Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 U 2749/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 1181/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
"1. Der Erstattungsanspruch des Rentenversicherungsträgers gegen den Unfallversicherungsträger beim Zusammentreffen von Leistungen aus der gesetzlichen Renten- und der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 93 SGB VI) richtet sich nach § 104 SGB X (Anschluss an BSG 29.04.1997 SozR 3-1300 § 107 Nr. 10 und LSG Rheinland-Pfalz 17.10.2000 - L 3 U 42/00 - HVBG-INFO 2001, 2249).
2. Im Rechtsstreit zwischen zwei Versicherungsträgern über die Rangfolge eines Erstattungsanspruchs nach § 106 SGB X ist der Versicherte nicht notwendig beizuladen."
2. Im Rechtsstreit zwischen zwei Versicherungsträgern über die Rangfolge eines Erstattungsanspruchs nach § 106 SGB X ist der Versicherte nicht notwendig beizuladen."
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08. März 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rangfolge bei mehreren Erstattungsberechtigten streitig.
Die klagende Landesversicherungsanstalt (LVA) bewilligte der 1956 geborenen Witwe eines Versicherten mit Bescheid vom 30.04.1996 Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversi-cherung ab 31.08.1995. Für die Zeit vom 31.08.1995 bis zum 31.05.1996 ergab sich ein Nach-zahlungsbetrag in Höhe von 6.707, 45 DM; eine laufende Rente erhielt die Witwe ab 01.06.1996. Ab Februar 1996 bezog die Witwe von der beigeladenen Stadt laufende Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) und einmalige Beihilfen nach den Vorschriften des Bundessozi-alhilfegesetzes (BSHG). Nachdem die Beigeladene von der LVA die Mitteilung über die Ge-währung der Witwenrente erhalten hatte, meldete die Beigeladene einen Erstattungsanspruch bei der LVA für die Zeit vom 01.02.1996 bis zum 31.05.1996 in Höhe der HLU an. Die LVA erstattete der Beigeladenen für den geltenden gemachten Zeitraum einen Betrag von 2.253,44 DM aus der Witwenrente. Da die vom Sozialamt der beigeladenen Stadt an die Wit-we gezahlten Leistungen höher waren als die Witwenrente, erhielt die Beigeladene nur einen Teil ihres Aufwandes aus der Rentenversicherung erstattet.
Die beklagte Berufsgenossenschaft entschied mit Bescheid vom 21.12.2000, dass der Versi-cherte an den Folgen eines Versicherungsfalls (Arbeitsunfall) verstorben ist und gewährte deshalb der Witwe auch Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Beginn dieser Witwenrente wurde ebenfalls auf den 31.08.1995 festgesetzt, weil die aus der ehemali-gen Sowjetunion stammende Witwe an diesem Tag ihren ständigen Aufenthalt in der Bundes-republik Deutschland genommen hat. Als laufende Leistung wird die Rente aus der Unfallver-sicherung seit 01.02.2001 gezahlt.
Für die Zeit vom 31.08.1995 bis zum 31.01.2001 errechnete die Beklagte einen Nachzah-lungsbetrag in Höhe von 53.890, 46 DM, den sie zunächst wegen möglicherweise bestehender Erstattungsansprüche anderer Sozialleistungsträger nicht an die Witwe auszahlte. Für diesen Nachzahlungsbetrag machten sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene Erstattungsan-sprüche geltend, die Klägerin in Höhe von 24.957,52 DM für die Zeit vom 31.08.1995 bis 31.01.2001 und die Beigeladene in Höhe von 31.784,55 DM für die Zeit vom 01.03.1996 bis 31.01.1998. Die Beklagte vertrat die Ansicht, dass Rechtsgrundlage beider Erstattungsansprü-che § 104 SGB X ist, was zur Folge hatte, dass der Erstattungsanspruch der Beigeladenen gemäß § 106 Abs. 2 Satz 2 SGB X vorrangig zu erfüllen war. Sie erstattete daher den auf den Zeitraum vom 01.03.1996 bis 31.01.1998 entfallenden Nachzahlungsbetrag der Witwenrente in Höhe von 19.385,48 DM der Beigeladenen, sodass für die Klägerin nur noch ein Erstat-tungsbetrag in Höhe von 16.281,45 DM verblieb. Den restlichen Nachzahlungsbetrag zahlte die Beklagte an die Witwe aus.
Am 03.08.2001 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und gel-tend gemacht, ihr Erstattungsanspruch habe seine Rechtsgrundlage nicht in § 104 SGB X, sondern in § 103 SGB X und gehe daher dem Erstattungsanspruch der Beigeladenen gemäß § 106 Abs. 1 Nr. 3 SGB X im Rang vor. Sie hat deshalb von der Beklagten auch für die Zeit vom 01.03.1996 bis 31.01.1998 Erstattung aus der gesetzlichen Rentenversicherung verlangt, und zwar in Höhe von 4.436,- EUR. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 08.03.2002 abge-wiesen. Es hat die Auffassung vertreten, dass im streitgegenständlichen Zeitraum zwei Erstat-tungsansprüche nach § 104 SGB X gegeben sind und deshalb der Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers nach § 106 Abs. 2 Satz 2 SGB X vorrangig zu berücksichtigen sei. Das SG hat im Urteil wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Berufung zugelassen. Die für die Klägerin bestimmte Ausfertigung des Urteils ist dieser gegen Empfangsbekenntnis am 02.04.2002 zugestellt worden.
Am 05.04.2002 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Der Berichterstatter hat mit Beschluss vom 23.01.2003 den Sozialhilfeträger zum Verfahren beigeladen.
Zur Begründung der Berufung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, unter institutionell gleichrangigen Trägern richte sich die Erstattungspflicht nur dann ausnahmsweise nach § 104 SGB X, wenn der Gesetzgeber dies angeordnet habe oder die in Vorleistung erbrachte Einzel-leistung aufgrund ihrer Ausgestaltung gegenüber der anderen Sozialleistung nachrangig sei. Beides sei hier nicht der Fall. Bestehe für denselben Zeitraum sowohl ein Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als auch auf Hinterbliebenenrente aus der ge-setzlichen Unfallversicherung, werde nach § 93 Abs. 1 SGB VI eine Rente aus der gesetzli-chen Rentenversicherung insoweit nicht geleistet, als die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge vor Einkommensanrechung den jeweiligen Grenzbetrag nach § 93 Abs. 3 SGB VI übersteigt. Damit solle lediglich eine Überversorgung durch Leistungen aus mehre-ren öffentlich-rechtlichen Sicherungssystemen verhindert werden. Die Regelung in § 93 SGB VI führe zu keinem bedarfsorientierter Nachrang der Leistung aus der gesetzlichen Ren-tenversicherung.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08. März 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.436 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Die Beigeladene beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beigeladene hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Sie weist darauf hin, dass die von der Klägerin vertretene Rechtsauffassung dazu führen würde, dass der Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe gegenüber beitragsfinanzierten Sozialversicherungsleistungen in bedenklicher Weise unterlaufen würde.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Kläge-rin, der Beklagten und der Beigeladenen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ein von der Klägerin gegenüber der Beklag-ten geltend gemachter Erstattungsanspruch für die Zeit vom 01.03.1996 bis zum 31.01.1998. Streitig ist zwischen den Beteiligten allerdings nicht das Bestehen eines Erstattungsanspruchs dem Grund und der Höhe nach. Unstreitig ist auch, dass die Beigeladene aufgrund der für den fraglichen Zeitraum erbrachten Sozialhilfeleistungen ebenfalls einen Erstattungsanspruch ge-gen die Beklagte hat. Umstritten ist lediglich, welchen Erstattungsanspruch die Beklagte vor-rangig zu erfüllen hat. Daher hält der Senat auch eine Beiladung der Witwe nicht für erforder-lich.
Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass auch das Vorbringen der Klägerin im Beru-fungsverfahren keine andere Entscheidung rechtfertigt.
Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ist § 104 SGB X. Da sich auch der Erstattungsanspruch der Beigeladenen gegen die Beklagte aus die-ser Vorschrift ergibt, hat die Beklagte nach § 106 Abs. 2 S. 2 SGB X zu Recht den Anspruch der Beigeladenen zuerst befriedigt. Denn im Verhältnis zur Klägerin hätte die Beigeladene ebenfalls einen Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X.
Nach § 104 Abs. 1 SGB X ist - wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleis-tungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen - der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leis-tung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Nachrangig verpflichtet ist ein Leis-tungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines ande-ren Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Ein Erstattungsan-spruch besteht nicht, soweit der nachrangige Leistungsträger seine Leistungen auch bei Leis-tung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte erbringen müssen.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist als nachrangige Leistungsträ-gerin im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Nachrangigkeit ist nicht nur dann gegeben, wenn - wie etwa im Verhältnis von Sozialhilfeträgern und Sozialversicherungsträgern - "System-subsidiarität" besteht. Es reicht vielmehr aus, wenn im Sinne einer "Einzelfallsubsidiarität" die Zuständigkeit und Verpflichtung des Leistungsträgers schon im Zeitpunkt der Leistungs-gewährung originär subsidiär war, dh von Anfang an der Höhe nach von der Leistungsver-pflichtung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers abhängig war und außerdem der nachrangig verpflichtete Leistungsträger durch die Leistung des vorrangig verpflichteten Ta-rifs nicht endgültig von seiner Leistungspflicht befreit wird (BSG Urteil vom 29.4.1997 SozR 3-1300 § 107 Nr 10 mit Hinweis auf BSGE 58, 119 SozR 1300 § 104 Nr 7 mwN; ebenso BSG Urteil vom 22.05.2002 SozR 3-2600 § 93 Nr. 12 und LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 17.10.2000 - L 3 U 42/00 - HVBG-INFO 2001, 2249).
Dies ist hier der Fall. Die Leistungspflicht der Klägerin war von der Höhe der Leistungsver-pflichtung der Beklagten abhängig. Für den Fall des Zusammentreffens einer Rente aus der Rentenversicherung mit Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestimmt § 93 Abs. 1 SGB VI, dass die Rente insoweit nicht geleistet wird, als die Summe dieser Renten den Grenzbetrag übersteigt. Der Anspruch der Versicherten gegen die Klägerin entfällt danach durch die Anrechnung der Verletztenrente nicht endgültig. Die Klägerin ist lediglich insoweit nicht mehr leistungspflichtig. Mithin ist vorliegend eine Nachrangigkeit der Rente aus der Rentenversicherung zu bejahen. Aus dem Umstand, dass die Anrechnungsregelung des § 93 SGB VI den Zweck verfolgt, eine Überversorgung aus der Summierung teilweise zweckähn-licher Versicherungsleistungen aus zwei Zweigen der Sozialversicherung zu begrenzen (BSG Urteil vom 10.04.2003 - B 4 RA 32/02 R -) kann nichts hergeleitet werden, was gegen die Annahme einer Nachrangigkeit iSd § 104 SGB X spricht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 4 SGG in der bis zum 01.01.2002 geltenden Fassung (SGG a.F.). Danach sind die Kosten der am Verfahren beteiligten Körperschaften des öffentlichen Rechts nicht erstattungsfähig. Die Regelung in § 197a SGG findet keine Anwen-dung; sie erfasst nur Verfahren, die nach dem 1.1.2002 rechtshängig geworden sind, in denen also nach diesem Zeitpunkt Klage erhoben worden ist. In Verfahren, die vor dem Inkrafttreten des 6. SGGÄndG am 2.1.2002 anhängig gewesen sind und für die nach neuem Recht das Ge-richtskostengesetz (GKG) Anwendung finden würde, ergeht die Kostenentscheidung in jedem Rechtszug unabhängig vom Entscheidungszeitpunkt auf der Grundlage des § 193 SGG a.F. Dies folgt aus der in Art 17 Abs. 1 S. 2 des 6. SGGÄndG getroffenen Übergangsregelung. Dort wird zwar dem Wortlaut nach nur die Weitergeltung von § 183 SGG a.F. angeordnet; eine ausdrückliche Regelung, nach welchen Vorschriften in diesen Verfahren ab dem Inkraft-treten des 6. SGGÄndG die Kostengrundentscheidung zu treffen ist, ist in Art 17 nicht enthal-ten. Das BSG hat jedoch entschieden, dass die Anordnung der Weitergeltung des alten Rechts nicht nur die Gerichtskosten, sondern auch die Vorschriften für die Kostentragungspflicht der Beteiligten erfasst.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die hier zu entscheidende Frage ist durch die vom Senat zitierte Rechtsprechung des BSG geklärt; der Senat weicht mit seiner Entscheidung nicht von dieser Rechtsprechung ab.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rangfolge bei mehreren Erstattungsberechtigten streitig.
Die klagende Landesversicherungsanstalt (LVA) bewilligte der 1956 geborenen Witwe eines Versicherten mit Bescheid vom 30.04.1996 Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversi-cherung ab 31.08.1995. Für die Zeit vom 31.08.1995 bis zum 31.05.1996 ergab sich ein Nach-zahlungsbetrag in Höhe von 6.707, 45 DM; eine laufende Rente erhielt die Witwe ab 01.06.1996. Ab Februar 1996 bezog die Witwe von der beigeladenen Stadt laufende Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) und einmalige Beihilfen nach den Vorschriften des Bundessozi-alhilfegesetzes (BSHG). Nachdem die Beigeladene von der LVA die Mitteilung über die Ge-währung der Witwenrente erhalten hatte, meldete die Beigeladene einen Erstattungsanspruch bei der LVA für die Zeit vom 01.02.1996 bis zum 31.05.1996 in Höhe der HLU an. Die LVA erstattete der Beigeladenen für den geltenden gemachten Zeitraum einen Betrag von 2.253,44 DM aus der Witwenrente. Da die vom Sozialamt der beigeladenen Stadt an die Wit-we gezahlten Leistungen höher waren als die Witwenrente, erhielt die Beigeladene nur einen Teil ihres Aufwandes aus der Rentenversicherung erstattet.
Die beklagte Berufsgenossenschaft entschied mit Bescheid vom 21.12.2000, dass der Versi-cherte an den Folgen eines Versicherungsfalls (Arbeitsunfall) verstorben ist und gewährte deshalb der Witwe auch Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Beginn dieser Witwenrente wurde ebenfalls auf den 31.08.1995 festgesetzt, weil die aus der ehemali-gen Sowjetunion stammende Witwe an diesem Tag ihren ständigen Aufenthalt in der Bundes-republik Deutschland genommen hat. Als laufende Leistung wird die Rente aus der Unfallver-sicherung seit 01.02.2001 gezahlt.
Für die Zeit vom 31.08.1995 bis zum 31.01.2001 errechnete die Beklagte einen Nachzah-lungsbetrag in Höhe von 53.890, 46 DM, den sie zunächst wegen möglicherweise bestehender Erstattungsansprüche anderer Sozialleistungsträger nicht an die Witwe auszahlte. Für diesen Nachzahlungsbetrag machten sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene Erstattungsan-sprüche geltend, die Klägerin in Höhe von 24.957,52 DM für die Zeit vom 31.08.1995 bis 31.01.2001 und die Beigeladene in Höhe von 31.784,55 DM für die Zeit vom 01.03.1996 bis 31.01.1998. Die Beklagte vertrat die Ansicht, dass Rechtsgrundlage beider Erstattungsansprü-che § 104 SGB X ist, was zur Folge hatte, dass der Erstattungsanspruch der Beigeladenen gemäß § 106 Abs. 2 Satz 2 SGB X vorrangig zu erfüllen war. Sie erstattete daher den auf den Zeitraum vom 01.03.1996 bis 31.01.1998 entfallenden Nachzahlungsbetrag der Witwenrente in Höhe von 19.385,48 DM der Beigeladenen, sodass für die Klägerin nur noch ein Erstat-tungsbetrag in Höhe von 16.281,45 DM verblieb. Den restlichen Nachzahlungsbetrag zahlte die Beklagte an die Witwe aus.
Am 03.08.2001 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und gel-tend gemacht, ihr Erstattungsanspruch habe seine Rechtsgrundlage nicht in § 104 SGB X, sondern in § 103 SGB X und gehe daher dem Erstattungsanspruch der Beigeladenen gemäß § 106 Abs. 1 Nr. 3 SGB X im Rang vor. Sie hat deshalb von der Beklagten auch für die Zeit vom 01.03.1996 bis 31.01.1998 Erstattung aus der gesetzlichen Rentenversicherung verlangt, und zwar in Höhe von 4.436,- EUR. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 08.03.2002 abge-wiesen. Es hat die Auffassung vertreten, dass im streitgegenständlichen Zeitraum zwei Erstat-tungsansprüche nach § 104 SGB X gegeben sind und deshalb der Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers nach § 106 Abs. 2 Satz 2 SGB X vorrangig zu berücksichtigen sei. Das SG hat im Urteil wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Berufung zugelassen. Die für die Klägerin bestimmte Ausfertigung des Urteils ist dieser gegen Empfangsbekenntnis am 02.04.2002 zugestellt worden.
Am 05.04.2002 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Der Berichterstatter hat mit Beschluss vom 23.01.2003 den Sozialhilfeträger zum Verfahren beigeladen.
Zur Begründung der Berufung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, unter institutionell gleichrangigen Trägern richte sich die Erstattungspflicht nur dann ausnahmsweise nach § 104 SGB X, wenn der Gesetzgeber dies angeordnet habe oder die in Vorleistung erbrachte Einzel-leistung aufgrund ihrer Ausgestaltung gegenüber der anderen Sozialleistung nachrangig sei. Beides sei hier nicht der Fall. Bestehe für denselben Zeitraum sowohl ein Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als auch auf Hinterbliebenenrente aus der ge-setzlichen Unfallversicherung, werde nach § 93 Abs. 1 SGB VI eine Rente aus der gesetzli-chen Rentenversicherung insoweit nicht geleistet, als die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge vor Einkommensanrechung den jeweiligen Grenzbetrag nach § 93 Abs. 3 SGB VI übersteigt. Damit solle lediglich eine Überversorgung durch Leistungen aus mehre-ren öffentlich-rechtlichen Sicherungssystemen verhindert werden. Die Regelung in § 93 SGB VI führe zu keinem bedarfsorientierter Nachrang der Leistung aus der gesetzlichen Ren-tenversicherung.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08. März 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.436 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Die Beigeladene beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beigeladene hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Sie weist darauf hin, dass die von der Klägerin vertretene Rechtsauffassung dazu führen würde, dass der Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe gegenüber beitragsfinanzierten Sozialversicherungsleistungen in bedenklicher Weise unterlaufen würde.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Kläge-rin, der Beklagten und der Beigeladenen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ein von der Klägerin gegenüber der Beklag-ten geltend gemachter Erstattungsanspruch für die Zeit vom 01.03.1996 bis zum 31.01.1998. Streitig ist zwischen den Beteiligten allerdings nicht das Bestehen eines Erstattungsanspruchs dem Grund und der Höhe nach. Unstreitig ist auch, dass die Beigeladene aufgrund der für den fraglichen Zeitraum erbrachten Sozialhilfeleistungen ebenfalls einen Erstattungsanspruch ge-gen die Beklagte hat. Umstritten ist lediglich, welchen Erstattungsanspruch die Beklagte vor-rangig zu erfüllen hat. Daher hält der Senat auch eine Beiladung der Witwe nicht für erforder-lich.
Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass auch das Vorbringen der Klägerin im Beru-fungsverfahren keine andere Entscheidung rechtfertigt.
Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ist § 104 SGB X. Da sich auch der Erstattungsanspruch der Beigeladenen gegen die Beklagte aus die-ser Vorschrift ergibt, hat die Beklagte nach § 106 Abs. 2 S. 2 SGB X zu Recht den Anspruch der Beigeladenen zuerst befriedigt. Denn im Verhältnis zur Klägerin hätte die Beigeladene ebenfalls einen Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X.
Nach § 104 Abs. 1 SGB X ist - wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleis-tungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen - der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leis-tung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Nachrangig verpflichtet ist ein Leis-tungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines ande-ren Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Ein Erstattungsan-spruch besteht nicht, soweit der nachrangige Leistungsträger seine Leistungen auch bei Leis-tung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte erbringen müssen.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist als nachrangige Leistungsträ-gerin im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Nachrangigkeit ist nicht nur dann gegeben, wenn - wie etwa im Verhältnis von Sozialhilfeträgern und Sozialversicherungsträgern - "System-subsidiarität" besteht. Es reicht vielmehr aus, wenn im Sinne einer "Einzelfallsubsidiarität" die Zuständigkeit und Verpflichtung des Leistungsträgers schon im Zeitpunkt der Leistungs-gewährung originär subsidiär war, dh von Anfang an der Höhe nach von der Leistungsver-pflichtung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers abhängig war und außerdem der nachrangig verpflichtete Leistungsträger durch die Leistung des vorrangig verpflichteten Ta-rifs nicht endgültig von seiner Leistungspflicht befreit wird (BSG Urteil vom 29.4.1997 SozR 3-1300 § 107 Nr 10 mit Hinweis auf BSGE 58, 119 SozR 1300 § 104 Nr 7 mwN; ebenso BSG Urteil vom 22.05.2002 SozR 3-2600 § 93 Nr. 12 und LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 17.10.2000 - L 3 U 42/00 - HVBG-INFO 2001, 2249).
Dies ist hier der Fall. Die Leistungspflicht der Klägerin war von der Höhe der Leistungsver-pflichtung der Beklagten abhängig. Für den Fall des Zusammentreffens einer Rente aus der Rentenversicherung mit Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestimmt § 93 Abs. 1 SGB VI, dass die Rente insoweit nicht geleistet wird, als die Summe dieser Renten den Grenzbetrag übersteigt. Der Anspruch der Versicherten gegen die Klägerin entfällt danach durch die Anrechnung der Verletztenrente nicht endgültig. Die Klägerin ist lediglich insoweit nicht mehr leistungspflichtig. Mithin ist vorliegend eine Nachrangigkeit der Rente aus der Rentenversicherung zu bejahen. Aus dem Umstand, dass die Anrechnungsregelung des § 93 SGB VI den Zweck verfolgt, eine Überversorgung aus der Summierung teilweise zweckähn-licher Versicherungsleistungen aus zwei Zweigen der Sozialversicherung zu begrenzen (BSG Urteil vom 10.04.2003 - B 4 RA 32/02 R -) kann nichts hergeleitet werden, was gegen die Annahme einer Nachrangigkeit iSd § 104 SGB X spricht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 4 SGG in der bis zum 01.01.2002 geltenden Fassung (SGG a.F.). Danach sind die Kosten der am Verfahren beteiligten Körperschaften des öffentlichen Rechts nicht erstattungsfähig. Die Regelung in § 197a SGG findet keine Anwen-dung; sie erfasst nur Verfahren, die nach dem 1.1.2002 rechtshängig geworden sind, in denen also nach diesem Zeitpunkt Klage erhoben worden ist. In Verfahren, die vor dem Inkrafttreten des 6. SGGÄndG am 2.1.2002 anhängig gewesen sind und für die nach neuem Recht das Ge-richtskostengesetz (GKG) Anwendung finden würde, ergeht die Kostenentscheidung in jedem Rechtszug unabhängig vom Entscheidungszeitpunkt auf der Grundlage des § 193 SGG a.F. Dies folgt aus der in Art 17 Abs. 1 S. 2 des 6. SGGÄndG getroffenen Übergangsregelung. Dort wird zwar dem Wortlaut nach nur die Weitergeltung von § 183 SGG a.F. angeordnet; eine ausdrückliche Regelung, nach welchen Vorschriften in diesen Verfahren ab dem Inkraft-treten des 6. SGGÄndG die Kostengrundentscheidung zu treffen ist, ist in Art 17 nicht enthal-ten. Das BSG hat jedoch entschieden, dass die Anordnung der Weitergeltung des alten Rechts nicht nur die Gerichtskosten, sondern auch die Vorschriften für die Kostentragungspflicht der Beteiligten erfasst.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die hier zu entscheidende Frage ist durch die vom Senat zitierte Rechtsprechung des BSG geklärt; der Senat weicht mit seiner Entscheidung nicht von dieser Rechtsprechung ab.
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