls alleine verrichten können, aber auch hier müsse ihr gesagt werden, was getan werden müsse. Dasselbe gelte für das Essen. Sie könne kein Brot schneiden, weshalb dieses mundgerecht vorbereitet werden müsse. Nach einem Anfall sei ständige Betreuung notwendig, da sie körperlich sehr schwach sei.
Nach Einholung eines MDK-Gutachtens nach Aktenlage vom 24.07.2002 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.08.2002 den Widerspruch als unbegründet zurück und stützte sich dabei auf die Ergebnisse der eingeholten Gutachten.
Zur Begründung der Klage hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt, ihre Mutter erbringe erhebliche Mehrleistungen, die bislang nicht berücksichtigt worden seien.
Nach Beiziehung der Schwerbehindertenakte der Klägerin und Befundberichten von Dr.R. und Unterlagen der privaten Förderschule Lebenshilfe e.V. hat das Gericht Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Frau Dr.F ... In ihrem Gutachten vom 12.08.2003 kam die Sachverständige zusammengefasst zu dem Ergebnis, im Bereich der Grundpflege läge ein Gesamthilfebedarf von 48 Minuten täglich vor und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung ein solcher von 60 Minuten, insgesamt also ein Pflegebedarf von 108 Minuten. Die Voraussetzungen der Pflegestufe I lägen somit vor.
Dem Gutachtensergebnis hat sich die Beklagte nicht anzuschließen vermocht. Die Sachverständige habe bei der monatlichen Regelblutung einen Hilfebedarf berücksichtigt. Dieser Hilfebedarf fände nach höchstrichterlicher Rechtsprechung keine Wertung (BSG-Urteile vom 29.04.1999, Az.: B 3 P 7/98 R, Az.: B 3 P 13/98 R). Verrichtungen, die nicht wenigstens einmal wöchentlich vorkommen würden, könnten nicht zum würdigen Hilfebedarf zugezählt werden. Des Weiteren finde die Ermahnung an die Klägerin beim Essen, nicht die Finger, sondern das Besteck zu nutzen, keine Berücksichtigung. Laut BSG-Urteil vom 26.11.1998 Az.: B 3 P 12/97 R würden die allgemeine Verfügbarkeit und die Einsatzbereitschaft der Pflegeperson und deren Aufforderung an den Behinderten zur Durchführung bestimmter Verrichtungen (mögen sie auch im Laufe des Tages immer wieder notwendig werden und in ihrer Summierung durchaus auch eine nervliche Belastung für die Pflegeperson darstellen) keine nach § 14 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) zu berücksichtigende Hilfeleistung darstellen, weil sie mit keiner derartigen Bindung der Pflegeperson einhergehen würden. Auch die Verhinderung von übermäßigem Essen finde keine Berücksichtigung. Das BSG habe hierzu in seinem Urteil vom 28.06.2001, Az.: B 3 P 7/00 R, festgestellt, dass es sich hierbei um eine allgemeine Aufsicht zur Vermeidung einer Selbstgefährdung durch übermäßiges Essen, vergleichbar einer Aufsicht zur Vermeidung von aktiv-aggressiven Verhaltensweisen, handele. Es würden also die Hilfen bei der Monatsblutung (2 Minuten täglich) und der Nahrungsaufnahme (15 Minuten täglich) entfallen. Somit verbleibe ein grundpdflegerischer Hilfebedarf von 31 Minuten pro Tag.
Mit Urteil vom 06.10.2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Kammer habe im Ergebnis keinerlei Zweifel, dass der von der ärztlichen Sachverständigen beschriebene Hilfebedarf von der Pflegeperson der Klägerin, ihrer Mutter, geleistet werde und dass auch der zeitliche Umfang der von der Sachverständigen berücksichtigten Zeiten zutreffend sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin im häuslichen Bereich relativ selbständig und in ihrer Beweglichkeit völlig uneingeschränkt sei und damit grundsätzlich alle Verrichtungen der Grundpflege selbst vornehmen könne. Aufgrund ihrer geistigen Fähigkeiten bedürfe die Klägerin jedoch sicher der Anleitung und der Hilfe in dem von der Gutachterin beschriebenen Ausmaß. Die rechtlichen Schlüsse jedoch, die aus dem Gutachten zu ziehen seien, also welche Zeiten rechtlich im Rahmen der Grundpflege zu berücksichtigen seien, habe aber allein die Kammer zu treffen. Im Ergebnis folge die Kammer den Einwendungen der Beklagten. Ein Hilfebedarf bei der Klägerin während der Tage ihrer Menstruation sei nicht berücksichtigungsfähig. Gleiches gelte für Maßnahmen, die die Klägerin an einer übermäßigen Nahrungsaufnahme hindern sollen. Die Hinderung der Klägerin, sich durch übermäßiges Essen selbst zu gefährden, sei kein Hilfebedarf bei der Nahrungsaufnahme. Hinzu komme, dass in den pädagogischen Bereich hineinführende Maßnahmen während der Nahrungsaufnahme ebenfalls im Rahmen der Grundpflege keine Berücksichtigung finden könnten. Hier werde der Klägerin nicht unmittelbar Hilfe geleistet. Im Übrigen handele es sich dabei um verbale Interventionen, die nur wenige Augenblicke dauern würden und die Pflegeperson der Klägerin nicht von einer eigenen Tätigkeit - der eigenen Nahrungsaufnahme - abhalten würden. Somit seien die von Seiten der Sachverständigen berücksichtigten 15 Minuten für die Nahrungsafnahme im Rahmen der Ernährung nicht in vollem Umfang berücksichtigungsfähig. Für die mundgerechte Zubereitung sei jedoch nachvollziehbar ein Hilfebedarf von kalendertäglich durchschnittlich 3 Minuten berücksichtigungsfähig. Damit reduziere sich der berücksichtigungsfähige Hilfebedarf der Klägerin um 2 Minuten in der Körperpflege (betreffend die Hilfe während der Menstruationstage) und um 13 Minuten im Bereich der Ernährung, so dass die Kammer von einem Hilfebedarf in der Grundpflege von insgesamt 34 Minuten ausgehe. Damit seien die Voraussetzungen für Leistungen der Pflegestufe I nicht erfüllt. Auch hinsichtlich der Zeiten der hauswirtschaftlichen Versorgung seien die von der Gutachterin berücksichtigten Zeiten deutlich zu reduzieren. Die Klägerin lebe mit ihren Eltern und einem jüngeren Bruder im Familienverbund, so dass das ein- bis zweimal wöchentliche Einkaufen nicht allein für die Klägerin erfolge. Dies gelte auch für das einmal tägliche Kochen der warmen Hauptmahlzeit und die Grundreinigung der Wohnung. Ein auf die Klägerin entfallender Hilfebedarf bestehe daher in der zweimal wöchentlichen Reinigung ihres Zimmers und (anteilig) der übrigen Räume, ferner in der viermal wöchentlich notwendigen Reinigung der Kleidung der Klägerin. Insgesamt dürfte damit der Hilfebedarf der Klägerin in der hauswirtschaftlichen Versorgung deutlich unter 45 Minuten liegen.
Zur Begründung der Berufung führt die Klägerin im Wesentlichen aus, sie habe zwischenzeitlich erneut einen epileptischen Anfall erlitten, weshalb sie sich auch in ambulanter Behandlung befunden habe. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts sei auch ihre erforderliche Körperpflege während der Menstruation zu berücksichtigen. Insoweit müsse der Auffassung der ärztlichen Sachverständigen gefolgt werden. Man sei der Auffassung, dass die zitierten Urteile des BSG insoweit hier nicht anwendbar seien. Der Kammer könne auch dahingehend nicht gefolgt werden, dass bei der Nahrungsaufnahme kalendertäglich durchschnittlich nur 3 Minuten berücksichtigungsfähig seien. Selbst wenn man dieser Auffassung folge, dass Maßnahmen im pädagogischen Bereich nicht zu berücksichtigen seien, so sei der für sie erforderliche Aufwand jedenfalls mit wesentlich mehr als 3 Minuten zu berücksichtigen. Soweit im Rahmen der Mobilität bisher das Aufstehen nicht berücksichtigt worden sei, sei hierzu ergänzend auszuführen, dass sie jeden Tag geweckt werden müsse. Sie sei nicht in der Lage, selbständig aufzustehen. Ebensowenig sei sie in der Lage, selbständig die Wohnung zu einer bestimmten Zeit zu verlassen. Es handele sich hierbei um keine pädagogischen Maßnahmen, sondern um eine Maßnahme der Mobilität, da sie kein Zeitgefühl habe und auch keine Zeit kenne. Hierzu sei sie intellektuell nicht in der Lage. Ergänzend sei weiter darauf hinzuweisen, dass bei ihr ein vermehrtes Duschen erforderlich sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 06.10.2003 sowie den Bescheid vom 14.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab Februar 2002 Leistungen nach der Pflegestufe I zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Begründung des Urteils des Sozialgerichts für zutreffend. Insbesondere habe dieses zutreffenderweise die Leistungen der Körperpflege während der Menstruation nicht berücksichtigt, da diese nur einmal monatlich anfallen würden. Bei der Nahrungsaufnahme seien beim beschriebenen Hilfebedarf lediglich die Zeiten für die mundgerechte Zubereitung der Nahrung, nicht jedoch die Ermahnungen während der selbständigen Nahrungsaufnahme berücksichtigungsfähig. Daher seien 3 Minuten zutreffend in Ansatz gebracht worden. Der ergänzende Bedarf bei der Körperpflege durch vermehrtes Duschen seien von der gerichtlichen Gutachterin bereits berücksichtigt worden, da sie von dreimal wöchentlich baden und viermal wöchentlich duschen ausgegangen sei, so dass jeden Abend eine Ganzkörperwäsche vorgenommen werde.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet.
Zu Recht hat das SG Nürnberg mit Urteil vom 06.10.2003 die Klage abgewiesen, da die zugrundeliegenden Bescheide der Beklagten vom 14.06.2002 und 15.08.2002 nicht zu beanstanden sind.
Denn der Klägerin stehen Leistungen der Pflegestufe I nicht zu. Dies folgert der Senat aus den vorliegenden Gutachten. Zwar hat die gerichtliche Sachverständige Dr.F. in ihrem Gutachten vom 12.08.2003 das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung der Pflegestufe I bejaht. Zutreffend ist aber das SG aus rechtlichen Gründen diesem Ergebnis nicht gefolgt. Denn nach den zitierten BSG-Urteilen ist ein Hilfebedarf während der Tage der Menstruation entgegen der Auffassung der Klägerin nicht berücksichtigungsfähig. Nach den genannten Urteilen sind Verrichtungen, die nicht wenigstens einmal wöchentlich einen Hilfebedarf auslösen, im Rahmen der Grundpflege zeitlich nicht zu berücksichtigen. Gleiches gilt auch für Maßnahmen, die die Klägerin an einer übermäßigen Nahrungsaufnahme hindern sollen. Zutreffend hat das SG auch darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Grundpflege Maßnahmen der Anleitung nicht berücksichtigungsfähig sind.
Nachdem aus rechtlichen Gründen dem Ergebnis des Gutachtens von Frau Dr.F. nicht zu folgen war, entfällt auch die Notwendigkeit der Einholung eines weiteren Gutachtens. Denn insoweit hat das SG ebenfalls zutreffend darauf hingewiesen, dass der im Gutachten beschriebene Hilfebedarf tatsächlich von der Mutter der Klägerin erbracht wird.
Der Senat folgt im Übrigen den Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und sieht gem. § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Somit war die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 06.10.2003 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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