Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 20 SO 17/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Aus dem Wortlaut von § 83 Abs. 1 SGB XII folgt, dass insoweit das Wohngeld als Einkommen zu berücksichtigen ist. Aus der Vorschrift kann nicht abgeleitet werden, dass es bedarfsmindernd Berücksichtigung finden muss. Eine Vorschrift, die eine bedarfsmindernde Anrechnung vorschreibt, besteht im SGB XII nicht.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII.
Der Kläger bezog zunächst Leistungen nach dem SGB XII von der Beklagten. Zuletzt bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 26. November 2013 für den Zeitraum 1. Januar 2014 bis 30. April 2014 monatliche Leistungen i.H.v. 51,84 EUR (Bl. 245 VA).
Der Kläger bewohnt gemeinsam mit seiner Frau und drei Kindern eine 116 m² große Wohnung (Bl. 253 VA).
Am 29. April 2014 beantragte der Kläger erneut Leistungen bei der Beklagten. Im Antrag wurde angegeben, dass er über eine Rente von 662,17 EUR (netto seit 1. Juli 2013 Bl. 254 VA) und Wohngeld i.H.v. 76 EUR verfüge. Vermögen liege keines vor. Für Kranken- und Pflegeversicherung zahle er einen Beitrag von 155,96 EUR (ab 1. Juli 2013, Bl. 256 VA). Für die bewohnte Unterkunft sei eine Gesamtmiete i.H.v. 1062 EUR zu zahlen. Die Kaltmiete beliefe sich auf 762 EUR. Die Nebenkosten hätten sich bei der letzten Jahresabrechnung auf 3.789,45 EUR belaufen. Dem Antrag beigefügt war der Wohngeldbescheid vom 27. Januar 2014 (Bl. 252 VA), dessen Adressat der Kläger ist. Ausweislich des Bescheides wurden dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014 Wohngeld i.H.v. 76 EUR monatlich bewilligt.
Mit Schreiben vom 8. Mai 2014 meldete die Beklagte einen Erstattungsanspruch gegenüber der Wohngeldstelle an (Bl. 257 VA).
Mit Bescheid vom 8. Mai 2014 lehnte die Beklagte die Leistungsgewährung ab. In der Begründung wird ausgeführt, dass der Wohngeldanspruch des Klägers i.H.v. 76 EUR monatlich höher ausfällt als der Grundsicherungsanspruch i.H.v. 51,84 EUR. Damit sei das Wohngeld die vorrangige Leistung und Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII könnten nicht weiter gewährt werden. Des Weiteren wird mitgeteilt, dass für den Zeitraum Januar bis einschließlich April 2014 wird seitens des Hochtaunuskreises ein Erstattungsanspruch bei der Wohngeldstelle der Stadt A-Stadt geltend gemacht werde (Bl. 261 VA).
Mit Schreiben vom 6. Juni 2014 legte der damalige Prozessbevollmächtigte Widerspruch ein (Bl. 265 VA). In der Widerspruchsbegründung wurde um Darlegung der Berechnung gebeten. Auf dem Widerspruchsschreiben ist handschriftlich vermerkt "Ehefrau mit Kindern dem SGB II - Bezug, Wohngeld wird von Frau bezogen" (Bl. 265 VA).
Mit Schreiben vom 10. Juni 2014 erläuterte die Beklagte ihre Rechtsansicht und übersandte ein Berechnungsblatt (Bl. 268, 269 VA).
Mit Schreiben vom 5. August 2014 meldete sich der hiesige Prozessbevollmächtigte und teilte mit, dass die Berechnung der Beklagten fehlerhaft sei. Das Wohngeld sei eine zweckbestimmte Leistung im Sinne von § 83 Abs. 1 SGB XII, denn es werde zur wirtschaftlichen Sicherung des angemessenen und familiengerechten Wohnens bewilligt, was der Deckung der Kosten der Unterkunft entspreche. Wohngeld sei deshalb nur entsprechend dem in den identischen Zweck auf den Grundsicherungsbedarf anzurechnen. Folglich sei das Wohngeld nur auf die Kosten der Unterkunft und nach Kopfteilen der Haushaltsgemeinschaft aufgeteilt anzurechnen. In der weiteren Begründung wird auf Kommentierungen zum BSHG verwiesen. Die Summe von 76 EUR sei deshalb von den Gesamtkosten der Unterkunft aller Familienmitglieder abzusetzen. So ergeben sich Unterkunftskosten i.H.v. 965,98 EUR als zu berücksichtigender Kosten der Unterkunft, von denen 1/5 auf den Widerspruchsführer entfielen. In der Bedarfsrechnung des Widerspruchsführers seien mithin 193,18 EUR als Kosten der Unterkunft einzustellen. Darüber hinaus seien die Beiträge für die private Haftpflichtversicherung als notwendiger Ausgaben vom Renteneinkommen gemäß § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII abzusetzen. Des Weiteren wurde mitgeteilt, dass die Altersrente ab 1. Juli 2014 i.H.v. 673,23 EUR gewährt werde. Die Kosten für die freiwillige Kranken und Pflegeversicherung beliefen sich ab 1. Juli 2014 auf 159,98 Euro (Bl. 271 e, 271 f VA).
Mit Schreiben vom 26. August 2014 mahnte der Prozessbevollmächtigte einer Entscheidung an und übersandte einen Versicherungsschein, der den Versicherungsnehmer nicht erkennen lässt, aus dem sich einmonatlich zu zahlender Betrag von 11,61 EUR ergibt (Bl. 271 m VA).
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.Januar 2017 zurückgewiesen (Bl. 274 VA).
Der Kläger hat am 25. Februar 2017 Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben.
Auf Nachfrage des Gerichts hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren mitgeteilt, dass sich die Kaltmiete auf 1062 EUR beliefen. Und im Jahre 2014 Nebenkosten i.H.v. 3.972,93 EUR (Bl. 66 GA) entstanden seien. Im Jahr 2015 seien Nebenkosten i.H.v. 3.807,53 EUR entstanden (Bl. 68 VA). Ab 1. Juni 2015 bezog der Kläger eine Regelaltersrente i.H.v. 687,34 EUR (vergleiche Bl. 7 PKH Heft).
Der Kläger ist der Ansicht, dass der angegriffene Bescheid rechtswidrig sei. Nach Ansicht des Klägers sei das Wohngeld auf die Kosten der Unterkunft anzurechnen und nach Kopfteilen umzulegen. Danach ergebe sich ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 08.05.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.01.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab dem 01.05.2014 bis 31.12.2015 Leistung der Grundsicherung im Alter im gesetzlichen Umfang nebst 4 % Zinsen seit dem 01.11.2014 zu bewilligen und auszuzahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass der angegriffene Bescheid rechtmäßig sei. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII. Wie anhand der Berechnungsblätter, die dem Widerspruchsbescheid beigefügt waren, nachzuvollziehen sei, setze sich der Bedarf des Klägers aus dem Regelsatz der Regelbedarfsstufe 2 (Ehegatte), den anteiligen Unterkunftskosten und den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung zusammen. Dem seien das Renteneinkommen und das Wohngeld in voller Höhe gegenübergestellt worden und die Beiträge für die Haftpflichtversicherung in Abzug gebracht. Da die Einkünfte den Bedarf übersteigen, ergebe sich kein Leistungsanspruch. Da durch die Zahlung von Wohngeld die Hilfebedürftigkeit des Klägers vermieden bzw. beseitigt werden könne (§ 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 WoGG), sei er nicht gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WoGG vom Wohngeld ausgeschlossen. Er sei als alleiniger Mieter und Mitnutzer der Wohnung wohngeldberechtigt im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 WoGG und könne mit Hilfe des an ihn zu zahlenden Wohngeldes seinen Grundsicherungsbedarf vollständig decken. Es treffe nicht zu, dass das Wohngeld von den gesamten Unterkunftskosten der gemischten Bedarfsgemeinschaft abzuziehen sei und die verbleibenden Kosten zu einem Fünftel als Bedarf des Klägers zu berücksichtigen seien. Entgegen seiner Auffassung ließe sich diese Art der Berechnung insbesondere nicht mit der früheren Regelung des § 77 Abs. 1 BSHG begründen, denn das Bundesverwaltungsgericht habe mit Urteil vom 16.12.2004, Az. 5 C 50/03, eindeutig entschieden, dass Wohngeld sozialhilferechtlich nicht auf der Bedarfs-, sondern auf der Einkommensseite zu berücksichtigen sei und Einkommen desjenigen sei, an den es auf Grund seiner Antragsberechtigung nach dem Wohngeldgesetz ausgezahlt werde. Im Übrigen werde auf die Kommentierung von Schmidt in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 83 SGB XII verwiesen, Rn.14, der ebenfalls der Meinung ist, dass Wohngeld beim Bezieher als Einkommen anzusehen ist und nicht den Bedarf der Unterkunftskosten mindere.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2019 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angegriffene Bescheid vom 8. Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Aus diesem Grund ist die Klage abzuweisen.
Dem Kläger steht entgegen seiner Ansicht kein weiterer Leistungsanspruch gegen den Beklagten für den Leistungszeitraum 1. Mai 2014 bis 31. Dezember 2015 zu. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung die Klage auf den oben genannten Zeitraum beschränkt.
Der Beklagte wäre ausschließlich zuständiger Träger für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen. Eine Zuständigkeit des SGB II- Trägers besteht vorliegend nicht, da der 1946 geborene Kläger die Altersgrenze nach § 7 a SGB II erreicht hat. Er hat daher keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, auch wenn er mit seiner erwerbsfähigen Ehefrau und den minderjährigen Kindern in einer Bedarfsgemeinschaft lebt (vgl. BSG, Urteil vom 15. April 2008, Az.: B 14/7b AS 58/06 R, Rn 31).
Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig. Die der Ablehnung zu Grunde liegende Berechnung des Beklagten erging in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften.
Zutreffend hat der Beklagte, das dem Kläger gewährte Wohngeld als Einkommen berücksichtigt. Aufgrund des Einkommens des Klägers besteht kein Anspruch auf ergänzende Leistungsgewährung durch den Beklagten.
Zutreffend stützt sich der Beklagte insoweit auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses hatte im Urteil vom 16. Dezember 2004 ausgeführt: "Wohngeld ist sozialhilferechtlich nicht auf der Bedarfs-, sondern auf der Einkommensseite zu berücksichtigen (Bestätigung von BVerwGE 45, 157; 75, 168)" BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2004 – 5 C 50/03 –, BVerwGE 122, 317-321). In der Entscheidung wurde klargestellt, dass Wohngeld sozialhilferechtlich Einkommen desjenigen sei, an den es auf Grund seiner Antragsberechtigung nach dem Wohngeldgesetz ausgezahlt wird (BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2004 – 5 C 50/03 –, BVerwGE 122, 317-321).
Obwohl die Rechtsprechung für die Regelungen im BSHG erging, ist diese Rechtsprechung nach Ansicht der Kammer auf die Regelungen im SGB XII uneingeschränkt übertragbar. Gestützt wird diese Ansicht durch § 83 Abs. 1 SGB XII.
Gemäß § 83 Abs. 1 SGB XII sind Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im Einzelfall demselben Zweck dient (§ 83 SGB XII in der Fassung vom 27.12.2003).
Die Kammer teilt die Ansicht des Beklagten, wonach die Gewährung von Wohngeld demselben Zweck wie die Gewährung von Sozialhilfeleistungen zur Deckung der Kosten der Unterkunft dient.
"Das Wohngeld nach § 1 Abs. 1 WoGG wird zu dem ausdrücklich genannten Zweck der Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens geleistet. Soweit die Sozialhilfe auch in der Übernahme von Aufwendungen für die Unterkunft besteht, ist der Zweck des Wohngelds mit dem der Sozialhilfe identisch" (Schmidt in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 83 SGB XII, Rn. 14).
Aus dem Wortlaut von § 83 Abs. 1 SGB XII folgt, dass insoweit das Wohngeld als Einkommen zu berücksichtigen ist. Aus der Vorschrift kann nicht abgeleitet werden, dass es bedarfsmindernd, wie vom Kläger vertreten, Berücksichtigung finden muss. Eine Vorschrift, die eine bedarfsmindernde Anrechnung vorschreibt, besteht im SGB XII nicht.
Zwar hat der Kläger auf dadurch auftretende Wertungswidersprüche an hingewiesen. So hat er zutreffend aufgezeigt, dass für den Fall, dass das Wohngeld von seiner Frau beantragt werden würde, dieses nur ihr als Einkommen anzurechnen sei. Dieses Argument ist zwar zutreffend, jedoch ist dem zu entgegnen, dass es der Kläger und seine Familie in der Hand hatten, die Leistungen durch die Frau zu beantragen. Diese Form der Antragstellung war vom Kläger selbst gewählt worden.
Soweit der Kläger sich darauf beruft, dass die Wohngeldzahlung nicht nur seiner Sicherung der Unterkunft dient, sondern der der gesamten Familie, kann dies aber aufgrund des Wortlautes von § 83 Abs. 1 SGB XII keine Berücksichtigung finden. Denn im Ergebnis erfolgt durch diese Vorschrift keine Schlechterstellung der Familie als Ganzes. Da im Rahmen einer Antragstellung im SGB II der Leistungsanspruch der gesamten Familie als Bedarfsgemeinschaft berechnet werden würde, und damit gesichert ist, dass eine Unterdeckung nicht eintritt.
Im Rahmen des hiesigen Verfahrens ist allerdings Leistungsanspruch der anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht zu prüfen.
Der angegriffene Bescheid ist daher rechtmäßig, da der Bedarf des Klägers vollumfänglich durch das von ihm erzielte Einkommen gedeckt wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gegen die Entscheidung ist das Rechtsmittel der Berufung gemäß § 144 Abs. 1 S. 2 SGG statthaft.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII.
Der Kläger bezog zunächst Leistungen nach dem SGB XII von der Beklagten. Zuletzt bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 26. November 2013 für den Zeitraum 1. Januar 2014 bis 30. April 2014 monatliche Leistungen i.H.v. 51,84 EUR (Bl. 245 VA).
Der Kläger bewohnt gemeinsam mit seiner Frau und drei Kindern eine 116 m² große Wohnung (Bl. 253 VA).
Am 29. April 2014 beantragte der Kläger erneut Leistungen bei der Beklagten. Im Antrag wurde angegeben, dass er über eine Rente von 662,17 EUR (netto seit 1. Juli 2013 Bl. 254 VA) und Wohngeld i.H.v. 76 EUR verfüge. Vermögen liege keines vor. Für Kranken- und Pflegeversicherung zahle er einen Beitrag von 155,96 EUR (ab 1. Juli 2013, Bl. 256 VA). Für die bewohnte Unterkunft sei eine Gesamtmiete i.H.v. 1062 EUR zu zahlen. Die Kaltmiete beliefe sich auf 762 EUR. Die Nebenkosten hätten sich bei der letzten Jahresabrechnung auf 3.789,45 EUR belaufen. Dem Antrag beigefügt war der Wohngeldbescheid vom 27. Januar 2014 (Bl. 252 VA), dessen Adressat der Kläger ist. Ausweislich des Bescheides wurden dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014 Wohngeld i.H.v. 76 EUR monatlich bewilligt.
Mit Schreiben vom 8. Mai 2014 meldete die Beklagte einen Erstattungsanspruch gegenüber der Wohngeldstelle an (Bl. 257 VA).
Mit Bescheid vom 8. Mai 2014 lehnte die Beklagte die Leistungsgewährung ab. In der Begründung wird ausgeführt, dass der Wohngeldanspruch des Klägers i.H.v. 76 EUR monatlich höher ausfällt als der Grundsicherungsanspruch i.H.v. 51,84 EUR. Damit sei das Wohngeld die vorrangige Leistung und Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII könnten nicht weiter gewährt werden. Des Weiteren wird mitgeteilt, dass für den Zeitraum Januar bis einschließlich April 2014 wird seitens des Hochtaunuskreises ein Erstattungsanspruch bei der Wohngeldstelle der Stadt A-Stadt geltend gemacht werde (Bl. 261 VA).
Mit Schreiben vom 6. Juni 2014 legte der damalige Prozessbevollmächtigte Widerspruch ein (Bl. 265 VA). In der Widerspruchsbegründung wurde um Darlegung der Berechnung gebeten. Auf dem Widerspruchsschreiben ist handschriftlich vermerkt "Ehefrau mit Kindern dem SGB II - Bezug, Wohngeld wird von Frau bezogen" (Bl. 265 VA).
Mit Schreiben vom 10. Juni 2014 erläuterte die Beklagte ihre Rechtsansicht und übersandte ein Berechnungsblatt (Bl. 268, 269 VA).
Mit Schreiben vom 5. August 2014 meldete sich der hiesige Prozessbevollmächtigte und teilte mit, dass die Berechnung der Beklagten fehlerhaft sei. Das Wohngeld sei eine zweckbestimmte Leistung im Sinne von § 83 Abs. 1 SGB XII, denn es werde zur wirtschaftlichen Sicherung des angemessenen und familiengerechten Wohnens bewilligt, was der Deckung der Kosten der Unterkunft entspreche. Wohngeld sei deshalb nur entsprechend dem in den identischen Zweck auf den Grundsicherungsbedarf anzurechnen. Folglich sei das Wohngeld nur auf die Kosten der Unterkunft und nach Kopfteilen der Haushaltsgemeinschaft aufgeteilt anzurechnen. In der weiteren Begründung wird auf Kommentierungen zum BSHG verwiesen. Die Summe von 76 EUR sei deshalb von den Gesamtkosten der Unterkunft aller Familienmitglieder abzusetzen. So ergeben sich Unterkunftskosten i.H.v. 965,98 EUR als zu berücksichtigender Kosten der Unterkunft, von denen 1/5 auf den Widerspruchsführer entfielen. In der Bedarfsrechnung des Widerspruchsführers seien mithin 193,18 EUR als Kosten der Unterkunft einzustellen. Darüber hinaus seien die Beiträge für die private Haftpflichtversicherung als notwendiger Ausgaben vom Renteneinkommen gemäß § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII abzusetzen. Des Weiteren wurde mitgeteilt, dass die Altersrente ab 1. Juli 2014 i.H.v. 673,23 EUR gewährt werde. Die Kosten für die freiwillige Kranken und Pflegeversicherung beliefen sich ab 1. Juli 2014 auf 159,98 Euro (Bl. 271 e, 271 f VA).
Mit Schreiben vom 26. August 2014 mahnte der Prozessbevollmächtigte einer Entscheidung an und übersandte einen Versicherungsschein, der den Versicherungsnehmer nicht erkennen lässt, aus dem sich einmonatlich zu zahlender Betrag von 11,61 EUR ergibt (Bl. 271 m VA).
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.Januar 2017 zurückgewiesen (Bl. 274 VA).
Der Kläger hat am 25. Februar 2017 Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben.
Auf Nachfrage des Gerichts hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren mitgeteilt, dass sich die Kaltmiete auf 1062 EUR beliefen. Und im Jahre 2014 Nebenkosten i.H.v. 3.972,93 EUR (Bl. 66 GA) entstanden seien. Im Jahr 2015 seien Nebenkosten i.H.v. 3.807,53 EUR entstanden (Bl. 68 VA). Ab 1. Juni 2015 bezog der Kläger eine Regelaltersrente i.H.v. 687,34 EUR (vergleiche Bl. 7 PKH Heft).
Der Kläger ist der Ansicht, dass der angegriffene Bescheid rechtswidrig sei. Nach Ansicht des Klägers sei das Wohngeld auf die Kosten der Unterkunft anzurechnen und nach Kopfteilen umzulegen. Danach ergebe sich ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 08.05.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.01.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab dem 01.05.2014 bis 31.12.2015 Leistung der Grundsicherung im Alter im gesetzlichen Umfang nebst 4 % Zinsen seit dem 01.11.2014 zu bewilligen und auszuzahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass der angegriffene Bescheid rechtmäßig sei. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII. Wie anhand der Berechnungsblätter, die dem Widerspruchsbescheid beigefügt waren, nachzuvollziehen sei, setze sich der Bedarf des Klägers aus dem Regelsatz der Regelbedarfsstufe 2 (Ehegatte), den anteiligen Unterkunftskosten und den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung zusammen. Dem seien das Renteneinkommen und das Wohngeld in voller Höhe gegenübergestellt worden und die Beiträge für die Haftpflichtversicherung in Abzug gebracht. Da die Einkünfte den Bedarf übersteigen, ergebe sich kein Leistungsanspruch. Da durch die Zahlung von Wohngeld die Hilfebedürftigkeit des Klägers vermieden bzw. beseitigt werden könne (§ 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 WoGG), sei er nicht gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WoGG vom Wohngeld ausgeschlossen. Er sei als alleiniger Mieter und Mitnutzer der Wohnung wohngeldberechtigt im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 WoGG und könne mit Hilfe des an ihn zu zahlenden Wohngeldes seinen Grundsicherungsbedarf vollständig decken. Es treffe nicht zu, dass das Wohngeld von den gesamten Unterkunftskosten der gemischten Bedarfsgemeinschaft abzuziehen sei und die verbleibenden Kosten zu einem Fünftel als Bedarf des Klägers zu berücksichtigen seien. Entgegen seiner Auffassung ließe sich diese Art der Berechnung insbesondere nicht mit der früheren Regelung des § 77 Abs. 1 BSHG begründen, denn das Bundesverwaltungsgericht habe mit Urteil vom 16.12.2004, Az. 5 C 50/03, eindeutig entschieden, dass Wohngeld sozialhilferechtlich nicht auf der Bedarfs-, sondern auf der Einkommensseite zu berücksichtigen sei und Einkommen desjenigen sei, an den es auf Grund seiner Antragsberechtigung nach dem Wohngeldgesetz ausgezahlt werde. Im Übrigen werde auf die Kommentierung von Schmidt in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 83 SGB XII verwiesen, Rn.14, der ebenfalls der Meinung ist, dass Wohngeld beim Bezieher als Einkommen anzusehen ist und nicht den Bedarf der Unterkunftskosten mindere.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2019 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angegriffene Bescheid vom 8. Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Aus diesem Grund ist die Klage abzuweisen.
Dem Kläger steht entgegen seiner Ansicht kein weiterer Leistungsanspruch gegen den Beklagten für den Leistungszeitraum 1. Mai 2014 bis 31. Dezember 2015 zu. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung die Klage auf den oben genannten Zeitraum beschränkt.
Der Beklagte wäre ausschließlich zuständiger Träger für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen. Eine Zuständigkeit des SGB II- Trägers besteht vorliegend nicht, da der 1946 geborene Kläger die Altersgrenze nach § 7 a SGB II erreicht hat. Er hat daher keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, auch wenn er mit seiner erwerbsfähigen Ehefrau und den minderjährigen Kindern in einer Bedarfsgemeinschaft lebt (vgl. BSG, Urteil vom 15. April 2008, Az.: B 14/7b AS 58/06 R, Rn 31).
Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig. Die der Ablehnung zu Grunde liegende Berechnung des Beklagten erging in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften.
Zutreffend hat der Beklagte, das dem Kläger gewährte Wohngeld als Einkommen berücksichtigt. Aufgrund des Einkommens des Klägers besteht kein Anspruch auf ergänzende Leistungsgewährung durch den Beklagten.
Zutreffend stützt sich der Beklagte insoweit auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses hatte im Urteil vom 16. Dezember 2004 ausgeführt: "Wohngeld ist sozialhilferechtlich nicht auf der Bedarfs-, sondern auf der Einkommensseite zu berücksichtigen (Bestätigung von BVerwGE 45, 157; 75, 168)" BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2004 – 5 C 50/03 –, BVerwGE 122, 317-321). In der Entscheidung wurde klargestellt, dass Wohngeld sozialhilferechtlich Einkommen desjenigen sei, an den es auf Grund seiner Antragsberechtigung nach dem Wohngeldgesetz ausgezahlt wird (BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2004 – 5 C 50/03 –, BVerwGE 122, 317-321).
Obwohl die Rechtsprechung für die Regelungen im BSHG erging, ist diese Rechtsprechung nach Ansicht der Kammer auf die Regelungen im SGB XII uneingeschränkt übertragbar. Gestützt wird diese Ansicht durch § 83 Abs. 1 SGB XII.
Gemäß § 83 Abs. 1 SGB XII sind Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im Einzelfall demselben Zweck dient (§ 83 SGB XII in der Fassung vom 27.12.2003).
Die Kammer teilt die Ansicht des Beklagten, wonach die Gewährung von Wohngeld demselben Zweck wie die Gewährung von Sozialhilfeleistungen zur Deckung der Kosten der Unterkunft dient.
"Das Wohngeld nach § 1 Abs. 1 WoGG wird zu dem ausdrücklich genannten Zweck der Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens geleistet. Soweit die Sozialhilfe auch in der Übernahme von Aufwendungen für die Unterkunft besteht, ist der Zweck des Wohngelds mit dem der Sozialhilfe identisch" (Schmidt in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 83 SGB XII, Rn. 14).
Aus dem Wortlaut von § 83 Abs. 1 SGB XII folgt, dass insoweit das Wohngeld als Einkommen zu berücksichtigen ist. Aus der Vorschrift kann nicht abgeleitet werden, dass es bedarfsmindernd, wie vom Kläger vertreten, Berücksichtigung finden muss. Eine Vorschrift, die eine bedarfsmindernde Anrechnung vorschreibt, besteht im SGB XII nicht.
Zwar hat der Kläger auf dadurch auftretende Wertungswidersprüche an hingewiesen. So hat er zutreffend aufgezeigt, dass für den Fall, dass das Wohngeld von seiner Frau beantragt werden würde, dieses nur ihr als Einkommen anzurechnen sei. Dieses Argument ist zwar zutreffend, jedoch ist dem zu entgegnen, dass es der Kläger und seine Familie in der Hand hatten, die Leistungen durch die Frau zu beantragen. Diese Form der Antragstellung war vom Kläger selbst gewählt worden.
Soweit der Kläger sich darauf beruft, dass die Wohngeldzahlung nicht nur seiner Sicherung der Unterkunft dient, sondern der der gesamten Familie, kann dies aber aufgrund des Wortlautes von § 83 Abs. 1 SGB XII keine Berücksichtigung finden. Denn im Ergebnis erfolgt durch diese Vorschrift keine Schlechterstellung der Familie als Ganzes. Da im Rahmen einer Antragstellung im SGB II der Leistungsanspruch der gesamten Familie als Bedarfsgemeinschaft berechnet werden würde, und damit gesichert ist, dass eine Unterdeckung nicht eintritt.
Im Rahmen des hiesigen Verfahrens ist allerdings Leistungsanspruch der anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht zu prüfen.
Der angegriffene Bescheid ist daher rechtmäßig, da der Bedarf des Klägers vollumfänglich durch das von ihm erzielte Einkommen gedeckt wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gegen die Entscheidung ist das Rechtsmittel der Berufung gemäß § 144 Abs. 1 S. 2 SGG statthaft.
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