Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 23 U 67/18
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 14/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 7. November 2019 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Unfalles am 3. Dezember 2016 als Arbeitsunfall.
Die 1965 geborene Klägerin war zum Unfallzeitpunkt Mitglied des Frauenchores L. und trat mit diesem in der Öffentlichkeit auf. Am 3. Dezember 2016 gegen 14:37 Uhr kam die Klägerin auf dem Weg zu einem Auftritt des Chores mit ihrem PKW bei Glatteis von der Straße ab und überschlug sich. Sie wurde in das Krankenhaus B. in H. gebracht. Dort wurde eine Humerusfraktur, Kieferhöhlenfraktur, Fraktur des 6. und 7. Halswirbelkörpers, Brustwirbelfraktur D4 und eine Rippenserienfraktur diagnostiziert. Die Klägerin wurde am 9. Januar 2017 hausintern in die Neurochirurgie verlegt; zu dem Zeitpunkt war sie weiterhin komatös.
Der Frauenchor L. e.V. wurde am 10. Oktober 2016 gegründet und am 15. Dezember 2016 (also nach dem Unfall) in das Vereinsregister eingetragen. Er bestand jedoch schon lange vor dem streitigen Unfall. Die Klägerin war seit dem Jahre 2008 bis zu dem Unfall einfaches Vereinsmitglied. Der Verein ist in keinem Fach- oder Spitzenverband organisiert und hat keine Angestellten. Kein Vereinsmitglied erhält nach einer Auskunft der Vorsitzenden des Vereins Frau H. Zuwendungen oder eine Aufwandsentschädigung.
Frau H. teilte weiter mit, der Auftritt am 3. Dezember 2016 habe in den Räumlichkeiten der evangelischen Kirche in H. stattgefunden. Das evangelische Pfarramt H. habe dem Verein lediglich die Räumlichkeiten der Kirche für den Auftritt zur Verfügung gestellt. Es habe sich nicht um einen Auftritt im Auftrag der evangelischen Kirchengemeinde oder des evangelischen Pfarramtes H. gehandelt. Im Weiteren teilte die Klägerin mit, es habe sich um eine Fahrt zum Adventssingen gehandelt. Sie habe am 3. Dezember 2016 die ehrenamtliche Tätigkeit als Chormitglied mit dem Adventssingen aufgenommen.
Im Weiteren gab der Pfarrer der Gemeinde H. telefonisch an, es habe keinen Auftrag der Kirche für den Auftritt gegeben. Die Initiative sei von dem Chor ausgegangen, dem man den Auftritt unentgeltlich ermöglicht habe. Es habe ein gegenseitiges Einvernehmen bestanden.
Am 23. November 2017 zeigte die Klägerin bei der Beklagten an, dass sie einen Arbeitsunfall erlitten habe.
Mit Bescheid vom 25. Januar 2018 lehnte die beigeladene Verwaltungsberufsgenossenschaft die Gewährung von Leistungen aus Anlass des Unfalles vom 3. Dezember 2016 ab und führte aus, die Klägerin habe weder zum Frauenchor L. noch zum evangelischen Pfarramt H. in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Es habe auch kein Unfallversicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b erste Alternative Sozialgesetzbuch Siebentes Buch (SGB VII) bzw. zweite Alternative dieser Vorschrift bestanden, da die Klägerin nicht für eine Religionsgemeinschaft tätig gewesen sei. Es habe schließlich keine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit für den Frauenchor L. im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VII vorgelegen. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 1. März 2018 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Vorfalles als Arbeitsunfall nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a und Abs. 2 SGB VII sowie § 34 Abs. 2 ihrer Satzung ab. Sie führte insbesondere aus, die Voraussetzungen der letztgenannten Vorschrift hätten nicht vorgelegen. Zu berücksichtigen sei dabei auch, dass die Klägerin mit dem Singen einem privaten Hobby bzw. Privatinteressen nachgegangen sei. Das Adventssingen sei auch keine öffentlich-rechtliche Aufgabe.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und führte aus, nach § 3 der Satzung des Frauenchores L. e.V. verfolge dieser ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige/mildtätige/kirchliche Zwecke im Sinne des Abschnitts "steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung. Zweck des Vereins sei die Pflege des Chorgesanges. Hierfür bereite er sich durch regelmäßige Proben vor. Man stelle sich dabei auch in den Dienst der Öffentlichkeit. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2018 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 3. Juli 2018 Klage erhoben und ihren bisherigen Vortrag wiederholt. In einem von der Klägerin vorgelegten Protokoll hat der Pfarrer der Kirche H. bestätigt, dass die Kirchengemeinde H. den L. Frauenchor selbstverständlich mündlich eingeladen habe. Die Kirche habe die öffentliche Werbung und Einladung für dieses Konzert in den kirchlichen Nachrichten des L. Amtsblattes übernommen. Ein Vertreter der Kirchengemeinde habe die Gäste in der Funktion des Gastgebers begrüßt. Der Auftritt selbst sei ein Erfolg für die Gemeinde gewesen, bei dem die Mitglieder des Chores durch den Gesang ehrenamtlich tätig gewesen seien und damit einem gemeinnützigen Zweck gedient hätten.
Mit Urteil vom 7. November 2019 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides festgestellt, dass der Unfall am 3. Dezember 2016 ein Arbeitsunfall ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 der Satzung der Beklagten hätten vorgelegen.
Gegen das ihr am 20. Januar 2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17. Februar 2020 Berufung eingelegt und ausgeführt, das Sozialgericht habe nicht konkret - wie es § 34 Abs. 2 der Satzung vorsehe - geprüft, ob die konkrete zum Unfall führende Tätigkeit dem Gemeinwohl gedient habe. Die Klägerin sei in dem Frauenchor organisiert gewesen, um ihrem Hobby - dem Singen - nachgehen zu können. Um das Geübte zu präsentieren, habe der Verein einen Auftritt in der Kirche H. organisiert. Dieser habe keinen Bezug zur Kirchgemeinde gehabt. Es fänden sich keine Anhaltspunkte, dass der Auftritt des Chores in der Kirche H. dem Gemeinwohl gedient habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 7. November 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Der Senat hat Auskünfte weiterer Chormitglieder eingeholt (Frau K. und Frau W ... Diese waren ebenfalls in dem PKW, als die Klägerin verunglückte. Weiter sind Aufstellungen zu den Auftritten des Chores bei einer Vielzahl von Kirchen-, Gemeindefesten und anderen öffentlichen Veranstaltungen eingereicht worden. Schließlich hat Frau H. angegeben, dieser sei am 20. Januar 2017 als gemeinnützig anerkannt worden (Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Abs. 1 Abgabenordnung [AO] über die gesonderte Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten ergänzend verwiesen. Diese sind Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist begründet. Im Einverständnis der Beteiligten konnte der Senat hierüber ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zwar lag ein Unfall im Sinne eines zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignisses vor, der zu einem Gesundheitsschaden geführt hat (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Klägerin stand aber nicht unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII, da es sich nicht um einen Weg zu einer versicherten Tätigkeit handelte. Denn weder stand die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls als Beschäftigte nach § 2 Abs. 1 SGB VII (dazu bei 1.) noch als sogenannte Wie-Beschäftigte nach § 2 Abs. 2 SGB VII (dazu bei 2.) unter Versicherungsschutz. Ein solcher bestand auch nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b SGB VII (dazu bei 3.) oder § 34 der Satzung der Beklagten (dazu bei 4.).
1. Unfallversicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII scheidet hier bereits deshalb aus, weil für das Vorliegen einer persönlichen Abhängigkeit und damit eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Frauenchor oder gar irgendeiner kirchlichen Einrichtung als Arbeitgeberin nichts ersichtlich ist (vgl. BSG, 10. Oktober 2002, B 2 U 14/02 R, juris Rn. 27).
2. Es handelte sich auch nicht um eine versicherte Tätigkeit wie ein Beschäftigter i.S.d. § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Ein Versicherungsschutz nach dieser Vorschrift entfällt, wenn der Grund der verrichteten Tätigkeit auf Mitgliedspflichten beruht (vgl. BSG, 13. August 2002, B 2 U 5/02 R, juris Rn. 26). Das ist hier der Fall. Die Mitwirkung der Klägerin im Rahmen eines Auftritts des Chores als Sängerin entspricht der allgemeinen Übung in einem Chor (vgl. BSG, 13. August 2002, B 2 U 33/01 R, juris; BSG, 10. Oktober 2002, B 2 U 14/02 R, juris Rn. 32; Molkentin, BG 2006, 17, 21; weiter Bieresborn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl, 2014, § 2 SGB VII, Rn. 380). Aus den Angaben von Frau W. ergibt sich, dass der Chor in jener Zeit mehrere Auftritte hatte und die Klägerin ausweislich des von ihr beigefügten Programms keine besonderen Aufgaben (z.B. Moderation, Leitung, Solo) hatte, die über die bloße Ausübung der Mitgliedschaft hinausgehen könnten.
3. Es besteht auch kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b 1. bzw. 2. Alternative SGB VII. Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass die Klägerin ehrenamtlich für eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für eine in den § 2 Abs. 1 Nr. 2, 8 SGB VII genannte Einrichtung oder für eine privatrechtliche Organisation tätig war. Das gleiche gilt für eine ehrenamtliche Tätigkeit für eine öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft und deren Einrichtungen oder privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung dieser.
Die Klägerin war allein für den Chor tätig, auch wenn dieser hier anlässlich einer kirchlichen Veranstaltung (und nicht eines Dorffestes u.ä.) aufgetreten ist. Wie die Vorsitzende Frau H. am 3. Januar 2018 angegeben hat, hat es sich nicht um einen Auftritt im Auftrag der evangelischen Kirchengemeinde oder des evangelischen Pfarramtes H. gehandelt. Er ist auch außerhalb eines Gottesdienstes u.ä. als "Weihnachtskonzert" für den 3. Dezember 2016 angekündigt worden (vgl. L. E. Nr ..., S ...). Wie Herr T. vom Evangelischen Pfarramt telefonisch am 11. Januar 2018 gegenüber einem Mitarbeiter der Beklagten bestätigte, ging die Initiative für den Auftritt vom Chor aus, dem man dann den Auftritt ermöglicht habe. Der Chor hat insoweit nur im Einverständnis der Gemeinde die Räumlichkeiten unentgeltlich genutzt. Aus dem Umstand, dass ein Vertreter der Kirchengemeinde in seiner Funktion als Gastgeber den Chor vor Beginn des Konzerts begrüßt hat, führt nicht zu einer rechtlich relevanten Beauftragung. Denn dies entspricht nur der Konvention.
Es ist zudem kein Kontakt der Klägerin zu den in § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII genannten Organisationen erkennbar oder behauptet. Diese haben den Auftritt auch nicht geplant oder organisiert. Schließlich ist eine entsprechende Handlungstendenz der Klägerin in Bezug auf ein Tätigwerden für eine Organisation im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b SGB VII nicht erkennbar oder behauptet (siehe ergänzend unten bei 4 f. entsprechend). Damit sind denkbare positive Effekte für die Kirchengemeinde unerheblich.
4. Die Voraussetzungen für einen Versicherungsschutz nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 SGB VII i.V.m. § 34 Abs. 2 der Satzung der Beklagten liegen nicht vor. Die letztgenannte Bestimmung lautet: "Unfallversicherungsschutz besteht für ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte, soweit diese nicht schon nach § 2 SGB VII gesetzlich oder freiwillig versichert sind. Die Tätigkeit muss unentgeltlich ausgeübt werden, dem Gemeinwohl dienen und für eine Organisation erfolgen, die ohne Gewinnerzielungsabsicht Aufgaben ausführt, welche im öffentlichen Interesse liegen oder gemeinnützige bzw. mildtätige Zwecke fördern (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 SGB VII)".
a) Aufgrund des in der Verwaltungsakte befindlichen Auszuges aus dem "L. E." und der Angaben von Frau K. und Frau W. ist der Senat überzeugt, dass am Unfalltag gegen 15:00 Uhr ein Weihnachtskonzert in der Kirche in H. mit dem Frauenchor L. stattfand. Angesichts der Angaben des Vorsitzenden des Frauenchores L. sowie dem Umstand, dass die Klägerin zwei weitere Chormitglieder (die erwähnten Frau K. und Frau W.) mitgenommen hat, ist der Senat überzeugt, dass die Klägerin auf einem Weg zu einem öffentlichen Auftritt des Frauenchores verunfallte.
b) Eine anderweitige und eventuell vorrangige Versicherung der Klägerin ist nicht erkennbar oder behauptet.
c) Unerheblich ist, dass der Verein zum Unfallzeitpunkt noch nicht in das Vereinsregister eingetragen war. Auch der Vorverein als Verein gemäß § 54 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist nach heutigem Verständnis bereits rechtsfähig (so Otto in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 21 BGB Rn. 48). § 34 Abs. 2 der Satzung der Beklagten fordert zudem nur eine Tätigkeit für eine Organisation. Auch vor der Eintragung stellt ein Verein eine Organisation dar.
Wie sich aus den Materialien zur Entstehung des § 34 der Satzung der Beklagten ergibt, handelt es sich in wesentlichen Punkten um den Vorschlag aus einer Mustersatzung auf der Grundlage der Änderungen mit dem Gesetz zur Verbesserung des unfallversicherungsrechtlichen Schutzes bürgerlich engagierter und weiterer Personen vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I, S. 3299). Ausdrücklich heißt es in den Materialien zur Entstehung des § 34 der Satzung der Beklagten, vor dem Hintergrund, dass mit dem neuen Versicherungstatbestand nicht die Einführung einer "Volksversicherung" bezweckt sei, sei das Erfordernis einer Tätigkeit mit Anbindung an eine Organisation als sinnvolle Abgrenzung zum privaten Bereich zu sehen, wobei die Rechtsform der Organisation unerheblich sei.
d) Der Frauenchor L. führte ohne Gewinnerzielungsabsicht Aufgaben aus, die gemeinnützig im Sinne des § 52 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 (die Förderung von Kunst und Kultur) und Nr. 23 (die Förderung der Heimatpflege und Heimatkunde) Abgabenordnung waren. Die vorliegende Satzung des Frauenchores L. e. V. entspricht der amtlichen Mustersatzung der Anlage 1 zu § 60 Abgabenordnung (juris; siehe zu diesem Kriterium BFH, 7. Februar 2018, V B 119/17, juris). Ausdrücklich wird in dieser Mustersatzung als möglicher Zweck eines gemeinnützigen Vereins auch die "Pflege des Liedgutes und des Chorgesanges" genannt. Letzteres wird als Zweck in der Satzung des Frauenchores L. e. V. genannt. Der "Chorgesang in deutschen Amateurchören" steht schließlich auf der Liste des kulturellen Welterbes (https://www.unesco.de/kultur/immaterielles-kulturerbe/bundesweites-verzeichnis/eintrag/chormusikindeutschenamateurchoeren.html). Schließlich wurde die Gemeinnützigkeit des Chores kurze Zeit nach dem Unfall anerkannt.
Auch in diesem Zusammenhang hält der Senat die Eintragung in ein Vereinsregister nicht für notwendig.
Es fehlt auch nicht an einer "Förderung der Allgemeinheit" i.S. des § 52 Abs. 1 Satz 1 AO, weil eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Männern und Frauen vorliegen würde (dazu allgemein BFH, 17. Mai 2017, V R 52/15, BFHE 258, 124, BStBl II 2018, 218). Denn trotz des irreführenden Namens sind Männer als Mitglied bei dem Frauenchor L. nicht ausgeschlossen, wie sich aus dem Auftritt des Chores bei Facebook ergibt. Dort heißt es: "Wir freuen uns immer über neue Chormitglieder. Jung und Alt, Mann oder Frau, sind bei uns herzlich willkommen." Es gibt auch konkret männliche Chormitglieder.
e) Da der geplante öffentliche Auftritt des Chores und damit der der Klägerin diesem Zweck entsprach, lag auch konkret eine Tätigkeit der Klägerin vor, die objektiv dem Gemeinwohl dienen sollte.
f) Jedoch war die Handlungstendenz der Klägerin im Wesentlichen eigenwirtschaftlich geprägt.
Das Singen in dem Chor ist einerseits durch das private Interesse der Klägerin - der Freude am Gesang und der Gemeinschaft mit anderen - motiviert gewesen; es ist andererseits auch wie dargelegt dem Gemeinwohl dienlich gewesen. Eine solche Verrichtung ist versichert, wenn sie wesentlich dem Unternehmen (d.h. hier dem Gemeinwohl) zu dienen bestimmt ist. Bei einer solchen gespaltenen Handlungstendenz bzw. gemischten Motivationslage ist für die Bejahung des inneren Zusammenhangs zwischen Verrichtung und versicherter Tätigkeit entscheidend, ob die Verrichtung (hier: das Singen) hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns entfallen wäre (vgl. BSG, 9. November 2010, B 2 U 14/10 R, juris; auch BSG, 12. April 2005, B 2 U 11/04 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 14 Rn. 10; Spellbrink, WzS 2011, 351; konkret Merten/Ziegler, SGb 2005, 434). Die so zu bestimmende objektivierte Handlungstendenz bleibt maßgeblich (vgl. ausführlich BSG, 12. Dezember 2006, B 2 U 28/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 20 Rn. 22), selbst wenn die konkrete Verrichtung dem Unternehmen dienlich ist. Entscheidend ist also, ob die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der betrieblichen Handlungstendenz findet. Insoweit ist nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung und der objektivierten Handlungstendenzen, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt (BSG, 30. Januar 2020, B 2 U 2/18 R, juris, Rn. 29).
Insoweit sind nach denen im Sozialversicherungsrecht geltenden Normen weitere Tatbestandsmerkmale insbesondere subjektiver Art maßgeblich, die bei der Prüfung der Gemeinnützigkeit im Steuerrecht nicht vorhanden sind (dazu Fischer, jurisPR-SteuerR 28/2017 Anm. 2). Im Übrigen kennt auch das Steuerrecht durchaus vergleichbare Unterschiede innerhalb der verschiedenen gemeinnützigen Körperschaften. Nicht abziehbar sind gemäß § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 Einkommensteuergesetz Mitgliedsbeiträge an Körperschaften, die kulturelle Betätigungen fördern, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen. Dies erfasst auch Laienchöre (ausdrücklich Gesetzentwurf vom 3. Mai 2007 zu dieser Vorschrift des Einkommensteuergesetzes, BT-Drucks. 16/5200, 16; dazu Urban, DStZ 2018, 22, 24).
Diese Unterscheidung zwischen jenen gemeinnützigen Vereinen, die überwiegend der Freizeitgestaltung dienen und jenen, in denen ein altruistisches Verhalten anderen Menschen zugutekommt, steht systematisch im Einklang mit § 3 Abs. 1 Nr. 4 SGB VII i.V.m. § 34 Abs. 2 der Satzung der Beklagten. Dort werden die (altruistisch tätigen) bürgerschaftlich Engagierten bei ihrer Tätigkeit ebenfalls unter den Versicherungsschutz gestellt. Schließlich besteht angesichts des Ziels der Bestimmung kein Grund, Menschen bei ihrer Freizeitgestaltung unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu stellen.
Nach diesen Maßstäben hat hier keine versicherte Tätigkeit vorgelegen. Für den sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalles fehlt es an der Handlungstendenz der Klägerin, eine dem Gemeinwohl dienende Verrichtung ausführen zu wollen (vgl. BSG, 12. Mai 2009, B 2 U 12/08 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 33, Rn. 15-17). Der Senat geht nicht davon aus, dass die Klägerin das Singen in einem Chor zu einem wesentlichen Teil ausgeübt hat, um dem Gemeinwohl zu dienen. Es dient vielmehr der Befriedigung privater Interessen - der Freude am Gesang und der Gemeinschaft - und steht als im Wesentlichen eigenwirtschaftliche Tätigkeit nicht unter Unfallversicherungsschutz (vgl. LSG Hamburg, 23. August 2016, L 3 U 56/14, juris; a. A. Marburger, BPUVZ 2012, 244, 246). Ein objektiver Hinweis dafür ist bereits das Logo des Vereins mit dem Motto: "Musik ist unser Leben". Das Possessivpronomen indiziert bereits deutlich, dass es um den eigenen, persönlichen Lebensbereich geht. Ebenso prominent wird in der "Info" bei Facebook mitgeteilt, maßgeblich sei "die Freude am Singen". Konkret heißt es im Weiteren: "Wir singen, weil es uns Spaß und Freude macht." Die Klägerin hat auch jahrelang in dem Chor gesungen, ohne dass dieser gemeinnützig war. Dies belegt objektiv, dass diese Gemeinnützigkeit nicht ausschlaggebend war.
Eine weitere Differenzierung nach den schwer feststellbaren subjektiven Beweggründen ist nicht möglich. Denn dies könnte dazu führen, dass hier in dem Unfallfahrzeug der Klägerin bei objektiv identischer Tätigkeit zwei Personen versichert wären und eine nicht.
g) Der Senat hat im übrigen Zweifel, ob die Klägerin in dem Chor "ehrenamtlich" tätig war. Dieser Begriff setzt nach der Rechtsprechung des BSG zu den systematisch vergleichbaren § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO und § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII nicht nur das Verrichten von Tätigkeiten für einen gemeinnützigen Verein voraus (BSG, 10. Oktober 2002, B 2 U 14/02 R, juris Rn. 23). Anders als in § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII (Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind) ist nach der Satzung der Beklagten und § 3 Abs. 1 Nr. 4 SGB VII nicht jede unentgeltliche Tätigkeit unfallversichert und das Ehrenamt nur musterbeispielhaft genannt. Vielmehr könnte die Ausübung eines "echten" Ehrenamtes gefordert werden (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 5 d, e, Nr. 10 a, b SGB VII). Neben der hier vorliegenden Unentgeltlichkeit ("Ehre") wäre dann auch die Übertragung von Aufgaben ("Amt") erforderlich (vgl. Molkentin, BG 2006, 17, 21). Die reine Mitgliedschaft als einfaches Chormitglied würde dann nicht genügen, wenn der Chor öffentliche Auftritte hat (unklar insoweit Molkentin, BG 2006, 17, 19). Vom Wortsinn hatte die Klägerin kein Amt; sie war kein "ehrenamtliches Mitglied" im Chor. Wenn nach den Materialien zu dieser Satzungsbestimmung nicht die Einführung einer "Volksversicherung" bezweckt war, könnte eine enge, wortlautorientierte Auslegung geboten sein. Dies kann der Senat aber offenlassen.
h) Anhaltspunkte für eine Tätigkeit als "bürgerschaftlich Engagierte" im Sinne des § 34 Abs. 2 der Satzung der Beklagten liegen nicht vor. Zumindest fehlt es an einer entsprechenden Handlungstendenz der Klägerin; hier gelten die Ausführungen bei 4 f) entsprechend.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen. Nahezu identische Regelungen zu dem Versicherungsschutz finden sich in den Satzungen der Unfallkassen von Bremen (§ 5 Abs. 1), Hamburg und Schleswig-Holstein (§ 6 Abs. 2 der UK Nord), Rheinland-Pfalz (§ 36 Abs. 2), Hessen (§ 5 Abs. 2; vgl. aber Hessisches LSG, 30. April 2013, L 3 U 231/10, juris), Niedersachsen (§ 4 Abs. 2) und Nordrhein-Westfalen (§ 5; vgl. aber LSG Nordrhein-Westfalen, 9. November 2017, L 15 U 131/16, juris; BSG, 20. März 2018, B 2 U 16/18 B, juris). Aus diesem Grunde geht der Senat davon aus, dass die hier relevanten Rechtsfragen nicht auf Sachsen-Anhalt beschränkt sind. Höchstrichterliche Rechtsprechung existiert hierzu bisher nicht.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Unfalles am 3. Dezember 2016 als Arbeitsunfall.
Die 1965 geborene Klägerin war zum Unfallzeitpunkt Mitglied des Frauenchores L. und trat mit diesem in der Öffentlichkeit auf. Am 3. Dezember 2016 gegen 14:37 Uhr kam die Klägerin auf dem Weg zu einem Auftritt des Chores mit ihrem PKW bei Glatteis von der Straße ab und überschlug sich. Sie wurde in das Krankenhaus B. in H. gebracht. Dort wurde eine Humerusfraktur, Kieferhöhlenfraktur, Fraktur des 6. und 7. Halswirbelkörpers, Brustwirbelfraktur D4 und eine Rippenserienfraktur diagnostiziert. Die Klägerin wurde am 9. Januar 2017 hausintern in die Neurochirurgie verlegt; zu dem Zeitpunkt war sie weiterhin komatös.
Der Frauenchor L. e.V. wurde am 10. Oktober 2016 gegründet und am 15. Dezember 2016 (also nach dem Unfall) in das Vereinsregister eingetragen. Er bestand jedoch schon lange vor dem streitigen Unfall. Die Klägerin war seit dem Jahre 2008 bis zu dem Unfall einfaches Vereinsmitglied. Der Verein ist in keinem Fach- oder Spitzenverband organisiert und hat keine Angestellten. Kein Vereinsmitglied erhält nach einer Auskunft der Vorsitzenden des Vereins Frau H. Zuwendungen oder eine Aufwandsentschädigung.
Frau H. teilte weiter mit, der Auftritt am 3. Dezember 2016 habe in den Räumlichkeiten der evangelischen Kirche in H. stattgefunden. Das evangelische Pfarramt H. habe dem Verein lediglich die Räumlichkeiten der Kirche für den Auftritt zur Verfügung gestellt. Es habe sich nicht um einen Auftritt im Auftrag der evangelischen Kirchengemeinde oder des evangelischen Pfarramtes H. gehandelt. Im Weiteren teilte die Klägerin mit, es habe sich um eine Fahrt zum Adventssingen gehandelt. Sie habe am 3. Dezember 2016 die ehrenamtliche Tätigkeit als Chormitglied mit dem Adventssingen aufgenommen.
Im Weiteren gab der Pfarrer der Gemeinde H. telefonisch an, es habe keinen Auftrag der Kirche für den Auftritt gegeben. Die Initiative sei von dem Chor ausgegangen, dem man den Auftritt unentgeltlich ermöglicht habe. Es habe ein gegenseitiges Einvernehmen bestanden.
Am 23. November 2017 zeigte die Klägerin bei der Beklagten an, dass sie einen Arbeitsunfall erlitten habe.
Mit Bescheid vom 25. Januar 2018 lehnte die beigeladene Verwaltungsberufsgenossenschaft die Gewährung von Leistungen aus Anlass des Unfalles vom 3. Dezember 2016 ab und führte aus, die Klägerin habe weder zum Frauenchor L. noch zum evangelischen Pfarramt H. in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Es habe auch kein Unfallversicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b erste Alternative Sozialgesetzbuch Siebentes Buch (SGB VII) bzw. zweite Alternative dieser Vorschrift bestanden, da die Klägerin nicht für eine Religionsgemeinschaft tätig gewesen sei. Es habe schließlich keine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit für den Frauenchor L. im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VII vorgelegen. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 1. März 2018 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Vorfalles als Arbeitsunfall nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a und Abs. 2 SGB VII sowie § 34 Abs. 2 ihrer Satzung ab. Sie führte insbesondere aus, die Voraussetzungen der letztgenannten Vorschrift hätten nicht vorgelegen. Zu berücksichtigen sei dabei auch, dass die Klägerin mit dem Singen einem privaten Hobby bzw. Privatinteressen nachgegangen sei. Das Adventssingen sei auch keine öffentlich-rechtliche Aufgabe.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und führte aus, nach § 3 der Satzung des Frauenchores L. e.V. verfolge dieser ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige/mildtätige/kirchliche Zwecke im Sinne des Abschnitts "steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung. Zweck des Vereins sei die Pflege des Chorgesanges. Hierfür bereite er sich durch regelmäßige Proben vor. Man stelle sich dabei auch in den Dienst der Öffentlichkeit. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2018 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 3. Juli 2018 Klage erhoben und ihren bisherigen Vortrag wiederholt. In einem von der Klägerin vorgelegten Protokoll hat der Pfarrer der Kirche H. bestätigt, dass die Kirchengemeinde H. den L. Frauenchor selbstverständlich mündlich eingeladen habe. Die Kirche habe die öffentliche Werbung und Einladung für dieses Konzert in den kirchlichen Nachrichten des L. Amtsblattes übernommen. Ein Vertreter der Kirchengemeinde habe die Gäste in der Funktion des Gastgebers begrüßt. Der Auftritt selbst sei ein Erfolg für die Gemeinde gewesen, bei dem die Mitglieder des Chores durch den Gesang ehrenamtlich tätig gewesen seien und damit einem gemeinnützigen Zweck gedient hätten.
Mit Urteil vom 7. November 2019 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides festgestellt, dass der Unfall am 3. Dezember 2016 ein Arbeitsunfall ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 der Satzung der Beklagten hätten vorgelegen.
Gegen das ihr am 20. Januar 2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17. Februar 2020 Berufung eingelegt und ausgeführt, das Sozialgericht habe nicht konkret - wie es § 34 Abs. 2 der Satzung vorsehe - geprüft, ob die konkrete zum Unfall führende Tätigkeit dem Gemeinwohl gedient habe. Die Klägerin sei in dem Frauenchor organisiert gewesen, um ihrem Hobby - dem Singen - nachgehen zu können. Um das Geübte zu präsentieren, habe der Verein einen Auftritt in der Kirche H. organisiert. Dieser habe keinen Bezug zur Kirchgemeinde gehabt. Es fänden sich keine Anhaltspunkte, dass der Auftritt des Chores in der Kirche H. dem Gemeinwohl gedient habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 7. November 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Der Senat hat Auskünfte weiterer Chormitglieder eingeholt (Frau K. und Frau W ... Diese waren ebenfalls in dem PKW, als die Klägerin verunglückte. Weiter sind Aufstellungen zu den Auftritten des Chores bei einer Vielzahl von Kirchen-, Gemeindefesten und anderen öffentlichen Veranstaltungen eingereicht worden. Schließlich hat Frau H. angegeben, dieser sei am 20. Januar 2017 als gemeinnützig anerkannt worden (Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Abs. 1 Abgabenordnung [AO] über die gesonderte Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten ergänzend verwiesen. Diese sind Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist begründet. Im Einverständnis der Beteiligten konnte der Senat hierüber ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zwar lag ein Unfall im Sinne eines zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignisses vor, der zu einem Gesundheitsschaden geführt hat (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Klägerin stand aber nicht unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII, da es sich nicht um einen Weg zu einer versicherten Tätigkeit handelte. Denn weder stand die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls als Beschäftigte nach § 2 Abs. 1 SGB VII (dazu bei 1.) noch als sogenannte Wie-Beschäftigte nach § 2 Abs. 2 SGB VII (dazu bei 2.) unter Versicherungsschutz. Ein solcher bestand auch nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b SGB VII (dazu bei 3.) oder § 34 der Satzung der Beklagten (dazu bei 4.).
1. Unfallversicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII scheidet hier bereits deshalb aus, weil für das Vorliegen einer persönlichen Abhängigkeit und damit eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Frauenchor oder gar irgendeiner kirchlichen Einrichtung als Arbeitgeberin nichts ersichtlich ist (vgl. BSG, 10. Oktober 2002, B 2 U 14/02 R, juris Rn. 27).
2. Es handelte sich auch nicht um eine versicherte Tätigkeit wie ein Beschäftigter i.S.d. § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Ein Versicherungsschutz nach dieser Vorschrift entfällt, wenn der Grund der verrichteten Tätigkeit auf Mitgliedspflichten beruht (vgl. BSG, 13. August 2002, B 2 U 5/02 R, juris Rn. 26). Das ist hier der Fall. Die Mitwirkung der Klägerin im Rahmen eines Auftritts des Chores als Sängerin entspricht der allgemeinen Übung in einem Chor (vgl. BSG, 13. August 2002, B 2 U 33/01 R, juris; BSG, 10. Oktober 2002, B 2 U 14/02 R, juris Rn. 32; Molkentin, BG 2006, 17, 21; weiter Bieresborn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl, 2014, § 2 SGB VII, Rn. 380). Aus den Angaben von Frau W. ergibt sich, dass der Chor in jener Zeit mehrere Auftritte hatte und die Klägerin ausweislich des von ihr beigefügten Programms keine besonderen Aufgaben (z.B. Moderation, Leitung, Solo) hatte, die über die bloße Ausübung der Mitgliedschaft hinausgehen könnten.
3. Es besteht auch kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b 1. bzw. 2. Alternative SGB VII. Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass die Klägerin ehrenamtlich für eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für eine in den § 2 Abs. 1 Nr. 2, 8 SGB VII genannte Einrichtung oder für eine privatrechtliche Organisation tätig war. Das gleiche gilt für eine ehrenamtliche Tätigkeit für eine öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft und deren Einrichtungen oder privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung dieser.
Die Klägerin war allein für den Chor tätig, auch wenn dieser hier anlässlich einer kirchlichen Veranstaltung (und nicht eines Dorffestes u.ä.) aufgetreten ist. Wie die Vorsitzende Frau H. am 3. Januar 2018 angegeben hat, hat es sich nicht um einen Auftritt im Auftrag der evangelischen Kirchengemeinde oder des evangelischen Pfarramtes H. gehandelt. Er ist auch außerhalb eines Gottesdienstes u.ä. als "Weihnachtskonzert" für den 3. Dezember 2016 angekündigt worden (vgl. L. E. Nr ..., S ...). Wie Herr T. vom Evangelischen Pfarramt telefonisch am 11. Januar 2018 gegenüber einem Mitarbeiter der Beklagten bestätigte, ging die Initiative für den Auftritt vom Chor aus, dem man dann den Auftritt ermöglicht habe. Der Chor hat insoweit nur im Einverständnis der Gemeinde die Räumlichkeiten unentgeltlich genutzt. Aus dem Umstand, dass ein Vertreter der Kirchengemeinde in seiner Funktion als Gastgeber den Chor vor Beginn des Konzerts begrüßt hat, führt nicht zu einer rechtlich relevanten Beauftragung. Denn dies entspricht nur der Konvention.
Es ist zudem kein Kontakt der Klägerin zu den in § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII genannten Organisationen erkennbar oder behauptet. Diese haben den Auftritt auch nicht geplant oder organisiert. Schließlich ist eine entsprechende Handlungstendenz der Klägerin in Bezug auf ein Tätigwerden für eine Organisation im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b SGB VII nicht erkennbar oder behauptet (siehe ergänzend unten bei 4 f. entsprechend). Damit sind denkbare positive Effekte für die Kirchengemeinde unerheblich.
4. Die Voraussetzungen für einen Versicherungsschutz nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 SGB VII i.V.m. § 34 Abs. 2 der Satzung der Beklagten liegen nicht vor. Die letztgenannte Bestimmung lautet: "Unfallversicherungsschutz besteht für ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte, soweit diese nicht schon nach § 2 SGB VII gesetzlich oder freiwillig versichert sind. Die Tätigkeit muss unentgeltlich ausgeübt werden, dem Gemeinwohl dienen und für eine Organisation erfolgen, die ohne Gewinnerzielungsabsicht Aufgaben ausführt, welche im öffentlichen Interesse liegen oder gemeinnützige bzw. mildtätige Zwecke fördern (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 SGB VII)".
a) Aufgrund des in der Verwaltungsakte befindlichen Auszuges aus dem "L. E." und der Angaben von Frau K. und Frau W. ist der Senat überzeugt, dass am Unfalltag gegen 15:00 Uhr ein Weihnachtskonzert in der Kirche in H. mit dem Frauenchor L. stattfand. Angesichts der Angaben des Vorsitzenden des Frauenchores L. sowie dem Umstand, dass die Klägerin zwei weitere Chormitglieder (die erwähnten Frau K. und Frau W.) mitgenommen hat, ist der Senat überzeugt, dass die Klägerin auf einem Weg zu einem öffentlichen Auftritt des Frauenchores verunfallte.
b) Eine anderweitige und eventuell vorrangige Versicherung der Klägerin ist nicht erkennbar oder behauptet.
c) Unerheblich ist, dass der Verein zum Unfallzeitpunkt noch nicht in das Vereinsregister eingetragen war. Auch der Vorverein als Verein gemäß § 54 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist nach heutigem Verständnis bereits rechtsfähig (so Otto in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 21 BGB Rn. 48). § 34 Abs. 2 der Satzung der Beklagten fordert zudem nur eine Tätigkeit für eine Organisation. Auch vor der Eintragung stellt ein Verein eine Organisation dar.
Wie sich aus den Materialien zur Entstehung des § 34 der Satzung der Beklagten ergibt, handelt es sich in wesentlichen Punkten um den Vorschlag aus einer Mustersatzung auf der Grundlage der Änderungen mit dem Gesetz zur Verbesserung des unfallversicherungsrechtlichen Schutzes bürgerlich engagierter und weiterer Personen vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I, S. 3299). Ausdrücklich heißt es in den Materialien zur Entstehung des § 34 der Satzung der Beklagten, vor dem Hintergrund, dass mit dem neuen Versicherungstatbestand nicht die Einführung einer "Volksversicherung" bezweckt sei, sei das Erfordernis einer Tätigkeit mit Anbindung an eine Organisation als sinnvolle Abgrenzung zum privaten Bereich zu sehen, wobei die Rechtsform der Organisation unerheblich sei.
d) Der Frauenchor L. führte ohne Gewinnerzielungsabsicht Aufgaben aus, die gemeinnützig im Sinne des § 52 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 (die Förderung von Kunst und Kultur) und Nr. 23 (die Förderung der Heimatpflege und Heimatkunde) Abgabenordnung waren. Die vorliegende Satzung des Frauenchores L. e. V. entspricht der amtlichen Mustersatzung der Anlage 1 zu § 60 Abgabenordnung (juris; siehe zu diesem Kriterium BFH, 7. Februar 2018, V B 119/17, juris). Ausdrücklich wird in dieser Mustersatzung als möglicher Zweck eines gemeinnützigen Vereins auch die "Pflege des Liedgutes und des Chorgesanges" genannt. Letzteres wird als Zweck in der Satzung des Frauenchores L. e. V. genannt. Der "Chorgesang in deutschen Amateurchören" steht schließlich auf der Liste des kulturellen Welterbes (https://www.unesco.de/kultur/immaterielles-kulturerbe/bundesweites-verzeichnis/eintrag/chormusikindeutschenamateurchoeren.html). Schließlich wurde die Gemeinnützigkeit des Chores kurze Zeit nach dem Unfall anerkannt.
Auch in diesem Zusammenhang hält der Senat die Eintragung in ein Vereinsregister nicht für notwendig.
Es fehlt auch nicht an einer "Förderung der Allgemeinheit" i.S. des § 52 Abs. 1 Satz 1 AO, weil eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Männern und Frauen vorliegen würde (dazu allgemein BFH, 17. Mai 2017, V R 52/15, BFHE 258, 124, BStBl II 2018, 218). Denn trotz des irreführenden Namens sind Männer als Mitglied bei dem Frauenchor L. nicht ausgeschlossen, wie sich aus dem Auftritt des Chores bei Facebook ergibt. Dort heißt es: "Wir freuen uns immer über neue Chormitglieder. Jung und Alt, Mann oder Frau, sind bei uns herzlich willkommen." Es gibt auch konkret männliche Chormitglieder.
e) Da der geplante öffentliche Auftritt des Chores und damit der der Klägerin diesem Zweck entsprach, lag auch konkret eine Tätigkeit der Klägerin vor, die objektiv dem Gemeinwohl dienen sollte.
f) Jedoch war die Handlungstendenz der Klägerin im Wesentlichen eigenwirtschaftlich geprägt.
Das Singen in dem Chor ist einerseits durch das private Interesse der Klägerin - der Freude am Gesang und der Gemeinschaft mit anderen - motiviert gewesen; es ist andererseits auch wie dargelegt dem Gemeinwohl dienlich gewesen. Eine solche Verrichtung ist versichert, wenn sie wesentlich dem Unternehmen (d.h. hier dem Gemeinwohl) zu dienen bestimmt ist. Bei einer solchen gespaltenen Handlungstendenz bzw. gemischten Motivationslage ist für die Bejahung des inneren Zusammenhangs zwischen Verrichtung und versicherter Tätigkeit entscheidend, ob die Verrichtung (hier: das Singen) hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns entfallen wäre (vgl. BSG, 9. November 2010, B 2 U 14/10 R, juris; auch BSG, 12. April 2005, B 2 U 11/04 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 14 Rn. 10; Spellbrink, WzS 2011, 351; konkret Merten/Ziegler, SGb 2005, 434). Die so zu bestimmende objektivierte Handlungstendenz bleibt maßgeblich (vgl. ausführlich BSG, 12. Dezember 2006, B 2 U 28/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 20 Rn. 22), selbst wenn die konkrete Verrichtung dem Unternehmen dienlich ist. Entscheidend ist also, ob die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der betrieblichen Handlungstendenz findet. Insoweit ist nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung und der objektivierten Handlungstendenzen, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt (BSG, 30. Januar 2020, B 2 U 2/18 R, juris, Rn. 29).
Insoweit sind nach denen im Sozialversicherungsrecht geltenden Normen weitere Tatbestandsmerkmale insbesondere subjektiver Art maßgeblich, die bei der Prüfung der Gemeinnützigkeit im Steuerrecht nicht vorhanden sind (dazu Fischer, jurisPR-SteuerR 28/2017 Anm. 2). Im Übrigen kennt auch das Steuerrecht durchaus vergleichbare Unterschiede innerhalb der verschiedenen gemeinnützigen Körperschaften. Nicht abziehbar sind gemäß § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 Einkommensteuergesetz Mitgliedsbeiträge an Körperschaften, die kulturelle Betätigungen fördern, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen. Dies erfasst auch Laienchöre (ausdrücklich Gesetzentwurf vom 3. Mai 2007 zu dieser Vorschrift des Einkommensteuergesetzes, BT-Drucks. 16/5200, 16; dazu Urban, DStZ 2018, 22, 24).
Diese Unterscheidung zwischen jenen gemeinnützigen Vereinen, die überwiegend der Freizeitgestaltung dienen und jenen, in denen ein altruistisches Verhalten anderen Menschen zugutekommt, steht systematisch im Einklang mit § 3 Abs. 1 Nr. 4 SGB VII i.V.m. § 34 Abs. 2 der Satzung der Beklagten. Dort werden die (altruistisch tätigen) bürgerschaftlich Engagierten bei ihrer Tätigkeit ebenfalls unter den Versicherungsschutz gestellt. Schließlich besteht angesichts des Ziels der Bestimmung kein Grund, Menschen bei ihrer Freizeitgestaltung unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu stellen.
Nach diesen Maßstäben hat hier keine versicherte Tätigkeit vorgelegen. Für den sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalles fehlt es an der Handlungstendenz der Klägerin, eine dem Gemeinwohl dienende Verrichtung ausführen zu wollen (vgl. BSG, 12. Mai 2009, B 2 U 12/08 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 33, Rn. 15-17). Der Senat geht nicht davon aus, dass die Klägerin das Singen in einem Chor zu einem wesentlichen Teil ausgeübt hat, um dem Gemeinwohl zu dienen. Es dient vielmehr der Befriedigung privater Interessen - der Freude am Gesang und der Gemeinschaft - und steht als im Wesentlichen eigenwirtschaftliche Tätigkeit nicht unter Unfallversicherungsschutz (vgl. LSG Hamburg, 23. August 2016, L 3 U 56/14, juris; a. A. Marburger, BPUVZ 2012, 244, 246). Ein objektiver Hinweis dafür ist bereits das Logo des Vereins mit dem Motto: "Musik ist unser Leben". Das Possessivpronomen indiziert bereits deutlich, dass es um den eigenen, persönlichen Lebensbereich geht. Ebenso prominent wird in der "Info" bei Facebook mitgeteilt, maßgeblich sei "die Freude am Singen". Konkret heißt es im Weiteren: "Wir singen, weil es uns Spaß und Freude macht." Die Klägerin hat auch jahrelang in dem Chor gesungen, ohne dass dieser gemeinnützig war. Dies belegt objektiv, dass diese Gemeinnützigkeit nicht ausschlaggebend war.
Eine weitere Differenzierung nach den schwer feststellbaren subjektiven Beweggründen ist nicht möglich. Denn dies könnte dazu führen, dass hier in dem Unfallfahrzeug der Klägerin bei objektiv identischer Tätigkeit zwei Personen versichert wären und eine nicht.
g) Der Senat hat im übrigen Zweifel, ob die Klägerin in dem Chor "ehrenamtlich" tätig war. Dieser Begriff setzt nach der Rechtsprechung des BSG zu den systematisch vergleichbaren § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO und § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII nicht nur das Verrichten von Tätigkeiten für einen gemeinnützigen Verein voraus (BSG, 10. Oktober 2002, B 2 U 14/02 R, juris Rn. 23). Anders als in § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII (Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind) ist nach der Satzung der Beklagten und § 3 Abs. 1 Nr. 4 SGB VII nicht jede unentgeltliche Tätigkeit unfallversichert und das Ehrenamt nur musterbeispielhaft genannt. Vielmehr könnte die Ausübung eines "echten" Ehrenamtes gefordert werden (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 5 d, e, Nr. 10 a, b SGB VII). Neben der hier vorliegenden Unentgeltlichkeit ("Ehre") wäre dann auch die Übertragung von Aufgaben ("Amt") erforderlich (vgl. Molkentin, BG 2006, 17, 21). Die reine Mitgliedschaft als einfaches Chormitglied würde dann nicht genügen, wenn der Chor öffentliche Auftritte hat (unklar insoweit Molkentin, BG 2006, 17, 19). Vom Wortsinn hatte die Klägerin kein Amt; sie war kein "ehrenamtliches Mitglied" im Chor. Wenn nach den Materialien zu dieser Satzungsbestimmung nicht die Einführung einer "Volksversicherung" bezweckt war, könnte eine enge, wortlautorientierte Auslegung geboten sein. Dies kann der Senat aber offenlassen.
h) Anhaltspunkte für eine Tätigkeit als "bürgerschaftlich Engagierte" im Sinne des § 34 Abs. 2 der Satzung der Beklagten liegen nicht vor. Zumindest fehlt es an einer entsprechenden Handlungstendenz der Klägerin; hier gelten die Ausführungen bei 4 f) entsprechend.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen. Nahezu identische Regelungen zu dem Versicherungsschutz finden sich in den Satzungen der Unfallkassen von Bremen (§ 5 Abs. 1), Hamburg und Schleswig-Holstein (§ 6 Abs. 2 der UK Nord), Rheinland-Pfalz (§ 36 Abs. 2), Hessen (§ 5 Abs. 2; vgl. aber Hessisches LSG, 30. April 2013, L 3 U 231/10, juris), Niedersachsen (§ 4 Abs. 2) und Nordrhein-Westfalen (§ 5; vgl. aber LSG Nordrhein-Westfalen, 9. November 2017, L 15 U 131/16, juris; BSG, 20. März 2018, B 2 U 16/18 B, juris). Aus diesem Grunde geht der Senat davon aus, dass die hier relevanten Rechtsfragen nicht auf Sachsen-Anhalt beschränkt sind. Höchstrichterliche Rechtsprechung existiert hierzu bisher nicht.
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