Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SO 2231/19 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 2356/19 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Die Pflicht zur unverzüglichen Weiterleitung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX verlängert die Zweiwochenfrist des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX nicht, sondern gilt nur in deren Rahmen.
2. Erfolgt die Weiterleitung an einen anderen Rehabilitationsträger nicht fristgerecht, ist im Außenverhältnis zum Antragsteller nur der erstangegangene Rehabilitationsträger zuständig.
2. Erfolgt die Weiterleitung an einen anderen Rehabilitationsträger nicht fristgerecht, ist im Außenverhältnis zum Antragsteller nur der erstangegangene Rehabilitationsträger zuständig.
Der Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. Juli 2019 (Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung) wird aufgehoben. Der Antragsgegner wird im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, für den Zeitraum vom 1. August 2019 bis zum 31. Oktober 2019 die Kosten des ambulant Betreuten Wohnens der Antragstellerin in einer Einrichtung der P. gGmbH, L., nach Maßgabe der einschlägigen, von der P. gGmbH gemäß § 75 ff. Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch abgeschlossenen Vereinbarung vorläufig zu übernehmen.
Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin in beiden Rechtszügen.
Gründe:
1. Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 172 SGG).
2. Die Beschwerde der Antragstellerin ist auch begründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht abgelehnt. Der Antrag ist zulässig und begründet.
a) Der Antrag ist zulässig.
In einem Hauptsacheverfahren würde die Antragstellerin der Sache nach (vgl. § 123 SGG) die Kostenübernahme durch den Antragsgegner im Rahmen einer Sachleistung im weiteren Sinne (Schuldbeitritt durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung) anstreben. Denn bei der begehrten Kostenübernahme für das ambulant betreute Wohnen handelt es sich um keine Geldleistung, sondern nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) um einen Schuldbeitritt, verbunden mit einem Anspruch auf Befreiung von der Schuld gegenüber dem jeweils Leistungserbringer (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 – B 8 SO 22/07 R – juris Rdnr. 25 ff.; BSG, Urteil vom 22. März 2012 – B 8 SO 30/10 R – juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 23. August 2013 – B 8 SO 10/12 R – juris Rdnr. 10, 12; BSG, Urteil vom 6. Dezember 2018 – B 8 SO 9/18 R – juris Rdnr. 34). Der Schuldbeitritt hat einen unmittelbaren Zahlungsanspruch des Leistungserbringers gegen den Sozialhilfeträger und einen Anspruch des Hilfeempfängers gegen den Sozialhilfeträger auf Zahlung an den Leistungserbringer zur Folge (BSG, Urteil vom 23. August 2013 – B 8 SO 10/12 R – juris Rdnr. 10 m.w.N.). Es handelt sich demnach nicht um eine Geldleistung im Sinne des § 130 SGG, so dass in einem Hauptsacheverfahren ein Grundurteil nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht zulässig wäre (BSG, Urteil vom 23. August 2013 – B 8 SO 10/12 R – juris Rdnr. 12). Ist die Schuld, zu der der Sozialhilfeträger beitreten soll, noch nicht begründet worden, kann im Hauptsacheverfahren allerdings auf die Erteilung der Zusicherung (§ 34 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – SGB X) eines späteren Schuldbeitritts geklagt werden (vgl. BSG, Urteil vom 24. Februar 2016 – B 8 SO 18/14 R – juris Rdnr. 16; BSG, Beschluss vom 8. März 2017 – B 8 SO 79/16 B – juris Rdnr. 6; Landessozialgericht [LSG] Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26. Mai 2016 – L 8 SO 166/12 – juris Rdnr. 30 ff.).
Grundsätzlich kommt auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ein "Grundbeschluss", also etwa die bloße, nicht näher konkretisierte Verpflichtung zur Erbringung von Eingliederungshilfeleistungen nicht in Betracht (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. Februar 2014 – L 9 SO 413/13 B ER – juris Rdnr. 20). So scheidet eine einstweilige Anordnung regelmäßig aus, wenn der Antragsteller nicht darlegt und glaubhaft macht, welche Leistungen und Kosten überhaupt in Rede stehen bzw. ob und unter welchen (vertraglichen) Bedingungen der Leistungserbringer bereit ist, ihn aufzunehmen (vgl. Beschluss des Senats vom 2. August 2016 – L 7 SO 2159/16 ER-B – n.v.). Erst Recht dürfte in der Regel auch eine Verpflichtung des Sozialhilfeträgers dann ausscheiden, wenn zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch unbekannt wäre, in welche Einrichtung der Leistungsbegehrende aufgenommen werden soll (so LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. November 2014 – L 9 SO 429/14 B ER – juris Rdnr. 29). So verhält es sich aber hier nicht, denn hier ist der Träger der Einrichtung bekannt und der Senat konnte die einstweilige Anordnung entsprechend konkret fassen: Die P. gGmbH hat zuletzt mit Schreiben vom 22. Juli 2019 (an die Betreuerin der Antragstellerin) mitgeteilt, dass ein Platz für die Antragstellerin in einer der von ihr betreuten Wohngemeinschaften noch zur Verfügung stehe.
Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bedarf es in der hier vorliegenden Konstellation, in der eine zivilrechtliche Vereinbarung zwischen dem Leistungsbegehrenden und dem Leistungserbringer noch nicht besteht, also ein Schuldbeitritt gegenwärtig noch ins Leere gehen würde, allerdings auch keiner vorläufigen Verpflichtung zur Erteilung einer Zusicherung. Die vorläufige Verpflichtung zur Erteilung einer endgültigen Zusicherung wäre ein Widerspruch in sich; die endgültige Verpflichtung im Wege einer einstweiligen Anordnung wiederum wäre mit deren Wesen und dem Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache unvereinbar. Angesichts der Möglichkeit, im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch die vorläufige Verpflichtung zur Leistungserbringung auszusprechen, bestünde für eine bloße einstweilige Verpflichtung zur einstweiligen Zusicherung eines späteren Schuldbeitritts auch kein Rechtsschutzbedürfnis (vgl. zur Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Juni 2019 – L 1 AS 1858/19 ER-B – juris Rdnr. 13 m.w.N.; LSG Sachsen, Beschluss vom 19. Dezember 2016 – L 7 AS 1001/16 B ER – juris Rdnr. 22).
b) Der Antrag ist auch begründet.
aa) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist Voraussetzung, dass ein dem Antragsteller zustehendes Recht oder rechtlich geschütztes Interesse vorliegen muss (Anordnungsanspruch), das ohne Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würde, so dass dem Antragsteller schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund müssen glaubhaft gemacht sein (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Glaubhaftmachung liegt vor, wenn das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds überwiegend wahrscheinlich sind. Dabei haben sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache zu orientieren (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 13. April 2010 – 1 BvR 216/07 – juris Rdnr. 64; BVerfG, Beschluss vom 6. August 2014 – 1 BvR 1453/12 – juris Rdnr. 9). Eine Folgenabwägung ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn eine Prüfung der materiellen Rechtslage nicht möglich ist (BVerfG, Beschluss vom 14. September 2016 – 1 BvR 1335/13 – juris Rdnr. 20; Beschluss des Senats vom 31. Juli 2017 – L 7 SO 2557/17 ER-B – juris Rdnr. 21; Beschluss des Senats vom 22. Dezember 2017 – L 7 SO 4253/17 ER-B – juris Rdnr. 3; Beschluss des Senats vom 3. Dezember 2018 – L 7 SO 4027/18 ER-B – juris Rdnr. 19; Beschluss des Senats vom 14. März 2019 – L 7 AS 634/19 ER-B – juris Rdnr. 3).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht isoliert nebeneinander; es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt (Beschluss des Senats vom 31. Juli 2017 – L 7 SO 2557/17 ER-B – juris Rdnr. 22; Beschluss des Senats vom 22. Dezember 2017 – L 7 SO 4253/17 ER-B – juris Rdnr. 4; Beschluss des Senats vom 3. Dezember 2018 – L 7 SO 4027/18 ER-B – juris Rdnr. 20; Beschluss des Senats vom 14. März 2019 – L 7 AS 634/19 ER-B – juris Rdnr. 4; vgl. Beschluss des Senats vom 29. Januar 2007 – L 7 SO 5672/06 ER-B – juris Rdnr. 2; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris Rdnr. 18). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist (Beschluss des Senats vom 31. Juli 2017 – L 7 SO 2557/17 ER-B – juris Rdnr. 22; Beschluss des Senats vom 22. Dezember 2017 – L 7 SO 4253/17 ER-B – juris Rdnr. 4; Beschluss des Senats vom 3. Dezember 2018 – L 7 SO 4027/18 ER-B – juris Rdnr. 20; Beschluss des Senats vom 14. März 2019 – L 7 AS 634/19 ER-B – juris Rdnr. 4; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris Rdnr. 18; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. Februar 2007 – L 9 AS 254/06 ER – juris Rdnr. 4). Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. Auch dann kann aber nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden (Beschluss des Senats vom 31. Juli 2017 – L 7 SO 2557/17 ER-B – juris Rdnr. 22; Beschluss des Senats vom 22. Dezember 2017 – L 7 SO 4253/17 ER-B – juris Rdnr. 4; Beschluss des Senats vom 3. Dezember 2018 – L 7 SO 4027/18 ER-B – juris Rdnr. 20; Beschluss des Senats vom 14. März 2019 – L 7 AS 634/19 ER-B – juris Rdnr. 4; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris Rdnr. 18; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. Februar 2007 – L 9 AS 254/06 ER – juris Rdnr. 4).
Hinsichtlich des Anordnungsgrundes muss der Antragsteller darlegen, welche Nachteile zu erwarten sind, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen wird (Beschluss des Senats vom 6. März 2017 – L 7 SO 420/17 ER-B – juris Rdnr. 7; Beschluss des Senats vom 3. Dezember 2018 – L 7 SO 4027/18 ER-B – juris Rdnr. 20; Beschluss des Senats vom 14. März 2019 – L 7 AS 634/19 ER-B – juris Rdnr. 6; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21. September 2015 – L 7 SB 48/14 B ER – juris Rdnr. 21). Ein Anordnungsgrund ist nur glaubhaft gemacht, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass dem Antragsteller bei einem Abwarten des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens unzumutbare Nachteile entstünden (Beschluss des Senats vom 14. März 2019 – L 7 AS 634/19 ER-B – juris Rdnr. 6; vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. September 2017 – L 11 KR 3371/17 ER-B – juris Rdnr. 15).
Ein Anordnungsgrund besteht regelmäßig nur, soweit Leistungen für die Gegenwart oder die nahe Zukunft begehrt werden (Beschluss des Senats vom 28. November 2017 – L 7 SO 3860/17 ER-B – n.v.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. September 2012 – L 13 AS 3794/12 ER-B – juris Rdnr. 3; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. Februar 2011 – L 13 AS 628/11 ER-B – juris Rdnr. 2). Durch eine einstweilige Anordnung sollen nur diejenigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, die zur Behebung einer aktuellen, d.h. gegenwärtig noch bestehenden Notlage erforderlich sind (Beschluss des Senats vom 28. November 2017 – L 7 SO 3860/17 ER-B – n.v.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. August 2016 – L 11 KR 487/16 B ER – juris Rdnr. 11). Für die Gewährung von Leistungen für die Vergangenheit besteht demgegenüber regelmäßig kein Anordnungsgrund (Beschluss des Senats vom 28. November 2017 – L 7 SO 3860/17 ER-B – n.v.; LSG Bayern, Beschluss vom 15. Dezember 2016 – L 11 AS 712/16 B ER – juris Rdnr. 12; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. Dezember 2016 – L 29 AS 2544/16 B ER – juris Rdnr. 20; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Oktober 2016 – L 11 KR 259/16 B ER – juris Rdnr. 29; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. August 2016 – L 11 KR 487/16 B ER – juris Rdnr. 11). Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn ein besonderer Nachholbedarf besteht, weil die fehlenden Leistungen in der Vergangenheit in die Gegenwart fortwirken und eine gegenwärtige Notlage begründen (Beschluss des Senats vom 28. November 2017 – L 7 SO 3860/17 ER-B – n.v.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22. Februar 2017 – L 13 AS 26/17 B ER – juris Rdnr. 4; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Januar 2017 – L 19 AS 2381/16 B ER – juris Rdnr. 26; LSG Bayern, Beschluss vom 15. Dezember 2016 – L 11 AS 712/16 B ER – juris Rdnr. 12; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. September 2016 – L 32 AS 1688/16 B ER – juris Rdnr. 28; Meßling in Hennig, SGG, § 86b Rdnr. 168 [Dezember 2014]). Es muss dann ein noch gegenwärtig schwerer, ohne Erlass der einstweiligen Anordnung irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht werden (Beschluss des Senats vom 28. November 2017 – L 7 SO 3860/17 ER-B – n.v.; LSG Bayern, Beschluss vom 15. Dezember 2016 – L 11 AS 712/16 B ER – juris Rdnr. 12). Gegenüber Dritten bestehende Verbindlichkeiten reichen für die Annahme eines solchen Nachteils regelmäßig nicht aus (Beschluss des Senats vom 28. November 2017 – L 7 SO 3860/17 ER-B – n.v.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22. Februar 2017 – L 13 AS 26/17 B ER – juris Rdnr. 4; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Oktober 2016 – L 11 KR 259/16 B ER – juris Rdnr. 29 m.w.N.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. November 2011 – L 9 KR 284/11 B ER – juris Rdnr. 2; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Januar 2011 – L 9 KR 283/10 B ER – juris Rdnr. 5; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. September 2016 – L 32 AS 1688/16 B ER – juris Rdnr. 28).
Ein Anordnungsgrund besteht nicht, wenn der Antragsteller jedenfalls gegenwärtig auf eigene Mittel oder zumutbare Hilfe Dritter zurückgreifen kann (Beschluss des Senats vom 6. März 2017 – L 7 SO 420/17 ER-B – juris Rdnr. 8; Beschluss des Senats vom 9. August 2018 – L 7 SO 2685/18 ER-B – n.v.; Beschluss des Senats vom 14. März 2019 – L 7 AS 634/19 ER-B – juris Rdnr. 7; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 4. September 2014 – L 5 KR 147/14 B ER – juris Rdnr. 17; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28. März 2011 – L 5 KR 20/11 B ER – juris Rdnr. 10), etwa zur Vorfinanzierung (LSG Thüringen, Beschluss vom 26. November 2015 – L 6 KR 1266/15 B ER – juris Rdnr. 14 f.; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 4. September 2014 – L 5 KR 147/14 B ER – juris Rdnr. 17). Dies ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, Beschluss vom 21. September 2016 – 1 BvR 1825/16 – juris Rdnr. 4; BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 2016 – 1 BvR 1241/16 – juris Rdnr. 7). Zumutbare Hilfe Dritter kann auch in der Beschaffung eines Darlehens zum Zwecke der Vorfinanzierung bestehen (Beschluss des Senats vom 6. März 2017 – L 7 SO 420/17 ER-B – juris Rdnr. 8; Beschluss des Senats vom 14. März 2019 – L 7 AS 634/19 ER-B – juris Rdnr. 7).
bb) Nach diesen Maßstäben hat die Antragstellerin sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
(1) Ein Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht, weil überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Antragstellerin einen Anspruch gegen den Antragsgegner auf Erbringung von Eingliederungshilfeleistungen, konkret auf Zusicherung eines Schuldbeitritts zu einer von ihr noch einzugehenden Verpflichtung gegenüber dem Träger des ambulant betreuten Wohnens, der P. gGmbH, hat. Dieser Träger, der in einem Hauptsacheverfahren gemäß § 75 Abs. 2 Var. 1 SGG notwendig beizuladen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 – B 8 SO 22/07 R – juris Rdnr. 13), war im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht beizuladen, weil der Beschluss des Senats der Antragstellerin lediglich einen vorläufigen Anspruch gegen den Antragsgegner unter dem Vorbehalt der Rückforderung gewährt (vgl. Beschluss des Senats vom 14. Oktober 2013 – L 7 SO 2262/13 ER-B – n.v.), mangels Verpflichtung zum Schuldbeitritt aber keine unmittelbare rechtsgestaltende Wirkung im Verhältnis zum Leistungserbringer hat; in diesem Sinne geht für das Hauptsacheverfahren auch das BSG davon aus, dass ein Leistungserbringer nicht beizuladen ist, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht der Schuldbeitritt selbst, sondern nur die Erteilung einer entsprechenden Zusicherung ist (BSG, Beschluss vom 8. März 2017 – B 8 SO 79/16 B – juris Rdnr. 6).
Rechtsgrundlage des Begehrens der Antragstellerin ist § 19 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) i.V.m §§ 53, 54 SGB XII, § 55 des Sozialgesetzbuch Neuntes Buches (SGB IX) in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung. Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe (vgl. § 53 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SGB XII) ist es, den behinderten Menschen durch die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach Möglichkeit einem Nichtbehinderten gleichzustellen; der Bedürftige soll die Hilfen finden, die es ihm – durch Ausräumen behinderungsbedingter Hindernisse und Erschwernisse – ermöglichen, in der Umgebung von Nichthilfeempfängern ähnlich wie diese zu leben (vgl. Beschluss des Senats vom 2. September 2010 – L 7 SO 1357/10 ER-B – juris Rdnr. 8 m.w.N.).
Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung geht der Senat davon aus, dass die Antragstellerin aufgrund paranoider Schizophrenie, Cannabisabusus, Alkoholabusus, Nikotinabhängigkeit und psychischer und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen (Schreiben der Dr. S., Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatischer Medizin, R. Klinikum L., vom 26. Oktober 2018) wesentlich behindert im Sinne der vorgenannten Vorschriften ist, zumal dies auch der Antragsgegner nicht in Abrede stellt. Der Antragsgegner geht vielmehr selbst davon aus, dass die Antragstellerin grundsätzlich einen Anspruch auf Eingliederungshilfe hat (Antragserwiderung vom 28. Juni 2019 und Beschwerdeerwiderung vom 24. Juli 2019) und hat bereits im Dezember 2018 eine ambulante Betreuung der Antragstellerin befürwortet (E-Mail vom 19. Dezember 2018, Bl. 3 der Akte des Antragsgegners).
Der Anspruch der Antragstellerin besteht auch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegenüber dem Antragsgegner, ohne dass es auf die Frage ankommt, ob der Antragsgegner oder der Landkreis B.örtlich zuständig im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 19. Oktober 2017 – L 7 SO 5335/14 – juris Rdnr. 41 ff.) ist. Dies beruht auf § 14 SGB IX. Die Norm betrifft sowohl die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit (Ulrich in jurisPK-SGB IX, 3. Aufl. 2018, § 14 Rdnr. 45). § 14 SGB IX findet auch dann Anwendung, wenn es in der Hauptsache um die Erteilung der Zusicherung eines späteren Schuldbeitritts geht (BSG, Urteil vom 24. Februar 2016 – B 8 SO 18/14 R – juris Rdnr. 16).
Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IX stellt, wenn Leistungen zur Teilhabe – wie hier (zum Charakter der Eingliederungshilfeleistungen als Leistungen im Sinn des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX Urteil des Senats vom 19. Oktober 2017 – L 7 SO 5335/14 – juris Rdnr. 33 m.w.N.) – beantragt werden, der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller (§ 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Unterbleibt die Weiterleitung, ist im Außenverhältnis zum Leistungsbegehrenden ausschließlich der erstangegangene Träger zuständig (§ 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX; vgl. BSG, Urteil vom 20. April 2016 – B 8 SO 8/14 R – juris Rdnr. 9; Urteil des Senats vom 19. Oktober 2017 – L 7 SO 5335/14 – juris Rdnr. 31). Dies gilt auch, wenn die Weiterleitung nicht fristgerecht erfolgt (vgl. Ulrich in jurisPK-SGB IX, 3. Aufl. 2018, § 14 Rdnr. 95 ff.). Hält sich der erstangegangene Träger gleichwohl für unzuständig, muss er einen Erstattungsanspruch gegenüber dem von ihm für zuständig erachteten Träger geltend machen (vgl. BSG, Urteil vom 20. April 2016 – B 8 SO 8/14 R – juris Rdnr. 10; Urteil des Senats vom 19. Oktober 2017 – L 7 SO 5335/14 – juris Rdnr. 34 ff.); in einem etwaigen Hauptsacheverfahren wird daher der Landkreis B.notwendig beizuladen sein (§ 75 Abs. 2 Var. 1 SGG); im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes war dies nicht nötig, da über eine endgültige Zahlungsverpflichtung des Antragsgegners gerade nicht entschieden wurde.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist im vorliegenden Fall keine rechtzeitige Weiterleitung an den Landkreis B.erfolgt. Der Antrag der Antragstellerin lag dem Antragsgegner bereits am 19. Dezember 2018 (formlose Beantragung von Leistungen des ambulant betreuten Wohnens), jedenfalls aber am 30. Januar 2019 (Eingang des Formularantrages nebst weiterer Unterlagen) vor, während die Weiterleitung erst mit Schreiben vom 12. Juni 2019 erfolgt ist. Der Antragsgegner beruft sich zu Unrecht darauf, den Antrag unverzüglich weitergeleitet zu haben, nachdem er von den Umständen Kenntnis erlangt hat, die nach seiner Auffassung eine örtliche Zuständigkeit des Landkreises B.begründen. Das Gebot der unverzüglichen Weiterleitung in § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX verlängert nicht die Vierzehntagesfrist des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, sondern gilt nur in deren Rahmen. Gelangt ein Leistungsträger etwa bereits nach wenigen Tagen zu der Erkenntnis, er sei unzuständig, muss er den Antrag unverzüglich – also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch) – weiterleiten und darf nicht die Vierzehntagesfrist ausschöpfen (Ulrich in jurisPK-SGB IX, 3. Aufl. 2018, § 14 Rdnr. 79). Die Vierzehntagesfrist beginnt mit Antragseingang – bzw. bei Leistungserbringung von Amts wegen mit dem Tag der Kenntnis des Rehabilitationsbedarfs (§ 14 Abs. 4 SGB IX) –, nicht erst mit dem Abschluss der Ermittlungen des erstangegangenen Trägers zu seiner Zuständigkeit. Alles andere würde dem Zweck der Regelungen des § 14 SGB IX, für den Leistungsbegehrenden eine rasche Zuständigkeitsklärung und Entscheidung über sein Begehren herbeizuführen (vgl. BSG, Urteil vom 20. April 2016 – B 8 SO 8/14 R – juris Rdnr. 16; Urteil des Senats vom 19. Oktober 2017 – L 7 SO 5335/14 – juris Rdnr. 32; Beschluss des Senats vom 25. Oktober 2018 – L 7 SO 3280/18 ER-B – n.v.), nicht gerecht und dessen normative Direktiven in ihr Gegenteil verkehren. Hauptanliegen des SGB IX war und ist es, die Koordination der Leistungen und die Kooperation der Leistungsträger durch wirksame Instrumente sicherzustellen (Begründung des Gesetzentwurfes der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen zu einem Entwurf eines Sozialgesetzbuches – Neuntes Buch – [SGB IX] vom 16. Januar 2001, Bundestags-Drucksache 14/5074, S. 95). Eines dieser Instrumente ist § 14 SGB IX. Danach sollen Streitigkeiten über die Zuständigkeitsfrage – entgegen der Vorgehensweise des Antragsgegners im vorliegenden Fall – nicht mehr zu Lasten der behinderten Menschen bzw. der Schnelligkeit und Qualität der Leistungserbringung gehen (Bundestags-Drucksache 14/5074, S. 95). Grundsätzlich soll zwar die Zuständigkeit der einzelnen Zweige der sozialen Sicherheit für Rehabilitationsträger unberührt bleiben; jedoch soll das Verfahren durch eine rasche Zuständigkeitserklärung deutlich verkürzt werden, damit die Berechtigten die Leistungen schnellstmöglich erhalten (Bundestags-Drucksache 14/5074, S. 95). Entgegen der auch in den in seinen Akten enthaltenen E-Mails (beispielhaft E-Mail vom 4. Juni 2019, Bl. 71 der Akte des Antragsgegners) und im Schreiben des Antragsgegners vom 14. Juni 2019 an die Betreuerin der Antragstellerin zum Ausdruck kommenden Auffassung des Antragsgegners soll gerade verhindert werden, dass die Entscheidung über den Kostenübernahmeanspruch erst nach Klärung der (örtlichen) Zuständigkeit des erstangegangenen Sozialhilfeträgers erfolgt. Schon deswegen geht auch der Hinweis des Antragsgegners auf die (zudem unverbindlichen) gemeinsamen Empfehlungen zur Zuständigkeitserklärung der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (kritisch bereits BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – juris Rdnr. 24 f.) fehl, sofern man diese überhaupt im Sinne des Antragsgegners verstehen sollte; dort wird formuliert, dass ein die Frist des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX auslo&776;sender Antrag vorliege, wenn die Unterlagen vorlägen, die eine Beurteilung der Zusta&776;ndigkeit ermo&776;glichten. Hierzu geho&776;rten insbesondere, dass die Identität und das konkrete Leistungsbegehren des Antragstellers erkennbar sei – beides war hier spätestens im Januar 2019 der Fall, nachdem auch der formularmäßige Antrag vorlag.
(2) Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Dass die Antragstellerin nicht über hinreichendes Einkommen und Vermögen verfügt, um das ambulant betreute Wohnen bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens zu finanzieren, ergibt sich bei summarischer Prüfung aus ihren Angaben im Verwaltungsverfahren (vgl. Bl. 18 der Akte des Antragsgegners).
Für den Anordnungsgrund ist entgegen der Auffassung des SG und des Antragsgegners auch unerheblich, dass sich die Antragstellerin derzeit noch stationär im R. Klinikum L. aufhält. Das R. Klinikum L. hat – was das SG nicht berücksichtigt hat – dem Antragsgegner bereits am 29. Mai 2019 mitgeteilt, dass die Antragstellerin aus medizinischer Sicht entlassbar sei, und auch in der Folgezeit gegenüber dem Antragsgegner wiederholt auf die Erteilung der Kostenzusage gedrängt (Schreiben des R. Klinikum L. vom 13. Juni 2019). Offensichtlich ist dies bislang nur zur Vermeidung von Obdachlosigkeit nicht geschehen bzw. weil man die Entscheidung des Antragsgegners über den Leistungsantrag der Antragstellerin abwarten will; dieser Eindruck wird bestätigt durch das zuletzt von der Antragstellerin vorgelegte Schreiben des Assistenzarztes Guzek vom 24. Juli 2019, in dem dieser ausführt, dass die Antragstellerin am 6. Mai 2019 in das ambulante betreute Wohnen hätten entlassen werden können, dies aber aufgrund der ungeklärten Kostenübernahme gescheitert sei, und dass eine Entlassung in die Obdachlosigkeit aus seiner Sicht nicht vertretbar erscheine. Dass der Antragsgegner bislang über die Kostenübernahme nicht entschieden hat und die Antragstellerin daher das Krankenhaus noch nicht verlassen hat, kann er der Antragstellerin nicht entgegenhalten.
Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes wird dadurch bekräftigt, dass die P. gGmbH mit Schreiben vom 22. Juli 2019 (an die Betreuerin der Antragstellerin) mitgeteit hat, dass ein Platz für die Antragstellerin in einer der von ihr betreuten Wohngemeinschaften noch zur Verfügung stehe, es sich aber um den letzten freien Platz handele und daher nicht garantiert werden könne, diesen noch lange freizuhalten.
Allerdings war die einstweilige Anordnung zeitlich zu befristen, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass aus heutiger Sicht nicht ad infinitum eine Aussage über das Fortbestehen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund getroffen werden kann; im Übrigen wird der Antragsgegner – schon wegen § 88 Abs. 1 SGG – unverzüglich über den Leistungsantrag der Antragstellerin zu entscheiden haben, wobei er – aus den oben dargestellten Gründen – unabhängig von der Frage, welcher Sozialhilfeträger örtlich zuständig ist, schon wegen § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX im Verhältnis zur Antragstellerin zuständig ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin in beiden Rechtszügen.
Gründe:
1. Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 172 SGG).
2. Die Beschwerde der Antragstellerin ist auch begründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht abgelehnt. Der Antrag ist zulässig und begründet.
a) Der Antrag ist zulässig.
In einem Hauptsacheverfahren würde die Antragstellerin der Sache nach (vgl. § 123 SGG) die Kostenübernahme durch den Antragsgegner im Rahmen einer Sachleistung im weiteren Sinne (Schuldbeitritt durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung) anstreben. Denn bei der begehrten Kostenübernahme für das ambulant betreute Wohnen handelt es sich um keine Geldleistung, sondern nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) um einen Schuldbeitritt, verbunden mit einem Anspruch auf Befreiung von der Schuld gegenüber dem jeweils Leistungserbringer (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 – B 8 SO 22/07 R – juris Rdnr. 25 ff.; BSG, Urteil vom 22. März 2012 – B 8 SO 30/10 R – juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 23. August 2013 – B 8 SO 10/12 R – juris Rdnr. 10, 12; BSG, Urteil vom 6. Dezember 2018 – B 8 SO 9/18 R – juris Rdnr. 34). Der Schuldbeitritt hat einen unmittelbaren Zahlungsanspruch des Leistungserbringers gegen den Sozialhilfeträger und einen Anspruch des Hilfeempfängers gegen den Sozialhilfeträger auf Zahlung an den Leistungserbringer zur Folge (BSG, Urteil vom 23. August 2013 – B 8 SO 10/12 R – juris Rdnr. 10 m.w.N.). Es handelt sich demnach nicht um eine Geldleistung im Sinne des § 130 SGG, so dass in einem Hauptsacheverfahren ein Grundurteil nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht zulässig wäre (BSG, Urteil vom 23. August 2013 – B 8 SO 10/12 R – juris Rdnr. 12). Ist die Schuld, zu der der Sozialhilfeträger beitreten soll, noch nicht begründet worden, kann im Hauptsacheverfahren allerdings auf die Erteilung der Zusicherung (§ 34 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – SGB X) eines späteren Schuldbeitritts geklagt werden (vgl. BSG, Urteil vom 24. Februar 2016 – B 8 SO 18/14 R – juris Rdnr. 16; BSG, Beschluss vom 8. März 2017 – B 8 SO 79/16 B – juris Rdnr. 6; Landessozialgericht [LSG] Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26. Mai 2016 – L 8 SO 166/12 – juris Rdnr. 30 ff.).
Grundsätzlich kommt auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ein "Grundbeschluss", also etwa die bloße, nicht näher konkretisierte Verpflichtung zur Erbringung von Eingliederungshilfeleistungen nicht in Betracht (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. Februar 2014 – L 9 SO 413/13 B ER – juris Rdnr. 20). So scheidet eine einstweilige Anordnung regelmäßig aus, wenn der Antragsteller nicht darlegt und glaubhaft macht, welche Leistungen und Kosten überhaupt in Rede stehen bzw. ob und unter welchen (vertraglichen) Bedingungen der Leistungserbringer bereit ist, ihn aufzunehmen (vgl. Beschluss des Senats vom 2. August 2016 – L 7 SO 2159/16 ER-B – n.v.). Erst Recht dürfte in der Regel auch eine Verpflichtung des Sozialhilfeträgers dann ausscheiden, wenn zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch unbekannt wäre, in welche Einrichtung der Leistungsbegehrende aufgenommen werden soll (so LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. November 2014 – L 9 SO 429/14 B ER – juris Rdnr. 29). So verhält es sich aber hier nicht, denn hier ist der Träger der Einrichtung bekannt und der Senat konnte die einstweilige Anordnung entsprechend konkret fassen: Die P. gGmbH hat zuletzt mit Schreiben vom 22. Juli 2019 (an die Betreuerin der Antragstellerin) mitgeteilt, dass ein Platz für die Antragstellerin in einer der von ihr betreuten Wohngemeinschaften noch zur Verfügung stehe.
Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bedarf es in der hier vorliegenden Konstellation, in der eine zivilrechtliche Vereinbarung zwischen dem Leistungsbegehrenden und dem Leistungserbringer noch nicht besteht, also ein Schuldbeitritt gegenwärtig noch ins Leere gehen würde, allerdings auch keiner vorläufigen Verpflichtung zur Erteilung einer Zusicherung. Die vorläufige Verpflichtung zur Erteilung einer endgültigen Zusicherung wäre ein Widerspruch in sich; die endgültige Verpflichtung im Wege einer einstweiligen Anordnung wiederum wäre mit deren Wesen und dem Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache unvereinbar. Angesichts der Möglichkeit, im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch die vorläufige Verpflichtung zur Leistungserbringung auszusprechen, bestünde für eine bloße einstweilige Verpflichtung zur einstweiligen Zusicherung eines späteren Schuldbeitritts auch kein Rechtsschutzbedürfnis (vgl. zur Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Juni 2019 – L 1 AS 1858/19 ER-B – juris Rdnr. 13 m.w.N.; LSG Sachsen, Beschluss vom 19. Dezember 2016 – L 7 AS 1001/16 B ER – juris Rdnr. 22).
b) Der Antrag ist auch begründet.
aa) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist Voraussetzung, dass ein dem Antragsteller zustehendes Recht oder rechtlich geschütztes Interesse vorliegen muss (Anordnungsanspruch), das ohne Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würde, so dass dem Antragsteller schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund müssen glaubhaft gemacht sein (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Glaubhaftmachung liegt vor, wenn das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds überwiegend wahrscheinlich sind. Dabei haben sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache zu orientieren (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 13. April 2010 – 1 BvR 216/07 – juris Rdnr. 64; BVerfG, Beschluss vom 6. August 2014 – 1 BvR 1453/12 – juris Rdnr. 9). Eine Folgenabwägung ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn eine Prüfung der materiellen Rechtslage nicht möglich ist (BVerfG, Beschluss vom 14. September 2016 – 1 BvR 1335/13 – juris Rdnr. 20; Beschluss des Senats vom 31. Juli 2017 – L 7 SO 2557/17 ER-B – juris Rdnr. 21; Beschluss des Senats vom 22. Dezember 2017 – L 7 SO 4253/17 ER-B – juris Rdnr. 3; Beschluss des Senats vom 3. Dezember 2018 – L 7 SO 4027/18 ER-B – juris Rdnr. 19; Beschluss des Senats vom 14. März 2019 – L 7 AS 634/19 ER-B – juris Rdnr. 3).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht isoliert nebeneinander; es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt (Beschluss des Senats vom 31. Juli 2017 – L 7 SO 2557/17 ER-B – juris Rdnr. 22; Beschluss des Senats vom 22. Dezember 2017 – L 7 SO 4253/17 ER-B – juris Rdnr. 4; Beschluss des Senats vom 3. Dezember 2018 – L 7 SO 4027/18 ER-B – juris Rdnr. 20; Beschluss des Senats vom 14. März 2019 – L 7 AS 634/19 ER-B – juris Rdnr. 4; vgl. Beschluss des Senats vom 29. Januar 2007 – L 7 SO 5672/06 ER-B – juris Rdnr. 2; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris Rdnr. 18). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist (Beschluss des Senats vom 31. Juli 2017 – L 7 SO 2557/17 ER-B – juris Rdnr. 22; Beschluss des Senats vom 22. Dezember 2017 – L 7 SO 4253/17 ER-B – juris Rdnr. 4; Beschluss des Senats vom 3. Dezember 2018 – L 7 SO 4027/18 ER-B – juris Rdnr. 20; Beschluss des Senats vom 14. März 2019 – L 7 AS 634/19 ER-B – juris Rdnr. 4; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris Rdnr. 18; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. Februar 2007 – L 9 AS 254/06 ER – juris Rdnr. 4). Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. Auch dann kann aber nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden (Beschluss des Senats vom 31. Juli 2017 – L 7 SO 2557/17 ER-B – juris Rdnr. 22; Beschluss des Senats vom 22. Dezember 2017 – L 7 SO 4253/17 ER-B – juris Rdnr. 4; Beschluss des Senats vom 3. Dezember 2018 – L 7 SO 4027/18 ER-B – juris Rdnr. 20; Beschluss des Senats vom 14. März 2019 – L 7 AS 634/19 ER-B – juris Rdnr. 4; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris Rdnr. 18; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. Februar 2007 – L 9 AS 254/06 ER – juris Rdnr. 4).
Hinsichtlich des Anordnungsgrundes muss der Antragsteller darlegen, welche Nachteile zu erwarten sind, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen wird (Beschluss des Senats vom 6. März 2017 – L 7 SO 420/17 ER-B – juris Rdnr. 7; Beschluss des Senats vom 3. Dezember 2018 – L 7 SO 4027/18 ER-B – juris Rdnr. 20; Beschluss des Senats vom 14. März 2019 – L 7 AS 634/19 ER-B – juris Rdnr. 6; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21. September 2015 – L 7 SB 48/14 B ER – juris Rdnr. 21). Ein Anordnungsgrund ist nur glaubhaft gemacht, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass dem Antragsteller bei einem Abwarten des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens unzumutbare Nachteile entstünden (Beschluss des Senats vom 14. März 2019 – L 7 AS 634/19 ER-B – juris Rdnr. 6; vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. September 2017 – L 11 KR 3371/17 ER-B – juris Rdnr. 15).
Ein Anordnungsgrund besteht regelmäßig nur, soweit Leistungen für die Gegenwart oder die nahe Zukunft begehrt werden (Beschluss des Senats vom 28. November 2017 – L 7 SO 3860/17 ER-B – n.v.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. September 2012 – L 13 AS 3794/12 ER-B – juris Rdnr. 3; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. Februar 2011 – L 13 AS 628/11 ER-B – juris Rdnr. 2). Durch eine einstweilige Anordnung sollen nur diejenigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, die zur Behebung einer aktuellen, d.h. gegenwärtig noch bestehenden Notlage erforderlich sind (Beschluss des Senats vom 28. November 2017 – L 7 SO 3860/17 ER-B – n.v.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. August 2016 – L 11 KR 487/16 B ER – juris Rdnr. 11). Für die Gewährung von Leistungen für die Vergangenheit besteht demgegenüber regelmäßig kein Anordnungsgrund (Beschluss des Senats vom 28. November 2017 – L 7 SO 3860/17 ER-B – n.v.; LSG Bayern, Beschluss vom 15. Dezember 2016 – L 11 AS 712/16 B ER – juris Rdnr. 12; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. Dezember 2016 – L 29 AS 2544/16 B ER – juris Rdnr. 20; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Oktober 2016 – L 11 KR 259/16 B ER – juris Rdnr. 29; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. August 2016 – L 11 KR 487/16 B ER – juris Rdnr. 11). Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn ein besonderer Nachholbedarf besteht, weil die fehlenden Leistungen in der Vergangenheit in die Gegenwart fortwirken und eine gegenwärtige Notlage begründen (Beschluss des Senats vom 28. November 2017 – L 7 SO 3860/17 ER-B – n.v.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22. Februar 2017 – L 13 AS 26/17 B ER – juris Rdnr. 4; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Januar 2017 – L 19 AS 2381/16 B ER – juris Rdnr. 26; LSG Bayern, Beschluss vom 15. Dezember 2016 – L 11 AS 712/16 B ER – juris Rdnr. 12; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. September 2016 – L 32 AS 1688/16 B ER – juris Rdnr. 28; Meßling in Hennig, SGG, § 86b Rdnr. 168 [Dezember 2014]). Es muss dann ein noch gegenwärtig schwerer, ohne Erlass der einstweiligen Anordnung irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht werden (Beschluss des Senats vom 28. November 2017 – L 7 SO 3860/17 ER-B – n.v.; LSG Bayern, Beschluss vom 15. Dezember 2016 – L 11 AS 712/16 B ER – juris Rdnr. 12). Gegenüber Dritten bestehende Verbindlichkeiten reichen für die Annahme eines solchen Nachteils regelmäßig nicht aus (Beschluss des Senats vom 28. November 2017 – L 7 SO 3860/17 ER-B – n.v.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22. Februar 2017 – L 13 AS 26/17 B ER – juris Rdnr. 4; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Oktober 2016 – L 11 KR 259/16 B ER – juris Rdnr. 29 m.w.N.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. November 2011 – L 9 KR 284/11 B ER – juris Rdnr. 2; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Januar 2011 – L 9 KR 283/10 B ER – juris Rdnr. 5; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. September 2016 – L 32 AS 1688/16 B ER – juris Rdnr. 28).
Ein Anordnungsgrund besteht nicht, wenn der Antragsteller jedenfalls gegenwärtig auf eigene Mittel oder zumutbare Hilfe Dritter zurückgreifen kann (Beschluss des Senats vom 6. März 2017 – L 7 SO 420/17 ER-B – juris Rdnr. 8; Beschluss des Senats vom 9. August 2018 – L 7 SO 2685/18 ER-B – n.v.; Beschluss des Senats vom 14. März 2019 – L 7 AS 634/19 ER-B – juris Rdnr. 7; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 4. September 2014 – L 5 KR 147/14 B ER – juris Rdnr. 17; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28. März 2011 – L 5 KR 20/11 B ER – juris Rdnr. 10), etwa zur Vorfinanzierung (LSG Thüringen, Beschluss vom 26. November 2015 – L 6 KR 1266/15 B ER – juris Rdnr. 14 f.; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 4. September 2014 – L 5 KR 147/14 B ER – juris Rdnr. 17). Dies ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, Beschluss vom 21. September 2016 – 1 BvR 1825/16 – juris Rdnr. 4; BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 2016 – 1 BvR 1241/16 – juris Rdnr. 7). Zumutbare Hilfe Dritter kann auch in der Beschaffung eines Darlehens zum Zwecke der Vorfinanzierung bestehen (Beschluss des Senats vom 6. März 2017 – L 7 SO 420/17 ER-B – juris Rdnr. 8; Beschluss des Senats vom 14. März 2019 – L 7 AS 634/19 ER-B – juris Rdnr. 7).
bb) Nach diesen Maßstäben hat die Antragstellerin sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
(1) Ein Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht, weil überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Antragstellerin einen Anspruch gegen den Antragsgegner auf Erbringung von Eingliederungshilfeleistungen, konkret auf Zusicherung eines Schuldbeitritts zu einer von ihr noch einzugehenden Verpflichtung gegenüber dem Träger des ambulant betreuten Wohnens, der P. gGmbH, hat. Dieser Träger, der in einem Hauptsacheverfahren gemäß § 75 Abs. 2 Var. 1 SGG notwendig beizuladen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 – B 8 SO 22/07 R – juris Rdnr. 13), war im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht beizuladen, weil der Beschluss des Senats der Antragstellerin lediglich einen vorläufigen Anspruch gegen den Antragsgegner unter dem Vorbehalt der Rückforderung gewährt (vgl. Beschluss des Senats vom 14. Oktober 2013 – L 7 SO 2262/13 ER-B – n.v.), mangels Verpflichtung zum Schuldbeitritt aber keine unmittelbare rechtsgestaltende Wirkung im Verhältnis zum Leistungserbringer hat; in diesem Sinne geht für das Hauptsacheverfahren auch das BSG davon aus, dass ein Leistungserbringer nicht beizuladen ist, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht der Schuldbeitritt selbst, sondern nur die Erteilung einer entsprechenden Zusicherung ist (BSG, Beschluss vom 8. März 2017 – B 8 SO 79/16 B – juris Rdnr. 6).
Rechtsgrundlage des Begehrens der Antragstellerin ist § 19 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) i.V.m §§ 53, 54 SGB XII, § 55 des Sozialgesetzbuch Neuntes Buches (SGB IX) in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung. Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe (vgl. § 53 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SGB XII) ist es, den behinderten Menschen durch die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach Möglichkeit einem Nichtbehinderten gleichzustellen; der Bedürftige soll die Hilfen finden, die es ihm – durch Ausräumen behinderungsbedingter Hindernisse und Erschwernisse – ermöglichen, in der Umgebung von Nichthilfeempfängern ähnlich wie diese zu leben (vgl. Beschluss des Senats vom 2. September 2010 – L 7 SO 1357/10 ER-B – juris Rdnr. 8 m.w.N.).
Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung geht der Senat davon aus, dass die Antragstellerin aufgrund paranoider Schizophrenie, Cannabisabusus, Alkoholabusus, Nikotinabhängigkeit und psychischer und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen (Schreiben der Dr. S., Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatischer Medizin, R. Klinikum L., vom 26. Oktober 2018) wesentlich behindert im Sinne der vorgenannten Vorschriften ist, zumal dies auch der Antragsgegner nicht in Abrede stellt. Der Antragsgegner geht vielmehr selbst davon aus, dass die Antragstellerin grundsätzlich einen Anspruch auf Eingliederungshilfe hat (Antragserwiderung vom 28. Juni 2019 und Beschwerdeerwiderung vom 24. Juli 2019) und hat bereits im Dezember 2018 eine ambulante Betreuung der Antragstellerin befürwortet (E-Mail vom 19. Dezember 2018, Bl. 3 der Akte des Antragsgegners).
Der Anspruch der Antragstellerin besteht auch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegenüber dem Antragsgegner, ohne dass es auf die Frage ankommt, ob der Antragsgegner oder der Landkreis B.örtlich zuständig im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 19. Oktober 2017 – L 7 SO 5335/14 – juris Rdnr. 41 ff.) ist. Dies beruht auf § 14 SGB IX. Die Norm betrifft sowohl die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit (Ulrich in jurisPK-SGB IX, 3. Aufl. 2018, § 14 Rdnr. 45). § 14 SGB IX findet auch dann Anwendung, wenn es in der Hauptsache um die Erteilung der Zusicherung eines späteren Schuldbeitritts geht (BSG, Urteil vom 24. Februar 2016 – B 8 SO 18/14 R – juris Rdnr. 16).
Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IX stellt, wenn Leistungen zur Teilhabe – wie hier (zum Charakter der Eingliederungshilfeleistungen als Leistungen im Sinn des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX Urteil des Senats vom 19. Oktober 2017 – L 7 SO 5335/14 – juris Rdnr. 33 m.w.N.) – beantragt werden, der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller (§ 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Unterbleibt die Weiterleitung, ist im Außenverhältnis zum Leistungsbegehrenden ausschließlich der erstangegangene Träger zuständig (§ 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX; vgl. BSG, Urteil vom 20. April 2016 – B 8 SO 8/14 R – juris Rdnr. 9; Urteil des Senats vom 19. Oktober 2017 – L 7 SO 5335/14 – juris Rdnr. 31). Dies gilt auch, wenn die Weiterleitung nicht fristgerecht erfolgt (vgl. Ulrich in jurisPK-SGB IX, 3. Aufl. 2018, § 14 Rdnr. 95 ff.). Hält sich der erstangegangene Träger gleichwohl für unzuständig, muss er einen Erstattungsanspruch gegenüber dem von ihm für zuständig erachteten Träger geltend machen (vgl. BSG, Urteil vom 20. April 2016 – B 8 SO 8/14 R – juris Rdnr. 10; Urteil des Senats vom 19. Oktober 2017 – L 7 SO 5335/14 – juris Rdnr. 34 ff.); in einem etwaigen Hauptsacheverfahren wird daher der Landkreis B.notwendig beizuladen sein (§ 75 Abs. 2 Var. 1 SGG); im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes war dies nicht nötig, da über eine endgültige Zahlungsverpflichtung des Antragsgegners gerade nicht entschieden wurde.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist im vorliegenden Fall keine rechtzeitige Weiterleitung an den Landkreis B.erfolgt. Der Antrag der Antragstellerin lag dem Antragsgegner bereits am 19. Dezember 2018 (formlose Beantragung von Leistungen des ambulant betreuten Wohnens), jedenfalls aber am 30. Januar 2019 (Eingang des Formularantrages nebst weiterer Unterlagen) vor, während die Weiterleitung erst mit Schreiben vom 12. Juni 2019 erfolgt ist. Der Antragsgegner beruft sich zu Unrecht darauf, den Antrag unverzüglich weitergeleitet zu haben, nachdem er von den Umständen Kenntnis erlangt hat, die nach seiner Auffassung eine örtliche Zuständigkeit des Landkreises B.begründen. Das Gebot der unverzüglichen Weiterleitung in § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX verlängert nicht die Vierzehntagesfrist des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, sondern gilt nur in deren Rahmen. Gelangt ein Leistungsträger etwa bereits nach wenigen Tagen zu der Erkenntnis, er sei unzuständig, muss er den Antrag unverzüglich – also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch) – weiterleiten und darf nicht die Vierzehntagesfrist ausschöpfen (Ulrich in jurisPK-SGB IX, 3. Aufl. 2018, § 14 Rdnr. 79). Die Vierzehntagesfrist beginnt mit Antragseingang – bzw. bei Leistungserbringung von Amts wegen mit dem Tag der Kenntnis des Rehabilitationsbedarfs (§ 14 Abs. 4 SGB IX) –, nicht erst mit dem Abschluss der Ermittlungen des erstangegangenen Trägers zu seiner Zuständigkeit. Alles andere würde dem Zweck der Regelungen des § 14 SGB IX, für den Leistungsbegehrenden eine rasche Zuständigkeitsklärung und Entscheidung über sein Begehren herbeizuführen (vgl. BSG, Urteil vom 20. April 2016 – B 8 SO 8/14 R – juris Rdnr. 16; Urteil des Senats vom 19. Oktober 2017 – L 7 SO 5335/14 – juris Rdnr. 32; Beschluss des Senats vom 25. Oktober 2018 – L 7 SO 3280/18 ER-B – n.v.), nicht gerecht und dessen normative Direktiven in ihr Gegenteil verkehren. Hauptanliegen des SGB IX war und ist es, die Koordination der Leistungen und die Kooperation der Leistungsträger durch wirksame Instrumente sicherzustellen (Begründung des Gesetzentwurfes der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen zu einem Entwurf eines Sozialgesetzbuches – Neuntes Buch – [SGB IX] vom 16. Januar 2001, Bundestags-Drucksache 14/5074, S. 95). Eines dieser Instrumente ist § 14 SGB IX. Danach sollen Streitigkeiten über die Zuständigkeitsfrage – entgegen der Vorgehensweise des Antragsgegners im vorliegenden Fall – nicht mehr zu Lasten der behinderten Menschen bzw. der Schnelligkeit und Qualität der Leistungserbringung gehen (Bundestags-Drucksache 14/5074, S. 95). Grundsätzlich soll zwar die Zuständigkeit der einzelnen Zweige der sozialen Sicherheit für Rehabilitationsträger unberührt bleiben; jedoch soll das Verfahren durch eine rasche Zuständigkeitserklärung deutlich verkürzt werden, damit die Berechtigten die Leistungen schnellstmöglich erhalten (Bundestags-Drucksache 14/5074, S. 95). Entgegen der auch in den in seinen Akten enthaltenen E-Mails (beispielhaft E-Mail vom 4. Juni 2019, Bl. 71 der Akte des Antragsgegners) und im Schreiben des Antragsgegners vom 14. Juni 2019 an die Betreuerin der Antragstellerin zum Ausdruck kommenden Auffassung des Antragsgegners soll gerade verhindert werden, dass die Entscheidung über den Kostenübernahmeanspruch erst nach Klärung der (örtlichen) Zuständigkeit des erstangegangenen Sozialhilfeträgers erfolgt. Schon deswegen geht auch der Hinweis des Antragsgegners auf die (zudem unverbindlichen) gemeinsamen Empfehlungen zur Zuständigkeitserklärung der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (kritisch bereits BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – juris Rdnr. 24 f.) fehl, sofern man diese überhaupt im Sinne des Antragsgegners verstehen sollte; dort wird formuliert, dass ein die Frist des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX auslo&776;sender Antrag vorliege, wenn die Unterlagen vorlägen, die eine Beurteilung der Zusta&776;ndigkeit ermo&776;glichten. Hierzu geho&776;rten insbesondere, dass die Identität und das konkrete Leistungsbegehren des Antragstellers erkennbar sei – beides war hier spätestens im Januar 2019 der Fall, nachdem auch der formularmäßige Antrag vorlag.
(2) Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Dass die Antragstellerin nicht über hinreichendes Einkommen und Vermögen verfügt, um das ambulant betreute Wohnen bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens zu finanzieren, ergibt sich bei summarischer Prüfung aus ihren Angaben im Verwaltungsverfahren (vgl. Bl. 18 der Akte des Antragsgegners).
Für den Anordnungsgrund ist entgegen der Auffassung des SG und des Antragsgegners auch unerheblich, dass sich die Antragstellerin derzeit noch stationär im R. Klinikum L. aufhält. Das R. Klinikum L. hat – was das SG nicht berücksichtigt hat – dem Antragsgegner bereits am 29. Mai 2019 mitgeteilt, dass die Antragstellerin aus medizinischer Sicht entlassbar sei, und auch in der Folgezeit gegenüber dem Antragsgegner wiederholt auf die Erteilung der Kostenzusage gedrängt (Schreiben des R. Klinikum L. vom 13. Juni 2019). Offensichtlich ist dies bislang nur zur Vermeidung von Obdachlosigkeit nicht geschehen bzw. weil man die Entscheidung des Antragsgegners über den Leistungsantrag der Antragstellerin abwarten will; dieser Eindruck wird bestätigt durch das zuletzt von der Antragstellerin vorgelegte Schreiben des Assistenzarztes Guzek vom 24. Juli 2019, in dem dieser ausführt, dass die Antragstellerin am 6. Mai 2019 in das ambulante betreute Wohnen hätten entlassen werden können, dies aber aufgrund der ungeklärten Kostenübernahme gescheitert sei, und dass eine Entlassung in die Obdachlosigkeit aus seiner Sicht nicht vertretbar erscheine. Dass der Antragsgegner bislang über die Kostenübernahme nicht entschieden hat und die Antragstellerin daher das Krankenhaus noch nicht verlassen hat, kann er der Antragstellerin nicht entgegenhalten.
Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes wird dadurch bekräftigt, dass die P. gGmbH mit Schreiben vom 22. Juli 2019 (an die Betreuerin der Antragstellerin) mitgeteit hat, dass ein Platz für die Antragstellerin in einer der von ihr betreuten Wohngemeinschaften noch zur Verfügung stehe, es sich aber um den letzten freien Platz handele und daher nicht garantiert werden könne, diesen noch lange freizuhalten.
Allerdings war die einstweilige Anordnung zeitlich zu befristen, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass aus heutiger Sicht nicht ad infinitum eine Aussage über das Fortbestehen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund getroffen werden kann; im Übrigen wird der Antragsgegner – schon wegen § 88 Abs. 1 SGG – unverzüglich über den Leistungsantrag der Antragstellerin zu entscheiden haben, wobei er – aus den oben dargestellten Gründen – unabhängig von der Frage, welcher Sozialhilfeträger örtlich zuständig ist, schon wegen § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX im Verhältnis zur Antragstellerin zuständig ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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