S 8 KR 2/15

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 8 KR 2/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 BA 36/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Der Bescheid vom 08.04.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2014 wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. vom 01.09.1992 bis 31.12.2013 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird und insofern keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.

2. Die Beklagte hat einschließlich der Gerichtskosten die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.

3. Der Streitwert wird endgültig auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten, ob der Beigeladene zu 1. seine Tätigkeit bei der Klägerin zwischen dem 1. September 1992 und dem 31. Dezember 2013 in abhängiger Beschäftigung ausgeübt hat und daher Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken , Pflege-und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.

Die Klägerin hat ihren Sitz in A-Stadt und vertreibt hochwertige Softwareprodukte für das konstruktive Bauingenieurwesen. Der 1962 geborene Beigeladene zu 1. war bei der Klägerin zunächst auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 01.05.1989 bis zum 01.07.1992 als Bauingenieur und Programmierer beschäftigt (Bl. 30 ff. der Verwaltungsakte). Mit Schreiben vom 4. Mai 1992 kündigte der Beigeladene zu 1. das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 1. Juli 1992. In dem Schreiben vom 4. Mai 1992 hatte er insofern ausgeführt:

"Als ich am 01. Mai 1989 bei Ihnen das Beschäftigungsverhältnis begann, setzte ich mir als Ziel, spätestens am 01. Mai 1992 zu entscheiden, ob ich bei der A. bleibe oder wieder nach G-Stadt ziehe. Ich entschloss mich vor allem aus persönlichen Gründen, das bisherige Arbeitsverhältnis bei der A. aufzugeben. Ich kündige deshalb zum 01. Juli 1992 meinen Arbeitsvertrag. Dieser Entschluss ist mir nicht leicht gefallen. Weil ich in den vergangenen 3 Jahren gerne bei der A. gearbeitet habe, wäre ich an einer weiteren Beschäftigung als freier Mitarbeiter interessiert.

Im Anschluss setzte die Klägerin die Zusammenarbeit mit dem Beigeladenen zu 1. bis zum 31.12.2013 fort. Einen schriftlichen Vertrag über die Zusammenarbeit gab es zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. nicht. Mit Schreiben vom 12. August 2013 teilte die Klägerin im Beigeladenen zu 1. mit, dass ihre Gesellschafterversammlung beschlossen habe, das Unternehmen mit Ablauf des 31. Dezember 2013 aufzulösen und zu liquidieren. Seit Dezember 2013 erhielt der Beigeladene zu 1. dann auch keine weiteren Aufträge mehr durch die Klägerin.

Der Beigeladene zu 1. stellte mit Schreiben vom 12.11.2013 einen Antrag auf Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status bei der Beklagten (ab Bl. 1 ff. der Verwaltungsakte).

Daraufhin hat die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 23.01.2014 zum sozialversicherungsrechtlichen Status der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. im Zeitraum zwischen dem 1. September 1992 und dem 31. Dezember 2013 angehört und angekündigt, einen Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu erlassen (ab Bl. 1406 ff. der Verwaltungsakte). Zur Begründung führte die Beklagte in dem Anhörungsschreiben aus, dass der Beigeladene zu 1. im Zeitraum vom 01.09.1992 bis 31.12.2013 durchgehend für die Klägerin tätig gewesen sei. Die übertragenen Aufgaben seien ihm mündlich oder schriftlich von der Klägerin aufgetragen worden. Im Rahmen dieser Beauftragungen habe er detaillierte Anweisungen der Klägerin zur Ausführung der Tätigkeit erhalten. Der Beigeladene zu 1. habe bei seiner Tätigkeit einem Projektleiter bei der Klägerin unterstanden. Des Weiteren habe er mit anderen Mitarbeitern der Klägerin zusammengearbeitet. Somit sei die Tätigkeit vom Beigeladenen zu 1. im Rahmen einer Projektorganisation ausgeübt worden, in die er eingegliedert gewesen sei. Der Beigeladene zu 1. sei verpflichtet gewesen, Stundenaufstellungen über seine geleistete Arbeitszeit zu führen. Ferner seien seine Arbeitszeiten durch ein Zeiterfassungsprogramm der Klägerin erfasst und somit kontrolliert worden. Es habe eine Kontrolle der vom Beigeladenen zu 1. erbrachten Arbeitsergebnisse durch die Klägerin stattgefunden. Bestehende Änderungs- bzw. Nachbesserungswünsche der Klägerin hätten vom Beigeladenen zu 1. erbracht werden müssen. Der Beigeladene zu 1. sei verpflichtet gewesen, seine Tätigkeit für die Klägerin persönlich auszuüben. Eigene Mitarbeiter hätten von ihm zur Vertragserfüllung nicht eingesetzt werden können. Der Beigeladene zu 1. sei verpflichtet gewesen, seine Tätigkeit mit einer von der Klägerin zur Verfügung gestellten Software auszuüben. Eigene Software habe er nicht einsetzen können. Der Beigeladene zu 1. sei verpflichtet gewesen, an regelmäßigen Meetings teilzunehmen. Ferner habe er regelmäßig wöchentliche Berichte über seine Arbeitsergebnisse an die Klägerin abzugeben gehabt. Der Beigeladene zu 1. sei verpflichtet gewesen, an Fort- und Weiterbildungsseminaren teilzunehmen, deren Kosten von der Klägerin übernommen worden seien. Der Beigeladene zu 1. habe für seine Tätigkeit eine pauschale, erfolgsunabhängige Stundenvergütung erhalten. Die Höhe dieser Stundenvergütung sei einseitig von der Klägerin vorgegeben worden. Der Beigeladene zu 1. habe vor dem 01.09.1992 eine abhängige Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübt. Unterschiede zu seiner zu beurteilenden Tätigkeit bei der A. GmbH hätten sich lediglich im Arbeitsort ergeben. Inhaltliche Unterschiede lägen jedoch nicht vor. Für eine selbständige Tätigkeit spreche demgegenüber, dass der Beigeladene zu 1. neben seiner Tätigkeit für die Klägerin theoretisch auch für andere Auftraggeber habe tätig werden können und für seine Tätigkeit bei der Klägerin eigenes Kapital und eigene Arbeitsmittel eingesetzt habe. Außerdem sei der Beigeladene zu 1. an keine festen Arbeitszeiten gebunden gewesen. Er habe seine Arbeitszeit innerhalb eines gewissen Rahmens selbst einteilen können. Seitens der Klägerin habe es nur Terminvorgaben gegeben. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen. Mit Schreiben vom 10. Februar 2014 hat die Klägerin zu dem Anhörungsschreiben der Beklagten vom 23.01.2014 Stellung genommen (ab Bl. 1409 ff. der Verwaltungsakte).

Mit Bescheid vom 8. April 2014 stellte die Beklagte fest, dass die Prüfung des versicherungsrechtlichen Status ergeben habe, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. als Programmierer bei der Klägerin im Zeitraum zwischen dem 1. September 1992 und dem 31.12.2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. In diesem Beschäftigungsverhältnis bestehe beginnend mit dem 1. September 1992 Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (ab Bl. 1912 ff. der Verwaltungsakte). Auf die Begründung des Bescheides wird Bezug genommen. In dem Bescheid stellte die Beklagte auf dieselben Indizien für eine versicherungspflichtige Beschäftigung ab wie schon im Anhörungsschreiben vom 23. Januar 2014, erörterte diese teilweise jedoch etwas ausführlicher.

Gegen den Bescheid vom 8. April 2014 erhob die Klägerin fristgerecht Widerspruch und begründete diesen mit Schreiben vom 15. Juli 2014 und 10.10.2014. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2014 als unbegründet zurück (ab Bl. 3013 ff. der Verwaltungsakte). Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Beigeladene zu 1. nach seiner Kündigung im Jahr 1992 aufgrund einer Anfrage der Klägerin weiterhin dort tätig geblieben sei. Aber er habe bei der Ausführung seiner Leistungen nicht näher spezifizierten Einschränkungen der Klägerin und damit deren Direktionsrecht unterlegen. Trotz eines gewissen Freiraums bei der Ausgestaltung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. sei dieser überwiegend fremdbestimmt gewesen. Der Gestaltungsspielraum bezüglich der zu erbringenden Dienstleistung habe sich auf die Annahme eines Vertrages reduziert, der die Erbringung einer überwiegend fremdbestimmten Dienstleistung beinhaltete. Der Tätigkeitsort des Beigeladenen zu 1. sei der Betriebssitz der Klägerin gewesen oder ein anderer durch diese festgelegter Einsatzort. Trotz der teilweisen Ausübung der Tätigkeit im eigenen Büro liege keine Selbständigkeit vor, da eine hinreichende Eingliederung in die Arbeitsorganisation erfolgt sei. Das Direktionsrecht der Klägerin habe sich auch auf arbeitsbegleitende Verhaltensregeln bezogen. Im Außenverhältnis sei der Beigeladene zu 1. nicht als selbständiger Unternehmer erschienen. Die eigene Arbeitskraft werde nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt, weil als Vergütung ein fester, nicht an einen erkennbaren Arbeitserfolg geknüpfter Pauschalbetrag i. H. v. 45,00 DM bzw. 37,50 EUR gezahlt worden sei. Es sei ihm deshalb auch nicht möglich, durch ein schnelleres Arbeitstempo einen höheren Gewinn zu erzielen. Der Beigeladene zu 1. setze ausschließlich die eigene Arbeitskraft ein und werde funktionsdienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig. Ein maßgeblicher Kapitaleinsatz, der auch mit der Möglichkeit eines Verlustes verbunden sei, liege nicht vor. Im Übrigen komme es auch nicht darauf an, dass keine Regelungen über Urlaubsansprüche und eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall getroffen worden seien.

Gegen diesen Widerspruchsbescheid vom 09.12.2014 richtet sich die am 05.01.2015 zum Sozialgericht Kassel erhobene Klage, die zunächst unter dem Aktenzeichen S 5 KR 2/15 und sodann unter dem Aktenzeichen S 8 KR 2/15 fortgeführt wurde. Das Gericht hat mit Beschluss vom 1. Oktober 2015 den Beigeladenen zu 1. sowie die zuständigen Sozialversicherungsträger zum Verfahren beigeladen.

Die Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. nach dem 1. Juli 1992 war und ist auch Gegenstand verschiedener arbeitsrechtlicher Streitigkeiten. Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 14. Juni 2016 zum Aktenzeichen 9 AZR 305/15 festgestellt, dass zwischen dem Beigeladenen zu 1. und der Klägerin ein Heimarbeitsverhältnis im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 HAG besteht. Den Hauptantrag des Beigeladenen zu 1. auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses hat das BAG abgewiesen (Bl. 178-188 der Gerichtsakte).

Die Klägerin hat im Klageverfahren ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Es komme nicht darauf an, ob der Beigeladene zu 1. nach dem Ende seines Arbeitsverhältnisses im Rahmen der weiteren Zusammenarbeit dieselben Tätigkeiten ausgeübt habe wie bisher. Der Klägerin sei es ein wichtiges Anliegen, noch einmal zu betonen, dass die weitere Zusammenarbeit mit dem Beigeladenen zu 1. entgegen der Behauptung im Widerspruchsbescheid nicht auf Veranlassung der Klägerin, sondern aufgrund der ausdrücklichen Bitte des Beigeladenen zu 1. erfolgt sei. Mit ihrem Hinweis auf die inhaltlichen Übereinstimmungen bei der Tätigkeit setze sich die Beklagte zudem selbst in einen Widerspruch, weil sie an anderer Stelle selbst zu erkennen scheine, dass der Inhalt einer Tätigkeit nichts darüber aussage, auf welcher rechtlichen Basis diese ausgeübt werde (Seite 4 des Bescheides vom 8. April 2014). Sie führe zutreffend aus, dass Tätigkeiten als Programmierer sowohl auf selbständiger als auch auf abhängiger Basis ausgeübt werden könnten. Eine etwaige Kontinuität im Bereich der Tätigkeit sei deshalb für die Statusabgrenzung irrelevant. Ebenso wenig sei es ein relevantes Indiz, ob bei dem Beigeladenen zu 1. nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses an die Stelle der persönlichen Abhängigkeit eine wirtschaftliche Abhängigkeit getreten sei. Entscheidend sei allein, ob der Beigeladene zu 1. in einer Weisungsabhängigkeit und einer sonstigen Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin gestanden habe. Daran fehle es aber. Der Beigeladene zu 1. sei nicht an arbeitsvertragliche Weisungen der Klägerin gebunden gewesen. Er habe keinen inhaltlichen Weisungen der Klägerin unterlegen. Insbesondere habe die Klägerin dem Beigeladenen zu 1. keine Tätigkeiten zugewiesen oder deren Erledigung in sonstiger Weise einseitig angeordnet. Vielmehr hätten die Klägerin und der Beigeladene zu 1. von Fall zu Fall Werkverträge im Sinne von § 631 ff. BGB über die Erbringung von Programmierungsleistungen abgeschlossen. Die Klägerin habe dem Beigeladenen zu 1. im 1. Schritt mitgeteilt, welche konkreten Programmierungsleistungen sie für Ihre Projekte benötigte. Diese Programmierungsleistungen hätten in diesem Zeitpunkt bereits festgestanden und seien nachträglich auch nicht einseitig erweitert worden. Die Klägerin habe dem Beigeladenen zu 1. in diesem Zuge angeboten, die Programmierungsleistung für sie vollständig oder soweit im Einzelfall möglich und gewollt - teilweise zu erbringen. Der Beigeladene zu 1. habe dann gegenüber der Klägerin erklärt, ob er den Auftrag vollständig oder teilweise übernehme. Er habe dabei das Recht gab, ihm von der Klägerin angebotene Aufträge ganz oder teilweise abzulehnen. Nach der vereinbarten Übernahme eines Auftrags durch den Beigeladenen zu 1. sei dieser auch bei der Durchführung inhaltlich nicht an Weisungen der Klägerin gebunden gewesen. Der Beigeladene zu 1. sei keinem Projektleiter unterstellt gewesen. Soweit die Klägerin dem Beigeladenen zu 1. im Ausnahmefall Anweisungen erteilt habe, habe es sich ausschließlich um rein werksbezogene Weisungen gehandelt. Solche Weisungen sprächen nicht für eine abhängige Beschäftigung, sondern seien auch bei einer Zusammenarbeit auf selbständiger Basis möglich. Entsprechendes gelte für die Verpflichtung, werkbezogene Qualitätsstandards des Auftraggebers einzuhalten. Wichtig sei, dass die Klägerin die Arbeitsergebnisse des Beigeladenen zu 1. überprüft habe. Das spreche aber nicht für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, weil die Klägerin nach § 640 Abs. 1 BGB sogar verpflichtet gewesen sei, die vom Beigeladenen zu 1. hergestellten Werke abzunehmen. In der Sache handele sich dabei um nichts anderes als um eine Kontrolle von Arbeitsergebnissen mit dem Ziel, das hergestellte Werk auf Mängel zu überprüfen. Ohne diese Kontrolle sei es der Klägerin nicht möglich gewesen, etwaige Gewährleistungsrechte nach § 634 BGB geltend zu machen, insbesondere Nacherfüllung im Sinne von § 635 BGB zu verlangen. Die Beklagte habe zutreffend dargestellt, dass die Klägerin im Einzelfall Nachbesserungen vom Kläger verlangt habe. Darin sei eine tatsächliche Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten zu sehen, die für eine selbständige Tätigkeit spreche. Kontrolliert worden sei jeweils nur das vom Beigeladenen zu 1. erstellte Programm, nicht die Art und Weise seiner Herstellung bzw. Programmierung. Auch aus der sehr vereinzelten Teilnahme an Meetings in den Betriebsräumen der Klägerin lasse sich keine inhaltliche Weisungsbindung ableiten. Hier habe es sich lediglich um 2 Fälle von insgesamt 92 hausinternen Meetings im Zeitraum zwischen den Jahren 2008 und 2012 gehandelt. Der Beigeladene zu 1. sei weder in diesen beiden Fällen noch in einem sonstigen Fall zur Teilnahme angewiesen worden. Dies gelte auch für die Teilnahme an Besprechungen via webcam. Soweit der Beigeladene zu 1. an Meetings oder per webcam teilgenommen habe, sei dies zwingend notwendig gewesen, damit er die vereinbarten Programmierleistungen habe erbringen können. In diesem Zusammenhang verkenne die Beklagte, dass organisatorische Vorgänge, die zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolgs erforderlich seien, im Rahmen der Statusabgrenzung keine Relevanz besäßen. Der Beigeladene zu 1. habe auch keine Berichte über seine aktuelle Tätigkeit abgeben müssen. Wenn dies im Einzelfall geschehen sei, sei dies zwar auf Bitten der Klägerin, jedoch ohne entsprechende Verpflichtung des Beigeladenen zu 1. erfolgt. Eine Verpflichtung zur Teilnahme an Fort- und Weiterbildungsseminaren habe für den Beigeladenen zu 1. ebenfalls nicht bestanden. Bei der Durchführung vereinbarter Programmierungsleistungen sei der Beigeladene zu 1. auch nicht den zeitlichen Weisungen der Klägerin unterworfen. Der Beigeladene zu 1. habe im Betrieb der Klägerin keine festen Anwesenheitszeiten gehabt. Darüber hinaus sei er auch ansonsten frei darin gewesen, wie er seine Arbeitszeit innerhalb eines Tages, einer Woche oder in einem Monat oder an einem Monat verteilt habe. Die über die Jahre stark schwankenden Arbeitszeiten des Beigeladenen zu 1. belegten ebenfalls, dass er seine Arbeitszeit frei habe verteilen können. Bei der Verteilung seiner Arbeitszeit habe der Beigeladene zu 1. nicht etwa die betrieblichen Belange der Klägerin, sondern vornehmlich private Belange berücksichtigt. Dazu habe neben seinem Studium der Bauinformatik an der Universität G Stadt zwischen den Jahren 1995 und 2001 in den Folgejahren um das Jahr 2011 sein privates Bauvorhaben gezählt. Richtig sei, dass der Beigeladene zu 1. im Einzelfall Terminvorgaben für die Erledigung der zuvor vereinbarten Programmierleistungen erhalten habe. Diese Terminvorgaben seien aber kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung, weil es an einer darüber hinausgehenden zeitlichen Weisungsbindung fehle. Der Beigeladene zu 1. sei auch nicht verpflichtet gewesen, Stundenaufstellungen über seine geleistete Arbeitszeit zu führen. Nach seinem Austritt als festangestellter Mitarbeiter habe der Beigeladene zu 1. seine Arbeitszeit eigenverantwortlich mit einem kostenlos zur Verfügung gestellten elektronischen Tabellentool erfasst. Dieses habe nicht nur dem Beigeladenen zu 1., sondern auch den Kunden der Klägerin kostenlos zur Verfügung gestanden. Eine Verpflichtung zur Verwendung des Tools oder zur Erfassung seiner Arbeitszeiten habe nicht bestanden. Eine Verpflichtung, Stundenaufstellungen abzugeben, habe ebenfalls nicht bestanden. Der Beigeladene zu 1. habe dies allein zu dem Zwecke getan, um die gegenüber der Klägerin abgerechneten Stunden im Einzelnen nachvollziehbar zu machen. Im Übrigen habe der Beigeladene zu 1. auch keiner örtlichen Weisungsbindung unterlegen. Er habe seine Tätigkeit ausschließlich in seinem eigenen Büro erbracht. In dieser Situation sei es fernliegend, aufgrund von sehr vereinzelten Meetings in den Räumen der Klägerin von einer Verlagerung des Tätigkeitsortes auszugehen. Des Weiteren sei der Beigeladene zu 1. auch nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden gewesen. Richtig sei, dass der Beigeladene zu 1. mit den Mitarbeitern der Klägerin im Rahmen seiner Tätigkeit Kontakt gehabt habe. Dieser Kontakt habe sich jedoch auf Telefonate und gelegentliche Besprechungen per webcam und sehr vereinzelte Besprechungen vor Ort bezogen. Falsch sei auch die Annahme der Beklagten, der Beigeladene zu 1. sei dazu verpflichtet gewesen, bei seiner Tätigkeit eine von der Klägerin unentgeltlich zur Verfügung gestellte Software zu verwenden. Auch die weiteren Rahmenumstände der Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. sprächen für eine selbständige Tätigkeit. Eine Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung habe es nicht gegeben. Der Umstand, dass der Beigeladene zu 1. auf Grundlage einer Stundensatzvereinbarung für die Klägerin tätig geworden sei, sei kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Die Höhe des Stundensatzes habe auf einer exakten Kalkulation des Beigeladenen zu 1. basiert und sei keineswegs einseitig durch die Klägerin vorgegeben worden. Dies spreche für eine selbständige Unternehmertätigkeit. Der Beigeladene zu 1. habe eigenes Kapital und eigene Arbeitsmittel eingesetzt, um unternehmerisch tätig werden zu können. Zudem spreche auch die Höhe des vereinbarten Stundensatzes für eine Selbstständigkeit. Denn dies habe deutlich über dem Arbeitsentgelt eines vergleichbar eingesetzten sozialpflichtigen Arbeitnehmers gelegen und dadurch Eigenvorsorge zugelassen, die ein gewichtiges Indiz für eine selbständige Tätigkeit sei. Der Beigeladene zu 1. sei nicht nur gegenüber der Klägerin, sondern auch gegenüber den Finanzbehörden als selbständiger Unternehmer aufgetreten. Zuletzt spreche auch der Umstand, dass der Beigeladene zu 1. keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und keinen Urlaub von der Klägerin erhalten habe gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Sofern der Beigeladene zu 1. meine, dass sich seine Versicherungspflicht jedenfalls aus § 12 Abs. 2 SGB IV ergebe und insofern zur Begründung auf die vom BAG in der Entscheidung vom 14. Juni 2016 festgestellte Heimarbeitereigenschaft verweise, trage diese Begründung nicht. Denn die Beklagte habe im streitgegenständlichen Bescheid nicht nur das generelle Vorliegen einer Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV festgestellt, sondern die Art der Beschäftigung dahingehend spezifiziert, dass es sich um eine abhängige Beschäftigung gehandelt habe. Vor diesem Hintergrund könne der streitgegenständliche Bescheid nicht auf eine angebliche Heimarbeitereigenschaft des Beigeladenen zu 1. gestützt werden, weil der Heimarbeiter keine persönlich abhängige Beschäftigung ausübe, sondern nur wirtschaftlich abhängig sei. Es sei deshalb unerheblich, dass Heimarbeiter nach § 12 Abs. 1 SGB IV. beschäftigt im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV gelten. Auf die Feststellung einer Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV habe sich der streitgegenständliche Bescheid gerade nicht beschränkt. Eine abhängige Beschäftigung werde von § 12 Abs. 1 SGB IV nicht fingiert. Hinzu komme, dass die Beklagte den streitgegenständlichen Bescheid nicht mit einer Heimarbeitereigenschaft des Beigeladenen zu 1. begründet habe. Ein nachträglicher Austausch der Begründung des Verwaltungsakts nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens sei jedenfalls in der vorliegenden Konstellation unzulässig. Im Übrigen besitze die Entscheidung des BAG vom 14. Juni 2016 zum Aktenzeichen 9 AZR 305/15 im vorliegenden Fall keine Bindungswirkung. Insbesondere stehe aufgrund der Feststellung des BAG nicht fest, dass der Beigeladene zu 1. als Heimarbeiter bei der Klägerin beschäftigt gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 08.04.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2014 aufzuheben und festzustellten, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. vom 01.09.1992 bis 31.12.2013 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird und insofern keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beigeladene zu 1. beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat im Wesentlichen zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2014 verwiesen. Im Übrigen hat sie darauf hingewiesen, dass zwischen den Rechtsinstituten des Arbeitsrechts und des Sozialrechts keine vollständige Deckungsgleichheit bestehe. Eine Erstreckung der für ein Rechtsgebiet getroffenen Entscheidung auf andere Rechtsgebiete sei wegen der Unterschiede im jeweiligen Schutzzweck ausgeschlossen.

Der Beigeladene zu 1. vertritt die Auffassung, dass der Bescheid vom 08.04.22014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2014 zu Recht von einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. in der Zeit vom 01.09.1992 bis 31.12.2013 ausgeht. Zwischen den Parteien habe es keine Vertragsabschlüsse über die von dem Beigeladenen zu 1. zu erbringenden Leistungen durch Angebot und Annahme, sondern lediglich eine einseitige Zuweisung der einzelnen Programmieraufgaben durch Mitarbeiter der Klägerin gegeben. Die Klägerin habe dem Beigeladenen zu 1. einseitig Arbeitsaufgaben übertragen. Es habe keine Anfragen der Klägerin gegeben, ob der Beigeladene zu 1. bestimmte Aufgaben übernehmen könne oder wolle, sondern die Parteien hätten es stets als selbstverständlich angesehen, dass der Beigeladene zu 1. die ihm von der Klägerin übertragenen Aufgaben erledige. Dass der Beigeladene zu 1. die Erledigung einer ihm übertragenen Aufgabe ablehne, sei aus Sicht der Parteien undenkbar gewesen. Die Klägerin habe dem Beigeladenen zu 1. - durch Ihre Mitarbeiter - eine Vielzahl an einzelnen Arbeitsanweisungen erteilt, die sich auf den Inhalt der vom Beigeladenen zu 1. zu erbringenden Tätigkeit bezogen haben. Der Kläger habe auf Anweisung von Mitarbeitern der Beklagten Programmänderungs- und Erweiterungswünsche von Kunden der Beklagten zu bearbeiten gehabt. Die Klägerin habe sich mit dem Beigeladenen zu 1. nicht über den zeitlichen Rahmen geeinigt, in dem der Beigeladene zu 1. seine Arbeiten erledigen sollte, schon gar nicht über bestimmte Fertigstellungstermine. Der Beigeladene sei ausschließlich für die Klägerin tätig und durch seine Tätigkeit für die Klägerin zeitlich voll ausgelastet gewesen. Der Beigeladene habe - von wenigen Ausnahmen abgesehen - pro Monat regelmäßig 140-160 Stunden für die Klägerin gearbeitet und dies über einen Gesamtzeitraum von mehr als 2 Jahrzehnten. Der Beigeladene zu 1. sei in die bei der Klägerin bestehende Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen. Der Beigeladene zu 1. sei neben seinen Programmieraufgaben in erheblichem Umfang zu Nebenarbeiten herangezogen worden. Er habe insbesondere Kundenanfragen beantwortet und Kunden Hilfestellung bei Problemen gegeben. Im Ergebnis sei der Beigeladene zu 1. auch in zeitlicher Hinsicht weisungsgebunden gewesen. Die Klägerin habe von dem Beigeladenen zu 1. eine ständige Dienstbereitschaft erwartet. Der Beigeladene zu 1. habe bei der Klägerin "Urlaub" anmelden müssen, wenn er an mehreren Tagen keine Arbeitsleistungen für die Klägerin erbringen wollte. Darüber hinaus habe der Beigeladene zu 1. bei seiner Tätigkeit seit Oktober 1992 das Arbeitszeiterfassungsprogramm 25 X nutzen müssen. Im Rahmen dessen Nutzung sei dem Kläger auch vorgeschrieben worden, Pausen bei der Arbeit einzulegen. Bei zu wenig eingelegten Pausen, sei ein Pausenabzug von 4 Minuten pro Stunde ab 4,5 Stunden der Gesamtzeit vorgenommen worden, so dass der Beigeladene zu 1. von der Klägerin keine Vergütung für diese Zeit habe verlangen können. Die Programmierarbeiten des Beigeladenen zu 1. haben genauestens den Vorgaben der weiteren Programmbestandteile entsprechen müssen, welche durch die weiteren Mitarbeiter der Klägerin erstellt worden seien. Aus dem mit der Klägerin 17.06.1992 abgeschlossenen Nutzungsvertrag habe sich ergeben, dass er die zwingend für die Erledigung der ihm übertragenen Aufgaben erforderliche Software auf Anweisung der Klägerin nur persönlich habe nutzen dürfen. Daraus ergebe sich, dass die vereinbarten Tätigkeiten persönlich hätten erbracht werden müssen. Zudem sei der Beigeladene zu 1. von den Mitarbeitern der Klägerin angewiesen worden, Berichte über seine Tätigkeit für die wöchentlich stattfindenden "Montags-Meetings" abzugeben. Die Klägerin habe zudem eine regelmäßig (maximal wöchentliche) Kontrolle der Arbeiten des Beigeladenen vorgesehen. Der Beigeladene zu 1. habe nach dem Willen der Klägerin an einer Vielzahl von Fortbildungsveranstaltungen teilgenommen. Diese Fortbildungsveranstaltungen seien von der Klägerin bezahlt worden. Der angefochtene Bescheid sei jedenfalls deshalb richtig, weil der Kläger "Heimarbeiter" gewesen sei. Heimarbeiter seien abhängig Beschäftigte im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV. Entgegen der Auffassung der Klägerin entfalte die Entscheidung des BAG im vorliegenden Verfahren Bindungswirkung.

Das Gericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 03.07.2019 den Beigeladenen zu 1. und den Geschäftsführer der Klägerin, Herrn C., persönlich angehört. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser persönlichen Befragung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 03.07.2019 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der 11 Bände umfassenden Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die das Gericht beigezogen hat und dessen Inhalt Grundlage der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung der Kammer gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die am 05.01.2015 zum Sozialgericht Kassel erhobene Klage ist zulässig und begründet.

Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 Alt. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 SGG).

Die Klage ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und waren antragsgemäß aufzuheben. Die Beklagte hat mit Ihnen zu Unrecht festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. für die Zeit vom 01.09.1992 bis 31.12.2013 seine Tätigkeit bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat und dem Grunde nach Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), Pflege- (§ 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 11. Buch (SGB XI), und Rentenversicherung (§ 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) gewesen ist.

Nach § 7 a Viertes Buch des Sozialgesetzbuches (SGB IV) können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7 a Abs. 1 S. 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hat im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung der Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7 a Abs. 2 SGB IV). Einen entsprechender Antrag hat der Beigeladene zu 1. gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Beschäftigung in diesem Sinne ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 25; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 28; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 26; jeweils m. w. N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 24).

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit ist regelmäßig vom - wahren und wirksamen - Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Auf dieser Grundlage ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der abhängigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 24.3.2016, B 12 KR 20/14 R, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen; Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, a.a.O.).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der im Rahmen der mündlichen Verhandlung festgestellten abgrenzungsrelevanten Indizien und nach Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls entsprechend ihrem Gewicht fest, dass der Beigeladene zu 1. in der Zeit vom 01.09.1992 bis zum 31.12.2013 für die Klägerin nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses gegen Entgelt tätig geworden ist.

Zunächst ist festzustellen, dass keine schriftliche Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. über die ausgeübte Tätigkeit bestand. Das Fehlen einer schriftlichen Vereinbarung gegebenenfalls in Form eines Anstellungsvertrags oder Ähnlichem führt nicht unmittelbar zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit, da auch ohne eine schriftliche Fixierung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestehen kann.

Vorliegend spricht gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. für die Zeit vom 01.09.1992 bis zum 31.12.2013 nach Auffassung des Gerichts jedoch mehr für als dagegen

Insofern bezieht sich das Gericht auf die die Kammer überzeugenden Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 14. Juni 2016 zum Aktenzeichen 9 AZR 305/15, auch wenn die Entscheidung als solche für das erkennende Gericht nicht bindend sind.

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 14. Juni 2016 wie folgt ausgeführt:

"1. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 HGB). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von dem Rechtsverhältnis eines freien Dienstnehmers durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet (BAG 11. August 2015 - 9 AZR 98/14 - Rn. 16). Ebenso ist der Grad der persönlichen Abhängigkeit für die Abgrenzung von dem Rechtsverhältnis eines Werkunternehmers maßgeblich (BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 16). Letztlich kommt es für die Beantwortung der Frage, welches Rechtsverhältnis im konkreten Fall vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls an. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend, weil sich aus der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehungen am ehesten Rückschlüsse darauf ziehen lassen, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragspartner ausgegangen sind, was sie also wirklich gewollt haben (BAG 11. August 2015 - 9 AZR 98/14 – Rn. 16 mwN). Abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Merkmale lassen sich nicht aufstellen (BAG 21. Juli 2015 - 9 AZR 484/14 - Rn. 20 mwN).

2. Das Landesarbeitsgericht hat als Tatsacheninstanz bei der Prüfung des Arbeitnehmerstatus einen Beurteilungsspielraum. Seine Würdigung ist nur daraufhin zu überprüfen, ob es den Rechtsbegriff des Arbeitnehmers selbst verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, bei der Subsumtion den Rechtsbegriff wieder aufgegeben oder wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (vgl. BAG 21. Juli 2015 - 9 AZR 484/14 – Rn. 21 mwN). Auch diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Urteil des Landesarbeitsgerichts nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat die maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte nicht widerspruchsfrei und nur unvollständig berücksichtigt.

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass die Parteien nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Kläger im Jahr 1992 von der Begründung eines freien Mitarbeiterverhältnisses ausgegangen seien und das Vertragsverhältnis auch jahrelang formal wie ein freies Mitarbeiterverhältnis abgewickelt worden sei. Tatsächlich hätte aber ein Arbeitsverhältnis bestanden.

b) Die vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen rechtfertigen es jedoch nicht, aus der späteren Durchführung des Vertragsverhältnisses darauf zu schließen, die Parteien hätten abweichend von diesem übereinstimmenden Willen nachträglich ein Arbeitsverhältnis begründet.

aa) Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, dass es sich bei dem zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnis nicht um ein Werkvertragsverhältnis gehandelt habe. Aus dem Nichtvorliegen eines Werkvertrags und daraus, dass der Kläger zu den Meetings regelmäßig Berichte zum aktuellen Stand seiner Tätigkeit fertigen sollte, für die Beklagte aufgrund der Verwendung eines Zeiterfassungsprogramms durch den Kläger "potentiell" eine Überwachungsmöglichkeit bestanden habe, der Kläger aufgrund seiner "Erfahrung mit dem Betriebssystem" der Beklagten und seiner fachlichen Qualifikation nicht beliebig habe ersetzt werden können und damit faktisch die geschuldeten Tätigkeiten persönlich zu erbringen gehabt habe, er - wenn auch selten - gegenüber Kunden der Beklagten nach außen auftrat und die Beklagte "permanent" damit gerechnet habe, auf die Arbeitsleistung des Klägers zugreifen zu können, hat das Landesarbeitsgericht auf das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses geschlossen. Es hat demgegenüber die Zeitsouveränität des Klägers, dessen fehlende Weisungsgebundenheit bezüglich des Orts der Arbeitsleistung sowie die weitgehend fehlende "inhaltliche" Weisungsgebundenheit als weniger gewichtig gewertet.

bb) Es kann dahinstehen, ob es sich bei dem Vertragsverhältnis der Parteien um einen Werk- oder um einen Dienstvertrag handelt. Jedenfalls fehlt es entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses schon am hierzu erforderlichen Grad der persönlichen Abhängigkeit.

cc) Maßgeblich gegen den Arbeitnehmerstatus des Klägers spricht, dass er nach den vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen im Wesentlichen frei war, seine Tätigkeit zu gestalten und seine Arbeitszeit zu bestimmen.

(1) Der Kläger war nicht nur frei bei der Wahl des Arbeitsorts und hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit. Er konnte auch frei darüber entscheiden, ob und in welchem Umfang er seine Tätigkeiten für die Beklagte erbringt.

(a) Das folgt zum einen daraus, dass er der Beklagten Zeiten, in denen er für sie nicht zur Verfügung stand und damit auch keine "Arbeitsaufträge" von ihr entgegennehmen konnte, lediglich mitteilte. Einer Zustimmung der Beklagten bedurfte es nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht. Insbesondere zeigt das Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 14. Oktober 2011, dass er frei darin war, ob und in welchem Umfang er für die Beklagte tätig sein wollte. Mit diesem Schreiben teilte er ihr mit, dass er in den letzten Monaten aufgrund des Neubaus eines Einfamilienhauses weniger Stunden für sie gearbeitet habe und sich seine Arbeitszeit Anfang des Jahres 2012 wieder "normalisieren" werde. Auch die vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Aufstellungen der monatlichen Arbeitsstunden des Klägers für die Jahre 1992 bis 2013 zeigen, dass der Kläger - bezogen auf einzelne Kalenderjahre und auch auf einzelne Kalendermonate - in höchst unterschiedlichem Umfang für die Beklagte tätig war.

(b) Angesichts dessen ist sowohl die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger sei ähnlich wie bei einer ständigen Dienstbereitschaft "stets ansprechbar" gewesen und die Beklagte habe "permanent" damit gerechnet, auf die Arbeitsleistung des Klägers zugreifen zu können, als auch die Behauptung des Klägers, es sei "undenkbar" gewesen, dass er Arbeitsaufträge ablehne, schon nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts unzutreffend. Vielmehr zeigen das Schreiben vom 14. Oktober 2011 sowie die Praxis lediglich, dass die Entscheidung, ob und in welchem zeitlichen Umfang er für die Beklagte tätig wurde, beim Kläger lag.

(c) Soweit der Kläger "im Übrigen" für die Beklagte in ständiger Dienstbereitschaft war, Aufträge nicht ablehnte und auch Nebenarbeiten, die über die reinen Programmiertätigkeiten hinausgingen, übernahm, wie zB die Beantwortung von Sachanfragen seitens der Kunden oder die Problemlösung bei Programmierfragen seitens der Beklagten, können daraus keine Rückschlüsse auf ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien gezogen werden (vgl. BAG 31. Mai 1989 - 5 AZR 153/88 Rn. 54 f.). Entscheidend ist nicht die Bereitschaft, Aufträge zu übernehmen bzw. Tätigkeiten auszuführen, sondern, ob nach dem rechtsgeschäftlichen Willen der Parteien die Beklagte die Möglichkeit haben sollte, dem Kläger einseitig, also unabhängig von seiner Bereitschaft, Aufgaben zuzuweisen und damit nach § 106 GewO den Inhalt der Arbeitsleistung näher zu bestimmen (vgl. BAG 21. Juli 2015 - 9 AZR 484/14 - Rn. 25). Allein der Umstand, dass es für den Kläger "undenkbar" gewesen sein mag, Aufträge abzulehnen, lässt nicht den Rückschluss auf eine für einen Arbeitnehmer typische persönliche Abhängigkeit zu. Grund dafür können auch wirtschaftliche Erwägungen sein, wie die Befürchtung, künftig keine oder weniger Aufträge zu erhalten. Die bloße wirtschaftliche Abhängigkeit begründet keine Arbeitnehmereigenschaft (vgl. BAG 21. Juli 2015 - 9 AZR 484/14 - aa0).

(2) Das Landesarbeitsgericht hat - vom Kläger nicht mit Gegenrügen angegriffen - angenommen, er habe in seiner Programmiertätigkeit weitgehend frei von "inhaltlichen" Weisungen arbeiten können. Soweit die Beklagte die vom Kläger übernommenen Arbeitsaufgaben durch fachliche Anweisungen näher konkretisierte, lässt das nicht zwingend auf die Ausübung des in § 106 GewO normierten Weisungsrechts und damit auf ein Arbeitsverhältnis schließen. Auch ein Selbstständiger kann bei seiner Tätigkeit Weisungen seines Vertragspartners unterworfen sein (MüArbR/Richardi 3. Aufl. Bd. 1 § 16 Rn. 26). Im Rahmen eines freien Dienstvertrags kann der Dienstberechtigte dem Dienstpflichtigen oder dessen Erfüllungsgehilfen Ausführungsanweisungen erteilen (vgl. BAG 10. Oktober 2007 - 7 AZR 448/06 - Rn. 42; MüKoBGB/Busche 6. Aufl. § 631 Rn. 17). Auch bei einem Auftrag iSd. §§ 662 ff. BGB unterliegt der Beauftragte Weisungen des Auftraggebers (§ 665 BGB; vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 17, BAGE 143, 77). Im Gegensatz dazu umfasst das in § 106 GewO normierte Weisungsrecht eines Arbeitgebers neben dem Inhalt der Tätigkeit auch deren Durchführung, Zeit, Dauer und Ort, woran es im Streitfall fehlt.

(3) Auch der zur Erledigung der vom Kläger übernommenen Arbeitsaufgaben notwendige Abstimmungsbedarf mit anderen Mitarbeitern der Beklagten sowie der Umstand, dass dem Kläger auf der Grundlage des zwischen den Parteien geschlossenen Nutzungsvertrags vom 17. Juni 1992 das "Betriebssystem Statik" als Programmierumgebung überlassen wurde und er einen eigenen passwortgeschützten User-Zugang zu dem Betriebssystem der Beklagten hatte, lassen nicht auf einen Grad an persönlicher Abhängigkeit schließen, der für die Arbeitnehmereigenschaft erforderlich ist. Die darin liegende Einbindung in die Arbeitsorganisation der Beklagten erreicht nicht ein solches Maß, dass von einer fremdbestimmten Tätigkeit auszugehen ist. Denn auch für Selbstständige ist es üblich, dass sie ihre Leistungen im Rahmen der organisatorischen Gegebenheiten des Auftraggebers zu erbringen haben. Entscheidend ist, dass der Kläger entscheiden konnte, ob er überhaupt und ggf. wann er seine Tätigkeit erbringt (vgl. BAG 21. Juli 2015 - 9 AZR 484/14 - Rn. 25). Dies war hier der Fall.

(4) Daraus, dass der Kläger für Meetings regelmäßig Berichte zum aktuellen Stand seiner Tätigkeit fertigen sollte, lässt sich entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts ebenfalls nicht auf eine weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit schließen. Gleiches gilt hinsichtlich des vom Kläger benutzten Zeiterfassungsprogramms, das nach der - allerdings von der Revision beanstandeten - Wertung des Landesarbeitsgerichts der Beklagten "zumindest potentiell" eine Überwachungsmöglichkeit geboten habe. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, dass Informations- oder Rechenschaftspflichten, insbesondere über den Stand der Tätigkeit und ihre Durchführung, nicht ausschließlich in einem Arbeitsverhältnis bestehen. Es handelt sich dabei um typische Nebenpflichten, die eine Vielzahl von Vertragsverhältnissen kennzeichnen (vgl. BAG 20. Oktober 2015 - 9 AZR 525/14 - Rn. 27; vgl. auch zur Pflicht, über den Stand der Tätigkeiten und ihre Durchführung zu unterrichten BAG 31. Mai 1989 - 5 AZR 153/88 - zu ll 4 c der Gründe). Maßgeblich ist nicht, ob die Beklagte die Möglichkeit hatte zu kontrollieren, wann und in welchem zeitlichen Umfang der Kläger welche Tätigkeiten ausführt, sondern ob der Kläger selbst über den Ablauf bestimmen konnte oder dies von der Beklagten vorgegeben und damit fremdbestimmt war (vgl. BAG 31. Mai 1989 - 5 AZR 153/88 - zu II 3 c der Gründe). Ausgehend davon kann mangels Entscheidungserheblichkeit (§ 561 ZPO) dahinstehen, ob die Beklagte im Rahmen ihrer Revision zu Recht rügt, die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, dass der Kläger regelmäßig Berichte für Meetings fertigen musste, sei unzutreffend.

(5) Auch soweit das Landesarbeitsgericht im Rahmen seiner Gesamtbeurteilung darauf abgestellt hat, dass der Kläger in seltenen Fällen unmittelbar im Kundenkontakt gestanden habe, ist die Berufungsentscheidung fehlerhaft.

(a) Dass die Beklagte einen Kunden unmittelbar an den Kläger verwiesen und sich der Kläger in einer anderen Sache unmittelbar an einen Kunden der Beklagten gewandt hat, ist schon kein Indiz für ein Arbeitsverhältnis. Auch außerhalb eines Arbeitsverhältnisses ist derartiges möglich und auch nicht unüblich. Zum anderen hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass das Landesarbeitsgericht bei seiner Annahme, der Kläger sei gegenüber Kunden wie ein Arbeitnehmer erschienen, nicht berücksichtigt hat, dass er in eigenem Namen, unter eigener Adresse und eigener Telefonnummer aufgetreten ist, was in einem Arbeitsverhältnis untypisch ist.

(b) Zudem hat das Landesarbeitsgericht verkannt, dass einzelne Vorgänge der Vertragsabwicklung zur Feststellung eines vom Vertragswortlaut abweichenden Geschäftsinhalts nur geeignet sind, wenn es sich dabei nicht um untypische Einzelfälle, sondern um beispielhafte Erscheinungsformen einer durchgehend geübten Vertragspraxis handelt (vgl. BAG 11. August 2015 - 9 AZR 98/14 - Rn. 33 mwN).

(6) Schließlich hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht angenommen, es spreche für den Status des Klägers als Arbeitnehmer, dass ihm der Einsatz eigenen Personals zwar nicht verboten gewesen sei, er aber faktisch aufgrund seiner "Erfahrung mit dem Betriebssystem" der Beklagten und seiner Qualifikation nicht beliebig habe ersetzt werden können. Diese Qualifikation und die Fachkenntnisse seien für die Beklagte ausschlaggebend gewesen. Ob der Kläger tatsächlich eigenes Personal einsetzte bzw. mit welchem Aufwand er geeignetes Personal hätte finden können, ist unerheblich, wenn es ihm rechtlich möglich war, eigenes Personal als Erfüllungsgehilfen einzusetzen. Für die Beurteilung des Rechtsverhältnisses kommt es auf die wechselseitigen Rechte und Pflichten an. Ist es - wie im Streitfall - dem zur Leistung Verpflichteten rechtlich möglich, eigenes Personal einzusetzen, ist es unerheblich, ob und weshalb er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall auch von der vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25. September 2013 (-10 AZR 282/12 - Rn. 25). In dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht gerade nicht auf die faktische, sondern auf die rechtliche Möglichkeit abgestellt, sich zur Erledigung der Aufgaben Erfüllungsgehilfen zu bedienen. Es hat die Würdigung des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht beanstandet, dass die vereinbarten Tätigkeiten vom dortigen Kläger persönlich zu erbringen waren, und hat angenommen, der Kläger habe Erfüllungsgehilfen nicht einsetzen "dürfen". Dass die Parteien vorliegend davon ausgingen, der Einsatz eigenen Personals als Erfüllungsgehilfen sei dem Kläger grundsätzlich gestattet, ergibt sich bereits aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Nutzungsvertrag vom 17. Juni 1992. Danach war der Kläger verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass keiner seiner Mitarbeiter das ihm zur Verfügung gestellte "Programmsystem" für andere Zwecke verwendet bzw. Dritten zugänglich macht.

dd) Auch soweit der Kläger meint, für seinen Arbeitnehmerstatus spreche, dass ihm vorgegeben worden sei, Pausen zu machen und an Fortbildungen teilzunehmen, deren Kosten die Beklagte getragen habe, führt dies in der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung nicht zu dem vom Landesarbeitsgericht gefundenen Ergebnis.

(1) Eine die Zeitsouveränität des Klägers einschränkende Weisung, Pausen zu machen, folgt - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht etwa aus dem Begleitschreiben der Beklagten vom 7. April 1998 zu der Lieferung einer "CD mit dem aktuellen Programmstand", die auch ein Zeiterfassungsprogramm enthielt, sowie aus dem Umstand, dass das vom Kläger zu Abrechnungszwecken benutzte Zeiterfassungsprogramm automatisch einen Zeitabzug von vier Minuten je Stunde ab 4,5 Stunden Gesamtzeit für Pausenzeiten vornahm. Allein aus der Formulierung in dem Begleitschreiben "anbei erhältst Du, wie nicht besprochen" folgt schon nicht - wie der Kläger meint - die Weisung, dass er das Zeiterfassungsprogramm benutzen müsse; erst recht nicht die Weisung, Pausen zu machen.

(2) Der Annahme, dass es sich bei dem Vertragsverhältnis der Parteien nicht um ein Arbeitsverhältnis handelt, steht auch nicht die Behauptung des Klägers entgegen, er sei angewiesen worden, an Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen. Diesbezüglich hat er auf eine E-Mail der Beklagten vom 11. September 2000 verwiesen. Auch wenn man den mit dieser E-Mail an die Mitarbeiter gerichteten "Wunsch", an der Veranstaltung teilzunehmen, als Anweisung verstehen wollte, ist schon nicht ersichtlich, dass sich diese Anweisung tatsächlich auch an den Kläger richten sollte. Ausweislich dieser E-Mail - darauf hat die Beklagte zutreffend hingewiesen - wurde der Kläger ebenso wie andere freie Mitarbeiter lediglich in "Cc" gesetzt. Er hat also lediglich eine "carbon copy" erhalten. Damit wird regelmäßig kenntlich gemacht, dass die E-Mail sich nicht direkt an diesen Adressaten wendet, sondern nur "zur Beachtung" bzw. "zur Kenntnisnahme" an ihn versandt wurde. Abgesehen davon würden auch nur beispielhafte Erscheinungsformen einer durchgehend geübten Vertragspraxis den Schluss zulassen, die Parteien hätten durch die Vertragspraxis von ihrem ursprünglichen Willen, das Vertragsverhältnis nicht als Arbeits-, sondern als freies Mitarbeiterverhältnis fortzuführen, abweichen wollen.

(3) Soweit der Kläger behauptet hat, die Beklagte habe die Kosten für seine Teilnahme an dieser und auch an anderen Fortbildungsveranstaltungen übernommen und die dafür aufgewandte Zeit vergütet, ist das zwar untypisch für eine selbstständige Tätigkeit, da Selbstständige das wirtschaftliche Risiko ihrer Tätigkeit regelmäßig selbst tragen und damit typischerweise auch die Kosten für Fortbildungen. Jedoch folgt daraus angesichts der Freiheit des Klägers, selbst entscheiden zu können, ob er überhaupt und ggf. wann er seine Tätigkeit erbringt, nicht dessen Arbeitnehmerstatus." Die Einschätzung des Bundesarbeitsgerichts teilt die erkennende Kammer und weist ergänzend noch auf Folgendes hin:

Soweit der Beigeladenen zu 1. darauf hingewiesen hat, dass für ihn eine Pflicht zur Teilnahme an den wöchentlichen Meetings bestanden habe, weist das Gericht darauf hin, dass er im Zeitraum von 2008 bis 2012 lediglich an 2 Meetings persönlich teilnehmen musste. Darüber hinaus weist das Gericht darauf hin, dass der Beigeladene zu 1. in der Zeit vom 01.09.1992 bis zum 31.12.2013 über eine Stundensatzvergütung verfügte, die erheblich über der eines im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bei der Klägerin beschäftigten Programmierers lag.

Zuletzt spricht auch der Umstand, dass der Beigeladene zu 1. keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erhielt und keinen bezahlten Urlaubsanspruch gegen die Klägerin hatte, gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung.

Der Umstand, dass die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. in der Zeit vom 01.09.1992 bis zum 31.12.2013 möglicherweise als Heimarbeitereigenschaft gewertet werden könnte, führt vorliegend zu keinem anderen Ergebnis.

Denn die Beklagte hat mit Bescheid vom 09.12.2014 festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. im Zeitraum vom 01.09.1992 bis zum 31.12.2013 eine abhängige Beschäftigung ausgeübt hat. Eine angebliche Heimarbeitereigenschaft des Beigeladenen zu 1. stellt jedoch keine persönlich abhängige Beschäftigung dar, sondern insofern wäre der Beigeladene zu 1. nur wirtschaftlich abhängig (Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann-Berchthold, 5. Aufl. 2017, § 12 SGB IV Rn. 9). Es ist unerheblich, dass Heimarbeiter nach § 12 Abs. 1 SGB IV als Beschäftigte im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV gelten. Auf die Feststellung einer Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV beschränkt sich der streitgegenständliche Bescheid gerade nicht. Eine abhängige Beschäftigung wird von § 12 Abs. 1 SGB IV nicht fingiert.

Nach alledem war der Klage stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Rechtskraft
Aus
Saved