Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 7 AS 483/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 361/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei dem Freibetrag, der einem zwar volljährigen, aber unter 25-jährigen, unverheirateten im Haushalt eines Elternteiles lebenden Kind nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II zusteht, handelt es sich ebenso wenig wie bei dem Freibetrag eines minderjährigen Kindes nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II um einen "Familienfreibetrag"; er kann daher nicht auf bei einem anderen Familienmitglied vorhandenes Vermögen übertragen werden.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 23. Mai 2018 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren Kosten nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1. April 2016 bis 31. März 2017.
Die 1968 geborene Klägerin ist geschieden und lebte im Streitzeitraum mit ihren beiden Kindern B. (geboren 1998) und C. (geboren 2010) in einem gemeinsamen Haushalt. Wegen der bevorstehenden Erschöpfung ihres Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) stellte sie am 6. April 2016 für sich und ihre Kinder einen Antrag auf laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) bei dem Beklagten. In der Anlage des Formblattantrags zur Feststellung der Vermögensverhältnisse (Anlage VM) führte sie einen Bausparvertrag, eine Kapitallebensversicherung, ein Konto ihrer Tochter B. bei der D-bank mit einem Guthaben in Höhe von circa 25.100,- Euro und ein eigenes Konto bei der E. Bank mit einem Guthaben in Höhe von circa 310,- Euro auf. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 47 ff. der zur Klägerin und ihren Kindern geführten Leistungsakte des Beklagten – im Folgenden: LA – Bezug genommen.
Der Beklagte versagte zunächst die Erbringung von Leistungen durch Bescheid vom 23. Dezember 2016 (LA Bl. 6), da die Klägerin von ihm angeforderte Unterlagen nicht vorgelegt hatte. Nachdem diese dann am 3. Februar 2017 bei ihm vorgesprochen und mitgeteilt hatte, dass auf Grund des 18. Geburtstags ihrer Tochter aktuell weder sie selbst noch ihre Tochter auf das Guthaben bei der D-bank zugreifen könnten, gewährte er mit Bescheid vom gleichen Tage ein zinsloses Darlehen in Höhe von einmalig 1.130,79 Euro, das anhand der bei der Klägerin und ihrer Tochter bestehenden Bedarfe im Februar 2017 berechnet war. Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl. 80 ff. Bezug genommen.
Dagegen lehnte der Beklagte, nachdem die Klägerin weitere Unterlagen vorgelegt hatte, mit dem angegriffenen Bescheid vom 12. Mai 2017 den Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch für die Zeit vom 1. April 2016 bis 31. März 2017 ab, da die Klägerin über verwertbares Vermögen in Höhe von 29.901,47 Euro verfüge, das die Vermögensfreibeträge von 9.450,- Euro übersteige. Für die Zeit von 1. April 2017 bis 30. September 2017 bewilligte er dagegen mit weiterem Bescheid, ebenfalls vom 12. Mai 2017, vorläufig Arbeitslosengeld II zu Gunsten der Klägerin. Ansprüche der Kinder sah der Bescheid mit Blick auf deren Einkommen aus Kindergeld und Unterhaltszahlungen des Vaters nicht vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 126 f. und Bl. 131 ff. LA verwiesen.
Gegen die Leistungsablehnung legte die Klägerin am 29. Mai 2017 Widerspruch ein, da die Entscheidung nicht nachvollzogen werden könne. Im Übrigen stehe ihr ein Vermögensfreibetrag in Höhe von 15.800,- Euro zu, wovon auf beide Kinder jeweils 3.100,- Euro, auf sie selbst 7.350,- Euro entfielen. Wegen des Widerspruchs und seiner Begründung wird im Übrigen auf Bl. 147 und Bl. 149 f. LA Bezug genommen.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. August 2017 als unbegründet zurück. Von dem insgesamt zu berücksichtigenden Vermögen von 29.901,47 Euro sei gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ein Grundfreibetrag in Höhe von 150,- Euro je vollendetem Lebensjahr für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende volljährige Person und deren Partnerin oder Partner abzusetzen, mindestens aber jeweils 3.100,- Euro. Die Klägerin habe am 1. April 2016, dem Beginn des Bewilligungsabschnittes, das 48. Lebensjahr vollendet [tatsächlich geschah dies erst im Sommer 2016], so dass sich für sie ein Grundfreibetrag in Höhe von 7.200,- Euro ergebe. Des Weiteren sei gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750,- Euro für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Leistungsberechtigten zu berücksichtigen, so dass sich ein Freibetrag in Höhe von 2.250,- Euro errechne. Das verwertbare Vermögen übersteige den Gesamtfreibetrag um 20.451,47 Euro. Den Verbrauch des den Vermögensfreibetrag übersteigenden Teiles des Vermögens habe die Klägerin im April 2017 nachgewiesen, so dass ihr ab April 2017 Leistungen hätten gewährt werden können. Vorher mangele es an der nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 9 SGB II erforderlichen Hilfebedürftigkeit. Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl. 188 ff. Bezug genommen.
Die Klägerin hat daraufhin – nach Zustellung des Widerspruchsbescheides am 14. August 2017 – unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens am 14. September 2017 Klage zum Sozialgericht Kassel erhoben. Es sei ein höherer Freibetrag zu berücksichtigten. Bei dem Konto bei der D-bank handele es sich zudem um ein Konto ihrer Tochter. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat sie hierzu ausgeführt, es sei bis heute nicht einmal geklärt, ob es sich tatsächlich um ihr Vermögen gehandelt habe. Schließlich sei das Geld aus ihrer Abfindung in Höhe von circa 28.000,- Euro nicht auf ihrem Konto angelegt worden, sondern auf dem Konto ihrer Tochter B. Dieses Geld, das sie nach Ausscheiden wegen Mobbings aus ihrem Arbeitsvertrag als Abfindung erhalten habe, sei "natürlich für uns alle" gedacht gewesen. Denn auch für ihre Kinder sei es ja so gewesen, dass sie für deren Ausbildung, für weitere Belange, Auto, Abitur etc. habe geradestehen müssen. Sie habe das Geld dann auf dem Bankkonto der D-bank "geparkt", weil es dort noch einen geringfügigen Mehrbetrag an Zinsen gegeben habe als auf ihrem eigenen Konto. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 30 f. der Gerichtsakte – im Folgenden: GA – Bezug genommen.
Der Beklagte hat demgegenüber an seiner Auffassung und Berechnung der Vermögenswerte und -freibeträge festgehalten. Er hat dazu weitere Unterlagen vorgelegt, wonach die Klägerin aus ihrem letzten versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis eine Abfindung in Höhe von 45.000,- Euro brutto, nach Angaben der Klägerin 29.000,- Euro netto, erhalten habe, das auf das Tagesgeldkonto ihrer Tochter B. bei der D-bank geflossen sei. Im April 2016 habe sich der Kontostand auf 28.381,44 Euro belaufen. Erst im März beziehungsweise April 2017 habe das Vermögen unterhalb des Freibetrages gelegen, was sich aus Kontoauszügen des Tagesgeldkontos der D-bank in Höhe von 9.515,60 Euro (GA Bl. 20; aus dem März 2017) beziehungsweise 8.068,14 Euro (GA Bl. 21; aus dem April 2017) ergebe.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 23. Mai 2018 abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, die zulässige Klage sei nicht begründet. Zu Recht habe der Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden entschieden, dass Vermögensfreibeträge der Kinder keine Übertragung auf das Vermögen der Klägerin fänden. Da ihr Vermögen bei der D-bank erst im März 2017 beziehungsweise April 2017 auf 9.515,60 Euro beziehungsweise 8.068,14 Euro herabgesunken sei, habe ein Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch im Streitzeitraum vom 1. April 2016 bis 31. März 2017 nicht bestanden.
Zunächst sei die vom Beklagten vorgenommene Berechnung der Vermögensfreibeträge für die Klägerin in Höhe von 7.200,- Euro gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II (150, Euro je vollendetem Lebensjahr bei Vollendung des 48. Lebensjahres) zutreffend. Auch die Freibeträge nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II in Höhe von 750,- Euro seien mit einer Gesamthöhe von 2.250,- Euro bei von dem Beklagten angenommenen drei Personen der Bedarfsgemeinschaft zutreffend berechnet. Eine Übertragung der (weiteren) Vermögensfreibeträge ihrer Kinder von jeweils 3.100 Euro auf das Vermögen der Klägerin komme nicht in Betracht.
Das Bundessozialgericht habe in seinem Urteil vom 13. Mai 2009 (B 4 AS 58/08 R, juris, Rn. 21 f.) ausgeführt, dass zur Entstehungsgeschichte von § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a SGB II (bezogen auf minderjährige Kinder) zu beachten sei, dass der ursprüngliche Gesetzentwurf [des Sozialgesetzbuches Zweites Buch] vorgesehen habe, dass minderjährige Kinder ihr Vermögen vollständig für ihren Lebensunterhalt verbrauchen sollten, bevor die Einstandspflicht der Eltern eingreife. Später sei im Gesetzgebungsverfahren [durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19. November 2004, BGBl. I S. 2902] zur Schonung eines Teiles des Vermögens des minderjährigen Kindes die Vorschrift [des § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a SGB II] eingeführt worden. Sie diene dazu, dem hilfebedürftigen minderjährigen Kind ab seiner Geburt einen Grundfreibetrag zur Verfügung zu stellen, der bei der Berechnung der Sozialleistungen für das Kind geschützt bleibe. Hieraus folge, dass nach dem Willen des Gesetzgebers der Freibetrag ausschließlich dem Schutz des Vermögens des Kindes und nicht dem Schutz des gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II für den Lebensunterhalt des Kindes einzusetzenden Vermögens der Eltern dienen solle. Denn da das Kind zunächst eigenes Vermögen zur Deckung seines Lebensunterhaltes einzusetzen habe, bevor es nach dessen Verbrauch zur Bedarfsgemeinschaft zähle (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II), könne sich eine entsprechende Schutzvorschrift auch nur auf dessen eigenes Vermögen beziehen. Gegen die Annahme eines gemeinsamen Vermögens der Bedarfsgemeinschaft, auch unter dem Aspekt des Wirtschaftens aus einem Topf, spreche die Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II, wonach bereits für die Frage der Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft entscheidend sei, ob das Kind seinen Bedarf durch eigenes Vermögen decken könne.
Aus der Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II, wonach die Freibeträge dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seinem Partner unabhängig davon wechselseitig zugutekämen, ob jeder über eigenes zu berücksichtigendes Vermögen verfüge, könne nichts anderes hergeleitet werden. Zwar hätten sich seit der Entscheidung des Bundessozialgerichts die Vorschriften des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II und des § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II insoweit geändert, als das Gesetz in § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II nicht mehr nur auf minderjährige Kinder Bezug nehme, sondern auf alle zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten. Korrespondierend hiermit sei in der aktuellen Gesetzesfassung des § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II auch von einem Freibetrag für jede volljährige Person der Bedarfsgemeinschaft die Rede. Eine Änderung der Beurteilung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes ergebe sich hieraus für die Kammer jedoch nicht, da der Schutzzweck und die Intention des Gesetzgebers gleichgeblieben seien und die entsprechenden Vorschriften, aus denen das Bundessozialgericht seine Auslegung bezogen habe, sich korrespondierend geändert hätten. Die Klägerin könne daher auch nicht ab dem Monat, ab dem ihre Tochter B. das 18. Lebensjahr vollendet gehabt habe (Oktober 2016), die Übertragung von deren Freibetrag in Höhe von 3.100,- Euro auf ihr eigenes Vermögen verlangen.
Die Auslegung des Bundessozialgerichtes habe im Schrifttum Zustimmung gefunden (Hinweis auf Lange, in: Eicher/Luik, SGB II, § 12 Rn. 52; Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 12 Rn. 298) und werde von der Weisungslage der Bundesagentur für Arbeit umgesetzt, was insoweit von der Kammer nicht zu beanstanden sei (Hinweis auf Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zu § 12 SGB II, Nr. 2 Abs. 2 a.E.).
Soweit die Klägerin geltend gemacht habe, sie habe die Auszahlung aus ihrer Entlassungsentschädigung ihrer Tochter geschenkt, indem sie das ausgezahlte Geld auf deren Konto bei der D-bank eingezahlt habe, lägen der Kammer für die Annahme eines gegenseitigen Schenkungsvertrages im Sinne von § 516 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) keine Anhaltspunkte vor. Die grundsätzlich hierfür erforderliche notarielle Beurkundung (§ 518 Abs. 1 BGB) sei nicht vorgetragen und dürfte nicht existieren. Zudem liege zur Überzeugung des Gerichts durch die Überweisung auf das Konto der Tochter auch keine "Handschenkung" vor, die den Mangel der Form (notarielle Beurkundung) heilen würde (§ 518 Abs. 2 BGB), da nichts darauf schließen lasse, dass die Klägerin angesichts ihrer konkreten, mangels Einkommens und weiteren Vermögens als mittellos zu bezeichnenden Lebenssituation ihre Verfügungsgewalt über den Geldbetrag habe aufgeben wollen. Zudem lägen für die Kammer keine Anhaltspunkte für einen Rechtsbindungswillen der Klägerin für einen Schenkungsvertrag mit ihrer (noch nicht volljährigen) Tochter vor, da nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalles nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Klägerin sich des größten Teiles ihres Vermögens endgültig habe entäußern wollen. Die einfache Überweisung des Geldes auf ein Bankkonto mit anderem Inhaber (Tochter) ändere an der Vermögensposition der Klägerin nichts, zumal sie sich die Verfügungsgewalt über das Konto habe einräumen lassen.
Die Klägerin hat nach Zustellung des Urteils am 20. Juni 2018 mit Eingang am 9. Juli 2018 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt sie ihr bisheriges Vorbringen.
Sie beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 23. Mai 2018 sowie den Bescheid des Beklagten vom 12. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2017 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. April 2016 bis 31. Januar 2017 und vom 1. März 2017 bis 31. März 2017 Arbeitslosengeld II in gesetzlicher Höhe als Zuschuss zu gewähren, sowie diesen zu verpflichten, das für Februar 2017 gewährte Darlehen in einen Zuschuss umzuwandeln.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil und seine Bescheide.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz der Abwesenheit der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29. Mai 2019 verhandeln und anschließend entscheiden, nachdem die Klägerin in der Terminsmitteilung vom 29. April 2019, ihr zugestellt am 3. Mai 2019, auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war. Ihr Schreiben vom 28. Mai 2019 enthält nur zweifellos nachvollziehbare – Gründe, um ihre Nichtteilnahme an der mündlichen Verhandlung zu entschuldigen, aber keinen Verlegungsantrag, so dass der Senat an der Durchführung des Termins nicht gehindert war.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage gegen den Bescheid vom 12. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2017 zu Recht abgewiesen. Der Klägerin stand im streitigen Zeitraum ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II wegen des bei ihr vorhandenen Vermögens nicht zu.
1. Gegenstand des Verfahrens sind die Ansprüche der Klägerin, nicht aber ihrer Kinder: Deren mögliche Ansprüche waren schon nicht Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung; im Übrigen dürften sie auf Grund ihrer Einnahmen aus Kindergeld und Unterhalt unabhängig von den hier streitigen Fragen keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch haben.
Inhaltlich macht die Klägerin die zuschussweise Gewährung von Arbeitslosengeld II für die Zeit ab dem Beginn des Monats der Erstantragstellung, also ab dem 1. April 2016, bis zum 31. März 2017 geltend. Ab dem 1. April 2017 hat der Beklagte ihr Leistungen gewährt, so dass dieser Zeitraum im hiesigen Verfahren nicht streitig ist.
Dieses Klagebegehren ist für die Zeit von April 2016 bis Januar 2017 und für den Monat März 2017 im Wege der kombinierten Anfechtung- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, § 56 SGG) geltend zu machen. Für Februar 2017 hat die Klägerin dagegen Leistungen – wenn auch nur in Form eines Darlehens – bereits erhalten. Für diesen Monat ist damit nicht mehr die Auszahlung weiterer Leistungen streitig, sondern die Umwandlung des Darlehens in einen Zuschuss. Statthaft ist insoweit, da der Beklagte auch bei einem Erfolg der Klage nicht erneut zu einer Leistung zu verurteilen wäre, eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 1, § 56 SGG (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 9. Dezember 2016 – B 8 SO 15/15 R –, SozR 4-3500 § 90 Nr. 8, Rn. 13; BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 – B 4 AS 5/09 R –, juris, Rn. 10; BSG, Urteil vom 13. November 2008 – B 14 AS 36/07 R –, BSGE 102, 68 [Rn. 13]).
2. Die Berufung ist zulässig, insbesondere angesichts der Höhe der streitigen Leistungen ohne Zulassung statthaft (vgl. § 143, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) sowie frist- und formgerecht eingelegt (§ 151 SGG).
3. Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Zur Begründung nimmt der Senat auf der Grundlage von § 153 Abs. 2 SGG zunächst auf die ausführlichen Erwägungen des Sozialgerichts Bezug; diese sind ganz überwiegend abgesehen von dem für die Entscheidung letztlich nicht maßgeblichen Detail, dass die Erstreckung von § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II auf unverheiratete, unter 25 jährige Kinder bereits im Jahre 2006 und damit vor der vom Sozialgericht maßgeblich herangezogenen Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 13. Mai 2009 erfolgte – zutreffend, so dass der Senat sich ihnen nach eigener Prüfung anschließt. Nachdem die Klägerin zur Begründung ihrer Berufung nur ihr bisheriges Vorbringen wiederholt, ohne sich mit den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils im Einzelnen auseinanderzusetzen, ist nach Auffassung des Senats ergänzend nur Folgendes auszuführen:
Es kann offenbleiben, ob und gegebenenfalls für welchen Zeitraum der Versagensbescheid vom 23. Dezember 2016, den die Klägerin, soweit ersichtlich, nicht angefochten hat, einer Leistungsbewilligung entgegensteht oder ob der Ablehnung der Leistungsbewilligung in der Sache eine konkludente Aufhebung des Versagensbescheides zu entnehmen ist. Jedenfalls hat der Beklagte die Gewährung von Arbeitslosengeld II inhaltlich zu Recht abgelehnt, weil die Klägerin im streitigen Zeitraum auf Grund des ihr zustehenden Vermögens nicht hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 und § 12 SGB II war.
Nach § 12 Abs. 1 SGB II sind als bedarfsdeckendes Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen.
Dabei hat zunächst auch nach Auffassung des Senats die Anlage des Geldes, das die Klägerin als Abfindung aufgrund der Beendigung ihres früheren Arbeitsverhältnisses erhalten hat, auf dem Konto ihrer Tochter nicht zur Folge, dass ihr dieses nicht mehr als Vermögen zugerechnet werden könnte. Aus der Darstellung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht ergibt sich vielmehr deutlich, dass die Anlage auf dem Konto ihrer Tochter wegen des dort etwas günstigeren Zinssatzes gewählt wurde. Es ist dagegen nicht ersichtlich, dass die Klägerin über den Betrag nicht mehr hätte verfügen können und wollen. Der Umstand, dass sie das Geld nicht nur für sich, sondern "für uns alle" verwenden wollte, steht dem nicht entgegen, sondern ist im Eltern-Kind-Verhältnis typisch, ohne dass dadurch die elterliche Verfügungsmacht über ihre finanziellen Mittel in Frage stünde. Dementsprechend ist auch im konkreten Fall nicht ersichtlich, dass die Klägerin keinen steuernden Einfluss mehr darauf hätte nehmen können und wollen, wofür das Geld verwendet werden sollte. Auch wenn es also, folgt man insoweit ihrer Einlassung, späterhin auch für Bedürfnisse der Kinder hätte Verwendung finden sollen, so ist dies doch nur die Konsequenz dessen, dass sie, so ihre Formulierung, hierfür "geradestehen" und folglich entsprechende finanzielle Mittel für diese Zeit vorhalten wollte, ohne sie aber deswegen schon vorab (im Übrigen allein) ihrer Tochter (und nicht anteilige auch ihrem Sohn) zu überlassen. Die Entscheidungsgewalt über die Verwendung des Vermögens – wobei insofern offenbleiben kann, ob dieses rechtlich in Form eines Herausgabeanspruchs gegenüber der Tochter zu fassen ist oder ob man von einer (verdeckten) Stellvertretung der Tochter ausgeht, der zu einem unmittelbaren Anspruch der Klägerin gegen die Bank führen könnte – lag daher zur Überzeugung des Senats im streitigen Zeitraum noch vollständig und allein bei der Klägerin selbst.
Da auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass die Tochter der Klägerin einem entsprechenden Verwendungswillen ihrer Mutter Widerstand entgegengesetzt hätte, hat der Senat auch bezüglich der konkreten Zugriffsmöglichkeit und damit einer Qualifizierung als "bereite Mittel" keine Zweifel. Die aus den Akten ersichtlichen Schwierigkeiten hinsichtlich einer Auszahlung des Guthabens wegen der formalen Kontoinhaberschaft der Tochter und des Erreichens ihrer Volljährigkeit während des streitigen Zeitraums steht dem nicht entgegen: Die Schwierigkeiten ergaben sich allein daraus, dass sich die Tochter gegenüber dem kontoführenden Kreditinstitut nicht legitimiert hatte. Auch nur mittelfristige Probleme bei dem Zugriff auf das Vermögen, die sich hieraus ergeben könnten, sind nicht ersichtlich und werden von der Klägerin im hiesigen Verfahren nicht geltend gemacht. Soweit dem Zugriff kurzfristig Hindernisse durch die ausstehende Legitimation der Tochter gegenüber der Bank entgegengestanden haben, ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass diese nicht vergleichsweise schnell und jedenfalls innerhalb des Bewilligungszeitraums überwindbar gewesen wären. Daher kam mit Blick hierauf nur die Gewährung eines Darlehens auf der Grundlage von § 24 Abs. 5 Satz 1 SGB II in Betracht, wie es der Beklagte mit Bescheid vom 3. Februar 2017 auch bewilligt hat. Da die Klägerin im hiesigen Verfahren die zuschussweise Bewilligung von Leistungen geltend macht, ist der Frage, ob ein solches auch für weitere Monate zu gewähren gewesen wäre, nicht nachzugehen.
Der Klägerin stand daher allein aus der bei der D-bank angelegten Abfindung Vermögen zu, das durchgängig die maßgeblichen Freibeträge überstieg, nämlich zu Beginn des streitigen Zeitraums 28.381,44 Euro betrug, danach zwar nach und nach abnahm, bis es März im 2017 und damit am Ende des streitigen Zeitraums einen Stand von 9.515,60 Euro erreichte. Dies ergibt sich aus den in der Verwaltungsakte enthaltenen Unterlagen sowie den vom Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Kontoauszügen und wird von der Klägerin im Übrigen nicht in Frage gestellt, so dass diesbezüglich kein Anlass für weitere Ermittlungen bestand.
Das Vermögen überstieg damit durchgängig die zu Gunsten der Klägerin zu berücksichtigenden Freibeträge. Die Klägerin hatte zum Ende des streitigen Zeitraums das 48., aber noch nicht das 49. Lebensjahr vollendet. Ihr stand daher aus § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ein Freibetrag von (48 x 150 Euro =) 7.200,- Euro zu. Weiter hat der Beklagte den Freibetrag in Höhe von 750,- Euro nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II dreifach, also auch für die Kinder der Klägerin, berücksichtigt. Ob dies geboten war, kann offenbleiben; jedenfalls ist es der Klägerin günstig. Höhere Freibeträge standen der Klägerin aufgrund der vom Sozialgericht ausführlich dargelegten Gründe nicht zu; namentlich hat das Sozialgericht zutreffend ausgeführt, dass Vermögensfreibeträge, welche die Kinder für ihnen zustehendes Vermögen auf der Grundlage von § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bzw. Nr. 1a SGB II hätten geltend machen können, nicht auf die Klägerin "übertragbar" sind, ohne dass es darauf ankäme, ob die Kinder angesichts ihres Einkommens überhaupt zur Bedarfsgemeinschaft gehörten (vgl. dazu § 7 Abs. 3 Nr. 4. SGB II).
Insoweit hat das Bundessozialgericht in der bereits vom Sozialgericht ausführlich widergegebenen Entscheidung überzeugend begründet, dass der Freibetrag aus § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a SGB II nicht als "Familienfreibetrag" angesehen werden kann, welcher der Bedarfsgemeinschaft unabhängig vom tatsächlichen Vorhandensein von Vermögen auf Seiten des Kindes zu Gute kommt; vielmehr bezieht sich der Freibetrag ausschließlich auf tatsächlich dem Kind zuzurechnendes Vermögen (BSG, Urteil vom 13. Mai 2009 – B 4 AS 58/08 R –, BSGE 103, 153 = juris, Rn. 19; ebs. Radüge/Formann, in: jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 12 Rn. 77; Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand: 01/16, § 12 Rn. 280 und Rn. 298; Striebinger, in: Gagel, SGB II/SGB III, Stand: 10/14, § 12 SGB II Rn. 43; Lange, in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 12 Rn. 54). Neben dem Wortlaut der Vorschrift spricht hierfür die Begründung zum Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (BT-Drs. 15/3674), auf das die Einfügung von Nr. 1a in § 12 Abs. 2 Satz 1 SGB II zurückgeht: Auf S. 1 ist von der "Schonung des Vermögens minderjähriger Kinder" die Rede; auf S. 11 heißt es: "Die Regelung stellt klar, dass allen hilfebedürftigen minderjährigen Kindern, die Anspruch auf Sozialgeld oder Arbeitslosengeld II haben, ab ihrer Geburt ein Grundfreibetrag von 4.100 Euro zur Verfügung steht. Dies bedeutet, dass jedwedes Vermögen – sei es aus Sparvermögen oder etwa Ausbildungsversicherungen – in dieser Höhe bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II/Sozialgeldes für das Kind geschützt bleibt." Beides macht deutlich, dass es nur um Vermögen des Kindes und um den Schutz von dessen Interessen geht; Hinweise, die ein Verständnis als übertragbaren Familienfreibetrag rechtfertigen könnten, sind dagegen nicht ersichtlich.
Ebenso handelte es sich bei dem Freibetrag aus § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II, soweit dieser nach dem 18. Geburtstag der Tochter der Klägerin zum Schutz von deren Vermögen heranzuziehen gewesen wäre, nicht um einen Familienfreibetrag, der unabhängig vom Vorhandensein eigenen Vermögens des Kindes auf in der Familie vorhandenes Vermögen übertragbar wäre. Der in der Vorschrift vorgesehene Schutz für Vermögen eines Dritten beschränkt sich, wie aus dessen Wortlaut hinreichend eindeutig zu entnehmen ist, auf Partner. Das ist auch folgerichtig, weil umgekehrt zwischen Partnern nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II auch Einkommen und Vermögen wechselseitig anzurechnen ist während eine Berücksichtigung des bei dem Kind vorhandenen Vermögens bei der Bedarfsdeckung der Eltern nicht stattfindet (vgl. zu dieser Überlegung, wenn auch bezogen auf den Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II, nochmals BSG, Urteil vom 13. Mai 2009 – B 4 AS 58/08 R –, BSGE 103, 153 = juris, Rn. 22). Ein anderes Ergebnis bei der Auslegung von § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II stände im Übrigen in einem nicht auflösbaren Spannungsverhältnis zu dem oben dargelegten und weitgehend unbestrittenen Verständnis von § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a SGB II, nachdem Gründe für eine unterschiedliche Behandlung minderjähriger Kinder einerseits und volljähriger, aber noch unter 25 Jahre alter und im Haushalt der Eltern lebender Kinder andererseits nicht ersichtlich sind.
Es verbleibt damit bei einem Freibetrag der Klägerin von nicht mehr als 9.450,- Euro, so dass der angegriffene Bescheid nicht zu beanstanden ist; der Klägerin steht für den streitigen Zeitraum ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II nicht zu.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
5. Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG, die eine Zulassung der Revision tragen könnten, sind nicht ersichtlich. Die – verneinende – Antwort auf die Frage der Übertragbarkeit des Vermögensfreibetrags eines volljährigen Kindes aus § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II auf ein Elternteil, dessen Vermögen angerechnet werden soll, ergibt sich so hinreichend klar aus dem Gesetz, dass eine Klärungsbedürftigkeit durch eine Entscheidung des Bundessozialgerichts im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG vor dem Hintergrund der bereits vorliegenden Entscheidung zu § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a SGB II (BSG, Urteil vom 13. Mai 2009 – B 4 AS 58/08 R –, BSGE 103, 153) nicht besteht.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren Kosten nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1. April 2016 bis 31. März 2017.
Die 1968 geborene Klägerin ist geschieden und lebte im Streitzeitraum mit ihren beiden Kindern B. (geboren 1998) und C. (geboren 2010) in einem gemeinsamen Haushalt. Wegen der bevorstehenden Erschöpfung ihres Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) stellte sie am 6. April 2016 für sich und ihre Kinder einen Antrag auf laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) bei dem Beklagten. In der Anlage des Formblattantrags zur Feststellung der Vermögensverhältnisse (Anlage VM) führte sie einen Bausparvertrag, eine Kapitallebensversicherung, ein Konto ihrer Tochter B. bei der D-bank mit einem Guthaben in Höhe von circa 25.100,- Euro und ein eigenes Konto bei der E. Bank mit einem Guthaben in Höhe von circa 310,- Euro auf. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 47 ff. der zur Klägerin und ihren Kindern geführten Leistungsakte des Beklagten – im Folgenden: LA – Bezug genommen.
Der Beklagte versagte zunächst die Erbringung von Leistungen durch Bescheid vom 23. Dezember 2016 (LA Bl. 6), da die Klägerin von ihm angeforderte Unterlagen nicht vorgelegt hatte. Nachdem diese dann am 3. Februar 2017 bei ihm vorgesprochen und mitgeteilt hatte, dass auf Grund des 18. Geburtstags ihrer Tochter aktuell weder sie selbst noch ihre Tochter auf das Guthaben bei der D-bank zugreifen könnten, gewährte er mit Bescheid vom gleichen Tage ein zinsloses Darlehen in Höhe von einmalig 1.130,79 Euro, das anhand der bei der Klägerin und ihrer Tochter bestehenden Bedarfe im Februar 2017 berechnet war. Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl. 80 ff. Bezug genommen.
Dagegen lehnte der Beklagte, nachdem die Klägerin weitere Unterlagen vorgelegt hatte, mit dem angegriffenen Bescheid vom 12. Mai 2017 den Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch für die Zeit vom 1. April 2016 bis 31. März 2017 ab, da die Klägerin über verwertbares Vermögen in Höhe von 29.901,47 Euro verfüge, das die Vermögensfreibeträge von 9.450,- Euro übersteige. Für die Zeit von 1. April 2017 bis 30. September 2017 bewilligte er dagegen mit weiterem Bescheid, ebenfalls vom 12. Mai 2017, vorläufig Arbeitslosengeld II zu Gunsten der Klägerin. Ansprüche der Kinder sah der Bescheid mit Blick auf deren Einkommen aus Kindergeld und Unterhaltszahlungen des Vaters nicht vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 126 f. und Bl. 131 ff. LA verwiesen.
Gegen die Leistungsablehnung legte die Klägerin am 29. Mai 2017 Widerspruch ein, da die Entscheidung nicht nachvollzogen werden könne. Im Übrigen stehe ihr ein Vermögensfreibetrag in Höhe von 15.800,- Euro zu, wovon auf beide Kinder jeweils 3.100,- Euro, auf sie selbst 7.350,- Euro entfielen. Wegen des Widerspruchs und seiner Begründung wird im Übrigen auf Bl. 147 und Bl. 149 f. LA Bezug genommen.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. August 2017 als unbegründet zurück. Von dem insgesamt zu berücksichtigenden Vermögen von 29.901,47 Euro sei gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ein Grundfreibetrag in Höhe von 150,- Euro je vollendetem Lebensjahr für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende volljährige Person und deren Partnerin oder Partner abzusetzen, mindestens aber jeweils 3.100,- Euro. Die Klägerin habe am 1. April 2016, dem Beginn des Bewilligungsabschnittes, das 48. Lebensjahr vollendet [tatsächlich geschah dies erst im Sommer 2016], so dass sich für sie ein Grundfreibetrag in Höhe von 7.200,- Euro ergebe. Des Weiteren sei gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750,- Euro für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Leistungsberechtigten zu berücksichtigen, so dass sich ein Freibetrag in Höhe von 2.250,- Euro errechne. Das verwertbare Vermögen übersteige den Gesamtfreibetrag um 20.451,47 Euro. Den Verbrauch des den Vermögensfreibetrag übersteigenden Teiles des Vermögens habe die Klägerin im April 2017 nachgewiesen, so dass ihr ab April 2017 Leistungen hätten gewährt werden können. Vorher mangele es an der nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 9 SGB II erforderlichen Hilfebedürftigkeit. Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl. 188 ff. Bezug genommen.
Die Klägerin hat daraufhin – nach Zustellung des Widerspruchsbescheides am 14. August 2017 – unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens am 14. September 2017 Klage zum Sozialgericht Kassel erhoben. Es sei ein höherer Freibetrag zu berücksichtigten. Bei dem Konto bei der D-bank handele es sich zudem um ein Konto ihrer Tochter. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat sie hierzu ausgeführt, es sei bis heute nicht einmal geklärt, ob es sich tatsächlich um ihr Vermögen gehandelt habe. Schließlich sei das Geld aus ihrer Abfindung in Höhe von circa 28.000,- Euro nicht auf ihrem Konto angelegt worden, sondern auf dem Konto ihrer Tochter B. Dieses Geld, das sie nach Ausscheiden wegen Mobbings aus ihrem Arbeitsvertrag als Abfindung erhalten habe, sei "natürlich für uns alle" gedacht gewesen. Denn auch für ihre Kinder sei es ja so gewesen, dass sie für deren Ausbildung, für weitere Belange, Auto, Abitur etc. habe geradestehen müssen. Sie habe das Geld dann auf dem Bankkonto der D-bank "geparkt", weil es dort noch einen geringfügigen Mehrbetrag an Zinsen gegeben habe als auf ihrem eigenen Konto. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 30 f. der Gerichtsakte – im Folgenden: GA – Bezug genommen.
Der Beklagte hat demgegenüber an seiner Auffassung und Berechnung der Vermögenswerte und -freibeträge festgehalten. Er hat dazu weitere Unterlagen vorgelegt, wonach die Klägerin aus ihrem letzten versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis eine Abfindung in Höhe von 45.000,- Euro brutto, nach Angaben der Klägerin 29.000,- Euro netto, erhalten habe, das auf das Tagesgeldkonto ihrer Tochter B. bei der D-bank geflossen sei. Im April 2016 habe sich der Kontostand auf 28.381,44 Euro belaufen. Erst im März beziehungsweise April 2017 habe das Vermögen unterhalb des Freibetrages gelegen, was sich aus Kontoauszügen des Tagesgeldkontos der D-bank in Höhe von 9.515,60 Euro (GA Bl. 20; aus dem März 2017) beziehungsweise 8.068,14 Euro (GA Bl. 21; aus dem April 2017) ergebe.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 23. Mai 2018 abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, die zulässige Klage sei nicht begründet. Zu Recht habe der Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden entschieden, dass Vermögensfreibeträge der Kinder keine Übertragung auf das Vermögen der Klägerin fänden. Da ihr Vermögen bei der D-bank erst im März 2017 beziehungsweise April 2017 auf 9.515,60 Euro beziehungsweise 8.068,14 Euro herabgesunken sei, habe ein Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch im Streitzeitraum vom 1. April 2016 bis 31. März 2017 nicht bestanden.
Zunächst sei die vom Beklagten vorgenommene Berechnung der Vermögensfreibeträge für die Klägerin in Höhe von 7.200,- Euro gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II (150, Euro je vollendetem Lebensjahr bei Vollendung des 48. Lebensjahres) zutreffend. Auch die Freibeträge nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II in Höhe von 750,- Euro seien mit einer Gesamthöhe von 2.250,- Euro bei von dem Beklagten angenommenen drei Personen der Bedarfsgemeinschaft zutreffend berechnet. Eine Übertragung der (weiteren) Vermögensfreibeträge ihrer Kinder von jeweils 3.100 Euro auf das Vermögen der Klägerin komme nicht in Betracht.
Das Bundessozialgericht habe in seinem Urteil vom 13. Mai 2009 (B 4 AS 58/08 R, juris, Rn. 21 f.) ausgeführt, dass zur Entstehungsgeschichte von § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a SGB II (bezogen auf minderjährige Kinder) zu beachten sei, dass der ursprüngliche Gesetzentwurf [des Sozialgesetzbuches Zweites Buch] vorgesehen habe, dass minderjährige Kinder ihr Vermögen vollständig für ihren Lebensunterhalt verbrauchen sollten, bevor die Einstandspflicht der Eltern eingreife. Später sei im Gesetzgebungsverfahren [durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19. November 2004, BGBl. I S. 2902] zur Schonung eines Teiles des Vermögens des minderjährigen Kindes die Vorschrift [des § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a SGB II] eingeführt worden. Sie diene dazu, dem hilfebedürftigen minderjährigen Kind ab seiner Geburt einen Grundfreibetrag zur Verfügung zu stellen, der bei der Berechnung der Sozialleistungen für das Kind geschützt bleibe. Hieraus folge, dass nach dem Willen des Gesetzgebers der Freibetrag ausschließlich dem Schutz des Vermögens des Kindes und nicht dem Schutz des gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II für den Lebensunterhalt des Kindes einzusetzenden Vermögens der Eltern dienen solle. Denn da das Kind zunächst eigenes Vermögen zur Deckung seines Lebensunterhaltes einzusetzen habe, bevor es nach dessen Verbrauch zur Bedarfsgemeinschaft zähle (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II), könne sich eine entsprechende Schutzvorschrift auch nur auf dessen eigenes Vermögen beziehen. Gegen die Annahme eines gemeinsamen Vermögens der Bedarfsgemeinschaft, auch unter dem Aspekt des Wirtschaftens aus einem Topf, spreche die Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II, wonach bereits für die Frage der Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft entscheidend sei, ob das Kind seinen Bedarf durch eigenes Vermögen decken könne.
Aus der Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II, wonach die Freibeträge dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seinem Partner unabhängig davon wechselseitig zugutekämen, ob jeder über eigenes zu berücksichtigendes Vermögen verfüge, könne nichts anderes hergeleitet werden. Zwar hätten sich seit der Entscheidung des Bundessozialgerichts die Vorschriften des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II und des § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II insoweit geändert, als das Gesetz in § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II nicht mehr nur auf minderjährige Kinder Bezug nehme, sondern auf alle zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten. Korrespondierend hiermit sei in der aktuellen Gesetzesfassung des § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II auch von einem Freibetrag für jede volljährige Person der Bedarfsgemeinschaft die Rede. Eine Änderung der Beurteilung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes ergebe sich hieraus für die Kammer jedoch nicht, da der Schutzzweck und die Intention des Gesetzgebers gleichgeblieben seien und die entsprechenden Vorschriften, aus denen das Bundessozialgericht seine Auslegung bezogen habe, sich korrespondierend geändert hätten. Die Klägerin könne daher auch nicht ab dem Monat, ab dem ihre Tochter B. das 18. Lebensjahr vollendet gehabt habe (Oktober 2016), die Übertragung von deren Freibetrag in Höhe von 3.100,- Euro auf ihr eigenes Vermögen verlangen.
Die Auslegung des Bundessozialgerichtes habe im Schrifttum Zustimmung gefunden (Hinweis auf Lange, in: Eicher/Luik, SGB II, § 12 Rn. 52; Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 12 Rn. 298) und werde von der Weisungslage der Bundesagentur für Arbeit umgesetzt, was insoweit von der Kammer nicht zu beanstanden sei (Hinweis auf Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zu § 12 SGB II, Nr. 2 Abs. 2 a.E.).
Soweit die Klägerin geltend gemacht habe, sie habe die Auszahlung aus ihrer Entlassungsentschädigung ihrer Tochter geschenkt, indem sie das ausgezahlte Geld auf deren Konto bei der D-bank eingezahlt habe, lägen der Kammer für die Annahme eines gegenseitigen Schenkungsvertrages im Sinne von § 516 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) keine Anhaltspunkte vor. Die grundsätzlich hierfür erforderliche notarielle Beurkundung (§ 518 Abs. 1 BGB) sei nicht vorgetragen und dürfte nicht existieren. Zudem liege zur Überzeugung des Gerichts durch die Überweisung auf das Konto der Tochter auch keine "Handschenkung" vor, die den Mangel der Form (notarielle Beurkundung) heilen würde (§ 518 Abs. 2 BGB), da nichts darauf schließen lasse, dass die Klägerin angesichts ihrer konkreten, mangels Einkommens und weiteren Vermögens als mittellos zu bezeichnenden Lebenssituation ihre Verfügungsgewalt über den Geldbetrag habe aufgeben wollen. Zudem lägen für die Kammer keine Anhaltspunkte für einen Rechtsbindungswillen der Klägerin für einen Schenkungsvertrag mit ihrer (noch nicht volljährigen) Tochter vor, da nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalles nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Klägerin sich des größten Teiles ihres Vermögens endgültig habe entäußern wollen. Die einfache Überweisung des Geldes auf ein Bankkonto mit anderem Inhaber (Tochter) ändere an der Vermögensposition der Klägerin nichts, zumal sie sich die Verfügungsgewalt über das Konto habe einräumen lassen.
Die Klägerin hat nach Zustellung des Urteils am 20. Juni 2018 mit Eingang am 9. Juli 2018 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt sie ihr bisheriges Vorbringen.
Sie beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 23. Mai 2018 sowie den Bescheid des Beklagten vom 12. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2017 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. April 2016 bis 31. Januar 2017 und vom 1. März 2017 bis 31. März 2017 Arbeitslosengeld II in gesetzlicher Höhe als Zuschuss zu gewähren, sowie diesen zu verpflichten, das für Februar 2017 gewährte Darlehen in einen Zuschuss umzuwandeln.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil und seine Bescheide.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz der Abwesenheit der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29. Mai 2019 verhandeln und anschließend entscheiden, nachdem die Klägerin in der Terminsmitteilung vom 29. April 2019, ihr zugestellt am 3. Mai 2019, auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war. Ihr Schreiben vom 28. Mai 2019 enthält nur zweifellos nachvollziehbare – Gründe, um ihre Nichtteilnahme an der mündlichen Verhandlung zu entschuldigen, aber keinen Verlegungsantrag, so dass der Senat an der Durchführung des Termins nicht gehindert war.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage gegen den Bescheid vom 12. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2017 zu Recht abgewiesen. Der Klägerin stand im streitigen Zeitraum ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II wegen des bei ihr vorhandenen Vermögens nicht zu.
1. Gegenstand des Verfahrens sind die Ansprüche der Klägerin, nicht aber ihrer Kinder: Deren mögliche Ansprüche waren schon nicht Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung; im Übrigen dürften sie auf Grund ihrer Einnahmen aus Kindergeld und Unterhalt unabhängig von den hier streitigen Fragen keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch haben.
Inhaltlich macht die Klägerin die zuschussweise Gewährung von Arbeitslosengeld II für die Zeit ab dem Beginn des Monats der Erstantragstellung, also ab dem 1. April 2016, bis zum 31. März 2017 geltend. Ab dem 1. April 2017 hat der Beklagte ihr Leistungen gewährt, so dass dieser Zeitraum im hiesigen Verfahren nicht streitig ist.
Dieses Klagebegehren ist für die Zeit von April 2016 bis Januar 2017 und für den Monat März 2017 im Wege der kombinierten Anfechtung- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, § 56 SGG) geltend zu machen. Für Februar 2017 hat die Klägerin dagegen Leistungen – wenn auch nur in Form eines Darlehens – bereits erhalten. Für diesen Monat ist damit nicht mehr die Auszahlung weiterer Leistungen streitig, sondern die Umwandlung des Darlehens in einen Zuschuss. Statthaft ist insoweit, da der Beklagte auch bei einem Erfolg der Klage nicht erneut zu einer Leistung zu verurteilen wäre, eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 1, § 56 SGG (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 9. Dezember 2016 – B 8 SO 15/15 R –, SozR 4-3500 § 90 Nr. 8, Rn. 13; BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 – B 4 AS 5/09 R –, juris, Rn. 10; BSG, Urteil vom 13. November 2008 – B 14 AS 36/07 R –, BSGE 102, 68 [Rn. 13]).
2. Die Berufung ist zulässig, insbesondere angesichts der Höhe der streitigen Leistungen ohne Zulassung statthaft (vgl. § 143, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) sowie frist- und formgerecht eingelegt (§ 151 SGG).
3. Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Zur Begründung nimmt der Senat auf der Grundlage von § 153 Abs. 2 SGG zunächst auf die ausführlichen Erwägungen des Sozialgerichts Bezug; diese sind ganz überwiegend abgesehen von dem für die Entscheidung letztlich nicht maßgeblichen Detail, dass die Erstreckung von § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II auf unverheiratete, unter 25 jährige Kinder bereits im Jahre 2006 und damit vor der vom Sozialgericht maßgeblich herangezogenen Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 13. Mai 2009 erfolgte – zutreffend, so dass der Senat sich ihnen nach eigener Prüfung anschließt. Nachdem die Klägerin zur Begründung ihrer Berufung nur ihr bisheriges Vorbringen wiederholt, ohne sich mit den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils im Einzelnen auseinanderzusetzen, ist nach Auffassung des Senats ergänzend nur Folgendes auszuführen:
Es kann offenbleiben, ob und gegebenenfalls für welchen Zeitraum der Versagensbescheid vom 23. Dezember 2016, den die Klägerin, soweit ersichtlich, nicht angefochten hat, einer Leistungsbewilligung entgegensteht oder ob der Ablehnung der Leistungsbewilligung in der Sache eine konkludente Aufhebung des Versagensbescheides zu entnehmen ist. Jedenfalls hat der Beklagte die Gewährung von Arbeitslosengeld II inhaltlich zu Recht abgelehnt, weil die Klägerin im streitigen Zeitraum auf Grund des ihr zustehenden Vermögens nicht hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 und § 12 SGB II war.
Nach § 12 Abs. 1 SGB II sind als bedarfsdeckendes Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen.
Dabei hat zunächst auch nach Auffassung des Senats die Anlage des Geldes, das die Klägerin als Abfindung aufgrund der Beendigung ihres früheren Arbeitsverhältnisses erhalten hat, auf dem Konto ihrer Tochter nicht zur Folge, dass ihr dieses nicht mehr als Vermögen zugerechnet werden könnte. Aus der Darstellung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht ergibt sich vielmehr deutlich, dass die Anlage auf dem Konto ihrer Tochter wegen des dort etwas günstigeren Zinssatzes gewählt wurde. Es ist dagegen nicht ersichtlich, dass die Klägerin über den Betrag nicht mehr hätte verfügen können und wollen. Der Umstand, dass sie das Geld nicht nur für sich, sondern "für uns alle" verwenden wollte, steht dem nicht entgegen, sondern ist im Eltern-Kind-Verhältnis typisch, ohne dass dadurch die elterliche Verfügungsmacht über ihre finanziellen Mittel in Frage stünde. Dementsprechend ist auch im konkreten Fall nicht ersichtlich, dass die Klägerin keinen steuernden Einfluss mehr darauf hätte nehmen können und wollen, wofür das Geld verwendet werden sollte. Auch wenn es also, folgt man insoweit ihrer Einlassung, späterhin auch für Bedürfnisse der Kinder hätte Verwendung finden sollen, so ist dies doch nur die Konsequenz dessen, dass sie, so ihre Formulierung, hierfür "geradestehen" und folglich entsprechende finanzielle Mittel für diese Zeit vorhalten wollte, ohne sie aber deswegen schon vorab (im Übrigen allein) ihrer Tochter (und nicht anteilige auch ihrem Sohn) zu überlassen. Die Entscheidungsgewalt über die Verwendung des Vermögens – wobei insofern offenbleiben kann, ob dieses rechtlich in Form eines Herausgabeanspruchs gegenüber der Tochter zu fassen ist oder ob man von einer (verdeckten) Stellvertretung der Tochter ausgeht, der zu einem unmittelbaren Anspruch der Klägerin gegen die Bank führen könnte – lag daher zur Überzeugung des Senats im streitigen Zeitraum noch vollständig und allein bei der Klägerin selbst.
Da auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass die Tochter der Klägerin einem entsprechenden Verwendungswillen ihrer Mutter Widerstand entgegengesetzt hätte, hat der Senat auch bezüglich der konkreten Zugriffsmöglichkeit und damit einer Qualifizierung als "bereite Mittel" keine Zweifel. Die aus den Akten ersichtlichen Schwierigkeiten hinsichtlich einer Auszahlung des Guthabens wegen der formalen Kontoinhaberschaft der Tochter und des Erreichens ihrer Volljährigkeit während des streitigen Zeitraums steht dem nicht entgegen: Die Schwierigkeiten ergaben sich allein daraus, dass sich die Tochter gegenüber dem kontoführenden Kreditinstitut nicht legitimiert hatte. Auch nur mittelfristige Probleme bei dem Zugriff auf das Vermögen, die sich hieraus ergeben könnten, sind nicht ersichtlich und werden von der Klägerin im hiesigen Verfahren nicht geltend gemacht. Soweit dem Zugriff kurzfristig Hindernisse durch die ausstehende Legitimation der Tochter gegenüber der Bank entgegengestanden haben, ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass diese nicht vergleichsweise schnell und jedenfalls innerhalb des Bewilligungszeitraums überwindbar gewesen wären. Daher kam mit Blick hierauf nur die Gewährung eines Darlehens auf der Grundlage von § 24 Abs. 5 Satz 1 SGB II in Betracht, wie es der Beklagte mit Bescheid vom 3. Februar 2017 auch bewilligt hat. Da die Klägerin im hiesigen Verfahren die zuschussweise Bewilligung von Leistungen geltend macht, ist der Frage, ob ein solches auch für weitere Monate zu gewähren gewesen wäre, nicht nachzugehen.
Der Klägerin stand daher allein aus der bei der D-bank angelegten Abfindung Vermögen zu, das durchgängig die maßgeblichen Freibeträge überstieg, nämlich zu Beginn des streitigen Zeitraums 28.381,44 Euro betrug, danach zwar nach und nach abnahm, bis es März im 2017 und damit am Ende des streitigen Zeitraums einen Stand von 9.515,60 Euro erreichte. Dies ergibt sich aus den in der Verwaltungsakte enthaltenen Unterlagen sowie den vom Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Kontoauszügen und wird von der Klägerin im Übrigen nicht in Frage gestellt, so dass diesbezüglich kein Anlass für weitere Ermittlungen bestand.
Das Vermögen überstieg damit durchgängig die zu Gunsten der Klägerin zu berücksichtigenden Freibeträge. Die Klägerin hatte zum Ende des streitigen Zeitraums das 48., aber noch nicht das 49. Lebensjahr vollendet. Ihr stand daher aus § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ein Freibetrag von (48 x 150 Euro =) 7.200,- Euro zu. Weiter hat der Beklagte den Freibetrag in Höhe von 750,- Euro nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II dreifach, also auch für die Kinder der Klägerin, berücksichtigt. Ob dies geboten war, kann offenbleiben; jedenfalls ist es der Klägerin günstig. Höhere Freibeträge standen der Klägerin aufgrund der vom Sozialgericht ausführlich dargelegten Gründe nicht zu; namentlich hat das Sozialgericht zutreffend ausgeführt, dass Vermögensfreibeträge, welche die Kinder für ihnen zustehendes Vermögen auf der Grundlage von § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bzw. Nr. 1a SGB II hätten geltend machen können, nicht auf die Klägerin "übertragbar" sind, ohne dass es darauf ankäme, ob die Kinder angesichts ihres Einkommens überhaupt zur Bedarfsgemeinschaft gehörten (vgl. dazu § 7 Abs. 3 Nr. 4. SGB II).
Insoweit hat das Bundessozialgericht in der bereits vom Sozialgericht ausführlich widergegebenen Entscheidung überzeugend begründet, dass der Freibetrag aus § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a SGB II nicht als "Familienfreibetrag" angesehen werden kann, welcher der Bedarfsgemeinschaft unabhängig vom tatsächlichen Vorhandensein von Vermögen auf Seiten des Kindes zu Gute kommt; vielmehr bezieht sich der Freibetrag ausschließlich auf tatsächlich dem Kind zuzurechnendes Vermögen (BSG, Urteil vom 13. Mai 2009 – B 4 AS 58/08 R –, BSGE 103, 153 = juris, Rn. 19; ebs. Radüge/Formann, in: jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 12 Rn. 77; Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand: 01/16, § 12 Rn. 280 und Rn. 298; Striebinger, in: Gagel, SGB II/SGB III, Stand: 10/14, § 12 SGB II Rn. 43; Lange, in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 12 Rn. 54). Neben dem Wortlaut der Vorschrift spricht hierfür die Begründung zum Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (BT-Drs. 15/3674), auf das die Einfügung von Nr. 1a in § 12 Abs. 2 Satz 1 SGB II zurückgeht: Auf S. 1 ist von der "Schonung des Vermögens minderjähriger Kinder" die Rede; auf S. 11 heißt es: "Die Regelung stellt klar, dass allen hilfebedürftigen minderjährigen Kindern, die Anspruch auf Sozialgeld oder Arbeitslosengeld II haben, ab ihrer Geburt ein Grundfreibetrag von 4.100 Euro zur Verfügung steht. Dies bedeutet, dass jedwedes Vermögen – sei es aus Sparvermögen oder etwa Ausbildungsversicherungen – in dieser Höhe bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II/Sozialgeldes für das Kind geschützt bleibt." Beides macht deutlich, dass es nur um Vermögen des Kindes und um den Schutz von dessen Interessen geht; Hinweise, die ein Verständnis als übertragbaren Familienfreibetrag rechtfertigen könnten, sind dagegen nicht ersichtlich.
Ebenso handelte es sich bei dem Freibetrag aus § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II, soweit dieser nach dem 18. Geburtstag der Tochter der Klägerin zum Schutz von deren Vermögen heranzuziehen gewesen wäre, nicht um einen Familienfreibetrag, der unabhängig vom Vorhandensein eigenen Vermögens des Kindes auf in der Familie vorhandenes Vermögen übertragbar wäre. Der in der Vorschrift vorgesehene Schutz für Vermögen eines Dritten beschränkt sich, wie aus dessen Wortlaut hinreichend eindeutig zu entnehmen ist, auf Partner. Das ist auch folgerichtig, weil umgekehrt zwischen Partnern nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II auch Einkommen und Vermögen wechselseitig anzurechnen ist während eine Berücksichtigung des bei dem Kind vorhandenen Vermögens bei der Bedarfsdeckung der Eltern nicht stattfindet (vgl. zu dieser Überlegung, wenn auch bezogen auf den Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II, nochmals BSG, Urteil vom 13. Mai 2009 – B 4 AS 58/08 R –, BSGE 103, 153 = juris, Rn. 22). Ein anderes Ergebnis bei der Auslegung von § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II stände im Übrigen in einem nicht auflösbaren Spannungsverhältnis zu dem oben dargelegten und weitgehend unbestrittenen Verständnis von § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a SGB II, nachdem Gründe für eine unterschiedliche Behandlung minderjähriger Kinder einerseits und volljähriger, aber noch unter 25 Jahre alter und im Haushalt der Eltern lebender Kinder andererseits nicht ersichtlich sind.
Es verbleibt damit bei einem Freibetrag der Klägerin von nicht mehr als 9.450,- Euro, so dass der angegriffene Bescheid nicht zu beanstanden ist; der Klägerin steht für den streitigen Zeitraum ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II nicht zu.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
5. Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG, die eine Zulassung der Revision tragen könnten, sind nicht ersichtlich. Die – verneinende – Antwort auf die Frage der Übertragbarkeit des Vermögensfreibetrags eines volljährigen Kindes aus § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II auf ein Elternteil, dessen Vermögen angerechnet werden soll, ergibt sich so hinreichend klar aus dem Gesetz, dass eine Klärungsbedürftigkeit durch eine Entscheidung des Bundessozialgerichts im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG vor dem Hintergrund der bereits vorliegenden Entscheidung zu § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a SGB II (BSG, Urteil vom 13. Mai 2009 – B 4 AS 58/08 R –, BSGE 103, 153) nicht besteht.
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