Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 RJ 1585/04 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 RJ 2467/04 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Wird in Angelegenheiten der Sozialversicherung eine laufende Leistung entzogen, hat der (zulässige) Widerspruch aufschiebende Wirkung.
2. Missachtet der Versicherungsträger die aufschiebende Wirkung, kann auch nach den seit 2. Januar 2002 in Kraft getretenen Neuregelungen der §§ 86a, 86b SGG das Gericht feststellen, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung hat.
3. Eine auf die Weitergewährung der laufenden Leistung abzielende einstweilige Anordnung ist erst statthaft, wenn der Versicherungsträger auch die gerichtliche Feststellung der aufschiebenden Wirkung missachtet.
2. Missachtet der Versicherungsträger die aufschiebende Wirkung, kann auch nach den seit 2. Januar 2002 in Kraft getretenen Neuregelungen der §§ 86a, 86b SGG das Gericht feststellen, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung hat.
3. Eine auf die Weitergewährung der laufenden Leistung abzielende einstweilige Anordnung ist erst statthaft, wenn der Versicherungsträger auch die gerichtliche Feststellung der aufschiebenden Wirkung missachtet.
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 9. Juni 2004 abgeändert. Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 2. Juni 2004 aufschiebende Wirkung hat. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer zwei Drittel seiner außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde des Beschwerdeführers, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (vgl. § 174 Satz 1 1. Halbsatz des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]), ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft (vgl. § 172 Abs. 1 SGG) sowie nach § 173 Satz 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden.
Die Beschwerde ist sachlich zum Teil begründet.
Das dem Beschwerdeführer folgend vom Sozialgericht unzutreffend als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verstandene Begehren geht in Wirklichkeit dahin, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wegen des Bescheids vom 2. Juni 2004 festgestellt werden soll. Mit dem Bescheid vom 2. Juni 2004 hat die Beschwerdegegnerin den Bescheid vom 16. Mai 2003 ab 5. Juni 2004 nach § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben. Der Bescheid vom 16. Mai 2003 hatte die Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für die Zeit vom 16. Juni 2003 bis 8. Oktober 2005 (Vorbereitungslehrgang, Weiterbildung zum Fachinformatiker) verfügt; bewilligt waren u.a. Übergangsgeld sowie Tragung der Kosten der Weiterbildung im Berufsförderungswerk H. mit internatsmäßiger Unterbringung. Hilfweise begehrt der Beschwerdeführer im Wege der einstweiligen Anordnung, dass die Beschwerdegegnerin verpflichtet wird, eine auf das gleiche Ziel gerichtete Weiterbildung unter Rückversetzung in eine andere Gruppe vorläufig zu bewilligen.
Der wegen des Bescheids vom 2. Juni 2004 am 7. Juni 2004 eingelegte (zulässige) Widerspruch hat nach § 86 Abs. 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung. Nach § 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung lediglich für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen. Mit der Entziehung laufender Leistungen ist die auch mit Wirkung für die Zukunft ganz oder teilweise verfügte Beseitigung von Bescheiden über die Bewilligung von Leistungen gemeint; eine solche Entziehung hat hier die Beschwerdegegnerin zwar angeordnet. Indes ist das Entfallen der aufschiebenden Wirkung auf die Anfechtungsklage beschränkt. Eine solche ist aber noch nicht erhoben. Gegen den Bescheid vom 2. Juni 2004, dessen sofortige Vollziehung nach § 86a Abs.2 Nr.5 SGG auch nicht angeordnet worden ist, ist lediglich Widerspruch eingelegt. Dieser hat aber nach dem in § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG enthaltenen ausdrücklichen Gesetzesbefehl aufschiebende Wirkung. Das Wesen der aufschiebenden Wirkung besteht darin, dass die Beschwerdegegnerin die Aufhebung der Bewilligung nicht vollziehen darf, während des durch den Widerspruch eintretenden Schwebezustandes also keine Folgerungen aus der Aufhebung ziehen darf, vielmehr weiterhin Leistungen auf der Grundlage der bisherigen Bewilligung erbringen muss (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-1300 § 50 Nr. 20).
Der von der Vorinstanz aufgrund eines Gesprächs mit der Beschwerdegegnerin am 9. Juni 2004 gefertigte Aktenvermerk lässt erkennen, dass diese trotz der auf den Erlass des Aufhebungsbescheides zurückwirkenden aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vollendete Tatsachen schafft, indem sie sich als nicht mehr leistungspflichtig erachtet und keine Leistungen mehr erbringt. Die Beachtung der aufschiebenden Wirkung kann dadurch erreicht werden, dass das Gericht feststellt, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung hat.
Eine solche Feststellung ist zur Gewährung effektiven Rechtschutzes schon bisher für zulässig erachtet worden (vgl. BSG, Beschluss vom 11. Mai 1993 - 12 RK 82/92 -, abgedruckt in juris) und auch seit der ab 2. Januar 2002 in Kraft getretenen Neuregelung der §§ 86a, 86b SGG zulässig geblieben. Ob diese Befugnis auf eine entsprechende Anwendung von § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG (so Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 23. April 2002 - L 6 R 113/02 ER - abgedruckt in juris) oder von § 86b Abs.1 Satz 2 SGG gestützt oder Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes entnommen wird, kann offen bleiben. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdegegnerin die gerichtliche Feststellung der aufschiebenden Wirkung missachten wird; erst dann könnte an die Statthaftigkeit einer auf Weitergewährung der Leistungen gerichteten einstweiligen Anordnung gedacht werden (vgl. LSG Niedersachsen, Beschluss vom 8. Juli 1997 - L 1 Rlw 20/97 eR - abgedruckt in juris). Keinesfalls kann der Beschwerdeführer im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Aufhebung des Bescheids vom 2. Juni 2004 erreichen, sodass die hierauf gerichtete weitergehende Beschwerde keinen Erfolg haben kann.
Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es, nachdem der sinngemäß gestellte Hauptantrag Erfolg hatte, nicht.
Die in entsprechender Anwendung von § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG zu treffende Entscheidung über die Kosten berücksichtigt das Obsiegen und Unterliegen des Beschwerdeführers.
Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer zwei Drittel seiner außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde des Beschwerdeführers, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (vgl. § 174 Satz 1 1. Halbsatz des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]), ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft (vgl. § 172 Abs. 1 SGG) sowie nach § 173 Satz 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden.
Die Beschwerde ist sachlich zum Teil begründet.
Das dem Beschwerdeführer folgend vom Sozialgericht unzutreffend als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verstandene Begehren geht in Wirklichkeit dahin, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wegen des Bescheids vom 2. Juni 2004 festgestellt werden soll. Mit dem Bescheid vom 2. Juni 2004 hat die Beschwerdegegnerin den Bescheid vom 16. Mai 2003 ab 5. Juni 2004 nach § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben. Der Bescheid vom 16. Mai 2003 hatte die Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für die Zeit vom 16. Juni 2003 bis 8. Oktober 2005 (Vorbereitungslehrgang, Weiterbildung zum Fachinformatiker) verfügt; bewilligt waren u.a. Übergangsgeld sowie Tragung der Kosten der Weiterbildung im Berufsförderungswerk H. mit internatsmäßiger Unterbringung. Hilfweise begehrt der Beschwerdeführer im Wege der einstweiligen Anordnung, dass die Beschwerdegegnerin verpflichtet wird, eine auf das gleiche Ziel gerichtete Weiterbildung unter Rückversetzung in eine andere Gruppe vorläufig zu bewilligen.
Der wegen des Bescheids vom 2. Juni 2004 am 7. Juni 2004 eingelegte (zulässige) Widerspruch hat nach § 86 Abs. 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung. Nach § 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung lediglich für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen. Mit der Entziehung laufender Leistungen ist die auch mit Wirkung für die Zukunft ganz oder teilweise verfügte Beseitigung von Bescheiden über die Bewilligung von Leistungen gemeint; eine solche Entziehung hat hier die Beschwerdegegnerin zwar angeordnet. Indes ist das Entfallen der aufschiebenden Wirkung auf die Anfechtungsklage beschränkt. Eine solche ist aber noch nicht erhoben. Gegen den Bescheid vom 2. Juni 2004, dessen sofortige Vollziehung nach § 86a Abs.2 Nr.5 SGG auch nicht angeordnet worden ist, ist lediglich Widerspruch eingelegt. Dieser hat aber nach dem in § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG enthaltenen ausdrücklichen Gesetzesbefehl aufschiebende Wirkung. Das Wesen der aufschiebenden Wirkung besteht darin, dass die Beschwerdegegnerin die Aufhebung der Bewilligung nicht vollziehen darf, während des durch den Widerspruch eintretenden Schwebezustandes also keine Folgerungen aus der Aufhebung ziehen darf, vielmehr weiterhin Leistungen auf der Grundlage der bisherigen Bewilligung erbringen muss (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-1300 § 50 Nr. 20).
Der von der Vorinstanz aufgrund eines Gesprächs mit der Beschwerdegegnerin am 9. Juni 2004 gefertigte Aktenvermerk lässt erkennen, dass diese trotz der auf den Erlass des Aufhebungsbescheides zurückwirkenden aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vollendete Tatsachen schafft, indem sie sich als nicht mehr leistungspflichtig erachtet und keine Leistungen mehr erbringt. Die Beachtung der aufschiebenden Wirkung kann dadurch erreicht werden, dass das Gericht feststellt, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung hat.
Eine solche Feststellung ist zur Gewährung effektiven Rechtschutzes schon bisher für zulässig erachtet worden (vgl. BSG, Beschluss vom 11. Mai 1993 - 12 RK 82/92 -, abgedruckt in juris) und auch seit der ab 2. Januar 2002 in Kraft getretenen Neuregelung der §§ 86a, 86b SGG zulässig geblieben. Ob diese Befugnis auf eine entsprechende Anwendung von § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG (so Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 23. April 2002 - L 6 R 113/02 ER - abgedruckt in juris) oder von § 86b Abs.1 Satz 2 SGG gestützt oder Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes entnommen wird, kann offen bleiben. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdegegnerin die gerichtliche Feststellung der aufschiebenden Wirkung missachten wird; erst dann könnte an die Statthaftigkeit einer auf Weitergewährung der Leistungen gerichteten einstweiligen Anordnung gedacht werden (vgl. LSG Niedersachsen, Beschluss vom 8. Juli 1997 - L 1 Rlw 20/97 eR - abgedruckt in juris). Keinesfalls kann der Beschwerdeführer im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Aufhebung des Bescheids vom 2. Juni 2004 erreichen, sodass die hierauf gerichtete weitergehende Beschwerde keinen Erfolg haben kann.
Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es, nachdem der sinngemäß gestellte Hauptantrag Erfolg hatte, nicht.
Die in entsprechender Anwendung von § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG zu treffende Entscheidung über die Kosten berücksichtigt das Obsiegen und Unterliegen des Beschwerdeführers.
Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
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