Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SB 3132/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 SB 1245/03 KO-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Entschädigung medizinischer Sachverständiger erfolgt nach einer Gruppeneinteilung:
-einfache Gutachten werden mit 35 € je Stunde
-schwierige Gutachten mit 46 € je Stunde und
-sehr schwierige Gutachtenmit 52 € je Stunde
entschädigt.
-einfache Gutachten werden mit 35 € je Stunde
-schwierige Gutachten mit 46 € je Stunde und
-sehr schwierige Gutachtenmit 52 € je Stunde
entschädigt.
Die Beschwerde des Antragsstellers wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer begehrt einen Stundensatz von 47,00 EUR anstelle 41,00 EUR für zehn zu entschädigende Stunden.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) S 12 SB 3157/00 ging es um die Schwerbehinderteneigenschaft des dortigen Klägers, insbesondere um eine wesentliche Verschlechterung bereits anerkannter Behinderungen. Mit Schreiben vom 19.03.2002 wurde der Beschwerdeführer zum Sachverständigen ernannt und um ein schriftliches Gutachten nach ambulanter Untersuchung des Klägers gebeten, welches er unter dem Datum des 19.06.2002 auf 16 Seiten erstattete. In seiner Kostenrechnung vom 25.07.2002 stellte er neben Schreibgebühren und Porto auch zehn Stunden zu je 47,00 EUR in Rechnung. Der Kostenbeamte entschädigte Porto und Schreibgebühren antragsgemäß, die auch von ihm für erforderlich gehaltenen zehn Stunden jedoch nur mit einem Stundensatz von 41,00 EUR und damit einen Gesamtbetrag von 468,25 EUR.
Hiergegen hat sich der Beschwerdeführer mit seinem Antrag auf richterliche Festsetzung der Entschädigung und der Begründung gewandt, es habe sich um ein sehr schwieriges Gutachten gehandelt. Das SG hat mit Beschluss vom 30.01.2003 die Entschädigung auf 468,25 EUR festgesetzt. Auf die Gründe der Entscheidung wird verwiesen.
In seiner hiergegen gerichteten Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, macht der Beschwerdeführer geltend, der besondere Schwierigkeitsgrad der Begutachtung zeige sich darin, dass ursprünglich sein Chef, der Direktor des Klinikums, zum Sachverständigen ernannt worden sei.
Der Beschwerdegegner hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere wird der Beschwerdewert von 50,00 EUR überschritten, weil der Beschwerdeführer die zu vergütenden zehn Stunden mit einem um 6,00 EUR höheren Stundensatz entschädigt verlangt.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Nach § 3 Abs. 1 ZSEG werden Sachverständige für ihre Leistungen entschädigt. Dabei beträgt die Entschädigung nach Abs. 2 der Vorschrift für jede Stunde der erforderlichen Zeit 25,00 EUR bis 52,00 EUR, wobei für die Bemessung des Stundensatzes der Grad der erforderlichen Fachkenntnisse, die Schwierigkeit der Leistung, ein nicht anderweitig abzugeltender Aufwand für die notwendige Benutzung technischer Vorrichtungen und besondere Umstände maßgebend sind, unter denen das Gutachten zu erarbeiten war. Die letzte, bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet (§ 3 Abs. 2 Satz 3 ZSEG).
Zutreffend sind der Kostenbeamte sowie das SG davon ausgegangen, dass neben dem vorauslagten Porto und den geltend gemachten Schreibgebühren auch zehn Stunden zu entschädigen sind. Der für die Errechnung der Entschädigung zugrunde gelegte Stundensatz von 41,00 EUR ist nicht zu beanstanden.
Schon mit Beschluss vom 16.12.2003, L 12 U 2325/93 KO-A hat der Senat seine bisherige Rechtsprechung zu den Kostensätzen für medizinische Gutachten aufgegeben. Sie war - insbesondere unter Berücksichtigung ihrer Umsetzung in der Praxis - zu wenig differenziert und führte teilweise zu nicht gerechtfertigten Ergebnissen. Die gezahlte Entschädigung stand in einer großen Zahl von Fällen nicht in angemessenem Verhältnis zur Schwierigkeit der Tätigkeit. Für die Gruppe der durchschnittlichen Gutachten galten zudem unangemessen niedrige Entschädigungssätze.
Durchschnittlich schwierig waren solche Gutachten, die keine besonderen Anforderungen stellten, sondern routinemäßige gefertigt wurden. In der Praxis fielen in die Gruppe der durchschnittlichen Gutachten fast ausschließlich Gutachten in Streitigkeiten nach dem SchwbG bzw. SGB IX, wobei im Einzelfall ein Gutachten in einer Schwerbehindertenstreitsache durchaus die Kriterien eines schwierigen oder sehr schwierigen Gutachtens erfüllen konnte. Damit wurden in dieser Gruppe entgegen der Bezeichnung nicht etwa durchschnittliche, sondern besonders einfache Gutachten honoriert. Der in dieser Gruppe gezahlte Stundensatz von 31,00 EUR war zudem unangemessen niedrig. Die für die Erstellung des Gutachtens erforderliche Qualifikation ist nach § 3 ZSEG ein wesentliches Kriterium der Honorierung. Auch für die durchschnittlichen (tatsächlich leichten) Gutachten war die Qualifikation eines Arztes, also ein Hochschulstudium und in den meisten Fällen eine Facharztausbildung erforderlich. Ist eine derartige Qualifikation notwendig, ist ein Stundensatz von 31,00 EUR - jedenfalls nach heutigen Maßstäben - zu niedrig, auch wenn das ZSEG nicht vom Verdienstprinzip, sondern vom Entschädigungsprinzip geprägt ist. Dennoch hat sich die Entschädigung der Sachverständigen den wirtschaftlichen Verhältnissen anzupassen, um zu verhindern, dass sie sich allzu sehr von dem Entgelt unterscheidet, das für eine vergleichbare Leistung sonst gezahlt wird (BVerfGE 33,240; LSG Niedersachsen-Bremen NJW 2003, 1206). Die Unangemessenheit des Entschädigungssatzes von 31,00 EUR pro Stunde zeigt sich auch im Vergleich mit der Entschädigung von Dolmetschern. Betreffend die Entschädigung von Dolmetschern hatte der früheren Kostensenat des LSG entschieden, dass wegen des im Verhältnis zur Entschädigung von Sachverständigen höheren Bedürfnisses nach Pauschalisierung grundsätzlich der Mittelsatz des ZSEG gelte (Beschluss vom 20.3.1991, L 10 KoB 103/91). Der erkennende Senat hat sich dieser Rechtsprechung bisher nicht ausdrücklich angeschlossen, er hat allerdings eine Ausnahme für einen Dolmetscher angenommen, der aus nicht nachweisbar dem Gericht zuzurechnender Ursache keine Tätigkeit entfaltet hatte (Beschluss vom 20.2.2003, L 12 KR 2891/02 KO-A). Die Praxis der Entschädigung ist der Rechtsprechung des früheren Kostensenats gefolgt. Die Entwicklung hat letztlich dazu geführt, dass Dolmetscher unabhängig von der Schwierigkeit ihrer Tätigkeit regelmäßig den Stundensatz von 41,00 EUR erhielten. Dies hatte die Folge, dass der Dolmetscher, der zu einem Gutachten im Schwerbehindertenrecht hinzugezogen wurde, einen wesentlich höheren Stundensatz erhielt als der Sachverständige, obwohl letzterer für seine Tätigkeit ein Studium und eine Facharztausbildung benötigte, der Dolmetscher in der Regel hingegen nicht. Eine derartige Entschädigungspraxis widerspricht den Kriterien von § 3 ZSEG.
Als schwierig waren Gutachten anzusehen, in denen der Sachverständige umfassende und vielschichtige Überlegungen anstellen musste, wobei die Schwierigkeiten mit diagnostischen oder ätiologischen Fragen zusammenhängen, aber auch andere Gründe haben, etwa durch unklare oder widerspruchsvolle Befunde oder anamnestische Angaben bedingt sein konnten. In die Gruppe der schwierigen Gutachten fiel der weitaus größte Teil der Gutachten. Hierzu gehörten in erster Linie Gutachten, bei denen der Kausalzusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einem Unfall oder einer Kriegsbeschädigung streitig war, die zudem eine eingehende Auseinandersetzung mit Vorgutachten und Vorbefunden erforderten und - soweit notwendig - die im Schrifttum vertretene wissenschaftliche Lehrmeinung berücksichtigten. In der Praxis gehörten hierzu insbesondere auch die Gutachten in Streitigkeiten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, obwohl es sich hierbei um Gutachten handelt, die in einer Vielzahl der Fällen nicht schwierig sind, weil es sich um Zustandsgutachten handelt, Kausalitätsfragen also nicht zu prüfen sind und auch häufig die Diagnostik nicht schwierig ist. In diese Gruppe fielen aber auch tatsächlich schwierige Gutachten, die erhebliche Anforderungen an die Diagnostik und/oder an die Beurteilung stellten, die jedoch noch nicht die sehr hohen Anforderungen eines sehr schwierigen Gutachtens stellten. Nicht zuletzt dieser Umstand führte dazu, dass der Senat die Anforderungen für die höchste Gruppe im Verhältnis zur früheren Rechtsprechung, die außerordentliche Schwierigkeiten forderte, etwas niedriger setzte und betonte, diese Gruppe müsse erreichbar sein (zB. Beschluss vom 28.04.2003, L 12 RA 3953/02 KO-A). Zusammenfassend fielen in die Gruppe der schwierigen Gutachten sowohl allenfalls durchschnittliche Gutachten - wenn sie nicht das Schwerbehindertenrecht betrafen - als auch noch deutlich über dem Grad schwierig liegende Gutachten, wenn sie noch nicht als sehr schwierig angesehen werden konnten.
Der obersten Gruppe blieben schließlich Ausnahmefälle vorbehalten. Zu den sehr schwierigen Gutachten gehörten diejenigen, in denen die Beantwortung der diagnostischen und Kausalfragen in besonders hohem Maß auf Schwierigkeiten stieß und besonders komplizierte Untersuchungsmethoden und Überlegungen erforderten. Dies war in der Regel nur dann anzunehmen, wenn sich der Sachverständige zusätzlich mit einander widersprechenden (Fach-) Vorgutachten auseinandersetzen musste und das Ergebnis auf seinen eigenen kritischen Überlegungen beruhte.
Der Senat hält die bisherige Rechtsprechung nicht mehr für sachlich gerechtfertigt. Hierbei spielt auch eine Rolle, dass die Entschädigungssätze seit Jahren im Wesentlichen unverändert geblieben sind und eine Anpassung an die Steigerungen des Lebenshaltungsindexes nicht stattgefunden hat (LSG Niedersachsen-Bremen, NJW 2003, 1206). Die Änderung der Rechtsprechung dient auch dazu, im Rahmen der gesetzlichen Gegebenheiten die Entschädigung anzupassen und der Leistung gerecht zu staffeln.
Angesichts der zahlreichen Entschädigungsfälle ist aus Gründen der praktischen Handhabung weiterhin eine Gruppeneinteilung erforderlich. Diese gewährleistet eine gleichmäßige Anwendung und damit eine Gleichbehandlung. Hierfür muss eine Pauschalierung in Kauf genommen werden. Maßgeblich für die Eingruppierung ist unabhängig vom Rechtsgebiet die Schwierigkeit des Gutachtens, insbesondere die Schwierigkeit der Diagnosestellung und der Beurteilung.
Für ärztliche Sachverständigengutachten wendet der Senat nunmehr folgende Gruppeneinteilung für die Stundensätze an:
Die Regelgruppe stellen die mittelschwierigen Gutachten dar. Dies sind die typischen in der Sozialgerichtsbarkeit eingeholten Gutachten, die durchschnittliche Anforderungen stellen. In diese Gruppe fällt daher ein Großteil der Gutachten, die bisher in die Gruppe der schwierigen Gutachten gefallen sind. Mittelschwierige Gutachten sind solche, bei denen die diagnostischen oder die ätiologischen Fragen oder die Beurteilung des Leistungsvermögens etwas eingehendere Überlegungen erfordern. Hierbei handelt es sich · vor allem um sog. "Zustandsgutachten", in denen das Leistungsvermögen des Untersuchten im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung oder Arbeitslosenversicherung · sowie die Leidensbesserungen oder -verschlimmerungen bei Neufeststellungen im Bereich des Schwerbehindertenrechts/SGB IX sowie in der gesetzlichen Unfallversicherung oder Kriegsopferversorgung unter Berücksichtigung von Vorgutachten und Vorbefunden zu erörtern sind.
Der Stundensatz in dieser Gruppe beträgt (weiterhin) 41,00 EUR.
Unter der Regelgruppe der mittelschweren Gutachten liegt die Gruppe der einfacheren Gutachten. Hierbei handelt es sich um medizinische Gutachten, bei denen die Diagnose zu beurteilender Gesundheitsstörungen verhältnismäßig leicht zu stellen ist und die Beweisfragen ohne sonderliche Mühe zu beantworten sind, insbesondere, wenn die Beurteilung durch antizipierte Sachverständigengutachten (Anhaltspunkte) oder einschlägige Tabellenwerke erleichtert wird. Hierunter fallen etwa · Gutachten über die Beurteilung von Funktionseinschränkungen und den Grad der Behinderung aus dem Bereich des Schwerbehindertenrechts/SGB IX oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Unfallversicherungsrecht und der Kriegsopferversorgung sowie · Gutachten mit einfacherer Diagnostik, wenn die Beurteilung im Wesentlichen auf Zustand oder Funktion eines Organs (Organpaares) bzw. Körperteiles gerichtet ist und keine komplizierten Überlegungen anzustellen, insbesondere keine Kausalfragen zu erörtern sind.
Der Stundensatz in dieser Gruppe beträgt 35,00 EUR. Ein darunter liegender Satz kommt wegen der Qualifikation (Hochschulstudium, Facharztausbildung), die der ärztliche Sachverständige grundsätzlich besitzen muss, nicht in Betracht.
Über der Gruppe der mittelschweren Gutachten liegt die Gruppe der schwierigen Gutachten. Schwierige Gutachten liegen vor, wenn der Sachverständige umfassende und vielseitige bzw. vielschichtige Überlegungen anstellen muss. Die Schwierigkeiten können mit den diagnostischen oder ätiologischen Fragen zusammenhängen, aber auch andere Gründe haben, zB. durch eine Vielzahl unklarer oder widerspruchsvoller Befunde oder anamnestischer Angaben bedingt sein. In erster Linie sind hier · die typischen Zusammenhangsgutachten einzuordnen, die, weil notwendig, die im Schrifttum vertretenen wissenschaftlichen Meinungen im Gutachten berücksichtigen; · Zustandsgutachten bei komplizierten, widersprüchlichen Befunden und entsprechenden Schwierigkeiten bei deren diagnostischer Einordnung.
Der Stundensatz in dieser Gruppe beträgt 46,00 EUR.
Über der Gruppe der schweren Gutachten liegt die Gruppe der sehr schwierigen Gutachten. Diesen Schwierigkeitsgrad erreichen Gutachten nur im Ausnahmefall. Zu den sehr schwierigen Gutachten gehören diejenigen, in denen die Beantwortung der diagnostischen und/oder Kausalfragen in besonders hohem Maße auf Schwierigkeiten stößt und/oder besonders komplizierte Untersuchungsmethoden und Überlegungen erfordert.
Der Stundensatz in dieser Gruppe entspricht dem im ZSEG vorgesehenen Höchstsatz von 52,00 EUR.
Auch unter Berücksichtigung dieser neuen Rechtsprechung ist die vom SG festgesetzte Entschädigung nicht zu beanstanden. Denn das vom Beschwerdeführer erstattete Gutachten ist als mittelschwierig zu qualifizieren, weil es eine Leidensverschlimmerung nach dem SGB IX mit umfangreicher Diagnostik zum Gegenstand hatte.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist eine Qualifizierung des Gutachtens als schwierig mit einem höheren Stundensatz nicht gerechtfertigt. Soweit der Beschwerdeführer auf die mit dem Klinikchef im Vorfeld geführte Korrespondenz verweist, rechtfertigen diese Umstände keine andere Beurteilung des Schwierigkeitsgrades des erstatteten Gutachtens. Dabei verweist der Senat gerade auf eine Äußerung des Direktors des Klinikums vom 06.03.2002, wonach nach seiner oberflächigen Durchsicht der zugesandten Akten es sich keineswegs um eine spezielle Expertise handle, die etwa nur durch ihn persönlich als Experten zu lösen wäre, sondern es liege eine alltägliche neurologische Fragestellung vor, die im niedergelassenen Bereich ebenso zu erledigen sei, wie die - vom SG ebenfalls in Auftrag gegebene - orthopädische Begutachtung. Dieser Einschätzung hat der Senat nichts hinzuzufügen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 16 Abs. 2 Satz 4 ZSEG)
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer begehrt einen Stundensatz von 47,00 EUR anstelle 41,00 EUR für zehn zu entschädigende Stunden.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) S 12 SB 3157/00 ging es um die Schwerbehinderteneigenschaft des dortigen Klägers, insbesondere um eine wesentliche Verschlechterung bereits anerkannter Behinderungen. Mit Schreiben vom 19.03.2002 wurde der Beschwerdeführer zum Sachverständigen ernannt und um ein schriftliches Gutachten nach ambulanter Untersuchung des Klägers gebeten, welches er unter dem Datum des 19.06.2002 auf 16 Seiten erstattete. In seiner Kostenrechnung vom 25.07.2002 stellte er neben Schreibgebühren und Porto auch zehn Stunden zu je 47,00 EUR in Rechnung. Der Kostenbeamte entschädigte Porto und Schreibgebühren antragsgemäß, die auch von ihm für erforderlich gehaltenen zehn Stunden jedoch nur mit einem Stundensatz von 41,00 EUR und damit einen Gesamtbetrag von 468,25 EUR.
Hiergegen hat sich der Beschwerdeführer mit seinem Antrag auf richterliche Festsetzung der Entschädigung und der Begründung gewandt, es habe sich um ein sehr schwieriges Gutachten gehandelt. Das SG hat mit Beschluss vom 30.01.2003 die Entschädigung auf 468,25 EUR festgesetzt. Auf die Gründe der Entscheidung wird verwiesen.
In seiner hiergegen gerichteten Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, macht der Beschwerdeführer geltend, der besondere Schwierigkeitsgrad der Begutachtung zeige sich darin, dass ursprünglich sein Chef, der Direktor des Klinikums, zum Sachverständigen ernannt worden sei.
Der Beschwerdegegner hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere wird der Beschwerdewert von 50,00 EUR überschritten, weil der Beschwerdeführer die zu vergütenden zehn Stunden mit einem um 6,00 EUR höheren Stundensatz entschädigt verlangt.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Nach § 3 Abs. 1 ZSEG werden Sachverständige für ihre Leistungen entschädigt. Dabei beträgt die Entschädigung nach Abs. 2 der Vorschrift für jede Stunde der erforderlichen Zeit 25,00 EUR bis 52,00 EUR, wobei für die Bemessung des Stundensatzes der Grad der erforderlichen Fachkenntnisse, die Schwierigkeit der Leistung, ein nicht anderweitig abzugeltender Aufwand für die notwendige Benutzung technischer Vorrichtungen und besondere Umstände maßgebend sind, unter denen das Gutachten zu erarbeiten war. Die letzte, bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet (§ 3 Abs. 2 Satz 3 ZSEG).
Zutreffend sind der Kostenbeamte sowie das SG davon ausgegangen, dass neben dem vorauslagten Porto und den geltend gemachten Schreibgebühren auch zehn Stunden zu entschädigen sind. Der für die Errechnung der Entschädigung zugrunde gelegte Stundensatz von 41,00 EUR ist nicht zu beanstanden.
Schon mit Beschluss vom 16.12.2003, L 12 U 2325/93 KO-A hat der Senat seine bisherige Rechtsprechung zu den Kostensätzen für medizinische Gutachten aufgegeben. Sie war - insbesondere unter Berücksichtigung ihrer Umsetzung in der Praxis - zu wenig differenziert und führte teilweise zu nicht gerechtfertigten Ergebnissen. Die gezahlte Entschädigung stand in einer großen Zahl von Fällen nicht in angemessenem Verhältnis zur Schwierigkeit der Tätigkeit. Für die Gruppe der durchschnittlichen Gutachten galten zudem unangemessen niedrige Entschädigungssätze.
Durchschnittlich schwierig waren solche Gutachten, die keine besonderen Anforderungen stellten, sondern routinemäßige gefertigt wurden. In der Praxis fielen in die Gruppe der durchschnittlichen Gutachten fast ausschließlich Gutachten in Streitigkeiten nach dem SchwbG bzw. SGB IX, wobei im Einzelfall ein Gutachten in einer Schwerbehindertenstreitsache durchaus die Kriterien eines schwierigen oder sehr schwierigen Gutachtens erfüllen konnte. Damit wurden in dieser Gruppe entgegen der Bezeichnung nicht etwa durchschnittliche, sondern besonders einfache Gutachten honoriert. Der in dieser Gruppe gezahlte Stundensatz von 31,00 EUR war zudem unangemessen niedrig. Die für die Erstellung des Gutachtens erforderliche Qualifikation ist nach § 3 ZSEG ein wesentliches Kriterium der Honorierung. Auch für die durchschnittlichen (tatsächlich leichten) Gutachten war die Qualifikation eines Arztes, also ein Hochschulstudium und in den meisten Fällen eine Facharztausbildung erforderlich. Ist eine derartige Qualifikation notwendig, ist ein Stundensatz von 31,00 EUR - jedenfalls nach heutigen Maßstäben - zu niedrig, auch wenn das ZSEG nicht vom Verdienstprinzip, sondern vom Entschädigungsprinzip geprägt ist. Dennoch hat sich die Entschädigung der Sachverständigen den wirtschaftlichen Verhältnissen anzupassen, um zu verhindern, dass sie sich allzu sehr von dem Entgelt unterscheidet, das für eine vergleichbare Leistung sonst gezahlt wird (BVerfGE 33,240; LSG Niedersachsen-Bremen NJW 2003, 1206). Die Unangemessenheit des Entschädigungssatzes von 31,00 EUR pro Stunde zeigt sich auch im Vergleich mit der Entschädigung von Dolmetschern. Betreffend die Entschädigung von Dolmetschern hatte der früheren Kostensenat des LSG entschieden, dass wegen des im Verhältnis zur Entschädigung von Sachverständigen höheren Bedürfnisses nach Pauschalisierung grundsätzlich der Mittelsatz des ZSEG gelte (Beschluss vom 20.3.1991, L 10 KoB 103/91). Der erkennende Senat hat sich dieser Rechtsprechung bisher nicht ausdrücklich angeschlossen, er hat allerdings eine Ausnahme für einen Dolmetscher angenommen, der aus nicht nachweisbar dem Gericht zuzurechnender Ursache keine Tätigkeit entfaltet hatte (Beschluss vom 20.2.2003, L 12 KR 2891/02 KO-A). Die Praxis der Entschädigung ist der Rechtsprechung des früheren Kostensenats gefolgt. Die Entwicklung hat letztlich dazu geführt, dass Dolmetscher unabhängig von der Schwierigkeit ihrer Tätigkeit regelmäßig den Stundensatz von 41,00 EUR erhielten. Dies hatte die Folge, dass der Dolmetscher, der zu einem Gutachten im Schwerbehindertenrecht hinzugezogen wurde, einen wesentlich höheren Stundensatz erhielt als der Sachverständige, obwohl letzterer für seine Tätigkeit ein Studium und eine Facharztausbildung benötigte, der Dolmetscher in der Regel hingegen nicht. Eine derartige Entschädigungspraxis widerspricht den Kriterien von § 3 ZSEG.
Als schwierig waren Gutachten anzusehen, in denen der Sachverständige umfassende und vielschichtige Überlegungen anstellen musste, wobei die Schwierigkeiten mit diagnostischen oder ätiologischen Fragen zusammenhängen, aber auch andere Gründe haben, etwa durch unklare oder widerspruchsvolle Befunde oder anamnestische Angaben bedingt sein konnten. In die Gruppe der schwierigen Gutachten fiel der weitaus größte Teil der Gutachten. Hierzu gehörten in erster Linie Gutachten, bei denen der Kausalzusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einem Unfall oder einer Kriegsbeschädigung streitig war, die zudem eine eingehende Auseinandersetzung mit Vorgutachten und Vorbefunden erforderten und - soweit notwendig - die im Schrifttum vertretene wissenschaftliche Lehrmeinung berücksichtigten. In der Praxis gehörten hierzu insbesondere auch die Gutachten in Streitigkeiten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, obwohl es sich hierbei um Gutachten handelt, die in einer Vielzahl der Fällen nicht schwierig sind, weil es sich um Zustandsgutachten handelt, Kausalitätsfragen also nicht zu prüfen sind und auch häufig die Diagnostik nicht schwierig ist. In diese Gruppe fielen aber auch tatsächlich schwierige Gutachten, die erhebliche Anforderungen an die Diagnostik und/oder an die Beurteilung stellten, die jedoch noch nicht die sehr hohen Anforderungen eines sehr schwierigen Gutachtens stellten. Nicht zuletzt dieser Umstand führte dazu, dass der Senat die Anforderungen für die höchste Gruppe im Verhältnis zur früheren Rechtsprechung, die außerordentliche Schwierigkeiten forderte, etwas niedriger setzte und betonte, diese Gruppe müsse erreichbar sein (zB. Beschluss vom 28.04.2003, L 12 RA 3953/02 KO-A). Zusammenfassend fielen in die Gruppe der schwierigen Gutachten sowohl allenfalls durchschnittliche Gutachten - wenn sie nicht das Schwerbehindertenrecht betrafen - als auch noch deutlich über dem Grad schwierig liegende Gutachten, wenn sie noch nicht als sehr schwierig angesehen werden konnten.
Der obersten Gruppe blieben schließlich Ausnahmefälle vorbehalten. Zu den sehr schwierigen Gutachten gehörten diejenigen, in denen die Beantwortung der diagnostischen und Kausalfragen in besonders hohem Maß auf Schwierigkeiten stieß und besonders komplizierte Untersuchungsmethoden und Überlegungen erforderten. Dies war in der Regel nur dann anzunehmen, wenn sich der Sachverständige zusätzlich mit einander widersprechenden (Fach-) Vorgutachten auseinandersetzen musste und das Ergebnis auf seinen eigenen kritischen Überlegungen beruhte.
Der Senat hält die bisherige Rechtsprechung nicht mehr für sachlich gerechtfertigt. Hierbei spielt auch eine Rolle, dass die Entschädigungssätze seit Jahren im Wesentlichen unverändert geblieben sind und eine Anpassung an die Steigerungen des Lebenshaltungsindexes nicht stattgefunden hat (LSG Niedersachsen-Bremen, NJW 2003, 1206). Die Änderung der Rechtsprechung dient auch dazu, im Rahmen der gesetzlichen Gegebenheiten die Entschädigung anzupassen und der Leistung gerecht zu staffeln.
Angesichts der zahlreichen Entschädigungsfälle ist aus Gründen der praktischen Handhabung weiterhin eine Gruppeneinteilung erforderlich. Diese gewährleistet eine gleichmäßige Anwendung und damit eine Gleichbehandlung. Hierfür muss eine Pauschalierung in Kauf genommen werden. Maßgeblich für die Eingruppierung ist unabhängig vom Rechtsgebiet die Schwierigkeit des Gutachtens, insbesondere die Schwierigkeit der Diagnosestellung und der Beurteilung.
Für ärztliche Sachverständigengutachten wendet der Senat nunmehr folgende Gruppeneinteilung für die Stundensätze an:
Die Regelgruppe stellen die mittelschwierigen Gutachten dar. Dies sind die typischen in der Sozialgerichtsbarkeit eingeholten Gutachten, die durchschnittliche Anforderungen stellen. In diese Gruppe fällt daher ein Großteil der Gutachten, die bisher in die Gruppe der schwierigen Gutachten gefallen sind. Mittelschwierige Gutachten sind solche, bei denen die diagnostischen oder die ätiologischen Fragen oder die Beurteilung des Leistungsvermögens etwas eingehendere Überlegungen erfordern. Hierbei handelt es sich · vor allem um sog. "Zustandsgutachten", in denen das Leistungsvermögen des Untersuchten im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung oder Arbeitslosenversicherung · sowie die Leidensbesserungen oder -verschlimmerungen bei Neufeststellungen im Bereich des Schwerbehindertenrechts/SGB IX sowie in der gesetzlichen Unfallversicherung oder Kriegsopferversorgung unter Berücksichtigung von Vorgutachten und Vorbefunden zu erörtern sind.
Der Stundensatz in dieser Gruppe beträgt (weiterhin) 41,00 EUR.
Unter der Regelgruppe der mittelschweren Gutachten liegt die Gruppe der einfacheren Gutachten. Hierbei handelt es sich um medizinische Gutachten, bei denen die Diagnose zu beurteilender Gesundheitsstörungen verhältnismäßig leicht zu stellen ist und die Beweisfragen ohne sonderliche Mühe zu beantworten sind, insbesondere, wenn die Beurteilung durch antizipierte Sachverständigengutachten (Anhaltspunkte) oder einschlägige Tabellenwerke erleichtert wird. Hierunter fallen etwa · Gutachten über die Beurteilung von Funktionseinschränkungen und den Grad der Behinderung aus dem Bereich des Schwerbehindertenrechts/SGB IX oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Unfallversicherungsrecht und der Kriegsopferversorgung sowie · Gutachten mit einfacherer Diagnostik, wenn die Beurteilung im Wesentlichen auf Zustand oder Funktion eines Organs (Organpaares) bzw. Körperteiles gerichtet ist und keine komplizierten Überlegungen anzustellen, insbesondere keine Kausalfragen zu erörtern sind.
Der Stundensatz in dieser Gruppe beträgt 35,00 EUR. Ein darunter liegender Satz kommt wegen der Qualifikation (Hochschulstudium, Facharztausbildung), die der ärztliche Sachverständige grundsätzlich besitzen muss, nicht in Betracht.
Über der Gruppe der mittelschweren Gutachten liegt die Gruppe der schwierigen Gutachten. Schwierige Gutachten liegen vor, wenn der Sachverständige umfassende und vielseitige bzw. vielschichtige Überlegungen anstellen muss. Die Schwierigkeiten können mit den diagnostischen oder ätiologischen Fragen zusammenhängen, aber auch andere Gründe haben, zB. durch eine Vielzahl unklarer oder widerspruchsvoller Befunde oder anamnestischer Angaben bedingt sein. In erster Linie sind hier · die typischen Zusammenhangsgutachten einzuordnen, die, weil notwendig, die im Schrifttum vertretenen wissenschaftlichen Meinungen im Gutachten berücksichtigen; · Zustandsgutachten bei komplizierten, widersprüchlichen Befunden und entsprechenden Schwierigkeiten bei deren diagnostischer Einordnung.
Der Stundensatz in dieser Gruppe beträgt 46,00 EUR.
Über der Gruppe der schweren Gutachten liegt die Gruppe der sehr schwierigen Gutachten. Diesen Schwierigkeitsgrad erreichen Gutachten nur im Ausnahmefall. Zu den sehr schwierigen Gutachten gehören diejenigen, in denen die Beantwortung der diagnostischen und/oder Kausalfragen in besonders hohem Maße auf Schwierigkeiten stößt und/oder besonders komplizierte Untersuchungsmethoden und Überlegungen erfordert.
Der Stundensatz in dieser Gruppe entspricht dem im ZSEG vorgesehenen Höchstsatz von 52,00 EUR.
Auch unter Berücksichtigung dieser neuen Rechtsprechung ist die vom SG festgesetzte Entschädigung nicht zu beanstanden. Denn das vom Beschwerdeführer erstattete Gutachten ist als mittelschwierig zu qualifizieren, weil es eine Leidensverschlimmerung nach dem SGB IX mit umfangreicher Diagnostik zum Gegenstand hatte.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist eine Qualifizierung des Gutachtens als schwierig mit einem höheren Stundensatz nicht gerechtfertigt. Soweit der Beschwerdeführer auf die mit dem Klinikchef im Vorfeld geführte Korrespondenz verweist, rechtfertigen diese Umstände keine andere Beurteilung des Schwierigkeitsgrades des erstatteten Gutachtens. Dabei verweist der Senat gerade auf eine Äußerung des Direktors des Klinikums vom 06.03.2002, wonach nach seiner oberflächigen Durchsicht der zugesandten Akten es sich keineswegs um eine spezielle Expertise handle, die etwa nur durch ihn persönlich als Experten zu lösen wäre, sondern es liege eine alltägliche neurologische Fragestellung vor, die im niedergelassenen Bereich ebenso zu erledigen sei, wie die - vom SG ebenfalls in Auftrag gegebene - orthopädische Begutachtung. Dieser Einschätzung hat der Senat nichts hinzuzufügen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 16 Abs. 2 Satz 4 ZSEG)
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