L 2 U 308/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 15 U 11/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 308/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 258/04 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 27. August 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die 1955 geborene Klägerin stolperte und stürzte am 22.10.1999 beim Verlassen ihres Arbeitsplatzes im Treppenhaus.

Die Unfallanzeige übersandte der Arbeitgeber am 17.01.2001. Der Durchgangsarzt, der Allgemeinarzt Dr.S. , gab in der ärztlichen Unfallmeldung vom 06.12.1999 an, der Unfall habe sich im Oktober 1999 ereignet. Die Klägerin sei bei ihm am 06.12.1999 eingetroffen. Sie sei mit dem rechten oberen Sprunggelenk umgeknickt. Sie habe weitergearbeitet. Jetzt bestehe Druckschmerz über dem Außenband, kein Hämatom, die Syndesmose sei intakt. Die Röntgenaufnahmen zeigten bereits alte Veränderungen, keine frischen Verletzungen. Dr.S. diagnostizierte eine Distorsion des rechten oberen Sprunggelenkes. Er verordnete eine Schiene und überwies die Klägerin an den Orthopäden Dr.H. , der die Klägerin am 19.10.2000 untersuchte und im Bericht vom 23.10. 2000 ausführte, die weitreichende Anamnese der Klägerin dürfe er als bekannt voraussetzen. Sie berichte über seit mehreren Jahren rezidivierend auftretende Schmerzen an der Außenseite des rechten Sprunggelenks mit zunehmender Schwellung. In den letzten Wochen hätten die Schmerzen zugenommen. Vor etwa einem Jahr sei es zu einem Sturz in der Arbeit gekommen, der jedoch nicht als Arbeitsunfall gemeldet worden sei. Dr.H. stellte die Diagnosen: rezidivierende Synovialitis oberes Sprunggelenk mit Ganglion, nebenbefundliche Faszeitis plantaris bei Fersensporn. Am 24.10.2000 erfolgte eine diagnostische Arthroskopie; es fand sich kein Anhalt für eine Osteonekrosis, keine Knorpelimpressions- oder Abscherfraktur, kein Anhalt für ein Ganglion. Der Pathologe Dr.R. führte am 27.10.2000 aus, der Befund spreche für eine chronische Arthritis. Es bestehe kein Anhalt für eine spezifische Entzündung oder für Malignität.

Am 28.12.2000 berichtete Dr.S. über eine Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk, sonst sei die Klägerin belastbar und beschwerdefrei. Dr.H. erklärte am 02.01.2001, die Klägerin habe am 04.12.2000 angegeben, dass sie sich am Sprunggelenk im Dezember 1999 verletzt habe.

Der Chirurg Dr.G. führte in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 27.03.2001 aus, bei dem Ereignis vom 22.10. 1999 handele es sich um einen Bagatellvorgang, wenn nicht überhaupt ein Gelenkversagen aus innerer Ursache auf dem Boden der schon damals bestehenden Entzündungsprozesse anzunehmen sei. Selbst wenn man eine leichte Distorsion annehme, könne es sich nur um einen Befund gehandelt haben, der weder ärztliche Behandlung erfordert noch Arbeitsunfähigkeit bedingt habe. Typische Verletzungsbefunde im Sinne einer bedeutsamen Außenbandverletzung seien nicht dokumentiert. Dass eine einfache Distorsion bei primär unbedeutenden Befunden so lange Beschwerden verursachen solle, sei unfallchirurgisch auszuschließen. Eindeutig auszuschließen sei ein Unfallzusammenhang vor allem aufgrund des Arthroskopiebefundes vom 24.10.2000. Es hätten sich ausschließlich unspezifische Entzündungsvorgänge gefunden. Auch nach dem Ergebnis der histologischen Untersuchung seien keinerlei Unfallfolgen nachzuweisen. Der Pathologe beschreibe nur entzündliche Gewebsreaktionen.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 22.05.2001 einen Anspruch auf Gewährung von Heilbehandlungsmaßnahmen hinsichtlich der Behandlungsbedürftigkeit ab 26.09.2000 ab. Die Anerkennung unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit ab 26.09.2000 wurde gleichfalls abgelehnt.

Zur Begründung des Widerspruchs vom 08.06.2001 übersandte die Klägerin ein Attest vom 20.07.2001, in dem Dr.S. darauf hinwies, die Klägerin sei vor dem Unfall völlig beschwerdefrei gewesen. Der ASK-Befund lasse eindeutig auf einen Verletzungsmechanismus schließen; Entzündungszeichen seien immer u.a. Folge einer traumatischen Verletzung. Die Klägerin habe seit der Distorsion ständige belastungsabhängige Schmerzen im oberen Sprunggelenk mit Schwellneigung und Druckschmerzhaftigkeit gehabt. Die ASK am 06.12.1999 sei ja aufgrund der Beschwerden durchgeführt worden. Nach jeder traumatischen Verletzung sei eine unspezifische Entzündung mit Schwellung gegeben. Alle in der ASK erhobenen Befunde seien typisch für eine traumatische Verletzung, die einige Monate zurückgelegen habe.

Im Gutachten vom 29.10.2001 führte der Chirurg Privatdozent Dr.O. zusammenfassend aus, bei dem Ereignis vom 22.10.1999 sei von einem Bagatellvorgang auszugehen. Unfallbedingte Abnutzungserscheinungen des Sprunggelenks ließen sich röntgenologisch nicht nachweisen. Bei der Gelenkspiegelung vom 24.10. 2000 hätten sich keine Folgezustände einer Verletzung gezeigt. Ein zu erwartender Narbenzustand habe in der feingeweblichen Untersuchung nicht festgestellt werden können. Die Arbeitsunfähigkeit sei unfallunabhängig als Folge einer chronischen Entzündungsreaktion des rechten Sprungelenks anzusehen. Im fach- röntgenologischen Zusatzgutachten erklärte Dr.L. am 08.10. 2001, es zeigten sich ein Zustand nach Verdrehung des rechten Sprunggelenks und eine chronische Arthritis.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2001 zurück.

Zur Begründung der Klage vom 09.01.2002 hat die Klägerin ein Attest des Dr.S. vom 08.01.2002 übersandt, in dem ausgeführt wird, die Klägerin sei vor dem Unfall völlig beschwerdefrei gewesen. Unmittelbar nach dem Unfall sei eine Behandlung durch Dr.S. erforderlich gewesen, wenngleich keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt worden sei. Die Beschwerden und Folgeprobleme seien eindeutig Folge des Unfalls vom 22.10.1999. Im Klinikum D. wurde am 21.06.2001 eine Szintigraphie des Sprunggelenks durchgeführt. Dr.R. diagnostizierte eine diskrete Weichteil- und Knochenstoffwechselveränderung über dem Außenknöchel. Die Intensität des Befundes sei nicht sehr hoch und auch nicht sehr typisch. Es sei an eine Innenbandläsion zu denken. Der Chirurg Dr.S. vermutete einen Low-Grade-Infekt oder eine Sudeck schen Heilentgleisung; für einen Morbus Sudeck bestehe aber kein Hinweis. Die Knochenszintigraphie untermauere seine initiale Arbeitsdiagnose des Low-Grade-Infekts. Im Befundbericht vom 20.03.2003 erklärte Dr.H. , die Klägerin habe ihn erstmals am 19.10.2000 wegen massiv zunehmender Schmerzen im Bereich des oberen Sprunggelenks seit einer Verletzung im August 2000 aufgesucht. Sie sei gestürzt und umgeknickt. Erstversorgung sei bei Dr. S. erfolg. Der Orthopäde Dr.E. stellte am 15.03.2003 die Diagnose Zustand nach Distorsionstrauma des oberen Sprunggelenkes rechts, trophische Störung der Weichteile des Unterschenkels mit Lymphödem, Oberflächeninfekt, Ansatztendinosen. Der Arzt für Hautkrankheiten, Privatdozent Dr.K. , stellte im Bericht vom 16.05.2003 die Diagnosen: Zustand nach Staphylodermie, postinflammatorische Pigmentstörungen.

Der vom SG zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Chirurg Dr.M. hat im Gutachten vom 03.07.2003 ausgeführt, die Röntgenaufnahmen vom 06.12.1999 zeigten einen unauffälligen Außenknöchelbereich. Es gäbe keinen Hinweis für eine stattgehabte Verletzung. Nach den Angaben, die die Klägerin bei Dr.H. gemacht habe, hätten bereits seit mehreren Jahren rezidivierend auftretende Schmerzen an der Außenseite des Sprunggelenkes bestanden. Bei der ersten Untersuchung, eineinhalb Monate nach dem Unfall, habe sich kein wesentlicher pathologischer Befund ergeben. Ein Jahr später seien Beschwerden aufgetreten, die mit einem Unfallereignis in keinerlei Zusammenhang stünden. Es handele sich um ein chronisches Leiden, das bereits vor dem Unfall bestanden haben müsse. Unfallbedingte Veränderungen hätten sich weder radiologisch noch bei der Arthroskopie gezeigt. Später seien Hautveränderungen aufgetreten. Auch hierbei handele es sich um eine unfallunabhängige Erkrankung. Bei dem Unfall sei es lediglich zu einer Distorsion des oberen Sprunggelenks ohne bleibenden Schaden gekommen. Offensichtlich habe es sich um eine Zerrung des Außenbandapparates gehandelt.

Hierzu hat Dr.S. am 29.07.2003 eingewandt, die Klägerin sei vor dem Unfall nie wegen Sprunggelenksbeschwerden in Behandlung gewesen. Es habe nach dem Unfall eine leichte Einschränkung bestanden, die Klägerin habe trotzdem weitergearbeitet. Es treffe nicht zu, dass bei der ersten Untersuchung kein pathologischer Befund erhoben worden sei. Es hätten bei deutlichen Schmerzen mehrmalige Behandlungen stattgefunden. Die in der Arthroskopie festgestellten chronischen Veränderungen könnten durchaus seit dem Unfall bestanden haben.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 27.08. 2003 abgewiesen und sich dabei auf die Ausführungen von Prof. Dr.G. , Prof.Dr.O. und Dr.M. gestützt. Zweifelhaft erscheine die Aussage des Dr.S. , vor dem Unfall sei die Klägerin beschwerdefrei gewesen, zumal die Klägerin bei Dr.H. selbst angegeben habe, dass die Schmerzen seit mehreren Jahren auftreten würden.

Zur Begründung der Berufung vom 26.09.2003 äußert die Klägerin, zwischen dem Sturz und den Schmerzen im Sprunggelenksbereich bestehe mit großer Wahrscheinlichkeit ein Zusammenhang. Nach dem Sturz sei eine medizinische Behandlung mit Ruhigstellung und Kühlung erforderlich gewesen. Sie übersandte ein Attest des Dr.S. vom 09.03.2004: die Klägerin sei unverzüglich nach dem Sturz bei ihm wegen Schmerzen im Sprunggelenksbereich in Behandlung gewesen. Es sei eine Schmerztherapie erforderlich gewesen sowie Ruhigstellung und Kühlung. Aus Angst vor Arbeitsplatzverlust habe die Klägerin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung abgelehnt. Aufgrund des histologischen Präparates nach der Arthroskopie ein Jahr später könne man nicht mehr konstatieren, dass ein Zusammenhang mit dem Trauma stattgefunden habe.

Die Klägerin stellt den Antrag, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 27.08.2003 und den Bescheid der Beklagten vom 22.05.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen der Folgen Unfalles vom 22.10.1999 auch ab 26.09.2000 Heilbehandlungsmaßnahmen und Verletztengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.

Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen wird (§ 153 Abs.2 SGG).

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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