Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 RA 401/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 RA 1429/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Qualifikationsgruppeneinstufung einer in Rumänien ausgeübten Beschäftigung als Telefonistin und später Aufsichtstelefonistin, wenn hierfür das Abiturzeugnis, eine dreimonatige Einarbeitung und ein Qualifikationskurs ersten Grades genügt hat
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23. November 2000 abgeändert. Die Klage - auch wegen des Bescheids vom 8. März 2001 - wird in vollem Umfang abgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Klageverfahren zu einem Drittel zu tragen.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit wird geführt über die Einstufung in Qualifikationsgruppen nach Anlage 13 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Die 1940 in K./Kreis S. in R. geborene Klägerin ist am 18. September 1989 ins Bundesgebiet eingereist; sie ist Inhaberin des Vertriebenenausweises A.
Der Lebenslauf und Berufsverlauf in R. stellt sich nach den vorhandenen Urkunden und eigenen Angaben wie folgt dar: Am 5. August 1957 erlangte die Klägerin das Reifezeugnis. Nach Betätigung im Haushalt trat sie zum 15. Juli 1958 eine Beschäftigung als Telefonistin bei einem Postamt an; zum 15. Juli 1959 wechselte sie an ein anderes Postamt. Wegen des höheren Schulabschlusses sei sie bereits ab Beginn in Entgeltklasse 3 von 4 bestehenden Entgeltklassen eingestuft gewesen. Zum 1. September 1960 erfolgte aufgrund einer vor der Tarifeinstufungskommission bestandenen Prüfung die Höherstufung in Entgeltklasse 2; innerhalb dieser Entgeltklasse ergab sich zum 1. November 1962 eine Gehaltserhöhung. Wegen der Geburt des ersten Sohnes (1963) waren die Beitragszeiten vom 20. Januar bis 13. April 1963 unterbrochen, wegen der Geburt des zweiten Sohnes (1966) vom 9. November 1966 bis 18. Februar 1967. Im Januar 1973 schloss die Klägerin erfolgreich einen viermonatigen Qualifikationslehrgang ab, der Voraussetzung für die Tätigkeit als Aufsichtstelefonistin war. Sie konnte am 15. Februar 1974 eine solche Stelle einnehmen, die auch die Ausbildung, Fortbildung und Beurteilung der unterstellten Telefonistinnen einschloss. Wesentliche Änderungen ergaben sich sodann nicht mehr; es wurde lediglich im November 1985 ein zwölftägiger Fortbildungskurs besucht. Seit Oktober 1975 bestand die Einstufung in Entgeltklasse 1. Aus politischen Gründen (Ausreisewunsch) wurde die Klägerin ab 1. Oktober 1988 bis zur Beendigung der Tätigkeit mit 31. August 1989 wieder an eine Stelle als einfache Telefonistin zurückversetzt.
Im Kontenklärungsverfahren stufte die Beklagte durch Bescheid vom 18. August 1998 sämtliche vom 15. Juli 1958 bis 31. August 1989 zurückgelegten Beitragszeiten in Qualifikationsgruppe 5, Bereich 16 (Post- und Fernmeldewesen) der Anlage 14 zum SGB VI ein. Mit ihrem Widerspruch wies die Klägerin darauf hin, für die Einstellung als Telefonistin seien Abitur, Kenntnis von Fremdsprachen sowie insbesondere sprachliche Gewandtheit gefordert gewesen. Die Einarbeitungszeit habe drei Monate gedauert. Jedenfalls sei aufgrund des viermonatigen Qualifikationslehrgangs die Zeit ab 15. Februar 1974 höher zu bewerten. Die Rückstufung ab September 1988 sei aus rein repressiven Motiven (Aussiedlungsantrag) erfolgt. Durch Bescheid vom 30. Oktober 1998 half die Beklagte dem Widerspruch in zusätzlichen hier nicht mehr streitigen Punkten ab. Zur Begründung des zurückweisenden Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 1999 wurde dargelegt, die Zuerkennung einer höheren Qualifikationsgruppe als 5 sei zu keiner Zeit gerechtfertigt, da die durchlaufenen Anlernzeiten und Lehrgänge keine Qualifikation als Facharbeiter im Sinne der Qualifikationsgruppe 4 vermittelt hätten.
Mit der am 8. März 1999 zum Sozialgericht Konstanz erhobenen Klage hat die Klägerin auf den bekannten Berufsverlauf und die erworbenen Qualifikationen verwiesen. Die Beschäftigung habe eine professionelle Schulausbildung und eine vielseitige Einarbeitung vorgesetzt. Mithin könne sie nicht als unqualifizierte Beschäftigte betrachtet werden. Die Höherstufung zum 1. September 1960 habe eine zweijährige "Ausbildung" und das Bestehen einer Prüfung vorausgesetzt. Jedenfalls die ab 15. Februar 1974 eingenommene Stelle als Aufsichtstelefonistin habe hohe Verantwortung mit sich getragen. Schließlich habe sie mehr als 30 Jahre im selben Beruf gearbeitet. Die Klägerin hat die Bescheinigung der Generaldirektion für Arbeit und Sozialfürsorge vom 7. April 1999 vorgelegt, in welcher ihre tatsächlichen Angaben bestätigt worden sind. Später hat sie noch die Bescheinigung des Ingenieurs N. vom 10. April 2000 vorgelegt, der erklärt hat, die Funktion als Telefonistin habe vielseitige Allgemeinkenntnisse und auch technische Kenntnisse vorausgesetzt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Im Wege der Rechtshilfe hat das Sozialgericht Nürnberg am 13. April 2000 die von der Klägerin benannte Kollegin R. Sch. als Zeugin vernommen, die wiederum die tatsächlichen Angaben der Klägerin im Wesentlichen unterstützt und die hohe Verantwortung in der Tätigkeit als Aufsichtstelefonistin betont hat. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen. Die Beklagte hat daraufhin mit Schriftsatz vom 30. Mai 2000 anerkannt, die Zeit als Aufsichtstelefonistin vom 15. Februar 1974 bis 30. Oktober 1988 (ausgenommen den nicht belegten Monat Februar 1983) in Qualifikationsgruppe 4 einzustufen. Durch Urteil vom 23. November 2000 hat das Sozialgericht unter Abänderung der angefochtenen Bescheide die Beklagte verpflichtet, die Zeit ab 1. September 1960 in Qualifikationsgruppe 4 einzustufen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen dargelegt, eine zweijährige Ausbildung bis August 1960 entspreche einer Facharbeiterausbildung. Ein weitergehender Antrag (Einstufung der Zeit als Aufsichtstelefonistin in Qualifikationsgruppe 3) sei abzuweisen.
Gegen das am 8. März 2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29. März 2001 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie trägt vor, es habe sich bis August 1960 keineswegs um eine Ausbildung gehandelt; solches habe die Klägerin nicht schlüssig zu behaupten vermocht. Die Bescheinigung vom 7. April 1999 spreche nur von Lehrgängen mit kurzer Dauer. Ähnlich habe sich Ingenieur N. in seiner Bestätigung vom 10. April 2000 geäußert. Weiterhin bescheinige das Arbeitsbuch keinen erlernten Beruf. Nach alledem könne auch die Zeit vom 1. Oktober 1988 bis 31. August 1989 nicht höher als in Qualifikationsgruppe 5 eingestuft werden.
Durch Bescheid vom 8. März 2001 hat die Beklagte Altersrente für Frauen ab 1. Januar 2001 bewilligt. Die Rente ist ohne Berücksichtigung des zugunsten der Klägerin ergangenen Urteils festgestellt worden (anfänglicher monatlicher Nettobetrag DM 1.768,67).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23. November 2000 abzuändern und die Klage - auch wegen des Bescheids vom 8. März 2001 - abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheids vom 8. März 2001 entsprechend dem angefochtenen Urteil höhere Altersrente zu gewähren.
Sie entgegnet, eine gut zweijährige betriebliche Ausbildung ("Lehre am Arbeitsplatz") in R. könne für Qualifikationsgruppe 4 ausreichen.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Streitgegenstand des Verfahrens ist freilich nicht mehr die durch Bescheid vom 18. August 1998 (Teilabhilfebescheid vom 30. Oktober 1998, Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 1999) abgelehnte Höherstufung der Zeiten ab 1. September 1960, betreffend deren das Sozialgericht zugunsten der Klägerin entschieden hat. Diese Entscheidungen sind durch den Rentenbescheid vom 8. März 2001 entsprechend § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ersetzt worden (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - seit BSGE 47, 168, 170 = SozR 1500 § 96 Nr. 13). Ergeht während eines Verfahrens über die Vormerkung ein Rentenbescheid, so enthält dieser eine entsprechende neue Entscheidung. Über diesen Bescheid hat das Berufungsgericht als erste Instanz auf Klage zu entscheiden (ständige Rechtsprechung seit BSGE 18, 231, 234 f.). In der Sache hat die Berufung der Beklagten Erfolg. Der Rentenbescheid vom 8. März 2001, in welchem das Anerkenntnis vom 30. Mai 2000 berücksichtigt ist (Qualifikationsgruppe 4 für die Beitragszeiten vom 15. Februar 1974 bis 30. September 1988), ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat entgegen den aus dem Ausspruch des Sozialgerichts zu ziehenden Folgen keinen Anspruch auf höhere Rente.
Gemäß § 63 Abs. 1 SGB VI richtet sich die Höhe einer Rente vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. Wichtigster Berechnungsfaktor im Einzelfall für den Monatsbetrag der Rente sind die "persönlichen Entgeltpunkte" (vgl. § 64 Nr. 1, § 66 SGB VI). Die Klägerin hat die hier streitigen Zeiten nicht unter der Geltung der bundesrechtlichen Vorschriften über die Beitragspflicht zurückgelegt. § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Fremdrentengesetzes (FRG) stellt jedoch die in einem Vertreibungsgebiet (hier R.) zurückgelegten Beitragszeiten den im Inland zurückgelegten Zeiten gleich. In diesem Rahmen begehrt die Klägerin die Anrechnung höherer fiktiver und als versichert geltender Arbeitsverdienste. Gemäß § 22 FRG ursprünglicher Fassung wurden den Rentenberechtigten aufgrund von Einstufungen in "Leistungsgruppen" fiktive Durchschnittsverdienste vergleichbarer Beschäftigungen im Bundesgebiet zugewiesen. Eine wesentliche Änderung des § 22 Abs. 1 FRG erfolgte mit Wirkung ab 1. Januar 1992 durch das Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) vom 25. Juli 1991, BGBl. I S. 1606. Hiernach sollte die Bewertung nicht mehr auf der Grundlage der Einkommensverhältnisse im alten Bundesgebiet erfolgen, sondern der Einkommensverhältnisse in der früheren DDR, anknüpfend an die dortigen Beschäftigungs- und Wirtschaftsstrukturen. An die Stelle der Leistungsgruppen treten die Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI mit den in der Anlage 14 ausgewiesenen nach Wirtschaftsbereichen unterteilten Durchschnittsverdiensten. Diese Neuregelungen sind im Fall der Klägerin anzuwenden, weil diese zwar noch vor dem 1. Juli 1990 ins Bundesgebiet übergesiedelt ist, jedoch noch keinen Rentenanspruch vor dem 1. Januar 1996 hatte (Art. 6 § 4 Abs. 3 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes). Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 FRG neuer Fassung werden für Zeiten nach § 15 FRG Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB VI ermittelt. Es sind die Durchschnittsverdienste zu berücksichtigen, die sich nach Einstufung in eine der in Anlage 13 genannten Qualifikationsgruppen und nach Zuordnung zu einem der in der Anlage 14 genannten Bereiche ergeben. Die Zuordnung bezüglich Anlage 14 (Bereich 16 Post- und Fernmeldewesen) hatte die Klägerin nicht angefochten; sie ist bestandskräftig geworden. Der prozessuale Anspruch der Klägerin, dem das Sozialgericht entsprochen hat und über den aufgrund der allein von der Beklagten eingelegten Berufung in der Berufungsinstanz zu entscheiden ist, geht dahin, die Beitragszeiten vom 1. September 1960 bis 19. Januar 1963, vom 14. April 1963 bis 8. November 1966, vom 19. Februar 1967 bis 14. Februar 1974, vom 1. Oktober bis 30. November 1988 und vom 1. Januar bis 31. April 1989 in Qualifikationsgruppe 4 statt 5 nach Anlage 13 einzustufen. Damit vermag sie aus den im Folgenden darzulegenden Gründen entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht durchzudringen.
Nach Satz 1 der Anlage 13 zum SGB VI sind Versicherte in eine der nachstehenden Qualifikationsgruppen einzustufen, wenn sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben. Haben Versicherte aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben, die üblicherweise den von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen, sind sie in diese Gruppe einzustufen (Satz 2). Kennzeichnend für die fünf Qualifikationsgruppen ist, dass unter Zugrundelegung formaler Kriterien (formaler Ausbildungsabschluss) eine Stufung von Berufsbildern vorgenommen wird. Während die Beklagte die Beschäftigungen der Klägerin - außer die Zeit als Aufsichtstelefonistin - in die Gruppe der Angelernten und Ungelernten eingestuft hat (Gruppe 5), begehrt die Klägerin die Einstufung in die Gruppe der Facharbeiter (Gruppe 4).
Nach Abs. 1 der Gruppe 4 werden Personen erfasst, die über die Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden und im Besitz einer Facharbeiterzeugnisses (Facharbeiterbriefes) sind oder denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden ist. Diese Bezugnahme auf Gegebenheiten der DDR ist in dem Sinne zu lesen, dass anstelle der DDR das jeweils betroffene Vertreibungsgebiet eingesetzt wird (so jetzt BSG, Urteil vom 14. Mai 2003 - B 4 RA 26/02 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Umdruck S. 9 f.). Den Facharbeitern in der DDR - zu denen Telefonisten nicht zählten - entsprach in R. der "qualifizierte Arbeiter" mit einer beruflichen Bildung, die regelmäßig innerhalb von zwei bis drei Jahren durchlaufen werden musste (vgl. hierzu insbesondere Müller, Die Angestelltenversicherung 1995, 354, 359 f. mit eingehenden Hinweisen auf Göring/Kunzmann, Anerkennung von Aussiedlerzeugnissen - Berufliche Bildung und berufliche Qualifikation in R., Sonderveröffentlichung des Bundesinstituts für Berufsbildung). Hiernach wurden von 1968 an die Ausbildungszeiten nach Erwerb einer höheren Schulbildung auf ein bis eineinhalb Jahre verkürzt. Außerdem musste noch ein Praktikum abgeleistet werden, aufgrund dessen die Facharbeiterqualifikation anerkannt wurde. Soweit die Ausbildung nicht mit dem Besuch einer Schule verbunden war, konnte ein Facharbeiterabschluss auch durch betriebliche Qualifikationskurse ersten und zweiten Grades erworben werden; diese Kurse dauerten zwischen drei und zwölf Monaten, wobei nur der Kurs zweiten Grades zu einer Facharbeiteranerkennung führte (vgl. BSG a.a.O.; nochmals Müller a.a.O. S. 360).
Die Beschäftigung der Klägerin als Telefonistin erfüllt keine dieser Qualifikationsvoraussetzungen. Bereits im frühen Stadiums des Verfahrens hat die Klägerin eingeräumt, sie habe ohne besondere Qualifikation arbeiten können (vgl. Schreiben des Sozialamts der Stadt Ravensburg vom 18. April 1990); das Abiturzeugnis und eine etwa dreimonatige Einarbeitung hätten ausgereicht. Dass schulisch erworbene Fremdsprachenkenntnisse sowie persönliche, insbesondere sprachliche Gewandtheit gefordert wurden, kann nicht einer zeitraubenden Ausbildung gleichgesetzt werden. Nach eigener Darstellung der Klägerin war im Jahre 1958 lediglich eine dreimonatige Einarbeitungszeit nötig. Unter diesen Umständen kann die weitere Zeit bis zur Höherstufung in Entgeltklasse 2 am 1. September 1960 keineswegs, wie später von der Klägerin eingeführt und von der Zeugin Schuster formuliert, als förmliche Ausbildung betrachtet werden. Offensichtlich hat es sich bei der für diese Höherstufung vor der Tarifeinstufungskommission abzulegenden Prüfung um eine solche der durch die praktische Tätigkeit erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten gehandelt, nicht jedoch um die Abschlussprüfung einer Ausbildungszeit. Demgemäß ist auch der Vergleich mit einer gut zweijährigen "Lehre am Arbeitsplatz" in handwerklichen Berufen (so Berufungserwiderung der Klägerin vom 3. Mai 2001) ausgeschlossen. Eine zweijährige Ausbildung ist auch nicht in den beigebrachten Bescheinigungen vom 7. April 1999 und 10. April 2000 bestätigt worden; es ist jeweils nur von kurzen Lehrgängen die Rede, wie die Klägerin einen solchen nach vier Monaten im Januar 1973 abgeschlossen hat. Selbst dieser viermonatige Lehrgang, der zur Einnahme der Stelle einer Aufsichtstelefonistin ab 15. Februar 1974 geführt hat, war noch ein solcher ersten Grades "ohne Entfernung vom Arbeitsplatz". Der Beruf einer Telefonistin ist im Übrigen in den Nomenklaturen der Ausbildungsberufe (vgl. Göring/Kunzmann a.a.O. S. 139 ff.) nicht aufgeführt; soweit erstmals in der Nomenklatur der Berufe, die ausschließlich durch die Form "Lehrausbildung am Arbeitsplatz" erlernt werden, gültig ab Beginn der Ausbildung 1971/1972, der Facharbeiter (Dienstmann) für Post, Telefon, Telegraf und Rundfunk auf dem Lande mit einer Ausbildungsdauer von 1,5 Jahren (vgl. Göring/Kunzmann a.a.O. S. 163, 166), später als Postfacharbeiter bezeichnet (vgl. Nomenklatur der Ausbildungsberufe, gültig mit Beginn des Schuljahres 1973/1974, Göring/Kunzmann a.a.O. S. 185, 194), genannt wird, verfügte die Klägerin über diese breite Qualifikation in mehreren Verwendungsbereichen nicht, so dass auch ausscheidet, dass sie aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben hat, die üblicherweise denen von Versicherten der Qualifikationsgruppe 4 mit der Ausbildung oder Qualifikation als Postfacharbeiter entsprochen haben. Inwieweit die Zuerkennung der Qualifikationsgruppe 4 bereits ab 15. Februar 1974 gerechtfertigt ist, braucht hier nicht entschieden zu werden. Die Zeit zuvor ist zu Recht in Qualifikationsgruppe 5 eingestuft worden (angelernte und ungelernte Tätigkeiten [2.] Personen, die in einer produktionstechnischen oder anderen speziellen Schulung für eine bestimmte Tätigkeit angelernt worden sind]). Ebensowenig kann Gruppe 4 für die Zeit der aus politischen Gründen erfolgten Zurückversetzung vom 1. Oktober 1988 bis 31. August 1989 zuerkannt werden. In dieser Zeit hat die Klägerin auch nicht eine der Gruppe 4 "entsprechende Tätigkeit" im Sinne von Satz 1 der Anlage 13 zum SGB VI ausgeübt. Gegenteilige Vermutungen des Ingenieurs N. in dessen Bescheinigung vom 10. April 2000 sind durch die eigenen Bekundungen der Klägerin, die Eintragung im Arbeitsbuch sowie die beim Sozialgericht zuletzt vorgelegte Bescheinigung vom 24. November 1988 widerlegt.
Die Rentenberechnung im Übrigen im Bescheid vom 8. März 2001 ist von der Klägerin nicht substantiiert gerügt worden, so dass weitere gerichtliche Prüfung unterbleiben darf (vgl. BSG SozR 1500 § 54 Nr. 12).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; der Erfolg durch das im ersten Rechtszug angenommene Teilanerkenntnis bleibt zu berücksichtigen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Klageverfahren zu einem Drittel zu tragen.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit wird geführt über die Einstufung in Qualifikationsgruppen nach Anlage 13 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Die 1940 in K./Kreis S. in R. geborene Klägerin ist am 18. September 1989 ins Bundesgebiet eingereist; sie ist Inhaberin des Vertriebenenausweises A.
Der Lebenslauf und Berufsverlauf in R. stellt sich nach den vorhandenen Urkunden und eigenen Angaben wie folgt dar: Am 5. August 1957 erlangte die Klägerin das Reifezeugnis. Nach Betätigung im Haushalt trat sie zum 15. Juli 1958 eine Beschäftigung als Telefonistin bei einem Postamt an; zum 15. Juli 1959 wechselte sie an ein anderes Postamt. Wegen des höheren Schulabschlusses sei sie bereits ab Beginn in Entgeltklasse 3 von 4 bestehenden Entgeltklassen eingestuft gewesen. Zum 1. September 1960 erfolgte aufgrund einer vor der Tarifeinstufungskommission bestandenen Prüfung die Höherstufung in Entgeltklasse 2; innerhalb dieser Entgeltklasse ergab sich zum 1. November 1962 eine Gehaltserhöhung. Wegen der Geburt des ersten Sohnes (1963) waren die Beitragszeiten vom 20. Januar bis 13. April 1963 unterbrochen, wegen der Geburt des zweiten Sohnes (1966) vom 9. November 1966 bis 18. Februar 1967. Im Januar 1973 schloss die Klägerin erfolgreich einen viermonatigen Qualifikationslehrgang ab, der Voraussetzung für die Tätigkeit als Aufsichtstelefonistin war. Sie konnte am 15. Februar 1974 eine solche Stelle einnehmen, die auch die Ausbildung, Fortbildung und Beurteilung der unterstellten Telefonistinnen einschloss. Wesentliche Änderungen ergaben sich sodann nicht mehr; es wurde lediglich im November 1985 ein zwölftägiger Fortbildungskurs besucht. Seit Oktober 1975 bestand die Einstufung in Entgeltklasse 1. Aus politischen Gründen (Ausreisewunsch) wurde die Klägerin ab 1. Oktober 1988 bis zur Beendigung der Tätigkeit mit 31. August 1989 wieder an eine Stelle als einfache Telefonistin zurückversetzt.
Im Kontenklärungsverfahren stufte die Beklagte durch Bescheid vom 18. August 1998 sämtliche vom 15. Juli 1958 bis 31. August 1989 zurückgelegten Beitragszeiten in Qualifikationsgruppe 5, Bereich 16 (Post- und Fernmeldewesen) der Anlage 14 zum SGB VI ein. Mit ihrem Widerspruch wies die Klägerin darauf hin, für die Einstellung als Telefonistin seien Abitur, Kenntnis von Fremdsprachen sowie insbesondere sprachliche Gewandtheit gefordert gewesen. Die Einarbeitungszeit habe drei Monate gedauert. Jedenfalls sei aufgrund des viermonatigen Qualifikationslehrgangs die Zeit ab 15. Februar 1974 höher zu bewerten. Die Rückstufung ab September 1988 sei aus rein repressiven Motiven (Aussiedlungsantrag) erfolgt. Durch Bescheid vom 30. Oktober 1998 half die Beklagte dem Widerspruch in zusätzlichen hier nicht mehr streitigen Punkten ab. Zur Begründung des zurückweisenden Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 1999 wurde dargelegt, die Zuerkennung einer höheren Qualifikationsgruppe als 5 sei zu keiner Zeit gerechtfertigt, da die durchlaufenen Anlernzeiten und Lehrgänge keine Qualifikation als Facharbeiter im Sinne der Qualifikationsgruppe 4 vermittelt hätten.
Mit der am 8. März 1999 zum Sozialgericht Konstanz erhobenen Klage hat die Klägerin auf den bekannten Berufsverlauf und die erworbenen Qualifikationen verwiesen. Die Beschäftigung habe eine professionelle Schulausbildung und eine vielseitige Einarbeitung vorgesetzt. Mithin könne sie nicht als unqualifizierte Beschäftigte betrachtet werden. Die Höherstufung zum 1. September 1960 habe eine zweijährige "Ausbildung" und das Bestehen einer Prüfung vorausgesetzt. Jedenfalls die ab 15. Februar 1974 eingenommene Stelle als Aufsichtstelefonistin habe hohe Verantwortung mit sich getragen. Schließlich habe sie mehr als 30 Jahre im selben Beruf gearbeitet. Die Klägerin hat die Bescheinigung der Generaldirektion für Arbeit und Sozialfürsorge vom 7. April 1999 vorgelegt, in welcher ihre tatsächlichen Angaben bestätigt worden sind. Später hat sie noch die Bescheinigung des Ingenieurs N. vom 10. April 2000 vorgelegt, der erklärt hat, die Funktion als Telefonistin habe vielseitige Allgemeinkenntnisse und auch technische Kenntnisse vorausgesetzt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Im Wege der Rechtshilfe hat das Sozialgericht Nürnberg am 13. April 2000 die von der Klägerin benannte Kollegin R. Sch. als Zeugin vernommen, die wiederum die tatsächlichen Angaben der Klägerin im Wesentlichen unterstützt und die hohe Verantwortung in der Tätigkeit als Aufsichtstelefonistin betont hat. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen. Die Beklagte hat daraufhin mit Schriftsatz vom 30. Mai 2000 anerkannt, die Zeit als Aufsichtstelefonistin vom 15. Februar 1974 bis 30. Oktober 1988 (ausgenommen den nicht belegten Monat Februar 1983) in Qualifikationsgruppe 4 einzustufen. Durch Urteil vom 23. November 2000 hat das Sozialgericht unter Abänderung der angefochtenen Bescheide die Beklagte verpflichtet, die Zeit ab 1. September 1960 in Qualifikationsgruppe 4 einzustufen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen dargelegt, eine zweijährige Ausbildung bis August 1960 entspreche einer Facharbeiterausbildung. Ein weitergehender Antrag (Einstufung der Zeit als Aufsichtstelefonistin in Qualifikationsgruppe 3) sei abzuweisen.
Gegen das am 8. März 2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29. März 2001 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie trägt vor, es habe sich bis August 1960 keineswegs um eine Ausbildung gehandelt; solches habe die Klägerin nicht schlüssig zu behaupten vermocht. Die Bescheinigung vom 7. April 1999 spreche nur von Lehrgängen mit kurzer Dauer. Ähnlich habe sich Ingenieur N. in seiner Bestätigung vom 10. April 2000 geäußert. Weiterhin bescheinige das Arbeitsbuch keinen erlernten Beruf. Nach alledem könne auch die Zeit vom 1. Oktober 1988 bis 31. August 1989 nicht höher als in Qualifikationsgruppe 5 eingestuft werden.
Durch Bescheid vom 8. März 2001 hat die Beklagte Altersrente für Frauen ab 1. Januar 2001 bewilligt. Die Rente ist ohne Berücksichtigung des zugunsten der Klägerin ergangenen Urteils festgestellt worden (anfänglicher monatlicher Nettobetrag DM 1.768,67).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23. November 2000 abzuändern und die Klage - auch wegen des Bescheids vom 8. März 2001 - abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheids vom 8. März 2001 entsprechend dem angefochtenen Urteil höhere Altersrente zu gewähren.
Sie entgegnet, eine gut zweijährige betriebliche Ausbildung ("Lehre am Arbeitsplatz") in R. könne für Qualifikationsgruppe 4 ausreichen.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Streitgegenstand des Verfahrens ist freilich nicht mehr die durch Bescheid vom 18. August 1998 (Teilabhilfebescheid vom 30. Oktober 1998, Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 1999) abgelehnte Höherstufung der Zeiten ab 1. September 1960, betreffend deren das Sozialgericht zugunsten der Klägerin entschieden hat. Diese Entscheidungen sind durch den Rentenbescheid vom 8. März 2001 entsprechend § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ersetzt worden (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - seit BSGE 47, 168, 170 = SozR 1500 § 96 Nr. 13). Ergeht während eines Verfahrens über die Vormerkung ein Rentenbescheid, so enthält dieser eine entsprechende neue Entscheidung. Über diesen Bescheid hat das Berufungsgericht als erste Instanz auf Klage zu entscheiden (ständige Rechtsprechung seit BSGE 18, 231, 234 f.). In der Sache hat die Berufung der Beklagten Erfolg. Der Rentenbescheid vom 8. März 2001, in welchem das Anerkenntnis vom 30. Mai 2000 berücksichtigt ist (Qualifikationsgruppe 4 für die Beitragszeiten vom 15. Februar 1974 bis 30. September 1988), ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat entgegen den aus dem Ausspruch des Sozialgerichts zu ziehenden Folgen keinen Anspruch auf höhere Rente.
Gemäß § 63 Abs. 1 SGB VI richtet sich die Höhe einer Rente vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. Wichtigster Berechnungsfaktor im Einzelfall für den Monatsbetrag der Rente sind die "persönlichen Entgeltpunkte" (vgl. § 64 Nr. 1, § 66 SGB VI). Die Klägerin hat die hier streitigen Zeiten nicht unter der Geltung der bundesrechtlichen Vorschriften über die Beitragspflicht zurückgelegt. § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Fremdrentengesetzes (FRG) stellt jedoch die in einem Vertreibungsgebiet (hier R.) zurückgelegten Beitragszeiten den im Inland zurückgelegten Zeiten gleich. In diesem Rahmen begehrt die Klägerin die Anrechnung höherer fiktiver und als versichert geltender Arbeitsverdienste. Gemäß § 22 FRG ursprünglicher Fassung wurden den Rentenberechtigten aufgrund von Einstufungen in "Leistungsgruppen" fiktive Durchschnittsverdienste vergleichbarer Beschäftigungen im Bundesgebiet zugewiesen. Eine wesentliche Änderung des § 22 Abs. 1 FRG erfolgte mit Wirkung ab 1. Januar 1992 durch das Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) vom 25. Juli 1991, BGBl. I S. 1606. Hiernach sollte die Bewertung nicht mehr auf der Grundlage der Einkommensverhältnisse im alten Bundesgebiet erfolgen, sondern der Einkommensverhältnisse in der früheren DDR, anknüpfend an die dortigen Beschäftigungs- und Wirtschaftsstrukturen. An die Stelle der Leistungsgruppen treten die Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI mit den in der Anlage 14 ausgewiesenen nach Wirtschaftsbereichen unterteilten Durchschnittsverdiensten. Diese Neuregelungen sind im Fall der Klägerin anzuwenden, weil diese zwar noch vor dem 1. Juli 1990 ins Bundesgebiet übergesiedelt ist, jedoch noch keinen Rentenanspruch vor dem 1. Januar 1996 hatte (Art. 6 § 4 Abs. 3 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes). Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 FRG neuer Fassung werden für Zeiten nach § 15 FRG Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB VI ermittelt. Es sind die Durchschnittsverdienste zu berücksichtigen, die sich nach Einstufung in eine der in Anlage 13 genannten Qualifikationsgruppen und nach Zuordnung zu einem der in der Anlage 14 genannten Bereiche ergeben. Die Zuordnung bezüglich Anlage 14 (Bereich 16 Post- und Fernmeldewesen) hatte die Klägerin nicht angefochten; sie ist bestandskräftig geworden. Der prozessuale Anspruch der Klägerin, dem das Sozialgericht entsprochen hat und über den aufgrund der allein von der Beklagten eingelegten Berufung in der Berufungsinstanz zu entscheiden ist, geht dahin, die Beitragszeiten vom 1. September 1960 bis 19. Januar 1963, vom 14. April 1963 bis 8. November 1966, vom 19. Februar 1967 bis 14. Februar 1974, vom 1. Oktober bis 30. November 1988 und vom 1. Januar bis 31. April 1989 in Qualifikationsgruppe 4 statt 5 nach Anlage 13 einzustufen. Damit vermag sie aus den im Folgenden darzulegenden Gründen entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht durchzudringen.
Nach Satz 1 der Anlage 13 zum SGB VI sind Versicherte in eine der nachstehenden Qualifikationsgruppen einzustufen, wenn sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben. Haben Versicherte aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben, die üblicherweise den von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen, sind sie in diese Gruppe einzustufen (Satz 2). Kennzeichnend für die fünf Qualifikationsgruppen ist, dass unter Zugrundelegung formaler Kriterien (formaler Ausbildungsabschluss) eine Stufung von Berufsbildern vorgenommen wird. Während die Beklagte die Beschäftigungen der Klägerin - außer die Zeit als Aufsichtstelefonistin - in die Gruppe der Angelernten und Ungelernten eingestuft hat (Gruppe 5), begehrt die Klägerin die Einstufung in die Gruppe der Facharbeiter (Gruppe 4).
Nach Abs. 1 der Gruppe 4 werden Personen erfasst, die über die Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden und im Besitz einer Facharbeiterzeugnisses (Facharbeiterbriefes) sind oder denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden ist. Diese Bezugnahme auf Gegebenheiten der DDR ist in dem Sinne zu lesen, dass anstelle der DDR das jeweils betroffene Vertreibungsgebiet eingesetzt wird (so jetzt BSG, Urteil vom 14. Mai 2003 - B 4 RA 26/02 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Umdruck S. 9 f.). Den Facharbeitern in der DDR - zu denen Telefonisten nicht zählten - entsprach in R. der "qualifizierte Arbeiter" mit einer beruflichen Bildung, die regelmäßig innerhalb von zwei bis drei Jahren durchlaufen werden musste (vgl. hierzu insbesondere Müller, Die Angestelltenversicherung 1995, 354, 359 f. mit eingehenden Hinweisen auf Göring/Kunzmann, Anerkennung von Aussiedlerzeugnissen - Berufliche Bildung und berufliche Qualifikation in R., Sonderveröffentlichung des Bundesinstituts für Berufsbildung). Hiernach wurden von 1968 an die Ausbildungszeiten nach Erwerb einer höheren Schulbildung auf ein bis eineinhalb Jahre verkürzt. Außerdem musste noch ein Praktikum abgeleistet werden, aufgrund dessen die Facharbeiterqualifikation anerkannt wurde. Soweit die Ausbildung nicht mit dem Besuch einer Schule verbunden war, konnte ein Facharbeiterabschluss auch durch betriebliche Qualifikationskurse ersten und zweiten Grades erworben werden; diese Kurse dauerten zwischen drei und zwölf Monaten, wobei nur der Kurs zweiten Grades zu einer Facharbeiteranerkennung führte (vgl. BSG a.a.O.; nochmals Müller a.a.O. S. 360).
Die Beschäftigung der Klägerin als Telefonistin erfüllt keine dieser Qualifikationsvoraussetzungen. Bereits im frühen Stadiums des Verfahrens hat die Klägerin eingeräumt, sie habe ohne besondere Qualifikation arbeiten können (vgl. Schreiben des Sozialamts der Stadt Ravensburg vom 18. April 1990); das Abiturzeugnis und eine etwa dreimonatige Einarbeitung hätten ausgereicht. Dass schulisch erworbene Fremdsprachenkenntnisse sowie persönliche, insbesondere sprachliche Gewandtheit gefordert wurden, kann nicht einer zeitraubenden Ausbildung gleichgesetzt werden. Nach eigener Darstellung der Klägerin war im Jahre 1958 lediglich eine dreimonatige Einarbeitungszeit nötig. Unter diesen Umständen kann die weitere Zeit bis zur Höherstufung in Entgeltklasse 2 am 1. September 1960 keineswegs, wie später von der Klägerin eingeführt und von der Zeugin Schuster formuliert, als förmliche Ausbildung betrachtet werden. Offensichtlich hat es sich bei der für diese Höherstufung vor der Tarifeinstufungskommission abzulegenden Prüfung um eine solche der durch die praktische Tätigkeit erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten gehandelt, nicht jedoch um die Abschlussprüfung einer Ausbildungszeit. Demgemäß ist auch der Vergleich mit einer gut zweijährigen "Lehre am Arbeitsplatz" in handwerklichen Berufen (so Berufungserwiderung der Klägerin vom 3. Mai 2001) ausgeschlossen. Eine zweijährige Ausbildung ist auch nicht in den beigebrachten Bescheinigungen vom 7. April 1999 und 10. April 2000 bestätigt worden; es ist jeweils nur von kurzen Lehrgängen die Rede, wie die Klägerin einen solchen nach vier Monaten im Januar 1973 abgeschlossen hat. Selbst dieser viermonatige Lehrgang, der zur Einnahme der Stelle einer Aufsichtstelefonistin ab 15. Februar 1974 geführt hat, war noch ein solcher ersten Grades "ohne Entfernung vom Arbeitsplatz". Der Beruf einer Telefonistin ist im Übrigen in den Nomenklaturen der Ausbildungsberufe (vgl. Göring/Kunzmann a.a.O. S. 139 ff.) nicht aufgeführt; soweit erstmals in der Nomenklatur der Berufe, die ausschließlich durch die Form "Lehrausbildung am Arbeitsplatz" erlernt werden, gültig ab Beginn der Ausbildung 1971/1972, der Facharbeiter (Dienstmann) für Post, Telefon, Telegraf und Rundfunk auf dem Lande mit einer Ausbildungsdauer von 1,5 Jahren (vgl. Göring/Kunzmann a.a.O. S. 163, 166), später als Postfacharbeiter bezeichnet (vgl. Nomenklatur der Ausbildungsberufe, gültig mit Beginn des Schuljahres 1973/1974, Göring/Kunzmann a.a.O. S. 185, 194), genannt wird, verfügte die Klägerin über diese breite Qualifikation in mehreren Verwendungsbereichen nicht, so dass auch ausscheidet, dass sie aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben hat, die üblicherweise denen von Versicherten der Qualifikationsgruppe 4 mit der Ausbildung oder Qualifikation als Postfacharbeiter entsprochen haben. Inwieweit die Zuerkennung der Qualifikationsgruppe 4 bereits ab 15. Februar 1974 gerechtfertigt ist, braucht hier nicht entschieden zu werden. Die Zeit zuvor ist zu Recht in Qualifikationsgruppe 5 eingestuft worden (angelernte und ungelernte Tätigkeiten [2.] Personen, die in einer produktionstechnischen oder anderen speziellen Schulung für eine bestimmte Tätigkeit angelernt worden sind]). Ebensowenig kann Gruppe 4 für die Zeit der aus politischen Gründen erfolgten Zurückversetzung vom 1. Oktober 1988 bis 31. August 1989 zuerkannt werden. In dieser Zeit hat die Klägerin auch nicht eine der Gruppe 4 "entsprechende Tätigkeit" im Sinne von Satz 1 der Anlage 13 zum SGB VI ausgeübt. Gegenteilige Vermutungen des Ingenieurs N. in dessen Bescheinigung vom 10. April 2000 sind durch die eigenen Bekundungen der Klägerin, die Eintragung im Arbeitsbuch sowie die beim Sozialgericht zuletzt vorgelegte Bescheinigung vom 24. November 1988 widerlegt.
Die Rentenberechnung im Übrigen im Bescheid vom 8. März 2001 ist von der Klägerin nicht substantiiert gerügt worden, so dass weitere gerichtliche Prüfung unterbleiben darf (vgl. BSG SozR 1500 § 54 Nr. 12).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; der Erfolg durch das im ersten Rechtszug angenommene Teilanerkenntnis bleibt zu berücksichtigen.
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